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Der letzte Auftritt von Eva Herman

Davon stand natürlich nichts in den aufgeregten Vorabmeldungen von dpa: Dass sich in der „Kerner“-Sendung kurz vor Schluss noch so eine Romy-Schneider-Burkhard-Driest’sche Romanze zwischen Senta Berger und Mario Barth andeuten würde. Er erzählte von der Städtereise nach Amsterdam, die er seinem Freund und dessen neuer Freundin geschenkt habe, und sagte bedeutungsschwanger, Amsterdam, das sei ja keine normale Städtereise. Und als Kerner das natürlich nicht so stehen lassen konnte und nachfragen musste, was denn so besonders sei an Amsterdam, antwortete Senta Berger blitzschnell für Mario Barth: „Die Tulpen“, und er lachte, und sie lachte, und wenn sie in diesem Moment die Hand auf seinen Arm gelegt hätte, wer weiß.

Eva Herman war da längst gegangen. „Rausschmiss“, wie dpa das nannte*, in werblicher Mission für Kerner und das ZDF, trifft es gar nicht. Kerner bat sie freundlich zu gehen, vor allem wohl, um das Platzen der Halsschlagader von Margarethe Schreinemakers zu verhindern, und Eva Herman, das sah man ihr an, war ohnehin längst fertig mit allen Anwesenden und ließ sich nicht lange bitten, und Kerner dankte ihr vielmals – keine Frage: fürs Kommen und fürs Gehen.

Das war in einer an bizarren Momenten reichen Sendung einer der bizarrsten: Berger, Schreinemakers und Barth hatten deutlich gemacht, dass es ihnen unmöglich ist, ernsthaft weiterzudiskutieren, solange noch diese Nazitante dabei sitzt. Und im selben Moment, in dem die Nazitante weg ist, köpfen sie einen Prosecco, vergessen die nervigen Diskussionen über Mütter, Kinder und Krippenplätze und machen Party. (Das mit dem Prosecco stimmt nicht, wäre aber in der aufgeräumten Stimmung auch nicht weiter aufgefallen.) Es war eine Reaktion, die Eva Hermans Selbstüberschätzung, sie werde stigmatisiert, damit man über ihre unbequemen Wahrheiten nicht diskutieren muss, auf eine unangenehme Weise zu bestätigen schien. Ohne die Nazitante, schien die Runde zu sagen, kann man nicht nur besser über gesellschaftliche Fragen diskutieren, sondern noch besser nicht über gesellschaftliche Fragen diskutieren.

Und so sprach man stattdessen über die Freundin von Mario Barth und sein Bühnenprogramm und seine Platin-DVD, und es war eine heitere Stimmung, und alles war sehr egal.

Für Johannes B. Kerner hatte diese Sendung mit Eva Herman natürlich eine ähnliche Funktion wie Reinhold Beckmanns demonstrativer Versuch, sich an Jan Ullrich als kritischer Nachfrager zu profilieren. Aber Kerner hatte es nicht auf den Eklat angelegt. Im Gegenteil: Mit jeder der vielen demonstrativ-scharfen Nachfragen trieb er Herman eigentlich nicht in die Ecke, sondern baute ihr eine Brücke nach der nächsten. Kerner weiß, wie das läuft in den Medien: Herman hat etwas gesagt, das sie nicht hätte sagen dürfen, über das Dritte Reich noch dazu. Sie ist zur Paria geworden, und ihre einzige Chance, wieder dazu zu gehören, auch in Zukunft wenigstens als Diskussionspartnerin zugelassen zu werden, ist es, Abbitte zu leisten. Es geht bei diesem Ritual nicht um die Frage, ob Eva Herman in irgendeiner Form nationalsozialistischem Gedankengut anhängt, es geht überhaupt eigentlich nicht um Inhalte. Es geht darum, dass sie sich entschuldigt und zugibt, Fehler gemacht zu haben.

Und dann, danach, kann man über alles reden, auch über ihre merkwürdigen Thesen über Frauen und Mütter und die bösen 68er, und man kann sich darauf einigen, anderer Meinung zu sein, aber dass sie in ihrem Kreuzzugs-Wahn die Familienwerte der Nazis lobt, das muss vorher aus der Welt. (Und sie hat, was gerne vergessen wird, ihren NDR-Job nicht verloren nach der wirren und teilweise falsch wiedergegebenen Buchvorstellungsrede; sondern erst, nachdem sie gegenüber der „Bild am Sonntag“ noch einmal ausdrücklich von den „Werten, die auch im Dritten Reich gefördert wurden“ gesprochen hat.)

Kerner weiß, dass das so ist, dass das die Spielregeln sind, nach denen unsere Medienwelt funktioniert; Spielregeln, die er nicht gemacht hat, denen er aber strikt folgt in seiner Sendung und die er dadurch verstärkt. Er hat Eva Herman in seiner schrecklich teflonhaften Art immer wieder die Möglichkeit gegeben, zu sagen: „Das hätte ich nicht sagen sollen, es tut mir leid“, und damit den einen, kleinen, entscheidenden Schritt zu tun von außerhalb des Kernerschen „Darüber können wir reden“ in diesen Kreis hinein.

Eva Herman hat jede Chance ausgeschlagen, ob aus Trotz oder aus Überzeugung, wer kann es sagen, aber: Wen interessiert es auch? Sie hat sich so vollkommen eingekuschelt in ihrer Opferrolle, in die sie auch von außen getrieben wurde, dass da kein Zentimeter Platz ist für eigenes Fehlverhalten. Das eigentlich Erschreckende an ihrem Auftritt bei Kerner und ihren Auftritten der vergangenen Wochen und Monate, ist weniger die Möglichkeit, dass Eva Herman in ihrem Hass auf die gesellschaftlichen Veränderungen durch die 68er, der auch ein Selbsthass sein muss, sogar im Dritten Reich vergleichsweise positive Zustände sehen könnte. Das eigentlich Erschreckende ist, wie dumm jemand sein kann, wie ahnungslos, wie dilettantisch und laienhaft in einer Medienwelt, in der sie sich seit vielen Jahren professionell bewegt.

Wäre sie kein Profi, es wäre fast mitleiderregend gewesen, mitanzusehen, wie sich Eva Herman immer weiter um Kopf und Kragen redete. Wie sie sich bei jeder Frage für die Antwort entschied, die alles noch schlimmer machte. Wie sie noch den Historiker angriff. Wie sie selbst Mario Barth gegen sich aufbrachte. Und wie sie, innerhalb der Sendung ebenso wie im Laufe des ganzen Konflikts, dadurch, dass sie sich in die Enge getrieben fühlte, sich immer weiter fanatisierte. Sie sah nicht ein, dass ihr ursprüngliches Zitat mindestens missverständlich war. Sie sah nicht ein, dass es, gelinde gesagt, unfassbar idiotisch war, in ihrem Fall ausgerechnet von einer „Gleichschaltung“ der Medien zu reden. Sie bestritt, dass „Gleichschaltung“ ein Wort der Nazis ist. Sie verglich das mit den Autobahnen, über die wir ja heute auch fahren, obwohl sie von den Nazis gebaut wurden. Und am Ende sagte sie zwar, sie würde sich heute nicht wieder so äußern über die Familienpolitik der Nationalsozialisten, begründete das aber nicht mit der Einsicht in eigene Fehler, sondern so:

Ich muss einfach lernen, dass man über den Verlauf unserer Geschichte nicht sprechen kann, ohne in Gefahr zu geraten.

An dieser Stelle befand Margarethe Schreinemakers, zu Recht, aber auch in Kenntnis der Gesetze solcher Sendungen und unserer Medienlandschaft überhaupt, dass der Unsinn, den Eva Herman erzählte, so groß und gefährlich war, dass es nicht mehr reichte, sich von ihr zu distanzieren. Sie drohte damit, die Sendung zu verlassen. Und Kerner entschied sich, nach einer kurzen Weile, für sie, die Empörte, und Berger, die 68erin, und Barth, den Komiker, und gegen Herman.

Und auch wenn das Wort „Eklat“ irgendwie unpassend wirkt angesichts des vergleichsweise freiwilligen Abgangs von Eva Herman aus der Sendung — ich bin mir ziemlich sicher: Dies war der letzte größere Auftritt Eva Hermans im deutschen Fernsehen. Mit der Art, wie sie sich selbst zum Opfer stilisierte, weil sie angeblich nur über die deutsche Geschichte „gesprochen“ hat, hat sie sich mit einer Entschiedenheit selbst ins rechte Abseits gestellt, wie es kein fahrlässig oder böswillig verkürztes Zitat je geschafft hätte.

Sie hat nichts verstanden.

*) Korrektur: dpa hat in seiner Vorabmeldung nicht von einem „Rausschmiss“ gesprochen, sondern davon, dass Kerner Herman „ausgeschlossen“ hat.

Uwe Wesp

Nun ist er weg und hat uns mit Ben Wettervogel allein gelassen.

Ben Wettervogel mag ein fähiger Meteorologe sein, man kann das ja als Laie schlecht beurteilen. In diesem Fall kommt erschwerend hinzu, dass immer, wenn er im ZDF-Morgenmagazin auftaucht, ich vollauf damit beschäftigt bin, zu denken, wie albern das ist, dass da jemand das Wetter vorhersagt, der sich „Ben Wettervogel“ nennt. Und es ist nicht so, dass er aus einer Dynastie der Wettervogels käme und wegen seines Namens Meteorologe geworden wäre. Er hieß Benjamin Vogel, und hat sich seinen Künstlernamen in seinen Pass eintragen lassen.

Das ist ein bisschen beunruhigend, aber irgendwie typisch — glücklicherweise anscheinend nur für Wetterleute, solange sich Barbara Salesch noch nicht in Babs Justiztante umbenannt hat und Ulrich Klose in Bericht R. Statter. „Man muss sehen, dass man auf keinen Fall zum Kasper wird“, hat Wettervogel einmal gesagt. Genau.

Das Nervige an den den Wetter-„Berichten“ heute sind nicht die Kachelmänner, die versuchen, die Wetterphänomene mit Begriffen, Grafiken und Gimmicks anschaulich und attraktiv zu machen. Sondern die Quatschmacher, die irgendwo in der Welt herum stehen, Passanten auf der Straße befragten, Spiele mit Kindern machen, sich am Strand räkeln und nebenbei kurz noch, wenn es sich nicht ganz vermeiden lässt, die Höchsttemperaturen von morgen nennen.

Uwe Wesp, Dr. Uwe Wesp, war immer ein Mann fürs Studio. Ganz der Typ Freundlicher Beamter, korrekt, verlässlich, ein bisschen skurill, ein bisschen provinziell, und auf eine sympathisch hölzerne Art locker. Er soll zwar einmal eine Platte aufgenommen haben „Azorenhoch! Das kommt schon noch“, aber wenn das überhaupt stimmt, war es so lange vor den Zeiten YouTubes, dass sich keine Spuren davon mehr finden lassen, was vermutlich für alle Beteiligten am besten ist.

32 Jahre lang hat Dr. Uwe Wesp das Wetter im ZDF vorhergesagt, und wenn es nach ihm (und mir) gegangen wäre, hätte er noch nicht aufgehört, nur weil er jetzt 65 ist. Vielleicht hat er mehr mit seinem Dauergegner Kachelmann gemein, als es scheint. Denn anders als der Wetterbericht in der „Tagesschau“ früher, in dem sich allabendlich unverständliche Substantivmassen auftürmten, mit Nordflanken, auf denen der Zustrom milder Meeresluft nach Mitteleuropa anhielt, und Ausläufern von Azorenhochs, die in den nächsten Tagen wetterbestimmend wirkten, kam der ZDF-Wetterbericht hyper-didaktisch daher, als Mini-Vorlesung mit Zeigestöckchen und selbstgemalten Symbolen, die schon nach Blumenkohlwolken aussahen, als Kachelmann das Wort noch gar nicht kannte. Dass die ZDF-Meteorologen (mit der großen Dr. Carla Wege) die Bilder nicht erst in der Sendung aufmalten, lag nur daran, dass die Kreide zu sehr gequietscht hätte.

Eine ernste Sache sei das Wetter, hat Wesp immer gesagt. Dabei schien er sie, wie er mit nüchterner Stimme und den weichen Konsonanten seines Darmstädter Dialekts sprach, nicht halb so wichtig zu nehmen wie all die Kollegen heute, die aus jedem Regengebiet, das ausgerechnet am Wochenende über uns hinwegzieht, ein Drama machen.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Fliegenklatschen als Digitalstrategie

Vor ein paar Tagen habe ich die Abschrift von einer Podiumsdiskussion bekommen, die ich auf den „Mainzer Tagen der Fernsehkritik“ des ZDF im März moderieren durfte. (Alle Diskussionen und Beiträge werden traditionell in gedruckter Form veröffentlicht.) Das Thema lautete, etwas sperrig: „Konsequenzen der Digitalisierung für Fiktion und Unterhaltung“, und es diskutierten Verena Kulenkampff, damals noch stellvertretende NDR-Programmdirektorin, aber schon designierte WDR-Fernsehdirektorin, und ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut.

Und beim nochmaligen Lesen stellte sich bei mir wieder das ungläubige Gefühl ein, das ich damals schon auf dem Podium verspürte:

Ich hatte mir eigentlich für den Schluss die Frage überlegt, ob die Antwort auf die Digitalisierung [für ARD und ZDF] ist, dass Sie viel mehr sehen müssen, dass Sie sich von da [aus dem Internet] Sachen mitnehmen und abgucken. Oder ob die Antwort genau das ist, eigentlich ganz anders zu sein; all das zu sein, was das Netz und alle Formen, die es da gibt, nicht ist. Im Grunde haben Sie, glaube ich, die Antwort schon sehr deutlich gegeben. Also, es ist das Zweite, oder?

Verena Kulenkampff: Nein, nein, nein! Als Wichtigstes der Digitalisierung kommt auf uns zu, dass wir ununterbrochen anderen Leuten auf die Finger klopfen müssen, die unsere Inhalte gegen ihr Recht nutzen. Die Digitalisierung bedeutet ja im ersten Schritt, dass es für jeden zugänglich ist, und darin sehe ich eigentlich ein Hauptproblem. […] Es gibt ganze Homepages, da werden die Inhalte, die zum Beispiel […] tagesschau.de verbreitet, auf irgendwelchen kommerziellen Seiten genutzt — und die Inhalte sind unsere Inhalte. Und ich finde, da müssen wir mit der Fliegenklatsche sitzen und wirklich sagen, ohne uns! Oder?

Thomas Bellut: Also, ich bin dann zufrieden, wenn mehr „heute“ als „Tagesschau“ dort zu sehen ist! (Lachen)

Kulenkampff: Ehrlich? Nein!

Bellut: Nein, das war jetzt nicht ernst gemeint! Aber ich meine, es wird eine komplizierte Sache, das einzudämmen.

Aber der Gedanke ist doch gar nicht so abwegig: Zu sagen, hoffentlich klauen die Leute mehr „heute“-Inhalte als „Tagesschau“-Inhalte, denn wie viele Leute werden tatsächlich auf irgendwelche NDR-, WDR-, ZDF-Sendungen aufmerksam, weil sie sie nicht im Fernsehen gesehen haben, sondern irgendwo unter Verletzung aller Copyrights bei YouTube?!

Kulenkampff: Unwahrscheinlich!

Bellut: Ja, das ist ein heißes Thema, Herr Niggemeier. Wir freuen uns auch schon, dass „Wetten, dass…?“ zum Beispiel bei YouTube enorm vertreten ist. Alle Wetten sind sofort im Netz. Wir fragen uns auch, wie das technisch geht. Aber sie sind halt da.

Aber Sie sehen es immerhin mit gemischten Gefühlen?

Bellut: Ja! Das sehe ich schon. Ich verstehe, was Sie sagen wollen, aber ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass man ein geordnetes Internet bekommen wird, wo alles genau kontrolliert wird. Mein Gott, das ist ein so gewaltiges Angebot. Das zu kontrollieren würde viel zu viele Planstellen kosten – also, da ist nichts zu machen.

Gesegnet seien die fehlenden Planstellen!

Nein, im Ernst: Ich konnte und kann nicht glauben, dass eine hochrangige ARD-Vertreterin auf die Frage, mit welcher Strategie sie auch in Zukunft das Publikum erreichen will, als wichtigsten Punkt den Gebrauch der Fliegenklatsche nennt.

Mir ist schon klar, dass ARD und ZDF es nicht offiziell gutheißen können, dass ihre Inhalte unter Verletzung von Urheberrechten überall weiterverbreitet werden, und spätestens dann, wenn jemand sie weiterveröffentlicht, um damit selbst Geld zu verdienen, wird es heikel.

Aber dieser Kampf gegen den Missbrauch kann doch nicht die wichtigste Reaktion von ARD und ZDF auf die Digitalisierung sein — und nicht nur deshalb, weil er so aussichtslos ist. Die zentrale Frage, vor die die Digitalisierung die etablierten Medien stellt, ist doch, auf welchen Wegen und mit welchen Inhalten sie in Zukunft die Menschen erreichen werden.

Muss sich das ZDF nicht über jeden Zuschauer, vor allem jeden der raren jungen Zuschauer freuen, der im Netz über ZDF-Sendungen stolpert, auf welcher Plattform auch immer?

Erstens glaube ich nicht, dass das schlecht ist für die Einschaltquote im Fernsehen: Vom Talentwettbewerb „Britain’s Got Talent“ zum Beispiel (der demnächst bei RTL unter dem Namen „Das Supertalent“ beginnt) finden sich massenhaft Ausschnitte bei YouTube, teilweise sogar offenbar vom Sender ITV selbst hochgeladen. Sie sind in jeder Hinsicht eine Werbung für die Show: Leute stoßen zufällig auf den Inhalt, gucken sich an, was sie verpasst haben, schicken Links weiter, diskutieren mit Freunden, wollen wissen, wie es ausgegangen ist. So paradox es für analog denkende Verantwortliche scheinen mag: Je mehr Menschen sich die Ausschnitte bei YouTube sehen, umso mehr Menschen werden sich die Live-Show im Fernsehen ansehen wollen.

Aber selbst, wenn das nicht so wäre. Angenommen, es stellt sich heraus, „Wetten dass“ wird von einer Million Leute auf irgendwelchen nicht-offiziellen Plattformen im Internet gesehen, und die weigern sich hartnäckig, samstags um 20.15 Uhr die Show im ZDF einzuschalten. So what? Für einen kommerziellen Sender, der allein vom Verkauf der Werbezeiten lebte, wäre das heikel. Aber ARD und ZDF müssen das nicht. Das ist theoretisch ein sensationeller Wettbewerbsvorteil. Den Öffentlich-Rechtlichen kann es völlig egal sein, wenn zehn Prozent der Zuschauer die Sendungen nicht im Fernsehen sehen, sondern irgendwo, irgendwie anders. Ihr einziges Ziel muss es sein, gute Programme herzustellen, und dafür zu sorgen, dass sie ein möglichst großes Publikum finden — um der Inhalte selbst willen.

Und im Interesse des eigenen Überlebens. Junge Leute gucken kein ARD und ZDF. Bei den 14- bis 29-Jährigen hat die ARD in diesem Jahr einen Marktanteil von 5,1 Prozent; das ZDF wäre, umgerechnet auf Wahlen, mit 3,9 Prozent eine Splitterpartei, die nicht einmal ins Parlament einzöge.

Zum Thema 9Live und Callactive finden sich, um ein Beispiel zu nennen, mehrere „Plusminus“-Sendungen auf YouTube, die von verhältnismäßig vielen Leuten verlinkt werden. Natürlich ist es unzulässig, diese Sendungen hochzuladen. Aber welches Interesse hat die ARD, dagegen vorzugehen? Keines.

Unterstellt, dass die ARD Sendungen produziert, die in irgendeiner Form gut sind, die uns — ich weiß, jetzt wird das Eis dünn — klüger machen, informierter, aufgeklärter, ist dann nicht ihr Interesse, dass diese Programme möglichst viele Menschen erreichen, auf welchem Weg auch immer? Und ist es so undenkbar, dass ein paar Leute, die in ihrem Leben noch keine Sendung mit dem merkwürdigen Namen „Plusminus“ eingeschaltet haben, auf diesem Wege überhaupt erst entdecken, dass es solche Verbrauchermagazine gibt, und dass jeder Kontakt die Chance erhöht, dass die Leute etwas Positives mit der ARD verbinden und vielleicht, ganz vielleicht selbst mal einschalten?

„Unwahrscheinlich“, sagt Frau Kulenkampff und holt die Fliegenklatsche.

Andrea Ballschuh

Es fehlen einem dann doch die Kategorien, um Qualitäten in diesem speziellen Beruf bewerten zu können. Natürlich ist es eine Form von Arbeitsverweigerung, eine Sendung „Zauberwelt der Berge“ mit dem Satz zu beginnen: „Den besten Blick hat man einfach immer von oben.“ Und natürlich müsste die Überleitungspolizei einschreiten, wenn die Moderatorin sagt, die „Klostertaler“ würden perfekt ins Salzkammergut passen, weil ihre Karriere nur einen Weg kenne: „steil nach oben – sie sind also richtige Gipfelstürmer“. Aber beim Abspann stellt sich dann heraus, dass die Texte gar nicht von ihr waren, und man weiß nicht, ob das für oder gegen sie spricht.

Das wichtigste für jemanden, der volkstümliche Musik im Fernsehen präsentiert, muss diese Teflonhaftigkeit sein: dieses Lächeln, das immer auf das gleiche Maß an interesseloser Zustimmung eingestellt ist, egal, auf was es sich bezieht, und seien es Nacktschnecken oder gar Brunner & Brunner. Die 35-jährige Andrea Ballschuh macht das schon so glatt wie einst Caroline Reiber, und das Kunststück ist, dass sie dabei jünger, frischer und moderner aussieht, ohne die Zuschauer durch Jugendlichkeit, Frische und Moderne zu verschrecken.

Man muss diese Show übrigens nicht kennen, auch wenn man gerade den Eindruck bekommen konnte, so wie ihre geplante Verlegung plötzlich ein Beleg für die angeblich seniorenfeindliche Entsorgung von Plastikmusikshows aus dem ZDF-Programm wurde. Die „Zauberwelt der Berge“ war in den vergangenen fünf Jahren exakt zweimal zu sehen. Anders als Frau Ballschuh, die sich sonst im ZDF-Vormittagsprogramm einen Wolf moderiert und im MDR ein Quiz hat. Im Osten scheint sie ein „Superstar“ zu sein, jedenfalls nennt die „Super-Illu“ sie so und verfolgt jede berufliche und private Wendung mit größter Anteilnahme und Sympathie.

Zum Konzept der Show gehört, dass Andrea Ballschuh auch Einheimische… nein, „kennenlernt“ wäre falsch. Trifft. Sicherheitshalber gibt man ihr während des, nun ja: Gesprächs aber immer etwas anderes zu tun, lässt sie töpfern mit dem Töpfer, die Krähen füttern mit der Krähen-Aufzieherin, reiten mit dem Wildparkbesitzer. Am schönsten war diese Woche nicht einmal, als eine der Krähen sie nachhaltig, mehrmals und offenkundig leidenschaftlich in den Finger biss. Sondern wie sie und der Wildparkmensch noch mehrere Sekunden noch durchs Bild ritten, aber ihr Gesprächstext schon zuende war: Da sah man allen Beteiligten (die Pferde inklusive) an, dass hier keiner die Landschaft, die Stille oder die Gesellschaft genoß, sondern alle die Sekunden zählten, bis jemand „Schnitt“ rufen würde. Es war eine Szene von frappierender Leere und vielleicht der einzig wahre Moment in der ganzen Show.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

The Seehofers – Der Film

Vom Filmemacher Dieter Wedel hatte man auch schon länger nichts mehr gehört. (Okay, er bleibt bis 2011 Intendant der Nibelungen-Festspiele in Worms, bekommt bei einem Winzerfest den Weinkulturpreis der Stadt Alzey, des Landkreises Alzey-Worms, der Winzer der Wein- und Sektterrasse und der Allgemeinen Zeitung Alzey zuerkannt – und hat einen neuen Pudel namens Willy Billy Willy.) Im Februar zeigte das ZDF noch Wedels aktuellsten TV-Film „Mein alter Freund Fritz“, doch für Schlagzeilen taugte der offenbar (trotz eines Gastauftritts des niedersächsische Ministerpräsidenten Christian Wulff) nicht.

Nein, für Schlagzeilen sorgt der „Star-Regisseur“ seit Jahren immer dann, wenn wieder mal irgendeine Sau durchs Dorf getrieben wird. Kurz vor dem Ortsausgangsschild steht dann Wedel – und anderntags in den Zeitungen dies:

Der Regisseur Dieter Wedel will in einem Doku-Drama die letzten Tage Adolf Hitlers im Berliner Führungsbunker verfilmen.
(Quelle: „Hörzu“ im April 2003, unmittelbar vor der offiziellen Vorstellung des „Untergang“-Projekts von Bernd Eichinger)

Star-Regisseur Wedel denkt über Möllemann-Film nach
(Quelle: „Bild am Sonntag“ im Juni 2003, kurz nach dem Tod von Jürgen Möllemann)

Aufstieg und Niedergang Leo Kirchs will Dieter Wedel verfilmen
(Quelle: „Focus“ im Juni 2003, nach der Insolvenz der Kirch-Gruppe)

Star-Regisseur Wedel will Türck-Affäre verfilmen
(Quelle: „Bild am Sonntag“ im August 2005, kurz vor dem Prozess gegen Andreas Türck)

Wedel will Stoiber-Drama verfilmen
(Quelle: „Bild am Sonntag“ im Januar 2007, kurz nach der Rücktrittsankündigung Edmund Stoibers)

Dieter Wedel will die VW-Affäre verfilmen
(Quelle: „Hamburger Morgenpost“ im Februar 2007, kurz nach dem Urteil für Ex-VW-Manager Peter Hartz)

Star-Regisseur Dieter Wedel denkt (…) über die Verfilmung der „Menage à Trois“ von Horst Seehofer nach.
(Quelle: „Bunte“ im August 2007, kurz nach dem „Bunte“-Interview mit Seehofers Ex-Geliebter)

Die Berliner Boulevardzeitung „B.Z.“ berichtet heute ebenfalls über die
Seehofer-Pläne, nennt Wedel aber nicht „Star-„, sondern bloß „Ich-verfilme-alles-Regisseur“.

Mit Dank an diverse BILDblog-Leser für die Anregung.

Was Jens Voigt an die DDR erinnert

Kann mir jemand erklären, was Radprofi-Sprecher Jens Voigt damit meint, wenn er über die Entscheidung von ARD und ZDF, nicht mehr live von der „Tour de France“ zu berichten, sagt:

Das ist ja wie früher in der DDR: Zwei Leute entscheiden gegen den Willen des Volkes.

Soweit mir bekannt ist, haben ARD und ZDF niemandem verboten, sich Live-Bilder von der Tour de France anzusehen, zum Beispiel auf Eurosport, einem Sender, der in über 90 Prozent der deutschen Fernsehhaushalte zu empfangen ist. Meines Wissens haben ARD und ZDF auch nicht verhindert, dass ein anderer Sender an ihrer Stelle von dieser Veranstaltung berichtet; im Gegenteil: Sie haben die Rechte zurückgegeben, damit Sat.1 sie erwerben kann. Und nach jetzigem Kenntnisstand haben ARD und ZDF nicht einmal den Versuch unternommen, die „Tour de France“ an sich abzusagen, sie verbieten zu lassen, ihre Fans zu verfolgen.

Was also genau ist an dieser Entscheidung, „wie früher in der DDR“?

Ich bin kein Sportexperte, aber das bringt mich auf die Palme: Dass diese Leute nicht einfach nur ihr ultrakommerzielles, skrupelloses Geschäft veranstalten, sondern gleichzeitig so tun, als gebe es ein Menschenrecht darauf, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen sich daran beteiligt und die Einnahmen der Veranstalter und Sponsoren mehrt — durch Lizenzzahlungen und die Aufmerksamkeit, die es dem Unternehmen „Tour de France“ verschafft.

Die „Berliner Zeitung“ hat sich in diesem Jahr übrigens für eine besondere Art der Berichterstattung entschieden: Redakteur Christian Schwager ist vor Ort, berichtet aber unter dem Titel „Die Spritztour“ ausschließlich über „die Tour und die Drogen“ sowie den „Radsport und die organisierte Kriminalität“. Die (vermeintlich) sportlichen Ergebnisse sind auf einen lapidaren Satz am Ende jeder Kolumne reduziert: „Übrigens, in Gelb fährt … .“

Jens Weinreich, Sportchef der „Berliner Zeitung“ und profilierter Sportjournalist der Art, die Kritiker „Nestbeschmutzer“ nennen würden, schrieb vor dem Auftakt:

Kann man sich für einen aufrechten, unabhängigen Sportjournalismus einsetzen, der nicht Promoter von Ereignissen sein will, sondern kritischer Begleiter; der mehr im Blick hat, als nur eine Unterhaltungsfunktion zu erfüllen? Und dann doch wieder, wie üblich, von der Tour berichten? Über die täglichen verlogenen Dramen, die gefallenen und neuen Helden, die wenig später mit gespenstischer Regelmäßigkeit als Betrüger enttarnt werden? (…)

Im Prinzip könnten wir uns hinter dem Allerwelts-Argument verstecken, Journalisten hätten Chronisten zu sein, im Auftrag ihrer Leser. Das stimmt selbstverständlich, aber es wäre zu billig. Denn es gibt Grenzen. Für das, was sich Radsport nennt, wäre ein täglicher Gerichtsreport die angemessene Form. (…)

Diese Form der Berichterstattung, die gewiss nicht nur Freunde finden wird, erscheint uns in diesem Jahr angemessen. Die Aufräumarbeiten im Radsport haben gerade erst begonnen. Es mag einige positive Entwicklungen geben, aber es wird immer noch betrogen und gelogen, vertuscht und geschwiegen, geleugnet und verborgen, verheimlicht und bestritten.

Im Prinzip ist es so: Wer in Gelb fährt, ist völlig unerheblich.

Sein Kommentar zum Ausstieg von ARD und ZDF ist ebenfalls lesenswert.

Public Wetting

  • 23:02. Stefan: Äh, ja. Ich hatte zwar nach dem letzten Live-Blogging schon ein größeres Server-Paket gebucht, aber es war wohl nicht genug. Und es ist eh immer noch das nicht so tolle Live-Blogging-Plugin. Vor dem nächsten Versuch mache ich meine Hausaufgaben, versprochen! Trotzdem vielen Dank all den Kommentatoren. Schöne Grüße. Bis bald!
  • 23:00. Peer: 22.40 Uhr: Wie traurig. Unser Liveblogging ist zum Live-on-Tape-Bloggiung geworden. Und "Wetten dass…?" macht nach Kool and the Gang Sommerpause. Was für ein Abend! Wir verabschieden uns nachträglich. Stefan?
  • 22:59. Peer: 22.31 Uhr: Huch – jetzt schon vorbei? War der Bohlen eigentlich da? Hab ich gar nicht mitgekriegt.
  • 22:59. Stefan: 22.30. Warum wird am Ende, wenn die Sendung durch ist, nochmal gesungen? Warum? Und dann noch zwei Songs? Das machen die bei "Wetten dass" seit einiger Zeit, und ich verstehe es nicht.
  • 22:58. Peer: 22.29 Uhr: Der Zungenmann wird Wettkönig. Na, wer hätte das gedacht? Äh: Wer hätte das nicht gedacht? Und unten die Einblendung: 5 Minuten wird überzogen. Wie? Nur 5 Minuten? Es geht zuende mit dieser Show.
  • 22:58. Peer: 22.23 Uhr: Ein hüpfender mallorcinischer Sänger rockt die Arena. Soll ein Sommerhit sein, was er da singt. Nun gut. Man lernt nie aus.
  • 22:57. Stefan: 22.21 Uhr. Liz Hurley singt mit Robert Blanco "Ein bisschen Spaß muss sein", und ich weiß wieder, warum ich als sehr junger Mensch schon inständig hoffte, dass jemand nach der Sendung die ausländischen Gäste beiseite nimmt und ihnen all die Merkwürdigkeiten erklärt, die da passiert sind, und ihnen sagt, dass wir nicht alle so sind.
  • 22:57. Peer: 22.19 Uhr. Hurley und Blanco singen "Ein bisschen Spaß muss sein", Blanco hält Hurley dabei im Taillengriff und das Publikum klatscht falsch im Takt dazu. Irre. Gottschalk über Blanco: "In Fachkreisen nennt man ihn den Fluch der Karibik."
  • 22:57. Stefan: 22.16 Uhr. Schön war dieses Schweigen Gottschalks: Er guckt Liz Hurley an, denkt, dass er vielleicht irgendsowas wie Konversation betreiben sollte und niemand was sagen wird, wenn er nichts sagt, und sagt dann, quasi als Kapitulation, in dieser Arena auf Mallorca zu ihr: "Du bist immer gerne in Deutschland."
  • 22:56. Peer: 22.15 Uhr: Jetzt darf Blanco seinen geschaufelten Mist vorne in die erste Reihe zur versammelten ZDF-Riege bringen. Chefredakteur Brender grinst. Und hat wieder sein senffarbenes Sakko an.
  • 22:56. Stefan: 22.12 "Um Gottes Willen, Du hast Kinder", sagt Gottschalk zu dem Kandidaten, der mit der Zunge Ventilatoren anhält.
  • 22:53. Peer: 22.11 Uhr: Wir hatten gerade ziemlich Probleme mit dem Server. Pardon. Jetzt jedenfalls will Marc Böhm aus Bottrop einen Ventialtor mit der Zunge anhalten, und das klingt nicht nur extrem albern, sondern sieht auch äußerts lustig aus. Und weil Liz Hurley nicht geglaubt hat, muss sie gleich was von Roberto Blanco singen.
  • 22:49. Stefan: Liz Hurley auf dem Sofa. Oder wie Gottschalk ablas: "Elizabeth Hurley". Jo.
  • 22:03. Peer: Gottschalk bietet Liz Hurley die Pina Colada an – aber da hat die Schöneberger vorher schon dran genuckelt bevor sie in die Stallungen verschwand!!! Unfassbar. ZDF spart an den Getränken.
  • 22:03. Stefan: Liz Hurley auf dem Sofa. Oder wie Gottschalk ablas: "Elizabeth Hurley". Jo.
  • 21:57. Stefan: Man weiß ja nicht, ob Enrique Iglesias, der nun seit vielen Stunden auf diesem Sofa sitzt, das ganze Geschehen ins Ohr übersetzt kriegt. Vor allem weiß man nicht, ob man es ihm wünschen sollen.
  • 21:55. Peer: Bastian in den Kommentaren fragt, ob ich es wirklich nötig habe, Witze von Gottschalk zu klauen (das Documenta-Ding). Äh, vielleicht sollte ich einfach besser zuhören.
  • 21:52. Peer: Bon Jovi sind gerade dran. Schlagzeuger Tico Torres hat übrigens ein Geschäft für Babymode im Nebenberuf, hab ich heute mitbekommen. Spannend, oder?
  • 21:51. Stefan: Bon Jovi. Man kann ja viel gegen den haben. Was ICH gegen den habe: Der hat Ally McBeal auf dem Gewissen.
  • 21:51. Stefan: Roberto Blanco muss jetzt den den Stierstall ausmisten. Wobei der Stier richtig sympathisch aussieht. Die Hörner sind ihm glaube ich auch nur aufgeschnallt. Sicherheitshalber und so.
  • 21:46. Stefan: So im Dunkeln macht die leere Arena doch was her. Nett angeleuchtet.
  • 21:45. Peer: Chinese erfolgreich: 25 Sekunden mit den Zähnen gehalten. Hat ein bisschen nach Documenta ausgesehen.
  • 21:42. Peer: Gottschalk: "Alptraum für Ackermann: Chinesen schlucken deutsche Bank."
  • 21:42. Stefan: Gottschalk: "Was heißt ‚ein bisschen Spaß muss sein’ auf chinesisch?"
    Übersetzerin: – – –
    Gottschalk: "Ha Ha Ha."

    (Heißt das nicht "Yahoo"?)

  • 21:41. Peer: Hier stapelt gleich ein Chinese irgendwelche Bänke mit den Zähnen oder so.
  • 21:40. Stefan: Erschütternde Kommentare aus den, äh, Kommentaren:
    Johannes: Das wirklich schlimme ist: ich hocke hier ohne alkohol.
    (Das haben wir nicht gewollt.)
  • 21:37. Peer: Schöneberger hat übrigens ihre beste "Blondes Gift"-Sendung damals mit Blanco gemacht, als sie ihn nach dem Ärger in der Boulevardpresse um seine zahlreichen Liebschaften ganz ernst fragte: "Du drängst dich nie in den Vordergrund, Roberto, warum lassen dich die Medien nicht in Ruhe?"
  • 21:35. Stefan: Henry Maske fotografiert als Tourist verkleidet das Publikum. Das Publikum tobt.
  • 21:34. Stefan: Man wirft Wetten dass ja immer vor, dass da nur Leute hingehen, um ihre neuen Platten und Filme zu promoten. Andererseits, wenn man das streng nähme, dürfte Roberto Blanco da nicht sitzen.
  • 21:31. Peer: Ich glaube ja: Wenn der Pocher das ab Herbst mit dem Gottschalk zusammen macht, wird das alles viel, viel besser.
  • 21:29. Peer: Roberto Blanco und Barbara Schöneberger kommen reingekutscht. Blanco schmeißt sich gleich mal an Gercke an. Und Gottschalk: "Deine Mutter fand ihn toll."
  • 21:27. Peer: Promispotting: Ich hab Heidi Klums Peyman schon im Publikum gesehen, hat aber offenbar nur für einen Platz in den hinteren Reihen gereicht. Wer hat mehr zu bieten?
  • 21:26. Stefan: Allgemeine Begeisterung hier über die Fantastischen Vier. Also, mal ernsthaft: Es braucht ja nicht viel, um mal was Originelles, Nettes zu machen. Vor 10 Mio Zuschauern. Man muss sich nur ein ganz klein bisschen Mühe geben.

    (Gottschalk macht natürlich alles kaputt, wenn er hinterher dasteht und fragt: "Was sagt ihr zu Malle?")

  • 21:25. Peer: …und jetzt explodiert die Zelle. So. Das war also der Höhepunkt des heutigen Abends.
  • 21:24. Peer: Hihi, Andy Ypsilon spielt Keyboard an der Telefonzellenwand…
  • 21:23. Stefan: Ich wollte gerade sagen, dass die Wetteinlösung von Halmich und Maske, die verkleidet Touristen auf Mallorca spielen, die Mark Medlock und Dieter Bohlen treffen und staunen, wahrscheinlich die peinlichste Wetteinlösung aller Zeiten war. Aber das stimmt sicher nicht.
  • 21:23. Peer: Die Fanta 4 sind einfach lustig: Die quetschen sich in eine Telefonzelle beim Singen. Wenigstens einer muss ja heute abend originell sein.
  • 21:21. Peer: Halmich und Maske kommen gerade als Malle-Touristen verkleidet rein. Hat ein bisschen was von Bauerntheater.
  • 21:19. Stefan: Nein, genau genommen hat er gewonnen: Einen Gutschein für DIE WILDEN KERLE, ein T-Shirt von DIE WILDEN KERLE, ein Gespräch mit den Hauptdarstellern von DIE WILDEN KERLE und einen Auftritt in einem Schleichwerbespot zu DIE WIL– ach ja, das war ja jetzt schon.
  • 21:18. Stefan: Das Kind hat die Kinderwette gewonnen und gewinnt nun… ein Besuch am Set von "Die Wilden Kerle".
  • 21:16. Stefan: Ich fand den Moment am lustigsten, als der süße Kleine aus dem Türrahmen gefallen und fies auf dem Arenaboden aufgeditscht ist . Also, das hätt ich am lustigsten gefunden.
  • 21:14. Peer: Stefan, was fandest du denn bisher am lustigsten?
  • 21:13. Peer: Ich finde ja das lustige Promiraten im Publikum viel lustiger als diese Wettdingse. Da war gerade Barbara Becker neben ZDF-Programmchef Bellut und die beiden haben getuschelt. Uiuiuiui.
  • 21:11. Stefan: Nun zeigt der Kleine noch sein Seil, in das ihm seine Klassenkameraden "Glück" geknotet haben, wollte ich noch sagen.
  • 21:09. Peer: Bohlen sagt: Ich creme ganz Malle ein, wenn der Kleine das nicht schafft.
  • 21:09. Stefan: Nächste Wette. So komische schwäbische Kinder, Geschwister, also der Junge davon, total süß. zieht sich um während er im Türrahmen hängt. Und jetzt erklärt er gerade, wie es dazu kam, also, er hing im Türrahmen und dann kam die Mutter und er sollte ins Bett und dann wollte er den Schlafanzug noch wäh−-−- ich hab’s nicht kapiert. Kinder im Fernsehen werden überschätzt. Schwäbische zumal. (Gottschalk macht irgendeinen Witz mit "Aus dem Rahmen fallen") Nun zeigt der Kleine noch sein Se
  • 21:06. Peer: Hab ich das gerade richtig verstanden? Bohlen muss Medlock einreiben, wenn sie falsch getippt haben bei ihrer Wette. Mit was denn, verdammt?
  • 21:03. Peer: Medlock zur Adoption freigeben! Los!
  • 21:03. Peer: Gottschalk beschwert sich, dass er immer Haue kriegt, wenn er seine Gäste anfasst. Gut, dass Medlock genauso viel tascht.
  • 21:02. Stefan: Iglesias sagt (dort): "Ich habe viel Glück gehabt in meinem Leben", und wahrscheinlich meint er, dass er wenigstens nie mit Dieter Bohlen singen musste.
    Malte (von Spreeblick) sagt (hier), er hat jetzt noch Gänsehaut. Im Darm.
  • 21:01. Stefan: Treffende Kommentare aus den, äh, Kommentaren:
    Gerd Krüger: "Mir wäre Andy Borg lieber gewesen."
  • 21:01. Peer: Jetzt sitzen sie übrigens alle zusammen auf der Couch.
  • 21:00. Peer: Medlock zieht wieder die Bohlen-hat-mich-gerettet-Nummer ab. Igitt.
  • 20:58. Stefan: Sie singen wirklich quasi alte Modern-Talking-Lieder nach. Kann bitte jetzt jemand die Stiere in die Arena lassen?
  • 20:57. Stefan: Sie singen: "You can get it if you really try". Hier hängt sich der Server auf. Ich würde auch gerne.
  • 20:56. Peer: Bohlen hat nur einen Gesichtsausdruck, wenn er an der Gitarre steht: Grinsebeflaggung, quasi. Und was ist das überhaupt für ein beknackter Song? Kaufhausmusik?
  • 20:55. Stefan: Gottschalk kündigt das nächste Traumpaar nach Susi&Strolch an: Bohlen&Medlock
  • 20:53. Stefan: Iglesias muss jetzt wegen seiner verlorenen Wette aufs Nagelbrett. Ich fürchte, das ist eine Kournikova-Anspielung.
  • 20:51. Stefan: Er hat’s dann aber doch noch geschafft. Der Kaffeeschwimmer. Könnte übrigens auch im Fernsehgarten sein, wo er da steht. Das wär’s doch: Wetten dass schaltet live von Mallorca zu den Außenwetten in den Fernsehgarten.
  • 20:49. Peer: Wo ist denn der Raab? Warum schwimmt der nicht mit?
  • 20:49. Stefan: So. Dem jungen Mann ist nach 1 Sekunde sofort die Tasse ins Wasser gefallen, bevor er überhaupt losgeschwommen ist. Malte hier sagt: "So war mein erstes Mal."
  • 20:46. Peer: Die Halmich auch nicht: Bei der reichen die Füße von der Couch nicht mal mehr zum Boden.
  • 20:46. Stefan: Gottschalk: "Henry, du würdest heute nicht so dasitzen, wenn du nicht dein Leben lang Sport gemacht hättest." Hö?
  • 20:44. Stefan: So. Nächste Wette. Muskelprotz schwimmt und balanciert dabei mit einem Fuß Kaffeetasse. Wenn ich das richtig verstanden hatte, muss er nicht mit dem anderen Fuß umrühren.
  • 20:44. Peer: Hinter dem Wettkandidaten in der Live-Schalte winken wieder die Kandidaten – leider in die falsche Kamera.
  • 20:42. Peer: Jetzt gibt’s gleich schwimmende Kellner.
  • 20:42. Stefan: Malte vom Spreeblick, der uns hier beim Livebloggen zuguckt, fragt, ob das rothaarige Topmodel (das jetzt zusammen mit dem "Altmodel" (Gottschalk) auf die Couch gekommen ist) weiße Strümpfe anhat oder solche Beine.
  • 20:39. Peer: …und die Topmodels von Pro Sieben sind auch da, um Iglesias zu bezirzen. Und Gottschalk nennt Lena Gercke "Altmodel".
  • 20:37. Peer: Marianne und Michael sitzen im Publikum! Ich dachte, die verstünden sich nicht mehr…
  • 20:36. Stefan: Enrique Iglesias sagt, das sei "einfach genial", mal so viele Deutsche auf einer spanischen Insel zu sehen. Ja, was "Wetten dass" alles möglich macht.
  • 20:36. Peer: Stefan, der offizielle "Wetten dass…?"-Sponsor ist doch AUDI!!!
    «Link»
  • 20:35. Stefan: Witze aus den Kommentaren:
    Fipps: Ob der Radler aus zeitgenössischen Gründen jetzt zur Dopingprobe muss?
  • 20:34. Stefan: Das findet also in einer Stierkampfarena statt. Und, ja, ich würde auch nicht HINTER der Bühne sitzen wollen. Will offenbar keiner. Und ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber das sieht NOCH billiger aus als das übliche Wetten-dass-Bühnenbild: Leere Stierkampfarenaränge. Das hätt man aber auch gut in der Volkswagenarena drehen können, da hätte man nicht mit Sack und Pack nach Malle fahren müssen.
  • 20:33. Peer: Das ist ja wie im Fernsehgarten: Iglesias balanciert ins Publikum. Ich hab Angst, das gleich Andrea Kiewel übernimmt.
  • 20:32. Peer: Wo sind denn die aufwändigen Dekos für Enrique Iglesias?
  • 20:30. Stefan: Jo. Junge fährt mit Fahrrad über Flaschen. Wette gewonnen. Höm. Die vielleicht kürzeste Wette aller Zeiten. Komisch, muss gar nicht lang sein, um langweilig zu sein.
  • 20:29. Peer: Felix wettet: Er fährt mit dem Rad über eine Reihe Bierflaschen. Spektakulär. Gottschalk: "Soll ich den Mund halten oder viel Glück wünschen?" Felix: "Kannste ruhig machen." Hihi. Mund halten?
  • 20:26. Stefan: Wie peinlich, in den Kommentaren unten ist es JETZT SCHON lustiger als hier oben. Kasula fragt, ob die weiße Kleidung, die alle Männer tragen, eine Hommage an Brinkmann ist.
  • 20:25. Peer: Ach, waren doch Flaschen.
  • 20:24. Peer: Nachher gibts auch noch ne Wette mit Biergläsern. Die müssen bestimmt alle erst ausgetrunken werden.
  • 20:23. Peer: Erste Aufforderung zum Ausziehen von Gottschalk. Aber bloß an Maske.
  • 20:23. Stefan: Die Kamera zeigt den gaaaaanzen Weg der, äh, Bedienung, die die Getränke bringt. Neuer Trendsport: 100-Meter-Weitbiertragen.
  • 20:21. Stefan: Gottschalk mag gar nicht daran denken, wenn Regina Halmich und Henry Maske ein Paar wären im Leben
  • 20:20. Peer: Sportler am Anfang: Maske und Halmich sitzen als erstes auf dem Sofa. Und Gottschalk bietet schon mal Nachos an. Statt Gummibärchen.
  • 20:19. Peer: Du hast gesagt, du würdest mich bezahlen.
  • 20:19. Stefan: Peer, warum gucken wir das nochmal?
  • 20:18. Peer: Dass sind doch überraschend viele Zuschauer, die Air Berlin da nach Malle gekarrt hat.
    «Link»
  • 20:17. Stefan: MainP: Überschrift ist gekauft!
  • 20:16. Peer: …und Gottschalk ist schon wieder ganz in weiß mit Bart. Das scheint eine Sommerkrankheit zu sein bei ihm.
  • 20:15. Peer: Los geht’s – mit einem Hubschrauberkameraflug über Palma.
  • 20:13. Peer: Stefan, krieg ich ein Bier?
  • 20:12. Peer: Ach, übrigens: heute aktualisieren wir (bzw. das Blofenster) uns leider nicht von selbst. Ganz anders als letztes Mal, wo das ja so prima geklappt hat, äh…
  • 20:07. Peer: Habe gehört, die Wetten seien heute "überraschend gut".
  • 20:07. Stefan: (Vorschläge für eine bessere Überschrift werden übrigens gerne noch entgegen genommen.)
  • 20:04. Stefan: Auf zdf.de kann man übrigens das Warm-Up sehen: «Link»
  • 20:02. Stefan: *ins-Mikro-pust*
    (fiese Rückkopplung)

Normen Odenthal

Es ist nicht so, daß sie beim ZDF nicht auch ehrgeizig wären. Gut, die Kollegen vom ARD-„Nachtmagazin“ haben einen kleinen Catwalk, über den die Moderatoren auf- und abtreten, es gibt Interviews und sogar einen eigenen Extra-Mann für die Nachrichten. All das haben sie bei „heute nacht“ nicht. Dafür haben sie einen Moderator, der täglich zu beweisen versucht, daß man jedes beliebige Thema mit jedem anderen durch ein Wortspiel verbinden kann.

„Ein Sturm zieht über Deutschland“, sagt Normen Odenthal, „nein zwei: Das Wetter stürmt und die Volksseele auch.“ Die Sendung an diesem Freitag scheint er fast vollständig dem Motto Das ganze Leben ist eine Luftbewegung zu widmen. Nach einem Beitrag über den Besuch des Außenministers in den USA sagt er: „Von den politischen Stürmen zu denen des Wetters.“ Und dann: „Soviel zum Sturm. Und gleich noch mehr vom Hauch… von Hollywood, der derzeit durch Hamburg weht.“

Wie kommt man von der Internationalen Raumstation zur Fußball-Bundesliga? Odenthal macht’s vor: „Thomas Reiter macht sich Gedanken, wann er wieder runter kommt, und wir sprechen jetzt über ein paar Kandidaten, die möglichst weit hinauf wollen.“ Und wie von „Wetten dass“ zur Wettervorhersage? Gar nicht. Egal. „Und wetten dass ist das Wetter morgen auch.“ Dabei betont Odenthal jedes Wort so, als liege der Fehler, wenn ich vergeblich nach einem Sinn in diesem Satz suche, ganz klar bei mir. Nach dem Wetter wird’s wieder leicht, da empfiehlt er gerne etwas „wärmstens“.

Glück ist für Normen Odenthal, wenn ein Thema wie das Rauchverbot in den Nachrichten ist. Dann beginnt er mit dem Satz: „Hurra, hurra, die Kippe brennt“, fügt hinzu: „Das Rauchverbot ist schon wieder Asche“ und fragt am Ende: „Viel Qualm um nichts?“

Odenthals Vorgänger war Thomas Kausch, der italienische Lässigkeit in die Nachrichten brachte und sich immer mit „Ciao“ verabschiedet. Odenthal aber ist der Oberlässi. Er verabschiedet sich mit: „Tschüß-tschüß“.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

ARD und ZDF

Mit den Dritten sieht man besser. Junge Leute meiden ARD und ZDF, und es spricht wenig dafür, daß sich das ändert, wenn sie älter werden.

Nicht, daß seine vorzeitige Wiederwahl zum ZDF-Intendanten in Frage gestanden hätte. Aber sicherheitshalber hatte Markus Schächter in den Tagen zuvor in mehreren Pressegesprächen dezent auf seine Erfolge hingewiesen. Und so las man in vielen Artikeln den Hinweis, daß es das ZDF in diesem Jahr vermutlich (wenn auch ganz knapp) schaffen werde, Marktführer zu sein.

Feine Sache. Wirklich wichtig sind diese Zahlen nicht. Wirklich wichtig wäre es für das ZDF, ein paar junge Zuschauer zu gewinnen. Das gelang dem Sender unter Schächter weniger denn je: Bei den 14- bis 49jährigen hat das ZDF nicht einmal mehr halb so viele Zuschauer wie RTL und liegt nur noch knapp vor RTL 2 und Vox. Bei Zuschauern, die jünger als dreißig sind, schrumpft das ZDF auf die Größe eines Spartensenders und liegt nur auf Platz acht – weit abgeschlagen hinter Kabel 1 und der ARD.

An dieser Stelle könnte Herr Schächter nun ein paar wohlklingende Worte gegen den Jugendwahn unserer Gesellschaft sprechen. Und natürlich ist nichts daran verwerflich, wenn das ZDF, wie es gerade geschieht, seine Dominanz bei den Alten weiter ausbaut. Die Frage ist nur, wer den Sender in zwanzig, dreißig Jahren schauen wird, wenn ein Großteil derer, die heute das ZDF einschalten, nicht mehr lebt.

Es gibt eine Hoffnung, an die sich die alternden öffentlich-rechtlichen Sender klammern: Vielleicht verändert sich die Motivation zum Fernsehen mit dem Lebensalter der Menschen. Vielleicht werden die Dreißigjährigen, die heute RTL und Pro Sieben schauen, die Vorzüge von ARD und ZDF entdecken, wenn sie erst einmal ihre wilden Jahre hinter sich und eine Familie gegründet haben. Vielleicht kommen auch die Jungen von heute irgendwann in das Alter, in dem sie erkennen, daß Fernsehen mehr sein kann als „Deutschland sucht den Superstar“. Dann wäre die Vergreisung für ARD und ZDF kein wachsendes Problem: Auch bei zukünftigen Generationen würden die Älteren öffentlich-rechtliche Programme schauen und die Jüngeren Private.

Leider gibt es auch die gegenteilige These. Was, wenn nicht das Lebensalter über den Fernsehkonsum entscheidet, sondern die Generationenzugehörigkeit? Wenn Menschen, die mit „RTL aktuell“ groß geworden sind, auch im Alter von vierzig, sechzig und achtzig Jahren die „Tagesschau“ verschmähen? Wenn sich herausstellt, daß manche Menschen nie des Ulrich-Meyer-Empörungsjournalismus überdrüssig werden und die Reife entwickeln, sich endlich gepflegt von „Monitor“ informieren zu lassen?

Die ARD wollte es endlich genauer wissen. Ihr oberster Medienforscher Camille Zubayr hat versucht, aus der Entwicklung der Quoten in den vergangenen zwanzig Jahren Prognosen über das zukünftige Zuschauerverhalten abzuleiten. Ein bißchen sei er sich dabei vorgekommen wie ein Klimaforscher, sagt er: Wirklich verläßliche Aussagen über die Zukunft ließen sich nicht treffen, aber alles spreche dafür, daß man jetzt handeln müsse, weil es in ein paar Jahren zum Reagieren zu spät sei.

Zubayr fand Belege für beide gegensätzlichen Effekte: Wenn die Menschen älter werden, ändert sich ihr Fernsehverhalten – hin zu ARD und ZDF. Andererseits bleiben sie dem treu, was sie bisher gesehen haben – die Dreißigjährigen von heute werden auch als Fünfzigjährige noch lieber RTL und Sat.1 schauen. Das ist auch nicht erstaunlich: „Die Angehörigen etwa der sogenannten ,Generation Golf‘ teilen viele Lebensentwürfe und Meinungen und legen die nicht einfach ab, wenn sie älter werden“, sagt Zubayr.

Das beunruhigende Ergebnis seiner Studie ist für ARD und ZDF, daß offenbar der Generationeneffekt sehr viel stärker ist als der Alterseffekt. Die zu erwartenden Zuschauerverluste werden nicht einmal annähernd durch die zu erwartenden Zuschauergewinne ausgeglichen. Wenn das stimmt, ergibt sich ein düsteres Bild für die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen. Für die nächste Zuschauergeneration läßt sich prognostizieren, daß die ARD selbst bei den Zuschauern, die sie am meisten einschalten, den Über-65jährigen, dann nur noch auf knapp zehn Prozent Marktanteil kommt. In der übernächsten Generation könnte die ARD ein Kleinstsender sein. Beim ZDF sieht es vermutlich noch düsterer aus – die Neigung der jüngeren Generationen, den Sender einzuschalten, ist noch geringer.

Verkompliziert wird die Lage dadurch, daß sich das wachsende Problem im Gesamtmarktanteil, den nicht nur Schächter so stolz errechnen läßt, vorläufig nicht bemerkbar macht: Dadurch, daß die älteren Menschen viel mehr Fernsehen schauen als jüngere, prägen sie den Durchschnittswert besonders stark. Und ein Mann, der heute fünfzig ist, kann damit rechnen, 86 Jahre alt zu werden. Eine gleichaltrige Frau hat sogar eine Lebenserwartung von noch vier Jahrzehnten. Die heute Über-Fünfzigjährigen werden in zehn Jahren (dann als Über-Sechzigjährige) immer noch vierzig Prozent des gesamten Fernsehkonsums ausmachen. Diese treuen ARD- und ZDF-Zuschauer prägen also noch lange die Statistik und überdecken das fortschreitende Fehlen jüngerer Generationen.

Erkennbar wird die Schieflage allerdings schon heute am Durchschnittsalter vieler öffentlich-rechtlicher Sendungen. Der ARD-„Presseclub“ am Sonntagmittag zum Beispiel hat zwar regelmäßig sehr anständige eineinhalb Millionen Zuschauer – die jedoch im Schnitt fast siebzig Jahre alt sind.

Zubayrs Prognosen sind nicht unumstritten. Aber auch wenn man das Szenario für realistisch hält, liegen die Konsequenzen, die man daraus zieht, keineswegs auf der Hand. „Ab wann und in welchem Ausmaß muß sich das Programm ändern?“ lautet die Kernfrage nach Meinung des Medienforschers. Er würde zum Beispiel nicht dazu raten, auf Volksmusik-Sendungen zu verzichten, nur weil die jungen Leute vor ihnen in Scharen flüchten. Wichtig sei es, „Inseln“ im Programm zu schaffen, die auch junge Leute einschalten, die die ARD sonst überhaupt nicht sehen – denn realistischerweise wird ein Zuschauer, wenn er älter wird, nur zu einem Programm wechseln, das er vorher überhaupt als Angebot wahrgenommen hat. Vor allem das ZDF scheint für viele junge Leute aber nicht einmal mehr als Programmalternative wahrgenommen zu werden.

Der gutgemeinte Versuch, gegenzusteuern, führt zu einigen erstaunlichen Reaktionen. So ließ das ZDF im Bemühen, seine Marke jüngeren Zuschauern ins Bewußtsein zu bringen, die halbe Republik mit Fotos der kolumbianischen Popsängerin Shakira (und dem ZDF-Logo) zuplakatieren – eine scheinbar absurde Investition angesichts einer einzigen Konzert-Übertragung nachts ab 0.30 Uhr. Auch die Ausstrahlung von „Bravo TV“ im ZDF stellt den Versuch dar, eine solche Insel zu schaffen – er wurde vergangenes Jahr nach zwei weitgehend erfolglosen Jahren abgebrochen.

Auch die Strategie der ARD, in ihrem Werberahmenprogramm am Vorabend zu großen Teilen auf junge Zuschauer zu setzen, ist nicht frei von Rückschlägen. Theoretisch schien es eine so gute Idee zu sein, eine Serie rund um Yvonne Catterfeld zu bauen (und auch diese in außerordentlichem Maße zu bewerben). Catterfeld begann ihre Karriere als Star in der RTL-Seifenoper „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, und eigentlich hätte man sich vorstellen können, daß sie viele ihrer jungen Privatfernsehfans mit zur ARD ziehen könnte. Tatsächlich sind die Quoten mit einstelligen Marktanteilen bei den jungen Zuschauern „ernüchternd“, wie es Camille Zubayr formuliert. Und die älteren gucken „Sophie – Braut wider Willen“ auch nicht mit größerem Interesse. Die tägliche Serie läuft nur noch bis Anfang Februar.

Das ist das größte Risiko für ARD und ZDF: mit ihren Verjüngungsversuchen nicht nur die Jungen nicht zu gewinnen, sondern auch die Alten zu verschrecken. Und der Fernsehkonsum individualisiert sich – das große Familienprogramm, das sich alle Generationen gemeinsam ansehen, gibt es jenseits von „Wetten, daß…“ und „Wer wird Millionär?“ praktisch nicht mehr.

Wenn ARD und ZDF auch in Zukunft große Marken sein wollen, werden sie Strategien entwickeln müssen, die nicht nur über den Tag, sondern auch das Jahr hinausschauen. Markus Schächter hat immerhin nach der Wahl zum ZDF-Intendanten bis 2012 davon gesprochen, das Problem der fehlenden jungen Zuschauer jetzt verstärkt angehen zu wollen.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung