Eva Herman erzielt gegen das deutsche Meinungskartell einen juristischen Sieg nach dem nächsten, aber weil die Medien gleichgeschaltet sind, berichtet keiner darüber. Kann das sein? Es sieht so aus. Auf ihrer Homepage hat die frühere Fernsehmoderatorin und „Tagesschau“-Sprecherin vor zwei Wochen eine Pressemitteilung veröffentlicht, wonach sie erfolgreich gegen das ZDF und die Nachrichtenagentur dpa vorgegangen sei. Widerhall fand diese Meldung aber fast nur in, sagen wir: speziellen Medien – bei der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“, der evangelikalen Agentur „Idea“ und dem erzkatholischen Verein „Kath.net“.
Warum steht das sonst nirgends? Hatte Eva Herman vielleicht Recht mit ihrer Rede von der „Gleichschaltung“ der deutschen Medien?
Nicht ganz. Je genauer man sich die vermeintlichen juristischen Erfolge von Frau Herman ansieht, umso weniger spektakulär sind sie. Deshalb wird es jetzt ein wenig fisselig.
In der Auseinandersetzung mit dpa geht es um eine Formulierung, die die Nachrichtenagentur verwandte, als sie über Hermans Auftritt bei Johannes B. Kerner berichtete:
Zuvor hatte Kerner fast 50 Minuten lang die 48-Jährige immer wieder gefragt, ob sie ihre Äußerungen zu den familiären Werten im Nationalsozialismus heute so wiederholen würde. Doch Herman wich mehrfach aus und ergänzte: Wenn man nicht über Familienwerte der Nazis reden dürfe, könne man auch nicht über die Autobahnen sprechen, die damals gebaut wurden.
Es ist kein Zufall, dass der letzte Satz nicht in Anführungszeichen steht, denn Eva Herman hat ihn nicht gesagt, auch nicht ungefähr. Tatsächlich ging es bei ihrem inzwischen berüchtigten Autobahn-Vergleich nicht um die Familienwerte der Nazis, sondern darum, dass sie auch auf mehrfache Nachfrage nicht davon lassen wollte, von einer „gleichgeschalteten Presse“ in der heutigen Bundesrepublik zu sprechen. Auf die Vorhaltung, es handele sich um einen Begriff aus dem Dritten Reich, sagte sie:
Natürlich ist er da benutzt worden. Aber es sind auch Autobahnen damals gebaut worden und wir fahren heute drauf.
Die irreführende Formulierung aus der dpa-Meldung verbreitete sich besonders rasch, weil dpa exklusiv aus der Aufzeichnung der Sendung berichtete. Die Meldung lief schon um 20.09 Uhr, also mehr als zwei Stunden, bevor die Show ausgestrahlt wurde. dpa wiederholte die Darstellung um 20:41 Uhr und noch einmal spät in der Nacht. Vom Mittag des folgenden Tages an zitierte dpa Herman wörtlich, korrekt und im richtigen Zusammenhang, korrigierte die vorherige Darstellung aber nie ausdrücklich.
Frau Herman verlangte von dpa nun unter anderem, die Meldungen zurückzuziehen, was die Agentur ablehnte. Das Landgericht Köln schlug einen Vergleich vor. Danach muss dpa die damaligen Meldungen nicht nachträglich zurückziehen oder korrigieren, verpflichtet sich aber, in Zukunft nicht wieder zu verbreiten, dass Eva Herman gesagt habe: „Wenn man nicht über Familienwerte der Nazis reden dürfe, könne man auch nicht über die Autobahnen sprechen, die damals gebaut wurden.“ Das Gericht erließ ein entsprechendes „Teilanerkenntnisurteil“.
Dieser Vergleich ist zwar ein Erfolg für Eva Herman, bleibt aber hinter ihren ursprünglichen Forderungen zurück. Im Protokoll der Gerichtsverhandlung formuliert die Kammer es nur als Frage, ob die dpa-Meldung „im Kern wahr, aber vergröbernd“ war oder es sich um ein unzulässiges Zitat handelte. Bezeichnend ist auch, dass dpa nach diesem Vergleich nicht für die Anwaltskosten Eva Hermans aufkommen müsse, sondern beide Seiten ihre eigenen Auslagen tragen und sich die Gerichtskosten teilen würden.
Mit dieser Aufteilung ist Frau Herman aber nicht einverstanden. Sie hat deshalb, wie ihr Anwalt Gerrit Schohe erklärt, jetzt nachträglich ihre Zustimmung zu dem Vergleich im Bezug auf die Kosten zurückgezogen. Nun muss das Gericht diesen Punkt entscheiden. (Ich hatte Sie ja gewarnt, dass es fisselig werden würde.)
Im Streit mit dem ZDF geht es um einen offenbar satirisch gemeinten Jahresrückblick in der Sendung „Aspekte“ vom 14. Dezember 2007. Wolfgang Herles hatte darin Hermans Äußerungen so zusammengefasst, „bei den Nazis sei nicht alles schlecht gewesen, ja sogar manches gut“ und: „Das sind Werte, das sind Kinder, Mütter, Familien, das ist Zusammenhalt.“ Wie das ZDF bestätigt, hat der Sender tatsächlich nach Aufforderung durch die Anwälte Hermans eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben. Allerdings, und das ist nicht unwesentlich: ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Das bedeutet im Grunde, dass das ZDF der Meinung ist, freiwillig auf eine Wiederholung der Formulierungen zu verzichten (was dem Sender leicht fällt, da es sich ja um einen Jahresrückblick 2007 handelt), sie aber im Grunde insbesondere im Rahmen einer satirischen Darstellung für zulässig zu halten. Um die Übernahme der Anwaltskosten streiten sich Herman und das ZDF noch — womöglich bald auch vor Gericht. Einen großen „juristischen Erfolg“ Hermans zu verkünden, wäre also mindestens voreilig.
Eva Herman aber sagt:
„Es wurde Zeit, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Das war erst der Anfang. Nun geht es weiter.“