Schlagwort: Die Aktuelle

„Die aktuelle“-Bingo (1)

Zur Überbrückung der Zeit bis zur Veröffentlichung eines Eintrags mit wenigstens rudimentärer Rest-Relevanz spielen wir das beliebte „Die aktuelle“-Bingo. Aufgabe ist es zu erraten: Welcher wahre Sachverhalt verbirgt sich hinter der Quatsch-Schlagzeile auf dem Titel der Qualitätszeitschrift aus dem Haus der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.

Konkret:

  • Worin besteht der „geheime Plan“?
  • Wozu sagt Günther Jauch bestimmt „JA“?

Bonusfrage:

  • Was sind die „interessanten Details“, die „die aktuelle“ herausgefunden hat und sie im Inneren titeln lässt: „Das kann doch alles kein Zufall sein…“?

Jaaa! Kein Kein-Trennungs-Schock!

Sie haben diesmal keine verlogene Wie-konnte-uns-das-nur-passieren-Geschichte gemacht, wie damals bei Günther Jauch. Sie haben diesmal ihre falsche Titelschlagzeile einfach richtiggestellt, ohne sich anmerken zu lassen, dass es sich um eine Richtigstellung handelt:

„Die Aktuelle“, eine Zeitschrift aus dem Haus der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, die sich über Lügen auf der Titelseite verkauft, hatte im April getitelt: „Stephanie zu Guttenberg — Glücklich getrennt!“ Im Inneren stellte sich heraus, dass damit bloß gemeint war, dass die RTL-2-Gastmoderatorin öffentliche Auftritte ohne ihren Ehemann, den ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, absolviert hat.

Guttenberg zog vor Gericht und bekam Recht.

„Wir stellen klar!“ steht deshalb auf dem aktuellen Cover, wobei es die Profis der „Aktuellen“ hinbekommen haben, dass nicht klar ist, ob mit „Wir“ die Zeitschriftenmacher oder die Guttenbergs gemeint ist. Auf zwei Seiten im Inneren heißt es dann mit vielen schönen Fotos und schmeichelhaften Bildtexten:

Sie sind lange nicht mehr gemeinsam aufgetreten. Doch das heißt nicht, dass sie getrennt wären. Im Gegenteil…

Ihre Liebe ist noch gewachsen…

Woran sieht man, wie groß eine Liebe ist? Woran kann man ablesen, ob ein Paar wirklich glücklich ist? Fest steht: Es hängt nicht davon ab, wie oft man gemeinsam auftritt. (…) Bestes Beispiel: Die zu Guttenbergs. Sie sind lange nicht mehr gemeinsam aufgetreten. Doch jetzt kam heraus, dass sie ganz im verborgenen wunderbare Pläne geschrieben haben. Für ihre Zukunft. Ihre gemeinsame Zukunft. (…)

Der Plan der letzten Monate ist aufgegangen: Getrennte Auftritte? Ja. Getrennte Leben? Nein, natürlich nicht. Im Gegenteil: Er unterstützt sie, wo er kann. Und sie hat dieses innere Strahlen, das nur ein Mensch hat, der von ganzem Herzen geliebt wird. (…)

Ach so, falls Sie sich angesichts der Titelseite oben fragen, ob die schwedische Kronprinzessin Victoria nun „endlich“ schwanger ist und einen Sohn bekommt: Keine Ahnung. Das „Baby-Interview zum ersten Hochzeits-Tag!“ hat die „Aktuelle“ bloß mit Victorias Tante Birgitta geführt. Kostprobe:

Ist es nicht langsam an der Zeit, dass [Victoria und Daniel] ein Baby bekommen?

Ja, das stimmt. Das ist alles ziemlich spannend.

Das Lügen-Drama-Drama der „Aktuellen“

Das Landgericht München hat laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ eine einstweilige Verfügung gegen die Zeitschrift „Die Aktuelle“ bestätigt. Das Lügenblatt aus dem Haus der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) muss eine Gegendarstellung von Karl-Theodor zu Guttenberg abdrucken.

Es geht um die Titelseite hier rechts vom 22. April. Jörg Thomann hatte damals in seiner wunderbaren FAS-Kolumne „Herzblattgeschichten“ die Genesis der Schlagzeile entschlüsselt:

Frau zu Guttenberg hat ihre öffentlichen Auftritte zuletzt, weil ihr Gatte ja durch die Korrespondenz mit Universitäten und Anwälten ausgelastet ist, allein absolviert; man „könnte sagen“, findet daher Die Aktuelle, „glücklich getrennt von Karl-Theodor“. Nach wie vor nur rätseln wir, auch nach Lektüre des Artikels, was hier „keiner wissen sollte“. Dass Die Aktuelle mit Leidenschaft ihre Leser veräppelt? Aber das weiß doch jeder.

Kurz zuvor hatten es die Experten der „Aktuellen“ bereits geschafft, aus einer dahingesagten kritischen Äußerung einer beliebigen Sängerin über Guttenberg ein Cover zu basteln, das es aussehen lässt, als habe er ein Verhältnis mit ihr.

So geht das Woche für Woche. Ich habe darüber vor einem Jahr schon einmal geschrieben, als Günther Jauch einen Widerruf auf dem Titel erzwang und „Aktuelle“-Chefredakteurin Anne Hoffmann in einer Weise Zerknirschheit heuchelte, für die mir beim besten Willen kein treffender Vergleich einfällt.

Natürlich hielt sie das nicht ab, sich neue irreführende Schlagzeilen auch über Jauch auszudenken. Hinter dem „Kinder-Drama“ und der „bitteren Wahrheit über die Herkunft seiner Töchter“ steckt die bekannte Tatsache, dass seine Adoptivtöchter in Russland geboren wurden.

Das „Drama“, das sie sich im Januar ausdachte und sie „Tu’s nicht!“ ausrufen und „Trennung vom Glück?“ fragen ließ, besteht darin, dass es Stimmen gibt, die Jauchs Vertrag mit der ARD kritisieren. Wie Jörg Thomann halbbedauernd schrieb: „Debil, keine Frage, aber wohl nicht gegendarstellungsfähig.“

Ich habe leider kein Archiv mit Inhalten der „Aktuellen“, deshalb kann ich nur raten, was hinter dieser Schlagzeile hier links steckt. Möglich ist alles: Dass Nachbarn von Frau Lierhaus geheiratet haben, dass sie jemanden kennt, der mal geheiratet hat, oder dass jemand geheiratet hat, der sie schon mal im Fernsehen gesehen hat. Nur dass es um die Hochzeit von Monika Lierhaus geht, das kann man so gut wie ausschließen.

In diesem Fall gibt immerhin das Inhaltsverzeichnis einen Hinweis, welche harmlosen Tatsachen die „Aktuelle“ zu dieser Schlagzeile verdreht hat. „Glücklicher Baby-Jubel: Beim Deutschlandbesuch drehte sich alles um Kinder“, steht da. Der Eindruck, dass die schwedische Kronprinzessin Victoria und ihr Gatte jubeln, weil sie („endlich“, wie die einschlägigen Blätter seit Monaten stöhnen) ein Baby erwarten, ist ebenso gewollt wie falsch.

Weiß jemand, was ein paar Ausgaben zuvor mit „Unser Baby“ gemeint gewesen sein könnte? Haben die beiden ein Haustier, einen Garten, irgendein Hobby, das sie (oder auch nur die „Aktuelle“) ihr „Baby“ nennen?

Man könnte das alles natürlich amüsant finden, wenn man nicht zufällig in derselben Branche arbeiten muss wie diese Leute oder persönlich betroffen ist. Die WAZ-Leute schrecken auch nicht davor zurück, mit dem Schicksal von Gabi Köster Auflage zu machen:

Im Jahr zuvor hatte die „Aktuelle“ erst eine falsche Krankheits-Geschichte gebracht und dann eine falsche Genesungs-Geschichte daraufgesetzt. Dafür kassierte das Blatt eine Rüge vom Presserat:

Für den fälligen Abdruck dieser Rüge fand die „Aktuelle“ dann ein Plätzchen unter dem Impressum:

Das sind die Methoden des Blattes, gegen das Guttenberg jetzt juristisch vorgegangen ist. Man ahnt das nicht, wenn man die Meldungen über den Fall liest. Oder die Münchner „Abendzeitung“, die schreibt:

Bei seiner Doktorarbeit hat er großzügig über diverse Regeln hinweg gesehen. (…) Bei anderen Publikationen nimmt es der adelige CSU-Politiker allerdings offenbar sehr genau.

„Aktuelle“-Chefredakteurin Anne Hoffmann aber bastelt sicher schon an einer neuen Titelgeschichte zur Gegendarstellung: „Stephanie zu Guttenberg allein — Was ist da passiert?“

Wahrheits-Schock! „Die Aktuelle“ weint!

Mit der Wahrheit hat’s Anne Hoffmann nicht so, aber das ist ihr Beruf: Sie ist Chefredakteurin der von der WAZ-Gruppe herausgegebenen Zeitschrift „Die Aktuelle“.

In der „Aktuellen“ stehen Woche für Woche Geschichten, die entweder unwahrscheinlich sind oder unaufregend (oder, im schlechtesten, aber häufigsten Fall: unwahrscheinlich und unaufregend). Deshalb gibt sich die Redaktion viel Mühe, auf dem Cover einen falschen Eindruck über den tatsächlichen Inhalt zu erwecken.

Dort heißt es zum Beispiel:

Es stellt sich dann heraus, dass der „Schock“ darin besteht, dass Heidi Klum neulich anscheinend mal ungeföhnt auf die Straße gegangen ist, was zwei kleine Fotos dokumentieren. Von einer „weinenden Seele“ ist nicht mehr die Rede, im Inneren fragt die „Aktuelle“ nur noch besorgt:

Hat sie keine Zeit mehr für ihre Haare?

Das „ehrliche Interview“ mit Veronica Ferres, das die „Aktuelle“ auf dem Cover verspricht, entpuppt sich als ein Text, den sich die Redaktion aus Versatzstücken eines aktuellen Gesprächs der Schauspielerin mit dem Kleinsender Tele 5 unter Verwendung mindestens zweieinhalb Jahre alter Zitate zusammengeschraubt hat. Den Zusammenhang der Aussagen zu irgendwelchen „schlimmen Gerüchten um ihre Beziehung“ hat die „Aktuelle“ hinzugedichtet; dass die Ferres „jetzt über ihre Tränen redet“, wie die Zeitschrift behauptet, ist frei erfunden.

Artikel in der „Aktuellen“ müssen nicht nur nicht stimmen, sie müssen nicht einmal in sich logisch sein. Vor fünf Jahren ist in La Paz ein Mann gestorben, den die „Aktuelle“ den „‚Bruder'“ von Verona Pooth nennt. Anscheinend kümmerte sich Veronas Mutter in Bolivien um den Jungen, musste ihn aber zurücklassen, als die Familie 1969 aus Bolivien nach Deutschland kam — so blieb Verona nur „die ewige Sehnsucht“ (sie war damals drei). Der ist jedenfalls „jetzt tot“ (vermutlich im Sinne von: immer noch). Und die „Aktuelle“ vermutet zwar, dass Verona von diesem „Drama“ noch gar nichts weiß, hat aber schon ein Beweisfoto gefunden, auf dem sie „traurig aussieht“.

Ich nehme nicht an, dass sich die meisten Menschen, die sich in der „Aktuellen“ wiederfinden, die Mühe machen, den Quatsch richtig zu stellen, der da über sie steht. Mario Barth hat immerhin in der Ausgabe dieser Woche eine Gegendarstellung untergebracht, in der er der Behauptung widerspricht, ein Foto der „Aktuellen“ aus dem November 2009 zeige ihn mit seiner Freundin, und die Redaktion musste hinzufügen: „Mario Barth hat Recht.“

Eine unendliche Ahnungslosigkeit durchströmt das Blatt, aber alle Energie, die bei der Produktion gespart wird, fließt in die kreative Titelgestaltung. (Ich habe leider kein vollständiges Archiv, wüsste aber so gern, worin Heinos Horror-Begegnung im Fahrstuhl (Heft 6/10) bestand und inwiefern Steffi Graf die Nachfolgerin von Jörg Kachelmann wird (Heft 18/10) — vielleicht kann mir ein Leser weiterhelfen?)

Man tut der „Aktuellen“ aus dem Haus WAZ also vermutlich nicht Unrecht, wenn man sie als olles Lügenblatt bezeichnet. Weshalb es einerseits so ironisch ist und andererseits so konsequent, dass Chefredakteurin Anne Hoffmann, die ihr Handwerk bei der Zeitschrift „das neue“ des berüchtigten Heinrich-Bauer-Verlages gelernt hat, vergangene Woche schrieb:

(…) uns von „die aktuelle“ ist es eine Herzensangelegenheit, die Wahrheit zu schreiben (…)

Natürlich musste „Die Aktuelle“ erst gerichtlich dazu gezwungen werden, dieser ihrer Herzensangelegenheit nachzugehen, und das kam so:

Anfang Februar berichtete die Zeitschrift über die „Arche“ in Potsdam-Drewitz, die der Moderator Günther Jauch unterstützt. Eine Reporterin der Zeitschrift hatte die christliche Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung „exklusiv besuchen dürfen“ („exklusiv“ hier im Sinne von: nach den ganzen anderen Medien) und kam aus dem Staunen nicht wieder heraus:

Was wir da über ihn hören, zeigt uns eine völlig unbekannte Seite des Moderators. Er zahlt nicht nur, er kennt auch die Kinder und deren Schicksale. Und die Kinder kennen ihn. „Er ist lustig und er hilft uns. Das ist schön“, erzählt die 8-jährige Lisa. Ganz begeistert von ihrem „Onkel Jauch“ rufen andere Kinder: „Er weiß ganz viel und er ist sehr lieb.“ „Der ist berühmt und gibt uns ganz viel Geld.“ „Der ist cool und ganz normal.“

Ich sag ja: So richtig aufregend sind die nicht, die „Aktuelle“-Geschichten. Aber mit ein bisschen viel Mut zur Täuschung des Lesers lässt sich dann doch eine sensationelle Titelgeschichte draus machen (und wer weiß, ob die Verantwortlichen genau die nicht schon vor Augen hatten, als sie die Reporterin losschickten):

Mit großer Perfidie erweckt „die Aktuelle“ den Eindruck, die Kinder des in Potsdam lebenden Moderators besucht und mit ihnen gesprochen zu haben (Jauch ist bekannt dafür, sein Privatleben und insbesondere die Kinder konsequent aus der medialen Öffentlichkeit zu halten). Fast muss man Anne Hoffmann und ihre Leute dafür bewundern, wie sie es schafften, alles so zu formulieren, dass es irgendwie zu der tatsächlichen (harmlosen) Geschichte passt, aber eine ganz andere suggeriert.

Die Enttäuschung muss groß gewesen sein, dass sie damit trotzdem nicht durchkamen. Über mehrere Instanzen wehrte sich „die Aktuelle“ (aus der, man kann es nicht oft genug sagen, sich womöglich für seriös haltenden WAZ-Gruppe) dagegen, eine Gegendarstellung Jauchs auf dem Titel abzudrucken. Nach Angaben Jauchs musste der Verlag sogar ein Zwangsgeld in deutlich fünfstelliger Höhe an die Staatskasse zahlen, weil er sich auch nach der Entscheidung des Gerichtes zunächst noch weigerte, die Gegendarstellung zu veröffentlichen.

Vergangene Woche kam sie dieser Pflicht endlich nach:

Vermutlich hatten die Journalisten Macher einfach so lange gebraucht, bis ihnen ein Trick eingefallen war, wie sie in angemessener „Aktuelle“-Manier mit der peinlichen und teuren Niederlage umgehen konnten: Sie strickten daraus eine neue Titelgeschichte — und Chefredakteurin Hoffmann musste sich noch dümmer stellen als sonst und noch ein bisschen mehr lügen. (Wobei die Überschrift „Das haben wir nicht gewollt!“ im Inneren natürlich stimmt — denn die „Aktuelle“ wollte sicher nur irreführen, aber nicht einen Widerruf drucken müssen.)

Hoffmann schreibt jedenfalls:

(…)“Jetzt sprechen die Kinder“ — so stand es damals auf dem Titel. Dazu haben wir ein Foto von den Kindern der „Arche“ veröffentlicht. (…) Wir haben das Foto der Kinder gezeigt, damit klar wird, dass es sich nicht um die Kinder von Günther Jauch handelt.

(Zweifeln Sie nicht an Ihrem Verstand, wenn Sie den Satz nicht verstehen, sondern an ihrem.)

Wir haben darunter geschrieben „Spielstunde in der Arche“, damit deutlich wird, dass wir hier Kinder aus dieser Einrichtung zeigen. Wir wollten kein Missverständnis aufkommen lassen — aber offenbar ist uns das nicht geglückt. Das ist gründlich schief gegangen. Wir hätten noch viel deutlicher machen müssen, dass die zwei süßen Mädchen nicht die Kinder von Günther Jauch sind. Dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen! (…)

Wie konnte uns dieser Fehler passieren? Vermutlich im Überschwang. In der Begeisterung dafür, Ihnen liebe Leserinnen und Leser, jede Woche die spannendste „aktuelle“ zu schenken. Wir haben uns von der Geschichte mitreißen lassen — und in der Leidenschaft den kühlen Kopf verloren. Das haben wir nicht gewollt.

Vielleicht darf ich noch ein paar Worte an Sie direkt richten, sehr geehrter Herr Jauch. Sie sind ein großartiger Journalist. (…) Herr Jauch, ich entschuldige mich bei Ihnen. Ich entschuldige mich bei meinen Leserinnen und Lesern.

Dieses Heft, das Sie jetzt in Händen halten, soll zeigen, wie ernst es uns mit der Wahrheit ist. (…)

Das tut es tatsächlich. Es ist das Heft mit dem zusammengeklaubten und in einen falschen Kontext gestellten „ehrlichen Interview“ mit Veronica Ferres, mit den „Schock-Fotos“ von der weinenden Seele der Heidi Klum und dem ganzen Quatsch von der „Herzensangelegenheit“ und dem Willen, mit dem Titel kein Missverständnis aufkommen zu lassen. Es zeigt ganz gut, wie ernst es der „Aktuellen“ mit der Wahrheit ist.

(Aber das mit Heinos Horror-Begegnung im Fahrstuhl will ich jetzt wissen!)