Mike Kluge bringt die Sache aufs Komma

Mit der Tour de France endete heute vermutlich auch die junge Sportkommentatoren-Karriere des ehemaligen Radrennprofis Mike Kluge auf Sat.1. Kluge hatte anfangs angekündigt, überhaupt nicht über Doping reden zu wollen. Das gelang ihm nicht ganz. Immerhin schaffte er es aber, das Wort an sich weitgehend zu vermeiden. Was der Verständlichkeit seiner Analysen nur minimalen Abbruch tat.

Mike Kluge über die Verdachtsmomente gegen Alberto Contador:

Es gibt in jedem Fall einen unangenehmen Beigeschmack, und, wie ich vorhin sagte, man muss da noch ein bisschen abwarten, vielleicht gibt’s da Neuigkeiten, noch während der Tour, ich hoffe es für den Radsport nicht, aber ich kann jetzt auch keinem mehr auch so wirklich glauben, zu oft wurde die Unschuld beschworen, und letztendlich kamen doch ganz andere Ergebnis heraus, also, von daher ist es im Moment wirklich ein Weg, der bisher in die Sackgasse ging, und ich hoffe einfach mal, dass durch die Vorfälle, die wir jetzt hatten, durch die Offenbarung der, ich sag mal, verschiedenen, Vorfälle, auch jüngst, ich sag mal, auch, man schreckt nicht mehr zurück, auch einen Mann wie Rasmussen, in der Führung in der Tour de France aus dem Gelben Trikot zu nehmen, also auch, wo man bisher dachte, kann niemals sein, glaub ich nicht, also, alle Konsequenzen werden hier im Moment gezogen, was ich gut finde, was notwendig ist, um einfach die, die es vielleicht immer noch nicht begriffen haben, auf jeden Fall abschrecken.

Mike Kluge über die spanische Euphorie:

Ich würde mir natürlich wünschen, dass, so kritisch, wie hier in Deutschland damit umgegangen wird, dass das, ich sag mal, in allen Nationen, in allen Ländern so entsprechend umgesetzt wird, nur denn wird’s auch eine Gleichberechtigung gegeben, weil, was natürlich traurig sein wird, wenn das so in etwa weitergehen wird, dass wir, ich sag mal, mit zu der führenden kontrollierenden Nation gehören, und die Ausländer, und gehen wir dabei ruhig mal weiter in Richtung Olympiade im nächsten Jahr, man da ganz andere Kontrollsysteme hat, auch im Grunde in den einreisenden Kontrolleuren erst große Probleme mit Visa-Beschaffung, ich sag mal, jemand belastet, ist natürlich klar, dass man da natürlich nicht mit gleichen Maßen messen kann, also von daher ist es also ganz wichtig, dass da auch die Wada, also die World Anti Doping Agency, guckt, dass sie flächen-, also, weltumspannend da entsprechend die gleichen Kontrollen hat, damit ich mir auch sicher sein kann, dass, egal wo ich hinkomm, wird nach dem gleichen System und Intensität kontrolliert, weil, ansonsten wär’s natürlich eine ungerechte Sache.

Mike Kluge über die Möglichkeit, dass die Straßenrad-WM in Stuttgart ausfällt:

Ja, das wären traurige Umstände, die dafür im Moment sprechen, hoffe aber nicht, dass sie eintreten, in der Vergangenheit haben sich immer wieder sozusagen Fachleute auch gerade aus der Politik gemeldet, jeder hat da so’n bisschen seine Meinung zu preisgegeben, ohne genau eigentlich zu wissen, wie der Stand eigentlich genau ist, einfach nur die Information, die so, ich sag mal, boulevardmäßig verteilt werden, aber man darf halt nicht vergessen, es dreht sich da um einen großen Sportbereich, den Radsport, und man darf nicht anhand von Eeinzelfällen, die wir hier nun aufgedeckt haben, Gottseidank, und damit ein Weg in die richtige Richtung, es kann nicht mehr so einfach betrogen werden, und ich hoffe, dass die Untersuchungsergebnisse und Möglichkeiten in der Zukunft mal soweit reichen, dass da keiner mehr durchrutscht, und dann haben wir doch mit diesen ganzen Vorfällen hier, so traurig und so groß der Schaden auch ist für die Tour de France und den Radsport, doch einen Weg in die richtige Richtung gemacht, aber ich hoffe zumindest für den deutschen Radsport, dass man ihn nicht fallen lässt, dass auch die Sponsoren daran festzuhalten, weil, das wäre, glaube ich, jetzt der falsche Zeitpunkt, auch, ich sag mal, was so in der Nachwuchs-, Jugend-, Vereinsebene gemacht wird, man will die Kinder von der Straße wegholen, natürlich hat man damit nicht die idealen Vorbilder, ohne Frage, das muss sich ändern, da muss intensiv dran gearbeitet werden, und die Fahrer, die sich herauskristallisieren von den Spitzenprofis, die müssen wieder als Vorbild genutzt werden, sofern man halt sicher ist, und wenn man diese einsetzt, sollte allerdings auch die Strafe, für den Fall, dass da was dochmal auftauchen sollte, immens hoch sein, und sehr schmerzhaft.

[Alle O-Töne aus der Tour-de-France-Übertragung auf Sat.1 vom 26. Juli.]

Simpsons-Content

Die „Simpsons“-Produzenten von Gracie Film haben für den britischen Sender Channel 4 eine eigene Variante der kurzen Trailer hergestellt, die jeweils vor dem nächsten Programm laufen und immer irgendwie kurz das Channel-4-Logo ergeben:

[via idents.tv]

„Ums Kaufen geht es nicht“

Ich habe — in Nachklapp zu meiner Kritik an „Stern-Shortlist“ — stern.de-Chef Frank Thomsen ein paar Fragen gestellt:

  • Spricht es wirklich für die Entertainment-Kompetenz des „Stern“, dass die Rezensionen auf den Seiten nicht vom „Stern“, sondern von Amazon kommen?
  • Wäre es nicht fair (und im Sinne einer Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten auch rechtlich notwendig), den Absender dieser Rezensionen zu kennzeichnen? Wäre es vorstellbar, im „Stern“ Rezensionen abzudrucken, die für Hugendubel oder Thalia angefertigt wurden, ohne dies kenntlich zu machen?
  • Stimmt es, dass eine Erweiterung in Richtung Klingeltöne geplant ist, und ist Ihr Partner dann Jamba?

Seine Antworten lauten wie folgt:

  • Amazon-Rezensionen: Sie sind eine Handreichung für User, die sich überlegen, eines der Angebote zu erwerben, die man auf stern-shortlist findet. Sie sind aber für das, was stern-shortlist ausmacht, nicht weiter wichtig. Das Angebot soll eine unterhaltsame Community werden für alle die, die Spaß haben und sich auskennen bei Film, Musik, Büchern, Games.
  • Nennung der Herkunft: Eine gute Idee! Nehme ich mit in unsere nächste Redaktionssitzung von stern-shortlist.
  • stern-shortlist wird erweitert werden, das stimmt. Klingeltöne sind eine Option, vorrangig aber sind Songs. Wir werden auch hier die Option zum Kauf anbieten, mit wem, steht noch nicht fest. Und auch hier gilt: Mit wem, ist auch gar nicht wichtig, denn ums Kaufen geht es nicht – es ist nur der aus unserer Sicht sinnvolle Service, wenn jemand kaufen will.

Thomsen bemängelt auch „einige leider gravierende Fehler“ in meinem Blog-Eintrag, die er wie folgt korrigieren möchte:

  • stern-shortlist ist ein werbefinanziertes Angebot. Erfolg und Misserfolg werden sich daran entscheiden, ob eine ausreichende Zahl von Menschen Spaß an dem Angebot findet — und ob die Werbewirtschaft es bucht. Provisionserlöse werden allenfalls 5 Prozent des Umsatzes ausmachen.
  • Man kann Listeneinträge natürlich kommentieren (Ihr Beispiel Fernsehserien, Star geboren). Jeder User kann kleine Kommentare zu seinen Listeneinträgen schreiben, die dann als Mouse-over zu lesen sind.
  • Und: Die Listen sind nicht so angelegt, dass man nur käufliche Produkte eintragen kann. Das Gegenteil ist richtig: Man kann sowohl Käufliches als auch Nicht-Käufliches eingeben, wie man ja auch reichlich auf der Seite sieht. Der Grund: Es ist uns letztlich egal, ob jemand was kauft oder nicht.

Mit Verlaub, alles in „Stern-Shortlist“ ist auf den Verkauf angelegt. Mag sein, dass die Provisionserlöse nur einen kleinen Anteil am Umsatz ausmachen werden (ich habe gar nichts Gegenteiliges behauptet), aber das gesamte Angebot ist darauf angelegt, dass Leute Dinge empfehlen, die man kaufen kann, was „Stern-Shortlist“ zu einem hochinteressanten Werbeumfeld macht (genau das habe ich behauptet).

Um zu erleben, in welchem Maß es bei „Stern-Shortlist“ um käuflich zu erwerbende Produkte geht, muss man nur einmal selbst eine Liste anlegen. Als erstes wählt man eine „Rubrik“ aus — aus neun Kategorien von Dingen, die man dann gleich kaufen kann (!), und einer namens „Mix“, die mutmaßlich dafür gedacht ist, zum Beispiel Bücher und Musik mischen zu können.

Im nächsten Schritt ist es nicht möglich, einfach einen Listenpunkt einzugeben. Man muss, bevor man weitermachen kann, auf „Suche“ klicken…

…und die Suche wirft einem dann käuflich zu erwerbende Produkte zum Suchbegriff aus:

Erst wenn man unten das hellgraue Feld, in dem man eigentlich, wenn man „nicht zufrieden“ ist mit den Suchergebnissen, Dinge wie „Titel, Quelle, Bezugsmöglichkeiten etc.“ eingeben soll, zweckentfremdet und hier nochmal den eigenen Begriff wiederholt, taucht er in der Liste auf. Und das System dankt es einem, indem es den neuen Listeneintrag in die Kategorie „unbekannte Produktart“ packt.

(Und wie man kleine Kommentare zu seinen Listeneinträgen schreiben kann, so dass sie per Mouse-Over sichtbar werden, weiß ich nicht. Sonst aber anscheinend auch keiner. Ich habe keine Redaktionsliste gefunden, die diese Möglichkeit nutzt. Nachtrag: Doch, es gibt sie.)

Journalisten mit Fachkenntnis gesucht

Dies ist wieder so eine Geschichte, die für sich genommen fast läppisch wirkt, aber Grundsätzliches über die Medien erzählt.

Am einfachsten lässt sie sich vielleicht mit einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP beginnen. Die meldete am 18. Juli um 16:43 Uhr:

Achtung Redaktionen,

bitte berichtigen Sie in unserer ZF von 16.09 Uhr die Angaben zur Funktion von Klaus Rauscher. Er ist Chef von Vattenfall Europe, der deutschen Tochter des schwedischen Vattenfall-Konzerns und damit also Vattenfall-Deutschland-Chef. Irrtümlich wurde Rauscher als Europa-Chef des Konzerns bezeichnet.

Sie erhalten umgehend eine berichtigte Fassung.

Und in der Tat: Die deutsche Tochter von Vattenfall heißt Vattenfall Europe. Verrückt. Da kann man sich als Laie schnell mal vertun. Aber die Leute, die dafür bezahlt werden, zu Vattenfall-Europe-Pressekonferenzen zu gehen, die vielleicht schon mal ein Organigramm von Vattenfall gesehen oder etwas über Struktur und Geschichte gelesen haben sollten, die sich täglich mit Energieunternehmen beschäftigen, um uns, die wir weniger wissen, darüber zu informieren, die müssten das doch wissen.

Tja. Die Nachrichtenagentur dpa weiß es offenbar. Die Nachrichtenagentur AFP weiß es seit dem 18. Juli um 16:43 Uhr. Und „Bild“, um es gleich zu sagen, ist auch nichts vorzuwerfen.

Und sonst?

Die Kollegen von Reuters schwanken wenigstens noch. Mal machen sie es richtig, mal falsch, mal bereichern sie die Debatte um die lustige Variante „Deutschland- und Europachef“.

Die Nachrichtenagentur AP aber nennt mindestens seit vergangenem Oktober Vattenfalls Deutschland-Chef konsequent „Europa-Chef“. Erst Klaus Rauscher. Nun Hans-Jürgen Cramer. Wann immer sein Name in einer AP-Meldung auftaucht, steht davor oder dahinter „Europa-Chef“.

Diese AP-Meldungen stehen überall. Und manche Journalisten brauchten vermutlich nicht einmal AP, um denselben Fehler zu machen. Jedenfalls steht die falsche Funktion nicht nur — natürlich — in ungezählten Online-Medien, sondern auch im gedruckten „Focus“, in der „FAZ Sonntagszeitung“, in der Wochenchronik der „Süddeutschen Zeitung“, im „Hamburger Abendblatt“, in der Seite-3-Reportage der „Süddeutschen Zeitung“ vom Donnerstag vergangener Woche und am selben Tag sogar groß in der „SZ“-Überschrift auf Seite 1: „Vattenfalls Europa-Chef muss gehen“.

Wo sitzen sie, die Fachjournalisten, die nicht in die Falle tappen? In den öffentlich-rechtlichen Nachrichten-Flaggschiffen? Ein schöner Traum. Das „heute journal“ behauptet ebenso, der „Europa-Chef“ sei zurückgetreten, wie viele, viele Ausgaben der ARD-„Tagesschau“:

Ja. Eigentlich hätte ich all das vergangene Woche schon aufschreiben sollen, mir fehlte nur die Lust.

Aber dann ist gestern bekanntgegeben worden, dass der vorübergehende Deutschland-Chef von Vattenfall auf Dauer bleibt. Und leider berichtet auch wieder AP. Und auf tagesschau.de lautet der Titel der entsprechenden Meldung so:

Okay, die Vattenfalls können sich nicht beschweren. Selbst schuld, wenn sie sich so einen blöden Namen für ihre deutsche Tochter aussuchen. Aber bräuchten wir, das Publikum, die Bürger, nicht wenigstens in ausgewählten Medien noch Journalisten, die wissen, worüber sie berichten?

Das musste ja kommen

Die «Sat.1 News» um 18.30 Uhr hatten im ersten Halbjahr 2007 durchschnittlich 2,11 Millionen (10,8 Prozent) Zuschauer. Sat1 hat die Nachrichtensendung Mitte Juli eingestellt. (dpa)

Nö.

Und, nein: Das ist nicht von dpa. Den Unsinn (dessen Ursprung leicht nachzuvollziehen ist) hat die „Netzeitung“ schön selbst in die Meldung redigiert.

Nachtrag, 11.30 Uhr. Hey, die „Netzeitung“ ist bei der Fehlerkorrektur fast so gut wie Bild.de. Den oben zitierten Satz haben sie gestrichen, aber den Vorspann unverändert gelassen:

Der eine Privatsender stellt seine Nachrichtensendung ein, der andere feiert Quotenerfolge. RTL hat einen höheren Marktanteil als ARD und ZDF aber weniger Zuschauer.

Kurz verlinkt (9)

Manche Sachen sind ja doch eindrucksvoller, wenn man sie mit eigenen Augen sieht, als wenn man nur Beschreibungen, Zusammenfassungen und Protokolle liest. Wer verstehen will, warum so viele Leute auf den Gedanken kommen, die Call-TV-Show „Money Express“, die die Firma Callactive im Auftrag von MTV produziert, animiere die Menschen Nacht für Nacht möglicherweise mit betrügerischen Mitteln zum teuren Anrufen, sollte sich deshalb unbedingt die aktuelle Ausgabe des Magazins „Fernsehkritik-TV“ ansehen.

Darin auch: Die zehn unglaublichsten Gewinnspiel-Lösungen im deutschen Fernsehen. Sehr lustig. Und traurig. Und lustig.

stern.de lässt von Amazon rezensieren

stern-shortlist, das Entertainmentportal für Fortgeschrittene: Das Wort „Fortgeschrittene“ bezeichnet Entertainment-Profis, aber auch die Web 2.0-Generation sowie User wie die stern.de-Nutzer.
(Aus der Selbstdarstellung.)

Auf merkwürdige Ideen kommen die großen Verlage, wenn sie versuchen, irgendwas zu den Zauberworten „Web 2.0“ und „Community“ auf den Markt zu bringen. Bei stern.de entsteht unter dem Namen „Shortlist“ seit Montag ein „Listen-Universum“: Mitarbeiter und Leser sortieren Musik, Filme, Bücher und andere Produkte in Listen wie „Filme, in denen Jack Nicholson noch keinen Bauchansatz hatte“ oder „Songs, mit denen man garantiert jede Party beendet“.

Das wirkt auf den ersten Blick charmant und unterhaltsam, entpuppt sich aber auf den zweiten als unbrauchbare Mogelpackung.

Im Pressematerial heißt es: „stern-shortlist ist ein redaktionelles Angebot“ und: „stern-shortlist macht sich die Entertainment-Kompetenz des stern zu eigen“. Nun ja, so groß scheint diese Kompetenz nicht zu sein. Denn hinter den Listeneinträgen findet man keine redaktionellen Besprechungen aus der „Stern“-Redaktion, sondern Kritiken von Amazon, dem „Shortlist“-Partner, bei dem man die Produkte aus den Listen auch gleich bestellen kann. Die Besprechungen haben Autorenzeilen, aber den Hinweis, dass die Autoren nicht für den „Stern“ oder stern.de schreiben, sondern einen Buchhändler, hat man, äh: vergessen.

Das ist nicht nur wegen der mangelnden Transparenz und der offensichtlichen Fixierung auf möglichst große Verkaufszahlen unerfreulich. Wenn Amazon ein Produkt nicht besprochen hat, gibt es auch in den „Shortlists“ keine weiterführenden Informationen. Und selbst wenn es eine Amazon-Besprechung gibt, lässt sie häufig die entscheidende Frage, die eine Liste aufwirft, unbeantwortet.

Es ist ja eine nette Idee, eine Liste über Fernsehserien anzulegen, in denen ein „Star geboren wurde“, und dort auf Platz 6 die „Lindenstraße“ einzutragen. Aber wer nicht weiß, dass die Karriere von Til Schweiger da begann, erfährt es hier nicht. In den Listen selbst kann man keine Zusatzinformationen angeben, und in der „Shortlist“- bzw. Amazon-Besprechung taucht sein Name nicht auf, was allerdings kein Zufall ist, weil Schweiger in den ersten 52 Folgen, auf deren DVD-Box die Liste verlinkt, noch gar nicht dabei war.

Überhaupt, was ist das für ein Unsinn: Ich kann der Welt meine zehn Lieblingsserien mitteilen, aber nicht einmal zu jeder Serie einen kurzen Kommentar hinzufügen, um zu erklären, warum ich „Malcolm mittendrin“ verehre und was genau ich an „Arrested Development“ so großartig finde? Und daraus soll eine angeregt diskutierende Community entstehen?

Zum Tod von Ulrich Mühe bietet die Redaktion eine Liste „Filme, die das Lebenswerk von Ulrich Mühe dokumentieren“. Sie ist exakt so informativ, als hätte ich seinen Namen bei der Internet Movie Database oder bei Amazon eingegeben hätte. Kein Wort darüber, welches Werk ein Geheimtipp ist, warum man einen Film vielleicht einem anderen vorziehen sollte, nichts. Welchen Grund gibt es, sich diese Liste ansehen, außer um die Klickzahlen und Provisionen von stern.de in die Höhe zu treiben? (Lustigerweise findet die ohnehin kaum brauchbare Suchfunktion die Liste nicht einmal, wenn man nach Ulrich Mühe sucht.)

Eigentlich sind die Listen so angelegt, dass man nur käuflich zu erwerbende Produkte eingeben kann. Zum Glück werden sie von den Usern längst fleißig missbraucht — für Listen wie „Alles, was zeigt, dass die Jugend von heute für’n Arsch ist“ und „Alles, was an stern-shortlist.de äußerst ekelhaft ist“:

Ich weiß nicht. Auf mich wirkt „Stern-Shortlist“ wie ein Angebot, das ungefähr alle Wünsche von stern.de erfüllt (mehr Klicks, mehr Provisionen, ultra-kommerzielles Umfeld für Werbekunden, mehr Schein-Content bei minimalem redaktionellen Aufwand) und ungefähr keinen der Nutzer. Ist das dieses Web 2.0, von dem man so viel hört?

Nachtrag, 26. Juli. Gerd Kamp hat das gestern anscheinend noch offen in der Gegend herumstehende Redaktionssystem von „Stern-Shortlist“ entdeckt, und enthüllt nicht nur schöne Texte aus der internen Registrierungsseite („Als Mitarbeiter von Gruner + Jahr texte ich ohne Vergütung“), sondern auch Zukunftspläne: Listen, die für Klingeltöne werben, womöglich in Kooperation mit Jamba.

Gagagalerien

Formel-1-Fahrer Lewis Hamilton hatte am Samstag einen schweren Unfall auf dem Nürburgring.

Diese Nachricht kann man den Lesern natürlich in verschiedenen Formen übermitteln. Die Kollegen von n-tv.de entschieden sich für die Form einer 32-teiligen Bildergalerie.

Das las sich dann unter anderem so:

Das funktioniert ganz gut, um es kleinen Kindern abends vorm Zubettgehen vorzulesen, die dann immer mit der Maus auf den rechten Pfeil klicken dürfen und zeigen müssen, was die Mama vorliest (Ja, daaa ist der Hamilton! Und wo ist das Podest? Sehr schön. Und siehst du den Krankenwagen? Zeig der Mama den Krankenwagen…)

Eine andere mögliche Erklärung wäre natürlich, dass es zu der kurzen Meldung einfach so viele tolle Fotos gibt, die n-tv.de seinen Lesern nicht vorenthalten wollte, dass der Text deshalb ein bisschen gestreckt wurde. Diese Erklärung wirkt aber, sagen wir, unwahrscheinlich, wenn man anfängt, einige der vielen Fotos aus der Bilderstrecke übersichtlich anzuordnen:

n-tv.de hat immer wieder dieselben oder fast identischen Fotos in die Bildstrecke gepackt, nur unterschiedlich stark vergrößert. Das funktioniert ganz gut, um mit nicht ganz so kleinen Kindern abends vorm Zubettgehen Profi-„Memory“ zu spielen. (Und wo hatten wir dasselbe Foto eben schon gesehen? Und war es beim letzten Mal näher dran oder weiter weg? Hey, super!)

Eine andere Erklärung wäre natürlich, dass es zu den paar Fotos einfach so viel tollen Text gab, den n-tv.de seinen Lesern nicht vorenthalten wollte, dass die Bilder deshalb ein bisschen gestreckt wurden. Äh, halt.

Jede Wette: Das ist die Zukunft des Onlinejournalismus.

[Mit Dank an Lukas!]

Sat.1 ist reif für Jan Ullrich

Montagnachmittag. Sat.1 überträgt live die Tour, da ruft Jan Ullrich an. Er hat eine Botschaft.

Timon Saatmann: Wir haben Jan Ullrich in der Leitung, Mike, du hattest heute schon mit ihm telefoniert.

Mike Kluge: Ja.

Timon Saatmann: Ich begrüße Jan Ullrich, der vor zehn Jahren die Tour de France gewonnen hat, in der Leitung. Hallo, Jan Ullrich. Wie geht’s Ihnen heute? Wir haben lange nichts von Ihnen gehört. Sie sehen mit uns zusammen die Tour de France am Fernsehen. Wie geht’s Ihnen?

Jan Ullrich: Ja, Servus, nee, ja, ist das schon so lange her? Zehn Jahre, Mensch, ach du lieber Gott. Nee, mir geht’s gut, ich hab mit meiner Frau grad ein bisschen den letzten gemeinsamen oder zweisamen Urlaub verbracht für eine woche mal in den Bergen. Sie ist ja hochschwanger – oder was heißt hochschwanger, aber zwei Monate noch bis zur Geburt, und hat schon ganz schönen Bauch dran. Wir haben uns einfach mal ein bisschen erholt, weil wir doch in letzer Zeit auch viel gearbeitet haben. Aber sonst geht’s uns eigentlich sehr gut. Außer dass ich ein bissl wenig Sport mach‘, vielleicht.

Mike Kluge: Und Sara geht’s, wie ich gerade verstehen konnte, auch gut.

Jan Ullrich: Ja, Sara geht’s sehr, sehr gut. Sie ist gut durchgekommen, sechs Monate lang überhaupt keine Probleme gehabt. Außer dass sie jetzt nicht mehr ihre Schuhe zumachen kann. Aber das mach‘ ich ja jetzt, dafür hat sie mich ja geheiratet.

(…)

Mike Kluge: Ich meine, du wirst die Sache natürlich intensiv verfolgen, was alles so um das Gelbe Trikot passiert. Du hast ja mitbekommen, Michael Rasmussen steht unter Verdacht, einige Kontrollen ausgelassen zu haben, beziehungsweise sich nicht gemeldet zu haben. Michael Rasmussen fährt weiter. Du standst damals auch unter Verdacht, du wurdest direkt rausgenommen. Im Grunde wird hier doch irgendwie mit zweierlei Maß gemessen. Aber wie siehst du das mit Michael Rasmussen?

Jan Ullrich: Ah, dazu, also, zu diesen Sachen da werd‘ ich mal was sagen, das hab‘ ich auf meiner Homepage auch angekündigt, aber wenn ich denke, dass der richtige Zeitpunkt, dass Deutschland reif dafür ist, und ich das richtige Medium gefunden habe. Aber das mach‘ ich sicherlich nicht heute. Und vor allen Dingen möchte ich gern, dass die Rennfahrer nicht gestört werden in der Tour de France, die ist hart genug, und ich möchte da keine Unruhe reinbringen.

Mike Kluge: Genau.

(…)

Jan Ullrich: Du, ich wollte eigentlich sagen, eigentlich meine Botschaft war ja, dass ich’s wahnsinnig gut finde, dass jetzt euer Sender eingestiegen ist, und vor allen Dingen auch mit Mike, der macht das ja unheimlich gut, muss ich echt sagen, kommt wirklich der Sport ein bisschen rüber. Weil ich konnt‘ das bis jetzt immer sonst nur mit Bild gucken und ohne Ton halt. Und ich freu‘ mich darüber, weil: Jetzt ist auch mal ein bisschen der Fahrer, sag ich mal, wird seine Leistung einfach mal ein bisschen dargestellt. Und das finde ich einfach nur richtig. Weil das ist ein wunderschöner Sport, knallhart. Und nicht immer nur das Doping, Doping, Doping, das wird da völlig übertrieben. Und ich find‘ das gut, dass ihr da gleich eingestigen seid.

Mike: Super.

Mit großem Dank an Tim, bei dem man sich die neun Minuten im Original anhören kann.