Zeitung verkauft Leser für Strumpf

Korrektur, 11:58 Uhr. Ich Depp habe „Neue Westfälische“ und „Westfälische Nachrichten“ miteinander verwechselt. Die folgenden Bemerkungen stimmen natürlich trotzdem — beziehen sich aber auf zwei verschiedene Zeitungen. Entschuldigung!

Am Dienstag war ich Teilnehmer einer Diskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn zum Thema „Blog gegen Print“. Mit mir auf dem Podium saß unter anderem Thomas Seim, der Chefredakteur der „Neuen Westfälischen“. Der sagte viele vernünftig klingende Sachen darüber, dass klassische Medien selbstverständlich Blogs als Quellen nutzen und selbst den Umgang mit solchen Formen üben sollten, und dass eine Funktion von Tageszeitungen in der Zukunft auch sein werde, ihren Lesern durch Auswahl, Gewichtung und Überprüfung einen Überblick über die verwirrend vielen und teils zweifelhaften Inhalte im Netz zu verschaffen.

Seim benutzt aber den alten Trick, so zu tun, als hätten sich Tageszeitungen als Garanten all dessen erwiesen, was nun im Internet verloren zu gehen drohe: Eine klare Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten, zum Beispiel. Dazu seien Zeitungen nämlich schon durch den Pressekodex verpflichtet, sagte Seim. Im Internet gebe es solche Regeln nicht.

Und damit zu einem ganz anderen Thema.

Am Mittwoch besuchte „Miss Germany“ Anne Julia Hagen die Firma Jentschura in Roxel bei Münster. Die „Neue Westfälische“ „Westfälischen Nachrichten“ berichten ausführlich über dieses Ereignis. „Miss Germany schläft mit Strümpfen“ titelt sie und schreibt:

(…) Die amtierende „Miss Germany“, die keine Currywurst mag, dafür aber Kartoffelsalat, kam nicht aufgemotzt und schon gar nicht in Nylons daher.

Natürlich schön, dezent gebräunt und mit dem richtigen Mix aus geschmeidigen Bewegungen und einer Portion Selbstbewusstsein setzte sich die 20-Jährige für die Fotografen und Kameraleute in Szene – inklusive langer Mähne, einem bezaubernden Lächeln und sexy Augenaufschlag. Die Berlinerin schwört auf „Basische Strümpfe“, von denen die Firma Jentschura in Roxel täglich 250 Stück an die Beine bringt.

Und was bringt das? Miss Germany: „Meine Beine fühlen sich danach toll an, irgendwie leicht. Und die Haut ist streichelzart und sieht einfach gut aus“, strahlt Anne Julia Hagen, die im Februar dieses Jahres mit Krönchen und Schärpe ausstaffiert wurde und die Strümpfe bereits seit drei Jahren überstreift. „Meine Mutter hat mich auf den Geschmack gebracht“, erzählt die Beauty-Queen von der gesunden Lebensart ihrer 43-jährigen Frau Mama auf basische Art.

Am Mittwoch lernte Anne Julia Hagen die Textilmanufaktur in Roxel kennen, die diese Produkte weltweit auf den Markt bringt. Und demonstrierte die Handhabung der Strümpfe. In einer Schüssel mit Wasser verrührte die schöne Miss mit den Maßen 90 – 66 – 93 bei einer Größe von 1,74 Metern einen vollen Teelöffel einer basischen Mineralienmischung. Darin tauchte sie die Baumwollstrümpfe kurz ein, um sie danach gut auszuwringen und ihre Beine in die feuchten Strümpfe zu stecken. Darüber streifte sie sich galant trockene Strümpfe aus reiner Schurwolle über – und fertig war die bestrumpfte Miss Germany, die am liebsten nachts die Strümpfe trägt. Auch bei warmen Temperaturen.

„Am Morgen fühle ich mich einfach wohl, die Beine wirken schlanker“, so die Erfahrung von Deutschlands schönster Frau, die an der Universität Potsdam Kulturwissenschaften, Anglistik und Amerikanistik studiert. (…)

In einer neunteiligen Bildergalerie kommen die „Westfälischen Nachrichten“ ihrer Chronistenpflicht nach und demonstriert mit Fotos, die der Laie leicht mit Werbeaufnahmen verwechseln könnte, wie sehr solche Wollstulpen eine junge Frau entstellen schmücken.

Und in einem vorbildlichen multimedialen Einsatz produzierte die Journalistin der „Westfälischen Nachrichten“ gemeinsam mit dem Fotografen gleich auch noch einen gut halbminütigen Nachrichtenfilm:

Deutschlands aktuell schönste Frau, Anne Julia Hagen, war gestern in Roxel. Die Berlinerin schaute sich in der Firma Jentschura um – weil hier Basische Strümpfe produziert werden. Und auf diese schwört die seit Februar amtierende Miss Germany bereits seit drei Jahren. (…)

Und das ist natürlich — anders als die schnöde Tatsache, dass Frau Hagen einfach einen Werbevertrag mit der Strumpffirma hat — eine Nachricht für die Journalisten von den „Westfälischen Nachrichten“. Die Zitate der Miss Germany stammen übrigens teilweise aus der Pressemitteilung des Unternehmens selbst.

Ich weiß nicht, ob der Artikel auch in der gedruckten Ausgabe der „Westfälischen Nachrichten“ erschienen ist. Andererseits: Kann ja nicht. In Print ist Schleichwerbung ja verboten.

[via Jörg-Olaf Schäfers]

69 Replies to “Zeitung verkauft Leser für Strumpf”

  1. Ob der Artikel in der gedruckten NW auch drin ist weiss ich auch nicht, lese ich für gewöhnlich nicht. Aberähmmm… könnte es sein, dass Du hier Neue Westfälische (NW) und Westfälische Nachrichten (WN) durcheinander bringst?

  2. Zwei Anmerkungen:

    1.) Jipii… Endlich ist meine Haus- und Hofzeitung einmal dein Thema!

    2.) Die „Neue Westfälische“ (NW) und die „Westfälischen Nachrichten“ (WN) sind unterschiedliche Zeitungen. Deine Links oder deine Screenshots oben beziehen sich auf die WN.
    Ich denke auch, hier liegt eine Verwechselung vor und der Name „Neue Westfälische“ hat sich aus Versehen hierher „verlaufen“!


    http://twitter.com/stelten

  3. Scheint mir auch so… im Online-Angebot der Neuen Westfälischen find ich den Artikel nicht, verlinkt sind auch die Westfälischen Nachrichten, beide Zeitungen sind meines Wissens nicht verbandelt.

  4. sehr sympathisch, dass ein solch peinlicher verwechsler auch mal stefan niggemeier passiert und er dann genau so reagiert, wie man es sich von anderen zeitungen, journalisten, autoren wünschen würde:

    einfach zugeben, dass man im irrtum war, und den fehler richtig stellen.
    vorbildlich!

    zu fehlern zu stehen ist eine stärke und keine schwäche, auch wenns gern andersherum dargestellt wird!

  5. „Miss Germany schläft in Strümpfen“

    Hast Du irgendwelche masochistischen Neigungen, dass Du an solch einer Überschrift hängen bleibst und dann auch noch den Artikel ließt?
    Der Beruf des Medienjournalisten scheint ganz schön hart…

  6. Netter Versuch, Stefan! Das war doch bis ins Detail vorgeplant.

    Du hast den Fehler nur eingebaut, als Beweis für die Flexibilität der Blogkultur. Hier kann man schließlich schnell einen Fehler korrigieren, diesen gleichzeitig transparent machen sowie die eigene Fähigkeit zur Selbstkritik demonstrieren. Angeber.

    Aber Chapeaux für die didaktische Finesse ;-)

  7. Na, gottseidank hat sich die Verwechslung aufgeklärt ;-)

    Ich blogge für die NW nämlich mit Vorliebe über regionale (sprich: ostwestfäliche) Web 2.0-Themen. Ganz ohne in den Beiträgen für irgendwas zu werben.

  8. Der Pressetext ist exakt so in der Print-Ausgabe als Aufmacher erschienen. Dieser Basenstrumpf-Tröt wurde vorsichtshalber vom Unternehmen etwa drei- bis viermal verschickt… Bis einer anspringt.

  9. @ Carsten: als Aufmacher? Die (wahrscheinlich) unbezahlte Strumpfschleichwerbung? In welchem Buch denn, um Himmels Willen?

    Es ist zum Heulen. Und ich fürchte, dass gerade im Lokalen solche Ungenauigkeiten immer häufiger Passieren. Dort, wo laut Verlagsstrategen die Zukunft der Zeitung liegt.

  10. @Woelf:
    Da gibt es keinen Zusammenhang. Aber es bedarf einer gewissen Bereitschaft zur Selbstquälerei, wenn man solch einen Artikel unter solch einer Überschrift freiwillig durchliest.

  11. Ein strumpfiger Artikel! *Zieht sich einen streichelzarten basischen Strumpf aus reiner Baumwolle, nur 29,95, auf den Kopf. Dann kehrt er in sein pilzhaus zurück.*

  12. Mal wieder herzlich gelacht.

    Natürlich ein Lachen der Verzweiflung angesichts der ganzen Surrealitäten. Es sind ja nicht nur die eklatanten Wahrnehmungsstörungen von Journalismusdarstellern und Verlagsmanagern. Das ganze bettet sich ja auch noch nahtlos ein in Absurdes wie „Betonkrebs“, der von denen, die in verursacht haben, (gegen Entgelt) behoben werden soll oder des Klimawandels, der schuld sei an den zu billig eingekauften Klimaanlagen der Bahn. Eine wahrlich groteske Zeit, in die wir da scheinbar reingerutscht sind. Langsam glaub ich, daß das Peter-Prinzip“ die einzig verläßliche Erklärung für all jene ist, die in diesem Land irgendwo irgendwas nennenswertes zu entscheiden haben… beängstigend alles.

    Zu dieser ganzen PR- und Journalismusdesaster-Geschichte sei übrigens noch auf das Buch „am besten nichts Neues“ von Tom Schimmeck hingewiesen, das für interessierte Leser von Stefans Blog eine gute Ergänzung ist. Gibt dazu auch irgendwo bei TP ein Interview. Fiel mir gerade so kontextuell ein und sollte keine Schleichwerbung sein, lieber Hausherr.

  13. […] verwendete er ausgerechnet ein Beispiel einer ganz anderen Tageszeitung als eines aus der NW (siehe Blogbeitrag hier). Ich verfolge die Beiträge von Stefan Niggemeier schon seit vielen Jahren, auch diejenigen im […]

  14. Achtung, wichtige Durchsage:

    Ich geh morgen zum Supermarkt _weil da Dinge verkauft werden_.

    Ernsthaft, wie kreativarm muss man eigentlich sein um so eine Bild/Videobeschreibung zu fabrizieren?

  15. Fehlt ein passendes Beispiel für die NW? Bitte sehr: http://www.netzeitung.de/medien/668374.html

    Die Hauptakteure von Bielefelds „Sparrenblog“ (geschlossen) haben diese pikant gewürzte Biopizza-Geschichte seinerzeit in schmackhafte Teile zerlegt, sogar unter kommentatorischer Beteiligung des NW-Chefredakteurs.

  16. „„Meine Mutter hat mich auf den Geschmack gebracht“, erzählt die Beauty-Queen von der gesunden Lebensart ihrer 43-jährigen Frau Mama auf basische Art.“

    Allerspätestens für diesen Satz gehört der Texter doch geschlagen! Wie kann man die deutsche Sprache nur so sehr hassen, dass dabei dann ein derart grauenvoller Horrortext rauskommt? Und der soll auch noch werbewirksam sein? Höchstens für Mittel gegen Brechreiz…

  17. Der Fehler ist mir schnuppe, aber ich kann den Stilkniff „Und damit zu einem ganz anderen Thema.“ einfach nicht mehr lesen. Man muss auch loslassen können.

  18. Die von Lukas H. inflationär in jedem zweiten Beitrag verwendete Floskel „und nun zu einem ganz anderen Thema“ fand nun also auch hier Einzug. Witzig ist sowas genau 1x

  19. Ja, bei John Cleese. Aber streng genommen gab es die Floskel auch schon vorher hier und ich glaube auch ein paar mal beim Bildblog, bis auch Lukas nicht mehr von ihr lassen konnte.

  20. Ich find die Verwechslung der beiden Publikationen schon einen ziemlichen krassen Hammer. Wenn das der Bild passiert wäre, hätte es hier einen großen Aufschrei über journalistische Sorgfaltspflicht gegeben – Korrekturspalte hin oder her….

  21. @ 27:
    Fehler passieren. Wichtig ist der Umgang damit. Bei der „Bild“ wäre wahrscheinlich nichts passiert, der Text wäre in der Online-Ausgabe so gelassen worden oder ein kleiner, nahezu unsichtbarer Kommentar dazu hätte sich irgendwo in den nächsten Wochen hinter unzähligen Photostrecken gefunden.
    Hier kommt der Kommentar mit ironischer Selbstkasteiung gleich unter die Überschrift vor den eigentlich Text, der Fehler bleibt, wenn auch durchgestrichen, erhalten, so dass Transparenz erzeugt wird.
    Wo bitte kann man so etwas in der „Bild“ finden. Im Übrigen: Journalistische Sorgfaltspflicht ist in meinen Augen erst dann verletzt, wenn der Fehler zum dauerhaften Problem, ja quasi kultiviert wird, etwas, was in diesem herrlichen Blog bisher nie bis selten passiert ist.
    Mit besten Grüßen

  22. Aus meiner Perspektive muss ich ja noch was anderes bemerken: Niemand kann mir verkaufen, dass weiße Baumwollsocken sexy aussehen. Sie sind und bleiben Stützstrümpfe. Genauso wenig bekommt mich irgend wer dazu, bei diesen Temperaturen Nachts Strümpfe anzuziehen. Und für diejenigen, die sich wie ich nun kurz informieren, was „basische Strümpfe“ sind, ein Hinweis: Der Begriff „Schlacke“ ist weder für Ärzte, noch für Ernährungsexperten oder Biologen existent. Und nein, Füße sind keine Nieren; Füße sind Füße und Nieren sind Nieren! Für mich ist so etwas einfach nur grober Unsinn!

    Dass manche Miss Germanys und Zeitungen hemmungslos PR machen, ist ja schon schlimm genug, aber für so etwas?

  23. Da fällt mir ein dass ich kürzlich (Mittwoch) eins dieser typischen Zeitungswerbeplakate (vom Berliner Kurier) gesehen habe mit einem lächelnden Gesundheitsexperten drauf – Tip, der arbeitet (schon länger) nicht mehr für die ARD..

  24. Gleich noch mal nörgeln: Roxel liegt nicht „bei Münster“, sondern ist ein Stadtteil Münsters.

  25. „Aber Chapeaux für die didaktische Finesse“

    Timo, ich x ihnen gerne was weg. ;-)

    Strumpfbandorden für Niggemeier, bitte. Nett aufgespießt.

  26. Ich find’s interessant, wie die Floskel „Und damit zu einem ganz anderen Thema“ mit der Korrektur ihre Bedeutung verändert. Von „Und jetzt gucken wir mal, wer da wieder Wasser predigt und Wein trinkt“ hin zu „Und damit zu einem ganz anderen Thema“. Mit dem letzten Satz wird Herr Seim allerdings in Haft genommen für eine Redaktion, für die er nicht die Verantwortung trägt.
    Fehler passieren, shit happens. Die Geschichte in den Westfälischen Nachrichten ist oben breit genug dargestellt und kommentiert worden. Aber wäre dieser Beitrag hier so erschienen, wie er erschienen ist, wenn die Verwechslung nicht passiert wäre?

  27. Schäfers: „..ich komme von der Ersten Allgemeinen Neuen Westfälischen Verunsicherung… Gnä`Frau, Sie haben dann mal Tarif B12 mit Zusatzziehung und A3 Pointenersatz…..“

    Der running gag muss weg, Der vorausgegangene Irrtum lässt ihn stolpern. Ist eher Silly walking.
    Oder aber..

    P.S.: „Ich mach uns ein paar Schnittchen..“

  28. @Stefan Niggemeier: Vielleicht sollte ich mir mal endlich abgewöhnen, in Kommentarspalten Fragen zu stellen, die nicht rhetorisch sind…
    Einerseits werden Herrn Seims Worte an Taten anderer gemessen, auf die er höchstwahrscheinlich keinen Einfluss hat. Andererseits scheint er in der Podiumsdiskussion selbst ordentlich generalisiert zu haben (der erwähnte „alte Trick“). Und das Negativ-Beispiel der Westfälischen Nachrichten ist eines, zudem sehr eklatantes, aber kein einzigartiges.
    Ach, was soll’s… ich mach mir erstmal nen Kaffee und schau dann, ob ich mehr Rückblicke auf die ursprüngliche Veranstaltung finde als nur diesen hier:
    http://medienblick-bonn.de/durchblick/blog-gegen-print-oder-der-versuch-eines-streitgesprachs

  29. Ist es als Freudsche Fehlleistung zu werten, wenn ich beim ersten Lesen der Überschrift „Miss Germany schläft mit Schlümpfen“ lese oder hab ich einfach schon zuviel Kaffee getrunken heute morgen?

    Verwechslung hin, Schlümpfe her, eine so plumpe Werbestrecke habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen. Schön beschrieben, Stefan.

  30. Dass die Kritiker der Elche auch bei den Tageszeitungen selber welche sind, finde ich eigentlich nur zu naheliegend. Ein gewisser redaktioneller Vorsprung der Printmedien ist nicht durch ihr Medium begründet, sondern allein dadurch, dass sie vorerst noch die stärkere ökonomische Basis, sprich mehr Einnahmen und Geld als Onlinemedien haben. Das entscheidende Problem der Tageszeitungen ist ihr technisches Hintertreffen gegenüber einem neuen Universalmedium Internet und die mit ihm einhergehenden stetigen Auflagenverluste. Es handelt sich also um das Herummosern der Macher eines alten Mediums über das Verlorengehen eigener angestammter Pfründe an ein aufstrebendes technischen Medium der Zukunft. Also nur um rückwärtsgewandtes Besitzstandswahren von Besitztümern, die sich absehbar nicht bewahren lassen – mithin um das Jammern einer Todgeweihten über ihren eigenen Untergang. Wenn es nicht so langwierig und langweilig und damit so müßig wäre, könnte man es glatt für ein Untergangsdrama Shakespeareschen Ausmaßes halten.

  31. 44:

    Ich weiß nicht so recht, wie man wieder einmal von Hölzken aufs Stöcksken kommt. Jaja, der Untergang des Zeitungswesens muss bei jeder sich bietenden Gelegenheit beschworen werden, und sei der Anlass noch so banal. Da zeigen sich die wahren Experten.

    Aber wie dem auch sei: Wenn das denn so langweilig und müßig wäre, wie Sie sagen – meinen Sie ernsthaft, dass die Redundanz in ihren Beiträgen der vergangenen Woche für mehr Unterhaltung sorgt?

  32. Hölzken aufs Stöcksken? Im Artikel ging es zufällig um Tageszeitungen vs. Internet. Die Story selbst habe ich mir garnicht genau durchgelesen, weil müßig und langweilig, um nicht zu sagen korinthenka….isch. Hab nur irgendwas von Klickstrecken und Schleichwerbung gelesen. Der Niedergang des Zeitungswesens in seiner Gesamtheit wird nicht herbeigeschworen, sondern ist die blanke Realität mit Auflagenverlusten von 2,5% allein im letzten Jahr. Ungeachtet der Tatsache, dass vielleicht noch einige große überregionale Leuchttürme stehenbleiben werden.
    Die Redundanz bzw. Nichtredundanz meiner Beiträge ist Auffassungssache, in unserem Fall leider gegensätzlicher Auffassung. Was ja vorkommen soll in Diskussionen, Diskussionen ausmacht und interessant macht.

  33. „Hab nur irgendwas von Klickstrecken und Schleichwerbung gelesen.“

    Mehr braucht es ja auch nicht. Und dann – hoppla, Herr Lehrer, ich weiß was – einen wiederkehrenden Schwall von Allgemeinheiten loslassen. Mit der Attitüde einer Branchenexpertin. Doch, das ist nach dem (geschätzt) hundertvierundfünfzigsten Posting fad.

  34. Frau Maledeites. Journalismus ist mehr als nur das anhäufen von Besitztümern. Für mich scheint Ihre vorgeworfene Redundanz das Resultat einer Unkonzentriertheit beim Lesen zu sein. So setzen Sie ihren Fokus falsch. Die ersten drei Abschnitte des Artikels sind nur eine Hälfte des Artikels. Der von Ihnen so flüchtig überflogene Text ist das Wichtige, über den wir uns hier gerade unterhalten.

    Schauen Sie Sich doch mal #33 an. Da hat jemand wegen diesem Artikel den Presserat informiert, denn Journalismus ist mehr als Geldverdienen.
    Der von mir für Sie verlinkte Codex gilt übrigens seit dem 1.1.2009 auch für´s Internet. Daher sollten Sie Herrn Niggemeiers Passage, „…Dazu seien Zeitungen nämlich schon durch den Pressekodex verpflichtet, sagte Seim. Im Internet gebe es solche Regeln nicht…“, als Ironie verstehen, als ein rhetorisches Ausrufezeichen.

    Vielleicht hilft Ihnen das weiter?

  35. Theo, das nennt sich effektives Lesen und Konzentration auf das Wesentliche. Um zu wissen, was ich sowieso schon weiß (dass auch die Tageszeitungen nur Elche sind), muß ich mich mit den genauen Elchdetails nun wirklich nicht beschäftigen. Allgemeinheiten und Verallgemeinerungen wie die von mir vorgebrachten, d.h. die Schlußfolgerungen aus solchen Details finde ich hingegen viel interessanter und wichtiger. Mag natürlich sein, dass ich damit hier an der völlig falschen Adresse bin. Ist das hier wirklich nur ein Blog für Klick- und Kleckerkram ohne Interesse an Weiterführendem? *tätschel*

  36. @ 31

    ich muss widersprechen bei der Ausage, Schlacken wären Ärzten nicht bekannt. Der Hersrteller der basischen Strümpfe vertreibt seine basisischen Produkte laut webseite auch über „Gesundheitsberater“.

    Ein solcher ist wohl auch im engeren Sinne ein allgemeinmedizinischen Hausarzt, der mir etwas von Schlacken und basischer Ernährung etc erzählte, als Grundübel aller Zivilisationskrankheiten sei Übersäurung gennannt, bevor er für meine Autoimmunerkrankung etwas tun könne solle ich erstmal entsäuern, Produkt A bis Y dazu könne ich einen Stock höher im Shop erstehen, alles von der im Artikel genannten Firma war da zu haben, würde ich nicht entsäuern könne man nicht viel für mich tun.

    Ich hatte damals etwas recherchiert, es ist nicht der einzige Allgemeinmedinziner, der als Überzeugungstäter (?) die Produkte vertreibt.

    Umso schlimmer eine solche Schleichwerbung über ein solches Medium wie eine Zeitung. Beim Besuch eines Modearztes macht es dann klick, ach ja, es stand ja in der Zeitung..

  37. @JO
    Journalismus ist sicher mehr als das Anhäufen und Besitz – ABER ohne Anhäufen von Besitz (sprich Kapital/Geld/Erlöse/Einnahmen) gibt es leider überhaupt keinen bezahlten Journalismus. Das ist der Doppelcharakter des Journalismus und Hauptursache seiner Probleme im Internet – dass er einerseits in der Tat aufklärerische Funktionen hat, aber diese aufklärerischen Funktionen nicht professionell ausüben kann, wenn er nicht imstande ist, sie professionell zu verwerten und Geld mit ihnen zu verdienen. Geldverdienen ist also eine von ingesamt ca. drei Grundlagen von Journalismus (neben dem Journalismus selbst und seinem Medium).

  38. @51/Lena Maldeites
    Die These, dass Professionalismus im Journalismus in direktem Zusammenhang mit „Geld“ steht, wird nicht dadurch besser, das man sie dauernd wiederholt. Aus einer Vergütung direkt kausal auf die Qualität einer Leistung zu schliessen, ist Unsinn. Dann wäre eine Krankenschwester eine hundertfach schlechtere Arbeiterin als ein Bankmanager.

    Mit Geld kann man nicht alles kaufen. Qualität am wenigsten. Journalisten brauchen eine adäquate finanzielle Ausstattung, um dauerhaft von ihrer Tätigkeit leben zu können. Anhand etlicher Journalisten können sie erkennen, dass dies keine Gewähr darstellt. Manchmal hat man das Gefühl: eher das Gegenteil.

  39. „Allgemeinheiten und Verallgemeinerungen wie die von mir vorgebrachten, d.h. die Schlußfolgerungen aus solchen Details finde ich hingegen viel interessanter und wichtiger.“

    Kurz gefasst: Ich, ich, und nochmal ich.
    Einzelkind?

  40. @53: Vielleicht ja auch einfach nur zur Hervorhebung dass es sich um eine Meinung handelt?

  41. Ich hatte diese Fotostrecke auch durchgeklickt und dabei zu Gott gebetet, die Frage „Was soll das eigentlich?“ würde sich irgendwann beantworten. Dabei habe ich echte Kopfschmerzen gekriegt. Kein David Lynch der Welt hätte sich derartig kranken Scheiß ausdenken können.

  42. @Gregor Keuschnig

    Zwischen Qualität einer journalistischen Leistung und ihrer Vergütung besteht sehr wohl ein Zusammenhang, als erstere dauerhaft und insbesondere in einem größeren Rahmen nur in dem Maße möglich ist, wie sie finanziert wird. Der Blogjournalismus (so man denn einzelne Blogs en detail überhaupt als Journalismus bezeichnen kann) ist inbesondere mit bisherigem Printjournalismus nur schwer vergleichbar, als er in viel kleineren und viel weniger umfassenden Einheiten produziert wird. Im Höchstfall vielleicht 3-4 Blogbeiträge am Tag in einem Weblog, die häufig auch thematisch sehr eingegrenzt sind, kann man nicht ernsthaft als Journalismus im Umfang und in der Bandbreite bisheriger Zeitungen ansehen. Journalismus in größerem umfassenderen Umfang muß also finanziert werden, und das genau ist das Problem von Journalismus im Internet. Er läßt sich im riesigen Infomeer Internet viel schwerer finanzieren als im viel schwerer zugänglichen, weil technisch viel höherschwelligeren Zeitungsverlag und Zeitungskiosk. Was meine These bestätigt, dass in einem Medium wie dem Internet, wo jeder reinschreiben kann, der finanzielle Wert und die finanzielle Verwertbarkeit des geschriebenen Wortes technisch entwertet wird.

    Im Einzelnen noch: Soviel ich weiß, werden auch Krankenschwestern in der Regel bezahlt. Wie hoch und gerecht, ist eine andere Frage. Aber sie verdienen in der Regel soviel Geld, dass sie davon leben können. Dass es auch schlechte bezahlte Journalisten gibt, ändert im übrigen nichts daran, dass man auch die guten um so mehr in größeren Medieneinheiten nur mit Geld engagieren kann.
    Das Problem des Journalismus im Internet ist nicht mehr eines von einzelnen Journalisten – die können ja ins Internet reinschreiben, wie sie wollen. Das Problem des Journalismus im Internet ist a) eines des bezahlten Journalismus und der finanziellen Verwertbarkeit von Journalismus im Infomeer Internet und b) insbesondere ein Problem des finanziell dauerhaft tragfähigen Aufbaus größerer journalistischer Medien, also von Onlinemedien.
    Zu den Zukunftsaussichten von b) läßt sich leider noch nicht soviel sagen, weil es sich wie gesagt um einen sehr langwierigen Medienwandel von einem Medium zum anderen handelt.

  43. Frau Maldeites. Im übertragenen Sinne nehmen Sie eine gelbe Haftnotiz, bemängeln, dass man darauf keine Zeitung schreiben, so etwas schwer zu vermarkten ist, um dann den Schluss zu ziehen, dass gelbe Haftnotizen den Journalismus entwerten.

    Ein Blog ist als Objekt nicht dazu konzipiert, dass darauf täglich 100-200 Personen Beiträge veröffentlichen. Es ist gedacht als ein individuelles Tagebuch, als Haftnotiz, in dem andere zurückposten können. Nicht mehr. Wenn Sie nun über den “größeren Rahmen” sprechen, ist es falsch hier ein Blog anzuführen. Dazu gibt es nämlich CMS´, in dem eine redaktionelle Betreuung auch möglich ist. Hier klappt das dann auch mit der Gatekeeper-Funktion wieder, die hatten sie in Ihrer Aufzählung übrigens noch nicht angeführt. Blogs – die wiederum untereinander verknüpft sind – sind eine weitere Informationsquelle zu Zeitungen, Fernsehen, Magazinen, Büchern oder persönlichen Gesprächen. Jeder Internetnutzer kann sie “zusammenkleben“, mit unterschiedlichen, tiefergehenden Meinungen, Positionen, Sichtweisen. Der Leser ist somit sein eigener Redakteur.

    Die Vermarktung von Blogs und die von CMS´ ist nun zur Zeit nicht einfach, aber ich bin eigentlich nicht die Richtige, mit der sie darüber sprechen sollten. Ich kann kein BWL. Ich bin es gewöhnt dass sich die Buchhaltung, die PR-Abteilung, die Anzeigenabteilung, die GEZ oder wer sonst daran Spaß hat, sich um so etwas kümmert. Sie gehen jedoch in ihrer Argumentation her und versuchen die Probleme der Verwaltung auf die Redaktion und ihre Arbeit, ihre Qualität, ihre Professionalität zu übertragen. Und genau das ist falsch. Klare Trennung von redaktionellem Inhalt und Wirtschaft!

    Achtung vor der Wahrheit und Wahrung der Menschenwürde. Gründliche und faire Recherche. Achtung von Privatleben und Intimsphäre. Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellung von Gewalt und Brutalität. Das ist Presse, das ist Journalismus. Und wenn Blogger sich daran halten, dann sind sie auch Journalisten und Teil der Presse. So einfach ist das.

  44. Danke für die sachgerechte Bezeichnung von Blogs als Haftnotizen und Tagebücher. Mit dieser Bezeichnung kann man sie zwar vereinzelt mit gutem Willen als journalistisch und publizistisch ansehen, aber nicht als universelle journalistische Medien, die täglich sämtliche öffentlichen und politischen Bereiche der Gesellschaft umfassend und universell bearbeiten. Das können nur große Onlinemedien wie heute die von Spiegel, Welt, Bild usw. mit einer entsprechenden finanziellen Basis, um ein solches großes Medium und seine Schreiber und Macher bezahlen zu können. Die großen Probleme der Onlinemedien damit und die sich daraus ergebende Schlussfolgerung von der – finanziellen – Entwertung des journalistischen Wortes durch ein technisch völlig freies Internet, ist keine Erfindung von mir, sondern eine Tatsache. User sind bisher, abgesehen von den iPad & iPhone-Print-Klonen – wenig bis garnicht bereit, für Journalismus im Internet Geld zu bezahlen. Der Erfolg der Apps zeigt übrigens, dass das u.a. an den beschränkten typographischen Möglichkeiten von HTML-Seiten für Journalismus liegen könnte.
    Ich führe die Probleme der Onlinemedien bei ihrer Selbstverwertung neben dieser Entwertung des Wortes durch das Internet auch auf die Unerfahrenheit mit diesen neuen Produktionsbedingungen im Zuge des Medienwandels zurück.
    Ich sagte ja bereits, dass das Internet professionellen, finanziell tragfähigen Onlinejournalismus zwar vorerst sehr schwierig macht, dass ich die längerfristige Entwicklung tragfähiger Online-Medienanbieter im Zuge des Medienwandels aber nicht für ausgeschlossen halte. Was lange währt, könnte vereinzelt gut werden und nur die Harten kommen in‘ Garten usw. Die Zeit dieses Übergangs wird aber eine Phase erheblicher Reibungen und endlosen Jammerns über die Schwierigkeiten dabei sein.

  45. Schön Frau Maldeites. Dann lassen Sie uns doch ein paar Schnittchen von polyphem mopsen und zurück zum eigentlichen Thema kommen. Sagen Sie mal, könnten Sie sich vorstellen bei diesem Wetter Nacht Strümpfe zu tragen?

  46. Es zeigt sich halt mal wieder eindrucksvoll, daß viele etablierte Medien aus der „Offline-Welt“ irgendwie immer noch nicht richtig im Internet angekommen sind. Welche Möglichkeiten das Internet heute bietet (wenn man sie richtig nutzt), zeigt z.B. die heute von Stefan vorgestellte „Livestylereportage“.

  47. @theo – 53
    Nu tunse mal nich so, als ob’se nich auch nur lesen würden und schreiben würden, was Sie interessiert. In der Hinsicht sind wir ja nun alle Einzelkinder. Es ist ja im übrigen nicht so, dass solche individuellen Vorneigungen und Interessen nicht auch für die versammelte Leserschaft ein Anstoß (in einem Blog natürlich vor allem zum Denken und Weiterdenken) sein können. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass man bereit ist, sich von etwas anstoßen zu lassen. Wozu man lt. Grundgesetz freilich auch nicht verpflichtet ist. (hihi)

  48. also, wenn jetzt hier schleichwerbung gemacht wird, kann ich dann auch welche machen? ist ja nicht print… :) hab keine strümpfe anzupreisen aber neulich gute t-shirts entdeckt, die mich bewegt haben… http://www.ruehmann-co.de. da versucht doch noch mal wer was.

  49. […] egal. Jedenfalls kam mir der Artikel sehr bekannt vor. Niggemeier, klingelte es bei mir. Die “Westfälische Zeitung” hatte nämlich einen ähnlichen Bericht geboten und vergessen, dass Miss Germany einen tollen Werbevertrag mit dem Strumpfhersteller hat. Und wie […]

  50. „Und in einem vorbildlichen multimedialen Einsatz produzierte die Journalistin der „Westfälischen Nachrichten” gemeinsam mit dem Fotografen gleich auch noch einen gut halbminütigen Nachrichtenfilm:…“

    Ist zwar eigentlich egal, aber der im Beitrag verlinkte Strumpffilm mit Anne Julia Hagen ist weg …

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