Einer der erstaunlichsten Sätze zum Quasi-Abschied der Axel Springer AG aus dem Zeitungs- und Zeitschriftengeschäft steht auf den Seiten des unaussprechlichen „Think Tanks zur Medienkritik“ namens „Vocer“. Janko Tietz schreibt dort, der Verkauf der diversen Print-Produkte werde sich für Springer rächen. Es sei nämlich ein Irrglaube, dass das Geschäft mit gedruckten Medien tot sei. Dann folgt der Satz:
Auch in zwanzig Jahren werden die Menschen noch Zeitung lesen, werden sich in ihren Regionalausgaben informieren, welcher Eckladen schließt, wie die Öffnungszeiten des Freibades sind, welcher Künstler in der Stadt auftritt.
Wer behauptet zu wissen, wie die Menschen in zwanzig Jahren Medien nutzen werden, muss ziemlich bekloppt oder größenwahnsinnig sein. Aber ich halte den Satz nicht nur als Prognose für die Zukunft gewagt, sondern auch als Beschreibung der Gegenwart.
Ich lebe in Friedrichshain, einem Berliner Ortsteil mit 120.000 Einwohnern. Es gibt für diese Menschen de facto keinen Lokaljournalismus.
„Berliner Morgenpost“, „Berliner Zeitung“, „Tagesspiegel“ und „taz“, „B.Z.“ und „Berliner Kurier“, sie alle haben zwar den Anspruch, über das zu berichten, was in Berlin passiert. Aber das ist in aller Regel Regionalberichterstattung: Es geht politisch um den Regierenden Bürgermeister, den Senat und das Abgeordnetenhaus, inhaltlich um Themen wie den Schloss-Neubau, den neuen Flughafen, die BVG. Was in den einzelnen Bezirken passiert, Gebieten mit mehr Einwohnern als die meisten Großstädte, kommt hier nur in kurzen Notizen oder zufälligen Schlaglichtern vor. Von meinem persönlichen Kiez mit den gefühlt stündlich wechselnden Eckläden ganz zu schweigen.
Reden wir nicht von Eckläden und Freibädern. Reden wir von einer gewaltigen Brachfläche, deren Bebauung den zukünftigen Charakter der Gegend, in der ich lebe, entscheidend beeinflussen wird. Es handelt sich um den Block 74, das sogenannte Freudenberg-Areal, benannt nach der Firma, die hier bis vor wenigen Jahren angesiedelt war. Das Gelände ist 26.000 Quadratmeter groß, nun sollen hier 550 Wohnungen entstehen. So will es der Investor; einer Gruppe von Anwohnern ist das viel zu viel.
Es gibt heftige Diskussionen, lautstarke Bürgerversammlungen, überzeugende und weniger überzeugende Versuche, die Anwohner in die Planungen einzubeziehen, Kompromissvorschläge.
Was es nicht gibt: eine kontinuierliche Berichterstattung über all das in der Zeitung.
Im Januar war ich bei einer Versammlung in der Aula der Grundschule. Die über 200 Anwohner fanden kaum alle Platz. Sie stritten mit dem Investor und dem Bezirksbürgermeister, forderten größere Grünflächen und mehr erschwingliche Wohnungen, ließen sich die aktuellen Pläne und die echten oder vermeintlichen Zugeständnisse erklären.
Nur die „taz“ berichtete zwei Tage später über die Veranstaltung, in einem ausführlichen und grundsätzlichen Bericht. Im Mai gab es, ebenfalls in der „taz“, einen Artikel über die weiteren Entwicklungen. Die anderen Tageszeitungen haben in diesem Jahr noch nicht über dieses für Friedrichshain entscheidende Bauprojekt und die Diskussionen darum berichtet.
Womöglich werden sie das irgendwann wieder tun. Der „Tagesspiegel“ zum Beispiel hatte Ende vergangenen Jahres einen größeren Artikel. Aber ist das die Idee einer Lokalzeitung, dass ich sie Tag für Tag kaufen soll, in der Hoffnung, dass irgendwann, vielleicht nach Wochen, etwas Relevantes aus meiner Umgebung darin steht?
Ich weiß nicht, wie typisch Berlin ist. Aber ich möchte behaupten, dass in dieser Stadt auch heute schon die Menschen nicht Zeitung lesen, um sich zu informieren, welcher Eckladen schließt, schon deshalb, weil ihre Zeitung sie nicht darüber informiert, welcher Eckladen schließt.
Zu einem gewissen Anteil haben diese Aufgabe immerhin noch die Anzeigenblätter „Berliner Woche“ (Springer) und „Berliner Abendblatt“ (Dumont Schauberg) übernommen. Aber die Redaktion des „Berliner Abendblattes“ wurde im vergangenen Jahr komplett entlassen, und ich bin mir nicht sicher, ob Janko Tietz mit seinem Postulat vom dauerhaften Bestand des gedruckten Lokaljournalismus ausgerechnet auf das berufen wollte, was kostenlose Anzeigenblätter darunter verstehen.
Und sollte die Zukunft der Tageszeitung wirklich davon abhängen, dass es auf Dauer genug Menschen gibt, die die Öffnungszeiten des Freibades oder die Auftrittsdaten von Künstlern zuhause auf Papier nachlesen wollen? — Informationen, für die es, egal ob sie nun umständlich gedruckt und durchs Land gekarrt werden oder nicht, jedenfalls keine Journalisten braucht, um sie zusammenzutragen.
Den beiden Berliner Stadtmagazinen „Tip“ und „Zitty“ geht es übrigens miserabel. Der Berliner Verlag hat den „Tip“ gerade an eine kleine Servicejournalismus-Agentur verkauft.
Ich wünschte mir, es gäbe dort, wo ich lebe, einen Lokaljournalismus, der diesen Namen verdient. Vielleicht wird irgendwann jemand kommen, der es versucht. Mein Tipp wäre aber eher, dass es ein Online-Projekt wird, ähnlich wie es die „Prenzlauer Berg Nachrichten“ versuchen.
Der Gedanke, dass Zeitungen schon deshalb nicht sterben werden, weil in ihnen steht, was mich angeht, weil es in meiner Nachbarschaft passiert, erscheint jedenfalls aus der Perspektive eines Bewohners von Berlin-Friedrichshain doppelt weltfremd.
In Berlin wurden 2010 pro 100 Einwohner 26 Zeitungen verkauft. Zwei Jahre später waren es noch 23,3. Wenn es eine Hoffnung für lokale Tageszeitungen gibt — hier lebt sie nicht.
Ich stamme aus dem tiefesten Münsterland und es hat mich nach Mönchengladbach verschlagen.
Unsere Heimatzeitung daheim im Dorf macht jeden Tag über die 6000 Einwohner eine Berichterstattung, die fast eine komplette Zeitungsseite unfasst.
Hier findet man in der Zeitung ungefähr 3,5 Seiten Lokalberichterstattung für etwa 270000 Leute. Um einen ähnliche Berichterstattung sicherzustellen, müsste es etwa 40+ Seiten am Tag geben, die über unsere lauschige Metroploe am linken Niederrhein berichten.
Stattdessen dann also einige journalistisch fragwürdige online Bürgerzeitungen.
Wenn ich wissen will, was los ist, dann frage ich Twitter. Oder Facebook. Bzw ich werde dort gefragt, was denn los sein könnte, da ich hier im öffentlichen Dienst arbeite.
So sieht hier die Gegenwart der Berichterstattung aus.
Auch ich maße mir nicht an, das Medienverhalten in 20 Jahren vorherzusagen — aber dieser Tage habe ich die Öffnungszeiten der Schwimmbäder auf ihren Internetseiten angeschaut, anstatt dafür zum Kiosk zu gehen (oder, angenommen ich wäre Abonnent, 20 Seiten von Artikeln durchbrochener Werbung durchzublättern, um festzustellen, dass diese Information wohlmöglich nur in der Freitagsausgabe steht). Welche Kioske aufmachen, erfahre ich entweder in Blogs, oder indem ich selbst zu Fuß vorbeispaziere, oder beim Bäcker nachfrage (da bekomm ich dann auch gleich die Gerüchteküche, nicht die nachgeplapperte Presseerklärung). In Fällen weiter entfernterer Geschäfte via Google Maps. Und welche Künstler auftreten, erfahre ich entweder auf den Homepages meiner Lieblingskünstler, auf Plakaten in der Stadt, oder auf den Homepages der Veranstaltungsorte oder Ticketverkäufern.
Für nichts davon käme mir, 35, der Gedanke, in den nächsten Zeitschriftenladen zu rennen und die lokalen Parteipostillen zu kaufen.
Ein hoch interessanter Ansatz. Aber vielleicht sind Metropolen lokalzeitungstechnisch betrachtet tatsächlich Sonderfälle – weil die Zeitungsverleger oder die Chefredakteure den Bedarf an der Berichterstattung über den Kaninchenzüchterverein oder eben die Bürgerinitiative gegen XY nicht sehen. Es gibt ja schließlich genug anderes spannendes zu berichten.
Auf dem platten Land – und selbst hier bei uns in Leipzig – sieht es zum Glück etwas besser aus, auch wenn nicht alles rosig ist. Denn durch die Sparmaßnahmen vieler Zeitungsverlage sind natürlich auch in manch anderen Regionen entsprechende Entwicklungen erkennbar, wenn Lokalredaktionen geschlossen werden und mit Nachbarregionen zusammen gelegt werden….
Ich denke auch, dass Lokaljournalismus – in welcher Form auch immer eine Zukunft hat. Aber ob das nun in der Tageszeitung ist, oder im hyperlokalen Blog oder ähnliches… Ich bin gespannt.
Wohl wahr. In meinem Berliner Kiez (Rixdorf) macht die Genossenschaftszeitung mit ihrer Mitgliederzeitung das beste lokale Printangebot.
Ich habe in einer kleinen Provinzstadt 10 Jahre Kommunalpolitik er- und gelebt und weiß, dass sich die meisten Journalisten der Lokalzeitungen an die wichtigen Themen nicht herantrauen. Zum einen, weil sie kein Gespür dafür haben, zum anderen weil sie den „wichtigen“ Kommunalpolitikern zu nahe stehen. Man möchte doch so gerne auf die interessanten Empfänge etc eingeladen werden, da stört doch nur kritische Berichterstattung.
Die Kommunalpolitik gibt genug Geschichten und meistens auch Skandale her, aber über diese wird einfach nur ganz selten wirklich berichtet.
Nichts ist leichter, als die Zukunft vorherzusagen.
Nichts ist schwerer, als die Zukunft korrekt vorherzusagen.
(Meine Heimatstadt ist etwas grösser als Friedrichshain, ein „Oberzentrum“ wie man so sagt. Hier gibt es traditionell zwei altgediente Lokalredaktionen für zwei recht unterschiedliche Mantelseitenregionalblätter, die sicherlich beide mit dem Zeitenwandel zu kämpfen haben, aber ansonsten leben und angemessen berichten, auch von den Kaninchenzuchtvereinen und Eckläden und Schützenfesten und dergleichen; die eventuellen Lücken werden ausgefüllt von zwei bis vier Anzeigenblättchen und kostenlosen „Stadtmagazinen“ – ich finde es sehr schwer vorstellbar, auf irgendetwas davon zukünftig zu verzichten.)
„…welcher Eckladen schließt, wie die Öffnungszeiten des Freibades sind, welcher Künstler in der Stadt auftritt“ – sofern es den Lesern vor allem um solche Informationen geht, dann würden die Lokalzeitungen als reine Intelligenzblätter wahrscheinlich besser funktionieren. Also ohne teuren journalistisch-redaktionellen Teil. Und wenigstens die anekdotische Evidenz verstärkt diesen Eindruck: Meine Eltern hatten während meiner Kindheit eine Lokalzeitung abonniert – wegen dem Kinoprogramm, den Stellenanzeigen und den Fußballergebnissen aus den unteren Ligen. Alles Dinge, für deren bloße Bereitstellung wahrscheinlich bereits heute kaum noch jemand Geld zu zahlen bereit ist.
Der Kölner Stadtanzeiger bemüht sich zumindest. Jedes Veedel bekommt eigene Lokalseiten (nicht täglich). Auf Twitter, Facebook und Co werden die Themen aufgegriffen, über die geredet wird. Und dank Geolokalisierung kann ich online recht gut sehen, dass 300 Meter von hier jemand niedergestochen wurde.
Friedrichshain? Ich dachte nun Köln? Das ist sehr verwirrend:-)
Ich kann mich gut an die Zeit erinnern zu der meine Eltern täglich die Rhein-Neckar-Zeitung ins Haus geliefert bekamen. Schon vor 20 Jahren stieß diese mich ab. Rechtskonservativ, Journalismus als Kampagne verstehend, schlecht geschrieben und mies recherchiert. Nichts was ich je lesen wollte. Durch Umzüge kam ich ich den Genuß der Offenbach Post und nun Kieler Nachrichten.
Obige Attribute treffen auch hier zu.
Heutzutage stechen diese Negativeigenschaften noch viel mehr heraus, Vergleichsmöglichkeiten hat der Leser im Internet zu Genüge. Da fallen einseitige Berichterstattungen erst recht auf.
Von dieser Warte aus betrachtet gibt es keinen Grund die Blätter zu lesen, ich behaupte mal das trifft auf unzählige weitere Lokalblätter zu.
Nona @6 schreibt es ganz richtig: Die Lokalblätter haben nur dann eine Chance wenn sie sich auf das regionale beschränken. Der Politikteil wird eh von der dpa komplett übernommen, eigene Artikel gibt es nicht mehr, ein Feuilleton existiert schlicht nicht, im besten Fall werden PR Meldungen abgedruckt.
Gute, textlich und sprachlich gute Artikel über regionale Themen, vom Kaninchenzüchter bis hin zu Stadtentwicklungsfragen, das sollten Regionalblätter leisten. Und das sollte auch nicht alles minderwertiger angesehen werden als die Berichterstattung von G8-Gipfeln.
Hier nicht! Berlin ist schon speziell. Aber schauen wir mal in die Provins nach Königs Wusterhausen, wo ich herkomme, Land und Leute ganz gut kenne. Meine Eltern (Mitte 60) sind abonnementlose MAZ-Leser. Ritualisiertes Kaufen jeden Morgen. Vor allem wegen der vier, fünf Lokalseiten, der bürgemeisterlichen Spatenstiche, Bebauungen, Abrisse, Richtfeste UND Todesanzeigen. Die Märkische Allgemeine mit dem Lokalteil Dahme-Kurier hat in der Region eine Auflage von über 10.000. Die kleine Redaktion von 5, 6 Köpfen gibt den Menschen dort, was sie gewohnt sind. Hinzu kommen wöchentliche Gratis-Blätter (Verpackung für die zahlreichen Werbebeilagen) wie KaWe-Kurier, Blickpunkt (für den ich als 17jähriger einiges unter Aufsicht eines emsigen Chefredakteurs tippte). Kurz: Der Bedarf ist gedeckt. Mit 16 trug ich morgens die MAZ aus. 230 Zeitungen in zwei Stunden, kaum ein Briefkasten, den ich nicht kannte. Treue Leserschaft, die mich nicht selten um 6 Uhr morgens am Gartentor erwartete. Sehnlichst.
Seit einigen Jahren hat die Stadt sogar einen eigenen Radiosender. KWtv gibt es seit 20 Jahren. Keine großen Würfe, aber den Ansprüchen genügend (ohne Wertung an dieser Stelle).
Schaut man sich Alters- und Infrastruktur vor Ort an, es kann gut sein, dass es noch 20 Jahre so weiterläuft. Als ich vor 15 Jahren nach Berlin kam, interessierte mich der ganze Lokalkram von heut auf morgen nicht mehr. Ich weiß selbst nicht, woran es lag. Vielleicht fühlt sich der (Neu)Berliner mehr als Weltbürger und die Redaktionen von Tagesspiegel & Co. sehen sich mehr als Konkurrenz zu den Überregionalen wie SPIEGEL und WELT… Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich ein Friedrichshain-TV oder Sender Fhain „durchsetzen“ würde in einer Stadt, wo die RBB-Abendschau noch als Nonplusultra gesehen wird und alle privaten TV-Versuche an die Wand gesetzt wurden. Von Radio-Einheitsbrei besser zu schweigen! Im Grunde müsste man froh sein, dass es die Ulli Zelle und die Abendschau gibt, sonst jäbe es nämlich so jut wie nüscht.
ProvinZ!
Zwanzig Jahre – genial!
Vor zwanzig Jahren war Apple ne kleine Klitsche, die etwas später sogar richtige Probleme hatte, Microsoft’s Windows 3.11 war das krasseste OS weit und breit, Larry Page und Sergey Brin waren grad in der Uni und das Internet quasi noch gar nicht.
Das GSM Mobilfunknetz in Deutschland war gerade mal ein Jahr alt.
Die Hälfte meines Lebens nutze ich bereits das Internet (Die gute alte Sega Dreamcast^^) und in 20 Jahren werde ich etwa Fünfzig sein.
Niemand unter Fünfzig wird dann auf Papier zurückgreifen um die Öffnungszeiten von Freibädern zu erfahren und ich bezweifle das auch bei dem Großteil unter 60.
Da soll sich die Lokalpresse schon mal auf Großdruck einstellen, denn die verbleibenden potentiellen Leser werden ihn benötigen.
Ich bin verwirrt! Zählen kostenlose Zeitungen nicht? Oder gibt es die nicht überall? Hier in meiner Stadt werde ich zweimal in der Woche über die lokalen Geschehnisse durch diese kostenlosen Blätter informiert. Über die Qualität spreche ich jetzt aber mal nicht.
Recht viele Bürger nutzen diese Zeitungen aber nicht (weil sie kostenlos sind?), interessieren sich also nicht für das Geschehen um sie herum. Und in den Regionalzeitungen gibt es zwar einen Lokalteil. Aber so viele Informationen wie in den kostenlosen Lokalblättern bekommt man dort nicht.
Die Lokalzeitungen werden aussterben.
Ich habe keine Lust, mir Artikel über die Jahreshauptversammlung des Kleingärtnervereins als „Lokalberichterstattung verkaufen zu lassen, ich habe keine Lust auf Platitüden wie „Für das leibliche Wohl war gesorgt“ oder „Petrus meinte es gut“.
Darum hab ich die „Kieler Nachrichten“ auch abbestellt, abgesehen davon, dass der stellvertredende Chefredakteur jeden Tag Parteipolitik macht. Und dann auch noch als redaktionelle Werbebeiträge……
Die Lokalzeitung wird nicht in 20 Jahren tot sein, sie ist es. Nur lesen noch mache Leute Leichen, aber wohl nicht mehr lange.
In meiner Mittelstadt im Speckgürtel einer Metropole lässt sich seit gut zehn Jahren das Zeitungssiechen sehr anschaulich beobachten. Verkauf des Verlags, dauernde Wechsel in der Chefredaktion, Stellenstreichungen, lächerliche Honorare für Freie, Verfall der Qualität. Trotzdem glaube ich an das Potenzial von qualitativ hochwertigem Lokaljournalismus. Wenn überhaupt wird er digital veröffentlicht, nicht auf Papier. (Sonst stirbt er mit der Generation der Nicht-Digitalen einfach weg.)Der Knackpunkt ist doch der gleiche wie im Überregionalen: Wie damit Geld verdienen? Wie die Zielgruppe finden und binden? Die hiesige Lokalzeitung rotzt ein von einer Verlagszentrale ferngesteuertes Onlineangebot hin. Und wer soll vor Ort eine Alternative schaffen? Ehrenamtliche? Freaks? RenterInnen? Als Blog zur Institution zu werden, erfordert eine ganze Menge. Vor allem eine kritische Masse von LeserInnen. Im Lokalen ist da das Publikum von vornherein stark begrenzt.Allerdings ist aber auch der Wettbewerb um das Pulikum nicht ganz so groß. Zwischen Potenzial und Realität des Lokaljournalismus steht noch eine dicke Mauer. Es muss da doch irgendwo eine Tür geben! Oder einen Tunnel! Oder wenigstens eine anständige Breitbandverbindung!
Das ganze Grauen des Lokaljournalismus mit dessen vorgestanzten Textbausteinen ist sehr schön beim Umblätterer (http://www.umblaetterer.de/category/regionalzeitung/) zu erkennen. Es mag ja (noch) Leute geben, die so etwas lesen wollen. Ich brauche das nicht. Allerdings sehe ich schon einen Bedarf an lokaler Berichterstattung. Meine Lokalinformationen finde ich in den oben genannten „Prenzlauer Berg Nachrichten“. Nur habe ich die Befürchtung, dass dieses Modell nur in wenigen Stadtteilen/Städten funktioniert. So bleibt es wohl offen, wie Lokaljournalismus in 20 Jahren funktioniert. Dass es mit den Lokalblättern in der jetzigen Form dann noch so weiter geht, bezweifle ich aber ganz stark.
@SILen(e: Wenn in 20 Jahren nur noch über 60jährige regionalen Printjournalismus konsumieren, werden es goldene Zeiten für die Papierbranche. Stichwort Demografie.
@J.S.: Kostenlose Zeitungen zählen nur im Internet ;-)
Bin mir auch gar nicht sicher, ob die Reklamedichte bei SpOn (ohne Adblock) nicht genauso groß ist wie in regionalen Wochenblättern.
Ein Satz wie „Die Lokalzeitung wird nicht in 20 Jahren tot sein, sie ist es“ sind genauso pauschaler Unfug wie die Hellsehereien eines Janko Tietz. Ich will weiter an guten Journalismus glauben, an das Engagement von Lokalredakteuren, deren Mut zu Erneuerung und Beständigkeit. Es gibt Lese(r)gewohnheiten. Und es gibt natürlich Kaninchenzuchtartikel, die in geringen Maßen sogar berechtigt sind. Steht ländliches Vereinsleben und die Berichterstattung darüber neuerdings unter Strafe? Lokalredaktionen bekommen die Meinung der Leser durch häufigen Kontakt deutlich zu spüren, würde es denen zu karnickelig, es gäbe bitterböse Leserbriefe (per Post). Nah am Leser heißt: Nah dort zu sein, wo der Leser ist. Manchmal macht er Karneval in der Dorfkneipe. Man sollte keine Umstürze erwarten, eher Abbildungen des realen Lebens, das nicht so himmelhoch hergeht in, vor, über, unter „gefühlt stündlich wechselnden Eckläden“.
Und übrigens ist das Kotzen auf den Lokaljournalismus selbst zum Kotzen. Es geht auch um Angebot und Nachfrage und um Verdienst und Verdienste. Über die letzten beiden könnte man noch viel sagen.
Bleiben wir lieber bei Stefans Klage über fehlenden bzw. mangelnden Lokaljournalismus in Berlin. Da hat er nämlich recht. Das Augenmerk liegt schon oft auf dem Regierungssitz mit selbstredender landes- ja weltweiter Bedeutung. Der Kiez wird vernachlässigt. Kostengründe etc. Oder: Fürchtet man womöglich in den Redaktionen, mehr Lokales würde die Hauptstadt zum Dorf machen?
Ich lebe derzeit im Ruhrgebiet, meine (überwiegend patchwork)-familiären Wurzeln sind aber von hier in eine Kleinstadt an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns gewandert , in der ich selbst einige Jahre gelebt habe.
Hier im Ruhrgebiet sorgt zumindest die WAZ-Gruppe (regelmäßigen Lesern des Blogs auch als Verlag der „aktuellen“ bekannt) dafür, dass es in jeder Stadt eine Tageszeitung mit Lokalteil – in den Großstädten auch durchaus mehreren, nach Stadtbezirken (ein Stadtbezirk umfasst nach NRW-Kommunalverfassung jeweils mehrere Ortsteile) ausdifferenzierten Lokalteilen – gibt.
Trefflich streiten lässt sich indes darüber, dass es meines Wissens faktisch keine tatsächlich konkurrierenden – meint: unterschiedliche Standpunkte vertretenden – Lokalredaktionen mehr gibt. Zwar erscheinen in manchen Ruhrgebietsstädten mehrere Zeitungen mit Lokalteilen, aber die stammen so viel ich weiß jeweils sämtlich von der WAZ-Gruppe, die auch eigentliche Konkurrenzblätter mit Lokalberichterstattungen beliefert. (Irrtum für einzelne Städte vorbehalten.)
In der von mir zu meiner Heimatstadt ernannten Kleinstadt in M-V wurde die einzige vor Ort ansässige Lokalredaktion – jene der im Springer-Verlag erscheinenden Ostsee-Zeitung – vor einigen Jahren eingestampft. Es gibt nach wie vor den Kreisteil, mit Nachrichten aus dem Gebiet jenes ehemaligen Landkreises, in dem die Stadt zu DDR-Zeiten und in den ersten Jahren nach der Wende lag (zwischenzeitlich hat M-V zwei Kreisgebietsreformen durchgeführt, in denen jeweils mehrere Kreise zusammengelegt wurden), und innerhalb dessen eine Seite mit Nachrichten nur aus der Stadt und den umliegenden Dörfern, aber die wird – lassen Sie mich lügen – entweder von der Kreisredaktion in der rund 30 km entfernten ehemaligen Kreisstadt, oder soagr gleich der Zentralredaktion im rund 60 km entfernten Rostock aus gestaltet.
In mehreren Ruhrgebietsstädten gibt zudem die WAZ-Gruppe ein zweimal wöchentlich verteiltes Anzeigenblatt mit jeweils lokalen Themen heraus, in meiner Heimatstadt an der Ostsee wird ebenso zweimal wöchentlich ein lokales Anzeigenblatt verteilt. Die Themen und der Duktus sind aber jeweils – naheliegenderweise (?) – eher „gemäßigt boulevardesk“, denn tatsächlich informativ.
Von einem kürzlich verstorbenen Freund, der Drucker bei der WAZ in Essen war (keine Sorge, Herr Niggemeier, er hatte dort nur mit dem Druck der namengebenden Tageszeitung zu tun, nicht mit dem der „aktuellen“ ;-) ), weiß ich aber, dass die verkaufte Auflage – Einzelverkauf wie Abonnements – in den letzten Jahren drastisch eingebrochen ist, vor allem, da kaum noch jüngere Leser nachwachsen.
(Was wohl ein „Huhn-und-Ei-Problem“ ist: Mindern notwendige Sparmaßnahmen die Qualität, weil immer weniger Leute das Blatt lesen, oder lesen immer weniger Leute das Blatt, weil seine Qualität sinkt?)
In München haben die Bewohner eines Stadtteils Anfang des Jahres mehr als 8000 Unterschriften für den Erhalt eines kostenlosen Anzeigenblattes gesammelt, das der Verlag einstellen wollte. Wenn überhaupt, dann werden es wohl derartige Druckerzeugnisse sein, aus denen sich Großstadtmenschen künftig über Ereignisse in ihrer Nähe informieren: kostenlos, billig gemacht, mit einer unterirdischen journalistischen Qualität und ohne wirkliche Trennung von redaktionellem und werblichem Inhalt.
Das, was Menschen wie Janko Tietz wahrscheinlich“Qualitätszeitungen“nennen würden, interessiert die Leute in den Großstädten schlichtweg nicht, sobald es um Geschäftseröffnungen, Informationen aus den Vereinen oder Öffnungszeiten von Schwimmbädern geht; dafür sind solche Medien viel zu weit weg. Und selbst bei Nachrichten aus der Lokalpolitik oder den Bezirksausschüssen sind die Anzeigenblätter den Regionalzeitungen meist voraus – nicht qualitativ, sondern weil sie schlichtweg die einzigen sind, die sich irgendwie damit befassen.
@Stefan Rö: Für Karlsruhe gilt aber das selbe; was es noch alle paar Wochen gibt, sind kleine Wegwerfblätter von der Kommune oder der Kirche, in denen steht z.B. wann das nächste Stadtviertel-Kinderfest, die nächste Einschulung o.ä. ist. Die sind furchtbar, ich schmeiß die immer gleich weg.Ich will lieber wissen was mich betrifft und das finde ich eher im Netz.
@ Statistiker:
Man sollte die Verbreitung der Nekrophilie in unserer Gesellschaft nicht unterschätzen! ;-)
Wenn der durchschnittliche Abonnent ein Qualitätsbewusstsein hätte und die Zeitung nicht wegen der Todesanzeigen (!) und der bunten oh-Bildchen aus dem Vereinsleben läse, hätte die Funke & Co. Publishing Group schon zu Jakob Funkes Zeiten Probleme gehabt. Ich hatte in meiner Jugend in den 70ern das zweifelhafte Vergnügen, die Oberhausener Lokalteile der NRZ und der WAZ im Haus zu haben. Von „früher war alles besser“ kann wirklich keine Rede sein, es war schon damals bedrückend. Selbst im Mantelteil fand man Überraschungen der speziellen Art: http://wp.ujf.biz/?p=26906 . NRZ-Chefredakteur Jens Feddersen saß offensichtlich lieber in Werner Höfers Schwafelrunde, als seinen Untergegebenen hinterherzuredigieren.
Immerhin stärkte der Gedanke, dass diese Leute Jobs als Redakteure ergattert hatten, mein Selbstvertrauen. Ich verstand nur beim besten Willen nicht, warum der Volontärsvater streng verlangte, ich möge erst einmal studieren und dann wieder nach einem Ausbildungsplatz fragen. Immerhin war ich naiv genug, mein Berufsziel darin zu sehen, einmal bessere Zeitungen zu machen. Diese Naivität erlosch freilich während meines ersten Praktikums bei einer sehr konservativen Monopolzeitung mitten in Bayern.
Wenn ich mir heute, weiter südwestlich in bayerischer Provinz, unser Lokalblatt anschaue – von meinen Schwiegereltern gelesen; redigiert von Kollegen, die keine Affinität/keinen Bezug/kein Interesse zu/an den Städten, Marktgemeinden und Dörfern haben, für die sie zuständig sind – werde ich depressiv. Die machen nicht einmal etwas aus einem der abstrusesten kommunalen Finanzskandale, die der Freistaat je gesehen hat. Dennoch haben sie in den vergangenen zwei Jahren gerade einmal 200 ihrer gut 15.000 Leser (fast ausnahmlos Abonnenten) verloren – und die wohl nur in seltenen Ausnahmefällen aufgrund Kündigung zu Lebzeiten. Angesichts der heutigen Lebenserwartung muss man kein Prophet sein, um ins Jahr 2033 vorauszuschauen: Da bleibt schon noch was Fünfstelliges übrig.
Was wirklich in der Stadt geschieht, findet man in einem Blog, das keine fünf Prozent der Leute regelmäßig lesen (die gesellschaftlich relevanten Gruppen tun’s freilich).
Wechsel in die Großstadt, @Stefan et.al.:
Schade, wenn es in Berlin so ist. Die Kollegen sollten sich vielleicht mal ein Digitalabo der Süddeutschen gönnen. Die SZ bietet täglich vier Stadtviertel-Ausgaben: City, Nord, West und Süd. Nur den Osten – also die Gegend, wo das Verlagshochhaus steht – haben sie vergessen. Vom erhabenen Panorama-Arbeitsplatz aus schaut man wohl gnädig drüber weg. ;-)
Auf den besagten Seiten findet sich tatsächlich einiges, was man heute wohl als „hyperlokal“ bezeichnen würde. Es kommt mehr aus den Vierteln ins Blatt als vor 20 Jahren, und lesen kann man es in Print oder auf dem Tablet. Vielleicht muss Judith Holofernes mal in Berlin ein paar Benefizkonzerte vor den Verlagshäusern geben – und jetzt alle: „Wir müssen nur woll’n!“
Wenn die „Lokal“-Journalisten in der Hauptstadt sich nicht die Mühe machen, nach Friedrichshain zu kommen, kann das natürlich auch daran liegen, dass sie so mit Arbeit zugeschüttet werden, dass sie keine Zeit haben, in der Stadt herumzufahren, und abends zu kaputt sind, sich in ihrem eigenen Kiez auch noch um Dinge zu kümmern, die in noch mehr Arbeit ausarten könnten. Womöglich müssen die Verleger nur ein bisschen mehr Geld in die Redaktionen investieren, damit auch anspruchsvollere Leser wie Stefan Niggemeier wieder Gründe zum Lesen finden.
Investoren-Legende: Warren Buffett kauft 63 Zeitungen auf
Welche Zeitungen kauft er? Lokalzeitungen mit einer vernünftigen Internet-Strategie
Warum interessieren ihn Tageszeitungen? Weil sie selbst in der größten Krise des US-Anzeigenmarktes 2009 noch recht ordentlich Geld verdient haben
Warum jetzt? Vermutlich weil er sie immer zu einem ordentlichen Abschlag im Vergleich zum Unternehmenswert bekommt.
http://www.businessinsider.com/warren-buffett-buying-newspapers-2013-3
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/us-investor-warren-buffett-kauft-63-zeitungen-auf-a-833739.html
[…] Wo die Lokalzeitung gar nicht mehr sterben kann « Stefan Niggemeier – In Berlin wurden 2010 pro 100 Einwohner 26 Zeitungen verkauft. Zwei Jahre später waren es noch 23,3. Wenn es eine Hoffnung für lokale Tageszeitungen gibt — hier lebt sie nicht. […]
Ich bin überzeugt, daß der von Niggemeier geschilderte Zustand auch etwas mit Mentalität zu tun hat. In der Anonymität einer Großstadt ist es für die Menschen vielleicht weniger interessant, etwas über andere Menschen zu erfahren, die mit ihnen einen Mikrokosmos teilen. Hier bei uns am Land lechzen die Menschen danach, Nachrichten zu bekommen, die sich beim Frisör und am Stammtisch ausschlachten lassen: „Der Meier ist Schützenkönig geworden, dabei ist der doch auf beiden Augen so gut wie blind!“ „Hast Du gelesen, da ist einer mit 3 Promille in den Gartenzaun vor der Kirche gebrettert – des war fei der Huber!“ „Der Schmidt ist seit 25 Jahren beim Schreiner Engelbrecht – daß der´s so lange ausgehalten hat bei dem Ausbeuter!“ Ja, auch ich bin felsenfest überzeugt davon, daß es bei uns in 20 Jahren noch ein Bedürfnis nach solcherlei Bespaßung geben wird. Solange das in der Zeitung steht (ob die dann gedruckt oder online erscheint, ist völlig gleichgültig), und noch dazu natürlich Relevantes aus der Kommunalpolitik, Heiteres aus dem prallen Leben, Überraschendes aus Wirtschaft und Kultur – sprich, solange die Lokalpresse Diskussionsstoff liefert, ist mir um die Zukunft des lokalen Journalismus nicht bange. Aber er muß von Menschen mit Herzblut gemacht werden, nicht von Schreibmaschinen, die lieblos irgendwelche Verlautbarungstexte zusammenschustern. Wenn aber nach den Sparorgien der Verleger nur noch Redigierroboter in den Redaktionen sitzen – dann gute Nacht, Lokaljournalismus.
Herr Niggemeyer, schauen Sie auf die Ihnen wohlbekannte NOZ. Jene Zeitung schafft mit viele regionalen Ablegern eine für OS doch erhebliche Auflage. In den Metropolen scheint es ja Alternativen zu geben, aber in ländlichen Regionen? Da sind Journalisten, die diese spezielle Region kennen; sie mögen qualitativ zwar nicht für die FAZ reichen, kennen aber die Interessen der Leute vor Ort. Ich lese nach wie vor die Meppener Tagespost als pdf (per Post leider hier nicht mehr pünktlich zu kriegen). Dazu kommen jede Menge Blogs und die Internetseiten einiger überregionaler Zeitungen.
Die NOZ wird es auch noch in 20 Jahren geben, vielleicht nicht mehr in der Auflage, vielleicht nicht mal in Papier, aber solange die Alternativen fehlen, wird sie ihren Platz bei den Leuten haben.
Hm, da bin ich mit der Süddeutschen Zeitung im Landkreis München ja direkt verwöhnt.
Ein mehrseitiger München-Teil, einer der mehrseitigen, jeweiligen Landkreis-Teile und ein mehrseitiger Bayern-Teil. Und ich denk mir manchmal, noch ein bis zwei Seiten mehr wäre schön. Aber vielleicht passiert hier auch einfach nicht mehr.
Und das sind nicht alles nur zusammenkopierte Pressemitteilungen, sondern das komplette Programm fürs Lokale: Nachrichten, Themenseiten, Berichte, Reportagen, Glossen, Kommentare, Kulturteile mit Kritiken, Sport etc.
Ich kenne die Größe der SZ-Lokalredaktionen nicht und ich weiß auch nicht, wie es in der Hinsicht bei der FAZ aussieht, aber nach den anderen Kommentaren zu urteilen, muss man sich da als SZ-lesender Münchner tatsächlich glücklich schätzen.
[…] Wo die Lokalzeitung gar nicht mehr sterben kann (Stefan Niggemeier) – […]
Der Trend, aus wirtschaftlichen Erwägungen Lokalblätter durch Synergie-Effekte profitabel zu machen, wird dazu führen, dass die traditionelle Tageszeitung auf dieser Ebene kaum noch Chancen haben wird. Wenn in Schleswig-Holstein Redakteure über die personelle Ausdünnung klagen und als Antwort von ihren Chefredakteuren den Hinweis bekommen, dass Verbände und Vereine so professionelle Presseabteilungen haben, dass man deren Verlautbarungen unredigiert ins Zeitungssystem „einlaufen lassen“ kann, spricht das ja wohl für sich. Nur dann können sich die Leser ihre Nachrichten auch direkt bei den „Absendern“ abholen. Warum noch eine kostenpflichtige Instanz namens Lokalzeitung dazwischengeschaltet werden müsste, erschließt sich mir nicht.
@Alex: Ja, ich kenne die Regionalisierungsstrategie der Neuen OZ. Die führt aber auch dazu, dass eine erhebliche Zahl von Artikeln in den nun sehr lokalen Lokalteilen von einem Autor mit dem Kürzel „pm“ geschrieben werden.Vermutlich hofft die Zeitung, dass die meisten Leser sich darunter einen Redakteur namens Peter Müller oder eine freie Mitarbeiterin namens Pamela Meinhardt vorstellen — und nicht erkennen, dass es sich um bloße Pressemitteilungen handelt.
Oder man glaubt an das Format Regionalzeitung und versucht es wie der Orange County Register:
http://www.theguardian.com/world/2013/jul/23/california-newspaper-industry-wisdom
Ich lebe am Tegernsee. Hier in Oberbayern haben sich zwei Verlage das Land quasi aufgeteilt. München und andere Großstädte werden von der SZ bedient. Das Land wird vom Merkur und seinen Ablegern übernommen. Das lief jahrelang dufte. Seit einigen Jahren aber brechen die Abozahlen ein. All das passiert mit den üblichen Jammereien. die Leute lesen nicht mehr, schätzen den Wert eines unabhängigen Journalismus nicht. Man verwest bei lebendigen Zeitungsleib. Alles öde? Nein. Hier am See hat sich ein junger Mann mit einer Internet-Tageszeitung etabliert. Vor vier Jahren fing er mit einer kleinen, jungen und unerfahrenen Truppe an, über kleinste Lokalthemen zu schreiben und Leser kommentieren zu lassen. Alles sehr start up, unter klassischen journalistischen Gesichtspunkten ein Graus, denn die Kollegen lernen am offenen publizistischen Körper, machen Fehler, haben einen grauenhaften Stil zuweilen aber scheuen sich nicht, auch die noch so kleinsten Themen anzugehen. Sie haben keinen Dünkel, wollen gar nicht die „großen“ Themen machen. Und siehe da. Das Ding läuft wie Schmitz Katze. Die Leserzahlen steigen kontinuierlich strak an. Sie sind seit wenigen Monaten break even und werden expandieren. Ihr wichtigstes Gut: Relevanz. Und das erfüllen sie – mal sehr gut, mal weniger gut. Mittlerweile sind sie hier im Tal die Meinungsführer und Multiplikatoren, sehr wohl gefürchtet von örtlichen Politikern. Lackmustest sind Themen wie Hochwasser, wo diese kleine Truppe rund um die Uhr einen Live Ticker anbot, der sehr intensiv genutzt wurde. Klar: es wird nicht nach Tarif gezahlt, es ist alles noch sehr klein, noch sehr zart im Anfang. Aber nach meiner Beobachtung wird das die Zukunft speziell für den ländlichen Raum sein. Lokaler Onlinejournalismus funktioniert. Ach ja, diese Seite ist für dei regionale Werbewirtschaft zunehmend interessanter als die örtliche Tageszeitung. Dort hat man allerdings die Zeichen der Zeit noch nicht verstanden und muckert noch brav und gediegen vor sich hin.
Ich wohne seit 1996 mit wenigen Unterbrechungen im besagten Ortsteil Friedrichshain und habe noch nie eine Lokalzeitung vermisst.
Seit 2000 hab ich auch keine Tageszeitung mehr. Meine Infos suche ich mir, wenn sich mir eine Frage stellt, im Internet.
Bin ich jetzt eher unnormal oder mit 37 eher einer neuen Generation angehörend?
Die Idee des lokalen Blogs hatte ich auch schon, allerdings scheint mir die Finanzierung möglich, aber auch extrem mühsam. Ist sie übrigens bei den Prenzlauer Berg Nachrichten auch.
Meine Eltern hatten 25 Jahre lang die Rheinische Post (in der Region übrigens auch gern „Rheinische Pest“ genannt) abonniert, mit dem Lokalteil Mettmann/Erkrath/Wülfrath. Der Lokalteil war auch ganz interessant und qualitativ vergleichsweise hoch.
Nur ist leider in den letzten 5 – 10 Jahren der regionale und überregionale Teil so grottenschlecht und tendenziös geworden, dass sie sich das nicht mehr antun wollten. Zu der Zeit hat glaub ich auch der Chefredakteur gewechselt. Nur für den Lokalteil jährlich über 300 Öcken zu zahlen, ist dann doch bisschen zuviel.
Von den Anzeigenblättchen will ich mal gar nicht anfangen. Die sind wirklich nur wegen den Todesanzeigen interessant.
[…] Rückbesinnung auf wirklich lokale Berichterstattung wäre auch nicht schlecht. […]
@Martin Calsow: Wie heißt diese Internet-Zeitung?
Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen und wohne jetzt in Berlin-Pankow. In meinem Kiez habe ich dörfliche Strukturen wiedergefunden. Insbesondere, seit ich ein Kind habe, sind mir Informationen über das nähere Umfeld wichtig. Ich hab immer gerne das wöchentliche Anzeigen-Blättchen gelesen. Leider sind dort die lokalen Informationen weniger geworden. Mittlerweile nutze ich häufig mein Smartphone von unterwegs und lese lokale Nachrichten bei http://www.Berlinonline.de. Vom Einbruch im Späti, dem Trödelmarkt im Stadtteilzentrum bis zum Aufruf zur Mithilfe bei einem Naturprojekt erfahre ich alles. Seit heute weiß ich z.B. auch, dass zwei neue Schulen im Ludwig Hoffmann Quartier eröffnet werden. http://www.berlinonline.de/nachrichten/pankow/zwei-neue-schulen-eroffnen-im-ludwig-hoffmann-quartier-36544. Das ist lokale Berichterstattung, die mir nützt.
@ Stefan Niggemeier: Vermutlich meint Martin Calsow die Tegernseer Stimme http://www.tegernseerstimme.de/ , über die Meedia berichtete: http://meedia.de/internet/das-blog-maerchen-vom-tegernsee/2011/11/16.html
@Stefan
Wie konnte ich das vergessen?
http://www.tegernseerstimme.de.
@Stefan: Wenn du dem Herrn noch nicht begegnet sein oder von dem Projekt noch nicht gehört haben solltest:
http://www.jungfrauzeitung.ch/
Der Verleger Urs Gossweiler ist manchmal auf Medienveranstaltungen und gibt einen sehr guten Einblick in seine Arbeit und auch, wie er in D mit der Idee gescheitert ist.
Gruß JST
Hallo Herr Niggemeyer,
manchmal lohnt sich der Blick über den Tellerrand. Hier in Paderborn gibt es 2 Regionalzeitungen, die sehr unterschiedlich ausgerichtet sind, die eine etwas konservativer, die andere eher liberaler.
Ich bin jetzt 30 Jahre alt und seit 4 Jahren Abonnent (jährliches Geburtstagsgeschenk meiner Eltern). Anfangs hat mich der überregionale Teil interessiert, allerdings war schnell klar, dass ich diese Informationen im Netz viel differenzierter bekomme. Bleibt noch der Lokalteil. Hier entfaltet sich meiner Meinung nach der wahre Nutzen dieser Blätter. Ich erfahre auf einen Blick, was genau passiert ist. Themengebiete wie Unfälle, Todesanzeigen oder das jährliche Kreishandwerkertreffen mögen vom Großstädter belächelt werden, aber hier sind dies die Themen, über die man sich beim Bäcker / mit Kollegen / Nachbarn unterhält oder auch streitet. Klar kann ich mir ggf. diese ganzen Sachen auch aus dem Netz ziehen, aber warum nicht gebündelt und professionell aufbereitet, bei einer ruhigen Tasse Kaffee morgens im Garten genießen?
Seit meiner Kindheit gibt es diese beiden Zeitungen und mir sind keine Tendenzen bekannt, dass diese bald eingestellt werden müßten. Im Gegenteil…
Ich lese hier immer von Leuten die aus einer größeren Stadt kommen und sich über Twitter und Facebook informieren.
Ich bin auch recht intensiv auf Twitter und Facebook unterwegs, aber meine lokale Tageszeitung ersetzt das leider bei weitem nicht.
Die Neuigkeiten die dort über meine 7000 Einwohner zählende Heimatstadt verbreitet werden stammen für gewöhnlich entweder von den Accounts der zwei lokalen Tageszeitungen oder von mir. Und wenn sie von mir kommen basieren die Meldungen meist auf Informationen aus eben diesen Tageszeitungen. Für die lokale Berichterstattung gibts also zumindest bei uns keine wirkliche Alternative zur Zeitung.
Wie jemand schon erwähnte ist ein Hauptproblem aber, dass die Lokalredaktionen sich nicht wirklich an die heissen Eisen herantrauen. Und wenn sie sich in polarisierende Themen einklinken, dann um vorrangig die Seite der Stadt- und Gemeinderäte und ihrer Bürgermeister/innen zu vertreten.
Resultat ist eine einseitige Berichterstattung. Einseitig sowohl auf die Qualität der Berichterstattung, als auch auf den Umfang der Lokalteile (eine Seite, vielleicht eine Doppelseite).
Ich halte das tatsächlich für ein Berliner Phänomen und auch ein Versäumnis der Berliner Tageszeitungen – geschuldet dem Anspruch, Hauptstadtzeitung sein zu wollen, sein zu müssen. Andere, auch größere Regionalzeitungen (bspw. RP in Ddf) haben innerhalb einer Stadt verschiedene Stadtteilausgaben, und so muss es auch sein. Lokal lohnt sich mehr denn je, den Anzeigenblättern geht es bspw. prima. Und auch der zitty in Berlin geht es nicht „miserabel“, sie ist schon immer profitabel gewesen (auch wenn die Auflage seit Jahren sinkt).
torsten, #8:
Der Kölner Stadtanzeiger lässt seine Stadtteilseiten ausschließlich von freien Autoren füllen, meist Studenten. Das ist dann natürlich nicht so kostspielig. Aber gleichzeitig werden diese Autoren von den festen Redakteuren sehr gut betreut.
Die Stadtteilseiten sind laut interner Verlagsuntersuchung die bei weitem meistgelesenen Seiten in der Zeitung, ziehen auch viel Werbung an.
Dass Stadtteilredaktionen innerhalb einer Verlags-Hierarchie oft eher unten angesiedelt sind, hat was mit Dünkel zu tun. Kultur steht meist ganz oben, wird aber von den wenigsten gelesen. Eine regionale Tageszeitung, die das Lokale vernachlässigt, hat ein schlechtes Management. Bei der WAZ haben wahnwitzige Manager vor Jahren die Lokalredaktionen ausgedünnt. Das Ergebnis – Umsatzeinbrüche – war vorhersehbar.
Mag sein, dass Zeitungen irgendwann ganz aussterben. Aber noch ist es nicht soweit. Es gibt noch jede Menge Leute, die ihre News nicht nur im Web suchen. Und es gibt noch viele Orte, die sich im Web nicht so erschließen lassen.
für Neukölln gibt es zum Beispiel seit 2011 neukoellner.net – mit recht guter Resonanz und stetig wachsenden Zugriffszahlen
Lieber Stefan Niggemeier, weder habe ich etwas vorausgesagt, noch betätige ich mich als Hellseher, wenn ich glaube, dass die Menschen auch in 20 Jahren noch Zeitung lesen werden. Es ist eine Meinung. Natürlich nicht wissenschaftlich fundiert. Ich kann mich täuschen. Ich habe auch nichts über Qualitäten geschrieben. Natürlich muss Lokaljournalismus besser werden, um wieder erfolgreich zu werden und zu bleiben.
Das sollte die Exegese meines Textes sein: Springer drückt sich vor dieser Aufgabe!
Aber das von „VOCER“ zitierte Stück war ein Kommentar und ein Kommentar transportiert Meinung. Jemanden als „bekloppt“ zu bezeichnen und als „größenwahnsinnig“, der eine andere Meinung vertritt als man selbst, zeugt doch von einer gewissen Schwäche in Sachen Sozialkompetenz.
Nur weil es in Friedrichshain keinen vernünftigen Lokaljournalismus gibt, kann man doch nicht darauf schließen, dass es ihn im Rest des Landes auch nicht gibt. Viele der Kommentatoren hier haben Positiv-Beispiele genannt. Es ist ein generelles Problem: Zu häufig wird die Welt aus der Blase der Metropole Berlin heraus betrachtet, man hält die Stadt für ein Abziehbild der Gesellschaft, für eine Referenz für die gesamte Republik, ohne zu kapieren, dass sie das nicht ist. Ein paar Ausflüge ins Land können nicht schaden, um die Lebenswirklichkeiten mal etwas zu erkunden.Übrigens: VOCER (sprich: [ˈvoːkər]). Ist gar nicht so schwer…
Bedenkenswerte Analyse, auch mit Blick auf den Tagesspiegel. Online gibt es inzwischen bei uns immerhin wieder lokalere Ansätze: http://www.tagesspiegel.de/zehlendorf
Berlin scheint in der Tat ein Sonderfall zu sein: auf der einen Seite eine der größten Zeitungsdichten Deutschlands, auf der anderen Seite eine fehlende lokale Berichterstattung. Ich kenne es aus Süd-Brandenburg und Sachsen anders: die Lausitzer Rundschau, deren Verbreitungsgebiet allenfalls halb so viele Einwohner wie Berlin haben dürfte, produziert für jede Kleinstadt einen eigenen Lokalteil. Und die Sächsische Zeitung hat allein in Dresden (einer Stadt, die noch nicht mal ein Fünftel der Einwohnerzahl Berlins hat) vier Lokalausgaben.
In Berlin hat ja der Tagesspiegel inzwischen versuchsweise den Zehlendorf-Blog. Hier wird darüber z.B. berichtet, dass Starbucks schließt – und in den Kommentaren wird entsprechend darüber gespottet. Und hier frage ich mich in der Tat auch, ob man solche Berichterstattung braucht. Vielleicht hätte sich der Tagesspiegel einfach einen interessanteren Stadtteil als Versuchsballon aussuchen sollen, einen, in dem auch wirklich etwas passiert.
@Janko Tietz: Es ging mir bei der Beschreibung „bekloppt“ und „größenwahnsinnig“ gar nicht um eine Meinung (bzw. die Frage, ob ich ihr zustimme). Es ging mir um die Verwegenheit, das Medienverhalten in 20 Jahren als Tatsache hinzuschreiben. Der Satz ist nicht als Meinung formuliert, sondern als Feststellung, als pauschale Aussage über „die (!) Menschen“, die nicht einmal durch ein Wörtchen wie „wohl“, „vermutlich“ und „wahrscheinlich“ qualifiziert ist. Muss man natürlich auch nicht — man kann ja auch Meinungen als unverrückbare Tatsachen formulieren. Man riskiert halt nur, dass es lächerlich wirkt.
Auf Friedrichshain bezogen sage ich nicht, dass der Lokaljournalismus besser werden muss. Ich sage, dass er überhaupt erst einmal existieren muss. (Und das gilt, wenn wir von „Tageszeitungen“ reden, praktisch für ganz Berlin.)
Richtig. Darum tue ich das auch nicht.
(Das mit der Sozialkompetenz stimmt aber sicher trotzdem. Und wie wird „Vocer“jetzt nochmal ausgesprochen?)
Es ist noch nicht so lange her, da hat sich die Berliner Morgenpost in der Tat Lokaljournalismus für Berlin geleistet. Da erschien jeden Tag ein mehrseitiger Lokalanzeiger für jeden Bezirk. Dutzende von Redakteuren waren unterwegs, Einwohnerversammlungen wie die beschriebene zum Friedrichshainer Bauvorhaben waren ebenso Pflichttermine wie Sitzungen der Bezirksverordnetenversammlung. Da stand auch oft drin, wenn Eckläden zu- oder aufgemacht wurden. Irgendwann war das alles dem Springer Verlag zu teuer. Die Lokalanzeiger wurden eingestampft. Der Aufschrei der Leser hielt sich schwer in Grenzen, die Auflage sank nicht stärker als sie ohnehin sinkt. Nur noch sporadisch tauchen seitdem Themen wie das Freudenberg-Projekt in der Berichterstattung auf. So ist das bei einer Stadt von 3,5 Mio Einwohnern, 12 Bezirken und Dutzenden Freudenberg-Projekten. Denn Lokaljournalismus, guter professioneller Lokaljournalismus, kostet auch Geld. Dieses Geld wollen Verlage nicht mehr vorstrecken und vor allem die Leser nicht bezahlen. Weder als Zeitung noch im Netz, übrigens.
Guten Tag!
Sehr interessante Kommentare hier, die vermutlich die Lage ganz gut spiegeln. Die meisten geben dem gedruckten Lokaljournalismus keine oder keine große Chance – einige führen positive Beispiele an.
Ich wage mal die Gegenprognose zu Herrn Tietz: In 20 Jahren gibt es vermutlich immer noch Lokaljournalismus, allerdings in den seltesten Fällen gedruckt. Viel zu langsam, viel zu teuer und das haptische Erlebnis? Naja.
Was vielen vielleicht nicht auffällt: Immer häufiger werden Blogs oder lokale Internetzeitungen genannt, wenn es um relevante Berichterstattung oder sogar „Meinungsführerschaft“ geht. So die http://tegernseerstimme.de oder die http://prenzlauerberg-nachrichten.de.
Beides übrigens Angebote, die sich an meinem http://heddesheimblog.de orientiert haben und wir alle drei (und noch andere) arbeiten im Netzwerk http://istlokal.de zusammen.
Die „Istlokaler“ glauben an eine Zukunft des Lokaljournalismus, sonst würden sie nicht Geld, Lebenszeit und sehr viel Energie in diese Projekte stecken.
Lokal wird auch künftig etwas bieten, was man beackern kann: Jede Menge exklusive Themen. Und auch sehr viele anspruchsvolle Geschichten. Die Tegernseerstimme hat die Hoeneß-Story exklusiv gehabt, ist aber erst rausgegangen, nachdem Focus sie gebracht hat – weil die Sorge eines Rechtsstreits zur Vorsicht mahnte.
Denn auch das muss man wissen: Der juristische Krieg gegen kritische Lokaljournalisten ist in vollem Gange. Stefan Aigner von http://regensburg-digital.de sollte von Waffenherstellern und eine großen Sekte mundtot geklagt werden und ich habe aktuell meine 15 Abmahnung in vier Jahren auf dem Tisch – vorher habe ich 19 Jahre lang ohne Rechtsstreitigkeiten gearbeitet. Meine Prognose: Das wird noch heftiger werden.
http://www.schriesheimblog.de/2013/07/30/statt-unterlassungserklarungen-zu-fordern-sollten-sie-diskrimierende-reden-unterlassen-herr-ahlers/
Lokaljournalismus ist alles andere als langweilig und man kann hier sogar Bundespolitik abbilden – wenn man sich traut. Und bekommt zu spüren, wie verlottert die Branche ist, wenn Politiker Interviews in ihrem Sinne umschreiben wollen, was wir nicht zulassen:
http://www.rheinneckarblog.de/27/fragen-nicht-im-sinne-von/33128.html
Oder nach Vorlage der Fragen wie: Bei 27 Nebentätigkeiten über 7.000 Euro – was ist eigentlich der Nebenjob, das Mandat oder die anonymen Tätigkeiten? Auch ohne Antworten haben wir das Interview gebracht – als fiktiven Text.
http://www.rheinneckarblog.de/23/die-entschadigung-fur-das-ehrenamt-geht-in-ordnung/34588.html
Und wenn es in Friedrichshain ein lokales Blog gäbe, könnte man wunderbar zusammenarbeiten, denn die Firma Freudenberg hat ihren Sitz in meinem Gebiet in der Stadt Weinheim.
Auch das ist eine Zukunft des Lokaljournalismus, die es bislang nur in Ansätzen gab. Ein Print-Beispiel vor vielen Jahren war die Zusammenarbeit zwischen Michael Fröhlingsdorf, damals Trierischer Volksfreund und Simone Wendler, Lausitzer Rundschau (beide noch Holtzbrinck). Beide haben zusammen einen Korruptionsskandal aufgedeckt – man arbeitete zusammen, weil es dasselbe Haus war.
Wir Istlokaler bauen nicht nur unsere Angebote auf, sondern bauen kontinuierlich ein Agenturwesen auf – unterhalb der Ebene für die sich dpa (noch) interessiert. Alle unabhängig voneinander, aber doch vernetzt.Und seltsamerweise sind wir nah dran und sitzen den Politikern und Vereinsvorsitzenden trotzdem nicht auf dem Schoss. Das geht nämlich, man muss die Leute nur dazu erziehen, weil sie bislang was anderes gewohnt waren.
Und man kann damit sogar Geld verdienen – die Tegernseerstimme hat wie ich vor ein paar Monaten einen Volontär eingestellt, wir beide bezahlen zudem je rund zehn freie Mitarbeiter – und zwar deutlich besser als die Printmedien.
Im August tauschen wir die Volontäre. Im Herbst geht meine Volontärin zu den Prenzlauerberg-Nachrichten und im Januar – Sensation – geht sie zur Main-Post in Würzburg für einen Monat. Von dort kommt eine Printvolontärin zu mir.
Wenn jemand in Friedrichshain oder woanders eine Internet-Lokalzeitung machen möchte, kann er/sie sich gerne an uns wenden. Wir unterstützen uns gegenseitig mit unseren Erfahrungen.
Schöne Grüße
Hardy Prothmann
P.S. Dieser Artikel wurde mir auf FB empfohlen und der Hinweis zu Freudenberg kam ebenfalls über FB als Kommentar zur Empfehlung von einem Weinheimer Leser.
@DaW Spott gibt’s immer und umsonst und das ist auch ok. Wir spotten schließlich auch gern. Wir haben darüber hinaus jede Menge positive Resonanz für den Zehlendorf Blog bekommen und die Zugriffszahlen mit sechsstelligen PIs im Monat haben uns positiv überrascht. Das Interesse ist da. Und Zehlendorf ist ja auch nur ein Anfang.
(Mein Hirn hat vocer immer spanisch, mit gelispeltem c vorgestellt.)
@ Markus Hesselmann, #52:
Das stimmt natürlich. Der Spott kam sicher auch daher, weil im Internet naturgemäß nicht nicht nur Einwohner des Stadtteils mitlesen und kommentieren – würde ein Café vor der Haustür einiger Spottender geschlossen werden, wäre das sicher die schlimmste Sache der Welt, die direkt in der Tagesschau behandelt werden sollte.
Vielleicht war es sogar eine ganz gute Entscheidung, mal nicht in Friedrichshain-Kreuzberg anzufangen. Hier ist die Berlineritis (das Sich-als-Mittelpunkt-der-Welt-sehen-und-auf-alle-anderen-herabblicken) schließlich besonders ausgeprägt. Aber hätte man dann nicht mit Lichtenberg beginnen können? :)
„… und ich bin mir nicht sicher, ob Janko Tietz mit seinem Postulat vom dauerhaften Bestand des gedruckten Lokaljournalismus ausgerechnet auf das berufen wollte, was kostenlose Anzeigenblätter darunter verstehen.“
Lieber Stefan Niggemeier, das klingt ja doch ziemlich abschätzig. So als ob Anzeigenzeitungen von Lokaljournalismus keine Ahnung hätten. Immerhin haben Sie die „Berliner Woche“ erwähnt. Und die hat über das Freudenberg-Areal wahrscheinlich häufiger berichtet, als taz und Tagespiegel zusammen. Hier ein Beispiel: http://www.berliner-woche.de/nachrichten/bezirk-friedrichshain-kreuzberg/friedrichshain/artikel/18046-ueberarbeitete-plaene-fuer-das-freundenberg-areal/
Allein in Friedrichshain erscheint die „Berliner Woche“ in einer Auflage von 57.550 Exemplaren. Es gibt die „Berliner Woche“ in 33 lokalen Ausgaben (einschließlich „Spandauer Volksblatt“) mit einer Gesamtauflage von 1,53 Millionen. Im Internet (www.berliner-woche.de) hat jeder der 96 Berliner Ortsteile eine eigene Seite.
Und der Anspruch der Reporter vor Ort (immerhin gibt es die noch) ist es, genau jene Themen auszugraben, die für die Leser wichtig und interessant sind. Dafür wird gründlich recherchiert, kritisch hinterfragt und verständlich geschrieben. Ich finde, das ist guter Lokaljournalismus, wie es ihn früher auch bei den Tageszeitungen gab. Mag gut sein, dass Sie mehr erwarten, aber mehr sehe auch ich nicht in Berlin, weder Print noch Online.
Was die Zukunft betrifft: Das Bedürfnis nach umfassender lokaler Information wird es ganz gewiss auch in 20 Jahren noch geben. Wie diese Informationen dann zu den Menschen gelangen, kann heute wohl niemand genau sagen.
@ 55 Helmut Herold:
„…Wie diese Informationen dann zu den Menschen gelangen, kann heute wohl niemand genau sagen.“
Doch, tatsächlich kann man das sogar – und es ist gar nicht schwer: Online.
Tatsächlich bietet eine gedruckte Zeitung einer Website gegenüber keinen einzigen Vorteil. Deshalb wird eine gedruckte Zeitung ein aussterbendes Medium sein, das wahrscheinlich in 20 Jahren nur noch im Nischenbereich Verwendung finden wird. Vor allem, wenn es um tagesaktuelle Informationen geht.
@ ST (oh, wie sehr ich mir eine Klarnamenpflicht im Internet wünschen würde!): „Tatsächlich bietet eine gedruckte Zeitung einer Website gegenüber keinen einzigen Vorteil“, behaupten Sie. Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst, oder?
1) Um online Zeitung lesen zu können, brauche ich eine passable und stabile Internetverbindung. Die gibt es im digitalen Entwicklungsland Germania so gut wie nirgends außerhalb der Ballungszentren. Bei mir auf dem Land ist eine 3G-Verbindung reine Glückssache. Schon mal versucht, in einem Zug online zu gehen und zu bleiben? Vergessen Sie´s!
2) Die Zeitung kann ich in ihre Bestandteile zerlegen und am Frühstückstisch unter den Familienmitgliedern aufteilen. Versuchen Sie das mal mit einem Pad!
3) Am Meer, am Pool, am See und in der Badewanne ist mir eine Zeitung allemal lieber als ein teures elektronisches Gerät…
4) Im entscheidenden Moment haben iPad und Co. meistens keinen Saft. Die Zeitung kommt ohne aus…
Nein, ich lehne den Wandel hin zum Digiatlen keineswegs ab. Auch ich lese gern und oft Zeitung online. Aber zu behaupten, Totholz habe keinerlei Vorteile, geht aus meiner Sicht ein gutes Stück zu weit. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir noch viele Jahre friedlicher Koexistenz erleben werden zwischen Print und Digital (es gibt schließlich auch noch CDs und Bücher, trotz MP3 und Kindle).
Mir als Redakteur ist es doch letztlich vollkommen egal, ob die Früchte meiner Arbeit auf Papier oder am Bildschirm gelesen werden. Es wird nur höchste Zeit, dass online veröffentlichte Artikel ebenso bezahlt werden müssen wie gedruckte. Der Wirt meines Vertrauens schenkt schließlich auch nicht Freibier aus vor der Wirtschaft – sonst dürfte er sich nicht wundern, wenn kaum noch jemand reinkäme und für´s Bier bezahlen würde…
@ 57. Wolfgang Grebenhof:
Es geht ST um die Zeit in zwanzig Jahren und die von Ihnen genannten Punkte werden schon in 5 oder 10 Jahren keine Relevanz haben.
1. Internet wird schneller, Abdeckung wird besser.
2. Tablets gibt es jetzt schon massig, allein 150+ Millionen iPads, zig Millionen Androidtablets und Smartphones werden auch immer größer.
In 5 oder gar 10 Jahren wird der Gedanken an den Streit um das Tabletartige Gerät so archaisch klingen wie der Streit um den Fernseher oder den Computer – nun, wo sogar fast jedes Kind einen hat.
3. Bereits jetzt gibt es wasserdichte Smartphones und Tablets, die Geräte von Sony (Xperia Z Smartphone und Tablet) gehören dabei sogar nicht einmal mehr irgend einer speziellen Outdoor-Serie an (was meist bedeutet sie sind lahm und hässlich) sondern stellen deren Flaggschiffe dar, sind schnell und attraktiv.
Und auch für einen Kindle (und andere nicht direkt wasserdichte Geräte) gibt es etliche wasserdichte Hüllen, mit denen das Gerät ganz sicher öfter das unabsichtliche Eintauchen in der Badewanne aushält als Magazine aus Papier.
4. Mal ein iPad benutzt?
Wohl höchstens mal das von nem Kollegen für fünf Minuten ausgeliehen.
Mein über zwei Jahre altes iPad 2 schafft immer noch fast seine 10 Stunden Laufzeit bei Internetnutzung.
Bei einem iPad kümmert man sich nicht mehr drum es unbedingt jeden Tag aufzuladen, es läuft einfach.
Wie die Duracell-Hasen.
Und wer sagt denn, dass Zeitung im Internet nichts kosten soll?
Es ist nur einfach rückständig anzunehmen, dass das Geschäftsmodell aus dem Print direkt auf das Internet übertragen werden kann – Ihr seid globalisiert worden!
Wieso sollte ich für Auslandsnachrichten zu meiner Kleinstadtzeitung greifen, wenn ich die Nachricht direkt bei der Quelle, also irgend einer ausländischen Zeitung, lesen kann.
Ich könnte sogar japanische Nachrichten direkt an der Quelle lesen wenn ich wollte, weil ein gewisser Konzern da mittlerweile recht akteptable Übersetzungstechnologie entwickelt hat – die sicherlich noch besser wird.
Und Lokalnachrichten bekomme ich auch bei der Quelle, Twitter oder einem lokalen Blogger.
Wenn es um die im Artikel genannten Öffnungszeiten geht muss ich wahrscheinlich in kurzer Zeit nicht einmal mehr auf der Webseite des Freibades nachschauen – wenn ich das Smartphone die Route zum Freibad berechnen lasse wird es von sich aus schon anmerken, dass das aber gerade geschlossen hat.
Da ist ein Geschäftsmodell auf Abobasis einfach nicht mehr zeitgemäß, warum sollte ich für Artikel zahlen die mich nicht interessieren oder die ich woanders viel besser bekommen würde?
Google News bietet mir die Möglichkeit die Themen und Quellen auszusuchen die ich möchte – warum kam Google auf die Idee und kein Verleger?
Dann gäbe es natürlich auch noch die Alternative mit der Werbefinanzierung oder aber anderen kostenpflichtigen Dienstleistungen – aber da hat man das Internet ja so lange ignoriert bis die Werbung von Google übernommen wurden und Kleinanzeigen von eBay.
Die Todesanzeigen kommen dann zukünftig von Facebook^^
Und Sportnachrichten schreiben sich dank Narrative Science von selbst – auch eine Entwicklung die für die gedruckte Zeitung nicht gerade Gutes bedeutet.
Der Axel Springer Verlag tut doch (leider^^) das wirtschaftlich einzig Richtige – sie behalten die Bereiche die zukunftsfähig sind und verschwinden Schritt für Schritt aus dem Printmarkt.
Die im Orinalartikel genannten verschiedenen Onlineangebote des „Verlages“ die angeblich so wenig mit dem Verlagsgeschäft zu tun haben sind doch genau der Mehrwert den eine Zeitung auch in der Vergangenheit bot: Gebrauchtwagenhandel, Wohnungssuche, Arbeitsstellen und sowas halt.
Damit konnte man in der Vergangenheit wunderbar jeden Tag eine Seite und am Wochenende auch mal ein paar mehr füllen.
Aber den Kram ernsthaft 2013 und darüber hinaus noch aufwändig auf Papier drucken, wenn es doch ganz offensichtlich Dinge sind die im Internet viel besser funktionieren (großformatige Bilder, Videos, bessere Beschreibungen), wäre doch Wahnsinn.
Wenn sie im Internet mit Bildplus nun Tittenbildchen und Klatsch verkaufen und den Kleinanzeigenteil auf Immonet, Autohaus24 oder KaufDA (Prospekte!!!) auslagern – dann ist das keine den Printmarkt ignorierende Einstellung, sondern eine die erkannt hat was in dieser Zeit im Print überhaupt noch Sinn macht.
Herr Tietz sagt der Verkauf der HÖRZU an Funke wird sich in Zukunft noch rächen.
Ich hab jetzt schon länger keine Hörzu mehr in der Hand gehabt, aber der Verkauf einer Fernsehzeitschrift wird sich rächen?
Wenn man Klatsch lesen will gibt es ja die berühmte Die Aktuelle, da hat man sogar viel mehr davon als in der Hörzu.
Rezepte gibt es mittlerweile online, Reisetipps gibt es online, Rätsel gibt es auch online. Oder an vielen anderen Stellen.
Und der Kern der Hörzu, das Fernsehprogramm – wird man das in Zukunft wirklich noch so sehr brauchen, dass sich der Verkauf rächen wird?
Man hat heute die Möglichkeit VIER verschiedene elektronische Programmguides aufzurufen:
Den im Fernseher integrierten, den in der Settopbox integrierten, den in einer App und den im Web.
#58, SILen(e:
„Es geht ST um die Zeit in zwanzig Jahren und die von Ihnen genannten Punkte werden schon in 5 oder 10 Jahren keine Relevanz haben.“
Damit wären wir dann wieder beim Anfang des Threads:
„Wer behauptet zu wissen, wie die Menschen in zwanzig Jahren Medien nutzen werden, muss ziemlich bekloppt oder größenwahnsinnig sein.“
Lustig, dass der tagesspiegel sich nun just die Eckkneipen auserkoren hat…
http://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtleben/berliner-eckkneipen-im-portraet-mit-stulle-und-schulle/8577288.html
[…] Wirklichkeit näher kommt allerdings die Replik des Kollegen Stefan Niggemeier. Die Quintessenz: Die von Tietz angeführten Beispiele tauchten […]
Hier in Dortmund gibt es den Lokaljournalismus der Ruhrnachrichten der IMO ein positives Gegenbeispiel zu den „Berliner Verhältnissen“ darstellt.
Es gibt Für NordOst/West/Süd eigene Regionalnachrichten, die wichtige (und unwichtige) Stadtteilnachrichten aufgreifen und auch durchaus umfangreich aufbereiten.
Außerdem gibt es eine gute Internetpräsenz, die auch mal Live-Ticker bietet, z.B. live von einer Bürgeranhörung oder von BVB-Feierlichkeiten. Oder zum NRW-Blitzermarathon gab es z.B. google Maps Karten mit den Stellen an denen geblitzt wurde. Ich zwar gar kein Papier-Zeitungsleser, aber die tägliche Lektüre der Lokalnachrichten auf der Webseite gehört mich mittlerweile zum Tagesablauf.
Ich habe immer und wohne derzeit im schönen Viersen am Niederrhein. Die RP hat für unser Gebiet einen Lokalteil, der jetzt zwar nicht riesig ist, aber über das wichtigste informiert und zwar noch einmal unterteilt in die verschiedenen Gemeinden. Ebenso die WZ, die sich allerdings hauptsächlich mit Mönchengladbach beschäftigt. Dazu gibt es noch die zwei kostenlosen Zeitungen (die zum großen Teil aus Werbung bestehen und von denen ich bezweifel, dass man sie wirklich „Zeitungen“ nennen kann) die am Sonntag und Mittwoch über ein paar aktuelle Geschäftseröffnungen/schließungen berichtet oder über diverse Schulveranstaltungen, über Termine und dergleichen.
Jetzt habe ich nicht wirklich einen Vergleich aber im großen und ganzen kann man damit zufrieden sein. Man erfährt wann wo was warum los ist und man bekommt genug über Diskussionen im eigenen oder in anderen Stadtteilen mit. Finde das ist eigentlich schon anständiger Lokaljournalismus.
@ 59, theo: Sie haben Recht, die Zukunft kann man nicht vorher sehen. Aber man kann Ableitungen aus der Gegenwart vornehmen. Wenn man ein paar Konstanten zugrunde legt, hier z.B. die technologische Weiterentwicklung, den Generationenwandel (die Jungen werden erwachsen sein) usw., dann lässt sich auf jeden Fall ein Trend bestimmen. Und der sieht ziemlich eindeutig aus.
@57, Wolfgang Grebenhof: Mein Klarname würde Ihnen argumentativ auch nicht weiterhelfen: Sebastian Thiel. ;)
Ihre Gegenargumente sind selbst beim heutigen Stand der Technik und gesellschaftlichen Entwicklung ziemlich schwach. Z.B. leben die meisten Menschen nunmal in den Ballungsgebieten – d.h. auch die meisten Zeitungsleser. Oder zukünftig eben die meisten Onlineleser.
Heutzutage hat fast jedes Familienmitglied ein eigenes Handy. Häufig auch schon ein Smartphone. Da muss nichts mehr verteilt werden.
Strandwetter ist in Deutschland mal 1,2 Monate im Jahr. Und länger als 20 Minuten sollte man auch nicht in der Wanne liegen. ;)
Bei den Akkus würde ich Ihnen aber recht geben.
#59, theo
Es geht ja nicht um das fliegende Auto oder Städte auf dem Mond sondern einfach nur um eine Entwicklung die man auf Basis der letzten Jahre weiterspinnen kann.
Und solche Sachen wie die Verbreitung von Smartphones/Tablets oder deren Batterielaufzeit ist nichts was plötzlich rückläufig werden werden – es sei denn, sie werden von etwas völlig anderem ersetzt (siehe die Sache mit den Netbooks).
Einfacher ausgedrückt: Das Internet ist kein temporärer Trend der sich irgendwann sicher wieder legen wird.
Natürlich kann es sein, dass niemand in 10 Jahren ein Tablet benutzt um Nachrichten zu lesen – aber dass liegt dann eher nicht daran, dass eine Nostalgie die Leute wieder zum gedruckten Papier getrieben hat, sondern eher, dass es dann noch etwas viel weitergehendes als Tablets geben könnte.
Aber so lange sollten die Zeitungen eigentlich sehr froh über Tablets sein, denn die haben immerhin noch gewisse Ähnlichkeit mit bedrucktem Papier, die Inhalte aus dem Spiegel können wunderbar 1:1 dort wiederverwendet werden, idealerweise mit etwas Multimediakram.
Mit Google Glass (auch wenn ich denke, dass das die am wenigsten innovative Umsetzung einer AR-Brille ist) beispielsweise ginge das nicht.
Solange Verlage ihr Kerngeschäft, nämlich Produktion und Distribution von Inhalten, nur einseitig mit der Konzentration auf Distribution (online, mobile, Apps etc.) wahrnehmen und die Produktion abbauen (Stellenabbau in den Redaktionen, Kostenersparnis bei freien Redakteuren etc.), wird es auch keinen sinnvollen Lokaljournalismus in den großen Städten geben.
Ich erlebe täglich den verzweifelten und naiven Versuch, aus Nichts von Niemandem Inhalte zu veröffentlichen.
[…] Alle Welt redet mal wieder von der Krise des Journalismus, vom Springer-Deal mit der Funke-Gruppe – und auch vom guten, alten Lokaljournalismus ist mal wieder die Rede. Stirbt der etwa auch? Kann er gar nicht mehr, weil er an vielen Stellen schon tot ist, wie Stefan Niggemeier schreibt. […]
Zitat: “ Wer behauptet zu wissen, wie die Menschen in zwanzig Jahren Medien nutzen werden, muss ziemlich bekloppt oder größenwahnsinnig sein. Aber ich halte den Satz nicht nur als Prognose für die Zukunft gewagt, sondern auch als Beschreibung der Gegenwart.“
Ich bin erstaunt, in Bezug auf Lokalberichterstattung einen solch klugen Satz zu lesen. Das trifft doch eigentlich auf alle Zukunftsprognosen zu. Wieso der sogenannte Qualitätsjournalismus sich das nicht bei anderen Themen zu eigen macht und in Bezug auf Klima, Energie, etc. Ähnlich zurückhaltend ist, wundert einen doch sehr.
Vielleicht gibts das ja nur bei uns. Aber unsere Gemeinde (10k Einwohner) hat seit den 70igern ein Gemeindeblatt mit hyperlokalem User Generated Content (aka Vereinsnachrichten) in dem wirklich alle relevanten Informationen drin stehen.
Zusätzlich abonniert man eine der beiden regionalen Zeitungen um etwas aus dem Landkreis, nächste Stadt, Welt zu erfahren. Ich denke das funktioniert ganz gut.
Ich empfehle Zugezogenen immer das Ortsblatt zu abonieren, da man dann wirklich weis was los ist.
Als „altes Schlachtross“ des Lokaljournalismus habe ich mit 62 Jahren endlich begriffen, dass die gedruckte Lokalzeitung ein Auslaufmodell ist. Und daraus abgeleitet, dass ein lokales Internetangebot, begrenzt auf einen klar umrissenen und überschaubaren Raum, auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Wenn man den Bäcker und Metzger und Anwalt und Friseur und….davon überzeugen kann, Werbung für seine Dienstleistung genau auf dem Medium zu platzieren, das deren Einzugsbereich abdeckt. Dann braucht man auch keine Bezahlsysteme – die Geld kosten – und kann trotzdem kritischen Journalismus betreiben.
[…] bisher keinen Nachrichtenwert haben. Ein Beispiel für einen solchen Bedarf gibt in der Debatte Stefan Niggemeier, der sich […]