Der Kollege Detlef Borchers nennt Twitter ein „nicht-journalistisches Format“. Ich glaube, das ist eine Untertreibung.
Der „Guardian“ hat ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie der Passant, der während der G20-Demonstration in London ums Leben kam, kurz zuvor von Polizisten angegriffen wurde. Die „Welt kompakt“ hat es in ihr Facebook-Profil gestellt und wirbt dafür auf Twitter so:
[via „freiwild“ in den Kommentaren]
Der Link führt zu Weltkompakt bei Facebook. Verstehe ich etwas falsch? Man hätte vielleicht nicht das Wort Fans wählen sollen, aber ich finde nun nichts schlimmes an dieser Nachricht.
Kann mich bitte jemand aufklären?
Ich habe das Video gestern mal angeschaut, und ein „Prügelvideo“ sieht meines Erachtens anders aus.
@1 Sven
Erstens ist es keine Nachricht, zweitens ist einfach alles, aber wirklich alles an dem Textblock schlimm. Noch schlimmer ist ,dass man da noch irgendetwas erklären muss.
@Sven: Ja, man hätte vielleicht nicht das Wort „Fans“ wählen sollen. (Aber gut, Sprache ist ja jetzt nichts, womit Journalisten sich auskennen müssen.) Und vielleicht müsste man auch nicht ein „Guardian“-Video nutzen, um seine eigene Facebook-Seite zu promoten. Und ist es nicht toll, wie Journalisten es schaffen, noch aus jeder erschreckenden Nachricht ein tolles Wettrennen um Klicks, Besucher und „Fans“ zu machen?
[hätt‘ ich das wirklich alles hinschreiben müssen oben?]
Ein gutes Beispiel, was flappsig manche mit Sprache umgehen. Mir gehts in Facebook immer so, dass ich irritiert bin, wenn bei einer offensichtlich grausamen Meldung jemand auf den „Gefällt mir“-Button drückt. Das geht rascher als einen Kommentar zu schreiben, ist aber oft wirklich unangemessen.
ich finde es gelinde gesagt geschmacklos dieses ernste thema so zu betiteln. Das Video zeigt wie willkürlich polizeigewalt menschen tötet und wie wir belogen werden; Siehe erste artikel in denen der tote als 30 jahriger demostrant betitelt wurde. Alles Lüge. Und anstatt das zum thema zu machen wird belanglose s….. getwittert. Das ist die (wiederholte) bankrotterklärung des etablierten journalismus.
Wenn sowas nicht gegen schon gegen den pressekodex o.ä verstößt dem sich journalisten ja imho verpflichten.
Meine Wünsche an die Betreffenden: Geht alle sterben!
(die medien nat.)
Ja, da haben Sie aber ein tolles Beispiel für ihre Hypothese, dass Twitter kein journalistisches Format ist. Ich hätte Ihr Blog journalistisch gefunden, wenn sie wenigestens vier Beispiele für die Theses gehabt hätten; ich hätte Ihr Blog als gut recherchierenden Blog empfunden, wenn sie auch abweichende Meinungen zugelassen hätten und/oder wenigstens danach gesucht hätten. Ich hätte Ihr Blog als intellektuell anpsruchsvoll empfunden, wenn sie versucht hätten die Gegenmeinung stark zu schreiben mit Zitaten und Beispielen, um dann anhand dieser Argumentation Ihre Ansichten zu begründen. So habe ich aber nur eine Meinung gelesen, die sich mit einem Zitat der realen Verhältnisse den Anschein gibt, fundiert zu sein.
Ach ja, ein journalistisches Format ist übrigens so etwas wie die Einteilung in Boulevard und Wissenschaftsjournalismus und adressiert damit sowohl bestimmte Lesergruppen wie auch Themengebiete. Das mal so an die Adresse der Blogelite zur Mediendiskussion…
ts…
Haken dran
Jörg Wittkewitz
Herr Wittkewitz – ist dies ein journalistischer Kommentar? ich brauche manchmal solche Einteilungen.
und nur mal grundsätzlich, damit ich den Rest ihres Kommentars verstehe – wer hat bitte wo behauptet, gar die These aufgestellt, das Twitter ein journalistisches Format ist? weil dort Wörter und Sätze verwendet werden? die „veröffentlicht“ werden? und ist etwas nur dann gut recherchiert wenn abweichende Meinungen zugelassen werden? mit Verlaub – ist ihr Kommentar „…so etwas wie…“ ernst gemeint (oder hätte ich besser „nicht gut recherchiert“ schreiben sollen)?
@7: Twitter ist so journalistisch wie WordPress, Zelluloid oder die Kathodenstrahlröhre. Twitter ist ein Medium, ein Kanal, kein journalistisches Format.
Ein technisches Hilfmittel, das Wörter, Links etc. verbreiten kann.
Ob daraus nun Comedy, Journalismus oder Trivialkommunikation wird, entscheiden die Anwender selbst.
Ich verstehe die Diskussion beim besten Willen nicht, in der immer wieder Werkzeuge in den Mittelpunkt gestellt werden und nicht Inhalte oder gar Konzepte.
Ohne schon wieder Twitter verteidigen zu wollen. Aber ist hier nicht die Frage viel angebrachter, ob Facebook ein journalistisches Medium sein kann? Das Wort „Fan“ ist nun mal die offizielle Facebookterminologie. Und die Frage ist ja durchaus berechtigt, ob es opportun ist, „Fan“ einer Nachricht, oder eines Prügelvideos zu sein. Das ist aber die Funktionsweise von Facebook, die hier in Frage steht und nicht die von Twitter.
Denn Twitter ist nur ein Textfeld. Man kann dort alles reinschreiben was man will. Man kann also, wie im Blog, wie in der Zeitung, das Wort „Fan“ vermeiden. Jedenfalls solange man auf „Facebook“ als Videoplattform verzichtet.
zugegeben: unser eintrag klingt missverständlich und ging ein bisschen übers ziel hinaus. gruß vom WELT-KOMPAKT-balken
[…] […]
@ andré langenfeld.
Bitte lesen Sie erst aufmerksam den Blogeintrag, dann verstehen sie auch die Kommentare dazu besser.
da hat sich wohl noch jemand für den falschen beruf entschieden…
@Wittkewitz
ähm, ich habe (versucht!) den Blogeintrag und die Kommentare
aufmerksam zu lesen.
Ich kann andré langenfelds Antwort auf ihren Kommentar folgen, nur bleibt mir räteslhaft was er ihrer Meinung nach übersehn hat.
Könnten Sie mir bitte sagen welche Stelle er genau (!) überlesen oder falsch verstanden hat?
Manchmal mache ich mir Sorgen was passiert wenn das „Informations- und Kommunikationszeitalter“ die Geschäftsmodelle der etablierten Medien endgültig und für immer zertrümmert. Wie werden die Nischen aussehen, in denen das Alte weiterbesteht? Welche Bedeutung wird das Alte noch haben?
Aber wenn ich das lese, dann denke ich mir das es gut ist das ich bereits die rauchenden Ruinen der Zeitungslandschaft sehen kann. Nicht weil das Neue besser ist als das Alte, aber weil mir die Arroganz des „Medienmacher“ auf den Sack geht, die glauben sie hätten den heiligen Gral des St. Journalismus in der Vitrine stehen.
Naja, dann werde ich mich halt in Zukunft über arrogante Blogger ärgern die lieber Selbst-Referenz statt Selbst-Reflektion betreiben… (Ganz ausdrücklich: Present company excluded!)
der umstrittene tweet ist missverständlich, weil darin zwei informationen transportiert werden sollten. Das kann bei einem limit von 140 anschlägen leicht in die hose gehen, wie man hier sieht. Die beiden informationen lauten:
1. auf der facebook-seite von welt kompakt kann man ein video ansehen, auf dem gezeigt wird, wie ein demonstrant bei den g-20-protesten zu Tode geprügelt wird.
2. die facebook-seite von welt kompakt hat inzwischen 200 fans.
P.S.: einen bezug zwischen beiden informationen herzustellen, war natürlich nicht die absicht.
nachtrag zum besseren verständnis:
@mein voriger kommentar: „fan“ werden bei facebook die „abonnenten“ einer seite genannt. das scheinen einige teilnehmer dieser diskussion nicht zu wissen oder nicht wissen zu wollen. die anderen mögen mir diesen hinweis nachsehen.
@Jürgen Stüber
Da wurde jemand „zu Tode geprügelt“?
Das dicke Ende kommt noch: Demnächst steht wieder überall zu lesen, wie verroht und verkommen die Jugend von heute ist. Da kursieren Gewaltvideos im Internet und sie werden lapidar „Fans“!
Ich möchte echt wissen, was sich manche Leute dabei denken derat fragwürdige, grenzwertige Werbung zu kreieren. Mir fällt da auch ganz spontan die angebliche Werbung für eine Community ein, bei der sich eine Komikfigur erhängt hat. Da gab es nur Gott sei dank kein richtiges Opfer. Vielleicht sollten sich die Marketing-Verantwortlichen lieber öfters überlegen, was schon gegen den guten Geschmack verstösst.
Damit wie man boulevardeske, schlimme, grausige Themen twittert um Klicks zu erzeugen gabs ja schon öfter Verwirrung und Kritik. Ich finds interessant, wie RP Online das grad gemacht hat:
http://twitter.com/rponline/statuses/1508393292
Dieser Einleitungssatz: „Diese Meldung ist furchtbar:“. Irgendwie interessante Heransgehensweise.
@11 (matthias leonhard):
respekt!
.~.
@annarose
Zitat:
Der Kollege Detlef Borchers nennt Twitter ein „nicht-journalistisches Format”. Ich glaube, das ist eine Untertreibung.
mein Einwurf weiter oben:
Ach ja, ein journalistisches Format ist übrigens so etwas wie die Einteilung in Boulevard und Wissenschaftsjournalismus und adressiert damit sowohl bestimmte Lesergruppen wie auch Themengebiete. Das mal so an die Adresse der Blogelite zur Mediendiskussion…
darauf Andrè Langenfeld:
Zitat:
wer hat bitte wo behauptet, gar die These aufgestellt, das Twitter ein journalistisches Format ist?
Zitatende
@annarose @ andré langenfeld:
Wie sie unschwer erkennen können ist die Behauptung also von Herrn Borchers, und Herr Niggemeier möchte diese These noch bekräftigen. Es haben also 2 – in Worten zwei Menschen – einer davon der Autor des Blogeintrags, diese Behauptung realisiert.
@annarose @andré Langenfeld
Zitat
und ist etwas nur dann gut recherchiert wenn abweichende Meinungen zugelassen werden? mit Verlaub – ist ihr Kommentar „…so etwas wie…” ernst gemeint (oder hätte ich besser „nicht gut recherchiert” schreiben sollen)?
Zitatende
Ich erwarte ja nicht, dass sie Diskussionen um New Journalism verfolgen oder gar Jay Rosen kennen, aber ich kann das von Menschen erwarten, die sich als Medienjournalisten gerieren.
Zur Ihrer Info es geht mir hier NICHT um eine Bewertung des Gebarens der Weltredaktion. Ich befasse mich sehr ungern mit den Weapons of Mass Desinformation, verfolge aber die Metadiskussion über Medien mit dem Interesse eines Wissenschaftstheoretikers und Medienphilosophen.
[…] Stefan Niggemeier Tagged as diewelt, twitter + Categorized as Media, […]
[…] macht einmal im Jahr einen Titel darüber – fast so oft wie über Hitler. Welt Kompakt freut sich schonmal über einen Fanclub für Prügelvideos. Gewalt, das zieht. Das wollen die Leute sehen.Weil man selbst darüber schreibt, schreiben die […]