Jörg Mandt hat sich etwas einfallen lassen, um für seine Zeitschrift „Das Neue“ ein bisschen Aufmerksamkeit zu generieren, die die dringend gebrauchen kann.
Er hat etwas Lustiges gemacht: Am vergangenen Samstag kam eine Sonderausgabe heraus, die die Bibel im Stil einer Klatschillustrierten nacherzählt — schließlich sei das Buch auch „der erfolgreichste Yellow der Welt“.
Und er hat etwas Lustiges gesagt: „Wir recherchieren so gut wie der ‚Spiegel‘. Bei uns finden Sie keine einzige erfundene Geschichte.“
Er hat das zum Braanchendienst „Meedia“ gesagt, insofern stimmt der letzte Satz vermutlich.
Allerdings war da zum Beispiel im Heft der vergangenen Woche dieses dramatische Stück:
Ein „trauriges Geständnis“ habe die dänische Kronprinzessin abgelegt:
Es ist selten, dass eine Prinzessin unverblümt über Gefühle spricht. Mary von Dänemark (39) tat jetzt genau das. Kurz bevor sie in ihre Heimat flog, öffnete sie als Rednerin auf einer Konferenz ihr Herz: „Einsamkeit tut weh. Es gibt einen Stich ins Herz, wenn man abgewiesen wird oder erleben muss, außerhalb der Gemeinschaft zu stehen. Wir haben das Bedürfnis nach einem Freund, der auf uns aufpasst.“
Ja, Mary scheint sich nach alldem zu sehnen.
Und dann zählt „Das Neue“ auf, wie einsam die Welt von Mary ist, und mir fehlt jede Fachkenntnis, um beurteilen zu können, was davon erfunden ist. Nur ein klitzekleines Detail haben Mandts Wahrheitsprofis weggelassen: Die Konferenz, auf der Mary „ihr Herz öffnete“ und Worte sprach, die „wie ein verzweifelter Hilferuf an die Welt klingen“, war eine zum Thema Einsamkeit.
Ihre eigene Stiftung hatte sie organisiert. Die Mary Foundation will helfen, das Tabu Einsamkeit brechen, und wies zum Beispiel darauf hin, wie viele Schüler und Studenten sich einsam fühlen. Marys Worte waren ein Hilferuf ganz anderer Art, als „Das Neue“ suggeriert. Die Prinzessin berichtet zwar tatsächlich auch von der Erfahrung eigener Einsamkeit — aber bezogen auf den Tod ihrer Mutter vor 14 Jahren.
Natürlich ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass „Das Neue“ trotzdem gelegentlich so gut recherchiert wie der „Spiegel“, und dass zum Beispiel all die aufregenden Fakten stimmen, die hinter der großen Titelgeschichte „Wie tragisch! MICHELLE HUNZIKER — Verliert sie jetzt ihre Tochter?“ stecken: Dass also Aurora, Hunzikers 14-jährige Tochter, der Fernsehmoderatorin „seit Monaten auf der Nase herumtanzt“. Dass „immer wieder dicke Luft herrscht“. Dass die Moderatorin „ihre Tochter beim Rauchen erwischte“ und sich sorgt, „weil Aurora oft stundenlang im Internet chattet“. Und dass Michelle „bei gewissen Sache keinen Spaß versteht“ und nun „wie Millionen andere Frauen die große Erziehungskrise erlebt“.
„Das Neue“ hat sogar ein Paparazzifoto gefunden, das Aurora beim Rauchen zeigt, und veröffentlicht ihr vorläufiges Rechercheergebnis: „Michelle war sicher sauer.“
Es ist natürlich alberner Quatsch, was Chefredakteur Mandt über sein Knallblatt gesagt hat. Noch alberner ist es womöglich nur, ihm ernsthaft nachzuweisen, dass es alberner Quatsch ist. Und deshalb machen wir uns wenigstens einen Spaß daraus und spielen das beliebte Titelseiten–Bingo. Die Frage bezieht sich diesmal auf die Titelseiten-Ankündigung zu Uschi Glas: „Hoffen und Bangen – Todesdrama!“ und lautet schlicht: Was ist passiert?
(Tipp und Beruhigung für Laien: Uschi Glas lebt. Sie lag und liegt auch nicht im Sterben.)