Springer und der Minister: Wo „Regierungsbeziehung“ ein schmutziges Wort ist (2)

Was hatte der Cheflobbyist der Axel Springer AG in einer Delegation von Philipp Rösler zu suchen, die eigentlich Start-Up-Unternehmen vorbehalten war?

Das habe ich vor einigen Tagen erst mich und dann das Bundeswirtschaftsministerium gefragt, das sich allerdings erstaunlich schwer tat, mir zu sagen, in welcher Funktion Dietrich von Klaeden mit ins Silicon Valley reisen durfte.

Allerdings hatten die Mitreisenden eine hilfreiche „Delegationsbroschüre“ bekommen (links), und in der war auch Dr. Dietrich von Klaeden von der Axel Springer AG aufgeführt — einsortiert mit Journalisten unter anderem von dpa, N24, NDR und Bild.de als „Vertreter der Presse und Medien“.


Nun arbeitet Dietrich von Klaeden allerdings schon lange nicht mehr als Journalist, sondern nennt sich „Leiter Regierungsbeziehungen“ bei Springer. Und die Frage ist: Wenn er als Journalist bei der Reise akkreditiert war, für welches Medium berichtete er?

Die Antwort, die mir das Bundeswirtschaftsministerium gab, ist überraschend. Sie lautet: für gar keins.

Herr Dr. von Klaeden war als Wirtschaftsvertreter Teilnehmer der Delegationsreise von Minister Dr. Rösler in den USA. Seine Nennung in der Journalisten-Liste ist einem Büroversehen unsererseits geschuldet.

Fast wörtlich dieselbe Antwort erhielt ich von Dietrich von Klaeden, nur dass seine Version noch klarstellt, dass es sich bei dem „Büro“ um das des Ministeriums handelt.

Aha, soso, ein Versehen also — das offenbar auch während der Reise nicht aufgeklärt wurde.

Vor allem aber sind wir nun wieder bei der Ausgangsfrage: Was macht ein Lobbyist der Axel Springer AG als Wirtschaftsvertreter im Programm und in der Maschine der Bundesregierung, die ausdrücklich nicht Leute wie ihn, sondern Inhaber und Geschäftsführer von Start-Ups ansprach? Und warum taucht das Unternehmen Axel Springer, für das Klaeden arbeitet, dann nicht in der Liste der 53 mitreisenden Unternehmen auf, die mir das Ministerium vergangene Woche geschickt hatte? Sollte es sich dabei womöglich auch um ein „Versehen“ handeln?

Oder ist für Angestellte regierungsnaher Medienunternehmen und Duz-Freunde des Ministers auf Wunsch immer ein Platz in der Regierungsmaschine frei?

Immerhin hat Klaeden auf meine Frage nach dem Foto geantwortet, das er von sich mit dem Minister getwittert hat: Hält er das für einen angemessenen Umgang zwischen einem Minister und einem Lobbyisten?

Unser Umgang mit Politikern ist geprägt durch professionellen Abstand. Das Foto erweckt einen falschen Eindruck. Es ist in einer Reihe von Fotos mehrerer Teilnehmer mit dem Minister beim Frühsport entstanden. Anders als Sie in Ihrem Blog vermuten, symbolisiert es nicht mein Verhältnis zu Minister Rösler.

Das Ministerium Röslers hat dieselbe Frage ignoriert.

Springer und der Minister: Wo „Regierungsbeziehung“ ein schmutziges Wort ist

Wenn man sich „Leiter Regierungsbeziehungen“ nennt, dann ist so ein getwittertes Foto schon ein schöner Arbeitsbeleg:

Absender und rechts im Bild ist Dietrich von Klaeden, der Mann, der bei der Axel Springer AG in der Abteilung Public Affairs dafür zuständig ist, die Kontakte zur Politik zu pflegen. Und das links, seine Trophäe, ist der Bundeswirtschaftsminister und Vize-Kanzler Philipp Rösler (FDP).

Das Foto ist von derselben Dienstreise Röslers, auf der auch die Bilder entstanden, wie der Minister dem „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann um den Hals fiel. Diekmann war zu Studienzwecken ein Dreivierteljahr vor Ort, aber was machte Klaeden in Kalifornien?

Die Antwort ist einfach: Er gehörte zur offiziellen Delegation Röslers.

Das ist erstaunlich. Rösler hatte als Begleitung für die mehrtägige Reise nach San Francisco und Washington „ca. 40 Unternehmensvertreter sogenannter Startup-Unternehmen aus dem Bereich IT und Internet“ gesucht. Die Ausschreibung hatte im Detail formuliert, was unter einem „Startup“ zu verstehen sei — die Axel Springer AG fällt trotz allen Geredes von der angeblich gerade dort herrschenden Gründerzeitstimmung eher nicht darunter. Gefragt waren ausdrücklich Mitreisende von Vorstands-, Geschäftsführer- und Inhaberebene, also niemand aus der dritten Reihe wie Klaeden.

Wie kam der Springer-Mann dann in die Delegation und damit auch in den Genuss eines Sitzes in der Regierungsmaschine? Die Plätze waren eigentlich heiß begehrt. Die Seite deutsche-startups.de berichtete im Vorfeld, die Reise sei „quasi überbucht“ und zitierte Florian Nöll vom Bundesverband Deutsche Startups (BVDS): „Wir gehen aktuell davon aus, dass auf jeden Platz mehr als fünf Bewerber kommen. Das wird eine sehr schwere Entscheidung für das Ministerium.“ Der BVDS organisierte sogar eigens eine eigene Parallelreise, um den Bedarf teilweise zu decken.

Aber für Dietrich von Klaeden, den Regierungsbeauftragten der Axel Springer AG, der als Lobbyist unter anderem viele Male bei der Bundesregierung vorstellig geworden war, um für ein Leistungsschutzrecht für die Verlage zu werben, fand sich ein Platz in der offiziellen Delegation. Warum?

Das Bundeswirtschaftsministerium [BMWi] schreibt mir auf Anfrage:

Der Minister wurde auf seiner Reise von einer Delegation aus deutschen Unternehmen, Pressevertretern, Vertretern des BMWi sowie Abgeordneten, unter anderem auch von Herrn Dietrich von Klaeden, begleitet.

Das ist sicher nur unglücklich formuliert, denn Dietrich von Klaeden ist — anders als sein Bruder Eckart, der Staatsminister im Bundeskanzleramt — kein Abgeordneter. (Außer von Springer, natürlich.) Die Unschärfe ist an dieser Stelle besonders betrüblich, weil meine Frage an das Ministerium ausdrücklich gelautet hatte: „In welcher Funktion war Dietrich von Klaeden von der Axel Springer AG [in der Delegation] mit dabei?“

Immerhin hat mir das Ministerium eine Liste der Unternehmen geschickt, die „zusammen mit dem Minister als Teil der Delegation in die USA gereist sind“. Da stand die Axel Springer AG nicht drauf. Bleibt also noch die Möglichkeit, dass Klaeden als „Pressevertreter“ mitgereist ist, womit aber üblicherweise Berichterstatter gemeint sind und nicht Lobbyisten der Presse. Dass Klaeden sich selbst auf Twitter als „Lawyer and Journalist“ bezeichnet, kann im Ernst nicht mehr sein als eine romantisierte Anspielung auf seine Zeit bei der ARD Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre.

Vielleicht muss man die Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums so verstehen: Rösler nahm in seiner Delegation Unternehmer mit, Pressevertreter, Ministeriumsleute, Abgeordnete — sowie Dietrich von Klaeden in seiner Funktion als Freund des Hauses und Lobbyist der Axel Springer AG, mit der sich der Minister auf Innigste verbunden fühlt.

Mehr von mir über Springers Digital-Inszenierungsstrategie und wie ihr — nicht nur — Jakob Augstein auf den Leim geht, steht in der FAS — und jetzt auch frei auf faz.net.

Ein Jugendfilter für die ARD

Gestern war ein großer Tag für das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Deutschland. Seit gestern können junge Leute endlich die vielen Inhalte finden, die die ARD unermüdlich für sie produziert. Seit gestern gibt es die Möglichkeit, sich mithilfe eines Filters gezielt Videos in der ARD-Mediathek anzeigen zu lassen, die von den jeweiligen Sendern als prinzipiell junge-Leute-tauglich eingestuft wurden.

Es handelt sich um den Reiter „Einslike“, der neuerdings neben „Fernsehen“ und „Radio“ die Inhalte in der ARD-Mediathek gliedert. (Falls Sie ihn nicht finden, sind Sie vermutlich versehentlich in der DasErste-Mediathek, das ist was anderes.)

Dass sich hinter den Begriff „Einslike“ jung gemeinte Inhalte verbergen, erschließt sich der Zielgruppe anscheinend von selbst. Als einzige Hinweise auf der Seite bietet die ARD die Duzung des Publikums im Teaser („Eure Lieblingsvideos jetzt in der ARD Mediathek“) und die Kombination aus Lippenpiercing und der Farbe Pink. Aber sobald man draufklickt, wird es natürlich unmissverständlich jugendlich, denn statt des gediegenen-glatten ARD-Blaus liegt nun abblätternder farbig besprühter Putz hinter den Videos:

Das zu entwickeln, hat kaum mehr als fünf Jahre gedauert.

Im Frühjahr 2008 hatte das Aufsichtsgremium der ARD, die Gremienvorsitzendenkonferenz, ein „Jugend-Forum“ organisiert und „im Nachgang“ empfohlen, die vorhandenen jugendaffinen Inhalte der ARD im Internet zu bündeln. „Angesichts niedriger und zudem sinkender Marktanteile bei der jüngeren Zielgruppe“ baten die Gremienvorsitzenden die Intendanten damals, „eine Gesamtstrategie für eine erfolgreiche Ansprache junger Menschen zu entwickeln“ und forderten ein „energisches Gegensteuern unter Nutzung der Chancen in der digitalen Welt“.

Angesichts der Dringlichkeit floss das Projekt „Filter ‚Junge ARD'“ dann in die Planungen der Sender für die nächsten Jahre ein. Entsprechend euphorisch verkündete Ruth Hieronymi, die WDR-Rundfunkratsvorsitzende und damalige Gremienvorsitzendenkonferenzvorsitzende (mein absolutes Lieblingsamt bei der ARD) im November vergangenen Jahres, dass ein Start des Filters nun unmittelbar fast bald… also, jedenfalls, dass einem Start noch 2013 nichts mehr im Wege stehe. („Neue Angebote für junge Publikumsgruppen erfolgreich eingefordert“ lautet die Überschrift über dem entsprechenden Absatz in der Bilanz der GVK 2012, was hübsch schillert, weil angemessen offen bleibt, ob sich das „erfolgreich“ auf die Erfüllung der Forderung bezieht oder doch ihr bloßes Aussprechen.)

Die Federführung für das Projekt übernahm der Mikrosender Radio Bremen, dessen Intendant Jan Metzger sich damals mit den Worten zitieren ließ:

„Ich freue mich sehr, dass dieses Projekt für die Jungen jetzt realisiert wird und dass wir mit der TagesWEBschau, der kleinen Schwester der Tagesschau, unser Experiment für die Jungen fortsetzen können.“

Im Nachhinein war das eine unglückliche Formulierung, denn ein paar Monate später beschlossen die Intendanten, die „TagesWEBschau“ einzustellen. Sie beauftragten Radio Bremen und ARD-aktuell aber, „das erworbene Know How und die gemachten Erfahrungen für die Entwicklung von Nachrichten-Angeboten für eine junge Zielgruppe weiter zu nutzen. Entsprechende Überlegungen sollen den Intendantinnen und Intendanten im Herbst vorgelegt werden.“ Don’t hold your breath, wie der Engländer sagt.

Aber immerhin ist ja nun der Filter für die ARD-Mediathek fertig und Metzger sagt ohne erkennbare Ironie:

„Die ARD redet nicht nur über die Ansprache junger Zielgruppen, sie tut auch was.“

Nun weiß ich nicht im Detail, wie die Verantwortlichen und Nicht-Verantwortlichen in den ARD-Rundfunkanstalten die fünf Jahre genutzt haben — überwiegend wohl klassischerweise damit, das Schlimmste zu verhindern. („Der Filter ist in enger Zusammenarbeit von Hörfunk, Fernsehen und der Redaktionskonferenz Online erarbeitet worden“, protokollierte der WDR in seinem „Schlussbericht der geschäftsführenden Anstalt der ARD“ Ende 2012.) Trotzdem sind einzelne, nicht ganz unwesentliche Entscheidungen anscheinend auf merkwürdige Art in letzter Sekunde getroffen worden, zum Beispiel die Benamsung des Dings. Ein größerer Teil der gebündelten Videoclips ist in der Mediathek als „#jung“ verschlagwortet, was ein ähnlich unglamouröser, aber dafür selbsterklärender Name für die Rubrik gewesen wäre, die nun aber auch zur Verwunderung vieler an dem Projekt Beteiligter plötzlich nicht „#jung“, sondern „Einslike“ heißt.

Na, Wurscht, Hauptsache die jungen Leute können nun endlich… tja, was eigentlich? Auf eine Seite gehen, auf der ohne erkennbare redaktionelle Leistung irgendwelche Bewegtbilder aus den einzelnen Sendern einlaufen. Unerklärte Schnipsel aus der Online-Videoproduktion der ARD-Jugendradiowellen; die grauenhafte neue Gameshow von einem der beiden ARD-Jugendkanäle Eins Plus; die von jungen Leuten gemachte schöne, neue Dokureihe des NDR-Fernsehens; ein „Tagesschau“-Beitrag über einen neuen Bundesliga-Trainer; die aktuelle Folge „Zimmer frei“; ein Spielfilm, der, öh.

Anscheinend hat N-Joy am Wochenende ein Konzert präsentiert, weshalb sich viele Witzigkeitsversuche der Moderatoren vor der Kamera in der „Einslike“-Mediathek stapeln, aber abgesehen von der vermutlich unbeantwortbaren Frage „Warum?“ bleiben auch „Wer?“, „Was?“ und „Wo?“ offen. Oben auf der Seite weisen Teaser womöglich auf Highlights hin, erklären, leiten, bündeln aber auch nichts.

Der Gedanke, dass dieses unsortierte Programmgeröll als „Einslike“ eine Anlaufstelle für das furchtbar vermisste junge Publikum der ARD werden könnte: Ich würde ihn weltfremd nennen. Aber die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD meint, dass damit „ein weiterer Baustein innerhalb des notwendigen Gesamtmaßnahmenpakets zur Ansprache jüngerer Publikumsgruppen erreicht worden“ sei, und die müssen’s nach all den Jahren ja wissen.

Grand Prix Eurovision de la Manipulation: ESC zu kaufen?

Sagen wir so: Wenn in den nächsten Tagen Mitglieder der diesjährigen aserbaidschanischen Eurovisions-Jury leblos ans Ufer des kaspischen Meeres angespült würden, wäre es keine große Überraschung. Die sind nämlich offenkundig verantwortlich für das schändliche Null-Punkte-Votum Aserbaidschans für den russischen Beitrag. Der aserbaischanische Außenminister musste sich dafür vom russischen Außenminister öffentlich heftige Vorwürfe anhören.

Das Regime sieht die Schuld allerdings anscheinend bislang noch beim Ausrichter des Grand-Prix, der EBU. Die habe Russland um die Stimmen Aserbaidschans betrogen.

Die Politiker haben sogar etwas, das wie ein Beweis aussieht: Die aserbaidschanische Regierung hat sich bei den Telefongesellschaften des Landes die Abstimmungsergebnisse besorgt, und danach lag der russische Beitrag in der aserbaidschanischen Publikumsgunst auf dem zweiten Platz. Dass das Land trotzdem keinen einzigen Punkt an Russland vergab, ließe sich nur durch eine skandalöse Verschwörung oder wenigstens einen Fehler bei den westlichen Verantwortlichen erklären.

Die Nachrichtenagentur AFP (blind übernommen von „Spiegel Online“ und anderen) macht sich die aserbaidschanisch-russische Regierungspropaganda gleich zu eigen, spricht vom abweichenden „tatsächlichen“ Abstimmungsergebnis der Aserbaidschaner und einer „jetzt publik gewordene[n] Panne“, als handele es sich tatsächlich um eine solche.

Die EBU bestreitet das aber vehement und glaubwürdig. Denn das Votum des Publikums macht nur die Hälfte der zu vergebenen Punkte eines Landes aus. Die andere Hälfte wird von fünf Juroren bestimmt. Denen muss der russische Beitrag so wenig gefallen haben, dass sie ihn weit nach unten platzierten. In der Addition von Jury- und Zuschauer-Votum sei Russland nicht unter die Top-Ten Aserbaidschans gekommen, sagt die EBU. Das Votum der Juroren sei notariell beglaubigt.

Das ist natürlich undenkbar in einem Land wie Aserbaidschan: dass Juroren bei einem solchen internationalen Wettbewerb ihrem eigenen Urteil folgen und nicht der Staatsraison. Genau so erwartet die EBU das zwar von den Beteiligten. Aber sie könnte die Betroffenen nun, nachdem sich der Staat die Televoting-Ergebnisse besorgt hat und daraus das Jury-Urteil rekonstruieren kann, auch nicht vor Repressionen schützen. Dass die Leute in ihrem Land nie wieder in irgendeiner offiziellen Jury sitzen werden, darf man als sicher annehmen — es ist aber auch die harmloseste mögliche Folge.

So politisch ist der Grand-Prix in machen Ländern, so wichtig. Ich komme gleich nochmal drauf zurück.

Vorher aber ein Ausflug in die Statistik. Dass ein Beitrag, der beim Publikum weit vorne landet, trotzdem ohne Punkte ausgehen kann, ist nämlich Folge einer im Vorfeld kaum beachteten Regeländerung. Bislang wurden für jedes Land die Jury- und Televoting-Ergebnisse einzeln in die üblichen ESC-Punkte 12, 10, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 umgerechnet und dann addiert, um die Gesamtreihenfolge zu bestimmen. Dadurch wurden beim Mitteln jeweils nur die zehn Favoriten von Jury bzw. Publikum berücksichtigt.

In diesem Jahr wurden erstmals alle 26 Länder in die Reihenfolge ihres jeweiligen Abschneidens bei Jury und Publikum gebracht, bevor sie addiert wurden. Das klingt nach einer marginalen Änderung, aber die Wirkung ist erheblich, wenn Jury- und Publikums-Votum sich deutlich unterscheiden.

Ein Titel, der bei der Jury komplett durchfiel, lag früher rechnerisch vor der internen Addition nicht schlechter als auf Platz 11. Dadurch hatte er, wenn das Publikum ihn liebte, immer noch gute Chancen, insgesamt unter den Top Ten und also im Punktebereich zu landen. Das ist nach der neuen Rechenmethode nicht mehr unbedingt der Fall. Setzt die Jury den Publikumsliebling zum Beispiel auf Platz 18 oder 26, hat er trotz einer Höchstwertung von den Zuschauern kaum eine Chance, insgesamt in den Bereich der Punkte eines Landes zu kommen.

Genau das ist offenkundig in Aserbaidschan passiert: Ein Platz sehr weit hinten in der Jury-Rangliste sorgte dafür, dass Russland trotz eines zweiten Platzes im Publikumsvoting keine Punkte aus Aserbaidschan bekam — so unwahrscheinlich das klingen mag.

In Italien ist etwas ähnliches passiert. Die RAI hat freundlicherweise die Televoting-Ergebnisse veröffentlicht. Danach haben im Finale sagenhafte 23,2 Prozent der Anrufer in Italien für Rumänien gestimmt. Trotzdem bekam der rumänische Beitrag nur einen Punkt. Bei den Juroren muss er auf einem der letzten Plätze gelandet sein.

Dieses Maß an Relativierung ist von der EBU gewollt: Extrem populäre Geschmacksausreißer wie Lordi 2006 sollen keine Chance mehr haben. Die neue Additionsweise der Jury- und Zuschauer-Stimmen pro Land begünstigt Konsenskandidaten — aber eben auch Verschwörungstheorien wie die in Aserbaidschan und ein zumindest gefühltes Gerechtigkeitsproblem: Soll ein Beitrag, der in einem Land auf so breite Unterstützung bei den Anrufern stößt wie Rumänien jetzt in Italien wirklich von fünf Einzelpersonen in der Jury so heruntergestuft werden können?

Helfen würde es, wenn die EBU die nationalen Einzelergebnisse von Jurys und TED getrennt veröffentlichen würde, damit man das Gesamtvotum wenigstens nachvollziehen kann. Andererseits wäre dann der Druck auf die Jurys in undemokratischen Ländern wie Aserbaidschan, sich für ein politisch unabhängiges Votum rechtfertigen zu müssen, noch größer.

Die Eurovisions-Verantwortlichen haben noch andere Gründe, solche Transparenz abzulehnen. Sie würde auch andere Unzulänglichkeiten im Abstimmungsprozess gnadenlos öffentlich machen. Zum Beispiel, wenn die Teilnahme am Televoting in einem Land so niedrig war, dass die Zuschauerstimmen nicht in die Wertung eingingen. Die EBU gibt weder die Höhe des notwendigen Quorums bekannt noch die Länder, die daran jeweils gescheitert sind. Es ist aber angeblich kein seltener Fall, dass aus diesem Grund nur das Jury-Ergebnis eines Landes gewertet wurde.

Wären die Fälle mit so niedriger Abstimmungs-Teilnahme konkret bekannt, so die Argumentation der EBU, würde man es potentiellen Betrügern zu leicht machen. Sie könnten sich diese Länder herauspicken, um zu versuchen, mit relativ wenigen zusätzlichen, gekauften Stimmen das Ergebnis zu beeinflussen.

Ein mit versteckter Kamera gefilmtes Video soll zeigen, wie Aserbaidschan das in Litauen versucht hat. Auffällige (und nicht allein durch Nachbarschaft oder kulturelle Ähnlichkeiten erklärbare) Abstimmungsergebnisse gibt es einige. So gibt Malta seit vier Jahren plötzlich Aserbaidschan im Finale konsequent zwölf Punkte.

Die Kölner Firma digame, die für die Abwicklung des Votings zuständig ist, hat Mechanismen eingebaut, die Manipulationen erschweren sollen. Das System registriert ungewöhnliche Zusammenballungen, wenn, sagen wir, in einem kleinen Ort in Irland plötzlich abweichend vom Trend Hunderte Anrufe für Aserbaidschan abgegeben werden. Solche Stimmen werden aussortiert. EBU-Verantwortliche räumen allerdings ein, dass das System bei einem gut und geschickt organisierten Stimmenkauf machtlos ist — und in kleineren Ländern ist der Aufwand dafür für jemanden, der daran interessiert wäre, durchaus überschaubar.

Es sind wohl weniger die Fernsehsender oder Staaten selbst, die hinter solchen Manipulationsversuchen stehen. Ein Interesse daran, ein Land mit allen Mitteln zum Sieg zu bringen, könnten vor allem regierungsnahe Organisationen oder Wirtschaftsverbände haben, die sich davon Vorteile von der Aufmerksamkeit und dem möglichen Imagegewinn versprechen. Länder mit schlechtem Image oder EU-Anwärter sind besondere Kandidaten dafür.

Unabhängig davon, ob sich die Berichte aus Litauen als zutreffend herausstellen, scheint die EBU ein echtes Problem darin zu sehen, diese Form der Manipulation des Ergebnisses zuverlässig zu verhindern.

Anstatt Zuschauerstimmen zu kaufen, bietet sich natürlich auch der Versuch an, die Jurys zu beeinflussen. Wenn es da Verdachtsfälle gibt, schickt die EBU nach eigenen Angaben unangekündigt einen Wirtschaftsprüfer bei der Jury-Sitzung vorbei. Bei begründeten Zweifeln soll es auch möglich sein, dass das Jury-Votum eines Landes nicht gewertet wird. Ob das schon einmal vorgekommen ist, wollte man mir nicht sagen.

Nach der Aufmerksamkeit, die die verschiedenen Vorwürfe in diesem Jahr bekommen haben, bis hin zur Außenministerebene, will die EBU in den nächsten Wochen über die notwendigen Konsequenzen diskutieren. Dass sie in der Folge auf größere Transparenz setzt, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Immerhin will sie das Gesamtergebnis in der Aufteilung nach Jury und Televoting in diesem Jahr nicht erst nach Wochen veröffentlichen, sondern schon in diesen Tagen.

Ein Schaum geht in Erfüllung

Friedrich Küppersbusch kehrt zurück auf den Bildschirm. Vom 10. Juni an moderiert er die Sendung „Tagesschaum“, die sich bis zur Bundestagswahl dreimal die Woche jeweils gut zehn Minuten lang mit dem politischen Thema des Tages beschäftigt. Es soll kein Magazin werden, keine Talkshow, keine Comedy, sondern eine pointierte Einordnung der Themen und Ereignisse mit Haltung. Man wolle „die Leute mit sanftem Nachdruck bis an die Tür des Wahllokals begleiten“, sagte Küppersbusch der „taz“. Die Sendung sei „die ‚Tagesschau‘ auf Koks“.

Küppersbusch hatte zwischen 1990 und 1996 den legendären „Wochendurchblick“ „Zak“ moderiert, danach ein Jahr lang „Privatfernsehen“ (Best-/Worst-of auf YouTube). Als Produzent machte er mit seiner Firma probono unter anderem die n-tv-Gesprächssendung „maischberger“ und in den Anfangsjahren „Raus aus den Schulden“. Heute produziert er unter anderem mehrere n-tv-Talkshows und „log in“ für ZDFinfo.

Dass der WDR eine meinungsstarke politische Sendung vor der Bundestagswahl ins Programm nimmt, ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einigermaßen revolutionär. „Tagesschaum“ läuft montags, dienstags und donnerstags auf YouTube und um 23:15 Uhr im WDR-Fernsehen.

Und ich freue mich doppelt darauf, denn ich bin als Autor in der Redaktion dabei.

Nachtrag, 19. Mai. Küppersbusch erzählt im „taz“-Interview alles.

VG Wortlos: Das Schweigen der Treuhänder

Die VG Wort verweigert jede Auskunft über die Hintergründe ihrer fragwürdigen Kampagne zum Urheberrecht. Sie sagt nicht, was sie gekostet hat. Sie sagt nicht, wie sie finanziert wurde. Sie will nicht einmal sagen, von welchem VG-Wort-Gremium sie beschlossen wurde.

Immerhin das weiß ich nun, nach siebenmaligem Nachfragen und drei Wochen Wartezeit: dass ich keine Antworten bekomme. Selbst die Frage, ob die VG Wort zu diesem Thema keine Auskunft gibt, wollte mir Pressesprecherin Angelika Schindel zunächst nicht beantworten. Gestern Abend nun schrieb sie mir immerhin:

Wir haben Ihren Blog zur Kenntnis genommen und sehen keine Veranlassung, weitere Auskünfte zu geben.

Ursprünglich hatte sich die VG Wort zu der Äußerung hinreißen lassen, die Aktion „Wir geben 8 (auf das Urheberrecht)“ sei „in den Gremien der VG WORT ausführlich beraten und beschlossen“. Schon die schlichte Nachfrage, um welche Gremien es sich konkret handele, ließ den Verein verstummen.

Das lässt mich befürchten, dass die VG Wort einen guten schlechten Grund hat, etwas zu verheimlichen. Mindestens beweist es ein Selbstverständnis, das mich erstaunt und empört.

Die Verwertungsgesellschaft nimmt eigentlich treuhänderisch für mehrere Hunderttausend Urheber wie mich Verwertungsrechte wahr. Es ist nicht ihr Geld, das sie verwaltet, sondern unser Geld.

Und dieser Verein, der ein Monopol auf diese Aufgabe hat, sieht „keine Veranlassung“, einfache Fragen der Menschen, deren Rechte er vertreten muss, über den Umgang mit diesem Geld zu beantworten?

(Wird fortgesetzt.)

Neue „Tatortreiniger“-Folgen: Der NDR hat schon Geschenke für Weihnachten


Dreharbeiten zur Folge „Auftrag aus dem Jenseits“: Regisseur Arne Feldhusen, Heiko Schotte (Bjarne Mädel), Kameramann Kristian Leschner (von links). Foto: NDR.

Es sind zwei neue Folgen vom „Tatortreiniger“ fertig, und sie sind sehr fein geworden. Aber im Fernsehen werden sie vorerst nicht zu sehen sein. Gestern konnte man sie sich in vielen Städten im Kino ansehen, und in ein paar Wochen sind sie auch auf DVD erhältlich. Aber der NDR, der sie in Auftrag gegeben hat, meint, im regulären Programm nach wie vor keinen Platz für seine preisgekrönte Serie zu haben.

Die fertigen neuen Folgen werden deshalb erst wieder im sogenannten „Weihnachtssonderprogramm“ im NDR-Fernsehen laufen, also grob in der ersten Woche des Jahres 2014. In dieser Weinachtsferienzeit bricht der Sender traditionell vorübergehend seinen Programmschemabeton auf und wagt das Unglaubliche: Er zeigt an einem Mittwochabend um 22 Uhr etwas anderes als eine Wiederholung des „Großstadtreviers“. (Morgen läuft zum insgesamt sechsten Mal die Folge 188 aus dem Jahr 2003.)

Ja: Wenn es dem deutschen Fernsehen schon mal gelingt, herausragende Serien zu produzieren, findet es dafür angeblich keinen Platz in seinem Programm. Die zweite Staffel der ebenfalls preisgekrönten DDR-Serie „Weissensee“ ist seit dem Sommer vergangenen Jahres fertig und wartet darauf, dass das Erste irgendwann damit aufhört, am Dienstag um 20:15 Uhr „Um Himmels Willen“ und „Tierärztin Dr. Mertens“ zu zeigen. Im September soll es endlich soweit sein – das ist dann knapp drei Jahre nach dem Ende der ersten Staffel. Auch die „Weissensee“ ist nun immerhin von der Produktionsfirma Ziegler Film vorab auf DVD veröffentlicht worden.

Man mag sich nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn der NDR aufhörte, in seinem Programm nach einem Sendeplatz für den „Tatortreiniger“ zu „suchen“ und stattdessen einen schafft. Und dann umgekehrt nach Programmen suchen könnte, die dort auch hinpassen würden: Feine amerikanische Serien zum Beispiel, für die die ARD die Rechte hat, wie „Taras Welten“ (Erstausstrahlung war 2011 auf dem damaligen US-Serienplatz der ARD: Freitagsmorgens nach 2 Uhr.)

Und dann, womöglich, sogar gezielt Programme für einen solchen Sendeplatz in Auftrag zu geben: Kleine, besondere, humorvolle, genau beobachtete, liebevoll gemachte deutsche Serien, nicht zu teuer, die nicht unbedingt ein Viele-Millionen-Publikum ansprechen, aber eine treue Fangemeinde glücklich machen. Sowas wie den „Tatortreiniger“, bestenfalls.

In „Auftrag aus dem Jenseits“ trifft Bjarne Mädel als Schotty in einem heruntergekommenen, abgelegenen, alten Haus eine andere Art von „Tatortreiniger“: einen Schamanen, der der Seele des dort umgekommenen Obdachlosen helfen will, den Ort zu verlassen. Der bodenständige Schotty glaubt natürlich nicht an so einen ebenso okkulten wie geschäftsträchtigen Hokuspokus, aber dann entdeckt der Schamane mit seinen guten Verbindungen ins Jenseits einen erstaunlichen Zusammenhang zwischen ihm und dem Toten. Die Geschichte lebt vom wunderbar irre spielenden Milan Peschel und balanciert auf den Klischees — gerade, wenn es abgeschmackt werden könnte, nimmt sie einen unerwarteten Abzweig zurück in die schnöde Realität und auf den Boden der billigen Komik.

„Angehörige“ schafft einen ähnlichen Balanceakt zwischen Pathos und Witz. Hier landet Schotty in der Wohnung eines Verstorbenen, der nach vielen Jahren als vermeintlich heterosexueller Familienvater sein Coming-Out hatte. Sein bester schwuler Freund Fanny Fee (Florian Lukas) will nun die Leiche entführen, um ihm ein angemessen schwules Begräbnis zu verschaffen — im Kreise seiner wahren Familie, wie er sagt.

Durch einige sehr aberwitzige Zufälle sind Schotty und die Tunte dann in einer telefonzellengroßen Kiste gefangen — schätzungsweise die Hälfte der Folge spielt auf diesem engsten Raum, ein grandioses Kammerspiel in einem Kammerspiel.

Aus dem Aufeinandertreffen (und -liegen) von Schotty mit Fanny entwickeln sich einige erstaunlich tiefgründige Gespräche über Identität und Glück. Und immer, wenn die Geschichte gerade allzu moralisch zu werden scheint, schlägt die Handlung einen Haken zur Comedy und umgekehrt.

Christian Granderath, der zuständige Fernsehspielchef des NDR, ist sehr zufrieden damit. Und so sieht es danach aus, dass der Sender weitere Folgen in Auftrag gibt, auch ohne Sendeplatz. Granderath bestätigt die Absicht, diesmal sogar gleich sechs weitere Ausgaben zu bestellen – das wären die Folgen 10 bis 15. Drehstart könnte im Oktober sein, deutete Regisseur Arne Feldhusen gestern im Kino an. (Mit einer Ausstrahlung würde man dann vermutlich ungefähr im Januar 2015 rechnen können, nehme ich an, Weihnachtssonderprogramm, Sie wissen schon.)

Die VG Wort gibt 8, bräuchte aber was auf die 12

Die VG Wort will mir nicht sagen, ob eine ärgerliche Kampagne, in der sie die Debatte um die Zukunft des Urheberrechts auf unterstem Niveau festzementiert, womöglich von mir mitbezahlt ist.

Die VG Wort ist so etwas wie die Gema für Texte und eigentlich eine gute Idee. Als Verwertungsgesellschaft sammelt sie unter anderem die Urheberrechtsabgaben ein, die pauschal zum Beispiel beim Kauf von Kopiergeräten, DVD-Rohlingen und USB-Sticks erhoben werden, und schüttet sie an die Autoren aus. Auf diese Weise erhalten die Urheber einen Ausgleich dafür, dass Konsumenten ihre Werke für private Zwecke vervielfältigen dürfen.

Vor drei Wochen nun hat die VG Wort eine neue „Kommunikationsplattform“ gestartet, mit der sie sich „verstärkt für die Rechte der Autoren und Verlage einsetzen“ will. Unter wir-geben-8.net hat sie „8 Positionen zum Urheberrecht“ veröffentlicht und lässt mehrere Prominente erklären: „Wir geben 8 aufs Wort.“

Es handelt sich um eine Art Remake der organisierten Aufschreie
„Mein Kopf gehört mir“ und „Wir sind die Urheber“ aus dem vergangenen Jahr und dokumentiert in ähnlicher Weise den Willen, komplexen Problemen durch Pauschalurteile und Platitüden zu begegnen.

Eckart von Hirschhausen witzelt:

Ich will weiter im Land der Dichter und Denker leben, nicht in einem Land der Markierer und Einfüger.“

Nele Neuhaus steuert unter anderem einen Satz bei, der doof, aber wenigstens nicht originell ist:

„Was nichts kostet, ist nichts Wert.“

Den Vogel aber schießt Denis „Blackface“ Scheck ab, der beim Gehen in die Kamera spricht:

„Der Pirat, schrieb Cicero, ist ein Feind aller Menschen: communis hostis omnium. Heute, 2000 Jahre später, gibt es neue Piraten, die sich an den Urheberrechten von Autoren vergreifen. Dagegen sollten wir uns alle wehren. Gegen alte Feinde helfen altbewährte Mittel.“

Das ist das vollständige Zitat von Scheck.

Was möchte der ARD-Moderator uns mit diesen Worten sagen? Worin bestehen die „altbewährten Mittel“ und wie „helfen“ sie, um das Urheberrecht zu schützen?

Man weiß, was Cicero meinte: Piraten sind keine normalen Feinde. Sie stehen außerhalb der Gemeinschaft der Menschen. Sie sind die Terroristen seiner Zeit. Die üblichen Regeln beim Umgang mit Kriegsgegnern gelten nicht. Im Kampf gegen sie ist jedes Mittel recht.

Wenn man also gutwillig unterstellt, dass Denis Scheck einen Beitrag zur Urheberrechtsdebatte leisten wollte, dann ist dies sein Beitrag zur Urheberrechtsdebatte: Der Kampf gegen Schwarzkopierer soll ohne Rücksicht auf Verluste geführt werden.

Ich habe bei der VG Wort nachgefragt, ob das auch ihre Position ist, dass im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen jedes Mittel recht ist, und inwiefern das „hilft“.

Nach kaum mehr als zehn Tagen rang sich Pressesprecherin Angelika Schindel zu einer Antwort durch:

Sowohl Inhalt als auch Form der Kampagne „Wir geben 8 aufs Wort“ wurden in den Gremien der VG WORT ausführlich beraten und beschlossen.
 
Autoren und Verleger äußern sich mit ihren persönlichen Botschaften zum Thema „Urheberrecht“ auf der Plattform. Die VG WORT kommentiert diese Stellungnahmen nicht, sondern freut sich über alle Autoren und Verlage, die sich im Rahmen dieser Aktion für das Urheberrecht einsetzen.

Ich übersetze das mal frei mit: Solange sich die Prominenten irgendwie „für“ das Urheberrecht aussprechen (was immer das bedeuten mag), ist der VG Wort jeder Unsinn recht.

Dirk von Gehlen schreibt über Schecks Beitrag:

Er hat die Anschlussfähigkeit eines Brunftschreis in einem artfremden Gehege. Hier will jemand ein Revier markieren, ohne zu bemerken, dass diese Markierung alle Grenzen überschreitet. Selbst wenn die Aussage — weniger gewitzt — einfach nur gelautet hätte „Urheberrecht find ich gut“ (von dem Format sind andere Beiträge auf der Seite), krankt sie aber noch an einem zweiten Problem: Sie ist keine Antwort auf die Herausforderung. Denn natürlich ist das Urheberrecht wichtig, darüber streitet in Wahrheit niemand. Die Auseinandersetzung muss im Sinne einer offenen Gesellschaft über die Frage geführt werden, welche Durchsetzungsmaßnahmen die Gesellschaft für angemessen hält — und wie man die Akzeptanz des Urheberrechts steigert. Und hier wird das ganze Dilemma der 8-geben-Kampagne (übrigens auch eine Website für Kleintierpflege) offensichtlich: Die Wortmeldungen auf der Seite legen nahe, der Herausforderung der digitalen Kopie sei allein und zuvorderst durch moralische Kampagnen zu begegnen.

Die VG-Wort-Kampagne ist deshalb ärgerlich, und für mich ganz besonders, weil ich einer der „mehr als 400.000 Autoren“ bin, deren Rechte und Ansprüche die VG Wort verwaltet und in deren Namen sie scheinbar spricht. Meine Frage, welche VG-Wort-Gremien konkret die Kampagne „beraten und beschlossen“ haben, hat die Pressesprecherin bislang nicht beantworten wollen.

Immerhin bekam ich von ihr eine Art Antwort auf die Frage, warum die VG Wort sich überhaupt berufen fühlt, politische Kampagnen zu fahren — in ihrer Satzung fand ich keinen Hinweis darauf, dass das ihre Aufgabe ist. Frau Schindel verweist mich auf das „Handbuch des Urheberrechts, Loewenheim, 2. Auflage, S. 789 ff.“, wonach zu den „selbstverständlichen Aufgaben von Verwertungsgesellschaften auch die Verfolgung gemeinsamer Ziele der von uns vertretenen Berufsgruppen“ gehöre. Die VG Wort nehme deshalb „regelmäßig Stellung zu laufenden Gesetzgebungsverfahren oder urheberrechtspolitischen Diskussionen“ und sei „insoweit ein wichtiger Ansprechpartner für Ministerien, politische Parteien, Verbände etc.“

Bleibt noch die Frage, wer diese vergurkte Kampagne bezahlt. Ich habe die VG Wort vor drei Wochen gefragt, wieviel die Aktion kostet, aus welchen Mitteln sie finanziert wird und ob sie die Ausschüttungen an die Wahrnehmungsberechtigten (wie mich) mindert. Frau Schindel hat die Frage nicht beantwortet; nicht einmal die Nachfrage, ob sie mir die Fragen nicht beantwortet.

„die aktuelle“-Bingo (7)

Er lebt sein Leben... Die seltsame Ehe des Herrn Jauch. Die Spur führt nach Postdam

Die „aktuelle“, die Qualitätsquatschillustrierte der WAZ, hat mehrere Indizien dafür, dass mit der Ehe von Günther Jauch möglicherweise etwas nicht stimmt. Eins davon ist, dass er bei einem der seltenen öffentlichen Auftritte mit seiner Frau neulich „Jeans und Schlabber-Rolli in Beige“ trug. Aber ein schrecklicher Pullover reicht der „aktuellen“ natürlich noch nicht für eine spektakuläre Titelgeschichte (jedenfalls diesmal nicht). Und so lautet die Quizfrage in unserer beliebten Reihe heute:

  • Was ist das „Erstaunliche“, das die „aktuelle“ im Zusammenhang mit dem Privatleben von Herrn und Frau Jauch entdeckt hat und sie zu einer „Spurensuche“ veranlasste?

(Kleiner Tipp: Bei einem anderen Paar, das sich inzwischen getrennt hat, „fing’s genauso an…“.)

Auflösung hier.