Unabhängigkeitserklärung

Oh, hallo.

Ich muss Ihnen was sagen. Ich bin umgezogen.

Vor drei Wochen schon. Aber ich war so beschäftigt damit, mein neues Zuhause zusammenzuzimmern und einzurichten und mit Leben zu füllen, dass ich nicht dazu gekommen bin, hier einen ordentlichen Nachsendeauftrag zu hinterlassen.

Dies hier ist ein besonderer Ort für mich. Er hat diese einzigartige Mischung aus Privatheit und Öffentlichkeit, wie sie nur ein Blog schafft. Es ist mein Ort, niemand redet mir hier rein, ich kann ihn gestalten und befüllen, wie ich will – und gleichzeitig lebt er davon, dass andere Menschen ihn betreten, von der Aufmerksamkeit und der Kommunikation.

Ich hatte nie einen Plan, was aus dieser Seite werden sollte, als ich vor neuneinhalb Jahren anfing, jenseits von BILDblog Sachen ins Internet zu schreiben, wie es Felix „ix“ Schwenzel sagen würde, auf dessen Seiten ich als Urlaubsvertretung damals begann. Es gab, wie ich gerade nachgesehen habe, schon in den ersten Wochen Schafcontent, ging um Wahlduelle, Mären [Plural gerade nachgeschlagen], Drittsender und natürlich den Islamhass der Islamhasser von „Politically Incorrect“.

Lieblingsthemen und Formen fanden und ergaben sich, manche Einträge entwickelten eine erstaunliche Wirkung, und wenn ich gerade keine Zeit oder keine Lust hatte, hier etwas hineinzuschreiben, dann stand hier halt nichts.

Das hätte natürlich, einerseits, ewig so weitergehen können. Andererseits hatte ich aber zunehmend die Lust und das Bedürfnis, aus dem, was da entstanden war, etwas Neues zu entwickeln. Einen Rahmen zu finden, der mir die Möglichkeit gibt, zusammen mit anderen Medienkritik in allen Formen zu betreiben, lebendig, vielfältig, abwechslungsreich, experimentierfreudig, relevant und gelegentlich albern.

Einen Rahmen, der mir die Unabhängigkeit gibt, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten von Auftraggebern arbeiten zu können. Es ist erstaunlich, wenn man, sagen wir, ein Konzept für eine Fernsehsendung hat, die sich auf unterhaltsame, aber schonungslose Art mit dem Fernsehen beschäftigt, wie schnell man schon in den allerersten Gesprächen mit Verantwortlichen auf Bedenken stößt. Nicht erst mittendrin, während der Arbeit, wenn man merkt, dass man Kompromisse eingehen muss, wie das immer so ist. Sondern schon ganz am Anfang, wenn Leute im ersten Gespräch mit Flatterband Bereiche absperren, die man, wenn es zu einer Zusammenarbeit kommen sollte, nicht betreten kann.

Das wäre doch ein Traum: Wenn man Medienkritik unabhängig von Medien betreiben könnte, unabhängig von Verlagen und Fernsehsendern, und trotzdem nicht nur so nebenbei, als eine Art Hobby, als Blog. Das wäre, das ist mein Traum.

Das ist die Idee, die hinter Übermedien steht, das ich mit dem hier auch schon einschlägig bekannten Boris Rosenkranz ins Leben gerufen habe. Wir haben darüber viele Monate gegrübelt, verschiedene Wege ausprobiert, Ideen entwickelt und verworfen, Preismodelle ausgedacht und verworfen, Paywall-Implementierungen eingebaut und verworfen.

Der Traum ist nämlich auch: davon leben zu können. Hauptberuflich Übermedien zu betreiben. Mit all den Möglichkeiten und Verpflichtungen, die sich daraus ergeben (zum Beispiel der, nicht tage- oder wochenlang gar nichts zu veröffentlichen, wegen keine Lust oder Zeit).

Wolfgang Michal hat sich neulich schon darüber lustig gemacht, dass Kollegen davon träumten, „irgendwann ein eigenes kleines Medien-Geschäft zu haben“, und mich als „Medienunternehmer“ bezeichnet. Das bin ich dann wohl, aber es trifft es nicht, denn die Geschäftsidee ist in Wahrheit vor allem eine publizistische Idee, und das Unternehmen heißt Unabhängigkeit.

Wir haben eine GmbH gegründet und uns unser Stammkapital vom Konto klauen lassen. Wir wären fast auf die fiesen Briefe von fiesen Firmen reingefallen, die man bekommt, wenn man ins Handelsregister eingetragen wurde, und die einem unter sehr offiziell aussehendem Briefkopf das Gefühl vermitteln, man müsste genau dafür jetzt nochmal zahlen. Wir haben den Starttermin drei Wochen vorher nochmal um zwei Monate verschoben und dann nochmal um zwei Tage. Und trotzdem war es am Ende unfassbar knapp und eng und anstrengend, aber jetzt ist es auf der Welt, also, seit fast drei Wochen schon, und muss nun nur noch wachsen und gedeihen.

Vielleicht haben Sie den Elefanten bemerkt, der sich da während der letzten Absätze in den Raum geschlichen hat. Den mit dem blinkenden „Krautreporter“-Logo auf dem Rücken. Ja, damals hatte ich auch schon von einem „Traum“ geschrieben, dem Traum, dass die Leser für die eigene Arbeit bezahlen.

Der ist für mich mit „Krautreporter“ nur zum Teil in Erfüllung gegangen. Das Crowdfunding war ein großer Erfolg, aber was wir eigentlich mit dem Geld machen wollten, wie das so finanzierte redaktionelle Produkt wirklich aussehen sollte, war unklar und am Ende für mich nicht überzeugend.

Übermedien ist auch ein Versuch, aus den Fehlern von „Krautreporter“ zu lernen (ich bin sicher, wir werden stattdessen genug eigene machen). Wir haben ein klares Thema, einen unverwechselbaren Fokus, und wir verkaufen nicht Schrödingers Katze im Sack. Sie können sich die Inhalte ansehen und entscheiden, ob sie Ihnen etwas Wert sind.

Also, konkret zum Beispiel 3,99 Euro im Monat.

Für ein Magazin, das sich professionell, kontinuierlich, vielfältig mit Medien auseinandersetzt. Dass diese Auseinandersetzung nötig ist, haben die vergangenen Wochen überdeutlich gezeigt. Die großen, furchtbar überhitzten politischen Debatten (um mal einen Euphemismus zu benutzen) sind alle durchwirkt und überlagert von Mediendebatten; von Zweifeln an der Berichterstattung, Gerüchten, Falschmeldungen, Vorwürfen von Einseitigkeit, Übertreibungen, Übertreibungen, politischer Abhängigkeit.

Es mangelt nicht an Medienkritik, aber es mangelt an guter Medienkritik. Es mangelt an Medienkritik, die nicht abhängig ist von den Medien, die sich aber auch nicht blind auf die Seite der Kritiker schlägt. Es mangelt an Medienkritik, die nicht ideologisch motiviert ist, die nicht hysterisch ist, die nicht ahnungslos ist.

Wir wollen versuchen, einen Beitrag zu leisten, diesen Mangel kleiner werden zu lassen. Gleichzeitig wollen wir nicht verbissen sein, sondern, wann immer es geht, unterhaltsam, sogar mal positiv.

Theoretisch kann man das hier genauer nachlesen, aber zum Glück kann ich ja auch schon auf ein paar Beispiele verweisen, wie das in der Praxis aussieht.

Zum Start habe ich ein langes Interview mit „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo geführt, weil der mein Tun mit großer Skepsis begleitet. Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht über die angebliche „Schweigespirale“, die es bei der Berichterstattung über Straftaten von Ausländern gegeben haben soll, über den Eifer, immer die ethnische Herkunft von Verdächtigen anzugeben, und darüber, was sich aus der Sache mit dem erfundenen toten Flüchtling in Berlin lernen lässt.

Boris hat mit dem vermeintlich „härtesten Jugendrichter Deutschlands“ Richter darüber gesprochen, wie er den Medien nutzt und wie er die Medien benutzt. Er hat dafür gesorgt, dass wir es in die „Tagesschau“ schaffen:

Und er hat sich in die Abgründe von „Focus Online“ vorgewagt und das Erfolgsgeheimnis von deren Filmen erklärt. Videos für Menschen, die keine Texte lesen, und denen Bilder egal sind:

(Bitte beachten Sie die stylische Scheinbetonwand im Hintergrund. Das war eine unserer ersten großen, kniffligen, wirklich brisanten Geschäftsentscheidungen: Wie der Hintergrund in dem kleinem Studio aussehen soll, das wir uns hinten im Büro eingerichtet haben für solche Videos und viele andere, mit diesen teuren Platten, die einem als Hallschlucker verkauft werden, und allem Pipapo. Okay, eher nur „Pi“, für den Anfang, das ist unsere Garage, quasi.)

Endlich habe ich auch die Gelegenheit, mein Talent als Dieter Thomas Heck auszuprobieren. Wenn ich Ihre Aufmerksamkeit bitte auf diesen Versuch lenken darf, das versehentlich eingeschaltete „Apfelweinfest 2015“ im hr-Fernsehen im vergangenen Spätsommer ohne langjährige Therapie zu verarbeiten:

Wir haben noch so viele Ideen, für Wichtiges und Witziges. Wir wollen mit der Kamera rausgehen und einen anderen Blick auf das werfen, worüber alle berichten. Wir wollen uns gründliche Analysen leisten, anstatt nur gefühltes Wissen wiederzugeben. Wir wollen mit vielen unterschiedlichen Leuten zusammenarbeiten, die ihren eigenen Blick auf die Medien mitbringen.

Ich bin, zugegeben, nicht in jeder Sekunde optimistisch, ob das überhaupt gelingen kann. Ob man in all dem ohrenbetäubenden Getöse und Durcheinander, das gerade herrscht und womöglich jetzt zum Dauerzustand wird, Aufmerksamkeit gewinnen kann, wenn man nicht versucht, der Lauteste, der Voreiligste zu sein. Andererseits: Wenn ich den Glauben verloren hätte, dass Aufklärung etwas bewirkt, dass Kritik nützlich sein kann und dass eine gute Debatte Menschen klüger macht, müsste ich mir einen anderen Beruf suchen.

Wir wollen Medien besser kritisieren. Mit Ihnen und für Sie! (Und Euch.)

Bleibt die Frage, was dann aus diesem Blog wird. Ehrliche Antwort: Ich weiß es noch nicht. Vielleicht polstere ich es umfassend mit Flausch aus. Vielleicht entdecke ich noch ein anderes Thema. Vielleicht ist es auch ein Ort für eher persönliche Notizen zu dem, was in den Medien und anderswo passiert.

Ich habe dafür keinen Plan. Aber das war ja immer schon so.

Und jetzt würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mir nach nebenan folgen würden und mir die Treue halten. Und Abonnent werden!

Bis zur WM sollen in Katar 7000 Arbeiter sterben – an was auch immer

7000 ausländische Arbeiter werden in Katar bis zum Beginn der Fußball-WM 2022 ums Leben kommen. Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger hat nicht zuletzt angesichts dieser ungeheuren Zahl die Fans dazu aufgerufen, das Ereignis zu boykottieren.

Diese Meldung zieht seit Freitag Kreise, wird von den Nachrichtenagenturen verbreitet. Kein Wunder: Eine griffige Zahl von Todesopfern, eine plakative Forderung. Es ist ein großer PR-Erfolg für den internationalen Gewerkschaftsbund ITUC. Er basiert auf einer höchst zweifelhaften Berechnung.

Die Zahl 7000 hat der Gewerkschaftsbund einfach auf der Grundlage von Statistiken der staatlichen Gesundheitsbehörde errechnet. Die hat vor mehreren Monaten einen Bericht mit diversen Kennzahlen für das Jahr 2013 veröffentlicht. Unter anderem steht darin auch die Todesrate der Menschen im Land, aufgeschlüsselt nach Einheimischen und Ausländern sowie Altersgruppen.

Bei Ausländern im Alter zwischen 15 und 64 Jahren kommen danach auf 1000 Menschen 0,6 Todesfälle im Jahr. Wenn in Katar ungefähr 1,8 Millionen Gastarbeiter leben, wie der ITUC schätzt, sterben also jährlich davon rund 1000 (1.800.000 * 0,6 ‰). Bis zur Weltmeisterschaft sind es noch sieben Jahre, also werden insgesamt 7000 Gastarbeiter sterben. Bäm, Zahl, Schlagzeile.

Nun umfasst die Zahl von 0,6 Promille aber sämtliche Sterbefälle unter den fast zwei Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter aus dem Ausland in Katar, auch solche, die nichts mit den miserablen Arbeitsbedingungen zu tun haben. Ich habe keine Ahnung, wie viele das sind, aber: der ITUC auch nicht.

Interessanterweise ist die Todesrate in Katar unter Einheimischen im arbeitsfähigen Alter fast dreimal so hoch wie unter Ausländern: 1,7 Promille. Das lässt sich allerdings dadurch erklären, dass die Gastarbeiter relativ jung sind und dass sie, bevor sie einreisen dürfen, auf bestimmte Krankheiten getestet werden. Das senkt natürlich die Todesrate.

Aber Tatsache ist: Menschen sterben, auch Menschen zwischen 15 und 64 Jahren, auch unter besseren Umständen, als sie auf den Baustellen in Katar herrschen. So zu tun, als gingen die 7000 zu erwartenden Todesfälle von arbeitsfähigen Ausländern in Katar alle auf das Konto der furchtbaren Arbeitsbedingungen, ist unredlich.

In Deutschland liegt die Todesrate bei den 18- bis 64-Jährigen übrigens sogar bei rund 2,6 Promille. Auch diese Zahl ist nicht mit den 0,6 Promille unter den ausländischen Arbeitern in Katar vergleichbar, weil die, wie gesagt, nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Aber wenn die Zahl von 0,6 Promille skandalös hoch sein soll, ist das mindestens erklärungsbedürftig.

Im Bericht des ITUC wird die bedingte Aussagekraft dieser Zahl zumindest angedeutet. Er erwähnt zum Beispiel auch, dass Verkehrsunfälle eine größere Rolle spielen dürften. Aber der ITUC setzt trotzdem auf das Schlagzeilenpotential der zweifelhaften Zahl 7000 – und fügt sogar noch dramatisch hinzu, dass eine frühere, ebenfalls viel zitierte ITUC-Angabe von möglicherweise 4000 toten Arbeitern, eine „tragische Unterschätzung“ darstelle.

Viele Nachrichtenagenturen griffen die ITUC-Zahl auf, AFP ironischerweise mit dem wohl als Distanzierung gemeinten Zusatz, der Gewerkschaftsbund „erklärte allerdings nicht, wie er auf diese Zahl kommt“. Doch, das tut er. Nur erschüttert diese Erklärung eben die Aussagekraft der Zahl.

Ich habe keine Zweifel daran, dass die Arbeitsbedingungen in Katar furchtbar sind, und es ist gut, wenn Organisationen wie der ITUC und Journalisten sie öffentlich anprangern. Aber der Preis für die Aufmerksamkeit kann nicht darin bestehen, zweifelhafte Horrorzahlen zu verbreiten.

[mit Dank an Guido Haeger]

Der Heimwerkerkönig

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Es gibt nicht viele erste Sätze, nach denen man ein Youtube-Video einfach weitergucken muss, aber diese gehören sicher dazu: „Heute bauen wir einen Selfie-Stick. Dazu brauchen wir Cocktailwürstchen und einen Putter zum Golfen.“

Später wird sich herausstellen, dass man noch einiges mehr braucht, Gaffa-Tape natürlich, einen Draht, einen Radkreuzschlüssel, verschiedene Halter und natürlich einen Kompressor, der das Cocktailwürstchen mit Luftdruck auf das Mobiltelefon schießt, aber erstens hat man das alles ja im Haus, und zweitens kann man zur Not improvisieren, macht der Fynn ja auch, das ist schließlich der halbe Spaß, wenn nicht fast der ganze.

Am Ende zeigt er seiner Freundin den Selfiestick. „Wie findste das?“ – „Gut.“ – „Würdste das auch verwenden?“ – (Stille.)

Fynn Kliemann nennt sich „Heimwerkerkönig“, aber er meint das nicht so. Er ist niemand, der Videos dreht, in denen er vorführt, wie man mit Geschick und einem guten Plan große Dinge bauen kann. Er dreht Videos, in denen er vorführt, wie man als Chaot ohne Angst vor Elektrizität, Schweißgeräten, scharfen Kanten und Nahtoderfahrungen aller Art viel Spaß dabei haben kann, Dinge auseinander zu nehmen und neu wieder zusammen zu setzen – und am Ende mit etwas Glück und viel Schwund etwas geschaffen zu haben, das so ähnlich ist wie das, was man eigentlich bauen wollte.

Das Ganze ist, so unwahrscheinlich das klingen mag, regelmäßig lehrreich. Wenn Fynn zum Beispiel nach Dutzenden Fehlversuchen darauf kommt, warum die Cocktailwürstchen kein Bild auslösen. „Würstchen funktionieren nicht grundsätzlich“, sagt er dann in die Kamera. „Würstchen funktionieren nur, wenn sie leiten.“ Der Fachbegriff „Kapazitiver Touchscreen“ wird dann eingeblendet, während Fynn sich daran macht, seine waghalsige Konstruktion um einen Draht zu ergänzen, der den Wurstfinger mit der menschlichen Hand verbindet und so für die nötige Leitfähigkeit sorgt.

Er ist ein grandioser norddeutscher Dummschwätzer, eine ADHS-Variante von Dittsche. „Für eine Wurstschussmaschine brauchen wir vier Bar“, doziert er, nur um grinsend hinzuzufügen: „Das ist ein Schätzwert.“ Als er Erde aushebt für einen Teich, sagt er: „Ich untergrabe die Autorität dieses Ackers.“

Überhaupt, der Teich. Der ist am Ende viel größer geworden als geplant, weil ihm ein Nachbar seinen Bagger geliehen hat und „baggern einfach Bock macht“. Wenn man ihn dabei sieht, glücklich wie ein Kind, ist man versucht zu sagen, dass das Hauptproblem von Youtube, ach, der ganzen Welt ist, dass nicht genug gebaggert wird.

Definitiv aber gibt es nicht genug Fynns. Seine Kamikaze-Heimwerker-Videos sind ein fantastisches Gegenprogramm zu den Frauen, die Drogerieartikel auspacken, und Männern, die am Computer spielen. Und praktisch sind sie auch noch! Zuletzt hat er einem Kumpel die große Maschine „gepimpt“, mit der auf dem Rübenacker die Steine aussortiert, wobei er aber immer blöd ums Gerät herumlaufen musste, um es aus- und wieder einzuschalten. „Diese Anleitung dürfte für sehr viel Menschen interessant sein“, schreibt der Fynn dazu, „da ja jeder dieses Problem kennt und selbst so eine Maschine besitzt. Daher gehe ich davon aus, hiermit Gangnam Style recht flott vom Youtube-Thron zu stürzen.“

So lügt Udo Ulfkotte: Fordert die UNO, die deutsche Bevölkerung durch Araber zu ersetzen?

Es ist nämlich so, dass die Sache mit den ganzen Asylbewerbern, die jetzt nach Deutschland kommen, von langer Hand geplant war, seit mindestens eineinhalb Jahrzehnten schon. Die Vereinten Nationen forderten damals schon heimlich, dass die deutsche Bevölkerung einfach durch Migranten aus Nahost und Nordafrika ersetzt wird. Das wird zwar ein Vermögen kosten und Unruhen auslösen, aber Politik und Wirtschaft wollen es so.

Das klingt natürlich erst einmal etwas abwegig, aber der Bestsellerautor Udo Ulfkotte kann es beweisen. Er hat ein entsprechendes Papier der UN „aus dem Jahr 2001“ entdeckt und berichtet darüber auf der Seite des auf solche brisanten Enthüllungen spezialisierten Kopp-Verlages.

Es ist ein schönes, schlimmes, besonders anschauliches Beispiel dafür, wie einflussreiche ausländer- und islamfeindliche Hetzer wie Ulfkotte mit Lügen Propaganda machen.

Das vermeintliche Skandal-Papier gibt es tatsächlich. Ulfkotte verlinkt sogar darauf und zeigt einen Ausriss des Titelblattes:

Und schon an dem Fragezeichen, das da am Ende des Titels steht, könnte man erkennen, dass es sich nicht um ein Papier mit „Forderungen“ der UNO handelt. Der Bericht der UNO-Abteilung für Bevölkerungsfragen rechnet verschiedene Szenarien durch, wie viel Einwanderung nötig wäre, um die schrumpfenden Bevölkerungszahlen in acht Ländern mit besonders niedrigen Geburtenraten in den nächsten Jahrzehnten auszugleichen. Es geht darum, die Auswirkungen „unterschiedlich großer Migrationsströme auf den Umfang der Bevölkerung und ihren Alterungsprozess deutlich [zu] machen“.

Berechnet wird je nach Szenario, wie viel Zuwanderung nötig wäre, um bestimmte, unterschiedliche Ziele für das Jahr 2050 zu erreichen, zum Beispiel: die Größe der Bevölkerung insgesamt aufrecht zu erhalten; die Zahl der Menschen zwischen 15 und 64 beizubehalten; zu verhindern, dass weniger als drei Menschen dieses Alters auf einen Über-65-Jährigen kommen.

Ulfkotte schreibt über den Bericht, er sei „erst jetzt bekannt geworden“. Das ist ulfkottinesisch für „ich persönlich habe gerade erst von diesem Bericht erfahren“, lässt das Papier aber natürlich ungemein viel geheimnisvoller, wichtiger und brisanter erscheinen.

Obwohl es seit 21. März 2000 einfach auf der Website der Vereinten Nationen herumliegt und die Organisation als Teil ihrer Nichtbekanntmachungsstrategie sogar eine Pressemitteilung in verschiedenen Sprachen, darunter so exotischen wie Deutsch, herausgegeben hat.

Nun bleiben, zugegeben, manche Studien trotz Pressemitteilung unbeachtet. Diese nicht. Die „Frankfurter Rundschau“ zum Beispiel berichtete am 4. April 2000 ausführlich darüber. Anlass war eine Podiumsdiskussion, die die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen über das Thema in Berlin veranstaltete (vermutlich ebenfalls, um ein Bekanntwerden der brisanten Geheimpläne zu verhindern).

Die FR referierte nicht nur die Szenarien der UNO und nannte einige Zahlen, sie zitierte auch Kritik daran. Dass laut der Studie die Vergreisung der deutschen Gesellschaft nur komplett ausgeglichen werden könne, „wenn jährlich 3,4 Millionen Menschen die Grenze überquerten“, habe etwa die Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungskunde, Charlotte Höhn,
als „völlig absurd“ bezeichnet. Die Zahlenspiele der UN ließen einiges „Gefühl für die politische Brisanz“ vermissen.

Auch andere Medien griffen den UN-Bericht in Berichten und Analysen auf, so der „Focus“ am 20. März 2000 („Kontinent der Greise“), die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am 12. April 2000 („188 Millionen Einwanderer zum Ausgleich?“), die „Welt“ am 1. August 2000 („Ohne Ausländer droht Kollaps der Sozialsysteme“). Schon im Januar waren erste Ergebnisse vorab veröffentlicht geworden, über die Medien wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („UN: Industrieländer müssen ihre Tore für Zuwanderer öffnen“, 8. Januar 2000), die „Frankfurter Rundschau“ („Verordnete Einwanderung ist kein Allheilmittel“, 12. Januar 2000) und „Die Woche“ („Qualifizierte Immigration“, 21. Januar 2000) berichteten.

Im „Focus“-Artikel aus dem März 2000 findet sich folgende bemerkenswerte Passage:

„Als wir Anfang Januar erste Zahlen über die alternde Industriegesellschaft veröffentlicht haben, rannten uns die Medien regelrecht die Tür ein“, erinnert sich Thomas Büttner von der Bevölkerungsabtung beim Sekretariat der Vereinten Nationen. Das enorme Echo auf die Studie, die an diesem Dienstag in New York vorgestellt wird, überrascht nicht.

Ein „enormes Echo“ 2000 – oder wie der Experte Udo Ulfkotte vom Fachportal kopp-online.de fünfzehn Jahre später schrieb: „erst jetzt bekannt geworden“.

Laut Ulfkotte fordern die Vereinten Nationen, die „Öffnung Deutschlands für 11,4 Millionen Migranten“ auch „gegen Widerstände in der Bevölkerung beim Bevölkerungsaustausch“ durchzusetzen. Tatsächlich warnt der Bericht vor den negativen Folgen der Migration, sowohl für die Herkunftsländer, als auch für die Zielländer, wo soziale Spannungen entstehen könnten. Beides müsse die Politik bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Die beste Verdrehung aber hat Ulfkotte sich für den Schluss aufgehoben. Hinter der großen Zahl von Flüchtlingen stecke, dass die Vereinten Nationen Völker einfach durch andere Völker ersetzen lassen wollten, behauptet er. Dieses „Replacement Migration“-Programm sei aber teuer. Ulfkotte:

Man hat im Umfeld der UN auch schon einen Vorschlag, wie das alles finanziert werden soll: Die Deutschen sollen das Rentenalter im ersten Schritt auf 72 und im zweiten Schritt auf 77 Jahre hochsetzen.

Tatsächlich kommen diese Zahlen im UN-Bericht vor. Sie geben allerdings das deutsche Rentenalter an, das nötig wäre, wenn es gerade keine Einwanderung gibt. Dann müsste das Rentenalter auf 72,4 hochgesetzt werden, wenn auf einen Rentner nicht weniger als drei Menschen im arbeitsfähigen Alter kommen sollen, bzw. auf 77, um auf das Verhältnis von 1:4,4 zu kommen, das in Deutschland 1995 herrschte.

Ulfkotte behauptet, die Deutschen müssten viel länger arbeiten, um sich die Einwanderer leisten zu können. Das Gegenteil ist der Fall: Die Deutschen müssen viel länger arbeiten, wenn sie es sich leisten wollen, auf Einwanderung zu verzichten.

Ulfkotte verfälscht nicht nur die UN-Studie in grotesker Weise. Er hat nicht einmal verstanden, dass die Überlegungen, die darin angestellt werden, letztlich den von besonders niedrigen Geburtenraten betroffenen Ländern dienen sollen; Ländern wie Deutschland, die ohne Einwanderung gravierende Probleme mit ihren Sozialsystemen bekommen. Nicht auszuschließen ist natürlich, dass er nicht zu dumm ist, das zu verstehen, sondern es eine bewusste Lüge als Teil seiner Propaganda ist.

Der Mann, der sich nach eigener Auskunft als Journalist von Regimen und Unternehmen kaufen und Artikel vom Bundesnachrichtendienst diktieren ließ, macht seit Jahren Stimmung gegen Ausländer, Asylbewerber und Moslems. Und er hat damit Erfolg, auch mit diesem Stück. „Kopp-Online“ ist eine Nachrichtenquelle bei Google News. Der Artikel wurde im Netz tausendfach empfohlen und geteilt. Diverse andere Blogs verbreiten die Desinformation weiter. In den Kommentarspalten der Medien tauchen Ulfkottes Lügen jetzt schon auf.

Uuuuuh, Cartoons für Erwachsene… Der (vorerst) gescheiterte Versuch, „Nichtlustig“ ins Fernsehen zu bringen

Er ist einer der erfolgreichsten Cartoonisten Deutschlands. Über eineinhalb Millionen „Nichtlustig“-Bücher, hunderttausende Kalender und andere Ableger hat Joscha Sauer in den vergangenen zehn Jahren verkauft. Fast 700.000 Menschen sind Fans von „Nichtlustig“ auf Facebook. 183.000 Euro kamen zusammen, als Sauer vor drei Jahren mit einem Crowdfunding Geld sammelte, um eine erste Folge einer Trickfilmserie mit seinen Dinosauriern, Lemmingen und Yetis, mit dem in der Wand wohnenden Herrn Riebmann und dem mit einem Pudel lebenden Tod produzieren zu können.

Aber die Fernsehserie gibt es immer noch nicht. Denn das deutsche Fernsehen hat kein Interesse daran. Sauers Geschäftspartnerin Britta Schewe hat nach eigenen Worten in den vergangenen Jahren alle abgeklappert: ZDF, ProSiebenSat.1, RTL interactive, Tele 5, RTL 2, Turner… Wenn es überhaupt eine Antwort gab, dann eine Absage.

Deshalb versucht es Joscha Sauer nun wieder mit einem Crowdfunding. Mindestens 110.000 Euro sollen zusammenkommen. Je mehr es werden, umso mehr Folgen können produziert werden.


Joscha Sauer.

War das Crowdfunding vor drei Jahren auch schon eine Notlösung, weil sich kein Fernsehsender fand, der „Nichtlustig – die Serie“ finanzieren wollte?

Joscha Sauer: Im Grunde ja. Ich kann mich an einen Kontakt bei ProSiebenSat.1 erinnern, auf den ich viel gesetzt hatte, und war verwundert, wie schleppend das voran ging. Dann kam irgendwann auch die Absage, mit dem Argument, dass wegen der Wirtschaftskrise die Werbeeinnahmen fehlten und die Sender sagten: Wir haben kein Geld mehr, um Experimente zu machen und neue Sachen zu finanzieren. Ich weiß bis heute nicht, inwieweit das stimmt oder nur ein vorgeschobenes Argument war, sich nicht weiter mit diesen seltsamen kleinen Zeichentrickfilmen zu beschäftigen.

Aber die kurzen Clips, die ich damals produziert habe, wären auch sehr verbesserungswürdig gewesen. Ich hätte eher verstanden, wenn die Absage gelautet hätte: „Daran musst du arbeiten.“ Aber das Argument kam nie.


Die im ersten Crowdfunding finanzierte Folge.

Das Crowdfunding hat dann ganz fantastisch funktioniert. Wir haben die erste Folge fertiggemacht und versucht, sie Sendern zu zeigen, um eine weitere Finanzierung zu bekommen. Natürlich hat auch das Ding Kinderkrankheiten – ich habe gemerkt, dass das Konzept eher für ein kürzeres Format passt, nicht für zwanzig Minuten. Wenn ich danach mit Sendern gesprochen habe, kam aber nie der Ansatz: Okay, lass uns daran arbeiten und das gemeinsam entwickeln, dass es passt.

Es gab grundsätzlich kein Interesse?

Joscha Sauer: Nein. Ich dachte, dass die Sender beeindruckt sind, dass ich ohne Hilfe zehntausend Leute mobilisiere, für eine erste Folge Geld auszugeben. Dass das zeigt, dass es da einen Bedarf gibt. Ich habe das Gefühl, Fernsehleute leben in so einer Blase: Alles, was nicht im Fernsehen erfolgreich ist, ist auch irgendwie egal. Dann war das Geld relativ schnell aufgebraucht, und das Team hat sich wieder zerstreut. Danach hat Britta, die ich lange kenne, sich darum gekümmert, auf Basis ihrer Kontakte zu versuchen, „Nichtlustig“ als Trickfilm an den Sender zu bringen.


Britta Schewe, Joscha Sauer im Skype-Interview.

Mit welchem Erfolg?

Britta Schewe: Ich beschäftige mich seit über zehn Jahren mit dem Vertrieb von Inhalten, im Netz und im Fernsehen. Ich habe mit jedem Sender in Deutschland wegen „Nichtlustig“ Kontakt aufgenommen. Man stößt dabei auf eine vorgefestigte Meinung: „Animation in Deutschland für Erwachsene? Uuuuuh, davon lassen wir besser die Finger.“ Einmal hat mich jemand vom ZDF mitten im Satz unterbrochen und gesagt: „Nee, wenn’s um Erwachsene geht, das machen wir gar nicht.“ Da kannst du erzählen, dass die „Nichtlustig“-Zielgruppe bei Jugendlichen losgeht und auch generationenübergreifend funktioniert – egal. Da wird nicht jedes Thema einzeln bewertet – wieviele Bücher sind verkauft worden, wie lange gibt es eine Merchandising-Linie, wieviele Fans verfolgen das Thema in Sozialen Netzwerken – alles, was man aus einer kaufmännischen Sicht beachten und bewerten würde. Soweit kommt es gar nicht. Die sagen: Erwachsene? Nee, lass mal.

Das heißt, ihr seid in den Verhandlungen gar erst nicht so weit gekommen, dass die andere Seite sagen konnte: Das ist uns zu teuer?

Britta Schewe: Es ging nie um den Preis. Das wäre auch nicht das große Problem gewesen. Natürlich hast du immer Geldverhandlungen. Aber das kommt ja erst in einem Prozess. Wir sind aber überhaupt nicht in diesen Prozess reingekommen. Wir waren froh, wenn uns überhaupt jemand geantwortet hat – und ich kenne in so ziemlich jedem Sender jemand persönlich. Das finde ich am Kritikwürdigsten an all dem: Man hat keine Chance, für den Animationsbereich kreativ an Businessmodellen zu arbeiten, weil du gar erst nicht so weit kommst.

Joscha Sauer: Ich hab das Gefühl, dass das deutsche Fernsehen generell nicht besonders innovations- und experimentierfreudig ist. Es fehlt der Mut, Dinge zu entwickeln, die noch nicht perfekt sind, in die man Zeit und Geld stecken muss, um dann aber auch etwas zu haben, was wirklich originell ist. Ich kann nicht sagen, ob das eine deutsche Mentalitätsfrage ist, ob das mit der bürokratischen öffentlich-rechtlichen Senderstruktur zu tun hat…

Und es gab auch nie Antworten wie: Okay, für ein Zehn-Minuten-Format haben wir nicht wirklich den Sendeplatz, aber lass uns doch mal gucken, ob wir das nicht als Fünf-Minuten-Clips in eine andere Sendung integrieren?

Britta Schewe: Nada, nüscht. Wir sind wirklich gegen Wände gerannt. Eine Antwort lautete: „Der Humor ist nicht schräg genug für uns.“

Joscha Sauer: Ich habe seit Jahren immer die Furcht, dass das Konzept nicht zugänglich genug ist. Weil es ja nicht als Pitch fürs Fernsehen konzipiert ist, sondern sich entwickelt hat mit diesen vielen seltsamen Figuren. Ich dachte immer, vielleicht ist es zu schräg, deshalb kann ich nicht bei den Leuten landen. Und dann kommt diese Mail…

Habt ihr mit den Leuten vom geplanten Jugendprogramm von ARD und ZDF gesprochen?

Britta Schewe: Ja, bei denen schlummern auch einige bislang unbeantwortete E-Mails von uns im Postfach.

Und Netflix?

Britta Schewe: Die tun in den USA viel, produzieren lokal aber nur sehr ausgewählt und nehmen den Produzenten dann in der Regel alle Rechte ab. Man muss man sich sehr genau überlegen, ob man das will. Aber wenn wir das wollen würden: Wir haben „Nichtlustig“ Netflix-Leuten in Amsterdam gezeigt, die wollten das ansehen und weiterreichen. Seitdem habe ich auch auf mehrere Nachfragen nichts mehr von den Kollegen gehört.

Joscha Sauer: Das Gute ist: Unternehmen wie Netflix müssen kreativ interessante Sachen machen, die sie von der Konkurrenz abheben. Also genau das Gegenteil von dem, was Fernsehen oft versucht: Möglichst nicht auffallen. Deswegen sehe ich da schon eine Chance – aber auch da ist es schwierig, an die richtigen Entscheider zu geraten.

Trotzdem habt ihr zwei weitere Folgen produziert. Wie ging das?

Joscha Sauer: Wir haben uns um Filmförderung beworben. Voraussetzung für diese spezielle Förderung war, einen Fernsehsender als Partner zu haben. Wir haben zusätzlich Universal als DVD-Vertrieb gewonnen. Die bringen vor Ostern eine DVD heraus, auf der die ersten Folgen sind plus alle existierenden Sachen aus dem Netz, inklusive Behind-the-scenes-Material, so dass wir auf circa eine Stunde Laufzeit kommen.

Britta Schewe: Und als Fernsehsender kommt joiz ins Spiel. Vor eineinhalb Jahren, als wir die Förderung beantragt haben – da war ich noch nicht Geschäftsführerin von joiz – habe ich das der damaligen Geschäftsführung vorgeschlagen. Die haben gesagt: Super Sache, aber wir haben nicht viel Geld. Wir brauchten allerdings einfach einen Fernsehsender, der mit an Bord ist – und die Zielgruppe passt auch super. Die Förderung, die wir beim Medienboard Berlin-Brandenburg beantragt und bekommen haben, ist eine TV-Pilot-Förderung. Eine andere Förderung, die serielle Formate unterstützt, gibt es aber auch nicht. Überhaupt gibt es für Animationsproduzenten bundesweit nur eine Handvoll Förderungen, die in Betracht kommen. Und die wiederum haben ganz strikte Regularien.

Wenn sich jetzt im Nachhinein ein anderer Sender fände, müsste der aber damit leben, dass joiz die Rechte hat?

Britta Schewe: Wenn ein TV-Sender sagen würde: Wir investieren eine Million, dann würde joiz sagen, wir geben ein paar Rechte zurück.

Das Crowdfunding ist also für weitere Folgen, zusätzlich zu den beiden neuen?

Joscha Sauer: Ja. Die, die wir haben, sind finanziert – mit eigenem Geld und Geld vom Medienboard Berlin-Brandenburg.

Britta Schewe: Der anarchistische Gedanke ist, dass sich nicht leugnen lässt, dass es ein Interesse an dieser Serie gibt. Die einzigen, die das nicht hören wollen, sind die Leute in der Industrie. Wenn das Crowdfunding gut funktioniert, werden eventuell andere Marktteilnehmer, die uns dazu befähigen würden, sehr viel mehr zu machen, vielleicht irgendwann auf den Trichter kommen, den ein oder anderen Euro zu investieren.

Joscha Sauer: Ich bin da inzwischen sehr viel skeptischer, muss ich sagen. Und bin gleichzeitig natürlich auch immer skeptisch, ob auch ein Crowdfunding ein zweites Mal wieder so gut funktioniert. Ein Crowdfunding ist ja auch heikel, weil man sich nackig machen muss. Man kriegt zwar viel Zuspruch von Leuten, das ist toll, aber man muss diese ganzen Prozesse, mit denen man in so einem kreativen Projekt hadert, öffentlich austragen. Man macht sich sehr angreifbar, weil ich plötzlich nicht intern mit einer Instanz darüber diskutieren muss, ob etwas nicht billiger geht, sondern mit zehntausend Leuten. Das ist schon auch sehr zermürbend.

Was kostet eine Folge „Nichtlustig“, so wie ihr sie jetzt produziert?

Joscha Sauer: Momentan liegt unser Budget bei 110.000 Euro pro Folge auf Kickstarter – abzüglich Fremdkosten landen wir bei circa 80.000 Euro Produktionskosten. Da müssen wir aber schon jeden Cent einzeln umdrehen, Kompromisse eingehen, die wir am liebsten nicht eingehen würden, und ich sitze jeden Abend bis Mitternacht an den verschiedensten Sachen herum. Es ist eigentlich zu wenig.

Britta Schewe: Wir reden von einer qualitativ sehr hochwertigen Art zu animieren. Man sieht sich immer mit dem Argument konfrontiert, dass Animation so teuer sein soll – Heidi Klum ist teurer!

Joscha Sauer: Es gibt im Animationsbereich entweder diese bombastischen Sachen, große Filme von Pixar und Disney, oder YouTube-Animationen, die extrem kostensparend sind. Da kommen einige Leute wunderbar mit klar: Mein Freund Ralph Ruthe macht auf diese Weise fantastische Videos. Aber es ist eben eine sehr eingeschränkte Art, an Animationen ranzugehen. Das gibt es: Sehr teure Projekte, vor allem aus Amerika, und Dinge, die überhaupt nichts kosten. Dazwischen gibt es leider fast nichts.

Was wäre dein „Nichtlustig“-Serientraum? Eine dreizehnteilige Serie aus Zehnminütern?

Joscha Sauer: Ich will mir nicht irgendwelche Luftschlösser bauen und dann enttäuscht werden. Ich kann mir natürlich wunderbar eine komplette Serie vorstellen, habe genug Material und ein Konzept, das das trägt. Aber ich versteife mich nicht darauf, dass es auf jeden Fall 12 oder 13 Folgen sein müssen. Das wäre auch utopisch, weil ich im Moment nur Crowdfunding als Finanzierung sehe. Auf nichts anderes kann ich zählen. Je nachdem, wie viel da zusammen kommt, weiß ich Ende des Jahres, wieviel Geld ich habe, damit das Team nicht wieder auseinandergeht, und ob es für ein oder zwei oder mehr Folgen reicht. Der Wunsch ist auf jeden Fall, eine Staffel zu machen – ein, zwei Folgen fühlen sich ja nicht nach „Serie“ an. Die Leute sollten sich für einen Zehner die Staffel kaufen können und sich dann schön ein, zwei Abende vor den Fernseher lümmeln und die komplette Serie „Nichtlustig“ angucken. Das wäre mein Wunsch: eine Serie zu schaffen.

Britta Schewe: Und dann natürlich Kino-Film und das Game, ist klar (lacht).

Joscha Sauer: Ich muss aber sagen: Früher war ich sehr viel mehr besessen von der Idee, eine Fernsehserie zu machen. Inzwischen denke ich: Nee, wir machen eine Serie, und es ist mir egal, wo sie die Leute erreicht, Hauptsache, ich kann die Mitarbeiter, die daran beteiligt sind, angemessen bezahlen.

[Offenlegung: Ich habe die beiden Crowdfundings unterstützt.]

„Ich steh direkt hinter den Polizisten mit gezogener Waffe“: Der Terror-Porno des „Stern“

Wollen Sie auch mal so richtig hautnah dabei sein, bei einem Terroreinsatz, live, wenn man noch nicht weiß, ob es gut ausgeht, mittendrin, teilweise kaum einen Meter hinter den Polizisten, die mit gezogenen Waffen ein Viertel durchkämmen, in einer gefährlichen, unklaren Situation, voller Adrenalin, atemlos, ahnungslos, aber im Zweifel immer in der Schusslinie, unmittelbar hinter den Polizisten, die, angespannt, nervös und verfolgt von einem Pulk von Verrückten mit Kameras, die Straßen sichern und irgendjemanden suchen, jagen, man weiß es nicht?

Dank „Stern“ können Sie das jetzt endlich.

Der „Stern“-Reporter Philipp Weber war heute in Saint Denis unterwegs, und er hat gemacht, was angeblich die Zukunft des Journalismus ist: Er hat über Periscope live gestreamt. Ein besonders aufregendes Videodokument hat der „Stern“ unter dem Titel „Plötzlich mitten im Anti-Terroreinsatz“ auf seiner Seite veröffentlicht. Halten Sie sich fest.

Okay, something is going on here. I just follow the crowd. Ich verfolge die Leute da hinten, ich hab keine Ahnung, was da los ist.

Man weiß nicht, was hier los ist, aber ich verfolge einfach …

Oh oh, die Polizei, die Polizei rückt vor. Polizisten mit gezogener Waffe. Polizisten mit gezogener Waffe. Gehen vor und …

Polizisten mit gezogener Waffe gehen hier lang. Man weiß nicht, was sie suchen. Ich steh direkt hinter den Polizisten. Direkt hinter den Polizisten mit gezogener Waffe.

I don’t know what’s going on here. Policemen with weapons. Running. They are very scared. I don’t know what’s going on. I just follow them. I don’t know, I don’t know if it’s dangerous or not. I don’t know. I just follow them. I’m directly behind the policemen.

Ich weiß nicht, was hier passiert. Ich weiß auch nicht, ob das gefährlich ist. Ich verfolge hier den Polizisten.

Also die Polizei scheint hier, die Polizei scheint hier, gerade irgendwie alles zu räumen. Offensichtlich gab’s hier nen Hinweis. Keine Ahnung, was hier passiert, aber ich verfolge die …

Die Polizei ist sehr angespannt, das ist extrem angespannte Lage hier. Extrem angespannt. Extrem angespannte Lage hier.

Polizisten mit gezogener Waffe.

Aber ganz ehrlich, ich glaube eigentlich, dass hier nichts ist. Obwohl die Polizei hier mit gezogener Waffe direkt vor mir steht, glaube ich nicht, dass hier irgendwas ist. Es wirkt mir …

Ja, also, die Lage hier ist extrem angespannt. Ich weiß nicht, was hier passiert, keine Ahnung. Aber, ich versuch, die Polizei weiter zu verfolgen. Ja, keine Ahnung.

Ja, Philipp Weber ist mein Name, ich bin Reporter vom „Stern“. Ich bin live hier in Saint-Denis. Wo heute Nacht ne Razzia stattfand, und die Lage ist immer noch extrem angespannt. Gerade eben haben hier Polizisten mit gezogener Waffe ne ganze Straße geräumt, und sie sind auch jetzt noch unterwegs, man kann überhaupt nicht einschätzten, was hier gerade passiert. Ich kann, ich weiß nicht, was das Ziel der Polizei ist, was sie gerade wollten, aber sie haben de facto extrem nervös reagiert, haben die Türen von Autos zugeschlagen, von Leuten, die aussteigen wollten. Und haben ne Straße ähm geräumt.

Das ist das unverantwortlichste Stück Journalismus, das ich seit langem gesehen habe, und obwohl ich dem Online-Ableger des „Stern“ unter Chefredakteur Philipp Jessen wirklich vieles zutraue – das übertrifft meine wildesten Albträume.

Da ist ein Journalist, der nach eigenem Bekunden nichts weiß über die Situation, in der er sich befindet, außer dass sie vermutlich sehr gefährlich ist. Der sich nicht nur selbst in Gefahr bringt, sondern womöglich auch die Polizisten, die er „verfolgt“. Der immer wieder wie besoffen wiederholt, dass er direkt hinter einem Polizisten mit gezogener Waffe steht, mit gezogener Waffe, und keine Sekunde überlegt, ob das eigentlich gut ist, dass er hier steht mit seinem Handy im Anschlag, und filmt und rennt und filmt.

Und als wäre das als Live-Situation schon nicht schon heikel genug, veröffentlicht es die Redaktion hinterher noch ohne jeden Kontext auf der Internetseite. Nichts erfährt der Zuschauer aus diesem Video darüber, was hier los war, wer von den Polizisten gesucht wurde und warum, ob die Situation wirklich so gefährlich war oder warum womöglich nicht. Es ist ein reiner Terror-Porno, den der „Stern“ seinen Zuschauern zum gemeinsamen Aufgeilen zur Verfügung stellt.

Ich halte es für unverantwortlich, dass ein Journalist in dieser Weise sich und andere in Gefahr bringt. Ich halte es für unverantwortlich, dass die „Stern“-Redaktion ihre Reporter dazu ermuntert und die obszönen Ergebnisse dieser Arbeit veröffentlicht. Ich möchte nicht, dass Polizisten bei solchen Einsätzen von Pulks aus filmenden „Reportern“ begleitet werden, und ich möchte nicht live dabei sein, direkt hinter dem Polizisten mit der geladenen Waffe, als würde ich irgendwelchen YouTubern gerade bei einem Ego-Shooter-Spiel zugucken.

Ich möchte mir nicht ausmalen, wenn es bei einem solchen Einsatz zu Toten oder Verletzten kommt, weil sich herausstellt, dass die Polizisten da tatsächlich aus gutem Grund mit gezogener Waffe herumlaufen und es gar nicht die beste Idee ist, sich da selbst in die Schusslinie zu bringen, das Smartphone in der Hand, atemlos schnaufend die eigene Aufgeregtheit und Überforderung kommentierend. Was, wenn einer aus der Horde dieser Schau- und Filmlustigen dann im Weg steht?

Und bevor der Einwand kommt, dass das nun mal das Wesen von Reportern ist, dass sie dabei sind, dass sie beobachten und berichten, auch wenn es brenzlig wird, dass es eben nicht reicht, das alles vom heimischen Sofa aus zu kommentieren – ich glaube nicht, dass dieser Film und diese Art des Filmens irgendetwas mit Journalismus zu tun hat. Es geht hier nicht darum, zu berichten, was passiert – und dass der VJ nicht weiß, was passiert, sagt er ja ununterbrochen. Es geht hier ausschließlich ums Mittendrin-statt-nur-dabei-Sein, um einen obszönen Nervenkitzel.

Stoff für Fremdenfeinde: die erfolgreiche Social-Media-Strategie von „Focus Online“

Am Dienstag vergangener Woche meldete „Focus Online“ an prominentester Stelle, dass ein islamisches Bündnis in Duisburg getrennte Schwimmzeiten für Muslime im Hallenbad fordere. Die Geschichte ist über ein halbes Jahr alt und überholt: Die Stadt hat den Vorschlag längst abgelehnt.

„Focus Online“ hat einen Artikel aus der WAZ vom Februar genommen und den Inhalt einfach als neu ausgegeben. Inzwischen steht unter dem Text eine als „Update“ verbrämte Korrektur.

Man könnte das für einen peinlichen Fehler halten. Für „Focus Online“ ist es ein großer Erfolg. Die alte, überholte Geschichte wurde in den sozialen Netzwerken zehntausendfach geteilt. Laut der Auswertung von Storyclash war es die siebtmeistgeteilte Medien-Geschichte der vergangenen Woche in Deutschland.

Mit dem Satz „Soweit kommt es noch“ verbreiteten verschiedene Pegida-Ableger das „Focus Online“-Stück auf Facebook. Die AFD machte es zum Teil ihrer „Herbstoffensive 2015“:

Auf der Facebook-Seite von „Focus Online“ kommentierte die „Focus Online“-Leserschaft u.a. so:

Seid wann haben die Forderungen zu stellen???

Ich kann nur noch die Frage stellen „“ Was verlangt dieses PACK eigentlich noch alles von uns „“ ?

Ihr seit zu gast in Deutschland wenn ihr das nicht möchtet dann geht zurück in euer Land eigene Schwimmzeiten sind wir Christen so schmutzig aber euere Männer gehen mit Christen ins bett da kann ich nur PFUI sagen

Was mich ganz furchtbar ärgert, ist die Tatsache, dass Muslime immer nur fordern. Die haben hier nichts zu fordern!

Ich glaube, wir sind hier im Irrenhaus. Wo lebe ich denn? Ist das hier noch Deutschland oder bin ich in der Nacht im Schlaf abtransportiert worden in den Orient? Langsam geht mir diese Quatscherei von Muslime derart auf die Nerven und diese Feigheit von uns selber. Ja, ich bin Deutsche und esse Schweinefleisch und ja, ich rauche und trinke Alkohol und ja ich liebe „Negerküsse“ und ja ich esse „Zigeunerschnitzel“ und ich bin Christ. Leck mich am Arsch mit den Luftballonträgern, ich kann es nicht mehr hören.

Bitte schickt dieses Volk zurück in seine so friedvolle Heimat, in der ja alles so perfekt zu sein scheint, was wohl vergessen wurde!!!
Es ist wirklich lächerlich!!!!!

man sollte das Bad enteignen und NUR Muslime baden lassen. Für uns reicht es völlig wenn wir alles zahlen dürfen – mehr Bildung würde dem Islam nicht schaden – und jedem ein BMW und geregeltes Harz 4 Einkommen dazu

Zum großen und wachsenden Erfolg von „Focus Online“ in den sozialen Medien trug in der vergangenen Woche auch ein Video bei, das ursprünglich unter dem Titel „De Maiziére sagt: ‚Wegen Flüchtlingen müssen wir die Bildungsstandards in Deutschland senken'“ von „Focus Online“ verbreitet wurde. Auf der eigenen Facebook-Seite moderierte die Redaktion es süffisant mit den Worten an: „Er bezeichnet es als ‚Improvisation'“.

Grundlage für das Video ist eine Meldung der Katholischen Nachrichtenagentur KNA vom 5. November, die lautete:

De Maiziere: Müssen bei Ausbildungsstandards improvisieren

Berlin (KNA) Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) sieht angesichts der weiter steigenden Zahl an Flüchtlingen und Asylbewerbern die Notwendigkeit für mehr Improvisation. Deutschland könne etwa an Schulen oder bei der beruflichen Ausbildung derzeit kaum an seinen Standards festhalten, erklärte der Minister am Donnerstag in Berlin. Das bedeute nicht eine „dauerhafte Absenkung von Standards“, sondern sei ein „improvisierter, mit gesundem Menschenverstand“ gewählter Zugang zu Lösungen.

Grundsätzlich sei es wichtig, Menschen möglichst schnell in Arbeit zu bringen. Er sehe aber keinen Grund, neue Regeln für legale Erwerbsmigration zu schaffen, betonte der Minister.

Aus der expliziten Ablehnung einer dauerhaften Absenkung von Standards macht „Focus Online“ also in der Überschrift die Forderung nach einer Absenkung der Standards. (Inzwischen wurde nachträglich in die Überschrift ein „kurz“ eingefügt. Beim Schwesterangebot „Huffington Post“ ist die Faktenverdrehung noch original.)

Zu denen, die dieses Video auf Facebook teilen und damit „Focus Online“ zum stolzen Social-Media-Überflieger machen, gehören Leute, die dazu schreiben:

was Deutschland fehlt ist ein Oesterreicher mit Charisma und Eiern in der Hose…

Sowie die NPD und natürlich wiederum die AFD, die dafür gleich ein passendes kampagnenfähiges Motiv gefunden hat:

Zu den besonderen Tricks, mit denen die Burda-Tochter ihre Reichweite in den sozialen Medien erhöht, gehört es, selbst Beiträge, die sich explizit gegen Vorurteile gegenüber Flüchtlingen wenden, in einer Pegida-Fan-tauglichen Form anzukündigen. Ein Video, das in der „Focus Online“-üblichen Nacherzählungsform einen ironischen Facebook-Eintrag bebildet, in dem sich jemand erschüttert zeigt, dass sein Leben noch nicht von Ausländern zerstört wurde, verkauft „Focus Online“ so:

Passend zu der Zeile „So benehmen sich Asylsuchende in Deutschland wirklich“ zeigt „Focus Online“ übrigens ein tatsächliches Nachrichtenfoto von einem zerstörten Raum in einer Flüchtlingsunterkunft in Suhl, nachdem es dort zu einer heftigen Massenschlägerei gekommen war.

Wenn die Strategie sein sollte, Fremdenfeinde mit der Anmoderation einzufangen und mit dem Video zum Nachdenken zu bringen, geht sie nicht auf. Der Kommentar, der die meiste Zustimmung erhielt (484 Likes), lautet:

Was habt ihr Plüschtier verteiler erwartet…wartet es ab…kommt noch viel schlimmer…das sind andere, ganz andere mentalitäten deren ihr nicht gewachsen seit…bin seit 35 Jahre Türsteher….kann nur sagen …au backe….deutschland wird sich gewaltig ändern…wenn nicht sofort was passiert…sprich…stopp mit der flüchtlingswelle…!!!

Unter den von Facebook-Nutzern geteilten Einträgen finden sich Kommentare wie:

manoman das drecks Pack muss raus

Auf Nachfrage des Kollegen Jens Twiehaus an den „Focus Online“-Chefredakteur Daniel Steil antwortete der treuherzig:

Darüber, wie „Focus Online“ Fremdenfeinde gezielt anspricht, hatte ich bereits im August berichtet. Jens Schröder schreibt in seiner Oktober-Auswertung der sozialen Interaktionen auf „Meedia“:

Den großen Erfolg – inklusive des neuen Rekordes von 3,142 Mio. Interaktionen mit den innerhalb des Monats veröffentlichten Artikeln – hat Focus Online fast einzig und allein der Flüchtlings-Thematik zu verdanken. 18 der 20 erfolgreichsten Focus-Online-Artikel hatten im Oktober mit der Flüchtlingskrise zu tun – und fast alle waren populistisch und machten Stimmung in eine bestimmte Richtung.

Die sogenannte Fachzeitung „Horizont“ nennt die „Focus Online“-Strategie nicht „rassistisches Clickbaiting“, sondern: Setzen von „nachrichtlichen Schwerpunkten wie der Flüchtlingskrise“.