Nachrichten von der Hitparadenfront

Der Hessische Rundfunk, die Schattenseite des deutschen Föderalismus, zeigt nicht nur die hesslichsten Sendungen des deutschen Fernsehens, sondern darf auch die überregionale Version all der Hitparadenshows produzieren, mit denen die Dritten Programme ihre Sendezeit füllen.

Nach „Die schönsten Hits der Deutschen“ (2009), „Die beliebtesten Sketche der Deutschen“ (2010), „Die schönsten Weihnachtslieder der Deutschen“ (2010), „Die beliebtesten Volksschauspieler der Deutschen“ (2011), „Die beliebtesten Komiker der Deutschen“ (2011) und „Die beliebtesten Showmaster der Deutschen“ (2011) lief am Donnerstag: „Die beliebtesten Komiker-Duos der Deutschen“.


 
„Die Zuschauer können sich auf 90 einzigartige Minuten mit den absoluten Top-Stars des komödiantischen Humors freuen“ versprach die ARD. Kim Fisher und Ralf Schmitz moderierten; Komiker-Experten wie Waldemar Hartmann und Rainer Calmund kommentierten die lustigen Ausschnitte.

Die Sendung war natürlich vorproduziert und ging bis 21.45 Uhr. Und das hier sind die 23-Uhr-Nachrichten auf hr1:

[mit Dank an BlueKO]

34 Replies to “Nachrichten von der Hitparadenfront”

  1. Auch wenn ich die Bezeichnung des hr als „Schattenseite des deutschen Föderalismus“ nachvollziehen und mich darüber amüsieren kann, auf den Bereich Fernsehfilm trifft dies meiner Meinung nach nicht zu. Der Frankfurter Tatort seit 2002 und Filme wie „Ein guter Sommer“ oder „Verhältnisse“ sind qualitativ Spitze im deutschen Fernsehen. Ich schaue den hr selbst keine einzige Minute, freue mich aber über jeden von ihm produzierten Film im Ersten.

  2. Ähnliches hat sich im ORF seit geraumer Zeit auch schon eingebürgert. Da wird sogar in den Fernsehnachrichten verkündet wer bei den „Dancing Stars“ gerade aus der Show gewählt wurde.

    Da müssen sich die Herrschaften aus dem Protestvideo (was natürlich schon dringend notwendig war) fragen lassen welches Verständnis sie noch von ihrem Beruf haben.

  3. Florian:

    Der Tatort aus Frankfurt ist allererste Sahne. Der Rest vom HR ist bei weitem nicht mal Grüne Soße. Beim HR sind die gleichen Saboteure des Öffentlich-Rechtlichen am Werke wie in allen ARD-Anstalten.

  4. Das tut dem hr als Ganzem unrecht. Der hr produziert viele gute und zeitgemäße Programme, hat zum Beispiel ein anständig und professionell gemachtes Info-Radio und auch hr1 hat ein schönes Format, bei dem die Information nicht zu kurz kommt. Was stimmt, ist dass im Fernsehbereich innovative Ansätze fehlen und der Anspruch, junges Publikum zu erreichen. Das Programm hat mit einer Ausrichtung auf Senioren Erfolg, und macht das nun konsequent. Und ja, Zähl-Shows sind wirklich überflüssig. Aber die Leute schalten es ein. Ich bin gespannt, wie lange den Redakteuren noch Dinge einfallen, die man zählen kann. Aber der hr als Schattenseite des Föderalismus – das ist wirklich gemein.

  5. Ach so, und ja: In die Nachrichten gehört so ein Quatsch-Ergebnis natürlich auf keinen Fall. In meinen Augen ein schwerer Fehler, der die Glaubwürdigkeit der Nachrichten beschädigt.

  6. @Stefan: Wie ich gerade höre war der hr aber nicht alleine beim Verbreiten der „Meldung“. Sie lief auch in der vom MDR produzierten Infonacht bundesweit. „Brisant“ genug war sie dafür schließlich.

  7. Läuft hier gerade „Die unbeliebtesten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten Deutschlands“? :-)

    Erklärung ist einfach: Zielgruppe, Demographie. Traurig ist es trotzdem.

  8. Ich frag‘ mich immer, ob das die Verklärung der eigenen Kindheits- und Jugenderfahrung ist, das es beim hr – im Radio und Fernsehen – früher viel besser war.

    Neben dem bereits genannten Tatort aus Hessen – der allerbeste „Weil sie böse sind“ wurde noch nicht genannt – gibt es noch eine wirklich charmante Quizshow namens Straßen-Stars mit Roberto Capelutti, dessen Late Lounge legendär…ich schweife ab.

    Neulich gab es eine Sondersendestrecke zur Erinnerung an den Tod vom Matthias Belz. Er hätte sich im Grabe umgedreht…

    Es ist ein Kreuz! Eintracht, Opel, hr, Bouffier – diese Reihe der Enttäuschungen liesse sich beliebig fortsetzen.

  9. Bitte einen Warnhinweis vor das Video setzen!
    Ich musste – unvorbereitet auf die Anmoderation von Kim Fisher und Ralf Schmitz – danach eine halbe Stunde lang mein Selbsterbrochenes wegputzen.
    Das hätte vermieden werden können…

  10. @Mark:

    HR-Info hat es vergangenes Jahr mal geschafft, in seinem Umwelt-und-Natur-Magazin am Wochenende in einer Reportage Geldbeiträge in D-Mark anzugeben. Ich habe daraufhin mal beim Sender angefragt, ob das denn üblich sei, mindestens 9 Jahre alte Beiträge als aktuell zu verkaufen und wie sich das mit ihrem journalistischen Berufsethos verträgt. Keine Antwort. Seitdem habe ich so meine Zweifel, was die Professionalität dieses Senders betrifft.

    Im Übrigen sind die Dauerschleifen bei HR-Info schon arg kurz und penetrant, vieles wiederholt sich mehr als stündlich. Andere öffentlich-rechtliche Info-Wellen wie die von SWR und BR erscheinen mir da wesentlich abwechslungsreicher und besser gemacht.

  11. Der hr produziert viele gute und zeitgemäße Programme.

    Ja. Genau. Und das erst seit man beim ehedem als Rotfunk verschrieenen HR mal so richtig schön schwarz durchgewischt hat. Roland Koch und sein Anhängsel Reitze haben wissen eben, wie man gute und zeitgemäße Programme macht. Und erst der Chefredakteur. Nicht nur journalistisch erste Sahne, der gute Alois, sondern ein ausgewiesener Moderator vor dem Herrn. Besonders in HR-Brennpunkten. Und wem das nicht reicht, die Sportberichterstattung ist einfach 1a. Schade halt, dass der Emig da nicht mehr ist, denn mochte ich.

    Und von wegen „Late Lounge“. Dieser Michi Herl ist aber auch ein undankbarer Knilch. Dass der sich auch abwertend über das Programm äußern muss, wo man ihm doch jahrelang ein Forum geboten hatte, Veranstaltungstipps durch die Gegend zu brummeln.

  12. Ich warte auf die nächste Werbekampagne der GEZ.

    Natürlich zahl‘ ich – denn ich will unabhängig informiert werden, wer das beliebteste Komiker-Duo der Deutschen ist.

    Von anderen Medien, die nicht so unabhängig sind, war in dieser Sache natürlich nichts zu hören oder sehen. Ein Grund mehr, ab nächstem Jahr monatlich 17,98 € Rundfunksteuer in die Bertramstraße zu überweisen.

  13. Nachdem ich neulich beim Rumzappen im rbb über „Die 40 interessantesten Brücken der Berliner“ gestolpert bin, denke ich nicht, dass den Leuten allzu schnell die zählbaren Dinge ausgehen werden. Wie viele Städte gibt es in Deutschland, und sie alle haben Brücken! Da tun sich Möglichkeiten auf!

    Ich vermute inzwischen, dass irgendwo beim hr ein gewisser Graf Zahl für diese Sendungen zuständig ist.

  14. Die beste HR-Sendung wurde noch gar nicht genannt: Sie läuft jede Woche nach „Straßen-Stars“ (zum Beispiel heute Abend gegen 12 Uhr) und heißt „Wer weiß es?“. Für solch spannende Rätsel und souveräne Moderationen wie dort (wer es schon einmal gesehen hat wird wissen, was ich meine) würde ich gerne mehr Rundfunkgebühren bezahlen!

  15. „Wer weiß es“? Mit Petra (Ist das dem Chefredakteur sei Fraa?) Theisen? Ernsthaft die beste Sendung?

    „Spannend“ ist da allenfalls die Farbauswahl der Studiodeko. Aber Sie haben Recht, die Sendung ist ob ihrer Piefigkeit („souverän“ ist dabei nur ein anderes Wort für „egal“) repräsentativ für den Feld-,Wald- und Wiesenfunk HR.

  16. Das war natürlich nicht ganz ernst gemeint. Die Sendung übt gerade wegen ihrer unglaublichen Altbackenheit eine Faszination auf mich aus, weshalb ich nach „Straßen-Stars“ regelmäßig extra wach bleibe. Besonders die roboterartigen Moderationen voller Standardfloskeln und die subtile Gleichgültigkeit der Moderatorin gegenüber den Kandidaten machen „Wer weiß es?“ meiner Meinung nach genau so lustig wie „Straßen-Stars“.

  17. Wahnsinn, das ist denen wirklich in den 3-minütigen Nachrichten eine Meldung wert. Unerträgliche Selbstbeweihräucherung. Dass der Sprecher sich da nicht die Zunge abbeißt. Unfasslich. Ich freue mich schon auf die beliebtesten Komiker-Trios. Oder die unbeliebtesten ARD-Anstalten.

    Mann, ich bin ein großer Verteidiger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, weil da auch sehr viel Qualität passiert und ich mir gar nicht ausmalen will, wie unsere Medienlandschaft ohne guten Journalismus aussehen würde. Da muss man nur mal in andere Länder schauen. Aber solch ein Müll gibt natürlich jedem Kritiker Futter.

  18. @Roulade

    Ich bin mir aber im Gegensatz zu Strassenstars, wo es ja so herrlich um gar nichts geht, nicht ganz sicher, ob den Machern diese enorm unfreiwillig komisch wirkende Ausstrahlung bewußt ist.

  19. Natürlich nicht. Aber ich könnt mich jedes Mal kringeln, wenn ich mit einem Bier vor dem Fernseher sitze und die Moderatorin andauernd „Jawoll ja“, „Bingo“ oder „Dann ziehen wir mal Bilanz“ sagt, und die Kandidaten nach ihren Interessen befragt, um sie dann möglichst schnell wieder abzuwürgen. Beide Sendungen sind auf ihre eigene Weise trashig.

  20. Ihr habt Das große Hessenquiz vergessen, da ist bei mir der Umschaltreflex noch größer als bei der Chefredakteursfrau. Und Straßen-Stars finde ich wirklich großartigst.

  21. unbedingt erwähnenswert ist auch die HR-Börsenberichterstattung mit Anja Kohl und KR Jakisch. Die beiden könnten es als Komiker-Duo glatt in die nächste Folge schaffen.

  22. Ach ja, Anja Kohl, das ist doch die, die Martina Hills Börsenshow so treffend persifliert…was für ein Elend.

  23. Sollen sie so viele Hitparaden versenden wie sie wollen, aber tot umfallen, sobald sie wieder alles zerhacken und in die Sketche, Weihnachts- oder Volkslieder quatschen. Was ist so schwer daran, mal was auszuspielen?

    Hamann und Loriot, Dick und Doof, Stan Laurel und Oliver Hardy, Engelke und Pastewka? Vier Duos auf den ersten drei Plätzen? ;-)

  24. Leider sind die ÖR von dieser Art von Selbstreferenzialtität bei der „News-Erzeugung“ geradezu durchdrungen. Wahrscheinlich dient es dazu, die eigene Relevanz zu betonen. Sogar im sonst so tollen SWR2 ist es leider gang und gäbe, dass irgend eine Aussage aus dem SWR2-Tagesgespräch mit einem Politiker (um 7:10 morgens) nur wenige Minuten danach bei den Nachrichten um 8:00 als News hochdeklariert wird.

  25. Zur Zeit geht das mit den Zählshows offenbar einfach.

    Vor einigen Jahren waren ja Mal „Dokumentationen“ über Schwertransporte sehr sehr beliebt. Ich habe dann einmal ein Interview mit einem Mann von der RTL Gruppe gesehen, der da irgendwie seine Hände mit ihm Spiel hatte (VOX war damals ganz vorn mit dabei.) Der hat im Interview den schönen Satz gesagt:

    „Schweres langsam, das geht immer“.

    Das fand ich schön und wollte es mal erzählt haben.

  26. Ich rechne es dem hr bis heute hoch an, damals die Augsburger Puppenkiste ins Fernsehen gebracht zu haben. Gehört bis heute zu den Sternstunden meiner TV-Kindheit.

  27. @ Mark Baar

    2, 3, 4 marschieren wir

    in schnellem Lauf, Berg hinauf

    oben dann alle Mann schau’n mit List, wo Feind ist.

    Alle Büchs‘ sehen nix – General auf einmal schreit Hurra!

    Feind ist da; jawoll Blechbüchsen roll, roll, roll

    Ja dann geht’s schepper, klepper, depper, roll, roll

    jawoll, jawoll,

    jawoll‘, jawoll‘

  28. Sehr schön ist übrigens auch die Formulierung „Die […] absoluten Top-Stars des komödiantischen Humors“. Ist das nicht irgendwie doppelt?

Comments are closed.