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Terrorwerbung auf „Politically Incorrect“

Das ist eine interessante Werbung, die neuerdings links oben auf den Seiten des großen deutschen islamfeindlichen Blogs „Politically Incorrect“ (PI) steht:

Ein Klick führt auf die Seiten der „Jewish Task Force“ (JTF). Die Gruppierung kämpft aktuell unter dem Titel „Jews Against Obama“ gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten („Help Us Defeat The Black Muslim Nazi Presidential Candidate Barack Hussein Obama!“). In Obama sieht sie eine „Fünfte Kolonne“, die Amerikas und Israels Verteidigungswillen unterminieren will.

Obama ist nach der Überzeugung der JTF in Wahrheit Moslem — genau wie der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas aus der Werbung auf „PI“. Und der Islam ist für die JTF ein „verabscheuungswürdiger und rassistischer Todeskult“.

Was die JTF damit meint, wenn sie in ihrer Werbung auf „PI“ schreibt, es gebe „nur eine Lösung“, ahnt man, wenn man ihr Sieben-Punkte-Programm zur Rettung Amerikas liest, in dem sie unter anderem die sofortige Zerstörung muslimischer Atomkraftwerke durch das amerikanische oder israelische Militär und den unmittelbaren Rückzug aus den Vereinten Nationen und aller direkt oder indirekt mit ihr verbundenen Organisationen sowie ein Verbot aller UN-Aktivitäten auf amerikanischem Boden fordert.

Aber die JTF belässt es nicht bei Forderungen. „Es ist wertlos, den Ansichten der JTF zuzustimmen, ohne ihnen Handlungen folgen zu lassen“, heißt es auf der Seite unter der Überschrift „Become an army of one“.

Victor Vancier, Sprecher der JTF, ist 1987 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er an einer Serie terroristischer Bombenanschläge in New York beteiligt war. Die JTF folgt den Lehren von Rabbi Meir Kahane und will einen jüdischen Gottesstaat Großisrael (weit über die heutigen Grenzen Israels hinaus) frei von Nichtgläubigen errichten, auch mit Gewalt. Rabbi Meir Kahanes Partei Kach war 1986 als rassistische Partei von der Knesset ausgeschlossen worden. Nach einem Massaker an 29 Palästinensern durch einen Kahanisten wurde die Organisation in Israel insgesamt verboten. Kahane wurde 1990 in New York erschossen.

Sowohl die amerikanische Regierung als auch die Europäische Union führen Kach und die Schwesterorganisation Kahane Chai auf ihren Listen von terroristischen Organisationen (pdf). Und auf Kahane beruft sich ausdrücklich die „Jewish Task Force“. Und das von Stefan Herre begründete und mutmaßlich immer noch betriebene deutsche Weblog „Politically Incorrect“ stellt dieser rassistischen Gruppe aus dem Umfeld einer Terrororganisation einen Werbeplatz zur Verfügung.

Politically Incorrect: Doch kein Hass

Ich habe vergangene Woche für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ einen Text über „Politically Incorrect“ geschrieben. Eine zentrale Aussage lautet:

Vielleicht erklärt das die große Anziehungskraft von „Politically Incorrect“ und einer Vielzahl kleinerer, aber ähnlicher Seiten: Dass die Gefahr des Islams den Menschen eine frische, scheinbar anständige Legitimation für alten Hass liefert. Der Extremismus und die Fremdenfeindlichkeit kommen hier nicht vom Rand, sondern entschieden aus der Mitte der Gesellschaft.

Mir haben seitdem einige Menschen geschrieben und widersprochen, insbesondere was den Hass angeht. Ihre Argumente lauteten u.a. so:

Sehr geehrter Hr. Hofnarr des Gulli-Journalismus…

… dämlicher, geschmaks- und stillloser als wie Sie Ihre Tintenprodukte fabrizieren geht es eigentlich kaum.

Sie tun mir eigentlich Leid, daher finde ich auch Schade dass Sie eher früher als später in den eigens produzierten Exkrementen ersticken werden.

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Der o.g. Schmierfink weiß wirklich nicht, welchen Schaden er mit seinem Pamphlet bereits angerichtet hat.

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Donnerwetter! Die FAS ist mittlerweile auch schon bei den Linksfaschisten angekommen.

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Gratulation. Als Islam-Fascho-Freund und Demokratiegegner tragen Sie erfolgreich zur Einführung der Scharia bei.

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Das Sie in geradezu FASCHISTISCHER Weise zu einer Hexenjagd aufrufen, ist widerlich und erbärmlich!

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…in feinster Stürmer-Manier…

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Unverschämtheit, wie Sie [die FAZ] dem Hetzer Niggemeier ein Forum zur Diffamierung der Betreiber und Leser von PI bieten!!!

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Ich spucke aus vor solchem… „Journalismus“

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Ich an seiner Stelle [der von Stefan Herre, dem Verantwortlichen von „Politically Incorrect“] würde Sie nun juristisch zumüllen, bis Ihnen auch der letzte Cent aussgeht. Ihre Hasstirade zeigt mir einmal mehr, welche faschistoide Fratze sich hinter solchen gutmenschlichen Speichelleckern wie Ihnen verbirgt.

Manche der Texte sind sprachlich rätselhaft, aber kraftvoll:

…..besser du achtest genau auf deine Antwort. Ich bin einer von denen die auch um Flueche beten solchen, die den Weg der Achtsamkeit geringmeinen.

Und mein Favorit ist dieser:

Unter dem Dummi-Pseudonym „Fundamentalislam-Niggemeier“ lässt der unverhohlen diktatorische FAS-FAZ-Leser-Presskopp-Kartell-Mob seinen Methangasdampf ab gegen die geistigen Promoter des erfolgreichsten PI-Weblogs der BRD, gegen alles was schon ein bisschen anders denkt oder überhaupt mal ein bisschen wissenschaftlich zu denken wagt wie z.B. Dawkins, Kant, Einstein und Konsorten oder gar mal etwas selbständiger zu denken wagt wie z.B. die FAZ-Leser, die sich voller Abscheu von dem neokreativen nichtssagenden Buntigkeits-Profil samt dem FAZ-Abonnement verabschieden, weil sie dennoch diesem FAZ-FAS-Produktfehlprofilsucht-MOB nicht mehr in ihren langfristgesehen wirtschaftlich eher chaotischen Erosionskram zur feuilletonistisch-pseudogerman-istischen Selbstbefriedigung passen, um diese als PI-Konsorten-Widerlinge klammheimlich zwischen den Hass-FAS-Zeilen vergiften zu können.

(Das geht noch viele Absätze so weiter.)

Und bei „Politically Incorrect“ selbst vergleicht ein leitender Funktionär von Udo Ulfkottes Verein „Pax Europa“ mich in einem Gastbeitrag mit Abu Hamza al-Masri. Das ist ein Hassprediger, der wegen Volksverhetzung und Aufruf zum Mord in Großbritannien zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Google News ohne Politically Incorrect

Das anti-islamische Blog „Politically Incorrect“ (PI) ist keine Nachrichtenquelle mehr bei Google News. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte mir, dass Google in seiner Nachrichtensuche seit einigen Wochen keine Beiträge von „Politically Incorrect“ mehr aufführe. (Wohlgemerkt: Es geht ausschließlich um die Nachrichtensuche von Google, nicht die Websuche.)

Bislang hatte Google auf Nachfragen nach der Tauglichkeit von „PI“ als Nachrichtenquelle entweder gar nicht reagiert oder abwiegelnd geantwortet: Die Quellen würden „ohne Berücksichtigung einer bestimmten politischen Gesinnung oder Ideologie ausgewählt“.

Google gibt nicht bekannt, wer entscheidet, welche Quellen für Google News akzeptabel sind und welche nicht, und nach welchen Kriterien diese Entscheidung erfolgt. In der „Google News Hilfe“ findet sich allerdings die Aufforderung, dem Unternehmen „Anmerkungen zu hetzerischen Inhalten im News Index“ mitzuteilen.

Was konkret nun zu einem Meinungsumschwung geführt hat, weiß ich nicht. Google teilte mir nur mit, dass man in der Regel keine Blogs als Quellen in seiner Nachrichtensuche aufführen wolle, weil dafür die Google-Blogsuche gedacht sei. (Eine Ausnahme von dieser Regel stellt offenbar BILDblog dar.)

Ich finde die Weigerung, die Kriterien für eine Aufnahme in den Google-News-Index publik zu machen, enttäuschend. Inwieweit diese Kriterien bei jeder Quelle erfüllt wären oder nicht, würde dann natürlich Gegenstand einer öffentlichen Debatte. Google würde sich aber nicht dem Vorwurf reiner Willkür aussetzen. Natürlich darf das Unternehmen frei (und auch willkürlich) entscheiden, welche Quellen es in seiner eigenen Nachrichtensuche zulässt. Angesichts der Dominanz des Unternehmens wäre Transparenz aber wichtig und wünschenswert.

„Politically Incorrect“ ist in den vergangenen Monaten zu einer Art Zentralorgan für moderne Rassisten geworden. Es hat nach eigenen Angaben regelmäßig eine fünfstellige Zahl von Besuchern täglich. Es zieht mit seinen Artikeln Scharen hasserfüllter Kommentatoren mit Gewaltphantasien an, die sich vom dumpfen Neonazi im Wesentlichen in zwei Punkten unterscheiden: Sie haben die (vermeintliche oder tatsächliche) Bedrohung des westlichen Lebensstils und der Demokratie durch den Islam als Legitimation und Rationalisierung ihres Ausländerhasses entdeckt. Und sie sprechen nicht mehr von „Kanaken“, sondern von „Musels“. (Außer, wenn sie doch von „Kanaken“ sprechen, was im Kommentarbereich von „PI“ ebensowenig sanktioniert wird wie zum Beispiel der Aufruf, „jeden Moslem der sich anmasst ehemals christlichen Boden mit seiner Existenz zu beflecken nieder zu machen“ und „in einem ersten Schritt Mekka und Medina mit je einer schweren H-Bombe in eine strahlende Glasscherbe“ zu verwandeln.)

Meiner Meinung nach denken aber nicht nur viele Stammkommentatoren in rassistischen Kategorien, sondern auch die Verfasser der „Politically Incorrect“-Beiträge. „PI“-Gründer Stefan Herre weist diesen Vorwurf mit dem Hinweis zurück, das sei unmöglich: „Moslems bilden keine Rasse, nicht einmal eine Ethnie“. Tatsächlich spielt diese Unterscheidung im von Hass und Beleidigungen geprägten Blog-Alltag auf „PI“ aber keine Rolle.

Die Autoren wenden sich nicht nur gegen den Islam, sondern auch gegen den einzelnen Moslem. Und sie schaffen es über den Umweg einer Schein-Auseinandersetzung mit der Religion, Menschen bestimmter Herkunft vollständig abzulehnen. Ihre Fremdenfeindlichkeit tarnt sich als Kritik einer Religion, Ideologie und Kultur, ist aber umfassend.

„Politically Incorrect“ bekämpft nicht nur fundamentalistische Moslems oder Islamisten (die Unterscheidung zwischen „Islam“ und „Islamismus“ lehnt „PI“ als bedeutungslos ab). „Politically Incorrect“ bekämpft auch explizit moderate, den Dialog suchende Vertreter des Islam. Das geschieht vor allem über das Konzept der „Taqiyya“, nach dem es der Islam seinen Gläubigen erlaubt, in Zwangslagen religiöse Pflichten zu verletzen und den eigenen Glauben zu verheimlichen. „PI“ übersetzt „Taqiyya“ schlicht als „erlaubte Täuschung der Nichtmuslime zur Ausbreitung des Islams“ und kann mit diesem Konzept jede noch so versöhnliche Äußerung eines Moslems ins Gegenteil verkehren: Ihm wird einfach unterstellt, sich bewusst zu verstellen, um seine wahren, kämpferischen, extremen Vorstellungen verwirklichen zu können.

Selbst Nichtmoslems wie der Christ Barak Obama gelten „PI“ als besonders verdächtig. Die Logik lautet: „Einmal ein Moslem immer ein Moslem“, oder genauer: Obamas Vater (den Obama selbst einen „konfirmierten Atheisten“ nennt) war einmal ein Moslem, und aus islamische Sicht sei man Moslem, wenn der Vater ein Moslem gewesen ist.

Im Alltag verzichtet „PI“ aber gerne auch vollständig darauf, die Religion zum Beispiel von Türken in Deutschland oder türkischstämmigen Deutschen überhaupt zu kennen, um sie abzulehnen. Ein entsprechend ausländischer Vorname reicht. „PI“ nennt die Zuwanderer ironisch „Kulturbereicherer“. Das Wort klingt besser als „Kanake“. Das ist aber ungefähr der einzige Unterschied.

Mehr zum Thema „PI“ z.B. von Arne Hoffmann, „Limited“, Telepolis.

[Kommentare geschlossen.]

Politically Incorrect

Wir sehen, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Geschichte und die daraus erwachsene Verantwortung, die Notwendigkeit und moralische Pflicht, gegen jede Form von Rassismus, Diskriminierung, Totalitarismus und Gewalt – sei es von rechts oder von links – eine klare Position der Missbilligung zu beziehen. Stefan Herre, „Politically Incorrect“

Die folgende Auflistung ist eine willkürliche, aber nicht untypische Auswahl von Kommentaren auf „Politically Incorrect“ aus dem vergangenen Jahr. Fast alle stammen von regelmäßigen Kommentatoren, die auch immer wieder als Anreger und Zulieferer von Blog-Beiträgen auftauchen:

„AntiMusel“: man kann nunmal in kundenorientierten arbeitsmarkt keine musel oder ähnliches gelumpe einstellen, weil sonst die kunden weglaufen zur konkurrenz die nicht so blöd ist. boykott musel- und ausländerfreundlicher unternehmen ist die pflicht jedes deutschen!

„cartman“: Die einzige sinnvolle Reform des Islam ist dessen kompromisslose Vernichtung.

„AntiMusel“: was für werte willst du muselpack vermitteln. das macht der iman mit koran. da hilft nur die peitsche.

„disillusioned_german“: Na, Du Bonner Schwuchtel … auch mal wieder aus der Gosse gekrochen? Was macht Mama??? Ich denke wir sollten uns treffen, um zu sehen wer mehr drauf hat. Mir ist momentan gerade nach physischer Ertüchtigung. Schlag ‚nen Treffpunkt vor, Lutscher.

„CA“: Wenn mich das nächste mal ein Musel anmacht, drohe ich nicht nur mit der Axt. Dann schlage ich zu! Also ihr Muselmeuchelmörder seid gewarnt!

„Verteidiger Wiens“: In Hagen wurde die Innenstadt modernisiert wovon die „normalen“ Einwohner aber nichts haben denn wer möchte sich schon gerne in ein Cafe setzten wenn er dafür an etlichen Gruppen mit „Migrationsgrund“ vorbeigehen muß die sich einer Horde Paviane gleich aufführen. (…)
ümmer aus der Schule kommen als wir sie hinein geschickt haben weil Ali und Mehmet kein Deutsch sprechen wollen.

„Verteidiger Wiens“: bis es jedoch so weit ist werde ich weiterhin versuchen unseren Moslemischen „Freunden“ Feuer unterm Hintern zu machen

„Alex“: [junge Muslime] Mögen keine Schweine, benehmen sich aber wesentlicher schlimmer als solche. Erkläre es uns doch bitte. Hat es etwas mit Verachtung zu tun, oder ist das genetisch bedingt durch die Kamelfi****ei?

„wagrof“: Du solltest eher beunruhigt sein, wenn ein Musel Dir mit dem Dönermesser über DEINE Kehle fährt. Aber dann ist es eh zu spät um noch beunruhigt zu sein.

„CA“: Aber sei Dir sicher Bursche wenn ich weiss wer Du bist dann bezahlst Du dafür Du mieser Untermensch ja Untermensch.

„Alessandro Marzico“: Du kannst dir nicht vorstellen, welche Freunden ich habe. Die machen es mir möglich, deine Adresse zu erfahren, nachdem du hier gepostet hast.

„AntiMusel“: amaphil bitte mach ne anzeige damit ich deinen namen und adresse erfahre. dann unterhalten wir uns mal gepflegt auf muselmanisch.

„AntiMusel“: haut dem typ aufs maul

„AntiMusel“: hättest das gesocks gleich an ort und stelle niederstrecken sollen.

„AntiMusel“: streichung von hartz iv und kindergeld. zwangsarbeit. über alles andere lachen die.

„AntiMusel“: ratet mal wie die arbeitslosenstatistik sich zusammensetzt und dann belasten sie noch die justiz und gefängnisse. deutschland wäre ohne das gesindel schuldenfrei!

„AntiMusel“: war klar, dass wieder ein linksnazi ankommt mit der nazikeule. habe übrigens noch keinen muselmüllfahrer gesehen … harte arbeit ist nichts für das gelumpe. spargelstechen für arbeitslose musel, das wäre mal eine wohltat, aber die zerstören dann die felder. kenne das von der kirschernte, die ruppen die äste uind zweige mit ab.

„AntiMusel“: selbst die polizei kann sich gegen das gesindel nur noch mit pfefferspray und schlagstock durchsetzen. man sollte die idf um unterstützungsluftschläge gegen kreuzberg bitten

„AntiMusel“: surenas halt deine verfickte muselfressee du hurensohn dich sollte man so derbe zusammendreschen dass dir deine spinnereien vergehen!

„AntiMusel“: surenarsch gibs doch endlich auf hier deine scheisse zu fabrizieren du schwule drecksau

„AntiMusel“: amaphil dir hat wohl ne lebanese-rape-gang das hirn rausgefickt. für den nazi würdest du ordentlich die fresse poliert kriegen freundchen. sei froh dass es internet gibt und du hier das maul aufreissen darfst. wir sind ja demokratisch.

Den Angriff auf den Grünen-Politiker Volker Beck bei einer Demonstration in Moskau kommentierten Besucher von „PI“ so:

„Coll“: Endlich hat er auf die Fresse bekommen, dieser pädophile Grünen Politiker [Smiley]

„AntiMusel“: der typ ist aber toraufhalter für die musel, also soll er von seiner eigenen medizin kosten. vielleicht hilft das ja …

„anonymus“: muhahha ist das geil. Ich mache aus meiner Schadenfreude keinen Hehl.

„D.R.“: Ich finde es in Ordnung was Herrn Beck passiert ist und wünsche ihm noch mehr solcher Erlebnisse. (…)
über Heterosexuellen reduziert! Wer so etwas jungen Menschen versucht schmackhaft zu machen, der ist kriminell, mehr kriminell als derjenige der dem anderen mal eines auf die Nase haut, auch wenn das nicht schön ist.

„AntiMusel“:einerseits schwuchtelsein propagieren und andererseits mit geburtenrückgang begründete museleinwanderung fördern.

„Webwraith“: Hat gepasst wie die Faust auf‘s Auge. Leider nur einmal.

„spital8katz“: DANKE, Russland !!!
ätte aber ruhig etwas mehr sein dürfen.

Unabhängigkeitserklärung

Oh, hallo.

Ich muss Ihnen was sagen. Ich bin umgezogen.

Vor drei Wochen schon. Aber ich war so beschäftigt damit, mein neues Zuhause zusammenzuzimmern und einzurichten und mit Leben zu füllen, dass ich nicht dazu gekommen bin, hier einen ordentlichen Nachsendeauftrag zu hinterlassen.

Dies hier ist ein besonderer Ort für mich. Er hat diese einzigartige Mischung aus Privatheit und Öffentlichkeit, wie sie nur ein Blog schafft. Es ist mein Ort, niemand redet mir hier rein, ich kann ihn gestalten und befüllen, wie ich will – und gleichzeitig lebt er davon, dass andere Menschen ihn betreten, von der Aufmerksamkeit und der Kommunikation.

Ich hatte nie einen Plan, was aus dieser Seite werden sollte, als ich vor neuneinhalb Jahren anfing, jenseits von BILDblog Sachen ins Internet zu schreiben, wie es Felix „ix“ Schwenzel sagen würde, auf dessen Seiten ich als Urlaubsvertretung damals begann. Es gab, wie ich gerade nachgesehen habe, schon in den ersten Wochen Schafcontent, ging um Wahlduelle, Mären [Plural gerade nachgeschlagen], Drittsender und natürlich den Islamhass der Islamhasser von „Politically Incorrect“.

Lieblingsthemen und Formen fanden und ergaben sich, manche Einträge entwickelten eine erstaunliche Wirkung, und wenn ich gerade keine Zeit oder keine Lust hatte, hier etwas hineinzuschreiben, dann stand hier halt nichts.

Das hätte natürlich, einerseits, ewig so weitergehen können. Andererseits hatte ich aber zunehmend die Lust und das Bedürfnis, aus dem, was da entstanden war, etwas Neues zu entwickeln. Einen Rahmen zu finden, der mir die Möglichkeit gibt, zusammen mit anderen Medienkritik in allen Formen zu betreiben, lebendig, vielfältig, abwechslungsreich, experimentierfreudig, relevant und gelegentlich albern.

Einen Rahmen, der mir die Unabhängigkeit gibt, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten von Auftraggebern arbeiten zu können. Es ist erstaunlich, wenn man, sagen wir, ein Konzept für eine Fernsehsendung hat, die sich auf unterhaltsame, aber schonungslose Art mit dem Fernsehen beschäftigt, wie schnell man schon in den allerersten Gesprächen mit Verantwortlichen auf Bedenken stößt. Nicht erst mittendrin, während der Arbeit, wenn man merkt, dass man Kompromisse eingehen muss, wie das immer so ist. Sondern schon ganz am Anfang, wenn Leute im ersten Gespräch mit Flatterband Bereiche absperren, die man, wenn es zu einer Zusammenarbeit kommen sollte, nicht betreten kann.

Das wäre doch ein Traum: Wenn man Medienkritik unabhängig von Medien betreiben könnte, unabhängig von Verlagen und Fernsehsendern, und trotzdem nicht nur so nebenbei, als eine Art Hobby, als Blog. Das wäre, das ist mein Traum.

Das ist die Idee, die hinter Übermedien steht, das ich mit dem hier auch schon einschlägig bekannten Boris Rosenkranz ins Leben gerufen habe. Wir haben darüber viele Monate gegrübelt, verschiedene Wege ausprobiert, Ideen entwickelt und verworfen, Preismodelle ausgedacht und verworfen, Paywall-Implementierungen eingebaut und verworfen.

Der Traum ist nämlich auch: davon leben zu können. Hauptberuflich Übermedien zu betreiben. Mit all den Möglichkeiten und Verpflichtungen, die sich daraus ergeben (zum Beispiel der, nicht tage- oder wochenlang gar nichts zu veröffentlichen, wegen keine Lust oder Zeit).

Wolfgang Michal hat sich neulich schon darüber lustig gemacht, dass Kollegen davon träumten, „irgendwann ein eigenes kleines Medien-Geschäft zu haben“, und mich als „Medienunternehmer“ bezeichnet. Das bin ich dann wohl, aber es trifft es nicht, denn die Geschäftsidee ist in Wahrheit vor allem eine publizistische Idee, und das Unternehmen heißt Unabhängigkeit.

Wir haben eine GmbH gegründet und uns unser Stammkapital vom Konto klauen lassen. Wir wären fast auf die fiesen Briefe von fiesen Firmen reingefallen, die man bekommt, wenn man ins Handelsregister eingetragen wurde, und die einem unter sehr offiziell aussehendem Briefkopf das Gefühl vermitteln, man müsste genau dafür jetzt nochmal zahlen. Wir haben den Starttermin drei Wochen vorher nochmal um zwei Monate verschoben und dann nochmal um zwei Tage. Und trotzdem war es am Ende unfassbar knapp und eng und anstrengend, aber jetzt ist es auf der Welt, also, seit fast drei Wochen schon, und muss nun nur noch wachsen und gedeihen.

Vielleicht haben Sie den Elefanten bemerkt, der sich da während der letzten Absätze in den Raum geschlichen hat. Den mit dem blinkenden „Krautreporter“-Logo auf dem Rücken. Ja, damals hatte ich auch schon von einem „Traum“ geschrieben, dem Traum, dass die Leser für die eigene Arbeit bezahlen.

Der ist für mich mit „Krautreporter“ nur zum Teil in Erfüllung gegangen. Das Crowdfunding war ein großer Erfolg, aber was wir eigentlich mit dem Geld machen wollten, wie das so finanzierte redaktionelle Produkt wirklich aussehen sollte, war unklar und am Ende für mich nicht überzeugend.

Übermedien ist auch ein Versuch, aus den Fehlern von „Krautreporter“ zu lernen (ich bin sicher, wir werden stattdessen genug eigene machen). Wir haben ein klares Thema, einen unverwechselbaren Fokus, und wir verkaufen nicht Schrödingers Katze im Sack. Sie können sich die Inhalte ansehen und entscheiden, ob sie Ihnen etwas Wert sind.

Also, konkret zum Beispiel 3,99 Euro im Monat.

Für ein Magazin, das sich professionell, kontinuierlich, vielfältig mit Medien auseinandersetzt. Dass diese Auseinandersetzung nötig ist, haben die vergangenen Wochen überdeutlich gezeigt. Die großen, furchtbar überhitzten politischen Debatten (um mal einen Euphemismus zu benutzen) sind alle durchwirkt und überlagert von Mediendebatten; von Zweifeln an der Berichterstattung, Gerüchten, Falschmeldungen, Vorwürfen von Einseitigkeit, Übertreibungen, Übertreibungen, politischer Abhängigkeit.

Es mangelt nicht an Medienkritik, aber es mangelt an guter Medienkritik. Es mangelt an Medienkritik, die nicht abhängig ist von den Medien, die sich aber auch nicht blind auf die Seite der Kritiker schlägt. Es mangelt an Medienkritik, die nicht ideologisch motiviert ist, die nicht hysterisch ist, die nicht ahnungslos ist.

Wir wollen versuchen, einen Beitrag zu leisten, diesen Mangel kleiner werden zu lassen. Gleichzeitig wollen wir nicht verbissen sein, sondern, wann immer es geht, unterhaltsam, sogar mal positiv.

Theoretisch kann man das hier genauer nachlesen, aber zum Glück kann ich ja auch schon auf ein paar Beispiele verweisen, wie das in der Praxis aussieht.

Zum Start habe ich ein langes Interview mit „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo geführt, weil der mein Tun mit großer Skepsis begleitet. Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht über die angebliche „Schweigespirale“, die es bei der Berichterstattung über Straftaten von Ausländern gegeben haben soll, über den Eifer, immer die ethnische Herkunft von Verdächtigen anzugeben, und darüber, was sich aus der Sache mit dem erfundenen toten Flüchtling in Berlin lernen lässt.

Boris hat mit dem vermeintlich „härtesten Jugendrichter Deutschlands“ Richter darüber gesprochen, wie er den Medien nutzt und wie er die Medien benutzt. Er hat dafür gesorgt, dass wir es in die „Tagesschau“ schaffen:

Und er hat sich in die Abgründe von „Focus Online“ vorgewagt und das Erfolgsgeheimnis von deren Filmen erklärt. Videos für Menschen, die keine Texte lesen, und denen Bilder egal sind:

(Bitte beachten Sie die stylische Scheinbetonwand im Hintergrund. Das war eine unserer ersten großen, kniffligen, wirklich brisanten Geschäftsentscheidungen: Wie der Hintergrund in dem kleinem Studio aussehen soll, das wir uns hinten im Büro eingerichtet haben für solche Videos und viele andere, mit diesen teuren Platten, die einem als Hallschlucker verkauft werden, und allem Pipapo. Okay, eher nur „Pi“, für den Anfang, das ist unsere Garage, quasi.)

Endlich habe ich auch die Gelegenheit, mein Talent als Dieter Thomas Heck auszuprobieren. Wenn ich Ihre Aufmerksamkeit bitte auf diesen Versuch lenken darf, das versehentlich eingeschaltete „Apfelweinfest 2015“ im hr-Fernsehen im vergangenen Spätsommer ohne langjährige Therapie zu verarbeiten:

Wir haben noch so viele Ideen, für Wichtiges und Witziges. Wir wollen mit der Kamera rausgehen und einen anderen Blick auf das werfen, worüber alle berichten. Wir wollen uns gründliche Analysen leisten, anstatt nur gefühltes Wissen wiederzugeben. Wir wollen mit vielen unterschiedlichen Leuten zusammenarbeiten, die ihren eigenen Blick auf die Medien mitbringen.

Ich bin, zugegeben, nicht in jeder Sekunde optimistisch, ob das überhaupt gelingen kann. Ob man in all dem ohrenbetäubenden Getöse und Durcheinander, das gerade herrscht und womöglich jetzt zum Dauerzustand wird, Aufmerksamkeit gewinnen kann, wenn man nicht versucht, der Lauteste, der Voreiligste zu sein. Andererseits: Wenn ich den Glauben verloren hätte, dass Aufklärung etwas bewirkt, dass Kritik nützlich sein kann und dass eine gute Debatte Menschen klüger macht, müsste ich mir einen anderen Beruf suchen.

Wir wollen Medien besser kritisieren. Mit Ihnen und für Sie! (Und Euch.)

Bleibt die Frage, was dann aus diesem Blog wird. Ehrliche Antwort: Ich weiß es noch nicht. Vielleicht polstere ich es umfassend mit Flausch aus. Vielleicht entdecke ich noch ein anderes Thema. Vielleicht ist es auch ein Ort für eher persönliche Notizen zu dem, was in den Medien und anderswo passiert.

Ich habe dafür keinen Plan. Aber das war ja immer schon so.

Und jetzt würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mir nach nebenan folgen würden und mir die Treue halten. Und Abonnent werden!

Ehemaliger „Bild“-Mann beklagt, dass die Rechten nicht besser gegen Flüchtlinge vorgehen

Was macht eigentlich der frühere „Bild“-Mann Nicolaus Fest?

Auch der ist wütend auf die Rechtsradikalen in Heidenau. Weil die durch ihr Vorgehen die „richtige Sache“ beschädigten:

Wie immer die gleichen unerfreulichen, dämlichen Protagonisten, und immer wieder der Rückgriff auf Hitlergruß, SS-Zeichen und Nazi-Gesänge. Nichts beschädigt die richtige Sache nachhaltiger als das Engagement des braunen Gesindels.

Fest führt nicht konkret aus, was genau die „richtige Sache“ in diesem Zusammenhang ist: Die erfolgreiche Abschreckung und Vertreibung aller Flüchtlinge? Die klare Ansage an die Politik, dass das deutsche Volk nicht gewillt ist, weitere Menschen aus dem Ausland aufzunehmen? Das Stoppen der Zuwanderung?

Aber seine Satzfolge muss man wohl so verstehen, dass Fest die Ziele der rechtsradikalen Gröler und Randalierer teilt. Nur ihre Methoden lehnt er ab. Nicht zuletzt, weil sie kontraproduktiv seien.

Die Nazis, so verstehe ich ihn, sollten andere für die richtige Sache kämpfen lassen. Menschen, die weniger hässlich sind, weniger ordinär und weniger dumm. Menschen wie Nicolaus Fest.

Fest ist der Sohn des Historikers und früheren FAZ-Herausgebers Joachim Fest. Er war mehrere Jahre in leitenden Positionen bei „Bild“ und „Bild am Sonntag“ und einer der engsten persönlichen Berater des Chefredakteurs Kai Diekmann. Vor gut einem Jahr sprach er in der „Bild am Sonntag“ in einem Kommentar Moslems grundsätzlich ab, sich in die deutsche Gesellschaft integrieren zu können. Davon distanzierte sich Diekmann und, mit etwas Verzögerung, „Bild am Sonntag“-Chefredakteurin Marion Horn. Wenige Monate später verließ Fest den Springer-Verlag, „freiwillig“.

Vermutlich muss man es sich so vorstellen, dass Fest sich in der „Bild“-Zeitung immer zurückhalten musste. Dass sie einfach, so unwahrscheinlich das klingt, zu seriös, zu verdruckst, zu „politisch korrekt“ für ihn war. Nun schreibt er seine Texte mutmaßlich ungebremst in sein Blog. Man kann sie aber immer wieder auch im islamfeindlichen Hass- und Hetzblog „Politically Incorrect“ lesen.

Fest ist enttäuscht von den Protesten und Ausschreitungen in Heidenau. Er beklagt konkret ihre „Einfallslosigkeit“: „Ein paar Kleinstdemonstrationen vor Flüchtlingsheimen, mal mehr gewalttätig, mal weniger“, das sei kontraproduktiv und „medial unsinnig“ – das könnte man doch wirklich besser machen. Er hat konkrete Vorschläge:

Schon zehn Lastwagenfahrer, die sich per Schritttempo an verschiedenen Zugangsstraßen zu einer Spontandemo zusammenschließen, könnten jede Landeshauptstadt, das Kamener Kreuz oder den Berliner Ring stilllegen. Auch der Zugang zu den Regierungsmaschinen in Tegel oder Schönefeld wäre leicht zu blockieren, wie auch der Frankfurter Flughafen. Zudem böten Lastwagen oder die Anhänger von Traktoren genügend Fläche, um den Protest zu plakatieren. Schließlich läge in solchen Aktionen auch ein passendes Gleichnis: Die Zuwanderung als wirtschaftliche und zivilisatorische Rückführung Deutschlands in die Schrittgeschwindigkeit, welche die GRÜNEN seit Jahren propagieren… Die mediale Aufmerksamkeit wäre in jedem Fall um ein Vielfaches höher als bei den trostlosen Kundgebungen vor einem der afrikanischen Brückenköpfe irgendwo in der Provinz.

Flüchtlingsunterkünfte wie in Heidenau – Fest nennt sie „afrikanische Brückenköpfe“.

Die Frage, wie er „das Problem des Flüchtlingsstroms lösen“ würde, beantwortete Nicolaus Fest schon vor ein paar Monaten so:

Arabisch, eben wie Saudi-Arabien, Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate es tun, oder auch fast alle Länder außerhalb Europas: Abschotten, Grenzen dichtmachen, allenfalls einzelne Personen aufnehmen.

Mit der „Einwanderung von Menschen aus afrikanischen oder muslimischen Kulturkreisen“ finde nämlich auch ein „irreparabler Kulturbruch“ statt:

Welches Kind von Einwanderern kennt die alten deutschen Lieder, die Heiligen in der Kirche, die Märchen von Grimm, Andersen, Hauff? In 50 Jahren wird Eichendorf so vergessen sein wie Jean Paul, wie Dürer oder Heckel, Schubert oder Brahms.

In 50 Jahren? Ein „f“ von Eichendorff ist sogar jetzt schon vergessen!

(Und nehmen wir zugunsten von Fest einmal an, dass er mit den „alten deutschen Liedern“ nur sowas wie „Im Frühtau zu Berge“ oder „Der Mond ist aufgegangen“ meint.)

Womöglich jedenfalls ist Fest an dieser Stelle aufgefallen, dass die Antwort auf seine rhetorische Frage kaum anders ausfiele, wenn er sie nicht auf Kinder von Einwanderern, sondern von Einheimischen bezogen hätte. Das ließ ihn aber nicht innehalten, sondern erst recht ausholen, und so fuhr er fort:

Doch warum sie auch erinnern, wenn schon den Deutschen ihr Eigenes so gleichgültig ist?

Im Grunde erleben wir auch hier seit Jahren täglich die Kultursprengungen von Palmyra. Nur heißen sie hier Rechtschreibreform, Einheitsschule, Bologna oder frühkindliche Sexualerziehung. Und die Täter sitzen in der Schulbürokratie und bei der GEW.

Er hat die Umstellung auf fünfstellige Postleitzahlen vergessen.

Aber, immerhin, das muss ihm erstmal einer nachmachen: Islamisierung, Rechtschreibreform und frühkindliche Sexualerziehung in einer gemeinsamen Mini-Kultur-Apokalypsen-Prophezeihung unterzubringen. Und sie, damit die Sache richtig Schwung kriegt, mit der mutwilligen Zerstörung antiker Kulturgüter wie in Palmyra durch den „Islamischen Staat“ gleichzusetzen.

Das eigentlich Apokalyptische an der Gegenwart ist für Fest, dass keine rechte Weltuntergangsstimmung aufkommen mag. „Insgesamt erstaunlich“, sei es,
„wie gelassen die Mehrheit der Deutschen in der so genannten ‚Flüchtlingsfrage‘ den zehntausendfachen Rechtsbruch, die Okkupation von Schulhallen und Städten wie auch die offene Ausplünderung hinnimmt.“ Seine Sprache lässt erahnen, wie sehr ihn die angebliche Gelassenheit stört: Die Wörter, die er wählt, lesen sich gezielte Öltropfen, die er versuchsweise in Glutnester träufelt. Okkupation, Ausplünderung, zehntausendfacher Rechtsbruch. „Klartext“ hätte er das früher bei „Bild“ genannt.

Der langjährige „Bild“-Mann Nicolaus Fest hat eigene Vorschläge entwickelt, wie die deutsche Politik mit der „‚Flüchtlings‘-Frage“, wie er sie mit spitzen Fingern nennt, umgehen müsste. Genüsslich formuliert er aus, dass bei seiner Strategie, Asylsuchende abzulehnen, „wenn zu vermuten ist, dass sie keine Affinität zu demokratisch-westlichen Werten haben“, automatisch „alle Muslime außen vor“ wären (außer die Aleviten).

Es ärgert ihn, dass Muslime wie Franck Ribéry einfach in aller Öffentlichkeit vor einem Fußballspiel beten und damit „offen einen Glauben zelebrieren, der bekanntermaßen Glaubensfreiheit wie die Gleichberechtigung der Geschlechter verneint, Demokratie ablehnt und Homosexuelle wie Apostaten mit dem Tod verfolgt“.

Das bringt Fest auf den Gedanken, was denn los wäre, wenn ein Fußballer „vor jedem Spiel den Hitlergruß“ machte, „wenn auch in veränderter, vom Strafgesetzbuch nicht erfasster Weise“ und auf Nachfrage antworten würde, er verachte die Grausamkeiten des Nationalsozialismus, glaube aber an seine Reformierbarkeit.

Daran muss er denken, wenn er Franck Ribéry auf dem Fußballplatz beten sieht, und er fragt sich, warum offenbar „niemand“ (außer ihm) darin ein Problem sieht und der DFB und die Vereine nichts dagegen tun.

Es geht ihm erkennbar darum, aus der schwierigen Auseinandersetzung mit dem Islam eine einfache, ganz persönliche mit jedem einzelnen Moslem zu machen. Es geht ihm darum, diese Menschen, wenn man sie schon nicht mehr aus dem Land kriegt, auszugrenzen.

Er gefällt sich in der Rolle desjenigen, der den vermeintlichen Konsens sprengt; der Dinge sagt, die andere erschrocken einatmen lassen. Lustvoll lässt er seiner Menschenfeindlichkeit freien Lauf und schreibt:

„Wenn die Flüchtlinge schon hier sind, muss man sie auch gut behandeln.“ Einer der unhinterfragbaren Glaubenssätze der herrschenden Trivialcaritas. Wer es dennoch tut, kann jede Party sprengen. Tatsache ist: Fast 100 Prozent der hiesigen Asylbewerber und Wirtschaftsflüchtlinge melden sich unter klarem Verstoß gegen Dublin III. Richtig müsste es daher heißen: „Wenn die Einbrecher schon im Haus sind, sollte man ihnen auch Geld, Schmuck und ein Bett anbieten.“

Er formuliert diese Sätze, nur zur Erinnerung, in einem Klima, in dem es fast jeden Tag Übergriffe auf vorhandene oder geplante Flüchtlingsunterkünfte gibt. Er schreibt, als wolle er mal ein bisschen Zunder in die Bude bringen, dabei brennt die lichterloh.

Es ist ja richtig, dass wir die Statements der schlimmsten und dümmsten Hetzer auf Facebook sammeln und uns an ihren Rechtschreibfehlern ergötzen, aber was machen wir mit jemandem wie Nicolaus Fest? Wie setzen wir uns mit diesen Leuten auseinander? Reicht es, angestrengt angeekelt wegzuschauen?

Gut, immerhin hat er die Bühne der „Bild“-Zeitung nicht mehr, seit er im Oktober vergangenen Jahres den Springer-Verlag „auf eigenen Wunsch“ verließ. „BamS“-Chefin Marion Horn dankte ihm damals „für seine hervorragende journalistische Arbeit“. Der Verlag betonte, Fest bleibe „dem Haus verbunden“.

· · ·

In Dürrenmatts Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ gibt es die Figur eines Akademikers, eines Dr. Phil, der mit den Brandstiftern gemeinsame Sache macht, und am Ende, als der Himmel schon brennt, eine Erklärung abgibt:

DR. PHIL: Ich kann nicht länger schweigen.

Er nimmt ein Schriftstück aus der Brusttasche und verliest.

„Der Unterzeichnete, selber zutiefst erschüttert von den Ereignissen, die zur Zeit im Gang sind und die auch von unsrem Standpunkt aus, wie mir scheint, nur als verbrecherisch bezeichnet werden könne, gibt die folgende Erklärung zuhanden der Öffentlichkeit:—“

Viele Sirenen heulen, er verliest einen ausführlichen Text, wovon man aber kein Wort versteht, man hört Hundegebell, Sturmglocken, Schreie, Sirenen in der Ferne, das Prasseln von Feuer in der Nähe; dann tritt er zu Biedermann und überreicht ihm das Schriftstück.

Ich distanziere mich—

BIEDERMANN: Und?

DR. PHIL: Ich habe gesagt, was ich zu sagen habe.

Er nimmt seine Brille ab und klappt sie zusammen.

Sehen Sie, Herr Biedermann, ich war ein Weltverbesserer, ein ernster und ehrlicher, ich habe alles gewußt, was sie auf dem Dachboden machten, alles, nur das eine nicht: Die machen es aus purer Lust!

Aber „Biedermann und die Brandstifter“, das kennt ja heute wegen der ganzen täglichen Kultursprengungen auch keiner mehr.

Häkelmütze im Pegida-Land

Von Ulrich Wolf

Ulrich Wolf arbeitet seit 2000 bei der „Sächsischen Zeitung“ in Dresden. Nach elf Jahren in der Wirtschaftsredaktion wechselte er als Spezialist für Hintergründe und komplexe Reportagen in das Ressort Gesellschaft/Seite 3. Dieser Text von ihm ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Medienethik und Kommunikation in Kirche und Gesellschaft, „Communicatio Socialis“, erschienen.

Sie wusste um meine Fußball-Leidenschaft, und es war nur eine Geste. Kurz vor der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr schenkte eine Nachbarin mir eine schwarz-rot-goldene, von ihr gehäkelte Mütze. „Als Sonnenschutz beim Public Viewing für dein spärlich behaartes Haupt“, sagte sie. Ich fand das nett, habe das Ding dann aber doch nicht getragen und mir stattdessen eine Deutschland-Fahne um die Schultern gehängt. Die Mütze landete in der „Freizeitkiste“ im Keller. Bis zum Herbst.

Am 27. Oktober berichte ich erstmals über eine Demonstration der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes, die als „Pegida“ berühmt werden sollten. Gut tausend Menschen ziehen da um die Dresdner Frauenkirche, üppig ausgestattet mit Nationalflaggen. Hooligans sind darunter, jede Menge Leute aus der Dresdner Gastronomie- und Rotlichtszene, ein paar stadtbekannte Nazis, dauernörgelnde Rentner und einige Gesichter von der Patriotischen Plattform der sächsischen AfD. Sie pöbeln, sie nennen mich „linksversifft“. Einige rufen nur: „Lügenpresse!“

Eine Woche später kommt die Häkelmütze ins Spiel. Sie wirkt wie eine Tarnkappe. Es gibt keinen Ärger mehr, wenn ich einen Block zücke, um mir Notizen zu machen oder mit dem Smartphone fotografiere. Ich kann meine Recherchen vor Ort Montag für Montag mit denen im Internet abgleichen. Die Kontaktversuche zum Pegida-Gründer Lutz Bachmann aber laufen ins Leere. Er reagiert nur einmal, per Telefon, Ende November: „Sind Sie Herr Wolf?“ – „Ja.“ – „Unterlassen Sie es, mich und meine Familie zu belästigen!“ – „Ich habe niemanden belästigt, ich habe nur versucht, Sie zu erreichen.“ – „Es wird kein persönliches Gespräch geben. Nehmen Sie das zur Kenntnis.“ Ich schicke ihm Fragen, er stellt sie auf die „Facebook“-Seite von Pegida. Und kommentiert: „Werter Herr Wolf, seriöser Journalismus sieht anders aus! Was hat meine Vergangenheit mit Pegida zu tun? Ich bin nur ein ganz kleines Zahnrad in einem Getriebe, welches Sie mit Ihren medialen Methoden der Diffamierung und Diskreditierung nicht zerstören werden.“

Einen Tag nach der siebten Pegida-Demonstration am 2. Dezember erscheint das Porträt „Pegida persönlich“ über Lutz Bachmann. Es zeichnet einen Mann, der wirtschaftlich wenig bis gar nichts auf die Reihe bekam. Der während seiner Zeit im Rotlicht-Milieu die Welt der grapschenden Autohändler, Immobilienmakler, Versicherungsvertreter und Anlageberater kennenlernte. Es ist das Porträt eines Mannes, der unbedingt dazugehören will: weniger zum Bildungsbürgertum als viel- mehr zur Schickeria. Politische Ignoranz kompensiert er mit Bauernschläue sowie der Fähigkeit, Menschen zu begeistern mit Parolen, die an die Refrains deutscher Schlager erinnern.

Der Artikel schlägt Wellen. „Zeit“, „Stern“, „Spiegel“, „Focus“ – alle rufen an. Die Zahl der Journalisten bei der Pegida-Demo eine Woche später schnellt empor, die der Mitläufer auch. Bachmann schafft es in die „New York Times“, Pegida in die „Tagesschau“. Das mediale Bashing wirkt in der Bewegung identitätsstiftend, denn der Großteil der Journalisten reduziert Pegida auf eine tumbe rechtsradikale Masse. Viele wollen nicht wahrhaben, dass sich ein außerparlamentarischer Protest von rechts entwickelt, der in der fremd-fremdelnden Bürgerschaft Dresdens auf fruchtbaren Boden fällt.

Am Morgen des 22. Dezembers erscheint die zweite große Geschichte: „Pegida – wie alles begann“. Am Abend dieses Tages habe ich wieder meine Häkelmütze auf und stehe unter 20 000 Pegidisten auf dem Theaterplatz. Bachmann verliest ein Ranking der Lügenpresse. Die „Sächsische Zeitung“ landet nach „Spiegel“ und „NDR-Panorama“ auf Rang drei. Ich bin der einzige, dessen Namen er ausruft. Die Zeitung wird mit Leserbriefen überschwemmt, bis Mitte Januar sollten es fast 4000 Briefe und Mails werden. Im Online-Auftritt schalten wir unter Artikeln, in deren Überschriften Pegida auftaucht, die Kommentarfunktion ab. Die Flut der dort eingehenden Meinungen hätte rund um die Uhr moderiert und kontrolliert werden müssen, dafür fehlt das Personal. Abonnenten, die in einem zutiefst beleidigenden Ton mit der Kündigung drohen, schreibt der Chefredakteur zurück: „Dann kündigen Sie doch.“

Nahezu ohnmächtig müssen wir mit ansehen, wie viele Menschen für Fakten und Argumente nicht mehr zugänglich sind. Sie haben ja „Facebook“, den größten Stammtisch im Land. Dort tauschen sie ihre Wahrheiten ungestört aus. Das soziale Netzwerk ersetzt bei Pegida fehlende Organisations- und Kommunikationsstrukturen. Rund 160.000 Menschen mögen diese „Facebook“-Seite, rund 500 000-mal ist dort bislang kommentiert worden. Die Seite lässt das Ausmaß an Hass erahnen, das in den Köpfen der Nutzer steckt. Dabei scheuen sich immer weniger Menschen, unter Klarnamen ihre Ressentiments kundzutun: „Hauptsache, der Dreck verschwindet von unseren Straßen. Wie, ist mir mittlerweile egal.“ – „Können wir nicht mal einen Lkw voll mit solchen Fach-Sexkräften im Regierungsviertel abladen?“ „Ich würde dem die Eier so zerschmettern, dass er nie wieder eine Frau anschaut.“ „Schmeißt die Arschlöcher raus aus Deutschland!“ Offenbar gilt nun: Durfte in der DDR kaum jemand sagen, was er denkt, so darf seit Pegida jeder alles sagen, ohne dabei zu denken.

Muss die demokratische öffentlichkeit diesen Radikalismus aushalten? Natürlich muss sie das. Aber Aushalten hat ja nichts mit Nichtstun zu tun. Wenn es etwas Positives an Pegida gibt, dann zumindest das: Die westdeutsche Wohlfühl-Demokratie hat in Sachsen ausgedient. Hier muss man kämpfen um den Grundkonsens, auch Mainstream genannt.

Sicher, Pegidas „Facebook“-Welt samt seiner radikal-rhetorischen Inhalte ist eher als verlängerter Kneipentresen nach 20 Uhr zu betrachten, denn als Plattform ernsten politischen Dialogs. Doch Pegida ist auch nach seiner Spaltung im Januar sowie tendenziell rückläufiger Teilnehmerzahlen nicht tot. Im Gegenteil. Das gesellschaftliche Klima wird weiter vergiftet durch Demokratiegegner, die ernster zu nehmen sind als Bachmann und sein Partyszenen-Team. Es geht um jene, die als Neue Rechte fungieren. Ihre Mitglieder sind die Stichwortgeber für Pegida, aus ihren Federn stammen die im Ton gemäßigten Forderungen und Thesen von Pegida, auf ihren Internet-Plattformen formulieren sie eine zielgruppenorientierte Dauerberieselung. Das sind ihre medialen Waffen:

  • Die „Politically Incorrect (PI) News“ sind das Leitmedium. Einer der führenden Köpfe ist der Ex-CDU-Politiker René Stadtkewitz, der mehrfach bei Pegida in Dresden geredet hat. über ihn lief der Kontakt zum niederländischen Rechtsaußen-Politiker Geert Wilders, der auf einer Kundgebung im April vor 15.000 Menschen sprach. Als „mutigsten Journalisten Deutschlands“ bezeichnet „PI-News“ den Heilbronner Karl-Michael Merkle (Pseudonym: Michael Mannheimer). Für ihn wird „Sachsen das Epizentrum eines politischen Rucks, auf den wir Deutsche lange haben warten müssen“.
  • Der Kopp-Verlag in Rottenburg am Neckar vereint rechte Esoterik mit Verschwörungstheorien. Dort schreibt der frühere Redakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Udo Ulfkotte. Dessen Buch „Gekaufte Journalisten“ ist so etwas wie die Bibel der Lügenpresse-Fans. Ulfkotte trat ebenfalls bei Pegida in Dresden auf.
  • Die rechtspopulistische Zeitschrift „Compact“ von Jürgen Elsässer verfügt über gute Kontakte zu russischen Nationalisten. Die staatlich-russische Video-Nachrichtenagentur „Ruptly“ überträgt Pegida-Demos regelmäßig live. Russische Fahnen sind auf Pegida-Protesten allgegenwärtig, die angebliche Kriegstreiberei gegen Russland ist eines der wichtigsten Themen.
  • Das Magazin „Sezession“ von Götz Kubitscheck ist das intellektuelle Vorzeigeblatt. Der Mann redete bei Pegida unmittelbar nach dem Auftritt von Wilders. Er betreibt im Süden von Sachsen-Anhalt ein Institut für Staatspolitik (IfS). Dieses gehört zum Umfeld der Wochenzeitung „Junge Freiheit“, der Bachmann ausführliche Interviews gewährt. Zum Dunstkreis des IfS zählt die „Blaue Narzisse“ des Vereins Journalismus und Jugendkultur. Vorsitzender Felix Menzel studierte Kommunikationswissenschaft in Halle, sein Credo lautet: „Wir brauchen Niemanden. Das deutsche Volk kann gesundschrumpfen.“
  • Das Internetportal „Blu-News“ betreibt ein gleichnamiger Verein in München, geführt vom ehemaligen bayerischen Landesvorsitzenden der Partei Die Freiheit, Christian Jung. „Blu-News“ interviewt Pegida-Organisatoren, darunter auch deren Kandidatin für die Dresdner Oberbürgermeis- terwahlen im Juni, die ehemalige AfD-Frau Tatjana Festerling. Der Vorsitzende der Freiheits-Partei, der frühere CSU-Pressesprecher Michael Stürzenberger, ist regelmäßig Gast bei Pegida und betreut mehrere Ableger in Süddeutschland.
  • Hinter dem Blog „Journalistenwatch“ steht der Berliner Verein für Medienkritik und Gegenöffentlichkeit. Der ehemalige „taz“-Journalist Thomas Böhm betreibt das Portal von Jena aus. Die von ihm angegebene Adresse ist identisch mit der des Landesverbands der Freiheits-Partei in Thüringen. Zum Auftritt von Wilders bei Pegida stellt Böhm fest: „Nach dem Motto ‚Wer schreit, hat Recht‘ pöbeln die linken Journalisten ungehindert herum.“
  • Beliebt bei Pegidisten ist zudem die rechtskonservative Wochenzeitung „Weltwoche“ aus der Schweiz. Ihr Verleger Roger Köppel war von 2004 bis 2006 Chefredakteur der „Welt“. Zu seinen Autoren zählt unter anderem Henryk M. Broder. Für die „Weltwoche“ schrieb Pegidas OB-Kandidatin Festerling eine Eloge über Hooligans. Indirekt lernte sie dadurch Ignaz Bearth kennen, den Gründer der Rechtsaußen-Partei Direktdemokratische Partei Schweiz. Auch Bearth spricht bei Pegida in Dresden.

In der Summe entfalten „PI-News“, „Blu-News“, „Compact“ und Co. eine beträchtliche Wirkung. Als ich im März darüber berichte, dass Bachmanns Hitler-Bild im Netz manipuliert worden sein könnte, schaffe ich es als „Quasi-Kronzeuge“ der Neu-Rechten auf die erste Seite der PI-News. Bachmann lädt mich zu einem Hintergrundgespräch ein, bei den autonomen Linken aber gerate ich in einen Shitstorm. Meine Quellen bei „Dresden nazifrei“ versiegen. Auch meine Häkelmütze werde ich los: Als ich nach dem Wilders-Auftritt in eine Gruppe von Gegendemonstranten gerate, reißt sie mir ein Vermummter mit den Worten „Du Nazi-Schwein“ vom Kopf.

Ob links- oder rechtsextreme Nischen-Publizistik im Internet: Sie bedroht den auf seriösem Journalismus basierenden Diskurs. Das zeigen zahlreiche Leserreaktionen. Hier ein repräsentatives Beispiel: „Seit Längerem bemerke ich, dass Ihr Blatt Tatsachen verfälscht oder verändert oder beeinflusst. […] Ihren unterschwelligen Ton gegen Pegida nehme ich zum Anlass, mein Abonnement zu kündigen. Ich hoffe, dass Ihre Rezipienten Ihnen in Scharen davon laufen.“ Der Verfasser dieses Leserbriefes ist auch auf „Facebook“ unterwegs. Dort mag er Gruppen wie „Der Lügenpresse den Kampf ansagen“, „Töchter und Söhne Germaniens“ oder „Merkel stressen“. Sachsens evangelischer Landesbischof Jochen Bohl konstatiert: „Es hat sich eine gefährliche Mischung aus geschürten Ängsten, persönlichem Scheitern und des Verdrusses an demokratischen Prozeduren zusammengebraut, die uns nicht ruhig lassen darf.“

Doch der Großteil ruht. Ein öffentlicher Aufschrei gegen Pegida ist im Osten kaum zu hören. Die westdeutschen Leitmedien haben sich zurückgezogen. Im Hintergrund aber arbeiten Pegidas Stichwortgeber zusammen. So treffen sich „Sezession“-Chef Kubitscheck und „Compact“-Macher Elsässer Mitte April mit 150 Gleichgesinnten in Dresden. Beide sehen in Pegida eine „echte Volksbewegung“, deren Aufgabe es sei, „Systemkritik in jedweder Form zu artikulieren“. Pegida-Anhänger sollten Initiativen gründen. „Ob Bürgerbündnisse gegen die Einrichtung von Asylheimen, ob Stammtische oder Debattierklubs: Man muss die Vernetzung fördern und den Impuls dahinter zum Thema machen. Er lautet: Die Lage der Nation ist bedrohlich.“ Zwei Tage nach dem Treffen gibt Pegida seine Zukunftsstrategie bekannt. Demnach werde man „als Bürgerbewegung zu allererst auf kommunaler Ebene Missstände benennen“. Das Pegida-Netzwerk solle „durch eine zentralere Betreuung“ gestärkt werden. Perspektivisch sei eine parlamentarische Arbeit auf kommunaler Ebene ab 2016 angedacht. Der letzte Satz des Papiers lautet: „Pegida ist gekommen, um zu bleiben.“

Mit freundlicher Genehmigung von „Communicatio Socialis“. Die aktuelle Ausgabe der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift für Medienethik hat das Thema „Glaubwürdigkeit & Vertrauen – Journalismus zwischen Ressourcenkrise und entfesseltem Publikum“.

Martenstein lässt noch einmal die Sparschweine für den Islam sterben

Der Kolumnist Harald Martenstein hat einen uralten Klassiker wiederbelebt: den Mythos, dass Banken in Großbritannien den Kindern keine Sparschweine mehr anbieten, aus Sorge, die im Islam als unrein geltenden Tiere könnten die Gefühle muslimischer Kunden verletzen.

Die Geschichte feiert in diesem Jahr Jubiläum. Seit zehn Jahren wird sie in den Medien als Beleg für die verrückt gewordene „Political Correctness“ und die Islamisierung des Abendlandes erzählt. Sie ist damals schon von den Banken dementiert worden.

Eine von ihnen, NatWest, die in den 1980er Jahren für ihre Sparschweine berühmt war, hat vor eineinhalb Jahren die Figuren sogar neu aufgelegt und groß beworben:

Spätestens damit, sollte man denken, hätte sich das Schauermärchen erledigt. Weit gefehlt. Recherchophobiker wie Martenstein halten es am Leben.

Ihren Ursprung nahm die Sparschweinente offenbar im „Daily Express“, der im Oktober 2005 sogar damit aufmachte. Als eines der ersten deutschen Medien übernahm sie noch im selben Monat die „B.Z.“.

2006 erzählte die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali die Geschichte in einem Interview mit der FAZ – als Beleg für die angeblich „schleichende Scharia“ in Europa:

Und in Großbritannien geht es nun so weit, daß die Sparkassen keine Sparschweine mehr aufstellen, um die Gefühle der Muslime nicht zu verletzen, für die Schweine ja unrein sind. Das ist eben die schleichende Scharia. Sie zeigt ihr vollständiges Gesicht erst in den Gesellschaften, in denen die Muslime in die Mehrheit gekommen sind.

Henryk M. Broder interpretierte die vermeintliche Sparschweinentsorgung ebenfalls als „Zeichen an der Wand“ für die fortschreitende und unaufgehaltene Islamisierung, die er Anfang 2007 auf „Spiegel Online“ beklagte:

Britische Banken wollen ihren Kunden keine „Sparschweine“ mehr anbieten, weil Schweine im Islam als unrein gelten.

Im selben Jahr verbreitete der frühere FAZ-Redakteur und heutige Pegida-Anhänger Udo Ulfkotte die Geschichte in seinem Buch „Heiliger Krieg in Europa – Wie die radikale Muslimbruderschaft unsere Gesellschaft bedroht“. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte zwar durchaus Zweifel am „missionarischen Eifer“ des Autors, fand die Geschichte aber so unwiderstehlich, dass er seine Rezension des Buches sogar damit überschrieb:

Islamisten verdrängen Sparschweine.

Acht Jahre nach Ulfkotte und Broder hat nun endlich auch ihr Kollege Martenstein von der Geschichte erfahren. Angeblich will er sie im „Handelsblatt“ gelesen haben. Jedenfalls schreibt er in seiner heutigen „Tagesspiegel“-Kolumne:

Dem „Handelsblatt“ entnehme ich die Information, dass britische Banken ihren jungen Kunden seit einiger Zeit keine Sparschweine mehr anbieten. Der Anblick der Schweine, die im Islam als unrein gelten, könne die Gefühle muslimischer Kunden verletzen. Die muslimische Gemeinde erklärte daraufhin, dass Muslime der Anblick eines Schweins keineswegs verletze, sie würden lediglich dieses Tier nicht essen. Offenbar kann man sogar bei der Sensibilität, ähnlich wie beim Austernessen und beim Weintrinken, des Guten zu viel tun.

Martenstein hat den Kampf gegen die vermeintliche „Political Correctness“ in den vergangenen Jahren zu seinem zentralen Thema gemacht, ohne dass das zu einem erkennbaren Interesse an den Fakten geführt hätte. Von Ulfkotte unterscheidet ihn immerhin, dass er im konkreten Fall das Problem nicht bei den Muslimen sieht, sondern im vorauseilenden Gehorsam der Nicht-Muslime. Aber auch er verbreitet, unredigiert vom „Tagesspiegel“, das Schauermärchen von der Abschaffung der britischen Sparschweine aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Moslems, das seit Jahren ein wesentlicher Teil der antiislamischen Folklore ist.

Und da fragt man sich, wie die Pegida-Leute eigentlich auf den Gedanken kommen, dass die Islamisierung des Abendlandes drohe oder gar in vollem Gange sei.

Nachtrag, 18:30 Uhr. Der „Tagesspiegel“ hat online den Sparschwein-Absatz gelöscht und durch folgenden Hinweis ersetzt:

In einer früheren Version dieser Kolumne war mit Bezug auf das „Handelsblatt“ von Sparschweinen die Rede, die britische Banken aus Rücksicht auf muslimische Kundschaft nicht mehr anböten. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier wies uns darauf hin, dass es dazu keine Belege gebe, sondern im Gegenteil Dementis. Weil auch wir keine Belege dafür finden konnten, haben wir diesen Abschnitt herausgenommen. Wir bitten unsere Leser um Entschuldigung.

Islamhassender „BamS“-Vize erschreibt sich „herrlichen Shitstorm“ und eine Art Abmahnung

Kommentare müssen polarisieren, subjektiv sein, auch mal wehtun. Nur das macht gute Kommentare aus.

Nicolaus Fest am 28. Mai im österreichischen „Standard“

Der stellvertretende Chefredakteur der „Bild am Sonntag“, Nicolaus Fest, hat heute von Kai Diekmann, dem Herausgeber des Blattes, eine Art öffentliche Abmahnung bekommen. In dem Kommentar, der morgen in der gedruckten „Bild“-Zeitung erscheint und in dem Diekmann den Eindruck erweckt, auch im Namen des Unternehmens Axel Springer zu schreiben, wird Fests pauschale Ablehnung von Islam und Moslems als unvereinbar mit den Grundsätzen der „Bild“-Zeitung und des Verlages dargestellt.

Diekmann schreibt:

Bei BILD und Axel Springer ist (…) kein Raum für pauschalisierende, herabwürdigende Äußerungen gegenüber dem Islam und den Menschen, die an Allah glauben.

Wer eine Religion pauschal ablehnt, der stellt sich gegen Millionen und Milliarden Menschen, die in überwältigender Mehrheit friedlich leben.

Genau solche Auseinandersetzung entlang religiöser Grenzen wollen wir NICHT. Wir wollen sie nicht führen, nicht befördern und nicht herbeischreiben. Denn sie enden immer verheerend – das hat die Geschichte oft genug gezeigt!

All das, was Diekmann da aufzählt, hatte Nicolaus Fest in einem Leitartikel in der heutigen „Bild am Sonntag“ getan. Er schrieb:

Ist Religion ein Integrationshindernis? Mein Eindruck: nicht immer. Aber beim Islam wohl ja. Das sollte man bei Asyl und Zuwanderung ausdrücklich berücksichtigen!

Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch steht, brauche ich auch nicht.

Deutlicher kann man die pauschale Ablehnung einer Religion und ihrer Gläubigen kaum formulieren. Es geht Fest nicht nur um „Zwangsheiraten, ‚Friedensrichter‘, ‚Ehrenmorde'“, die es im Islam zweifellos gibt. Es geht ihm um den Islam als ganzes. Er geht soweit, zu suggerieren, dass man doch vielleicht das Gewähren von Asyl auf Nicht-Muslime beschränken könnte, was nicht nur viel über sein Bild von Moslems sagt, sondern auch über seine Vorstellung, was das Grundrecht auf Asyl eigentlich bedeutet.

Fests Aufruf zu weniger Toleranz folgt für ihn offenkundig unmittelbar aus dem plakativen Appell der „Bild“-Zeitung am vergangenen Freitag, Antisemitismus in Deutschland nicht schweigend hinzunehmen. Viele Prominente und Politiker hatten sich in die entsprechende „Bild“-Kampagne einspannen lassen. Einzelne davon forderten „Bild“ heute immerhin auf, sich für Fests Äußerungen zu entschuldigen.

Der Grüne Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu nennt den „Bild am Sonntag“-Kommentar Fests in einem Gastkommentar für die morgige „Bild“-Zeitung „Rassismus pur“:

Die Hasstiraden des Autors schüren ohne Not Vorurteile, Ängste und Menschenfeindlichkeit.

Nicolaus Fest hatte sich vorher auf Twitter noch über die Aufmerksamkeit gefreut:

Auch Marion Horn, die Chefredakteurin der „Bild am Sonntag“, hatte Fests Kommentar zunächst noch mit dem Hinweis auf „Meinungsfreiheit bei Springer“ verteidigt und behauptet, Fest sei „kein Islamhasser“ und „nicht hasserfüllt!!!“:

Erst Stunden später schwenkte sie dann auf die Linie Kai Diekmanns um und twitterte:

Warum sie sich bloß für den „entstandenen Eindruck“ entschuldigte und nicht einfach für den Kommentar um Entschuldigung bat, der diesen „Eindruck“ nicht nur provozierte, sondern unzweifelhaft islamfeindlich war, weiß ich nicht.

Dann reden wir mal über Nicolaus Fest. Der Sohn des bekannten früheren FAZ-Herausgebers Joachim Fest arbeitet seit Jahren daran, sich einen Ruf als kompromissloser Hardliner und vermeintlicher „Klartext“-Sager zu erarbeiten, leider bislang ohne die öffentliche Aufmerksamkeit dieses Sonntags.

Die rechte Szene rund um das Hetzblog „Politically Incorret“ hat ihn schon vor Jahren für seine Bild.de-Texte gefeiert. In seiner früheren Kolumne „HIEB- UND STICHFEST“ polemisierte er immer wieder gegen Zuwanderung und Integration von Ausländern in Deutschland. Um aus dem BILDblog von 2008 zu zitieren:

Vorläufiger Höhepunkt war sein Beitrag in der vorigen Woche, in den man, wenn man wollte, fast ein Lob des Völkermordes lesen konnte. Fest rühmt darin die „Vorteile homogener Gesellschaften“ und argumentiert, dass die Beseitigung von kultureller Vielheit Gesellschaften „Frieden und Stabilität“ bringen könne.

Die preisgekrönte Reporterin und Autorin Carolin Emcke urteilt über seinen Text: „Das gab es so explizit wirklich lange nicht mehr zu lesen von Autoren, die nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Es ist ein pseudohistorisch verkleideter Rassismus und eine gar nicht verkleidete Aufforderung zur Homogenisierung unserer offenen Gesellschaften.“

Ihr Gastbeitrag ist gerade auch im Kontext der aktuellen Diskussion um Fest lesenswert. Seine radikalen Ansichten waren kein Geheimnis. Er veröffentlichte sie auf Bild.de.

Nun wäre es falsch, Nicolaus Fest auf seine Ablehnung des Islam zu reduzieren. Man sollte auch seine Kaltblütigkeit und Ahnungslosigkeit würdigen, mit der er die Exzesse der Berichterstattung nach dem Amoklauf von Winnenden verteidigte (in Anwesenheit der Mutter eines der dabei getöteten jungen Frau). Oder die Art, wie er gegen die Resozialisierung ehemaliger Terroristen wetterte.

Fakten sind auch nicht so seins. Oder Textverständnis.

Er formuliert mit einer Schärfe, Gnadenlosigkeit und Übertreibung, die selbst im „Bild“-Kosmos gelegentlich auffällt. Eine spätere Kolumnenreihe von ihm hieß „Fest(e) drauf“.

Vor der Umstellung der Gebühren für ARD und ZDF kündigte er 2010 an, dass das neue System die Zahler jährlich „einige Milliarden mehr“ kosten würde. 2013, als sich herausstellte, dass es tatsächlich Mehreinnahmen in Höhe von 0,3 Milliarden Euro jährlich wurden (die ARD und ZDF nicht behalten bzw. verwenden dürfen), sprach er von einem „Betrug“.

Zur Debatte um die Skandal-Rede von Sibylle Lewitscharoff twitterte er:

Aber das ist natürlich Kinderkram im Vergleich zu seiner Ablehnung von Integration und seinen Ressentiments gegen Moslems. Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus kann er nicht nachvollziehen. Damit und mit seinem „BamS“-Leitartikel straft er Kai Diekmann Lügen, der behauptet, „für BILD und Axel Springer gab und gibt es bei all diesen Debatten eine klare, unverrückbare Trennlinie zwischen der Weltreligion des Islam und der menschenverachtenden Ideologie des Islamismus“.

Eben nicht. (Den „BamS“-Artikel, der Anlass für den Kommentar ist, erwähnt Diekmann mit keinem Wort.)

Ob Fests Durchbrechen dieser „unverrückbaren Trennlinie“ irgendwelche Konsequenzen hat, wollte Diekmann heute nicht sagen. Meine Feststellung, dass er sich, wenn Diekmann es ernst meinte mit seinem „Kein Platz für“, nun einen neuen Arbeitgeber suchen müsste, konterte Diekmann mit: „So ein Quatsch!“

Nachtrag, 3. August. „Bild am Sonntag“-Chefredakteurin versucht in der heutigen Ausgabe den vielfachen Rittberger:

Es ist der Eindruck entstanden, dass sich BILD am SONNTAG gegen den Islam stellt. Das ist nicht so! Dass dieser Eindruck entstanden ist, bedaure ich sehr. (…)

Aber in unserem Verlag ist es möglich, unterschiedliche Meinungen zu haben. Deshalb habe ich mich als Chefredakteurin für den Abdruck entschieden. Wohl eine Fehleinschätzung, denn wir haben mit diesem Kommentar viele Menschen verletzt. (…)

Ich bitte alle Menschen um Entschuldigung, die sich durch uns gekränkt fühlen.

Mittlerweile bin ich dankbar für die heftigen Reaktionen, die wir ausgelöst haben. In der Öffentlichkeit, in Politik, Verlag, in unserer Redaktion, in unseren Familien. Lange ist über dieses wichtige Thema nicht mehr so offen und kontrovers diskutiert worden.

Vielleicht sorgt unser Kommentar am Ende dafür, dass Missverständnisse ausgeräumt werden und wir lernen, eine offene Debattenkultur zu entwickeln. Das muss unsere demokratische Gesellschaft aushalten, das muss BILD am SONNTAG aushalten.