Grenzt ein bisschen an Nestbeschmutzung

Nach zwei Wörtern habe ich geahnt, dass mich der „Zeit-Magazin“-Artikel über den Umgang von „Bild“ mit Prominenten enttäuschen würde.

Charlotte Roche

Ich verehre Charlotte Roche, und sie hat die „Bild“-Zeitung von ihrer verachtenswertesten Seite kennengelernt. Aber die Episode, wie ihr kurz nach einer Familientragödie von Leuten zugesetzt wurde, die sich als „Bild“-Mitarbeiter ausgaben, ist jetzt fast zehn Jahre her. Sie ist seitdem viele Male nacherzählt worden, unter anderem schon 2003 und 2005 im „Stern“ und 2004 im „Tagesspiegel“.

Natürlich kann man sie gar nicht oft genug erzählen, weil sie womöglich nicht nur krass ist, sondern auch typisch für die Art, wie die „Bild“-Zeitung sich Menschen gefügig zu machen versucht. Aber wenn ein Artikel im Jahr 2011 über den Umgang der „Bild“-Zeitung mit Prominenten mit einer zehn Jahre alten, vielfach erzählten Geschichte beginnt, spricht das nicht dafür, dass die Autoren etwas Neues herausgefunden haben. Es spricht leider sogar für die „Bild“-Zeitung, weil so der Eindruck entsteht, dass es nichts Neues gibt, das die Autoren hätten herausfinden können.

Leider bestätigen die über 4000 Wörter des Artikels das Gefühl, das die ersten zwei geweckt haben. Sein Personal besteht fast vollständig aus den Leuten, die seit mehr als einem halben Jahrzehnt in ungefähr jedem kritischen Artikel über die „Bild“-Zeitung vorkommen. Neben Charlotte Roche sind das vor allem der unvermeidliche Medienanwalt Christian Schertz und die Künstleragentin Heike-Melba Fendel („Barbarella Entertainment“).

Der „Zeit Magazin“-Artikel erwähnt natürlich auch die Geschichte von Sibel Kekilli. Der Versuch von „Bild“, sie zu vernichten, liegt nun auch schon sieben Jahre zurück. Aus dem „Zeit Magazin“ erfahre ich immerhin, was ich nicht wusste, dass es der Regisseur Dieter Wedel war, der ihr anlässlich der Dreharbeiten zu seinem Film „Gier“ geraten habe, wieder mit „Bild“ zusammenzuarbeiten. (Ausgerechnet von dem Mann, der damals als Unterhaltungschef für die widerliche Berichterstattung verantwortlich war, durfte oder musste sie sich dann in den Himmel hochschreiben lassen.)

Wenn man es nicht schafft, neue Beispiele für den bedenklichen Umgang der „Bild“-Zeitung mit Prominenten zu recherchieren, muss man vielleicht aufhören, Artikel über den bedenklichen Umgang der „Bild“-Zeitung mit Prominenten zu schreiben. Ich habe mich aus dem Geschäft der täglichen „Bild“-Beobachtung ein bisschen zurückgezogen, aber ich würde behaupten, es gibt diese Fälle, auch heute noch. Der Umgang von „Bild“ mit Judith Holofernes vor einigen Wochen war ein vergleichsweise harmloses, aber erhellendes Beispiel: Die Sängerin von „Wir sind Helden“ weigert sich, für „Bild“ zu werben, und „Bild“ nutzt ihre Absage, um für sich zu werben. Die sich als Medienjournalisten tarnenden Schaulustigen waren natürlich begeistert über den Schlagabtausch, aber wie bezeichnend ist das für die Unverfrorenheit von Kai Diekmann und seinen Leuten? Er respektiert nicht einmal den Willen eines Menschen, nicht als Werbefigur für sein Ekelblatt aufzutreten, und schmückt sich noch mit dem Dokument der Ablehnung.

Ich weiß nicht, warum sich deutsche Medien so schwer tun, sich mit handelsüblichen journalistischen Mitteln dem Phänomen der „Bild“-Zeitung zu widmen und — wie im Fall des „Spiegels“ vor einigen Wochen — in geradezu eigenrufschädigender Weise scheitern. Ich fürchte inzwischen, dass die meisten dieser Ausweise der Hilflosigkeit die „Bild“-Zeitung eher stärken als schwächen.

Die „Bild“-Geschichte ist Teil eines ganzen Themenheftes über Journalismus, und größere Teile davon sind nicht nur enttäuschend, sondern ärgerlich. Die Artikel wirken, als wollten sie beweisen, was im großen „Zeit“-Titelseiten-Teaser steht: „Im Kritisieren sind Medien gut — Selbstkritik fällt dagegen schwer.“

Unter der Überschrift „In eigener Sache“ berichten vier „Zeit“-Journalisten „aus unserer Praxis“. Es sollen wohl Bekenntnisse der eigenen Unzulänglichkeiten sein, des Scheiterns am großen Anspruch, die „Wahrheit“ zu berichten. Der Feuilleton-Redakteur Adam Soboczynski bekennt bei dieser Gelegenheit, dass er im Nachhinein Zweifel hat, ob sein Portrait über den Schriftsteller Gaston Salvatore wirklich perfekt war:

Das Porträt handelte also vom schwierigen Umgang der Deutschen mit einem Chilenen. Salvatore erzählte bei unserem Interview in Venedig, dass er bald einen Roman schreiben werde mit dem Titel „Der Lügner“. Er beabsichtige, den Roman auf Spanisch abzufassen, obgleich er lange Zeit beinahe ausschließlich auf Deutsch geschrieben hat. Mein Artikel Der Verdammte schloss also folgendermaßen: Salvatore habe jedenfalls die Absicht, bald einen Roman zu schreiben. Diesmal nicht auf Deutsch. Sondern auf Spanisch. Der Arbeitstitel laute: „Der Lügner“.

Das war keine Lüge. Und doch plagt mich eine leise innere Anklage. Am Ende des Artikels zu sagen, Salvatore schreibe nicht mehr auf Deutsch, legt nahe, dass er derart von den Deutschen enttäuscht sei, dass er darum auf Deutsch nicht mehr schreiben möchte. Das weiß ich, offen gesagt, gar nicht so genau. Ich weiß, dass es stimmt, dass er den Roman auf Spanisch und nicht auf Deutsch schreiben möchte. Aber vielleicht möchte er nur sozusagen zur Abwechslung mal auf Spanisch schreiben. Ich hatte das nicht erfragt. Ich gestehe.

Sind Sie noch wach?

Das ist es also, was „Zeit“-Redakteuren einfällt, wenn sie Selbstkritik üben sollen. Das wäre selbst uns Erbsenzählern zu piefig.

Sein Kollege Henning Sußebach berichtete, wie er eine Reportage über einen „Mann am Rande der Gesellschaft“ geschrieben hatte, einen „sogenannten Verlierer“. Es muss, glaubt man Sußebachs Beschreibung von Sußebachs Artikel, ein großartiger Artikel gewesen sein, einfühlsam, engagiert, mit ausführlichen Zitaten des Betroffenen. Das Problem mit dem Artikel war, bösartig zusammengefasst, dass er zu gut war.

[…] ich schrieb Sätze, die L. zwar nicht freisprachen von Schuld an seinem Schicksal, aber auch der Gesellschaft Verantwortung zurechneten. Schon um die Leser bei der Ehre zu packen. Bis heute bin ich der Meinung, dass das richtig war. Und doch habe ich L. damit keinen Gefallen getan.

Es klingt schrecklich arrogant: Aber für einen Menschen, für den sich jahrelang niemand interessiert hat, dessen bisheriges Leben geradezu aus Nichtbeachtung bestand, kann ein einziger Zeitungsartikel zu groß sein, zu gewaltig. (…)

Ich traf mich immer wieder mit L. und merkte: Aus allen solidarischen Sätzen meines Artikels hatte er sich eine Hängematte geknüpft, in die er sich fallen ließ. Keine Arbeit? Keine Wohnung? Kein Kontakt zu den Eltern? Nie war er verantwortlich, immer waren es die anderen. So hatte er meinen Artikel verstanden. (So verstand ich jetzt jedenfalls ihn.)

Als Sußebach seinem Berichtgegenstand L. später sagte, dass er selbst für sich verantwortlich sei, habe L. sich verraten gefühlt.

Da war er wieder, der Vorwurf: Erst heuchelt der Journalist Verständnis, und dann zeigt er sein wahres, zynisches Wesen. In diesem Fall stimmte das nicht. Genau das macht die Sache so tragisch.

Das ist das Tragische an der Geschichte? Dass ein armer „Zeit“-Journalist, der kein Zyniker ist, für einen Zyniker gehalten wird? So verdienstvoll es ist, wenn Journalisten sich Gedanken machen über die Folgen ihrer Arbeit: Das ist keine Selbstkritik, das ist Selbstmitleid.

Es durchzieht viele der kleinen Texte, auch die, in denen „Zeit“-Journalisten sich mit Leser-Kritik beschäftigen. Ressortleiter Jens Jessen erklärt in einer „kleinen Rede an die Verächter des Feuilletons“ (kein Dialog, wohlgemerkt, sondern eine „Rede an“), dass der Feuilletonist gar nicht anders sein kann als einen elitären Geschmack zu haben:

Die Kultur ist sein Gegenstand; und mit der Dauer der Beschäftigung wachsen die Ansprüche. Auch wer mit Edgar-Wallace-Krimis im deutschen Fernsehen begann, findet irgendwann Hitchcock besser.

Dieses Schicksal einer unwillkürlichen Erziehung des Geschmacks teilt der Feuilletonist aber mit seinem Publikum. Niemand, dessen Leidenschaft sich an der Literatur entzündet, bleibt bei Harry Potter stehen.

Wer „selten liest, ungern Musik hört und vom Kino nur den Schuh des Manitu erwartet“, dürfe aber „gerne umblättern“, gestattet Jessen großmütig.

Das ist eine Kunst: beim Reflektieren und Nachdenken so uneinsichtig und arrogant zu wirken. Und womöglich ist das alles sogar gut gemeint. Aber wenn diese „Zeit“-Redakteure über die Unzulänglichkeiten ihrer Arbeit und der Arbeit von Journalisten überhaupt reden, wirken sie wie ein Portraitmaler in der Fußgängerzone, der irgendwann zugibt, dass man, wenn ganz genau hinschaut, vielleicht doch kleinste Unterschiede zwischen seinen Strichzeichnungen und Fotos erkennen könnte.

Immerhin: Heike Faller hat für das Special in einem lesenswerten Artikel nachvollzogen, warum praktisch keine Zeitung vor der drohenden Finanzkrise warnte und, wichtiger noch: Warum die Mechanismen des Journalismus so sind, dass es auch beim nächsten Mal wieder so käme.

Aber das ist dann alles, was der „Zeit“ einfällt zum Thema „Was Journalisten anrichten“? Chefredakteur Giovanni di Lorenzo warnt im Video die „Zeit“-Leser, die vielleicht nicht wissen, dass außerhalb ihrer Wochenzeitung Medienjournalismus eine zwar ständig bedrohte, aber durchaus etablierte Disziplin des Journalismus ist, sogar davor, dass das, was man da gewagt habe, „ein bisschen an Nestbeschmutzung“ grenze.

Nein, das eigene „Zeit“-Nest hat man schön sauber gehalten. Die Redakteure haben sich nicht einmal den Hinweis verkniffen, dass in dem Roman „Ein makelloser Abstieg“, in dem Matthias Frings das Funktionieren der Boulevardpresse beschreibt, die „Zeit“ das Vorbild „für die seriöse Zeitung“ darstelle.

Als ein „recht selbstzufriedenes Blatt“ hat Oliver Gehrs das „Zeit Magazin“ im vergangenen Jahr — vergleichsweise milde — bezeichnet. Die übliche Gediegenheit der „Zeit“ wird beim Versuch, selbstkritisch zu sein, zu abstoßender Selbstgerechtigkeit. Vermutlich ist den Redakteuren wirklich beim besten Willen nichts eingefallen, was sie sich ernsthaft vorwerfen könnten.

Ich helfe fürs nächste „Journalismus-Special“ gerne mit zwei Thementipps aus. Vielleicht könnte die „Zeit“ ihren Lesern einmal die bizarre und höchst unjournalistische Rolle von Sabine Rückert erklären, die für die Zeitung über den Kachelmann-Prozess berichtet und dabei in einem Maße mit der Verteidigung verbandelt ist, die mindestens nach einer Offenlegung schreit, wenn sie sie nicht als Autorin in dieser Sache disqualifiziert.

Oder sie könnte die Gelegenheit nutzen, der interessierten Öffentlichkeit zu erklären, was es mit folgender Passage in einer Titelgeschichte nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg auf sich hatte:

In der CSU-Vorstandssitzung am Montagvormittag in München muss sich Guttenberg Sticheleien und zweideutige Sätze seiner Parteifreunde gefallen lassen. Vereinzelt verbreiten Journalisten bereits das Gerücht, es gebe einen Zusammenhang zwischen einer Textstelle in der Doktorarbeit und seiner sexuellen Neigung.

Das wäre doch mal ein Thema für das nächste Selbstkritik-Special der „Zeit“: Wie man als seriöse Wochenzeitung anderer Journalisten Gerüchte verbreitet, und zwar gerade vage genug, dass es richtig interessant klingt.

Aber mit etwas Pech fällt Adam Soboczynski bis dahin ein, dass man in einem seiner Portraits ein Komma falsch auslegen könnte, und das geht natürlich vor.

79 Replies to “Grenzt ein bisschen an Nestbeschmutzung”

  1. Nur als kleine Anmerkung: Jessen spielt mit „kleine Rede an die Verächter des Feuilletons“ auf den Titel von Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers „Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern“ von 1799. Soviel zum elitären Bewußtsein. Er hätte diese subjektive Apologie vielleicht mal lesen sollen, anstatt nur den Titel zu persiflieren…

  2. Gediegenheit – genau das ist das richtige Wort. Und ich wollte mir gerade wegen des Specials die „Zeit“ mal wieder kaufen. Pustekuchen.

    Was mich übrigens enttäuscht hat, war das die „taz“ die „Bild-Werbung“ mit Judith Holofernes auch abgedruckt hat. Von wegen Trennung Werbung und Redaktion. pfff.

    Vielen Dank für den bissigen Artikel!

  3. Ein sehr guter Kommentar zur Zeit, Kompliment. Das aktuelle Zeit-Magazin hat mich derart geärgert, dass ich es nicht einmal in die Altpapier-Tonne geworfen habe, sondern in den Hausmüll.

    Die Rückert-Sache ist wirklich derart daneben, dass man sich doch wundern muss, wie sehr di Lorenzo das alles laufen lässt.

  4. Ich gehe davon aus, dass in dieser Reihe auch thematisiert wird, wie problematisch z.B. das Verhaeltnis von Reisewerbung und Reisejournalismus ist, was ja hier (?) auch schon angesprochen wurde. Der ‚angerichtete Schaden‘ durch Journalismus mag vielleicht nicht sehr hoch sein, aber da die ZEIT ja gerade schwer am Reflektieren ist laesst man diese Problematik sicherlich nicht aus…

  5. Den Vergleich mit dem Portraitmaler in der Fußgängerzone habe ich nicht verstanden.

    Die „Unzulänglichkeit“ einer „Strichzeichnung“ ist, dass sie nicht wie ein Foto aussieht?

    (Und die Unzulänglichkeit eines Apfels ist, dass er nicht wie eine Birne schmeckt? Oder wie? Ich versteh’s immer noch nicht.)

  6. Es ist ein Jammer.

    Meiner Beobachtung nach reflektieren diese selbstverliebten, ahnungslosen und detailuninteressierten Journalisten nur die heutige Gesellschaft. Das Management in »bedeutenden« Unternehmen, mit denen ich zu tun habe, zelebriert sich auch in dieser kruden Kombination aus Arroganz, Ignoranz und Inkompetenz.

  7. Ich finde, eine so gediegene Zeitung wie wie ZEIT – bei der es eben nicht um die lauten Töne und die dicken Skandale geht – darf auch mal leisere Überlegungen über den Berufsstand drucken. Laute Töne gibt es genug woanders.

    Die Reflexionen von Sußebach, Soboczynski, Burger und Büscher haben sehr wohl einen Platz verdient. Denn jeder Berufsschreiber sollte sich ruhig öfter mal Gedanken darüber machen, wie er seine Protagonisten benutzt/vorführt und ob Schönschreiben wirklich das Wichtigste ist – wie es die meisten Journalistenpreise glauben machen.

    Diese beiden erwähnten Texte von Jörg Burger und Wolfgang Büscher hat Stefan Niggemeier wohl vergessen zu lesen?

    P.S. Den BILD-Text fand ich hingegen ähnlich vernachlässigbar.

  8. Einerseits kann ich SNs Kritik gut nachvollziehen, Pseudoselbstkritik und unfreiwillige Bild-Werbung durch schwache Recherche sind sehr aergerlich.
    Ich werde die entsprechenden Artikel auslassen, damit ich mich nicht auch noch aergern muss…
    Doch gerade diese Zeit-Ausgabe hat mir eigentlich grosse Lesefreude bereitet – wegen ihres Reise- und Politikteils, vor allem aber wegen der verdammt spannenden Dossiergeschichte, die ein wenig Licht in den brutalen libyschen Buergerkrieg bringt.

  9. Herr Niggemeier, Sie führen sich auf als habe die ZEIT eine Majestätsbeleidigung begangen, nur weil besagte Autoren gewagt haben, am absoluten Unfehlbarkeitsanspruch des Journalistenstandes zu mäkeln und die Wahrheit zu sagen. Denken Sie mal über Ihre eigene Arroganz nach statt nur nachzutreten.

  10. „Die “Bild”-Geschichte ist Teil eines ganzen Themenheftes über Journalismus, und größere Teile davon sind nicht nur enttäuschend, sondern ärgerlich. Die Artikel wirken, als wollten sie beweisen, was im großen “Zeit”-Titelseiten-Teaser steht: “Im Kritisieren sind Medien gut — Selbstkritik fällt dagegen schwer.”

    that’s it. vll. wird die zeit überschätzt. es ist eine recht große feuilletonzeitung, die wöchentlich erscheint. ihr gelingt nicht die erhoffte inhaltliche steigerung, wie man sie an manchen quartals-fachzeitschriften erkennen kann, obwohl sie zweifellos gemächlicher und manchmal biederer daherkommt. entweder muss nur der chefred. ersetzt werden oder das format passt nicht zu den absichten der redakteure. mein eindruck.

  11. @Petrarca (13): Herr Niggemeier regt nicht auf, dass Kritik geübt wird, sondern dass sie zu weichgespült daherkommt.

  12. Immer feste drauf aufs Zeit-Magazin! Das ist ein außerordentliches Drecksblatt für reiche Konsumenten.

  13. „Die Zeit“ lese ich jetzt seit etlichen Jahren jede Woche. Es finden sich in ihr immer wieder lesenswerte Beiträge, mal mehr, mal weniger. Aber für ein sonderlich selbstkritisches Blatt habe ich sie noch nie gehalten (das ist wohl aber ein Problem, das mehr oder weniger alle Zeitungen haben). Insofern stimmt das völlig mit der selbszufriedenen Zeitung.

    Diesem Herrn Lorenzo habe ich auch noch nie wirklich über den Weg getraut, ehrlich gesagt. Dennoch: An manchen Tagen ist man mit der „Zeit“ als Leser doch auch ganz zufrieden.

  14. @10

    Den Artikel von Burger nicht zu erwähnen, in dem er sehr eindrücklich beschreibt, wie er eine Familie ins Rampenlicht schreibt, die sich letzten Endes falsch dargestellt fühlt, ist schade.

    Der Artikel über die Bild ist tatsächlich nicht soo spannend. Wenn man allerdings den Eindruck erweckt, dass die Geschichte um Roche 10 Jahre alt ist, dann ist das falsch. Der Roche-Teil endet mit Passagen, die wenige Wochen zurückliegen und erzählt damit eine Geschichte, die bis heute geht und noch nicht geendet hat. Wie über diese aktuellen Entwicklungen schon 2003 und 2005 berichtet werden konnte ist mir schleierhaft.

    Genauso wie der Artikel von Marc Brost nicht erwähnt wird, in dem kurz und eindrücklich erläutert wird, warum Journalisten nich immer die Wahrheit schreiben „Die Realität bilden wir damit nicht ab. Die Leser erfahren sie nicht“, um am Ende festzustellen, dass sich etwas ändern sollte.

    Der Artikel, in dem darauf eingegangen wird, dass Lokalzeitungen Meinungsmonopole besitzen (können) und diesem durch blogs auf lokaler Ebene begegnet wird, muss auch nicht erwähnt werden. Immerhin werden dort Journalisten bzw. eine ganze Zeitung kritisiert.

    Im Feuilleton dazu noch der Artikel über die Methoden des englischen Klatschblattes. Es wirkt fast so, als ob nur die Hälfte des Heftes gelesen wurde…

  15. Kann ich alles nur unterschreiben!

    Auf eine wahrhaft ehrliche Entschuldigung habe ich zwar vergeblich gewartet, aber auch, ehrlich gesagt, nicht damit gerechnet: nämlich das ZEIT-Magazin zu einer schlecht getarnten Werbestrecke degradiert zu haben. Ich bin im Grunde schon lange drüber weg, weil ich da meinen eigenen Lese-Rhythmus herausgebildet habe (Martensteinkolumne lesen – den Rest druchblättern – lachen resp. stirnrunzeln – Altpapier).

    Aber manchmal schiele ich aufs Impressum und frage mich, ob den Redakteuren und Autoren dort nicht manchmal schlecht wird bei dem, was sie da tun. Bei Heften, die zu 2/3 aus einer Werbestrecke für Designermöbel bestehen. Bei Texten, die mir zum Beispiel etwas über den Loney Hearts-Club in Berlin erzählen, dass er sehr speziall und anders sei als so viele andere Clubs der Stadt, aber kein einziger Satz eine Erklärung dafür liefert. Wenn die Redaktion in einem Gewinnspiel teure Uhren versteckt und ihre Leser dann wie Trüffelschweine durchs Land jagt.

    Aber vermutlich gibt dieses Blatt einem Großteil seiner Leser auch nur das, was sie wollen: sich ihrer Zugehörigkeit zur sozialen und kulturellen Mittel- Oberschicht sicher sein zu können.

    (Der Fairness halber: ja, es gibt dort hin und wieder auch sehr interessante und/oder gute Reportagen. Aber als Autor solcher Texte käme ich mir umso degradierter vor, wenn sie in diesem Abo-Beipackblättchen erscheinen.)

  16. Ich bin noch dabei, mir all die schönen (?) Dinge zu kaufen, die in der letzten Ausgabe des Zeitmagazins zum Kauf empfohlen wurden. Dabei habe ich mich beim Kauf des Schnurlostelefons dann festgefahren. Es wird geraten, ein bestimmtes Telefon zu kaufen, weil es von Siemens sei. Der Klang (Klingelton?) sei toll, das Telefon als solches mittelmäßig. Jetzt stellt Siemens seit längerem keine Telefone mehr her und ich wollte damit auch nicht musizieren. Un schon kommt das nächste Zeitmagazin und stürzt mich in ganz andere Abgründe.

  17. Findet irgendwo die Aktion von Sebastian Heiser Erwähnung, die diese Woche in „Zapp“ zu bewundern war, wo die „Zeit“ sich liebend gerne ihre Stiftungssonderseiten bezahlen lässt, die so gut wie gar nicht als Werbung gekennzeichnet sind? Naja, war wohl zu spät für den Redaktionsschluss.

    Selbstkritik ist bei Journalisten offensichtlich zu geschäftsschädigend und existenzbedrohend, das müssten dann schon die Verleger selber machen, und die sind nochmal einen Zacken selbstherrlicher als die Schreibkräfte. Dass Kritik an der eigenen Arbeit grundsätzlich nicht akzeptiert wird, wissen wir ja auch von diesem Komiker, der wollte, dass seine Kabinettstückchen bei BILDblog gelöscht werden. Ich erwarte keine Selbstkritik von Journalisten. Man wird Journalist, um alle anderen zu kritisieren, aber nicht um kritisiert zu werden.

    Arroganz im Feuilleton ist für mich so weit in Ordnung. Blödheit und Geschmacklosigkeit werden so sehr verherrlicht in den Massenmedien, da kommt man irgendwann gar nicht umhin, sich für was Besseres zu halten.

  18. Das Journalistengewerbe ist ungerecht! Wer so gut beobachten kann und das Beobachtete so pointiert darstellen kann, sollte keine gestelzten Skripte für billige Hitparaden-Marketing-Sendungen anfertigen müssen.

    Wie die meisten Artikel hier mal wieder sehr treffend und lesenswert.

  19. Schöner Artikel, danke dafür.

    Aber du bist dir da in der Hinsicht dein eigener Feind Stefan, oder um es anders zu formulieren: Ich lese deinen Blog jetzt schon so lange, dass mich diese Abgründe der Journalie einfach nicht mehr überraschen. Ist das nicht traurig? Frei nach dem Motto:

    „Homer, das ist das schlimmste, was du jemals getan hast!“
    „Pfff, ach Marge… das sagst du so oft, das hat für mich jegliche Bedeutung verloren.“

  20. Ja… Ich bin hin und her gerissen. Genau das Gleiche wie Sie Herr Niggemeier habe ich mir heute morgen auch gedacht. Und ja, das Magazin ist langweilig. Und ja, selbstverständlich kritisieren Sie den Mangel an kreativer Kritik an der BILD.

    Aber (da ist es endlich), aber Sie sind ja auch viele, viele Jahren Hauptberuflicher Medienkritiker und Schlüsselwächter des Journalismus. Selbstverständlich können Sie nur so argumentieren. Ist jedoch Ihr Resümee Bezüglich der BILDkritik nicht doch ein wenig zu hochgegriffen: Entweder ihr findet etwas Neues was ich nicht kenne oder ihr schweigt zu diesem Thema?

    Durch die eindrucksvolle, beständige Arbeit von bildblog KANN doch ein durchschnittlicher Journalist nichts wirklich Neues mehr zu diesem Thema finden, ohne Gefahr zu laufen, ein „Plagiat“ zu schreiben. Vielleicht wurde deshalb ja das Beisiel ausgesucht, da zu diesem Zeitpunkt bildblog noch nicht existierte? Denn, auch ihr Beispiel von „Wir sind Helden“ wurde doch
    auch im bildblog besprochen. Alles kalter Kaffee also. Für Sie, für regelmäßige bildblog-Leser. Die Zeit spricht jedoch eine andere Leserschaft an. Für diesen Leserkreis können die genannten Beispiele wirklich neu oder vergessen sein. Vielleicht will die ZEIT damit aber auch einfach mal ein jüngeres Publikum ansprechen.

    Was nun die Selbstkritik von Menschen aus dem Feuilleton angeht, nun um ehrlich, was sollen die in einem „normalen“ Betrieb schon großartig anstellen oder bewirken? Maximal werden Künstler oder Kulturgut auf Druck von Außen bewusst geschnitten, überkritisch betrachtet – oder das genaue Gegenteil davon. Würde ein Journalist aus diesem Ressort jedoch so etwas zugeben, könnte er sofort auch seinen Job an den Nagel hängen, da seine Unabhängigkeit und die damit verbundene Glaubwürdigkeit futsch wäre. Daher kann für einen im Betrieb steckenden Mitarbeiter im Feuilleton Selbstkritik doch nur so wie geschrieben aussehen.

    Es gäbe natürlich noch einen anderen selbstkritischen Punkt: Medien- und Selbstkritik gehört klassischer Weise ja auch zu diesem Ressort. Diese findet in der ZEIT für meinen Geschmack nur mangelhaft statt. Vielleicht wurde ja versucht durch dieses Magazin diesen Mangel zu überdecken. Kontinuierliche Berichte wären da aus meinen Augen wirklich sinnvoller und wirkungsvoller. Und wer weiß, mit etwas Übung klappt es dann ja auch beim nächsten Mal mit der BILDkritik.

  21. Warum da alte Kamellen über die Bild gebracht werden?
    Ganz einfach, weil das Sommerloch schon vor Ostern beginnt, es aber noch zu kalt ist um etwas über Asphaltarbeiter, Menschen, die hinter einem Grill oder an sonstigen warmen Orten arbeiten zu bringen.

  22. Naja, dass diese alte Roche-Geschichte wiedermal ausgegraben wurde ist so überraschend nicht.
    Die Story wurde ja schließlich jahrelang von Roche, Niggemeier & Co. wiedergekäut.
    Frau Roche war ja nach ihrem Abgang bei Viva lange Zeit hauptberuflich „Bildopfer“, bevor sie sich dann auf das Verfassen von Fäkalpornos verlegt hat.
    Ihre kürzlich abgesandte Bewerbung als Präsidentenkonkubine war ja leider nicht erfolgreich, vermutlich hatte Herr Wulff ihr Buch gelesen, und ihr Ansinnen dann aus hygienischen Gründen abgelehnt.
    Irgendwie scheinen Ex-Moderatoren von Musiksendern nur schwer resozialisierbar zu sein.

  23. Zu den Zeilen 14 bis 7 vom Ende her gezählt:
    Gerüchte werden in die Welt gesetzt, um jemandem zu schaden.
    Darüber zu berichten, dass die ZEIT Andeutungen über Gerüchte macht, aber deren Urheber nicht benennen mag, verbreitet das Geraune multiplizierend auch hier über diese Seite hinaus in die weite Welt.
    Das menschliche Großhirn fällt vergleichsweise gigantisch aus, weil der (erfolgreiche) Homo sapiens die Reaktionen und Verhaltensweisen seines Gegenübers immer schon vorausdenkt und in seine Sprachvernebelungsstrategie miteinplant. Durch die modernen Medien wird ein Teil des Strategieapparates, der benötigt wird, potentiellen Gegnern oder Feinden zu schaden, elegant aus der Begrenztheit der Hirnwindungen in die unendlichen Weiten der digitalen Welt und der mit ihr kommunizierenden Großhirne und Kleingeister transportiert.
    Wir sind aufgrund unserer begrenzten Wahrnehmungsfähigkeit gar nicht in der Lage, diese neue (Erfahrungs- und Kommunikations-) Welt in ihrer Auswirkung auf den einzelnen Menschen einzuschätzen. Alles wird zum großen Abenteuer, das sich aus den Absichten derer, die mitspielen, ergibt. Das Abenteuer selbst aber scheint durch die Eigengesetzlichkeit der neuen Welt überhaupt nicht mehr durch einzelne Gehirne steuerbar, was es in dieser Dimension noch nicht in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Die Geschichte im historischen Sinne produziert sich auf einmal selbst.
    Gute Nacht übrigens.

  24. Ich hatte mir heute Morgen (oder gestern..?) extra das Ding wegen dieser Beilage gekauft und hatte den selben Eindruck: Für diese Journalisten scheint das einzige problematische, was Journalisten anrichten können, ihr schlechtes Gewissen zu sein, wenn Sie meinen ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden zu können.

  25. Die Wie-ich-einmal-ein-klein-bisschen-was-falsch-gemacht-habe-Texte haben mich auch irritiert. Das ist sicher nicht das, „was Journalisten anrichten“.

    Zum Artikel über die Finanzkrise. Er greift (wie gefühlte 80 Prozent aller Artikel dazu) sehr einseitig die Wirtschaft an und vernachlässigt die Verantwortung der Politik. Auch wenn es Journalisten nicht glauben mögen: Sowas wird in einer Marktwirtschaft immer wieder vorkommen. Das Streben nach Gewinn, nach immer mehr Gewinn ist der Grundantrieb des Kapitalismus. Ebenso sicher ist die problematische Ankunft des Erfolgs bei Monopolen und Kartellen.

    Es ist nicht falsch, dass ein Appell nach Verantwortung der Wirtschaftenden erklingt, aber solche Appelle schützen nicht vor dem erneuten Zusammenbruch. Der Zusammenbruch von Modellen, riesige Verluste von unvorsichtigen oder vertrauensseligen Anlegern gehören genauso zur Marktwirtschaft wie gigantische Gewinne. Feinde des Wettbewerbs prangern beides gleichermassen an – eine einigermassen bedeutungslose Haltung.

    Nochmals: Die Wirtschaft wird immer wieder solche untauglichen Modelle hervorbringen, die zuerst aufsteigen und dann wieder zusammenbrechen. Es ist Aufgabe der Politik, Gesetze zu erstellen, die verhindern, dass solche Modelle die gesamte Volkswirtschaft gefährden. Doch das wurde und wird nicht gemacht: Über die Too-big-to-fail-Problematik wird nur geredet – der nächste grosse Zusammenbruch ist folglich nur eine Frage der Zeit. Zur Kasse gebeten wird dann wieder der Steuerzahler, wie auch immer er dazu steht.

    Natürlich müssen Journalisten früher auf die Problematik solcher Modelle aufmerksam machen. Handeln muss aber die Politik. Die Wirtschaft macht, was sie will, und das ist gut so. Und sogar gesetzesgerecht, denn was nicht verboten ist, ist erlaubt.

  26. Nun ja, Selbstkritik erwarte ich von Journalisten nicht mehr. Man muss sich ja nur mal anschauen, wie unkritisch Stereotype — und damit oft schlicht Falsches — in Berichten tradiert werden. Spricht man das in den Redaktionsstuben an, kriegt man nur zu hören: „Ja, ist doch aber so.“

    Dass Journalisten resp. deren Medienhäuser nicht so sehr an Kritik interessiert sind, merkt man ja auch täglich in den Kommentarspalten der Internetangebote von Zeitungen. Entweder geht man auf Kritik gar nicht oder nur zaghaft ein, oder man veröffentlicht die gleich gar nicht. Die FAZ ist ja beim Nichtveröffentlichen und Nichtreflektieren führend.

  27. schön, dass er sabine rückert erwähnt. die hat ja schon in ihrem artikel „wie das böse nach tessin kam“ http://www.zeit.de/2007/26/Tessin die sensationsgier der leser mit pseudopsychologischen klischees und allgemeinplätzen bedient und dabei offenbar ihre bekanntschaft zum vater des haupttäters schamlos ausgenutzt. dafür hat rückert dann einen preis bekommen und anschließend die recherchen anderer journalisten behindert. schliesslich sollte ihr exklusivrecht auf die story nachträglich nicht angerührt werden.

  28. […] ich hier lieber auf Stefan Niggemeier, der sich vor allem mit diesem Teil des Zeit-Magazins auseinandergesetzt hat. Seine Kritik trifft sie Schwachstellen ganz gut, allerdings muss man zur Ehrenrettung der […]

  29. „Ein recht selbstzufriedenen Blatt“ das ist in der Tat ein eine schöne Beschreibung der ZEIT. Nur kann man jemanden der seine Sache im Großen und Ganzen gut macht eine gewisse Selbstzufrieden eben auch nicht ganz verdenken. Das Zeitmagazin hat sicher nicht die textliche und vor allem reflektierte Qualität der Zeitung selbst, dessen Politik Teil sicher zum Besten gehört was man in Deutschland in einer Zeitung aktuell über diesen Bereich zu lesen bekommt. Das Magazin ist eben ein wenig von allem immer schwankend zwischen der sehr guten Martenstein Kolumne bis zur recht nervigen weil allgegenwärtigen Uhrenwerbung. Immer zwischen Kommerz und Kultur aber das ist wohl auch der Anspruch das kann man, muss man aber sicher nicht mögen.
    Und ja das Beharren auf hohem Niveau und Belang für die größere Kultur wirkt arrogant aber wenn mich die Filmkritik zum Schuh des Manitu interessiert lese ich Spiegel Online und eben nicht die Zeit, wäre aber dort enttäuscht, wenn man analog zu manchem im öffentlich rechtlichen Fernsehen seine Standpunkte mit schielendem Blick auf die Masse aufweichen würde. Man ist und will das auch sein mehr Salzburg als Echo Verleihung und so fällt dann eben auch die Sicht auf die Dinge aus. Das Ziel-Publikum kennt die Bild eben nur vom Überschriften überfliegen beim Bezahlen an der Tankstelle. Wenn man regelmäßig Bildblog liest ist der Text in der Tat recht belanglos weil weder besonders neu noch sehr detailliert und vor allem beschränkt er sich auf die Sicht der Prominentenberichterstattung, der viel schlimmere Versuch Politik nach Werbekundeninteressen (siehe RWE und Atompolitik) umzugestalten ist aber eben explizit nicht Thema und wohl auch kein Fehler des Journalismus sondern Zeichen der stärker werdenden Abhängigkeit Bilds von seinen Anzeigekunden . Was man aber aussagen will ist, dass im stärkeren Maße dies auch auf Prominente zutrifft. Was tut denn Dieter Wedel: Er benutzt die Bild als Jubelperser und das lässt man dort auch noch mit sich machen. Die Bild muss mitspielen weil sie dabei sein muss alles andere gefährdet ihren Rest von Daseinsberechtigung. Das die Schwachen weiter unter dieser Zeitung zu leiden haben (z.B. Amoklaufberichterstattung) darauf weist man explizit hin aber Leute wie Jauch, Raab oder Grönemeyer brauchen das Käseblatt längst nicht mehr und wenn könnten sie es haben sozusagen mieten siehe eben das Beispiel Frau Kekeli. Bild steht vor dem Dilemma das sie für wahre Prominenz zu schmutzig ist und das gecastete C-Promis bereits in der Verwertungskette weiter vorn ausgeweidet werden da bleiben nur noch die Reste übrig. Das ist nicht bahnbrechend neu aber eben auch ein Magazinbeitrag das wie ich letztens erst wieder bei Freunden gesehen habe gern seine Zeit bis zur Wanderung ins Altpapier neben der Toilette verbringt. Dafür war das ganz lustig – den „Feuchtgebieter“ kannte ich zum Beispiel noch nicht bbrrrrr…

  30. Ich fand den Artikel durchaus interessant. Sicher waren einige bekannte Sachen dabei, für mich allerdings insbesondere im Hinblick auf den vom TV ausgeübten Druck sich mit der Bild o.anderen Medien „einzulassen“ auch neue Aspekte.

    Mich hat tatsächlich am meisten der anscheinend unvermeidliche Schertz gestört. Dass er mir, ebenso wie Prinz oder Nesselhauf, persönlich unsympathisch ist, ist natürlich kein Kriterium. Aber es gibt auch einige andere bekannte Presserechtler, die man mal zu Wort kommen lassen könnte und die nicht ganz so stark Klientel-gebunden sind wie Schertz usw.. Man mag von R.Schälike halten was man will, aber insbesondere der Feldzug von Schertz gg. R.Schälike hat bei mir zu einer starken Abneigung gegen Schertz geführt. Wer sich selbst so gerne in der Öffentlichkeit reden hört oder zitiert sieht und sich dann so kleinlich gegen Kritiker stellt, hat sich für mich als „Experte“ disqualifiziert.

  31. @2, Patrick Kennedy: Dass die Leute in der taz Anzeigenannahme eine Werbung annehmen, die den Leuten in der taz Redaktion wahrscheinlich nicht gefällt ist für Sie ein Argument _gegen_ die Trennung von Werbung und Redaktion bei der taz?

  32. Es sind Paralleluniversen, in denen die Autoren und Leser von „Bild“ und „Zeit“ sich bewegen. Dass die Bewohner der einen Welt von der anderen nichts wissen, sollte die Kenner des Wurmlochs, die den Zeitsprung beherrschen, nicht wundern. Jetzt gab es einen Riss im Zeit-Raum-Kontinuum und es sind alte Bild-Mythen in eine neue „Zeit“ geraten.

    Die Erklärung kann aber auch einfacher sein, z.B. dass der Text beim Zeit-Magazin zu lange im Magazin lag. Oder dass der Autor in Wahrheit Guido Knopp heißt.

    P.S.: Es wäre ja schön, wenn der Wunsch nach Qualität bei Lesern mit der Zeit größer wird. Leider kenne ich Menschen, die lesen „Bild“, nur „Bild“ und wohl auf ewig „Bild“.

  33. Stimmt es eigentlich, Herr Niggemeier, dass sie nächsten Sommer von der FAZ zu Real Madrid wechseln?

  34. […] Stefan Niggemeier mosert über das letzte Zeitmagazin – zumindest über 3/4 der Artikel zum Schwerpunktthema Journalismus. Auch wenn man mir neuerdings Befangenheit unterstellen darf, schwörre isch, daß ich darin zufällig nur den großartiken Artikel gelesen habe, von dem auch er knapp erwähnt, daß er ihn gut findet: Immerhin: Heike Faller hat für das Special in einem lesenswerten Artikel nachvollzogen, warum praktisch keine Zeitung vor der drohenden Finanzkrise warnte und, wichtiger noch: Warum die Mechanismen des Journalismus so sind, dass es auch beim nächsten Mal wieder so käme. [stefan-niggemeier.de] […]

  35. Sie treffen den Nagel auf den Kopf! Nach meinem Eindruck hat sich das Zeit-Magazin schon lange vom echten Journalismus verabschiedet. Dort wird nicht mehr recherchiert, sondern selbstverliebte Egomanen „berichten“ darüber wie sie selbst Prominente treffen und sich dabei total wichtig fühlen, wenn sie nicht wieder irgendein Lebensgefühl (mit Haltbarkeit bis nächsten Donnerstag) erfinden. Und die Selbstkritik hätte mal erklären können, wie „journalistisch“ das Verhältnis zwischen Armbanduhren-Berichterstattung und Anzeigenwerbung eigentlich gestaltet wird. Ärgerlich, peinlich, aber symtomatisch für die Wende vm Journalismus zum Lifestyle. Dann aber lieber gleich „Petra“ lesen!

  36. warum sich deutsche Medien so schwer tun, sich mit handelsüblichen journalistischen Mitteln dem Phänomen der “Bild”-Zeitung zu widmen

    Steile These: Aus dem gleichen Grund, warum Olli Geissen mit „Die ultimative Chartshow“ Leichen fleddert oder bei DSDS immer die gleichen Balladen misshandelt werden: Konsens tut nicht weh, Neues birgt Risiko?

  37. lieber herr niggemeier, ich komme nicht seit einem halben jahrzehnt in jedem bildkritischen text vor, 2004 habe ich mich zweimal im „tagesspiegel“ zum thema geäußert und nun, sechseinhalb jahre später, noch einmal im gespräch mit dem zeit magazin.
    gruß, heike-melba fendel

  38. „Das ist eine Kunst: beim Reflektieren und Nachdenken so uneinsichtig und arrogant zu wirken.“

    Als ich den Satz gelesen habe, habe ich mit mir selbst gewettet, dass bestimmt irgendjemand in den Kommentaren „Ätsch, selber arrogant!“ schreiben würde. Und hey! Ich hab gewonnen! *drink*

  39. Lieber Herr Niggemeier, ich teile Ihre Einschätzung in vollem Umfang. Selbst Journalistin, bin ich zunehmend angewidert von der gesamten Branche, in der ich mich bewege. Und auch ich bin diese BILD-Schelte insofern leid, als dass die Boulevardisierung doch mittlerweile längst in allen (auch den angeblich so seriösen) Medien verbreitet ist. Da ist es sicher besonders (selbst-)entlastend, wenn man mit dem Finger auf die böse BILD-Zeitung (die auch ich verabscheue) zeigt.
    Von der Schlagzeile im Zeit-Magazin hatte auch mir etwas erhofft – und bin, wie Sie, enttäuscht. Das hatte nichts von wirklicher Selbstkritik, ist vielmehr wie die Sache mit den Fragebögen, in denen nach der eigenen Schwäche gefragt wird, und alle schreiben „Ungeduld“. Tut nicht so weh. Ist nicht so schlimm.
    Schade. Chance verpasst. Wieder mal.

  40. „Ich habe mich aus dem Geschäft der täglichen „Bild”-Beobachtung ein bisschen zurückgezogen, …“
    Das ist ja nun auch schon eine Weile her und man weiß es. Zu meiner Verwunderung las ich heute in Wikipedia verwundert im Eintrag über Stefan Niggemeier:
    „Er ist der Gründer und heutiger Herausgeber des medienkritischen Watchblogs Bildblog.“ (Hervorshebung durch mich).
    Kann das mal jemand ändern, der sich da auskennt? Danke.

  41. Herr Niggemeier, ihre Replik auf einige Kommentare hier lautet wie? Vermisse Selbstkritik…

  42. S. Niggemeier fragt: „Ich weiß nicht, warum sich deutsche Medien so schwer tun, sich mit handelsüblichen journalistischen Mitteln dem Phänomen der „Bild”-Zeitung zu widmen“

    Nun der erste Schritt zur Beantwortung dieser Frage wäre es, zu erkennen dass die BILD vieles ist** … nur keine Zeitung!

    (**) Boulevardblatt, Anzeigenblatt, Hetzblatt, Grillanzünder … taugt jedoch nicht als Klopapier, man wäre (vom) hinter(n)her noch schmutziger als zuvor ;-)

  43. @52-Katharina

    Bild wirkt durch seine Stilistik subversiv in das Denken der Menschen, benutzt eine Rhetorik, die Erregung und Aufmerksamkeit erzeugt, wo eigentlich Gleichmut und Ignoranz angebracht sind und macht aus Banalitäten Themen.
    Dumm nur, dass auch vermeintlich gebildete Menschen diesem Stil erliegen, sich über Dinger ereifern, die die Erregung nicht wert sind und sukzessive bewegt man sich auf diese Form des Journalismus zu.
    Und was passiert den morgens in Redaktionen, wenn der Stapel Tageszeitungen zur Lesung auf dem Tisch landet? Alles greift zur Boulevardpresse und übernimmt die Themen der Schmierenblätter als Aufhänger für die eigene Redaktionskonferenz.
    Wer will sich schon mit komplizierten CDOs oder Zinsderivaten beschäftigen, wenn sich mit Polarisierung und Simplifizierung viel leichter Aufmerksamkeit erhaschen lässt.
    Deswegen Hände weg und den eigenen Kopf bemühen.

  44. Es gab einen guten Satz im ganzen Zeit-Magazin, der das eigentliche Dilemma des Journalismus beschreibt: „Journalisten suchen nicht nach der Wahrheit, sondern nach Geschichten.“
    Der Umgang mit der Wahrheit und dass diese auf der Suche nach einer guten Geschichte immer öfter auf der Strecke bleibt, war das Thema, was ich nach der großspurigen Ankündigung auf S. 1 der ZEIT erwartet hatte – und weshalb ich mir leider die Ausgabe gekauft habe… große Enttäuschung.

  45. Sehr geehrter Herr Niggemeier, lieber Stefan.

    Schade, dass Sie sich nur dem Bild-Beitrag gewidmet haben, ist doch das aktuelle Zeit-Magazin fast in Gänze eine mediale Bauchnabel-Schau, die mehr Fragen offen lässt, als sie zu beantworten.

    Ratlose Wirtschaftsredakteure, die die Gefahren von Spekulationen nicht erkannten oder erkennen durften oder erkennen wollten.
    Arme Leserbriefredakteure, die zunehmend vom wütenden Leser-Mopp attackiert werden und offensichtlich nicht verstehen, dass Widerspruch leichter formuliert ist als Zuspruch und deswegen an sich selbst verzweifeln.
    Wie alle Systeme ist auch das Mediale in aller erster Linie ein selbst referenzielles, doch ist seine Bedeutung für das Gelingen von Demokratie so essentiell, dass die Beschäftigung mit BILD eher zweitrangig ist bei der grundsätzlichen Krise öffentlicher Wahrnehmung.

  46. Clint:
    Mit der „Wahrheit“ ist das immer so ne Sache. Ich glaube, als Journalist sollte man nicht dem Glauben verfallen, „die“ Wahrheit entdecken zu wollen. Meist nämlich gibt es deren mehrere.

    Ich kenne auch viele Leute, die toll recherchieren, aber keine Geschichte erzählen können. Die würden dann lieber einen Meter Akten präsentieren. Ist aber irgendwie unpraktisch.

    Insofern bin ich schon mal zufrieden, wenn einer halbwegs recherchieren kann und daraus eine gute Geschichte macht. Mit etwas mehr Fleiss hätte das Zeit-Magazin auch eine bessere Bild-Geschichte hingelegt.

  47. @ Gorger
    Also ich lese ja auch das „Zeit“-Magazin, weil es nun mal da drinliegt, und meine Zustimmung findet es meist nicht. Ich bilde mir ein, daß das fühere „Zeit“-Magazin besser war (kann das aber jetzt nicht wirklich begründen).

    Wenn Sie die Leser in der kulturellen Oberschicht verorten, okay. Dann muß man aber auch deutlich sagen, daß diese sog. Oberschicht nicht die hellste ist. Das hätte einen dann ja auch ernstlich verwundert.

  48. Die Ankündigung einer „journalistischen Selbstkritik“ ist nur eine große Scheinheilgkeit. In Wahrheit – und das scheint durch fast jeden dieser Zeit-Artikel durch – ist es doch nur ein Vorwand für Journalisten, endlich mal über Journalisten zu schreiben. Und wie zu erwarten kommt dabei zwischen den Zeilen (das haben Sie hervorragend herausgearbeitet!) das ganze Ausmaß der Selbstgefällig und Selbstverliebtheit, das ganze peinliche Sich-Wichtignehmen so sehr zum Vorschein, dass es den Leser nur noch mehr entfremdet. Dabei kann man diese Redakteure ja vestehen: Sie wollen auch mal mit aufs Bild. Es muss sehr frustrierend sein, immer nur über die anderen zu schreiben, die etwas Originäres leisten und selbst stets nur der Nacherzähler fremder Geschichten zu sein. Daher rührt diese realitätsfremde Überheblichkeit: aus einem professionellen Minderwertigkeitskomplex.

  49. Wer sehen will, was Journalisten anrichten, muss vielleicht auch mal nach Großbritannien schauen und auf die Selbsrgerechtigkeit, mit der dort Journalisten (und im Bunde mit ihnen nicht selten Polizisten) Gesetze brechen, Bürgerrechte missachten, und das noch als „Schutz der Demokratie“ rechtfertigen.

    Ok, BILD nervt, aber ihr Pendant, die „Sun“, ist in GB noch die netteste der Boulevard-Zeitungen.

  50. Der Eindruck, den das Titelbild und die Schlagzeilen wohl auf die ganz normalen Menschen gemacht haben, wird hier bisher gar nicht bedacht. Alle reden nur über unzulängliche Inhalte? Wichtig sind aber diese ersten und direkten Impulse, finde ich. Bei den Erfahrungen, die manche Bürger meist ohne eigenes Zutun mit Zeitungs- oder Fernsehteams gemacht haben, kann das wie eine Befreiung gewirkt haben. Nur die drei Sätze schon. Eine Bestätigung, dass ihr diffuses Unbehagen richtig ist, ein Zurechtrücken. Ich finde das genial – und nötig!! Jeder Vorfall in der Nachbarschaft kann Medienberichte auslösen und dann staunt man, was da steht oder erzählt wird. Oder erschrickt. Und fühlt sich benutzt. Von Leuten, die sehr egoistisch doch nur ihre Auflage im Blick haben. Deshalb schreibt eben der Redakteur im Magazin darüber und ich glaube es wird nachvollziehbarer dadurch. Es ist doch gut, wenn darüber mehr nachgedacht wird! Ob aus egozentrischen Motiven oder weshalb, ist mir recht egal dabei.

    Und ich habe sehe es bei anderen Themen, die so offensichtlich werden, dass sie sich nicht mehr verbergen lassen, sie werden dann irgendwann aufgegriffen, gesendet und gedruckt. Nur oft nicht immer von denen, die man als seriös empfindet. Dann doch lieber so?!?

  51. Bin kein Bild-Leser, überhaupt kaum Konsument von alten Medien.

    Die Geschichte mit Charlotte Roche und der Bild kannte ich nicht. Bis ich den Zeit-Artikel über die Bild-Methoden im Web las. Der Artikel war nicht besonders spannend (und viel zu lang, ebenso wie der Blogeintrag hier!), aber für mich hat er einen ganz guten Eindruck über die Abartigkeit der Bild (die natürlich auch vorher schon klar war) gegeben.

  52. Danke für den Hinweis auf die Media Coffee Veranstaltung. Man kann es da nachhören. Es wurde darin ein interessanter Satz gesagt: dass die Medien für viele Bürger auch zu den gesellschaftlichen Gruppen gehören, die stark an Vertrauen verloren haben. Das müßte man versuchen, wenigstens teilweise zurück zu gewinnen. Wie soll sonst eine Demokratie funktionieren? Wenn sie davon ausgehen müssen, dass das meiste übertrieben oder irgendwen ausbeutend ist? Sie werden dann den anderen Infos und Nachrichten vielleicht auch kaum wirklich glauben.

  53. ZEIT, ZEIT ONLINE, die Community und die Zensur – von Selbstkritik keine Spur.

    „Gestern kündigte Sebastian Horn, der leitende Community-Redakteur bei Zeitonline, ein nach reiflicher Überlegung beschlossenes, neues Leserartikel-Projekt an: der nach dem Relaunch im September 09 bereits verordnet ordnungslose, verschämt versteckte Leserblog wird nämlich heute dicht gemacht.“

    http://www.freitag.de/community/blogs/dame-von-welt/zeit-community-vorhang-und-schluss

  54. Sehr guter Text. Mich nervt schon lange, dass die Kritik an Bild (so berechtigt sie auch ist) den Eindruck entstehen lässt, die „seriösen“ Medien wie Zeit, SZ, FAZ etc seien frei von Irrtümern, Manipulation, Klischees, Mauscheleien und Selbstbeweihräucherung. Bei Bild weiß wenigstens jeder, dass der Inhalt zu 99% erstunken und erlogen ist. Aber bei Zeit &Co geben sich gerade unsere kritischen Intellektuellen dem Gefühl hin, sie hätten es hier mit unbestechlichem Journalismus zu tun.

  55. Bin sehr froh, dass ich dem Journalismus beruflich den Rücken gekehrt habe! Darüber zu lesen, ist an dieser Stelle allerdings immer wieder ein Riesen-Spaß! Danke!

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