FAZ: Was wissen Professoren schon vom Geldverdienen?

Die deutsche Presse setzt ihre Desinformations- und Diffamierungskampagne fort. Im publizistischen Kampf für ihr eigenes Leistungsschutzrecht setzt heute Reinhard Müller auf der Titelseite der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen drauf drunter.

Zunächst überrascht er mit der Feststellung, dass Google „kein internationaler Wohlfahrtsverband“ sei, „sondern auch mächtiger Arm der amerikanischen Regierung“. Das war mir tatsächlich neu.

Dann erwähnt Müller immerhin, dass es noch andere Kritiker an dem Gesetzesvorhaben gibt:

Aber sind nicht auch die Jugendorganisationen aller Parteien dagegen? Erklärt uns nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, die Verlage müssten eben mehr investieren? Weisen nicht Professoren auf das angeblich überholte „Geschäftsmodell Zeitung“ hin? Gewiss: Wer sein Geld nicht selbst verdienen muss oder vom Staat bezahlt wird (also von allen Steuerzahlern unabhängig von seiner Leistung getragen wird), der kann leicht den Marktliberalen spielen. Es kostet ja nichts.

Das ist ja praktisch. Die FAZ muss sich nicht inhaltlich mit der Kritik auseinandersetzen, weil sie eh nur von Schnorrern und Soziale-Hängematten-Bewohnern kommt. Weil in den Jugendorganisationen von CDU/CSU, FDP, SPD, Grünen und Piraten, die gemeinsam vor dem Leistungsschutzrecht warnen, auch Schülerinnen und Schüler sind, die möglicherweise noch keine Zeitung austragen, kann man ihre Äußerungen getrost ignorieren. Und Professoren sollen erst mal schön in der privaten Wirtschaft ihr Geld verdienen, ehe sie uns mit ihrem Expertentum belästigen.

Die FAZ hat — ebenso wie die „Süddeutsche Zeitung“ — ihre Leser bis heute nicht darüber informiert, dass es eine gemeinsame Erklärung namhafter Urheber- und Medienrechtler gibt, in der sie vor „unabsehbaren negativen Folgen für die Volkswirtschaft und die Informationsfreiheit in Deutschland“ warnen, wenn das Leistungsschutzrecht kommt. In dieser Erklärung ist übrigens in keiner Weise von einem angeblich überholten „Geschäftsmodell Zeitung“ die Rede.

Die FAZ verschweigt ihren Lesern relevante Kritik und diffamiert pauschal die Kritiker. Ausgerechnet die FAZ, die bei diesem Thema seit Jahren beweist, dass sie zu einer unabhängigen, ausgewogenen, fairen Berichterstattung nicht willens oder fähig ist, spricht den Professoren ab, vernünftig urteilen zu können, weil sie ja vom Staat bezahlt werden.

Reinhard Müller verantwortet bei der FAZ die Seite „Staat und Recht“, auf der vor drei Jahren Jan Hegemann, ein bezahlter Interessensvertreter von Axel Springer, als scheinbar unabhängiger Experte für das Leistungsschutzrecht werben durfte. An gleicher Stelle erschien in diesem Jahr erneut versteckte Eigenpropaganda: ein weiterer Gastkommentar pro Leistungsschutzrecht von einem vermeintlich unabhängigen Experten, der in Wahrheit ein Verlagsvertreter ist.

Laut Reinhard Müller diskreditiert es Teilnehmer an der Debatte, wenn sie möglicherweise vom Staat (oder von ihren Eltern) bezahlt werden. Es diskreditiert sie nicht, wenn sie von den Verlagen bezahlt werden.

Frederic Schneider hat vor drei Tagen sein FAZ-Abo gekündigt, weil deren einseitige Berichterstattung über Google und das Leistungsschutzrecht „der journalistischen Institution FAZ nicht würdig“ sei. Aber Schneider ist ja bloß Kreisvorsitzender der Jungen Union Main-Taunus. Auf solche Leute, die womöglich nicht einmal ihr eigenes Geld verdienen, können die FAZ und Reinhard Müller gut verzichten.

126 Replies to “FAZ: Was wissen Professoren schon vom Geldverdienen?”

  1. Das Anonnement kündigen, weil die Zeitung bei einem Thema dämliche Propaganda betreibt? Na ja, das erscheint mir ähnlich undifferenziert wie die Kampagnen.

  2. Das ist ja witzig.
    „Man darf Leute nicht ernst nehmen, die vom Staat bezahlt werden, weil die ja keine Ahnung haben, wie man auf dem freien Markt Geld verdient, deswegen hört denen nicht zu, die uns dafür kritisieren, dass wir unser Geld jetzt auch vom Staat haben wollen, weil wir keine Ahnung haben, wie wir auf dem freien Markt Geld verdienen sollen!“

  3. 3: Wenn eine Zeitung hier so dermaßen beweist, dass sie ausschließlich nach eigenen wirtschaftlichen Interessen berichtet, wird sie dies sicherlich auch bei anderen Themen machen.

    Die Debatte um das LSR hat immerhin schön präsentiert, wie unsere Medienlandschaft wirklich tickt.

  4. @Sascha #3: Was wäre denn sonst ein guter Grund, sein Abo zu kündigen? „Propaganda“ (oder zumindest unausgewogene Berichterstattung) dürfte doch zumindest unter die Top 3 fallen…
    Bei mir persönlich ist es Platz 1. Aber vielleicht bin ich auch nur naiv wenn ich von einer Zeitung wie der FAZ oder SZ ausgewogene Berichterstattung erwarte… (ich bin aber nicht so naiv, das von z.B. der Bild zu erwarte. Es besteht noch Hoffnung für mich)

  5. @Sascha Stoltenow

    Was soll man als Leser sonst tun? Leserbrief schreiben?

    Ich bin glücklicherweise in keiner solchen Lage, mir eine Kündigung zu überlegen. Ich abonniere keine deutsche Zeitung, alle ( bis auf den Freitag vielleicht) langweilig.

  6. Zu vielen gesellschaftlich relevanten Themen veranstalten Zeitungen und Zeitschriften ab und zu ein „Pro“ und „Contra“. Zwei Experten oder auch Redakteure (schließt sich nicht aus) äußern in Form eines Interviews oder eines Kommentars ihre Ansicht zum jeweiligen Thema, s0 dass der Leser anschließend über die verschiedenen Argumente informiert ist.
    Zum Thema LSR habe ich bis jetzt noch kein solches „Pro“ und „Contra“ gesehen, woran das wohl liegt?

  7. Laut Reinhard Müller diskreditiert es Teilnehmer an der Debatte, wenn sie möglicherweise vom Staat (oder von ihren Eltern) bezahlt werden. Es diskreditiert sie nicht, wenn sie von den Verlagen bezahlt werden.

    Natürlich nicht. Die Verlage sind ja – in den Augen der Verlage – die Guten. Wer für die arbeitet und schreibt, kann gar nichts Böses tun. Das Leistungsschutzrecht ist – anders als die ganzen Schmarotzer uns weismachen wollen – unverzichtbar für das Überleben der Demokratie und überhaupt des ganzen Abendlandes.

    Wer sollte uns Dummchen denn aus der unüberschaubaren Nachrichtenflut das herausfiltern, was wir wissen müssen, was wichtig ist und uns nicht auf falsche Gedanken bringt?

    Eben.

  8. Erinnert sei auch noch einmal daran, dass sich der BDI und mit ihm 25 Mitgliedsverbände gegen das LSR ausgesprochen haben. Und die stehen für Zehntausende Unternehmer und Millionen Arbeitsplätze. Nicht dass das die Herren Kolumnisten aus dem Blick verlieren …

  9. Es ist ja in dem Artikel nicht die Rede davon, dass es grundsätzlich irgendjemanden diskreditiert, wenn er sein Geld vom Staat erhält. Nur wird auf die durchaus bizarre Situation hingewiesen, dass gerade beim Thema LSR auf einmal Leute marktradikale Positionen einnehmen, die beruflich mit Märkten nicht so viel zu tun haben.
    Frank Schirrmacher hat Wolfgang Blau als Beispiel gebracht, der selbst mit Zeit Online „niemals auch nur eine halbschwarze Zahl schrieb“: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/zukunft-des-journalismus-das-heilige-versprechen-11970610.html

  10. @Frank Reichelt
    Das habe ich mich auch schon gefragt. Aber bei der Zeit gab es eines: http://www.zeit.de/2012/39/Leistungsschutzrecht-Netzpolitik-Internet-Presse/komplettansicht

    @hecke
    Gegen das LSR zu sein bedeutet nun wirklich keine marktradikale Position. Ob aber jemand, der seine berufliche Laufbahn an Hochschulen, bei der Staatsanwaltschaft und als leitender Redakteur bei der FAZ verbracht hat, der richtige ist, um über die Härten des Marktes zu urteilen, bezweifle ich. Da fragt man wohl besser mal einen freien Journalisten.

    Ich war erst skeptisch, was Googles offenen Eintritt in die Arena anging, finde aber inzwischen, daß es das Beste ist, was dieser Scheindebatte passieren konnte. Daß sich alle überregionalen Tageszeitungen derart entblößen, hätte ich vorher nicht für möglich gehalten.

    Es ist keine Frage, ob eine unabhängige Presse in ihrer Gesamtheit für die Gesellschaft unverzichtbar ist. Aber die Art, in der sich jeder Journalist als einzig Schaffender geriert, den Wert und die Schöpfungshöhe jeder anderen kreativen Leistung in geradezu kränkender Weise herabsetzt, läßt mich daran zweifeln, ob diese Leute die richtigen sind, die Welt zu beurteilen.

  11. „Frederic Schneider hat vor drei Tagen sein FAZ-Abo gekündigt“
    Das halte ich für übertrieben. Ich behalte meines.

    Da hat die FAZ aber einen großen Teil ihrer Abonnenten verärgert. Der Professorenanteil ihrer Leserschaft ist nämlich sehr hoch.

  12. Lustig, ich hatte gerade die URL der Online-Version von Muellers Artikel kopiert, um sie als Kandidat fürs LSR-Limbo ins Rennen zu schicken…
    Ob sich die FAZ traut, ‚mal per Allensbach zu testen, wie gut ihre Desinformation wirkt? Ich stelle die steile Behauptung auf, dass 80% der Menschen, die DSL von DSF unterscheiden koennen, gegen das LSR sind. Also insgesamt vermutlich 60% der Wahlberechtigten.

    @13, Hecke.
    Das ist natuerlich Unfug, was Sie da schreiben. Die erwaehnten Leute vom Max-Planck-Institut machen beruflich kaum was anderes, als sich mit VWL und Innovation(spolitik) zu beschaeftigen.
    Was daran marktradikal sein soll, sich gegen das LSR einzusetzen, sollten Sie bitte auch noch erklaeren.
    Ich fand es im Gegenteil ziemlich spannend, mit welchen Argumenten Unions-Abgeordnete im BT jongliert haben. Tenor: Wenn es dem einen Marktteilnehmer schlecht geht und dem anderen gut (in diesem Fall vollkommen unabhaengig von moeglichen Ursachen), dann solle selbstverstaendlich ersterer ein Stueck vom Kuchen abbekommen.
    Und jetzt alle: Sozialismus!!

  13. An dieser Stelle möchte ich dann auch noch mal daran erinnern, dass die F.A.Z. zu 93,7% der Fazit-Stiftung gehört, die das Stiftungsziel wie folgt angibt:

    „Gegenstand des Unternehmens FAZIT-STIFTUNG Gemeinnützige Verlagsgesellschaft mbH ist gemäß der Satzung die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, u. a. durch die Vergabe von Stipendien für die Ausbildung im Zeitungswesen (z. B. an Journalistenschulen) und Stipendien für Promotion und Habilitation an Universitäten und Technischen Hochschulen.

    Darüber hinaus können Universitäten, Technische Hochschulen und Fachhochschulen sowie Forschungsinstitute der Max-Planck-Gesellschaft, aber auch Museen und kulturelle Einrichtungen sowie Projekte der freien Wohlfahrtspflege der Stadt Frankfurt am Main unterstützt werden.

    Die Erträge aus den Beteiligungen an der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH und der Frankfurter Societät GmbH werden ausschließlich für die genannten gemeinnützigen Zwecke verwendet.“ — Quelle: http://www.fazit-stiftung.de

    Es sollen also Personen gefördert werden, die in einem Artikel beleidigt werden — seltsam! Was passiert denn, wenn gegen das Stiftungsziel so offensichtlich verstoßen wird? Wird dann die Gemeinnützigkeit aberkannt? Müsste man die Verlagsleitung rausschmeißen? Nur mal so gefragt …

  14. @Sannie: Natürlich ist es keine marktradikale Position, gegen das LSR zu sein. Mit „marktradikal“ meine ich die Einstellung, dass diese altmodischen Zeitungen ruhig alle pleite gehen können. Und alle, die von ihnen leben, arbeitslos werden sollen, weil sie ja schließlich selbst schuld sind. Und das kommt teilweise von Leuten, deren eigene Entlohnung nicht vom Markt geregelt wird.

    Andere Frage: Jeder Journalist geriert sich als einzig Schaffender und setzt den Wert und die Schöpfungshöhe jeder anderen kreativen Leistung in geradezu kränkender Weise herab?
    You cannot be serious.

  15. Ich sehe die Verleger und Journalisten in dieser Debatte als Betroffene, die zu einem neutralen Urteil derzeit nicht in der Lage sind, weswegen es ihnen auch nicht gelingt, eine klare Position ihrer eigenen Stärken zu formulieren.

  16. @ Sanníe

    Danke für den Link, war klar, irgendwo da draußen gibt es das gesuchte!
    Jetzt könnte man natürlich wieder monieren, dass zuerst das Contra und dann das Pro kommt. Ob das daran liegt, dass das zuletzt gelesene einem länger im Gedächtnis bleibt? Das wäre vermutlich zu weit hergeholt…!

  17. @Hecke: Einen merkwürdigen Begriff von „marktradikal“ verwendest du da meiner Meinung nach.
    Was hat es denn mit „Markt“ zu tun, ob ich will, dass Zeitungen pleite gehen und bestimmte Leute arbeitslos werden, oder ob ich das nicht will?

  18. Die FAZ wettert jetzt gegen – vermeintliche – „Marktliberale“. Dass man das noch erleben darf. ;-)

    Wenn´s darum geht, noch ein paar Milliönchen zu erhaschen, sind die eigenen Grundsätze aber flott außenbords.

    Ansonsten: peinlich, peinlich. FAZ-Müller reiht sich nicht nur ein in die Riege der Propaganda-Lohnschreiber, er möchte wohl ganz weit vorne stehen.

  19. Die Debatte um das Leistungsschutzrecht wird den Verlagen noch sehr schaden. Sie entlarvt so offensichtlich die Verlogenheit der „Qualitätspresse“, sobald es um die eigenen Interessen geht. Ich zumindest werde keines der im Raume stehenden Holzmedien vermissen und kann gut auf die FAZ verzichten.

  20. @Muriel: Zu glauben, dass alles, was Schwierigkeiten hat, am freien Markt zu bestehen, in unserer Gesellschaft nicht gebraucht wird, würde ich als marktfundamentale oder marktradikale Einstellung bezeichnen.
    Wenn du willst, dass Leute arbeitslos werden, hat das natürlich erstmal nichts mit „Markt“ zu tun, sondern ist im Zweifel vielleicht einfach eine Frage des persönlichen Geschmacks.

  21. Es ist die ohnehin und ganz allgemein die billigste aller Diversionsmöglichkeiten, wenn man eine wissenschaftlich begründete Meinung einfach damit abtut, dass sie angeblich aus einem akademischen Elfenbeinturm kommt, in dem man von der Praxis nichts mitbekommt.

    Der deutsche Professor ist spätestens seit dem „Professor aus Heidelberg“ verblüffender Weise zum Schimpfwort geworden. Das ist auch eine sehr bedenkliche Entwicklung für den Wissenschaftsstandort Deutschland.

    Vorallem aber ist es für Mitdenkende Leute eines: Ein Grund, die Zeitung nicht zu lesen, die von Leuten gemacht werden, die einen auf so unverblümte Art und Weise für dämlich verkaufen wollen.

    Dabei kommt es übrigens gar nicht darauf an, wer mit seinen Argumenten in dieser Diskussion tatsächlich recht an, sondern es reicht schon aus, dass hier überhaupt versucht wird mit derart unwürdigen Mitteln zu „argumentieren“.

    In meiner Zeitungsabo-Rotation wäre als nächstes die FAZ dran gewesen. Ich sage das nicht aus Internetkommentarspaltenmäßiger Schau-Empörung heraus, sondern so etwas stimmt mich wirklich skeptisch, ob ich der FAZ überhaupt eine Chance gebe.

    Danke also für den Hinweis.

  22. Zu glauben, dass alles, was Schwierigkeiten hat, am freien Markt zu bestehen, in unserer Gesellschaft nicht gebraucht wird, würde ich als marktfundamentale oder marktradikale Einstellung bezeichnen.

    Es ist auf jeden Fall eine ziemlich unsinnige Einstellung, da gebe ich dir Recht.
    Kennst du jemanden, der die vertritt?

  23. Wie wäre es, wenn die Zeitungsverlage sich mal ein Vorbild an der c’t nehmen würden? Zwar schwinden auch deren Leser, aber bei weitem nicht so heftig wie bei den Tageszeitungen.

    Und wie macht die Zeitschrift das? Sie veröffentlicht das Printmedium, das nur zu kleinen Teilen auch online erscheint, nur zweiwöchentlich. Tagesaktuelles Geschehen wird auf dem Online-Newsticker verwurstet – und ein Digest kommt noch in die Printversion. Ansonsten steht in der Totholzausgabe allerlei, was etwas mehr Tiefgang als das tägliche Einerlei benötigt.

    Die Zeit macht das doch auch so ähnlich. Und ist erfolgreich, traut man den IVW-Zahlen. Also was nun?

  24. @Hecke
    gemeint sind natürlich die Journalisten, die hier beim Limbo mitmachen. Zwei Beispiele, die mir für oben zu lang waren:

    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/leistungsschutzrecht-von-googles-gnaden-11977949.html
    Müller in der FAZ nennt (wohl Pressespiegel-Anbieter)

    „Dienstleister“, die Auszüge aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und aus anderen Medien zusammenklauben und sie dann verkaufen. Diese Inhalte suchen sich die Anbieter im Internet

    Ich halte das ja für journalistische Arbeit: zusammenzutragen, zu bewerten und zusammenzustellen. Müller nennt es „geistiges Diebesgut“. Sollte das wirklich Verachtung verdienen, daß diese Leute mit ihrer Arbeit Geld verdienen, nur weil sie auf Leistungen anderer aufbauen? Ich sehe keinen Unterschied zum Zeitungsjournalisten, der ja auch über die Werke anderer schreibt. Sollen die auch alle an den Einnahmen beteiligt werden?

    http://www.shz.de/artikel/artikel/die-freiheit-des-ausschlachtens.html
    Stephan Richter, shz, meint:

    Auf jeden Fall kostet es mehr Arbeit, als die Leistung anderer ungebührlich zu nutzen und sich ansonsten nicht den Kopf zu zerbrechen.

    Achso, hat Google da nur ein paar Computer hingestellt und sich weiter nicht den Kopf zerbrochen? Ist das, was in der Presse der „geheime Algorithmus“ genannt wird, keine schöpferische Leistung? Sind diese Leute, die sowas schreiben, so schlicht oder so abgehoben?

    > dass diese altmodischen Zeitungen ruhig alle pleite gehen können
    Nein, der Meinung bin ich ganz und gar nicht. Ich glaube, daß Tageszeitungen auf Papier sterben _werden_ .

  25. Vermutlich gehöre ich zu jenen Professoren, über die sich Herr Müller so überaus sachkompetent echauffiert. Jedenfalls fühle ich mich angesprochen. Wenn Sie mal schauen mögen: http://www.texten-fuers-web.de/2012/11/zeitungszukunft-einfach-mal-die-harten-fakten/ und http://www.texten-fuers-web.de/2012/11/replik-der-schirrmacher-algorithmus-uberall-am-werk/

    Damit es keine Missverständnisse gibt: Die FAZ ist grundsätzlich eine herausragend gemachte Zeitung. Als Journalistik-Prof. wünsche ich Ihr ein langes Leben – wie ich das allen anderen Zeitungen ebenfalls wünsche. Betriebswirtschaftlicher Fakt ist allerdings: Um weiter im Medienmarkt bestehen zu können, müssen sich die Zeitungen wandeln. Auch die FAZ. So wie die Dinge liegen, steht es in der Führung der FAZ mit der Bereitschaft, diesen Wandel anzunehmen, offenbar nicht zum Besten. Und: Dies festzuhalten verliert seine sachliche Richtigkeit nicht dadurch, dass ich mein Geld beim Staat verdiene. Als P.S. übrigens noch diese Petitesse: Meine Replik zu Frank Schirrmachers Artikel „Das Heilige Versprechen“ (s.o. – zweitgenannter URL) hatte ich in der zu Ende gehenden Woche zuerst im Faznet-Forum gepostet; dort wurde er, offenbar nach Sichtung durch den Autor, nicht freigegeben und anstandslos aus meinem Profil gelöscht. So jedenfalls hat es mir der FAZ-Leserservice mitgeteilt. Kleinmütiger geht’s wohl kaum.

  26. Was mich am meisten bestürzt, dass die so schreiben, glauben, dass wir es nicht merkten. Auf der anderen Seite – wie ja schon ein Vorkommentator anmerkte – den Beweis geführt zu bekommen, wie objektiv die FAZ in eigener Sache ist, erheitert mich. Nicht.

  27. Kleine Frage an Herrn N.:
    Fehlt bei der Partien-Auflistung die Linkspartei weil sie
    für das LSR ist oder weil sie keine Partei ist oder bist du ein Fan des Bundesinnenministers? :-)

    »sondern auch mächtiger Arm der amerikanischen Regierung«

    Wow! Das ich das noch in der FAZ lesen kann.
    Eine linke Verschwörungstheorie!
    Ach was sag ich: eine linke Verschwörungstheorie!

    Wurde schon weiter oben geschrieben: für eine bischen mehr Kohle für Medienkonzerne wirft man eben alle Grundsätze über Bord.

  28. Das ist nicht das erste Mal, dass Müller in einem Kommentar auf der Titelseite so verfährt.

    Die Inhalte der FAZ würde ich aber als Berichterstattung trennen von der Positionierung in eigener Sache der Zeitung, auch wenn es zusammenfällt.

    Nach verschiedenen Aussagen wird in der JU sowieso kaum noch FAZ gelesen.

  29. Was hier etwas unter den Tisch zu geraten droht: die FAZ hat einfach eine andere Meinung. Und Stefan Niggemeier eine andere. Die Interessen der FAZ sind klar. Die von Google auch. Dazwischen die von Stefan Niggemeier fast halbtäglich und erstaunlich manisch verbreiteten Motivationsforschungen, Enttarnungen, Überführungen deutscher Verleger und ihrer willigen Journalisten. Das Ganze über ein Gesetz, das jetzt erst an die Ausschüsse verwiesen wurde, in dieser Legislaturperiode nicht mehr zustande kommen wird, vieleicht sogar nie. Dennoch ist die Niggemeiersche Rhetorik die des „Haltet den Dieb“, „Gefahr im Verzug“- denn es geht nicht um ein Gesetz, das niemand hinter dem Ofen vorlockt (Google plus hatte trotz der Googleaufforderungen gerade mal 3000 plus – ein PR-Desaster), es geht darum, diejenigen, die anders denken als man selbst, ihre ganze Existenz streitig zu machen.

    Vielleicht täusche ich mich ja. Ich habe die immer massiver, um nicht zu sagen, hysterischer werdende Engine in diesem Blog bei diesem Thema mit Erstaunen registriert. Wie leicht da von „Lüge“ die Rede ist und Interessen. Ich habe hier, aus ein paar allgemeinen Anmerkungen, nichts Kritisches zu Google gelesen. Nichts annähernd in der gleichen Verve. Siehe die sachliche und ebenso beängstigende Google-Analyse bei http://www.pip.net/monopoly , die glücklicherweise ihre Kreise zieht.

    Das ist schlimm. Das Ungleichgewicht eines Journalisten, der sich für das Über-Ich journalistischer Ethik hält, und nichts anderes tut als eine Propaganda-Schlacht zu führen.

    Die Journalisten tun es genauso? Ich finde den Müller-Artikel durchaus kritikwürdig, aber er trifft zugleich auch den Kern: wie kommen Professoren dazu, ein ganzes Geschäftsmodell für gestrig zu halten und aus dieser Annahme juristische Schlüsse zu ziehen? Das MPI , dessen Umbenennung in Immaterialgüter, eine Geschichte in sich ist, sucht Legitimation und Aufgaben in der digitlitalen Gesellschaft. Geschenkt. Aber damit ebenso eine Interessengruppe wie alle anderen. Ich bin selbst an der Uni, leider im geisteswissenschaftlichen Bereich: die Haltung des MPI ist für Wissenschaftler, die nicht von Formeln und nicht von Beratung leben sondern von dicken Büchern über Goethe oder Marx ein berufliches Disaster – und für ihre Studenten auch. Denen wird nichts anderes übrigbleiben als beim ö-r Rundfunk unterzukommen. Oder an der Uni.

    Bleibt Niggemeier auf seiner Planstelle des journalistischen Ethikers. Finanziert von einem Printprodukt, das lieber heute als morgen ein Leistungsschutzrecht hätte, weil die Online-Vermarktung auf Mobilgeräten nicht funktioniert. Leistungsschutzrecht heisst: Google soll zahlen. Alles andere ist sekundär.
    Ich masse mir kein Urteil an, ob das sinnvoll ist oder nicht. Das Schauspiel wie ein Journalist die Geschäfte eines der grössten Giganten der Neuzeit unwillentlich (I presume) betreibt ist kritikwürdig. Alles was er den Verlagen vorwirft, fällt auch auf ihn zurück. Google – eine Analyse zu Google, eine Alternative, ein Hinweis auf andere Suchmaschinen und er wäre glaubwürdiger. Greulich.

  30. @Ein Widerspruch in sich selbst:

    Alles was er den Verlagen vorwirft, fällt auch auf ihn zurück.

    Wenn ich das richtig überblicke, wirft er den Verlagen knapp zusammengefasst vor, zu lügen, um damit ihr eigenes Anliegen als gesamtgesellschaft unverzichtbar darzustellen und ihre politischen Gegner zu verleumden.
    Und das fällt auf ihn zurück?
    Vielleicht habe ich es ja nur übersehen, deswegen wäre ich sehr dankbar, wenn Sie mir vielleicht aufzeigen könnten, wo Herr Niggemeier gelogen hat, um seiner Sache zu dienen?

  31. @32

    „Ich habe hier, aus ein paar allgemeinen Anmerkungen, nichts Kritisches zu Google gelesen. Nichts annähernd in der gleichen Verve. Siehe die sachliche und ebenso beängstigende Google-Analyse bei http://www.pip.net/monopoly , die glücklicherweise ihre Kreise zieht.“

    an dem, was philipp klöckner schreibt, ist viel wahres dran, nur, das ist in diesem zusammenhang vollständig irrelevant. den initiatoren des lsr geht es nicht um die kritisierung oder gar zerschlagung eines monopols, sondern um den bestmöglichen deal mit eben jenem.

    nebeneffekt dieser lsr-initiative ist nun, dass google auf einmal tatsächlich auf der seite der „guten“ (also junge menschen, wissenschaftler, freiheitsaktivisten) steht, und das nicht, weil google sich selbst dort hingestellt hätte, sondern weil sie von springer & co durch diese initiative dorthin geschoben wurden.

    alles nicht so einfach …

  32. Ich habe leider mein FAZ-Abo bereits vor einem halben Jahr gekündigt, nun kann ich es leider nicht mehr aus Protest kündigen. Die LSR-Kampagne ist wirklich unwürdig. Aber auch die Rettungsschirmkampagne (50% der Redaktion dafür) finde ich haarsträubend. Zu guter Letzt: Die Papieabonnenten werden mit sauschlechtem (wahrscheinlich outgesourcetem Personal) Belästigt, klappt oft nicht) Und dann zum Vollpreis des Papierabos ein „e-paper“ (nicht mehr als ein pdf) anzubieten, ist unverschämt. Eine Redaktion, die eigentlich inhaltlich so viel zu bieten hat mit einem solchem elendiglichen analogen wie digitalem Vertrieb zusammenzubinden, ist tragisch. Die FAZler sollten mal nach GB schauen, wo der economist für 5 Euro mehr im Jahr alle Inhalte auch per Web/app und als Audioversion anbietet sowie ein Archiv bis zurück zum Jahr 1996. Das werde ich abonnieren. Als Leser erwarte ich eine Digitaldividende. Ich wüsste keinen Grund, waum der Verlag gesunkene Kosten (kein Druck, keine Auslieferung und nur ein bisschen Geld für nen Server mehr) komplett alleine einstreichen sollte. Und dann noch Geld von Google schnorren wollen. Pfui

  33. @Frank
    Die Leser, die zu den Gegnern des Rettungsschirms gehören, werden heute auf dem Printtitel von Berthold Kohler persönlich als „Stammtische des Internets“ bezeichnet. Doch, ich habe den Eindruck, die Anmaßung des alleinigen Deutungsanspruchs hat dort System.

  34. @32:

    („Was hier etwas unter den Tisch zu geraten droht: die FAZ hat einfach eine andere Meinung.“)

    Ergänzend zu Muriel (#33):

    Was bei Ihnen unter den Tisch zu fallen droht: es geht hier nicht um Meinungen, sondern um Tatsachen. Es handelt sich nicht um Interpretationen einiger Tageszeitungen, sondern um deren Lügenpropaganda in eigener Sache. Verzapft von denen, die ihr journalistisches Ethos an der Garderobe der Verlags-Chefetage abgegeben haben.

    Und wenn Sie noch ein kleines bisschen den althergebrachten, etablierten Zeitungsjournalismus im Herzen tragen, dann müsste ihr Aufschrei erst recht zu hören sein. Mir jedenfalls – als Liebhaber guter Tageszeitungen – tut es weh mitanzusehen, wie hier eine kleine außertariflich bezahlte Clique ohne Skrupel versucht, den Ruf seriöser Blätter – von vielen verdienten Autoren über Jahrzehnte aufgebaut – zu schreddern.

  35. Propaganda vom Allerfeinsten. Der nächste Journalist der „Vierte Gewalt“ sagt bekommt von mir einen Einlauf, öffentlich, nter Anführung dieses Beispiels. Kann meinetwegen zisperren das Schmierblatt;) Aber was erwartest du eigentlich von der konservative Presse? Ist doch schon seit Jahren so das vermeintlich linke Standpunkte totgeschwiegen und vermeintlich konservative verstärkt werden. Stcihwort: Amplification.

  36. @38 theo – Sie haben vollkommen recht: Der Einsatz für das LSR – in der Gesamtbetrachtung des Geschäftsmodells eines Verlages doch eher ein kleiner (potenzieller) Posten (kann doch kein Verleger ernsthaft mit nennenswerten Einnahmen kalkulieren) – verursacht deutlichen Schaden am Renommee der Gattung Tageszeitung bzw. an den einzelnen „Marken“.
    Aber wo wird der Schaden erzeugt? Ich habe den Eindruck, dass unsere Aufregung hier im digitalen Raum eine gänzlich andere ist als in der „analogen Welt“, wo das Thema LSR eher eine Randnotiz ist.
    Ob das Kalkül ist? Es wird im wahrsten Sinne des Wortes „Politik gemacht“.

  37. Mal ne ganz blöde Frage. Es steht ja im Raum, ob dieses LSR nun kommt oder nicht. Aber wenn alle juristischen (?) Experten und die Industrieverbände und die Jugendorganisationen aller Parteien dagegen sind – dann dürfte so ein Gesetz doch keine Chance haben?? Die Verleger-Lobby kann doch nicht größer sein als die anderen Interessengruppen? Oder übersehe ich was??

  38. Volker Pfau:

    Den Imageschaden zu bemessen ist in der Tat schwierig. Ihn zu unterschätzen ist leichtsinnig. Ich fürchte aber, dass die Herrschaften sich darüber noch nicht einmal Gedanken gemacht haben. Sie sitzen so hoch zu Ross, dass Sie gar nicht merken, wie sie den Gaul ins sumpfige Geläuf treiben.

  39. @SvenR (#29):
    „Mein guter Herr, ihr seht die Sachen,
    wie man die Sachen eben sieht.
    Wir müssen das gescheiter machen,
    eh uns des Lebens Freude flieht.“
    (J.W. „Frankfurter“)
    Nein, im Ermst:
    „Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“ (auch aus Faust) Ich glaube, da liegts. Die Menschen (Leser) haben doch immer geglaubt, was in der Zeitung steht. Und erschreckender Waise glauben die Herausgeber dieser Papiere immer noch, die Leser würden ihnen glauben. Sie haben nicht kapiert, wie egal sie den meisten Menschen geworden sind bzw. just in diesen Wochen werden. Da geht es den Zeitungsleuten wie den Politikern. Denn die geringe Anzahl von Einsprüchen gegen das LSR-Gesetzes- vorhaben bei den MDBs ist vermutlich darauf zurück zu führen, dass die Bürger von ihren Abgeordneten auch nichts mehr erwarten. Sie ignorieren die einfach.

    Und die google-Nutzer gehen davon aus, dass sie die Dienste dieses Anbieters weierhin nutzen können, koste es (diesen), was es wolle. Bei Bedarf gibt es auch andere Dienste-Anbieter im www.

    Und damit mir des Lebens Freude nicht weiter flieht, werde ich Politiker und Zeitungen (incl. Werbung) immer mehr ignorieren. Beste Grüße.

  40. @34:
    „..Nach verschiedenen Aussagen wird in der JU sowieso kaum noch FAZ gelesen..“

    Aber die FTD ist doch weg vom Fenster. Was lesen die nun? „Neues Deutschland“?

  41. @Ein Widerspruch in sich selbst: Es geht nicht darum, welche Meinung die FAZ hat. Die FAZ darf gerne finden, dass das Leistungsschutzrecht gut und richtig ist, und sie darf auch finden, dass die Experten, die es ablehnen, unrecht haben.

    Aber wäre es zuviel verlangt von einer der beiden führenden Qualitätszeitungen in diesem Land, die Argumente dieser Experten überhaupt zu erwähnen? Was, wenn nicht das, muss ich von einer Qualitätszeitung erwarten dürfen: Dass sie mich zuverlässig, umfassend und fair informiert, unabhängig davon, ob diese Informationen in ihrem Sinne sind. Dann darf sie auf dieser Grundlage gerne eine pointierte Meinung äußern (auch wenn ich mir als Leser wünschte, dass sie nicht darauf beruhte, Google als einen Arm der amerikanischen Regierung darzustellen und die Meinung junger Politiker zu Dingen, die mit Geld zu tun haben, als per se irrelavant abzutun).

    Es geht nicht um Meinung. Es geht um Desinformation.

  42. In dieser Kritik von Niggemeier kommt vor allem eins zum Ausdruck: Dass er die Dramatik des Medienwandels nicht begriffen hat. Es gibt wahrscheinlich keinen Ort auf dieser Welt, wo man mehr Aufmerksamkeit herstellen kann als auf der Startseite von Google. Die Reichweite schlägt die der klassischen Medien um Längen. Was sagt uns das? Dass das alte Mediensystem sein Monopol verloren hat. In diesem Fall, wo es um Google selbst geht, ist es reichlich absurd, eine alte Form der Berichterstattung zu verlangen. Sie setzte nämlich voraus, was verloren gegangen ist: Das Medienmonopol.

    In jedem anderen Fall wäre die Kritik berechtigt gewesen. Weil es nämlich außer Google niemanden gibt, der das in gleicher Weise von sich sagen kann. Außer Google ist tatsächlich noch jeder andere Akteur – online oder offline – auf die Reaktion der Massenmedien angewiesen. Im übrigen sind die Artikel in der Presse als Kommentare gekennzeichnet.

    Es wäre ja ein Fortschritt, wenn man das wenigstens mitbedenkt.

    Der Hinweis auf das MPI Gutachten ist schon drollig. Hier faseln einige Damen und Herren vom Untergang des Standortes Deutschland durch das LSR – und bringen es gleichzeitig fertig, die Rolle eines Monopolisten in diesem Markt nicht zu thematisieren. Im übrigen kann man Märkte nur als solche bezeichnen, wenn es dort ein konstitutives Element namens Preisbildung gibt. Ansonsten handelt es sich um eine kostenlos zu nutzende Infrastruktur, deren Aufwand von der Allgemeinheit getragen wird – etwa durch den Staat (Steuern, Abgaben) oder private Monopole, die ihre Marktstellung entsprechend nutzen können. Etwa weil der Wettbewerb durch hohe Markteintrittshürden praktisch aufgehoben worden ist. Letzteres ist bei Google der Fall: Sie können bei den Online-Werbeerlösen durch ihre Marktstellung einen so hohen Marktanteil erzielen, dass von Wettbewerb nur reden kann, wer ganz fest die Augen verschließt. Man muss sich nur vorstellen, wenn im alten Mediensystem BILD eine vergleichbare Stellung gehabt hätte. Und das Monopol von Google hat eben die Folge, dass sie die entsprechenden Online-Aktivitäten aller anderen Akteure (wie die der Verlage) zu ihren eigenen Gunsten ausbeuten können. Für den Rest bleiben dann nur noch die Brosamen übrig. In der Wirtschaftsgeschichte ist das geradezu ein klassisches Beispiel für Monopolrenditen. Dass hier der User als Konsument von Google zum free lunch eingeladen wird, macht die Legitimation deses Monopols bei den Konsumenten möglich. Dem ist alles recht, was er (scheinbar) nicht bezahlen muss. Für die Funktionsfähigkeit von Märkten ist das aber irrelevant. Vor allem wird ihm der Monopolist die Rechnung später präsentieren, wie bei Klöckner deutlich wird. Und zwar durch Angebotsverknappung. Das war auch die Strategie von Rockefellers Standard Oil gewesen.

    Mittlerweile muss jemand wie ich, die Grundlagen neoklassischer Ökonomie den Neoklassikern erklären.

    Insofern ist die Kritik an der Nicht-Berücksichtigung des MPI in der Tagespresse durchaus berechtigt. Sie hätte zu einem dramatischen Reputationsverlust der Unterzeichner führen können.

  43. *lach* Was die FAZ vom Geldverdienen versteht, wüsste ich auch gerne. Hab die Zeitung bereits das dritte Jahr in Folge ohne irgendwelche Kosten im Abo. Wie das geht? Gefühlt alle paar Monate werden über irgendwelche Karriereportale selbstkündigende Einjahresabos verschenkt. Gegen die folgenlose Hinterlegung von Vor-/Nachname komme ich (und wohl viele andere) so zu einem Abonnement, für das sonst 500+€/anno fällig werden! Wenn das mal nicht die sogenannte „Gratis-Kultur“ nährt … Ich nehme an, dieser Wahnsinn dient dazu, den Werbekunden halbwegs passable „Reichweiten“ anbieten zu können.

  44. @EinWiderspruchinsichselbst
    Was immer Webster Tarpley da sagt (ich habe wirklich keine Lust, dafür das Topspiel der Bundesliga zu unterbrechen), er veröffentlicht im Kopp-Verlag und ist damit als seriöse Wuelle ausgefallen.

  45. @f.luebberding: Sie meinen, angesichts eines übermächtigen Gegners wie Google müsse oder sollte Journalismus nicht mehr unparteiisch, korrekt, umfassend, fair berichten? Weil diese Regeln nur in einem „Medienmonopol“ gelten bzw. funktionieren, Erklären Sie mir das? (Ich meine das nicht polemisch oder rhetorisch. Ich verstehe es wirklich nicht.)

    Und wenn es also so gute Argumente für ein Leistungsschutzrecht gibt, und so verstehe ich Ihren Kommentar, der sich ja offensichtlich nicht mit dem FAZ-Kommentar oder meiner Kritik daran beschäftigt, warum zählen so viele Kollegen nur die schlechten auf? Müsste Sie das nicht rasend machen?

  46. Selbst Herr Hanfeld in der FAZ hat sich NICHT für das Leistungsschutzrecht ausgesprochen. Er hat sogar ausdrücklich gesagt, es dürfe Aggregatoren wie Rivva nicht beschädigen und seine Zweifel angemeldet. Er hat aber auch Google angegriffen. Was ist daran unfair? Sie sind einfach Partei und kaprizieren sich auf das MPI Gutachten.

  47. Man sollte Äpfel nicht mit Glühbirnen vergleichen. Weder ist Google Monopolist, noch ist Google im selben Markt wie die Verlage tätig.

  48. Das reicht Niggemeier nicht. Er kennt nur noch Freunde und Feinde. Hanfeld in der FAZ:

    „Zum Leistungsschutzrecht kann man stehen, wie man will – darüber nachdenken, ob die Folgen zum Beispiel für Blogger und Aggregatoren wie etwa das interessante Portal „rivva.de“ vollständig durchdacht sind und ob die Verlage damit wirklich gut fahren und man mit der Durchsetzung des Urheberrechts nicht genauso weit käme. “
    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/leistungsschutzrecht-google-steht-uns-bei-11973583.html

  49. @Pit: Vielleicht könnten Sie hier bei einem Pseudonym und einer E-Mail-Adresse bleiben, das würde die Diskussion erheblich erleichtern.

    Zur Sache: Mein Kollege Hanfeld, an dem ich viel schätze, hat sich klar für ein Leistungsschutzrecht ausgesprochen. (Wogegen ja auch nichts zu sagen ist.) Er hat nur Zweifel formuliert, ob die jetzige Fassung schon ideal ist. Er hat das mit der folgenden erstaunlichen Formulierung getan:

    Den Leistungsschutz, wie er deutschen Verlagen vorschwebt, muss man bei alledem genau prüfen. Er sollte und wird sich nicht gegen Blogger und kleine Nachrichtenaggregatoren richten, die sich mit den Beiträgen der Presse auseinandersetzen.

    Er „sollte und wird“? Wie geht das?

  50. Der Artikel ist jetzt offenbar offline genommen worden. War aber auch zu erbärmlich. Ist jedenfalls in Bezug auf mich voll nach hinten losgegangen. Erst durch diese einseitige Kampagne bin ich auf diesen Blog aufmerksam geworden. Zum Glück sind die Leserkommentare bei der FAZ noch! nicht allzu sehr zensiert.

  51. Nur noch einmal zum Hintergrund:

    Google kam mit seiner Aktion auf der Startseite (!) wie Zieten aus dem Busch. Diese ist bekanntlich das große Tabu des Konzerns – dort nämlich Werbung zu platzieren. Das machen die nicht aus Fairness-Gründen, sondern weil es dem (bisherigen) Geschäftsmodell als Suchmaschine widerspricht. Die dort möglichen Erlöse wären ein Ausdruck der Monopolstellung des Konzerns – und nicht der ominösen Algorithmen. Wenn sie also in der politischen Debatte um die eigene Zukunft, dieses Tabu brechen, dann wird das einen Grund haben. Wie sollten jetzt die Verlage – oder die FAZ – darauf reagieren: In der klassischen Perspektive des neutralen Berichterstatters? Google versuchte hier erstmals seine ökonomische Machtposition direkt in publizistische und politische Macht zu transformieren.

    Google hat also selber seine Neutralität aufgegeben, die sich darin ausdrückte, seine Stellung als unverzichtbares Tool für Online-Aktivitäten nicht auszunutzen. Sie setzten ganz unverfroren auf die gigantische Reichweite ihres Angebots – dass fast jeder Deutsche auf dieses Werbefilmchen aufmerksam gemacht wird.

    Eine sinnvolle Debatte über das LSR ist das alles natürlich nicht. Das weiß ich auch. Der größte Fehler der Verlage lag darin, dass sie Keese mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt haben. Und dass – diese Kritik ist ja völlig berechtigt – sie offenkundig immer noch ein Problem damit haben, den Medienwandel nicht nur unter dieser Interessen-Perspektive wahrzunehmen. Genau dafür steht aber Keese.

    Das heißt aber nicht, das Gerede über neue Geschäftsmodelle von irgendwelchen Web 2.0 Clowns ernstzunehmen.

    Was das LSR betrifft: Entweder es gelingt Marktmodelle einzuführen, die Monopolrenditen durch Wettbewerb beschneiden. Oder man muss politisch Monopole zerschlagen. Das ist die klassische Aufgabe des Staates: Die Schaffung von Rahmenbedingungen.

    Wer sich am Ende im Markt durchsetzen wird? Mit Sicherheit nicht die „Verlage“, sondern ein Mischung aus alten und neuen Akteuren.

    Und was das Freiheitsargument betrifft: Vor dem Internet musste man schon in eine öffentliche Bibliothek gehen, um alle Zeitungen lesen zu können. Daran sollte man sich vielleicht erinnern.

  52. @f.luebberding:

    Wie sollten jetzt die Verlage – oder die FAZ – darauf reagieren: In der klassischen Perspektive des neutralen Berichterstatters?

    Exakt.

    Sie meinen, man kann auf Propaganda von einem übermächtigen Konkurrenten nur mit hemmungsloser, hysterischer Gegenpropaganda reagieren? Die Verlage argumentieren, dass nur sie und nicht irgendwelche anderen Konzerne gewährleisten können, dass das Volk vernünftig informiert wird. Sie demonstrieren leider gerade das Gegenteil.

    (Im übrigen: Ich finde die Platzierung auf der Startseite von Google nicht ganz so problematisch. Ich weiß auch nicht, ob Ihre Erklärungen über deren Besonderheit stimmen. Ich selbst sehe die Google-Startseite ungefähr nie, weil ich die Suchbegriffe direkt in die Adressleiste des (Google-)Browsers eingebe. Keine Ahnung, wie typisch das als Verhalten ist. Jedenfalls finde ich nicht die Platzierung problematisch, sondern die Tatsache, dass Google sie nicht als Werbung in eigener Sache gekennzeichnet hat. Das ist meiner Meinung nach die hauptsächliche Grenzüberschreitung.)

  53. Verstehe dieses ganze Gerede vom Monopol nicht.
    Würde es denn für die Verlage einen Unterschied machen, wenn sich der Werbemarkt auf ganz viele Suchmaschinen verteilen würde?

  54. Man sollte die Themen aufsplitten:

    a) Snippets
    Wer nicht Snippets seiner Texte bei Suchmaschinen auftauchen sehen möchte kann dies heute bereits – für jeden Text einzeln – ausschließen

    b) Wer Interesse an den Einnahmen eines Newsaggregators hat, kann sich mit anderen Verlagen zu „deutschlandnews.de o.ä.“ zusammenschließen und dort selber verlinken oder Artikel lizensieren. Allerdings darf dann nicht eine deutscheMonopolgesetzgebung sowas verhindern. Das wäre angesichts Googles derzeiter Position unfair

    c) Wenn die Verlage google die Butter auf dem Brot nicht gönnen, können sie ja eine eigene Suchmaschine gründen / eine andere wie bing unterstützen.

    d) Wer findet, dass man für gute Information Geld bekommen soll, muss verdammt noch mal aufhören, sie zu verschenken (im Internet, in Form von Bordexemplaren etc.) Das wird nicht allen gelingen. Aber gerade eine FAZ hätte durchaus Chancen (im Gegensatz zu mittelprächtigen Regionalzeitungen). Es gibt hervorragende Beispiele, wie das gehen könnte (economist, NYT etc. pp)

    e) Wenn’s die Verlage nicht selber in die Hand nehmen, kommt irgendwann eine wirkliche Webzeitung, die Autoren wie Niggemeyer (und eine Selektion von ggf. 5 anderen zum Thema Netzpolitik) unter Vertrag nimmt. Der Leser kann für jedes Thema (von „Atom“ bis „Zypern“, auch einen für Lokales etc. einen Autoren) aussuchen und erhält eine selbst mitbestimmte umfassende Zeitung – für Geld natürlich. Ich würde sowas gerne abonnieren. Niggemeyer darf rein,

  55. @polyphem (#48)
    Die geringe Zahl der Einsprüche gegen das LSR-Gesetzesvorhaben bei den MDBs ist nicht nur darauf zurück zu führen, dass die Bürger von ihren Abgeordneten nichts mehr erwarten (was durchaus stimmt, nach deren traurigen Darstellung bei der Euro-„Rettung“) sondern auch darauf, dass z.B. ich nicht den geringsten Grund sehe, gegen das LSR zu protestieren. _Obwohl_ ich alle Bedenken und Einwände teile. Begründung:

    Kommt das LSR, setzt Google die Verlagsseiten auf seine schwarze Liste und der Traffic der Verlage bricht zusammen.

    Ab da gibt es zwei Möglichkeiten:
    1. Die Verlage reagieren wie in Belgien. Dort dauerte es drei Tage bis alle Verlage Google gegenüber erklärt hatten, das entsprechende Gesetz nicht in Anspruch nehmen zu wollen.
    In diesem Fall ist jede Aufregung viel heiße Luft um nichts.

    2. Die Verlage bleiben hart und verschwinden in der Folge aus dem deutschen Internet.
    Angesichts der tendenziösen Berichterstattung weiter Teile der deutschen Presse in Sachen Kachelmann, Euro-Rettung oder natürlich ganz aktuell in Sachen LSR usw. fällt es mir extrem schwer, darin etwas Negatives zu sehen. Um ehrlich zu sein hielte ich es für das Zweitbeste (nach der Umstellung auf ein Mehrheitswahlrecht nach britischem Vorbild), was diesem Staat passieren kann.

    @Hecke: Dass bei diesem Prozess Arbeitsplätze verloren gehen, nehme ich durchaus billigend in Kauf.
    Wenn es „marktradikal“ ist, dass überflüssige Arbeitsplätze entfallen, dann bin ich eben marktradikal.
    Kommt hinzu, dass die betroffenen Arbeitsplätze dazu benutzt werden, falsche Informationen (vgl. derzeitige Mollath-Berichterstattung auf SpON) unter das Volk zu bringen oder mittels tendenziöser Zensur Diskussionen in die weltanschaulich gewünschte Richtung zu zwingen, dann muss ich an mich halten, um bei Kommentaren über den Entfall dieser Arbeitsplätze nicht gleich noch Godwin’s Law zu bestätigen.

  56. @Robert A.C.:
    „..Wenn es »marktradikal« ist, dass überflüssige Arbeitsplätze entfallen, dann bin ich eben marktradikal…“

    OK. Durch die Abschaffung der Todesstrafe wurden ja auch die Henker arbeitslos.

  57. @Tilman, #8:

    („Ich abonniere keine deutsche Zeitung, alle ( bis auf den Freitag vielleicht) langweilig.“)

    Ich bin immer wieder drauf und dran, die Süddeutsche zu abonnieren. Aber dann lese ich Artikel wie heute von Evelyn Roll über Julia Jäkel und bin erstaunt, wie eine solche Schleimspur ihren Weg in ein früher so tolles Blatt gefunden hat.

    Ein unglaublicher Verfall einer Qualitätszeitung. Motto des Artikels: Die heilige Julia und die schlechten Männer sowie der Betriebsrat von Gruner+Jahr, der „stalinistische Schauprozesse“ führt, die nur von Julia gestoppt werden konnten (Frau Roll beruft sich dabei ausschließlich auf eine Dame aus der Chefetage – der Betriebsrat oder irgendwer sonst, der nicht in Frau Jäkels Windschatten gleitet, kommt nicht zu Wort).

    Die „grenzwertige Nähe zu Anzeigenkunden“ eines Multi-Chefredakteurs von Gruner + Jahr ist der Süddeutschen Zeitung hier nur einen Halbsatz wert. Das ist schon ziemlich dummdreist.

    Dieser Artikel von Evelyn Roll, der die komplette dritte Seite füllt, ist im Grunde nicht viel anders als die gesammelten Anti-Google-Verlautbarungen. Diese Redakteurinen und Redakteure wollen einfach nicht verstehen, dass ihre Leser durchaus viele Möglichkeiten haben, an anderer Stelle den Wahrheitsgehalt der Zeilen zu prüfen. Sie basteln sich ihre eigene Welt und halten es nicht einmal für nötig, die andere Sicht der Dinge auch nur zu erwähnen.

    Noch einmal: es ist nicht die Firma Google, die den anständigen Print-Journalismus am stärksten bedroht. Die größten Feinde der seriösen Zeitung werden von ihr selbst oft am besten bezahlt.

  58. Habe gerade die Reden im Bundestag von Donnerstagnacht nachgehört und muss sagen, dass der einzige, der dabei keinen Wahlkampfton drauf hatte, Thomas Silberhorn von der CDU/CSU war, der pro LSR positioniert ist.
    Was mich schockiert hat: er brachte Gründe für das LSR hervor, die zum einen vernünftig anmuteten und zum anderen gar nicht so widersprüchlich klangen, wie ich sonst in meiner Auseinandersetzung mit dem Thema höre (auch hier im Blog).
    Ich wage, seine mich nachdenklich machenden Worte kurz zusammenzufassen.
    Er sagte, das LSR sei verwandt mit bereits bestehenden LSR anderer Art. Beispielsweise gibt es wohl schon solche Gesetze für Vertreiber von Musik u.ä. Nun ein Zitat:
    „Der Gesetzesentwurf sieht deshalb im Kern vor, dass den Presseverlagen ein ausschließliches Recht eingeräumt wird, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet zugänglich zu machen.“
    Also im Grunde nichts anderes, als dass sie die Monopolstellung auf den Vertrieb ihrer eigenen Sachen haben. Und alle anderen, die das auch tun wollen (gewerblich), müssen sich dafür dann halt Lizenzen kaufen. Ein weiteres Zitat:
    „Das neue LSR schützt nun den Zugriff auf die verlegerische Leistung durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder sonstigen Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten (…).“
    Er sagt später, dass sich alle privaten Nutzer (u.a die Blogger) keine Gedanken machen müssten, da sie nicht gewerblich damit arbeiteten.
    Ich erkenne nicht, dass die Freiheit im Netz so arg eingeschränkt würde. Manche müssten nun bezahlen ja, aber das machen iTunes und Amazon doch sicherlich auch, oder nicht? Das ist keine rhetorische Frage. Ich weiß es wirklich nicht.

    So langsam verliere ich die Überzeugung des Taxifahrer-Kinobetreiber-Vergleichs. Weil es für mich nicht mehr so eindeutig ist, dass die Verlage ganz einfach nur eine schnelle Lösung für ihre Geldnot finden wollen, sondern es lediglich um Vertriebsrechte geht.
    Davon höre ich in der Debatte von beiden Seiten so gut wie gar nichts und ich frage mich weshalb.

    Ob es klug ist so ein Gesetz zu machen, während man von der Kuh, die man zu schlachten trachtet, eigentlich noch recht gut genährt wird, ist eine andere Frage. Und auch die Gegenargumente der anderen Parteien halte ich für wichtig (welche leider wegen des narzisstischen Wahlkampftonfalls natürlich von den Adressaten abgeblockt werden), dass beispielsweise Rechtsunsicherheit bestehe, (was Silberhorn übrigens negierte).
    Aber kann es denn nicht sein, dass der Vertrieb tatsächlich eine so wichtige Sache ist (weil er ja eben auch die Kohle bringt), dass die Verlage davon profitieren sollten, damit sie ihre Arbeit weiter machen können.
    Frankfurter Rundschau und FTD sind schon weg vom Fenster. Ich denke, die meisten stimmen mir zu, wenn ich sage, dass eine breite Medienlandschaft wünschenswert ist, oder? Was wenn die Verlage zu 80% vor die Hunde gehen?

    Ich würde mich über kritische Antwort freuen.

  59. »Der Gesetzesentwurf sieht deshalb im Kern vor, dass den Presseverlagen ein ausschließliches Recht eingeräumt wird, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet zugänglich zu machen.»

    Das, werter Herr Strippel, haben sie schon heute und üben es auch aus. Zum x-ten Mal: wenn ein Verlag seine Artikel nicht durch Google bewerben lassen will, genügt ein Klick. Es käme übrigens auch kein Musikverlag auf die Idee, Google die ersten Takte seiner Musikstücke zur Verfügung zu stellen mit Verlinkung auf die eigene Seite – und anschließend dafür die Hand aufhalten zu wollen und sich wüst über ein angebliches Raubrittertum zu beklagen.
    Auch, wenn das einem CSU-Abgeordneten aus dem beschaulichen Bamberg so nicht einleuchten mag.

  60. @Alex Strippel: Ich versuch’s mal in kurzer Form.

    Es geht nicht um den „Vertrieb“ von Inhalten. Ja, iTunes zahlt selbstverständlich an die Musikindustrie, denn iTunes vertreibt deren Inhalte. Google vertreibt aber keine Artikel, sondern macht sie bloß auffindbar: dadurch, dass es sie indiziert und beim passenden Stichwort den Link und ein paar Textzeilen als Anriss anzeigt. Der „Vertrieb“ bleibt vollständig beim Medium. Google verdient aber an der Dienstleistung des Findens und damit indirekt an den Inhalten der Verlage dadurch, dass es auf den Seiten mit den Suchergebnissen Werbeflächen verkauft.

    Bei Leistungsschutzrechten, auch denen in anderen Bereichen, geht es nicht im engeren Sinne um den Vertrieb. Es geht um die Rechte von Menschen oder Unternehmen, die auch an der Produktion von Werken beteiligt sind, ohne ihre Urheber zu sein. Im Fall von Musik haben zum Beispiel die Musiker, Sänger und Produzenten einer Aufnahme solche Leistungsschutzrechte und deshalb Anspruch auf eine Vergütung, wenn das Werk vervielfältigt wird. Das sind andere Rechte als die der Urheber (Texter/Komponisten).

    Im Fall von Musik sind Leistungsschutz- und Urheberrechte klar zu trennen. Bei Texten hingegen ist das fast unmöglich. Die Verlage reklamieren ein Leistungsschutzrecht dafür, dass sie die Rahmenbedingungen schaffen, unter denen der Urheber seinen Artikel produziert und verbreitet. Dass sie ein solches Recht im Gegensatz zu anderen Branchen bislang nicht haben, könnte auch daran liegen, dass es fast unmöglich ist, es von einem Urheberrecht abzugrenzen.

    Im Kampf gegen Google hat die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht vor allem die Funktion, auch Textschnipsel zu schützen, die zu kurz sind, um unter das Urheberrecht zu fallen. Dort gibt es eine Geringfügigkeitsgrenze. Die soll es beim Leistungsschutzrecht ausdrücklich nicht geben. Egal wie kurz der Ausschnitt aus einem Werk ist, der von Suchmaschinen angezeigt wird, soll er lizenzpflichtig sein.

    Das ist ein Problem.

    Und dann ist da noch eine grundsätzliche Frage. Die Verlage argumentieren: Wer unsere Inhalte gewerblich nutzt, soll dafür zahlen. Das mag bei Google noch halbwegs vernünftig erscheinen (oder jedenfalls emotional nachvollziehbar: Google hat’s ja). Mit derselben Argumentation lässt sich aber auch ein wesentlich weitergehendes Leistungsschutzrecht begründen, und genau das haben die Verlage auch ursprünglich gefordert. Es sollte schon Geld kosten, wenn jemand in seinem Büro dienstlich eine frei zugängliche Seite wie „Spiegel Online“ liest, denn auch er nutzt ja gewerblich die teuer erstellten Inhalte der Verlage.

    Mit dieser Maximalforderung konnten sich die Verlage bei der Politik nicht durchsetzen. Sie wäre extrem praktisch für sie gewesen, denn sie hätten weiter ihre Inhalte kostenlos ins Netz stellen können und hätten trotzdem Geld dafür von den Nutzern kassiert. Das ist zwar mit dem aktuellen Gesetzesentwurf vom Tisch, aber mit der Argumentation, die ihm zugrunde liegt, ließe sich auch ein solcher massiver Eingriff rechtfertigen.

    Das ist ein Grund, warum die deutsche Wirtschaft das Gesetz ablehtn.

  61. „Im Fall von Musik sind Leistungsschutz – und Urheberrechte klar zu trennen. Bei Texten hingegen ist das fast unmöglich.“

    Wie also kann dem begegnet werden? Wenn es wie im analogen Beispiel Musik scheinbar nötig ist einen Leistungsschutz aufzubauen, weil es eben noch andere Beteiligte gibt, als die Urheber selber, dann verstehe ich, dass auch diejenigen, die mit der Produktion von Texten zu tun hatten, etwas davon haben sollen, selbst wenn sie nicht die Urheber sind (wie die Musiker, Produzenten etc.). Offenbar bekommen Verlage durch das Urheberrecht keine Vergütung zugesprochen (Widersprechen Sie mir, wenn das falsch ist, bitte!).
    Wenn es schwierig ist, LSR und Urheberrecht im Falle von Texten von einander zu trennen, ist es für mich noch nicht ausgemacht, dass es deswegen nicht sinnvoll sein könnte, über den Mangel, der daraus entsteht, nachzudenken.
    Auch wenn der derzeitige Entwurf Blödsinn ist und viel zu viele Lücken und Schwachstellen hat, so glaube ich im Moment schon nachvollziehen zu können, wo die Befürworter Handlungsbedarf sehen.

    Mir kommt es aber so vor, als würde generell ein Leistungsschutz für die Verlage in Frage gestellt, die sollten sich auf die neuen Bedingungen des Netzes einfach einstellen und abfinden. So aufgeschlossen ich der zerstörerischen Kraft des Internets gegenüber bin, noch gibt es offenbar Quellen von Leistungen, die dem Vervielfältiger Internet so ausgeliefert sind, dass diese Quelle zu versiegen droht, oder? (Wie gesagt, widersprechen Sie mir, ich weiß es nicht besser)

    Der Gesetzesentwurf ist schwach, aber die Idee, die dahinter steht, ist die auch falsch? Ich kenne ihre Beiträge im SPIEGEL. Mir ist noch im Ohr, dass der Begriff Diebstahl nicht auf Kopien immaterieller Güter ohne weiteres angewendet werden kann. Würden Sie hier auch so argumentieren?

  62. Alex Strippel@/#71:

    »…dass den Presseverlagen ein ausschließliches Recht eingeräumt wird, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet zugänglich zu machen.»

    Er meint hoffentlich „ihre eigenen Presseerzeugnisse“ – sonst hiesse das ja, das niemand ein Presseerzeugnis im Internet veröffentlichen dürfte, wenn er denn kein Presseverlag ist.

    Egal: das ist jetzt schon so, dafür braucht’s kein neues Gesetz. Ich darf nicht so ohne weiteres Artikel anderer Leute im Netz vertreiben und damit Geld verdienen, ohne sie vorher zu lizensieren. Ich darf aber zitieren, ich darf mit den Zitaten im Rahmen auch Geld verdienen. Ich darf mittels Zitaten auch auf die Quelle verlinken. Ein LSR würde Zitate aber einschränken, wenn nicht unmöglich machen.

    Davon mal ab, am Rande: Was wenn der Autor eines Artikels sein Werk bei Google gelistet bzw. verindext haben will, der Verleger aber nicht? Wessen Recht wiegt denn dann stärker, das des Verlegers oder das des tatsächlichen Urhebers? Das LSR ignoriert diesen Interessenkonflikt bislang.

    »Das neue LSR schützt nun den Zugriff auf die verlegerische Leistung durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder sonstigen Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten (…).

    Nein, das LSR soll nicht den Zugriff schützen, sondern die Leistung. Sonst hiesse es ja ZSR. Propagenten des LSRs wollen den Schutz der verlegerischen Leistung vor unlizensierter verlegerischer Weiterverwendung durch Dritte. Wie gesagt ist das unter aktueller Rechtsprechung durchaus schon gegeben. Meines Erachtens (und da bin ich nicht direkt alleine) erfüllt das zitierende und verlinkende „Aufbereiten“ nicht die Definition von „verlegerischer Leistung“. Weder tut Google so, als seien sie die Autoren oder Verleger, noch stellt Google vollständige Texte verlegerischer Quellen bereit (sofern sie kein Abkommen mit diesen Quellen haben, siehe z.B. komplette Texte von AFP auf Google News und dergleichen), schon garnicht gegen den Willen der Quelle (Stichwort „robots.txt“). Wiederum: dafür braucht es jetzt schon kein neues Gesetz.

    „Er sagt später, dass sich alle privaten Nutzer (u.a die Blogger) keine Gedanken machen müssten, da sie nicht gewerblich damit arbeiteten.“

    Nur definiert der Gesetzesvorschlag leider nicht, wo oder wann „gewerbliches Arbeiten“ anfängt oder aufhört. Was ist mit Werbebannern in privaten Blogs? Was mit Spendenaufrufen mittels Paypal- oder Flattr-Buttons? Darf ich von den Einnahmen meines privaten Blogs leben können oder nicht? Darf ich die Hosting-Kosten refinanzieren können oder nicht? Darf ich überhaupt irgendwelche Einnahmen daraus haben? Darf ich einzelne Blogbeiträge irgendwohin lizensieren und daraus Einnahmen erzielen, oder darf ich das nicht? Wann bin ich gewerblich? Ab wann bin ich anfällig für Abmahnungen oder sonstwelche lähmende Angriffe durch juristische Spitzfindigkeiten ausgehend von der geballten Anwaltsmacht eines Verlagshauses, dem ein Privatmann nichts entgegenzusetzen hätte? (Auch das ist ein Punkt, wo das LSR die Informationsfreiheit beeinträchtigen würde.)

    „So langsam verliere ich die Überzeugung des Taxifahrer-Kinobetreiber-Vergleichs.“

    Ich nicht. Passt nach wie vor ganz wunderbar.

    „Was wenn die Verlage zu 80% vor die Hunde gehen?“

    Als 80% der Dinosaurier ausstarben, begann die Blütezeit der Säugetiere. Die restlichen 20% entwickelten sich zu Vögeln.

  63. @nona 75
    Die Sache mit dem Interessenkonflikt ist ein guter Gedanke, der mir unbekannt war. Überhaupt stimme ich deinen Ausführungen soweit zu, nur erledigt sich für mich noch immer nicht das Anliegen derjenigen, die vom Urheberrecht (soweit ich das weiß) nicht erfasst werden, nämlich die Produzenten dessen, was durch das Urheberrecht geschützt wird, nämlich diejenigen, die die Urheber unterstützen und in gewisser Weise momentan noch möglich machen, die Verlage.

    Dass sich, nachdem die Dinos weg waren, die Säugetiere hervorgetan haben, ist mir natürlich bewusst, aber du musst zugeben, dass es auf der Erde ziemlich lange recht lahm war, ehe wieder ein paar von uns hier rumliefen.
    Meinst du es werden sich so schnell neue Strukturen bilden? Ich fänd’s cool, kann mir aber auch denken, dass das Gegenteil der Fall ist.

  64. Anknüpfend an Sannie | 65 eine Bemerkung: Das ganze Gerede von Googles Monopol und dessen marktbeherrschender Stellung ist mit Bezug auf das LSR zum jetzigen Zeitpunkt nur zu einem Zwecke gut – nämlich dem der Stimmungsmache und der Desinformation.

    Gesetzt es gäbe zum jetzigen Zeitpunkt 10 Suchmaschinen mit 10 % Marktanteil oder auch 100 Suchmaschinen mit je 1 % Marktanteil, so würde sich die Situation der Verleger in nichts von der derzeitigen Lage unterscheiden. Denn keine dieser vielen Suchmaschinen würde die Verleger dafür bezahlen, wenn mittels Snippets auf Verlegercontent verlinkt wird.

    Denn: Zum jetzigen Zeitpunkt handelt Google vollständig legal und in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtslage, wenn auf Verlegercontent in den Suchmaschinenergebnissen verlinkt wird ohne dafür zu bezahlen. Und deswegen würden 10 oder 100 Suchmaschinen, die sich den Markt teilen, auch nicht zahlen.

    Hätte je Jemand davon gehört, dass ein Gesetz nur notwendig ist, weil nur Google nicht zahlt, dagegen aber BING, Yahoo, ixquick und andere bereits freiwillig bezahlen?

  65. „die vom Urheberrecht (soweit ich das weiß) nicht erfasst werden, nämlich die Produzenten dessen, was durch das Urheberrecht geschützt wird, nämlich diejenigen, die die Urheber unterstützen und in gewisser Weise momentan noch möglich machen, die Verlage.“

    Üblicherweise tritt der Urheber für die Verbreitung seines Werks die Rechte ganz oder teilweise an den Verleger ab. Welcher als Rechteinhaber unter Schutz des Urheberrechts veröffentlicht.

    „Meinst du es werden sich so schnell neue Strukturen bilden?“

    Wo sind eigentlich die ganzen Kumpel hingekommen? *grübel*

  66. @Alex Strippel/#76:

    „Meinst du es werden sich so schnell neue Strukturen bilden?“

    Wieso „so schnell“? Die Strukturen sind doch längst da. Das Internet gibt es jetzt seit bummelig 20 Jahren. Veröffentlichung und Vertrieb darin von Presseerzeugnissen gibt es mindestens ebenso lange (sowas wie BTX in den 80ern mal komplett ausgeblendet – da gab’s auch schon „Nachrichtenartikel gegen Geld pro Pageview“, Bezahlung individuell über die Telefonrechnung). Auf jeden Fall mal ganz entschieden länger als z.B. den Online-Vertrieb von Musik und Filmen. Es hat gedauert, aber die Musik- und Filmindustrie hat so langsam begriffen wie das funktioniert, wie man sich an die veränderte Nische anpasst und weiterhin Geld mit dem eigenen Produkt darin verdient. Presseverleger sollten das auch hinkriegen.

    (Und wenn nicht – good riddance. Bei aller Sympathie für Zeitungen und Einsicht in die Notwendigkeit von freier, neutraler Presse: das Bild, das die seit geraumer Zeit abgeben, lässt mich um eingehende Zeitungen oder Verlagshäuser nur wenig trauern. Wer mich dermassen dummdreist anlügt und einseitiger Propaganda aussetzt, wahlweise so blind und unkompetent ist dass er mir solchen Quatsch erzählt wie sie es im Zusammenhang mit dem LSR tun (nicht nur dort, aber eben auch), der hat mein Vertrauen und mich als dankbar zahlenden Kunden echt nicht verdient. Mein Geduldsfaden ist auch nicht endlos dehnbar.)

  67. wow. der „artikel“ von müller ist ja wirklich der knaller;

    kurz & kagge. null substanz. total irre. ganz nah anner aluhut-fraktion.

    das die FAZ mal SO tief sinken würde…auweia.

  68. @nona

    „…Wer mich dermassen dummdreist anlügt und einseitiger Propaganda aussetzt..“

    genau das ist der fast wichtigste punkt überhaupt; und sie hören einfach nicht auf, siehe jetzt müller mit seinem zusammenhanglosen pamphlet. da fragt man sich doch langsam, was diese leute eigentlich wirklich treibt, denn wenn se nicht völlig gehirnamputiert sind, müsste ihnen klar sein, daß sie mit dem LSR NIEMALS geld von google bekommen werden, die werden knallhart aus dem listing genommen, das ist so sicher wie das amen in der kirche. also was treibt diese leute? gehts vielleicht letzten endes DOCH einfach NUR darum, die blogs plattzumachen? DEN verdacht werd ich nämlich einfach nicht los, gerade bei den ständigen beteuerungen, das „nicht-gewerbliche“ (harhar) blogs vom LSR ausgenommen sind.

  69. Also wer meint das ganze erledigt sich von selber wie in Belgien der hat wirklich null Ahnung! Die hier geforderten Rechte gehen deutlich weiter. Ja Lieschen Müller muß nicht bezahlen wenn sie Texte der FAZ als Zitat übernimmt. Aber die FAZ kann mit dem LSR auch bestimmen ob Lieschen Müller dann noch bei Google zu finden ist. Denn Google braucht mit LSR die Erlaubnis des ursprünglichen Verlegers! Das LSR ist ein richtig übles Zensur Gesetz absolut widerlich.

  70. @ mark (82)

    „Ja Lieschen Müller muß nicht bezahlen wenn sie Texte der FAZ als Zitat übernimmt.“

    Wie andernorts schon gesagt: Selbst das ist nicht sicher, solange nicht die Medienkammer des LG Hamburg das Begehren eines beauftragten Rechtsverdrehers gegen Lieschen Müller und ihren werbe(teil-)finanzierten Blog abschlägig beschieden hat…

  71. > Also wer meint das ganze erledigt sich von selber wie in Belgien
    > der hat wirklich null Ahnung!

    Das war eine Fallunterscheidung. Angesichts der Energie und der Lü …äh… kreativen Tatsachendarstellung der Verlage in Sachen LSR halte ich die belgische Lösung in der Tat nicht für sonderlich wahrscheinlich.

    Was die hypothetischen Zitate aus der FAZ in Lieschen Müllers Blog angeht: Die FAZ wird in absehbarer Zeit ohnehin hinter einer Paywall verschwinden. Derzeit wird noch versucht, die „Reichweiten hochzutreiben“ (http://www.presseportal.de/pm/66148/2271645/faz-plant-paywall).
    Danach ist die FAZ de facto im Internet nicht mehr präsent und Lieschen Müller hat nicht den geringsten Grund, die FAZ zu zitieren.
    Positiv formuliert: ein weiterer Aspekt unter dem das LSR sehr gelassen betrachtet werden kann.

  72. Sannie

    „Verstehe dieses ganze Gerede vom Monopol nicht.
    Würde es denn für die Verlage einen Unterschied machen, wenn sich der Werbemarkt auf ganz viele Suchmaschinen verteilen würde?“

    Was war wohl der Unterschied als das Monopol der Bundespost im Telekommunikationsmarkt gefallen war? Mehr Wettbewerb und sinkende Preise. Mit mehreren Suchmaschinen würde sich die Marktstellung aller anderen Akteure im Online-Markt zwangsläufig verbessern, weil sich die Werbebudgets anders verteilten. Die Abhängigkeit vom Monopolisten ist weg – und das hat für ihn gravierende Konsequenzen. Ob nur zu Gunsten der Verlage ist damit übrigens keineswegs gesagt. Im übrigen hatte die Telekom weiterhin bei Festnetzanschlüssen die Kontrolle über die Infrastruktur. Um den Wettbewerb zu sichern, musste sie sich einem staatlichen Regulator unterwerfen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, das Handeln der Telekom allein dem Markt zu überlassen. Also die Telekom machen zu lassen, was sie will.

  73. Niggemeier

    Was die Google Startseite betrifft: Sie sind Profi. Die meisten User nutzen das Netz anders. Nämlich immer noch sporadisch. Und daher wird auch die Google Startseite dort eine größere Rolle spielen. Oberbeck hat im DLF Doppelinterview mit ihm und Keese vom bisherigen „Elitendiskurs“ gesprochen, den man durch eine umfassendere Information der Öffentlichkeit ergänzen wolle. Habe ich jetzt aus dem Gedächtnis zitiert. Er war sich also der Wirkung schon bewusst.

    Was die Nicht-Kennzeichnung als PR betrifft. Damit habe ich kein Problem, weil was soll die Mitteilung eines Unternehmens sonst sein? Das müssen sie nicht kennzeichnen. Wenn die FAZ von der FAZ spricht, erwartet das auch niemand. Der Witz ist nur, dass es Google in der Vergangenheit geschafft hatte, sich als quasi neutraler Vertreter öffentlicher Interessen zu generieren. Der Mythos von der bloßen Umsetzung des User-Willens durch die Verwendung geheimnisvoller Algorithmen ist tief im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert. Die Kategorie des Interesses wurde damit wirkungsvoll ausgeschaltet. Dieser wirkungsvolle PR-Mythos ist einzigartig. Das muss man Google lassen.

    Aber bleibt trotzdem ein Mythos – und ist bloße PR.

  74. Die Mehr-Markt-weniger-Staat-Blätter sollen nun bitte ihre eigene „Medizin“ löffeln und nicht nach meine Steuergeldern heulen – ich erinnere nur mal an die von Springer und Co. veranlasste „Depublizierung“ von Inhalten der ÖRs. Die Gesellschaft wird auch ohne diese Zeitungen weiterhin Wege finden, sich substanziell über ihre eigeen Belange zu informieren und verständigen.

  75. Schon bezeichnend, die eindeutigen Leserkommentare unter dem Artikel. Ob die ein Reinhard Müller liest?

  76. @lübberding

    Der Vergleich mit der Telekom hinkt, denn diese hatte tatsächlich ein staatlich garantiertes Monopol. Bei den Suchmaschinen gab es das nicht, der Wettbewerb war immer da. Daß es ausgerechnet das vor zehn Jahren noch als Quasi-Monopolist geschmähte Microsoft nicht geschafft hat, auf diesem Markt eine beherrschende Rolle einzunehmen, sondern von einem Start-Up überholt wurde, zeigt ja, wie niedrig die Eintrittsbarriere war.

    Aber meine Frage war: Änderte das etwas für die Verlage, wenn wir hier über 10 oder 20 gleich große Suchmaschinen reden würden, die die Werbeeinnahmen unter ich aufteilten?

    Ich meine nein, denn die Werbeeinnahmen würden ja trotzdem bei diesen bleiben.
    Ich meine ja, denn die Verlage würden dieses praktische (weil jedem emotional zugängliche) Feindbild vom superreichen Google verlieren.

    Das Problem der Verlage ist, daß sie aus dem Paperboy-Urteil von 2003 den falschen Schluß gezogen haben: Diesmal wollen sie gleich ein Gesetz, statt vor Gericht zu scheitern. Besser wäre wohl gewesen, eine eigene Nachrichten-Suchmaschine mit Werbevermarkter und angeschlossenem Micropayment aufzubauen – und Google auszusperren.

  77. @ DasKleineTeilchen #81:
    “ also was treibt diese leute? “
    Das frage ich mich auch schon seit ner Weile. Inzwischen glaube ich (und das ist meine persönliche Einschätzung) sie wollen beweisen, dass sie immer noch am längeren Hebel sitzen, was Erreichen des Bürgers und Einfluss auf die Politik angeht

  78. @Ein Widerspruch in sich selbst: Ich kann Ihr Unbehagen sehr gut verstehen, mir wäre auch eine ausgewogene Betrachtung lieber. Aber man muss schon auch berücksichtigen, dass die Zeitungen ja genauso „manisch“ einseitig argumentieren. Wenn ein Blog wie dieses hier also entsprechend radikal dagegenhält, ist das schon in Ordnung. Man muss diese Extreme aushalten und sich sein eigenes Bild machen.
    @StefanNiggemeier: Die Problematik des Vergleichs von Musik und Text leuchtet mir ein. Worüber ich allerdings stolpere, das ist Ihre lapidare Verneinung des Vertriebsaspekts: „Google vertreibt aber keine Artikel, sondern macht sie bloß auffindbar.“ Vielleicht verstehe ich das auch einfach falsch, aber für mich hört sich das eher nach einem rhetorischen Kniff an: Wenn mein Zeitungsausträger mir die Zeitung in den Briefkasten wirft, macht er sie auch „bloß auffindbar“. Und träfe die „Dienstleistung des Findens“ nicht auch auf jeden Versandhandel zu, der mir einen Katalog ins Haus schickt? Ich bin kein Vertriebsexperte, aber wenn ich mir den Wikipedia-Artikel zu dem Thema durchlese, kann ich gewisse Übereinstimmungen mit der Definition des „indirekten Vertriebs“ nicht leugnen.
    @nona: „Als 80% der Dinosaurier ausstarben, begann die Blütezeit der Säugetiere. Die restlichen 20% entwickelten sich zu Vögeln.“ Meinen Sie wirklich, dieser Vergleich ist gegenüber einer Öffentlichkeitsform angemessen, deren Schutz in unserem Land nicht ohne Grund Verfassungsbestandteil ist? Wollen wir das Gleiche mal mit anderen Grundrechten versuchen – wird sich ja schon irgendwas Neues entwickeln?

  79. @Blunt: „Worüber ich allerdings stolpere, das ist Ihre lapidare Verneinung des Vertriebsaspekts: »Google vertreibt aber keine Artikel, sondern macht sie bloß auffindbar.« Vielleicht verstehe ich das auch einfach falsch, aber für mich hört sich das eher nach einem rhetorischen Kniff an: Wenn mein Zeitungsausträger mir die Zeitung in den Briefkasten wirft, macht er sie auch »bloß auffindbar«.“

    Ist das denn immer noch nicht klar? Google vertreibt keine Artikel oder gar ganze Zeitungen, sondern zeigt bloß den Link und max. drei Zeilen. Zeilen! So langsam nervt es ein bisschen, wenn von halbwegs gebildeteten Menschen noch immer so getan wird als sei das anders. Und wenn die verehrten Verleger nicht einmal die Überschrift plus drei Zeilen verlinkt haben wollen, können sie das auch ganz einfach tun. Es ist ein Zeichen von Unredlichkeit oder eklatanter Uninformiertheit, wenn man so tut, als sei es anders. Und es nervt. Das geht an alle, die mit diesem ausgelutschten Pseudoargument kommen.

    Tschuldigung, ich will keinen verletzen, aber googeln und lesen sollte man schon können. Und vielleicht auch mal ein bisschen was anderes lesen außer SZ, FAZ et al… Dann versteht man vielleicht auch endlich, wieso man auf die eher verzichten möchte als auf ein halbwegs freies Internet.

  80. @Muriel
    Da bist Du eine Ausnahme, denn selbst sonst der Umverteilung unverdächtige Chefredakteure und FDP-Politiker nutzen dieses Argument.

    @blunt
    Wenn sie nicht auffindbar sein wollen, warum bitten sie dann aber in ihren Meta-Einstellungen um Aufnahme in den Suchindex? Warum schalten sie nicht zumindest das Snippet aus, wenn sie von Google nicht „vertrieben“ werden wollen?
    Daß der Vertrieb dafür bezahlen muß, etwas vertreiben zu dürfen, wäre wohl nicht nur mir neu.

    Im Gesetzentwurf ist ja tatsächlich auch gar nicht von „auffindbar machen“ sondern von „zugänglich machen“ die Rede. Das ist so komplett absurd – denken Sie sich Google nur einmal weg, zugänglich bleiben die Artikel ja trotzdem. Nur nicht mehr so einfach auffindbar.

    Eine verrückte Ausnahme gibt es allerdings: Wenn man sich nämlich die Artikel hinter den Paywalls vom Hamburger Abendblatt und der Berliner Morgenpost anschaut, die bei Direktaufruf oder über einen Link nur die Überschrift und die Bitte um Abschluß eines Online-Abonnements zeigen. Nur für Suchmaschinen und für Benutzer, die auf einen Link bei Suchmaschinen geklickt haben, sind diese Artikel vollständig lesbar!

    Hier könnte man tatsächlich von Zugänglichmachen sprechen. Allerdings ist das nicht von Google so programmiert worden, sondern von den Anbietern selbst.

  81. @Sanníe: Ich kenne zwar keine der Umverteilung unverdächtigen FDP-Politiker, bin aber schon dankbar genug, dass du überhaupt auf meine Pedanterie eingehst und will deshalb nicht weiter rumnörgeln.

  82. @Kati: Ich glaube nicht, dass wir mit gegenseitigen „Es nervt“-Anwürfen weiterkommen – sonst müsste ich mich jetzt „genervt“ darüber zeigen, dass Sie Ihrerseits bislang offenbar ausschließlich „was anderes“ gelesen haben und eben überhaupt nicht SZ und FAZ. Ich weiß weder, woher Sie in mir freundlicher Weise einen halbwegs gebildeten Menschen sehen, noch, weshalb ich zugleich „unredlich“ sein soll. Dass Google nicht den Artikel ins Haus trägt, ist mir auch klar, wird aber im Internetzeitalter doch bitte nicht das einzige Argument gegen die Defintion einer Vertriebsstruktur sein. Die Materie ist sehr komplex, und ich weigere mich, meine Meinung auf lapidaren Verniedlichungen nach dem Motto „Die drei Zeilen!“ aufzubauen. Und da ich selbst eine höfliche und sachliche Frage gestellt habe, hätte ich auch gerne eine ebenso höfliche und sachliche Antwort.

  83. @Sanníe: Ja, danke, das bringt mich schon eher weiter – und das mit dem Hamburger Abendblatt werde ich mal gleich ausprobieren. „Daß der Vertrieb dafür bezahlen muß, etwas vertreiben zu dürfen, wäre wohl nicht nur mir neu.“: Da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn Sie etwa Starbucks-Kaffee vertreiben möchten, benötigen Sie dafür eine Lizenz. Sie werden dafür sicherlich nicht eine Gebühr zahlen, aber Sie müssen schon spezifische Bedingungen des Konzerns erfüllen.
    Dann noch etwas, was mich in diesem Zusammenhang interessiert: Wenn ich es richtig verstanden habe, lassen sich die Snippets schlicht ausschalten. Und es ist eine vermeintlich zu vernachlässigende Frage, ob Google verpflichtet ist, für jeden einzelnen Artikel um Erlaubnis zu bitten oder ob ein Verlag, der nicht gelistet werden will, den einen Handgriff tätigt, der für das Ausschalten nötig ist. Vielleicht ist aber der Unterschied gar nicht so unwesentlich, wie es den Anschein hat? Die erstere Variante würde nach meinem konservativen Verständnis eher der gängigen Rechtsprechung folgen. In diesem Fall wäre aber wohl ein erheblicher bürokratischer Aufwand nötig.

  84. @blunt
    > Starbucks
    Naja, das sind Franchise-Modelle, da herrschen eigene Regeln.
    Für den Verkauf eines Verlagsprodukts aber bekommt der Verkäufer Geld. Ich habe Christoph Keese auf twitter gefragt, warum er denn nicht auch etwas von dem sagenhafte Reichtum der Albrecht-Brüder abhaben will, die machen schließlich auch Gewinn mit dem Verkauf der Bild-Zeitung bei Aldi. Erwartungsgemäß habe ich keine Antwort bekommmen.

    Wie soll eine Suchmaschine funktionieren, wenn sie persönlich bei jedem Seitenbetreiber persönlich nachfragen müßte, ob sie seine Inhalte listen darf? Für so etwas gibt es ja gerade die Meta-Tags (oder robots.txt), die diese Kommunikation automatisieren.
    Dir ist bekannt, daß jedes größere Unternehmen, das im Internet etwas verkaufen will, spezielle Web-Analysten und Entwickler für Suchmaschinenoptimierung beschäftigt, die nichts anders tun, als dafür zu sorgen, daß die eigenen Produkte in den Ergebnislisten ganz oben stehen? Es ist schon deshalb nicht anzunehmen, daß das „index, follow“ da aus Versehen auf die Artikelseiten geraten ist.

    Und grundsätzlich haben die Verlage ihre Produkte übrigens selbst bei Google News angemeldet, da kommt nicht jeder rein.

  85. @Sannie: Das ist natürlich ein nachvollziehbares Argument: Mit der Anmeldung zur News-Funktion wird Google gewissermaßen eine pauschale Erlaubnis erteilt.
    Beispiele aus der Vergangenheit sind in dieser Frage immer schwierig, ob es um Starbucks geht oder um Aldi (auch wenn ich es selbst eben wieder mal damit versucht habe). Was Ihren Aldi-Vergleich angeht, so würde ich allerdings erwidern, dass es ja gerade darum geht: um die Frage, ob das bestehende Modell, in dem der Verkäufer belohnt wird, noch rentabel ist. Bei Aldi war es rentabel, bei Google nicht mehr (so jedenfalls die Darstellung der Verlage).
    Es scheint mir, dass sich Verlage mit dem Transfer ihres bisher physischen Printprodukts hin zu einem visuellen Online-Angebot dazu veranlasst sehen, möglichst viele externe Stationen auszuschalten: also bisherige Profiteure des Wegs einer Zeitung vom Druckhaus zum Kunden.

  86. Können Sie sich einen Zeitschriftenverkäufer vorstellen, der Geld dafür zahlt, daß er eine Zeitung verkaufen darf? Doch höchstens, wenn er weiß, daß er auf dieses Produkt nicht verzichten kann. Halten Sie es für wahrscheinlich, daß Google auf Verlagsprodukte in seinem Index nicht verzichten kann?

    > Modell, in dem der Verkäufer belohnt wird, noch rentabel ist.
    > Bei Aldi war es rentabel, bei Google nicht mehr (so jedenfalls die
    > Darstellung der Verlage

    Aber der Vertrieb durch Suchmaschinen (wenn wir dabei bleiben) kostet doch gar nichts!

    Nach dieser Rechnung des SZ-Chefredakteurs Stefan Plöchinger ist es wohl eher wahrscheinlich, daß die Verlage sich eine Auslistung nicht leisten können: http://ploechinger.tumblr.com/post/37028823910/wieso-wir-klueger-debattieren-muessen

    (In dem Artikel geht es eigentlich um was Anderes, aber die Zahlen sind interessant.)

  87. @Blunt: Nein, müssten Sie nicht, weil ich die FAZ regelmäßig aufsuche und bei der SZ zumindest den Prantl regelmäßig lese. Ich kenne deren „Argumente“ zur Genüge – deswegen nervt dieses Pseudoargument vom schmarotzenden Google, das angeblich ganze Artikel klaut und sie weiterverkauft, ohne den Verlegern ihren gerechten Anteil zu geben, doch auch so… ;)

    Und es ist keine Verniedlichung, sondern Fakt. Es geht um ein paar Zeilen und einen Link, nicht um einen Artikel. Das ist auch nicht besonders komplex, sondern ganz einfach. Es wird nur dann „komplex“, wenn man auf Teufel komm raus trotz der Fakten, nämlich dass es nur drei Zeilen sind und das man sogar das ganz einfach über die robots.txt verhindern kann, unbedingt so tun will, als sei es irgendwie legitim, was die Verleger treiben. Sie wollen die Leistung von Google beanspruchen und sogar noch Geld dafür bekommen. Schlichter geht’s eigentlich nicht mehr.

  88. @Sannie: Das ist ein hochinteressanter Text – wobei ausgerechnet die Zahlen das einzige sind, was ich daran kritisieren möchte. Denn: Monopolstellungen können im Internet rasend schnell fallen, die Beispiele aus der Vergangenheit brauche ich Ihnen nicht zu nennen. In den meisten Fällen handelte es sich um minimale Vorteile eines Konkurrenzangebots, die dazu führten, dass die Stellung des Marktführers kippte. Könnte sich Google so gelassen zurücklehnen, wie es Plöchingers Zahlen nahelegen, nähme der Konzern gegenwärtig wohl kaum so viel Geld für eine PR-Kampagne in die Hand. Ich glaube, dass man dort genau weiß: Sollte morgen ein Konkurrent sämtliche Artikel der Tagespresse abdecken und wir nicht, so könnte unsere Erfolgsstory zumindest in Deutschland schon bald zu Ende sein – wie schon so oft bei Internet-Giganten geschehen. Meine Vermutung (oder vielleicht eher: wilde Spekulation) ist deshalb, dass die Verleger bereits selbst an einer eigenen reinen News-Maschine arbeiten (hatte ich hier schon an anderer Stelle geschrieben). Und zwar an einer besseren als die von Burda (nachrichten.de).
    Und das mit dem Vertrieb durch Suchmaschinen: Die Kosten zu benennen ist etwas komplizierter, sie finden sich aber unter anderem in entgangenen Einnahmen, z.B. weil Verlags-Startseiten nicht mehr frequentiert werden.
    Ich muss jetzt leider los, aber danke für die Argumente und Links, das war interessant.

  89. @Sannie (#102):
    Herzlichen Dank für den Link, kannte ich nicht.

    Jetzt frage ich mich nur, warum bei der SZ anscheinend niemand den eigenen(!) Online-Chefredakteur zum LSR befragt hat, bevor man in diese unsägliche Kampagne einstieg.

    Denn bei mir zumindest haben die SZ und insbesondere Heribert Prantl dadurch einiges (wenn nicht sogar alles) an Glaubwürdigkeit verloren.

  90. @Muriel (#97):
    „..Ich kenne zwar keine der Umverteilung unverdächtigen FDP-Politiker, ..
    Ist da ein un zu viel oder haben Sie schon die Bundestagsbeschlüsse zur rückwirkenden Enteignung von Lebensversicherungskunden aus der Nacht vom 8. November berücksichtigt? (sorry fürs OT)

  91. @Blunt/#94:

    „@nona: »Als 80% der Dinosaurier ausstarben, begann die Blütezeit der Säugetiere. Die restlichen 20% entwickelten sich zu Vögeln.« Meinen Sie wirklich, dieser Vergleich ist gegenüber einer Öffentlichkeitsform angemessen, deren Schutz in unserem Land nicht ohne Grund Verfassungsbestandteil ist?“

    Was ist Verfassungsbestandteil? Die wirtschaftliche Existenz von einzelnen grossen Verlagshäusern? Wohl kaum. Artikel 5 gewährleistet die Freiheit der Presse und der Information. Wenn grosse Verlagshäuser sterben weil sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert haben, dann werden andere die entstehenden Lücken füllen. Wieder andere werden sich erfolgreich anpassen und weiterexistieren. Freie Presse und guter Journalismus sterben nicht aus, bloss weil Verleger sterben, denn für guten Journalismus besteht elementarer Bedarf, eine grundsätzlich grosse Nachfrage. Wer das nicht glaubt, der schaue sich mal an, wie das mit Angebot und Nachfrage von Wahrheit in so manchen Diktaturen und anderen schlimmen Systemen funktioniert, in denen die Freiheit der Presse längst nicht so garantiert ist wie bei uns oder gleich komplett unterdrückt wird. Wahrheit neigt dazu, ihren Weg selbst gegen Unterdrückung und Widerstände zu finden. Dagegen leben wir hier im freiheitlichen Presseparadies, und das lügende Nörgeln der Verleger über das ach so schlimme Google ist Jammern auf allerhöchstem Niveau.

    Die grossen Presseverleger tun immer so, als seien sie die ultimativen und einzigen Garanten von unabhängiger und freier Presse und neutraler Information. Dass sie ausgerechnet im Zusammenhang mit der LSR-Diskussion so frappierend und nachhaltig beweisen, dass das eben ganz und garnicht der Fall ist, finde ich ziemlich erschütternd. Ich glaube nicht, dass die Herrschaften wirklich verstehen, wieviel Vertrauen und Glaubwürdigkeit sie allein damit schon unwiederbringlich verspielt haben.

  92. Vermutlich kann man von einer Zeitung ebenso wenig kritische Berichterstattung über das LSR erwarten, wie von den Öffentlich Rechtlichen Medien angemessene Informationen zur Zwangsabgabe namens „Rundfunkbeitrag“.

    Ich denke es liegt einfach in der Natur der Sache.

  93. 109:

    Nicht „kritisch“. Aufrichtig.

    Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die ÖR-Medien in Sachen Gebühren flächendeckend die Unwahrheit erzählt haben.

  94. @nona: Ok, wie Sie das jetzt formulieren, liest sich das schon differenzierter. Ich habe dieses Darwinismus-Beispiel schon von Leuten gehört, die glauben, auf eine kritische Presse ließe sich ganz verzichten. Ein Recht auf Schutz für große Verlagshäuser gibt es sicherlich nicht, aber dass die Schutzfunktion grundsätzlich auch ökonomische Produktionsbedingungen einschließt, wurde bereits in den sechziger Jahren (Südkurier-Urteil des BVerfG) ziemlich eindeutig geklärt.

  95. 110: Ich meinte, dass die ÖR-Medien nie darüber sprechen würden, dass der Rundfunkbeitrag aus Prinzip abzulehnen ist – weil es einfach ideologisch falsch ist Menschen zu einer Abgabe zu zwingen.
    Ich glaube einfach kein Medium käme auf die Idee sich selbst die Grundlage zu rauben; das meinte ich nur.

    Das »Aufrichtig« akzeptiere ich.

  96. @35, Ein Widerspruch in sich selbst

    Was hier etwas unter den Tisch zu geraten droht: die FAZ hat einfach eine andere Meinung.

    Ganz und gar nicht. Man stellt halt nur fest, dass diese Meinung auf Lügen beruht. Denn wie jeder weiß, nimmt Google den Verlegern gar nichts weg sondern schickt denen im Gegenteil kostenlos monetatisierbaren Traffic.

    es geht darum, diejenigen, die anders denken als man selbst, ihre ganze Existenz streitig zu machen.

    Und noch ein Lüge. Beim welchem Verlag sind Sie angestellt?

    wie kommen Professoren dazu, ein ganzes Geschäftsmodell für gestrig zu halten und aus dieser Annahme juristische Schlüsse zu ziehen?

    Tun sie gar nicht. Da sind Sie wohl auf die Lügen der Verleger
    reingefallen. Upps.

    @51, f.luebberding

    Ansonsten handelt es sich um eine kostenlos zu nutzende Infrastruktur

    So wie bspw. die Verlage, die kostenlos über Googles Index gefunden werden und von Google kostenlos Traffic bekommen?

    @63, f.luebberding

    Sie setzten ganz unverfroren auf die gigantische Reichweite ihres Angebots — dass fast jeder Deutsche auf dieses Werbefilmchen aufmerksam gemacht wird.

    Schon dreist, dass man nach 3 (!) Jahren, in denen permanent gegen einen in den Verlagsangeboten agitiert, polemisiert und lobbyiert wurde, kurz vor Toresschluss an prominenter Stelle seinen Protest gegen ein gekauftes Irsinnsgesetz bekundet.

    @76, Alex Strippel

    nur erledigt sich für mich noch immer nicht das Anliegen derjenigen, die vom Urheberrecht (soweit ich das weiß) nicht erfasst werden, nämlich die Produzenten dessen, was durch das Urheberrecht geschützt wird, nämlich diejenigen, die die Urheber unterstützen und in gewisser Weise momentan noch möglich machen, die Verlage.

    Die Verlage verdienen also kein Geld an ihrer Leistung? Wie sieht’s denn mit der Werbung auf deren Seiten aus, auf die Google kostenlos Traffic spült? Reicht nicht? Warum packen die das Angebot denn kostenlos ins Netz statt hinter eine Paywall?

    Zeigen Sie uns doch mal die Schutzlücke und nennen Sie einen einzigen Beteiligten der gesamten Wertschöpfungskette, der nicht (mies) bezahlt wird.

    @87, f.luebberding

    Der Witz ist nur, dass es Google in der Vergangenheit geschafft hatte, sich als quasi neutraler Vertreter öffentlicher Interessen zu generieren.

    Nein, der Witz ist, dass die Verlage sich so zu positionieren versuchen, noch dazu als Retter der Demokratie. Und peinlicherweise entblöden die sich nicht einmal, ausgerechnet Google Scheinheiligkeit vorzuwerfen. You can’t make this stuff up.

  97. @ Sannie (#102)

    Können Sie sich einen Zeitschriftenverkäufer vorstellen, der Geld dafür zahlt, daß er eine Zeitung verkaufen darf? Doch höchstens, wenn er weiß, daß er auf dieses Produkt nicht verzichten kann. Halten Sie es für wahrscheinlich, daß Google auf Verlagsprodukte in seinem Index nicht verzichten kann?

    Ich will es mal so formulieren: Die Latte für den Verzicht auf News bei Google hängt mittelhoch. Einerseits hat die Entwicklung des Newsportals selbst Geld gekostet (Akquise, Aufbereitung, thematische Querverlinkung und Bereitstellung für den User), wie auch die Anpassungen an den deutschen Markt. Auf der anderen Seite steht die im allgemeinen kostenlose Bereitstellung, die natürlich dabei hilft, die Bindung der User an die Google-Plattform mit all ihren Diensten zu sichern und zu verbreitern – davon lebt wiederum der Konzern.

    (An dieser Stelle brauchen wir auch gar nicht moralinsauer werden, weder in die eine noch die andere Richtung, hinsichtlich „Da ist der Kunde das Produkt“ und Co., das ist wieder ’ne andere Baustelle.)

    Aber wir leben nun einmal in einer Marktwirtschaft mit ihren Gesetzmäßigkeiten. Und die besagt: Willst du den Vertrieb deines Produktes nicht selbst übernehmen, muss derjenige, der das für dich übernimmt, davon was haben.

    Entweder senkst du deinen Händler-VK so weit unterhalb des Endkunden-VK, dass der Wiederverkäufer inklusive seiner Beschaffungskosten immer noch einen Gewinn erzielen kann, selbst wenn sein Endkunden-VK oberhalb deines eigenen liegt (Stichwort: Gutenberg-Funktion) – alternativ kannst du auch deinen eigenen Endkunden-VK so hoch ansetzen, dass praktisch jeder Wiederverkäufer darunter bleibt. (Beispiel: Online-Shops von Elektronikherstellern)

    Oder du stellst ein Produkt her, das ein so starkes Komplementärgut ist, dass du und/oder die Wiederverkäufer es sich leisten können, es unterhalb der Herstell- bzw. Bezugskosten abzusetzen, weil dadurch wiederum andere komplementäre Produkte abgesetzt werden, die einen stärkeren Effekt erzielen, als es bei einem gewöhnlichen Verkauf des Produktes der Fall wäre. (Perfektes Beispiel: Tintenpisser und Patronen)

    Und so ist es eben bei Google: Die können es sich leisten, die Newssuche kostenlos zu machen, weil sie dadurch komplementäre Produkte (= Werbung) besser absetzen können, selbst wenn bei der Newssuche selbst keine Werbung angezeigt wird. Wird dies aber abseits der einmaligen Entwicklungs- und monatlichen Serverkosten (die bei Google Gemeinkosten sind, weil sie alle Dienste betreffen) zum Kostenfaktor, ist für Google selbst dieser komplementäre Effekt nicht mehr gegeben.

    Ja, ich weiß, darauf wolltest Du hinaus. Ich wollte es nur mal konkret darstellen.

  98. Ich glaube Google-News wird total überschätzt. Habe es mir gestern erstmalig angeschaut, weil ich wissen wollte, worum es eigentlich geht. Ich glaube das braucht Niemand wirklich. Ich benutze manchmal Google-Maps, damit ich weiß, wo`s lang geht.

  99. @jj preston (#114):
    Sie haben recht, das Beispiel mit dem Zeitschriftenverkäufer greift nicht – hier in München sind das eher die Anbieter von Werbeflächen auf Trafos/Schaltkästen.
    Ach,ja: die zahlen nicht, sondern werden bezahlt.

    Und bezüglich der defizitären Google-Dienste kann ich Sie beruhigen:
    Das (trotzdem) Betreiben solcher Dienste ist gewollt – von Google und der GoogleDev-Community.

  100. @polyphem: „Ich glaube Google-News wird total überschätzt.“ Hierzu mal eine ganz naive Verständnisfrage: Es ist die ganze Zeit von Google News die Rede. Ist die gewöhnliche Google-Suche vom LSR denn nicht betroffen? Und wenn ja, warum?

  101. Es wird echt jeden Tag absurder.

    „Gewiss: Wer sein Geld nicht selbst verdienen muss oder vom Staat bezahlt wird (also von allen Steuerzahlern unabhängig von seiner Leistung getragen wird), der kann leicht den Marktliberalen spielen. Es kostet ja nichts.“

    http://www.bdi.eu/download_content/InformationUndTelekommunikation/LeistungsschutzR_f_PressVerlage_Verbaendeerklaerunng.pdf

    Vom BDI, über BITKOM, Einzelhandel, Dehoga, Handwerk, Bund Freier Berufe, VDA alle GEGEN das Leistungsschutzrecht. Die Presseverlage nehmen eine absolute Minderheitenpostion in der deutschen Wirtschaftslandschaft ein.

    „Tatsächlich muss sich jeder fragen lassen: Was sind mir unabhängige Information und Orientierung wert?“

    Mir ist das in der Tat einiges Wert. Leider bekomme ich davon in der FAZ nichts zu sehen.

    Nochmal zur Klarheit. Es geht hier weniger darum, dass die FAZ und andere eine falsche Position vertreten. Sowas kommt vor. Hier geht es vor allem WIE diese Position vertreten wird und das ist dermaßen erbärmlich, dass es einen schaudert.

  102. Ich hatte geglaubt, dass wir eine freie unabhängige Presse haben, eine Presse die unabhängig informiert.
    Das glaube ich nicht mehr

    Ich hatte geglaubt, dass die unabhängigen Verlage einem Ethos folgen der Kampagnenjournalismus ausschließt. Einer mag mal etwas verschweigen, verbiegen, aber nicht alle.
    Das glaube ich nicht mehr.

    Bis zu dieser LSR-Kampagne hielt ich die deutschen Printmedien für unverzichtbar.
    Das glaube ich nicht mehr.

    Ich hatte geglaubt, dass ich durch die Lektüre von Zeitungen gut und unabhängig informiert sei.
    Das glaube ich nicht mehr.

    Erschreckend ist wie einfach es scheint die Presse gleichzuschalten, wenn sie selbst etwas für in ihrem Interesse hält.
    Heute ist es das LSR, morgen eine bestimmte Politik?
    Ich hätte das nicht für denkbar gehalten, heute weis ich, dass es schon so ist.

    Freie Blogger und ausländische Zeitungen, öffentlich rechtliches Radio und Fernsehen sind, in dieser Reihenfolge, für mich jetzt wichtiger und glaubwürdiger als der „Qualitätsjournalismus“ der etablierten deutschen Printmedien.

    Heute bin ich vielleicht ein Befürworter des LSR, weil ich glaube, dass der Schuss nach hinten losgeht. Wenn Printmedien so denken und handeln, wie sie es im Streit um das LSR tun, dann ist das ihr Ende, dann sind sie entbehrlich, dann werden sie verschwinden. Zu Recht.

  103. @rgroth (#116)

    Sie haben recht, das Beispiel mit dem Zeitschriftenverkäufer greift nicht

    Das Beispiel mit dem Zeitungsverkäufer mag etwas schief sein – greifen tut es jedoch sehr wohl. Dass er Zeitungen, die er in seinem Laden verkauft, ausstellt, so dass man die Schlagzeilen lesen kann, ist insofern schief, als dass er es tut, um selbst das Produkt Zeitung abzusetzen und daraus Gewinn zu erzielen. Das tut Google nicht. Um wie Google zu handeln, müsste der Händler die Zeitungen nicht nur ausstellen, sondern auch sämtliche Einnahmen ohne Abzug an die Verlage ausschütten, während er selbst ausschließlich an Schokoriegeln und Zigaretten verdient. Im Prinzip aber müsste er, würde man das LSR auf die analoge Welt übertragen, die Zeitungen aus dem Schaufenster nehmen, da er sie in gewerblicher Absicht ausstellt, oder dafür extra eine Lizenz erwerben und Gebühren entrichten. Es wäre ihm nicht mal gestattet, ein Plakat aufzustellen, um auf die Inhalte der Tageszeitungen hinzuweisen.

    Das (trotzdem) Betreiben solcher Dienste ist gewollt — von Google und der GoogleDev-Community.

    Warum das so ist, habe ich dargelegt. Und ebenso, wann der Anreiz für Google nicht mehr besteht.

  104. Es geht doch schon lange nicht mehr um kluge Vergleiche.
    Natürlich können die Vertreter des LSR ebenso klug argumentieren, feinsinnig und grobgetrickt, wie die Gegner.

    Wie das geht hat schon Schopenhauer gewusst und erklärt.
    http://phaenomen-verlag.de/uploads/mediapool/user_uploads/downloadneu/Recht_behalten.pdf
    Klug argumentieren können sie. Man erkennt die alten Techniken mühelos wieder.

    Es geht aber längst um die Glaubwürdigket der Branche. Die ist mindestens beschädigt, und das liegt weniger an guter oder schlechter Argumentation, sondern an der Parteilichkeit der Leitmedien, am bewussten Verschweigen, an der bewussten einseitigen Beeinflussung der Leser.
    Die vorsätzliche, gemeinsame Einseitigkeit der Berichterstattung ist Anlass zur Sorge.

  105. Es gibt keinn „deutschen Professor“ per se. Es gibt Leute, die an den Universitäten unterrichten und wissenschaftliche Forschungen betreiben. Sie werden dafür bezahlt und tragen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, einen Professoren-Titel. Sie verrichten ihnen zugewiesene Arbeit und werden dafür bezahlt.
    Was die Presse über sie schreibt hat nichts mit ihrer Tätigkeit und deren Bedingungen zu tun. Es ist Journalismus, und er hat nichts mit der Information und Kenntnissen der Realität zu tun. Und wenn einer an die Presseberichte glaubt, ist selber schuld.

  106. Mich regt übrigens heute morgen diese ganze Herausgeber- und Festangestelltenjournalisten-Chose nicht mehr auf; die haben sich jetzt genug diskreditiert. Wir müssen nicht jeden einzelnen Fall durchhecheln.

    Wir könnten uns stattdessen mal darüber echauffieren, wie der Gesetzgebungsprozess tatsächlich abläuft und was das demokratiepolitisch genau bedeutet, dass hier auf diese Art Gesetze passieren. /Das/ ist meinen Augen nämlich der viel größere Skandal – die mangelnde Souveränität des Souveräns.

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