Nicht zu fassen: Auch faz.net illustriert mit einem Foto, das vor einer Woche in einem ganz anderen Kontext entstanden ist, das Grauen heute in Bombay, und das sogar auf der Startseite:
Und natürlich kann man lange darüber philosophieren, was uns das über die Aussagekraft dieser gern gebrauchten Bilder von entsetzten Augenzeugen lehrt: Wie beliebig sie letztlich sind. Wie austauschbar und unkonkret. Wie sehr sie nur eine Krücke sind, um uns einen emotionalen Zugang zu einer rational kaum zu fassenden Katastrophe zu verschaffen. Wie sehr sie also, auf den Punkt gebracht, immer Symbolfotos darstellen.
Aber egal, wie viel man darüber philosophiert, eines ist klar: Es gibt eine unausgesprochene Abmachung zwischen uns, dem Publikum, und den Medien. Dass die Bilder, die sie zeigen, so beliebig sie scheinen mögen, das zeigen, was sie zu zeigen vorgeben.
[Disclosure: Ich arbeite für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ und faz.net.]
[via Marcel in den Kommentaren]
[Disclosure: Ich arbeite für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” und faz.net.]
… dann sag doch da einfach mal Bescheid und sorge dafür, dass das Bild ausgetauscht wird – sollte man das als Mitarbeiter nicht zuerst versuchen, bevor man den Missstand öffentlich anprangert?
Symbolfotos sind nun mal Symbolfotos. Mir recht egal wer da abgebildet ist. Das Leid fremder Menschen interessiert mich nicht wirklich, da sind die fuer mich genauso austauschbar wie die Fotos.
Klarer Fall von Elke Heidenreich-Syndrom. Therapie? RR fragen.
Ich werde auch in Zukunft in aller Regel nicht über die FAZ bloggen. Was bei der FAZ, der FAS oder FAZ.net kritikwürdig ist, müssen und sollen andere aufschreiben. Aber wenn FAZ.net dasselbe macht, was ich wenige Stunden zuvor bei „Welt Online“ kritisiert habe, und sogar an ungleich prominenterer Stelle, fände ich es feige und unglaubwürdig, das zu verschweigen oder zu verstecken.
@4
…okay, das ist einzusehen.
In der Tat bedrückend diese Verfälschung, ebenfalls bedrückend aber auch bestimmte Kommentare wie diesen hier bspw. – http://www.tagesschau.de/kommentar/kommentarbombay100.html – der mit der Conlusio endet, dass „Schluss sein muss“ mit der „Ideologie“ der „Realitätsverweigerung“ (gemeint: mit dem „multikulturellen und multireligiösen Staat“).
@6: Ich verstehe den Kommentar anders: Die Realitäätsverweigerung bezieht sich auf die Verfolgung von Muslimen und Christen durch fanatische Hindus, also dass es sich eben doch nicht um einen multikulturellen und multireligiösen Staat handelt.
@6 (harald)
Man kann den „Conlusio“ (nicht etwa Conclusio??) auch anders interpretieren. Nicht der multikulturelle und multireligiöse Staat soll realitätsverweigert werden, sondern die Konflikte, die durch eben jene multikuturelle und multireligiöse indische Gesellschaft entstehen. Der indische Staat besticht in der Tat oft durch bemerkenswerte Realitätsverweigerung und ignoriert inländisches Konfliktpotential gekonnt und zeigen dann reflexartig in pakistanische Richtung. Insofern fand ich den Kommentar des Tagesschau-Blogs in sich schlüssig und zutreffend. Wenn aus meiner Sicht etwas „bedrückend“ sein sollte, dann sind es die indischen Zustände an sich.
Ich bin inzwischen ja fest davon überzeugt, „FAZ.net“ und „Welt Online“ machen das nicht mit Absicht, da eine der Agenturen (AP) das Foto der Meldung beigelegt haben. Bin auf Anhieb aber nicht fündig geworden…
Es soll ja Leute geben, die die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nur wegen Ihrer regelmäßigen Beiträge lesen.
Nachrichten, Tragödien, leidende & glückliche Menschen sind doch eh nur noch Symbole und Metaphern das eigene Leben zu verstehen – Reality Literatur für Story-Junkies.
Sicher sind derartige Bilder nur ein Hilfsmittel, vermutlich gedacht für jene, die ein einprägsames Bild für das beschriebene Grauen brauchen. Vielleicht stört es sogar nur „die ganz Harten“, wenn das Bild „entsetzter Mann“ aus dem eigentlichen Kontext gerissen wird, und ihnen das Original vom jeweiligen Tatort vorenthalten wird.
Die Frage ist doch, ob ein wirklicher Bedarf an Bildern besteht, die das Entsetzen vor Ort darstellen, wenn eine derartige Tragödie geschieht. Vielleicht haben die Medien da ja eine Nachfrage konstruiert, die gar nicht ist. Möglicherweise brauche ich ja gar kein (Symbol)Foto, um ob einer solchen Tragödie betroffen zu sein, und empfinde sowohl das „falsche“ Bild als auch das „richtige“ als unpassend. Wo ist denn der echte Mehrwert, wenn ich einen entsetzten (wenn auch fälschlich hineinkonstruierten) Menschen ablichte und veröffentliche? Die Nachricht alleine ist doch schlimm genug.
@12 drpoffertje
Ob eine Bebilderung nowendig ist oder einen Mehrwert darstellt, ist unabhängig von der Frage, ob ein Bild, welches in einem journalistischen Kontext veröffentlicht wird, im weiteren Sinne „authentisch“ sein muss – nämlich ob es tatsächlich der zugeordneten Situation entstammt. Ansonsten sind wir dann bald beim fröhlichen Photoshopping – in diesem Zusammenhang möchte ich gerne noch einmal an den Auftritt Powells vor der UN erinnern, in welcher 3-D-Animationen als Beweise verwendet wurden. Und @Stefan: Ich unterstütze Lomexx‘ Vorschlag, daß Du die FAZ-Online-Redaktion informieren
solltest.
@12
„Möglicherweise brauche ich ja gar kein (Symbol)Foto, um ob einer solchen Tragödie betroffen zu sein, und empfinde sowohl das „falsche” Bild als auch das „richtige” als unpassend.“
Ich denke, es macht schon einen Unterschied, ob eine Story bebildert ist oder nicht. Das Bild eines entsetzten Menschen weckt ganz sicher stärkere Gefühle, es appelliert an die Empathiefähigkeit des Betrachters. Der Betrachter empfindet Mitleid und das erhöht die Anteilnahme an der Story selbst.
Hingegen wäre es viel abstrakter, die Vorgänge nur als reinen Nachrichtentext zu bringen, der sich gewöhnlich bemüht, ganz sachlich und nüchtern das Geschehen zu protokollieren. Ein Nachrichtentext weckt weniger starke Gefühle und erfordert daher mehr Lesedisziplin. Er hat kaum Leseanreize.
Auch meine persönliche Erfahrung möchte ich anführen: Ich habe die Geschehnisse des 11.09.2001 weitestgehend am Fernseher verfolgt. Ich war also die ganze Zeit den Bildern ausgesetzt. Dadurch war ich unheimlich betroffen, hatte starke Gefühle entwickelt. Aber alle Leute, die ich am selben Tag traf und die die Sache nur aus dem Radio oder einem Onlinejournal hatten, waren viel nüchterner und lockerer. Meine damalige Chefin z.B. wollte, dass wir ganz normal weiter arbeiten (woran nicht zu denken war). Ein Freund von mir hatte sich noch nicht einmal bemüßigt gefühlt, abends die Fernsehnachrichten zu schauen, aber ich habe ihn agitiert, dass es sich diesmal wirklich „lohne“.
@13 aber die 3-D Animationen beim Auftritt Powells sind kein Symbol im Sinne „einen tieferen Sinn andeutendes Zeichen, Sinnbild; bildhaftes, anschauliches, wirkungsvolles Zeichen für einen Begriff oder Vorgang, oft ohne erkennbaren Zusammenhang mit diesem“, sonder wie Du ganz richtig sagt eines Beweises, aber den liefert man in der Regel am Original.
Ich find die Frage sehr berrechtigt, ob Bedarf an Bildern besteht, zumal in dieser Situation, die, wie Herr Niggemeier schon schreibt, rational kaum fassbar ist. Richtet man sich nach der Definition eines Symbols laut Wahrig-Deutsches Wörterbuch (darauf bezogen oben die „“ und kopiert aus Wikipedia: Symbol), drückt dieses Symbolbild (meiner Meinung) Unfassbarkeit und Entsetzen aus. Kontextfrei.
Auf CNN.com fanden sich Bilder dieses Terrors, neben, über, unter und im Artikel selbst. Anschaulich sicherlich, notwendig…da bin ich mir nicht so sicher.
Reuters.de meldet übrigens in einem Atemzug mit der Erstürmung des jüdischen Zentrums, dass die Börse wieder geöffnet ist und dass der indische Leitindex nur 0,5% nachgegeben hat. Alles wieder in Ordnung. Schön.
Apropos faz.net: Eigentlich wüsste ich gern, warum die immer noch von Bombay sprechen, die FTD aber korrekt Mumbai schreibt (wobei die Tippfehler sich bei beiden Onlineauftritten gleichermaßen häufen, was an den Glühweinständen oder unglücklichen Arbeitsbedingungen liegen mag). Dagegen schreibt die FAZ als einzige Zeitung „bin Ladin“, was irgendwie professioneller klingt als bei den 842 anderen deutschen Medien. – Fragen eines lesenden Arbeiters eben…
@16 /fridolin
In der Berliner Zeitung las ich heute, dass die Bewohner Bombays weiterhin „Bombay“ sagen würden.
Was „bin Ladin“ angeht, hörte ich in Ägypten, dass es korrekt „ibn Ladin“ heißen müsse. „Ibn“ heißt „Sohn von…“
Dazu noch:
„Aber egal, wie viel man darüber philosophiert, eines ist klar: Es gibt eine unausgesprochene Abmachung zwischen uns, dem Publikum, und den Medien. Dass die Bilder, die sie zeigen, so beliebig sie scheinen mögen, das zeigen, was sie zu zeigen vorgeben.“
1.) Gehört Stefan nicht zu den „anderen“, also nicht zu „uns“?
2.) Ist das primär Abnehmerkritik?
Habe heute morgen den BBC World Service gehört. Während die Journalisten in London „korrekt“ Mumbai sagten, nannten mehrere Menschen vor Ort, die interviewt wurden, ihre Stadt Bombay. Ob die gar nicht wissen, wie unsolidarisch das gegenüber den vielen Deutschen ist, die hier dafür kämpfen, dass alle gefälligst Mumbai sagen?
(Wir haben das Thema hier in den Kommentaren lang und breit diskutiert.)
Fotos die nicht zum Text passen, da sie aus einer anderen Situation stammen, können aber auch noch eine ganz andere Wirkung haben: Ich kann mich noch sehr genau erinnern wie groß hier der Aufruhr in China war, als westliche Medien falsch betitelte oder aus dem Zusammenhang gerissene Fotos im Rahmen ihrer Berichterstattung über den Aufruhr in Tibet veröffentlichten. Das war bei den Studenten ein großes Thema und wurde auch im Staatsfernsehen ausgebreitet und diskutiert. Von der Propaganda wurde es schlussendlich ausgeschlachtet, indem man sinngemäß sagte: Guckt mal, die westlichen Medien lügen und berichten nur was sie wollen und nur aus ihrem Blickwinkel.
Ich denke grade wenn man den Anspruch hat unabhängig über Ereignisse berichten zu wollen, sollte so etwas wie bei Welt.online und Faz.net nicht passieren. Die Bildarchive sind sicher voll mit Fotos, die entsetzte Menschen zeigen und sicher ist es verführerisch, ein passendes Foto herauszusuchen und zu verwenden. Man darf es aber einfach nicht machen.
Einen Beitrag mit Fotos zu bebildern, die in einem ganz anderen Sinnzusammenhang entstanden sind, öffnet das Tor zu Fundamentalkritik, in der verständlicherweise angezweifelt werden kann, was neben dem Bild am Artikel außerdem nicht stimmt. Schlussendlich führt das zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit des ganzen Mediums.
Warum verwendest du eigentlich immer das Wort „Disclosure“? Ist es in diesem Fall nicht einfach ein „Hinweis“? „Disclosure“ in einer Bedeutung wie „Offenbarung“ oder „Pflichtveröffentlichung“ behauptet ja, dass du irgendwie verpflichtet wärest, diesen Satz anzuhängen. Ist der englische Ausdruck in diesem Fall nich ein weiterer unnötiger Anglizismus, der noch dazu, wenn man ihn wörtlich nimmt, irreführend ist?
@ 17 /Milo (Venus?)
Danke. :-)
Ich habe zwar die Karl-May-Bücher wegen Überlänge nie durchgelesen, aber an „ibn“ erinnere ich mich noch. Ist ja so ähnlich wie „bin“. Wobei ich mir bei den Kommentaren zu Clements Abgang in faz.net nicht mehr so sicher bin, ob vor dem Bildschirm immer kluge Köpfe stecken (worauf nur?). Aber das ist eine andere Geschichte.
Bloggen und Kommentieren soll ja nach Möglichkeit sinnfrei sein, zum Grundrauschen im Internet beitragen und das breite Wissen zeigen, das man angesammelt hat. Außerdem muss man dann nichts anderes machen. (diabolisches Grinsen, ich kenne die Abkürzung – DGRN oder so – leider nicht auswendig, weil ich zu selten kommentiere)
Die Beliebigkeit von Bildern wird sehr schön in „Territorio Comanche“ von Arturo Pérez-Reverte beschrieben (gibt es, glaube ich, nicht auf Deutsch. Sehr sehenswert ist aber auch die Verfilmung, heißt auf Deutsch „Dem Tod auf der Spur“).
Pérez-Reverte beschreibt, wie ein Reporter und ein Kameramann für das spanische Fernsehen über den Krieg auf dem Balkan berichten. Pérez-Reverte kennt sich damit aus, er hat den Job selbst jahrelang gemacht. Der Job besteht aus viel Warterei, und dabei unterhält man sich, denkt über die Welt, die Arbeit und die Vergangenheit nach.
Irgendwann bei einem lateinamerikanischen Bürgerkrieg, erzählt der Protagonist, sei ihm aufgefallen, das die Toten immer gleich aussehen. Um die These zu testen hätten er und sein Kameramann bei einem Konflikt Videomaterial aus einem anderen Konflikt (ganz woanders und Jahre früher) in einen Nachrichtenclip eingebaut, und keiner habe es gemerkt.
@ 19 / Stefan
Zu Mumbai: Verzeihung, ich kann mir nicht alle Threads inhaltlich merken, es sind zu viele. Ich habe auch eher aus anarchistischen und ironischen Überlegungen heraus gepostet, weil dieser Kommentarstreifen noch sehr kurz ist.
@jörg:
Ist das jetzt jetzt ein Zitat gewesen oder war das eine Betrachtung?
also ich finde das symbolfoto nicht erwähnenswert^^ es passt halt^^
@ Don Commodore de Montegonzi, #20:
Diese chinesischen Studenten werden aber offenbar dafür bezahlt, dass sie solche Meinungen vertreten. War ja auch prima, um vom eigentlichen Thema abzulenken, nämlich den Lebensbedingungen der Tibeter in ihrem eigenen Land. Peking hat die internationalen Internetforen für sich entdeckt.
Heißt Disclosure vielleicht:
„Hallo, Leute, ich weiß nicht, ob Sie’s wussten, aber ich bin nicht nur der wichtigste Deutsche (nicht nur für „Vanity Fair“, sondern auch für mich), der berühmte Medienjournalist, der hier bloggt, aber nicht nur hier, sondern auch da, aber nicht nur bloggt, sondern auch für Zeitungen und Zeitschriften schreibt, nicht nur für Zeitungen und Zeitschriften schreibt, sondern auch Bücher, hier und dort in einer Jury sitzt, hier und dort von einer Jury, in der er sitzt oder saß oder aber nicht sitzt und/oder nie saß, einen Preis bekommen hat, diese oder jene Leute kennt oder kannte, da oder dort gearbeitet hat, das wollte ich nur noch mal gesagt haben.“
Werde ich jetzt gelöscht? Bin ich jetzt ein Troll?
Wären Sie denn gerne einer?
(Im Übrigen beginnt keiner meiner Vor- oder Nachnamen mit „t“, aber ich wäre ungern ein rollbares Gepäckstück)
Stimmt schon, der Niggemeier betreibt das Blog hier bloß, um damit angeben zu können, wo er alles wichtig ist. Zu sagen hat er ja eigentlich nichts, meckert immer nur an allem rum. Und jetzt beißt er noch die Hand, die ihn füttert. Schön doof. Gut, dass es endlich mal einer merkt.
(Das war jetzt ironisch)
Ach Dreckmist. Der ist ja mal gründlich in die Hose gegangen, der Versuch, witzig zu sein… (falls es jemanden interessiert, hab´ kurz vorher in ´nem anderen Thread den Kommentar von Rolly gelesen und mich offensichtlich mit ihm verwechselt. Mann, Mann, Mann, der Tag ist im Eimer…)
#28: Keine Ahnung, womit Sie Ihr Brot verdienen, aber vom Journalismus verstehen Sie erst mal nichts.
@ 27: Könnten Sie mir bitte mitteilen aus welcher Quelle Sie die Information haben, dass „diese chinesischen Studenten“ „offenbar“ für ihre Meinung bezahlt werden?
Ich studiere seit neun Monaten in China und auch wenn ich dem Regime und der Propagandamaschine sehr kritisch gegenüber stehe, solche unfundierten Kommentare wie der Ihrige macht Staunen.
Ich kann Ihnen versichern, die chinesischen Studenten die ich kenne werden für ihre Meinung nicht bezahlt, sie vertreten sie aus freien Stücken. Die Propagandamaschine funktioniert nämlich sehr gut.
Erkläre mir doch bitte mal einer:
„„Aber egal, wie viel man darüber philosophiert, eines ist klar: Es gibt eine unausgesprochene Abmachung zwischen uns, dem Publikum, und den Medien. Dass die Bilder, die sie zeigen, so beliebig sie scheinen mögen, das zeigen, was sie zu zeigen vorgeben.“
Olly, mein Mitgefühl. So Identitätskrisen sind immer anstrengend. Wird schon wieder. Wenn der Rolly jetzt vielleicht auch noch was schreiben könnte?
@ gnaddrig
Na ja, die Identitätskrise hält sich in Grenzen, ich bin eher zerknirscht, weil der ohnehin schon nicht überragende Scherz damit ins Unterirdische abgeglitten ist… meine persönliche take-away message für heute: man sollte nicht versuchen, in Debatten über die Bebilderung von Terroranschlägen witzig zu sein…
Ich erinnere mich noch daran, dass auch die hiesigen Medien unmittelbar nach dem 11. September noch „ibn Laden“ schrieben, der Name in den Nachrichten aber „bin Laden“ ausgesprochen wurde. Irgenwann sagte dann eine Sprecherin tatsächlich mal „ibn“, was ein wenig holprig klang. Nicht viel später setzte sich die Schreibweise „bin“ durch. Ich habe dafür leider keine Quelle, bin mir meiner Erinnerung aber recht sicher.
um das mit dem ibn/bin mal zu klären hier: im arabischen ist das von der schreibweise her dasselbe.
der punkt ist hier einfach, dass das anfängliche i in ibn (so wird das auch geschrieben) ein „schwaches“ ist, das heisst, in verbindung mit einem vorigen wort nicht ausgesprochen wird. damit es mit dem aussprechen nicht zu schwierig wird, fügt man dann (nur) beim sprechen zwischen b und n eben noch einen vokal ein.
lässt man den osama weg, kann man – so man es sehr genau nehmen will – daher auch ibn sagen. mit dem osama davor muss es aber auf jeden fall bin heißen (jedenfalls wenn es authentisch klingen soll).
und damit zurück zum thema…
@15
Wie Du dem Screenshot entnehmen kannst, ist dort nirgendwo von „Symbolfoto“ oder beser noch „Abbildung ähnlich“ die Rede. Insofern halte ich meinen Einwand für berechtigt, dass hier der Anschein von Dokumentation erweckt werden sollte – nicht nur blosser Illustration. Über den Sinn von Symbolfotos kann man lange streiten – aber nicht darüber, dass aber gerade auch Abbildungen aus Nachrichtenmagazinen Zeitzeugnis-Charakter – und dann gilt halt eben eine gewisse Sorgfaltspflicht (Welt und Faz haben das Bild ja auch seit heute morgen nicht mehr in diesem Kontext).
… Zeitzeugnis-Charakter haben… sorry, für meine mangelnde Sorgfalt
„Aber egal, wie viel man darüber philosophiert, eines ist klar: Es gibt eine unausgesprochene Abmachung zwischen uns, dem Publikum, und den Medien. Dass die Bilder, die sie zeigen, so beliebig sie scheinen mögen, das zeigen, was sie zu zeigen vorgeben.“
hm, heisst das jetzt, du selbst zählst dich zum Publikum, und nicht zu den Medien ? Obwohl du selbst Journalist bist ( in diesem Fall sogar für die selbe Zeitung tätig ) ?
Später schreibst du sogar, dass du eigentlich nicht über die FAZ, FASZ, oder FAZ.net bloggen willst.
Wie siehst du selbst deine Rolle als jemand, der die Medien so oft kritisiert, aber gleichzeitig davon lebt, in ihnen präsent zu sein ?
Zu jedem veröffentlichten Bild gehört eine Copyright-Angabe. Darüber hinaus sollte dort immer stehen, wo und wann die Aufnahme entstanden ist. Das würde für mehr Klarheit und Wahrheit sorgen.
#35: Den Artikel, den ich meinte, konnte ich nicht mehr finden. Da war die Rede von einem konkreten Entgelt pro eingestelltem Kommentar. Ich weiß leider nicht mehr, in welcher Zeitung. Aber in dem hier steht zumindest, dass China bei den Kommentaren eine aktive Rolle einnimmt: (http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E5688091DB4AD42E98DA5ED340288A3B3~ATpl~Ecommon~Scontent.html)
@43/ Beschuss
„Wie siehst du selbst deine Rolle als jemand, der die Medien so oft kritisiert, aber gleichzeitig davon lebt, in ihnen präsent zu sein ?“
Das ist ein Scheinproblem. Es gibt Kritik von außen und es gibt Selbstkritik. In der Wissenschaft gibt es das ja auch: Man lebt von ihr, kritisiert sie aber gleichzeitig. Das gehört sogar ganz wesentlich zum Beruf der Wissenschaft, diese zu kritisieren, weil es nur so einen Erkenntnisfortschritt geben kann. In gleicher Weise kann der Journalismus sich ebenfalls selbst reflektieren, ohne dass das heißt, sich dadurch unmöglich zu machen.
Kann man es nicht auch so sehen, dass die Formen menschlichen Ausdrucks für Entsetzen so universell sind, dass sie unser immer direkt berühren und deshalb oft so verwechselbar/austauschbar wirken? Und dass es Bilder gibt, die ein entsetzliches Ereignis emotional ästehtisch-prototypisch transportieren? Uns das Einfühlen erleichtern, das Lesenwollen fördern? Auch wenn die Nutzung des Bildes in falschem Kontext nicht korrekt erscheint – muss man nicht über die Differenzierung seiner Maßstäbe unter sich kontinuierliche ändernden Bedingungen nachdenken – selbstverständlich ohne dabei das Augenmaß zu verlieren?
Und … ist es möglich, dass Du eine Nachmoderationsfunktion für Kommentare einführst, wie bei Spreeblick, oder Nerdcore.
Ach, dumme Idee. Die Originalkommentare reichen wahrscheinlich schon :)
Es gibt zwar Milliarden von Indern, aber anscheinend nicht genügend Bilder von entsetzten Indern. Scheint mir ein glückliches Volk zu sein.
Vielleicht ist es auch Nachlässigkeit? Ich habe noch nie eine Zeitung gemacht, aber wenn die, die die Meldung bebildern in einer Bilddatenbank nach „Mumbai“ suchen (ich nehme an in der Datenbank verwendet man den richtigen ;) Namen) und die Ergebnisse chronologisch herauspurzeln, dann könnte ja auch ein Irrtum vorliegen.
Ist demjenigen klar gewesen, daß das Bild etwas anderes zeigt, als es vorgibt, dann fühle ich mich betrogen.
Hm… schwer zu beurteilen. Aber irgendwie hab ich mich dran gewöhnt, dass Die Bilder selten mit der Nachricht in direktem Zusammenhang stehen.
Eigentlich sah ja alles nur nach einem kurzen hormonellen Überschuß aus…
„‚Stalingrad‘ und ‚Deutsch-Südwest-Afrika‘ sind ja echt mal treffende Vergleiche. Möchtegernbesserwisser. Und viel Spaß beim Versuch, eine Reise nach Kolkata zu buchen.“
…der alsbald verbraucht (und verraucht) schien…
„Kurzer Einwurf an alle: Ich weiß schon, ich habe selbst die Schärfe und Zickigkeit in diese Diskussion reingebracht. Ich würde sie gerne wieder rausbringen.“
Ach, wenn es doch bei diesem Vorsatz geblieben wäre.
Aber, wie das Leben so spielt, hat der Mensch nicht nur einen Vorsatz allein, sondern derer mitunter auch zwei oder drei:
„Ich muss mir mein Adrenalin auch einteilen.“
Und was zunächst nur nach der typisch deutschen und doch auch lobenswerten Tugend der Sparsamkeit zu klingen schien, entpuppte sich zugleich als ebenso typisch deutsche Kleingeisterei.
Und was nützt auch alle Sparsamkeit, wenn man nicht gelegentlich investiert? Wohlüberlegt natürlich, nach reiflicher Prüfung!
Und so investierte der Hausherr weitere Teile der so kostbaren Vorräte an Adrenalin auch noch in diesen hier:
„Habe heute morgen den BBC World Service gehört. Während die Journalisten in London ‚korrekt‘ Mumbai sagten, nannten mehrere Menschen vor Ort, die interviewt wurden, ihre Stadt Bombay. Ob die gar nicht wissen, wie unsolidarisch das gegenüber den vielen Deutschen ist, die hier dafür kämpfen, dass alle gefälligst Mumbai sagen?“
Und nun fragt sich mein ganz gewiß ebenso typisch deutscher Kleingeist:
Ist „korrekt“ ≠ korrekt?
Oder warum ist korrekt nicht korrekt? Schließlich ist doch Mumbai korrekt? Oder bin ich jetzt unkorrekt oder vielleicht nur „korrekt“, weil ich es korrekt finde, etwas zu nennen, wie es korrekt eben heißt?
Auf jeden Fall bin ich deutsch, typisch deutsch, um ganz „korrekt“ zu sein!
@Alberto Green
Wie war ich? Ich bin schließlich ungeübt, geht es ohne Ironie-Tags? ;-)
@52
das dilemma in dieser angelegenheit ist in der tat, dass es *die* eine korrekte lösung bei orts-/staatsbezeichnungen schlicht nicht notwendigerweise gibt.
eine alternative bezeichnung (insb. in einer anderen sprache) ist nicht unbedingt „falsch“ – und was sollte ein staat oder ort auch dagegen tun? sollte Mailand die deutschen medien auf die „korrekte“ benennung „Milano“ verklagen?
„falsch“ und „richtig“ wird also in erster linie von der sprachpraxis (!) definiert – d.h. durch den mitunter langwierigen und nicht immer konvergierenden prozess der herausbildung einer „gängigen“ bezeichnung im sprachgebrauch, insb. also in den medien. nicht viel anders funktioniert das mit sprachkonventionen an sich, die sich dann u.a. von zeit zu zeit im duden manifestieren.
dass eine politisch motivierte namensänderung (KMS=>Chemnitz) sich in ihrem eigenen sprachraum also schneller etabliert, als die umbenennung eines entfernten ausländischen ortes, der ansonsten eher selten in den medien auftaucht, ist also kein grosses wunder.
auf das aktuelle beispiel übertragen würde also auch nichts dagegen sprechen, wenn der deutsche sprachgebrauch an „Bombay“ als bezeichnung für „Mumbai“ festhielte, so wie das für eine ganze reihe anderer städte ebenfalls gilt (vgl. z.b. http://de.wikipedia.org/wiki/Exonym).
noch ist aber nichts entschieden ;-)
my 2 cents…
nox
gibt ja mehr als genug photos, um das ganze Ausmaß der vorgänge deutlich zu machen.
http://www.boston.com/bigpicture/2008/11/mumbai_under_attack.html
@nox
Das ist doch mal Aufklärung im besten Sinne! Es ist also, wie vermutet: Irgendwie haben alle recht.
Zeit, das Kriegsbeil zu begraben. Oder für weniger Verbissenheit in der Debatte.
Vielen Dank!
Ach Stefan.. solangs genug Leute kaufen, ist der Effekt doch garantiert – Du als Journalist kannst doch auch nicht an der Auflage vorbei arbeiten. Bilder wie diese und entsprechende Artikel begreife ich vielmehr als Kundepflege rsp. journalistisches marketing. Zu einem gewissen Gradmuss man sich damit identifizieren können, gleichzeitig darf das ganze aber nur einen Teilbereich der eingefangenen Emotion in unser Leben transportieren – gerade soviel, dass der Kunde (LEser) sich kurz aufregt, kurz mitschwingt und danach wieder in seine Alltagslethargie verfallen kann. Danach kann man bei der entsprechenden Bürodiskussion nochmal kurz den Arm heben, besorgt dreinschauen und kurz zum besten geben, dass man ja diese ENTSETZLICHEN Fotos gesehen hat.. bis zum nächsten Tag ist alles wieder vergessen – es sei denn, die Zeitung macht ne Serie rsp. nen Mehrteiler aus der headline. Fühlt sich fast ein wenig an wie BRAVO-Fotolovestories aus den frühen 90ern.. man möge mir diesbezüglich fehlenden Respekt vorm Thema verzeihen, ich hatte meine Dosis Terrorangst heute schon und im Endeffekt betrifft uns das ja doch nur solangs direkt vor uns liegt. Wer ehrlich zu sich selbst ist, wird das schnell feststellen, sich ob seiner Gleichgültigkeit kurz schuldig fühlen und danach dann doch wieder in den Normalzustand zurückkehren. Wie war das Wetter heute noch gleich in Berlin?
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