Einen Lanz für die FDP brechen

Falls die FDP es nicht in den nächsten Bundestag schafft, hat es jedenfalls nicht an Markus Lanz gelegen. In einer Talkrunde des Grauens (Til Schweiger! Hellmuth Karasek! Markus Lanz! Til Schweiger! Til Schweiger!) verteidigte er gestern tapfer die kleine Partei gegen die Kritik seiner Gäste, nahm rührend Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vor persönlichen Angriffen in Schutz und rühmte die Arbeit von Philipp Rösler.

Üblicherweise muss er das nicht, das machen die FDP-Leute schon selbst, die sich in seiner Sendung die Klinke in die Hand geben. (Lanz macht’s ihnen aber auch kuschelig. Dem Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel attestierte er im Juli, vermutlich auch zu dessen eigener Überraschung: „Sie haben definitiv gute Arbeit geleistet, das bescheinigen Ihnen ja viele.“) Aber jetzt, unmittelbar vor der Wahl, scheint es bei „Markus Lanz“ eine Karenzzeit für Politiker zu geben.

Ich nehme das einfach mal als Vorwand, die Statistik ins Blog zu stellen, die ich hier noch rumliegen hatte. Sie zeigt, welche Parteien die Politiker vertreten, die die Redaktion der ZDF-Talkshow in diesem Jahr eingeladen hat. Und obwohl ich nicht der Meinung bin, dass eine solche Sendung irgendeinem Proporz folgen oder ausgewogen sein muss, ist die politische Neigung von „Markus Lanz“ schon erstaunlich:

28 Prozent für die FDP.

(CDU: Peter Harry Carstensen, Wolfgang Bosbach (2x), Rita Süßmuth, Peter Altmaier, Julia Klöckner. CSU: Michael Glos, Norbert Geis, Ilse Aigner, Markus Söder (2x), Alexander Dobrindt (2x), Edmund Stoiber. SPD: Karl Lauterbach, Matthias Machnig, Malu Dreyer, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Hans Eichel, Andrea Nahles, Kurt Beck, Heinz Buschkowsky, Martin Schulz, Heide Simonis. FDP: Dirk Niebel (2x), Daniel Bahr (2x), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (2x), Wolfgang Kubicki (4x), Hans-Dietrich Genscher, Christian Lindner, Martin Lindner, Katja Suding. Grüne: Renate Künast, Claudia Roth, Jürgen Trittin, Christian Ströbele. Linke: Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht, Katja Kipping. Piraten: Katharina Nocun, Johannes Ponader, Marina Weisband, Christopher Lauer.)

37 Replies to “Einen Lanz für die FDP brechen”

  1. Ich glaube nicht, dass das ein Beleg für Markus Lanz‘ politische Neigung ist. Es ist halt jedes Mal erwartbar amüsant,Wolfgang Kubicki in die Sendung einzuladen (oder zumindest amüsanter als mit Heidemarie Wieczorek-Zeul zu sprechen). Wenn man sich mal daran erinnert, wie oft bei Lanz Politiker der Piratenpartei zu Gast waren, als diese noch so etwas wie Relevanz aufwies.

  2. @Eule: Hm, ja, da könnte man drüber streiten. Er taucht in meiner Zählung nicht auf, weil er auf der ZDF-Seite nicht als Pirat, sondern als „Netzaktivist“vorgestellt wird.

    @Simon: Das erklärt aber zum Beispiel die Doppeleinladung von Dirk Niebel nur bedingt.

  3. Worauf basiert die Statistik? Sind das die tatsächlichen Gäste?

    Dann finde ich, musst du vorsichtig mit der Behauptung sein: Was ist, wenn die Redaktion genau so viele Leute von den anderen Parteien eingeladen hat und die Leute von der FDP nur die meisten Einladungen angenommen haben? Ist es dann nicht unfair der FDP daraus einen Strick zu drehen, weil die anderen ihre Chance nicht genutzt haben (sofern man hier von Chance sprechen will, wer besseres zutun hat — bitte… aber dann hinterher bitte nicht jammern)?

    Ich kann mich auch erinnern, dass beim Herrn Raab gewisse Parteien in der Vergangenheit „schneller“ ihre Leute geschickt haben, wenn Raab sie eingeladen hat, wohingegen andere Parteien gleich abgewunken oder teilweise nicht einmal reagiert haben, weil sie dessen Formate abgelehnt haben. Ist heute auch anders… (wobei ich Sendungen wie „Absolute Mehrheit“ jetzt nicht mit einer „Persönlichen Talkshow“ vergleichen möchte… letztere hat eben einen persönlichen Einfluss, was ja nicht schlimm sein muss).

    Wenn man also keine Details kennt, sollte man sich mit Urteilen und Schlussfolgerungen zurückhalten. Aber evtl. liegt dir ja Insider-Wissen vor…

  4. Oder es richtet sich ein wenig danach, wer Einladungen zu Lanz annimmt. Vielleicht kriegt er die anderen einfach nicht (so oft), und die FDP hat den Warnschuss (die Umfragen) schön länger gehört und sagt ja, wann immer eine Einladung kommt.

    Trotzdem danke – ein weiterer Grund, die Sendung nicht zu gucken.

  5. Da aber die FDPler alle Mühe haben, sich über eine ganze Sendung hinweg die bürgerliche Maste vor die brachialkapitalistische Fratze zu halten, steigt ja mit jedem Auftritt die Wahrscheinlichkeit die Enttarnung.

    Markus Lanz will nichts anderes, er arbeitet ebenso hinterhältig wie zielstrebig an der Zerstörung der Li, de Libe, der Libera – nein, ich krieg’s nicht raus.

  6. @ Stefan Niggemeier:

    Ich hab nur eine Ausgabe mit Dirk Niebel gesehen. Und obwohl ich kein sonderlich großer Fan von ihm bin, fand ich das doch recht kurzweilig, weil Niebel kein Blatt vor den Mund nimmt – auch nicht, wenn es um die eigene Partei geht und die Parteifreunde.

    Markus Lanz hat sich bei Politikerinterviews auch etwas verbessert, wie ich finde. Man nehme nur mal das Gespräch mit Karl Lauterbach, als es um die Mehrkosten für die Bürgerversicherung ging.

  7. Wer in den letzten 14 Tagen von den ÖR hofiert wurde zeigt, wie das Konzept der Multiplikatoren funktioniert. Gerade die FDP musste nicht mehr selbst auftreten, Effizienz hoch drei, möchte man da sagen. Die Piraten und ihre politische Geschäftsführerin sind völlig vom Bildschirm verschwunden. Wie viel Raum bekam die FDP und ihre Befindlichkeiten bei Illner & Beckmann. Gut sind die Journalisten von den Parteien gebrieft, sie ersetzen die Politiker und die Piraten, die müssen zur Zeit auf einem ganz anderen Ozean, in einem andren Universum kreuzen. Nein, ich fühle mich überhaupt nicht beeinflusst, ganz und gar nicht, die Ausgewogenheit tropft aus allen Poren.

  8. Und wer die wahren Machtverhältnisse in den ZDF-Gremien kennt, der wundert sich auch nicht darüber, dass mehr Gäste von der CSU kommen als von der CDU. Jeder CSUler mehr in der Sendung hält der Redaktion intern den Rücken frei. Früher hat man auch schon mal die Tochter eines CSU-Hierarchen zur stellvertretenden Redaktionslieterin ernannt, um Papa gnädig zu stimmen:

    http://www.stern.de/kultur/tv/schaeuble-tochter-wird-fernsehfilmchefin-beim-swr-die-oeffentlich-rechtlichen-politiker-kinder-1625385.html

  9. Mal etwas anders gelesen:
    CDU/CSU: 15 Gäste und damit mehr als die FDP und sehr viel mehr als die drittplatzierte Oppositionspartei SPD.
    Wenn man das mal zusammenfasst:
    Regierungsparteien: 29 Gäste
    Oppositionsparteien (im Bundestag): 17 Gäste
    Piraten (nicht im Bundestag – nebenher: die AfD fehlt): 4

    Klar muss da nix ausgewogen sein aber der Unterschied ist schon sehrsehr krass.
    Das ist meiner Ansicht nach viel ärgerlicher als die Tatsache, dass Herr Lanz anscheinend tatsächlich eine eigene Meinung hat und die nicht verbergen kann.

  10. Die Seitenhiebe gegen Schweiger und Niebel: gnihihihihi! So was versüßt mir den Tag. Danke, Herr Niggemeier!

    Lanz‘ FDP-Neigung ist natürlich unerstaunlich: er ist ein in meinen Augen leistungsloser, sich selbst indes vermutlich als Teil der gesellschaftlichen Elite begreifender, freiberuflicher Großverdiener. Also FDP-Kernzielgruppe. Hat Lanz eigentlich auch Hotels?

  11. Ist neuerdings im September schon das Jahr vorbei? Deshalb gibt es wohl schon Lebkuchen und Schokoweihnachtsmänner. Vielleicht rechnet Lanz mit Rot-(Rot)-Grün und hat sich Linke,Grüne, Sozialdemokraten für die Zeit nach der Wahl aufgehoben.

    MEINE Interpretation vs. DEINE Spekulation ;-)

  12. Fehlt noch Sky du Mont am 27. Februar. Ist schließlich auch ein FDP-Politiker. Zitat ZDF: „Bei ‚Markus Lanz‘ erzählt das FDP-Mitglied, warum er Deutschland für eine Neidgesellschaft hält und verrät uns, wie er zu einer Millionärssteuer steht. „

  13. @Sven #4

    Die Frage habe ich mir auch gestellt. Die Anzahl der erschienenen Gäste muss nicht der der eingeladenen Gäste entsprechen.
    Vielleicht kann eine Anfrage bei der Produktionsfirma der Sendung darüber Aufschluss geben, ob die Werte für die eingeladenen Politiker ähnlich ausfällt oder sich stark von den Zahlen der erschienenen Gäste unterscheidet.

  14. Lanz ist keine Polittalkshow, es geht dort meist nach Unterhaltungswert. Da ist eine Krawallschachtel wie Kubicki natürlich immer gern gesehen, wie man auch schon 2012 sehen kann. Interessant finde ich die Aussage im Kommentar: „Tatsächliche Gäste durchgezählt; Rest meine Interpretation.“ – Welche Interpretation?

    Im übrigen müsste man auch die anderen Gäste ohne Parteibuch hinsichtlich ihrer zum Teil öffentlich geäußerten Präferenzen gewichten, wie Sky DuMont oder Rogler oder Arnulf Baring.

  15. @11: Süddeutschland besteht nicht nur aus Bayern. Schäuble ist CDU-Politiker, da aus Baden-Württemberg, wo der SWR auch beheimatet ist. Nur für die Korrektheit.

    Zu eingeladen vs. zugesagt: Muss eine Redaktion denn jeden, der zusagt, auch in die Sendung nehmen? Ich meine, selbst wenn mehr FDPler zusagen sollten, dann kann man die Anzahl der tatsächlichen Gäste aus verschiedenen Parteien ja durchaus trotzdem steuern – durch wieder ausladen oder eben beim nächsten Mal gar nicht anfragen, wenn man sieht, dass es einseitig werden könnte. Die tatsächlich aufgetretene Anzahl an Politikern verschieder Parteien erlaubt daher schon eine gewisse Spekulation über die redaktionellen Entscheidungen.

    Es ist ja nicht so, dass die Sendung ausfallen müsste, weil man eben einen FDPler nicht schon wieder bringen kann. Es stehen genug Nasen bereit, die gerne immer das gleiche über ihr neues Buch oder Album erzählen.

  16. Diese eklatanten FDP-Rettungsaktionen laufen ja zur Zeit, genau wie vor der Landtagswahl in Nds., in allen Mainstream-Medien. Allen voran bei spon. Vermutlich steht im Testament des Spiegel-Gründers, der ja selbst mal für die FDP kandidiert hat, dass im Falle eines Falles die Redaktion alles tun muss, um die FDP zu retten. Da jetzt aber die AfD erstmalig »drin« gesehen wird, wird mancher Handwerksmeister, der meint, dass Export für ihn unbedeutend ist und der die Gewerbefreiheit in der EU für sich eher als Bedrohung ansieht, zur AfD wechseln.

    So könnte es geschehen, dass die Bambies »Baden gehen«.

    Wird dies das Ende der Geschichte?
    Die Bambies sind nur Leichtgewichte.
    Was bleiben wird sind Spottgedichte:

    Es treibt ein Strohhalm auf der Spree
    als Rettungsboot der FDP,
    am Steuer: Rainer Brüderle.

    Und Rösler fragt durchs Sprachrohr an:
    „Hälst Du noch aus, Steuermann?»
    „Noch da, Du Eiche?« Und lustig schallt’s:
    „Her mit der Stimme, ihr Wähler, sonst lallts.«

    Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
    Rettung: die Stimmen von anderswo.
    Und in die Urnen, sei›s Plastik, sei›s Pappe,
    rauschen die Stimmen, danach fällt die Klappe.

    Dann wird es heißen,sind die Stimmen gezählt:
    „Viele erbeutet, doch eine fehlt.»
    (mit Unterstützung eines Apothekers aus Neuruppin)

    RIP F+D+P+

  17. Interessant – diese seltsame FDP-Affinität ist mit in der Tat auch schon mehrfach aufgefallen. In der Niebel-Sendung verabschiedete Lanz den nach dem gescheiterten Putschversuch gegen Röslel ja sogar in seiner eigenen Partei schon jetzt als „Gewesener“ geltenden Entwicklungs-Hilfe-Minister nach meiner Erinnerung in etwa so: „Wir sehen uns nach der Wahl im September ja sicher wieder, SIE dann hoffentlich noch immer in der gleichen Position.“ Und das war nicht ironisch, sondern offenbar einfach nur als freundlicher Wunsch gemeint. Schon damals habe ich mich gefragt, warum Lanz für derartige Aussetzer kein ZDF-Redakteur auf die Finger haut – aber wahrscheinlich ist bei denen der Radar für solche Sachen längst abgeschaltet worden.

  18. Ups… ich schwöre bei meiner Mutter: „Röslel“ war kein rassistischer Scherz, sondern nur ein Tippfehler!

  19. Na, immerhin durfte wenigstens EINMAL auch Gregor Gysi kommen!

    Hätte ich nämlich irgendeine Sendung mit Gästen im deutschen Fernsehen, ich würde zu jeder Ausgabe Gregor Gysi einladen. Denn der Mann hat schlicht einen irrsinnigen Unterhaltungswert!

    Wenn er morgens aufsteht und sieht, dass im Laufe des Tages die Aufzeichnung einer Fernsehsendung in seinem Terminkalender steht, frühstückt er ein Wörterbuch und ein Anekdotenlexikon, kippt sich dazu drei Liter Sabbelwasser, und dann geht die Lucy ab.

    Zu viele Sendungen im deutschen Fernsehen, die wie gemacht für ihn gemacht gewesen wären, sind schon ohne Auftritt Gregor Gysis sang- und klanglos – aber genau deshalb eben letztlich zurecht – eingestellt worden: „Alles, Nichts, Oder?!“, „Vivasion“, „peep!“ … Ich wünsche ihn mir ja auch alle Jahre wieder für das RTL-Dschungelcamp, ersatzweise meinetwegen auch noch als Juror bei DSDS oder beim Supertalent.

    Aber wen lädt der Lanz statt dessen immer wieder ein? Wolfgang Kubicki, Dirk Niebel,Daniel Bahr, Wolfgang Bosbach, Alexander Dobdrindt, eine Topfpflanze, einen Sack Kartoffeln, Hellmuth Karasek, Til Schweiger …

    (Und, nicht zu vergessen: Andrea Kaiser und Fiona Erdmann! Hat DEREN Auftritte beim Lanz schon mal jemand gezählt, oder braucht man dazu Chuck Norris, der bekanntlich schon zweimal bis unendlich gezählt haben soll?

    Ich meine, daran ist, anders als bei oben genannten Herren, ja nichts prinzipiell Schlimmes. Ich würde auch jedes Mal, wenn Gregor Gysi nicht kann, Lindsey Vonn einladen. Aber trotzdem, der Lanz macht auch das einfach viel zu offensichtlich … )

  20. „In einer Talkrunde des Grauens […] verteidigte er gestern tapfer die kleine Partei gegen die Kritik seiner Gäste, nahm rührend Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vor persönlichen Angriffen in Schutz.“

    Ja, Frau Leutheusser-Schnarrenberger nehme ich auch in Schutz vor Angriffen, als einzige Person in dieser Partei und in dieser Regierung. Die tut mir wirklich leid.

  21. (Offtopic)
    Nur kurz am Rande: Ihr RSS-Feed ist leider schon seit einigen Tagen nicht mehr funktionsfähig. Es wäre super, wenn da was gemacht werden könnte.

  22. Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um zu vermuten, dass es der FDP besonders leicht fällt, von den Medien (bzw. großen Teilen davon) wahrgenommen zu werden. Das kenne ich aus meiner eigenen Zeit bei einem überregionalen Wirtschaftsmedium.

    FDP-Politiker schafften es mit nahezu jeder Null-Aussage, gedruckt zu werden. Eine Ausrede hatte die Chefredaktion immer: Der Nonsens war „exklusiv“, er war „relevant“, man durfte das den Lesern doch nicht vorenthalten etc. etc. Die Linke musste da erheblich höhere Hürden überwinden und wurde im Zweifelsfall komplett ignoriert, egal wie gut ihre Äußerungen zum Thema gepasst hätten (ähnlich erging es den Piraten, insbesondere wenn sie eher weniger „wirtschaftsfreundliche“ Dinge gesagt haben).

    Die FDP passte den Anzeigenkunden, dem Verlagschef und den Eigentümern einfach besser in den Kram. Die Chefredaktion hat sich danach gerichtet, auch wenn das niemand den Redakteuren gegenüber zugegeben hätte. In den letzten Jahren ist dies – Medienkrise! – sogar noch schlimmer geworden.

    Ob das bei den öffentlich-rechtlichen Medien grundsätzlich anders ist, wage ich zu bezweifeln.

  23. Übrigens kann ich auch nur den Kopf schütteln, wenn Journalisten über eine Partei (oder eine Gruppierung oder ein Thema) über längere Zeit nicht mehr berichten und später die anhaltende Nichtberichterstattung damit begründen, die „Relevanz“ sei verlorengegangen, weil die Partei (die Gruppierung/das Thema) in den Medien ja nicht mehr „stattfinde“ – als hätten sie (zumindest als Berufsgruppe) zu dieser Entwicklung gar nichts beigetragen.

  24. @Nev (#28):

    Sie schreiben:

    „Die FDP passte den Anzeigenkunden, dem Verlagschef und den Eigentümern einfach besser in den Kram … Ob das bei den öffentlich-rechtlichen Medien grundsätzlich anders ist, wage ich zu bezweifeln.“

    Genau dieses „Anders“ begründet ja nun aber die Einrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Er soll die Meinung aller gesellschaftlichen Schichten und Gruppen in angemessenem Verhältnis abbilden, ohne Rücksicht auf deren Position, sich Medienpräsenz irgendwie „erkaufen“ zu können.

    Nun bin ich wirklich der Letzte, der Talkshow-Auftritte von Parteipolitikern etwa entsprechend der Zusammensetzung der Bundesversammlung durchquotieren wollte, mit gelegentlichen „Wild Cards“ für Vertreter weder im Bundestag, noch einem Landtag vertretener Parteien, Mitglieder kommunaler Wahlbündnisse usw.

    Aber wenn eine Partei, die in einflussreichen privatwirtschaftlich geführten Medien – von „Spiegel“ bis „Bild“ – schon deutlich überproportional viel und merklich auffallend einseitig freundliche Aufmerksamkeit erhält, auch noch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erkennbar aufwändig gebauchpinselt wird, dann hat eben dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk mit der entsprechenden Sendung ein Problem.

    Dann haben wir Bürger als quasi „Eigentümer“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Problem.

  25. @Sibirischer Tiger: Da stimme ich Ihnen völlig zu. Ich fürchte aber, dass viele Journalisten (auch bei den Öffentlich-Rechtlichen) dieses Problem gar nicht mehr wahrnehmen. Wenn die Konzernmedien (von „Bild“ bis „Spiegel“ und sicherlich ebenso die großen Nachrichtenagenturen) über linke Parteien und Positionen kaum noch berichten, dann sind diese halt nicht „relevant“, auch für den ÖR nicht mehr – so oder ähnlich könnte die Denkweise dort aussehen. Wobei bei den Öffentlich-Rechtlichen sicherlich noch ganz eigene Einflüsse dazukommen.

    Ich war übrigens zu Berufsbeginn noch so naiv zu glauben, dass auch die Konzernmedien halbwegs ausgewogen berichten würden – halt mit einer leichten Tendenz nach links oder rechts und entsprechenden Kommentierungen, aber doch nicht so, dass bestimmte Gruppierungen nahezu ausgeblendet würden. Die Konkurrenz der Medien untereinander werde dafür schon sorgen, habe ich mir damals eingebildet. Das weiß ich inzwischen aus leidvoller Erfahrung besser.

    Ich fürchte aber, dass andere durchaus noch so naiv sind wie ich damals.

  26. Interessante Beobachtung, danke für die Recherche! Es ist beruhigend, dass selbst die Dauerpräsenz in Talkshows nicht über die Fünf-Prozent-Hürde hilft. Interessant wäre eine umfassende Statistik, wie stark welche Parteien und Politiker in den diversen Talkshows vertreten sind.

  27. Ich habe erfahren, Lanz hört nach eigenem Bekunden im Alter von 50 Jahren eh auf. Ich fürchte, das werden noch lange 5 Jahre. Zumindest „Wetten, Dass“ wird es nach der Sommerpause wohl nicht mehr geben. So viel Optmismus sei erlaubt.

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