Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Es gibt ja, zugegeben, nicht viele peinliche Momente in der „Tagesschau“ und den „Tagesthemen“. Aber wenn es im weitesten Sinne um die eigenen Belange der ARD geht, kann man meist gar nicht schnell genug umschalten, bevor das Fremdschämen einsetzt. Fröhlich wird da die Senderlinie in Beiträge gegossen und den eigenen Intendanten unterwürfig das Mikrophon hingehalten.
Man muß diese lange ARD-Tradition kennen und auch das Unverständnis, mit dem viele Verantwortliche beobachten, daß das NDR-Medienmagazin „Zapp“ tatsächlich gelegentlich glaubt, Mißstände im eigenen Haus nicht ausblenden zu können, um die Ungeheuerlichkeit würdigen zu können, die sich am vergangenen Mittwoch im WDR abspielte. Anläßlich seines 50. Geburtstages hatte der Sender seine Talkshow „Hart aber fair“ dem Thema Fernsehen gewidmet. Es ging um Qualität und Quote, Gebühren und Schleichwerbung, und Jürgen Doetz, der Oberlobbyist der Privatsender, der sich von der ersten Minute an routiniert in den ARD-Programmdirektor Günter Struve verbissen hatte, hielt bald für eine Minute inne, um verblüfft festzustellen, daß die Beiträge die Themen ja wirklich korrekt und unvoreingenommen auf den Punkt brächten. Moderator Frank Plasberg und sein Team zerlegten nach allen Regeln der Kunst die Scheinheiligkeit Struves, um kurz danach Doetz ähnlich schonungslos zu demontieren. Die Filmbeiträge enthielten nicht nur Alibispitzen gegen die ARD, sondern legten die Finger in die Wunden: Kommerzialisierung, Marathon- und Doppel-Berichterstattung von Königsfeiern, Schleichwerbung, Volksmusikwahn.
In den Feiern zum 50. Geburtstag war dieses kleine Kunststück das schönste Geschenk, das der WDR sich und seinen Zuschauern machte. Bevor man die Sendung an Journalistenschulen und Fernsehpreisjurys verschickt, müßte man nur noch das Gespräch mit dem Berufswahnsinnigen Henryk M. Broder herausschneiden.
[…] ARD schon den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Kritik daran in einer Talkshow am Hauptabend zum Thema gemacht: Im Januar 2006 diskutierten bei »Hart aber fair« unter anderem Privatfernsehlobbyist Jürgen […]