Georgina, Olivia Jones. Fotos: RTL
Am vergangenen Wochenende lief das Finale von „Ich bin ein Star — holt mich hier raus“. Jens Oliver Haas, der seit der ersten Staffel die Moderationstexte für die Dschungelshow schreibt, ist schon auf dem Rückflug nach Hause. Unterwegs hat er mir noch einige Fragen per E-Mail beantwortet.
Im Rückblick: War 2013 ein guter Jahrgang?
Es war ein wunderbarer Jahrgang. Die Hanglage der Kandidaten hat sich ausgezahlt — aber trotzdem fehlte mir das Gefälle. Um im Bild zu bleiben: Es war mir zu ausgewogen. Da fehlte das intellektuelle Gefälle und der clash of cultures, wie wir es zum Beispiel bei meinen persönlichen Lieblingsstaffeln zwischen Rainer Langhans und Sarah Knappik oder zwischen Ingrid van Bergen und Giulia Siegel hatten. Da hatte ich mir speziell von Helmut Berger, Arno Funke und Olivia Jones mehr erwartet. Aber Helmut hat uns verlassen, bevor er zu sich kam, Arno hat sich als sehr farblos erwiesen und Olivia war einfach zu sehr damit beschäftig Olivia zu sein, um den Oliver mal punkten zu lassen.
Die Zahl der echten Prominenten schien in diesem Jahr besonders klein zu sein. Die Viert- oder Fünftplatzierten von DSDS, „Germanys Next Topmodel“, „Der Bachelor“… Anscheinend tat das dem Interesse an der Show und ihrer Unterhaltsamkeit aber gar kein Abbruch. Hat Dich das überrascht? Braucht die Show gar keine echten Stars, um zu funktionieren?
Ich glaube, es gibt keine falschen Kandidaten — es gibt nur falsche Mischungen. Im letzten Jahr hatten wir zum Beispiel ausgezeichnete Kandidaten — jeder für sich war ein Knaller. Aber in der Masse hatten wir einfach zu viele Camper, die schlecht oder gar nicht Deutsch sprachen. Der Dschungel lebt zum größten Teil nicht von den Prüfungen und Schatzsuchen, sondern von dem, was zwischen den Kandidaten passiert und sich entwickelt. Und das beginnt, entwickelt sich und endet immer in Dialogen.
Ansonsten ist es ein Trugschluss, dass man Kandidaten kategorisieren kann. Es gab relativ unbekannte Kandidaten wie zum Beispiel Nico Schwanz, die im Format hervorragend funktioniert haben. Es gab andere wie Rocco Stark, die nur für das Format funktioniert haben — hier durch die Liebesgeschichte mit Kim Debkoswki oder seine Halbbrüder. Und es gibt Kandidaten wie Arno Funke, die nur für ein paar gute Wortspiele zum Auftakt gut sind und dann in aller Stille verpuffen. Da jetzt eine Erkenntnis draus ziehen zu wollen, die sich auf den nächsten unbekannten Aspiranten anwenden lässt, ist sinnlos.
Helmut Berger, Olivia Jones
Die Quote war hervorragend. Während fast alle anderen langjährigen RTL-Shows gerade (zugegeben: auf hohem Niveau) absacken, hat der Dschungel Rekorde gefeiert. Woran liegt das? Hat da der Name Helmut Berger gezogen?
Der Dschungel hat sich seinen Event-Charakter bewahrt. Zum einen, weil er einfach zu teuer ist, um ihn im Stile der Casting-Shows so oft zu duplizieren, bis sich das Genre erschöpft hat. Zum zweiten, weil es ihn — abgesehen vom medialen Vorgewitter — wirklich nur in 16 Tagen im Jahr gibt. Und zum dritten, weil es immer mal wieder eine Auszeit gab, die wieder großen Appetit auf die Show gemacht hat. So ungern ich das auch sage — jetzt wäre mal wieder ein Jahr Pause gut für das Format.
Und die Frage nach Helmut Berger beantwortet sich aus sich selbst heraus: Die Rekord-Quoten kamen erst, als Helmut schon gegangen war. Der Dschungel weckt nach wie vor das Gefühl: Wenn ich jetzt diese zwei Wochen nicht regelmäßig zuschaue… dann verpasse ich was. Dieser Eventcharakter, verbunden mit der Tatsache, dass wir innerhalb von 60 Minuten fast das gesamte Spektrum der aktuellen Fernsehunterhaltung abdecken, macht den Dschungel immer wieder so interessant.
Was ist ein „guter“ Kandidat für „Ich bin ein Star…“? Worauf kommt es an?
Ein gewisser Leidensdruck ist schon von Vorteil. Und er sollte kein zu großer und kontrollierter Medienprofi sein. Ein verzerrtes Selbstbild und eine damit verbundene Fallhöhe sind auch ganz hilfreich. Kleinere Störungsbilder werden gerne genommen, sollten aber nicht krankhaft oder akut sein. Ansonsten gilt wie bei allem: Nenn mir den Namen und ich sage dir, ob und warum ich ihn für einen guten Kandidaten halte. Es kann zwei Promis mit identischer Vita geben, von denen einer ein Traumkandidat und der zweite ein Totalausfall ist.
In früheren Staffeln gab es Anzeichen, dass sich das Prinzip langsam abgenutzt haben könnte, dass zum Beispiel die Kandidaten sich zu kalkuliert verhalten oder auch das Prinzip der ganzen Show sich abnutzt. Wie erklärst Du, dass das stattdessen immer noch funktioniert?
Das Prinzip der Show ist die Überraschung. Wenn ein Star gar nicht so ist, wie wir oder er selbst es gedacht haben. Wenn sich einer ganz anders entwickelt, als geplant, gehofft oder befürchtet. Das zuzulassen und zu begleiten ist die Show. Je mehr man glaubt, das im Griff zu haben oder im Griff haben zu müssen, desto weniger Spielraum gibt man der Sendung, sich selbst immer wieder neu zu erfinden.
Der Übergang von Dirk Bach zu Daniel Hartwich – wie wichtig war es, das in der ersten Folge richtig zu inszenieren? War womöglich die Neugier auf Hartwich auch ein Grund für die Leute einzuschalten?
Ich weiß bis heute nicht, ob wir es wirklich richtig inszeniert haben. Wir — also Autoren, Sonja und RTL — haben uns selbst vorgenommen, die erste Sendung erst vor Ort und mit den Eindrücken vor Ort zu bauen. Letztlich ist uns das nicht gelungen, weil Fernsehen halt doch von Planern gemacht wird und zu viele technische und organisatorische Dinge im Vorfeld entschieden werden mussten. Ich selbst wollte in der ersten Sendung viel mehr die bekannten und mit Dirk verbundenen Strukturen brechen und vielleicht sogar ganz beerdigen. Nicht nur, um Dirk zu ehren, sondern um der Sendung und Daniel Platz für eine Neuanfang zu schaffen. Das war das eine Extrem, das andere war der Vorschlag, einfach wie gewohnt weiter zu machen.
Am Ende wurde es ein Kompromiss, mit dem ich nicht glücklich war — ich hätte zumindest in der ersten Sendung den Begrüssungs-Schrei auf der Brücke weg gelassen und das Studio auf einem anderen Weg als gewohnt betreten. Aber vielleicht war es gerade dieses Ritual, dass als Signal funktioniert hat. Letztlich ist modernes Fernsehen ja immer die Kunst, den Kompromiss zu finden, der am besten funktioniert.
Überhaupt: Daniel Hartwich. Der wahre Gewinner dieser Staffel?
Der Gewinner ist die Sendung. Sie hat bewiesen, dass sie die Summe von ganz vielen richtigen Entscheidungen und ganz vielen guten Fernsehmachern in den richtigen Positionen ist. Daniel hat sich da so nahtlos eingegliedert, dass wir alle Lügen strafen konnten, die uns den totalen Absturz prophezeit haben. Das soll aber auf keinen Fall die Leistung von Daniel schmälern — sich so in ein dermassen komplexes und gut funktionierendes System einzupassen, zeugt von höchster Professionalität und Teamgeist. Das ist etwas, das vielen nicht bewusst ist: Die Leistung der Moderatoren, die ja gerne mal für die Geschichte als bessere Textableser dargestellt werden, ist sensationell! Was die in der Kürze der Zeit und mit der Masse an Text leisten — ich kenne in Deutschland keine Handvoll Moderatoren, denen ich das in der Perfektion zutraue.
Dazu muss man sich nur mal die Reunion-Show anschauen: Diese Sendung haben wir drei Stunden nach dem Finale aufgezeichnet — mit Texten und Fragen, die wir ihnen 20 Minuten vorher frisch aus dem Drucker noch zugesteckt haben. Ohne Probe, ohne Ablauf, ohne viele der MAZen überhaupt gesehen zu haben, haben die beiden eine perfekte Show hingelegt, die viele ausgeschlafen und mit vier Tagen Vorlauf nicht halb so gut gestemmt hätten.
Sonja Zietlow, Daniel Hartwich, Joey Heindle.
Hatte irgendjemand von Euch Joey und Claudelle auf dem Zettel als Favoriten fürs Finale?
Ich habe am dritten Tag bei der Teamwette meine fünf Dollar auf Claudelle gesetzt. Und den Jackpot für Joey teilen sich auch ein paar Kollegen — der geht nicht an einen einzigen.
Was war das mit den ganzen persönlichen Familiendramen und Schicksalsgeschichten, die die Kandidaten da preisgegeben haben im Camp? Spielt bei Eurem Umgang damit auch eine Rolle, inwiefern ihr die für wahr oder für inszeniert haltet? Oder ist die unausgesprochene Spielregel: Alles, was da gesagt wird, darf auch als Material und ggf. Vorlage für Witze verwendet werden?
Das ist wieder etwas, das man nur am jeweiligen Beispiel erläutern kann. Einen Witz, den ich über Gundis Zambo machen kann, die ein Buch über ihre Bulimie geschrieben hat, kann ich nicht über ein ausgemergeltes Model machen, das vehement abstreitet, eine Essstörung zu haben. Ich glaube, wir haben oft bewiesen, dass wir bei allem Brachialhumor auch sensibel mit sensiblen Themen umgehen können. Das Blöde ist, dass ich das nicht beweisen kann, weil es genau die ungesagten Dinge, die ungesendeten Szenen und die ungemachten Witze sind, die das belegen.
Vielleicht nur soviel: An dem Format arbeitet ein fantastisches Team, das viel mehr von den Stars weiß und erfährt, als es jemals einsetzen würde. Und die fast schon inflationäre Zahl an Beichten war mir in der Masse und Inszenierung zu viel und zu aufgesetzt. Man muss das Format nicht schon zum siebten Mal machen, um mit relativ sicherem Gespür zu wissen, wann die Kameras in den Köpfen der Camper präsent sind und wann nicht. Und wenn ich mir sicher bin, dass ein Star das Format benutzt, dann darf das Format auch ihn benutzen.
Patrick Nuo, Iris Klein.
Hattest Du ein persönliches Moderationshighlight in diesem Jahr?
Ja! Mal wieder die Zusammenarbeit mit Micky Beisenherz. Die Moderations-Bücher entstehen innerhalb von vier Stunden, in denen wir noch Sitzungen haben und ständig zwischen Büro und den Schnittplätzen pendeln, um die parallel entstehenden MAZen zu sichten. Nebenbei wird dann gerne noch mal der Ablauf geändert, eine MAZ gekippt und ich synchronisiere noch Dr. Bob. Dazu kommen Gespräche mit Story-Producern, Show-Producern, Regisseur und die ständige inhaltliche Abstimmung mit [RTL-Redakteur] Markus Küttner. Ach ja… und ein täglicher Teaser und eine Dschungelprüfung müssen auch noch geschrieben werden. In der letzten Stunde des Schreibens sind dann auch schon die Moderatoren vor Ort und werden, wo es geht, auch noch in den Prozess mit eingebunden. Kurzum: Es ist unmöglich — und deshalb geht es nur mit Micky Beisenherz. Weil wir tatsächlich 18 bis 20 Stunden täglich fast symbiotisch aufeinander hängen und nur die Sendung leben. Teile der Show entstehen so immer schon auf der Fahrt zum Camp oder in den zwei Stunden, die wir uns täglich für Sport und zwei Bier im Pool abknappsen. Und das iPhone ist in Notiz-Funktion immer dabei.
Ihr nutzt Selbstironie in den Moderationen inzwischen fast wie eine Teflonschicht, an der jede Kritik gar nicht mehr haften bleibt. Das betrifft zum Beispiel die — berechtigten, oder nicht? — Zweifel an den Temperaturen bei Euch da unten und dem Grund für Helmut Bergers vorzeitigen Auszug. Dadurch, dass ihr Jörg Kachelmanns Vorwürfe in ironischer Form zum Thema gemacht habt, habt ihr sie lächerlich gemacht. Ganz anderes Beispiel: Wenn Daniel sich über die freizügige Kleidung von Sonja lustig macht und sie sich spielerisch darauf einlässt, macht sie das in gewisser Weise immun gegen Kritik daran. Wie erlebst Du die Macht und Möglichkeiten von Selbstironie in einem solchen Format? Was sind die Grenzen? Und warum wird das sonst so selten eingesetzt?
Wir haben die Selbstironie ja nicht als Waffe entwickelt sondern nur als Werkzeug entdeckt. Ein Werkzeug, das für jeden frei zugänglich ist — aber nur in Australien darf ich es in der Form auch benutzen. Und ganz ehrlich: Wie anders als mit Ironie soll ich mit Menschen umgehen, die mir aufgrund von Wetterdaten sagen wollen, wie warm es bei mir ist. Komischerweise hat keiner der Journalisten vor Ort jemals die aktuellen Temperaturen mal gemessen oder durchgegeben. Selbst die Kollegen vor Ort haben aus den Daten aus der Heimat zitiert oder irgendwelche „Fachleute“ vor Ort zitiert.
Die traurige Wahrheit ist: In dem Talkessel, in dem das Camp liegt, war es im Schatten viel heißer, als die Wetterwarte Murwillumbah gemessen hat. Und leider befinden sich weite Teile des Camps und der Trial-Area nicht im Schatten. Die Temperaturen, denen die Stars und auch die Moderatoren ausgesetzt waren, liegen sogar noch weit über den Werten, die uns keiner geglaubt hat. Und Kritik perlt tatsächlich an uns ab, weil sie teilweise so hanebüchen und verlogen ist, das es nicht wert ist, sich damit ernsthaft auseinander zu setzen. Nur als Beispiel: Seit acht Jahren schreiben die sogenannten „Journalisten“ einen Bericht von Frontal 21 ab, der massive Fehler und Unsauberkeiten enthält. Aber es ist einfacher, als sich mal selbst schlau zu machen. Ich kann den Quatsch von Dschungelgeräuschen vom Band, Nebelmaschinen und der angeblichen Bananenplantage nicht mehr hören. Man kann übrigens während des Sommer offizielle Führungen buchen und sich das Camp und alles anschauen. Aber das würde ja so viele der schönen Skandal-Geschichten kaputt machen.
Mit der Kritik an sich gehe ich viel entspannter um, seitdem das Spektrum von Trash bis Nietzsche, von Müll bis Kunst und von Gladiatoren- bis Tagesschau-Vergleichen geht.
Und die Frage, warum wir unsere gutfunktionierende Selbstironie und den speziellen Dschungelhumor nicht in den deutschen TV-Alltag hinüber retten können… das ist ein langes Gespräch für sich. Da gibt es ganz viel Hindernisse und leider keine Lösung.
Bild 2: Ist das Ricky Gervais neben Tiffy? Schwer alt geworden!
Die SZ hat es gut zusammengefasst:
http://www.sueddeutsche.de/medien/reaktionen-auf-rtl-dschungelcamp-alles-nur-spaaahass-1.1576021
„Wer von sich selbst offen sagt: Ja, wir sind abgebrühte Zyniker, und wir führen unsere verwahrlosten „Z-Promis“ (Bild) nur vor, an dem perlt jede gleichlautende Kritik naturgemäß ab. Alles nur Spaaahaß, brüllen einem die Hipster von RTL entgegen.“
Gott sei Dank gibt es noch Menschen die Skrupel haben einen offensichtlich alkoholkranken Menschen öffentlich vorzuführen. Natürlich nicht bei RTL, da freuen wir uns schon auf die große Jenny Elvers Dokumentation.
Schönes Interview mit interessanten Einblicken.
Bei aller Liebe, aber ich versteh es immer noch nicht, warum nochmal soll/kann man Dschungelcamp auf RTL gucken? Ich habe da ja eigentlich eine ganz bestimmte Haltung gegenüber den Privaten und ihrem System, ihrer Instinkte und Trends, die ich nicht ablegen will, nur weil vielleicht ein Format „gut“ (?) gemacht sein soll. Ich habe immer einen komischen Beigeschmack bei dem ganzen, aber da sowas ja immer subjektiv ist, halte ich mich da mal zurück. Vielleicht liegt es auch an diesem Interview… was soll es mir jetzt sagen? Für mein Gefühl fehlt da die angesprochen Selbstironie… Ach… Die von Uli in Kommentar 2 zitierte SZ-Meinung könnte ich aber auch wiederum zerlegen und man dreht sich da dann im Kreis…
Warum läuft so was nicht bei den Öffis? Das gehört doch zur Grundversorgung.
„Es gab relativ unbekannte Kandidaten…, die im Format hervorragend funktioniert haben. Es gab andere…, die nur für das Format funktioniert haben.“
Wenn Menschen „funktionieren“…. tja, Glück muss man haben im Ankauf von Humankapital.
Und, wow, die Moderatoren mussten sooooo viel Text von anderen Leuten auswendig lernen. Na so was auch. Haben die auch selbst einen Satz formulieren können?
Schön ,dass der Blog hier wieder zu seiner Kernkompetenz zurückkehrt.
@theo (Nr6)
ja, Humankapital muß funktionieren, das erwarten sie auch von ihrem Arzt, Klemptner oder Fachverkäufer.
Und nur der Vollständigkeit halber:
30° mit 80% Luftfeuchtigkeit sind schlimmer als 50° mit 5% Luftfeuchtigkeit…
Kleine Bitte:
Ich habe diese Sendung noch nie gesehen. Ich habe auch noch keinen der Berichte darüber gelesen. Ich stelle nur fest, dass ständig über sie geschrieben wird. Kein führendes deutsches online-Nachrichtenportal, das nicht regelmäßig über das Geschehen berichten würde. Und nun auch hier beim Niggemeier.
Könnte mir freundlicherweise jemand mal erklären, was diese Sendung so besonders und wichtig macht?
langweiligs Interview ohne neue Einsichten zu einer unnötigen Sendung
@IANAL: Sie nur besonders, nicht wichtig. Sie ist besonders unterhaltsam, besonders aufwändig gemacht und wird von besonders vielen Leuten gesehen.
@IANAL
Reine Spekulation, trotzdem mein nachhaltiger Eindruck:
Es ist die inszenierte und inzwischen wohl auch ritualisierte Menschenverachtung, kombiniert mit der eigenen Verwunderung darüber, daß man (so wie offenbar auch der Hausherr) keine oder nur unzureichende Abscheu empfindet. Obwohl die eigene charakterliche Reife als auch die intellektuelle Kapazität die Wahrnehmung der Menschenverachtung ermöglichen, überwiegt gerade die Faszinationan ihr.
So funktioniert Abdrift in die Barbarei ganz oft, sie ist verführerisch und faszinierend und kommt schleichend daher.
@IANAL:
Die Sendung funktioniert im Prinzip wie Big Brother: Ein Rudel Idioten wird in einem Lager zusammengepfercht und 24 Stunden beobachtet, was in ~2 Stunden täglichem Sendematerial mündet. Damit es nicht langweilig wird peppt man das ganze mit ekligen Prüfungen auf und versucht von Beginn an jede Menge Konflikte zu forcieren („Zickenkrieg“, „Weichei Kandidaten“ etc.).
Anders als bei „Bauer sucht Frau“ oder DSDS sind die Kandidaten allerdings „Prominente“ die angeblich genau wissen worauf sie sich einlassen. Also darf man sich (angeblich) ohne jegliches schlechtes Gewissen hemmungslos über die armen Würstchen lustig machen die bei so einem Scheiß noch mitmachen. Die Moderation von Zietlow und Partner spiegelt genau das wieder, man macht sich gnadenlos und „voll ironisch“ über die gesammelten Küblböcks der Nation lustig. Als Zuschauer hat man noch den Bonus die weinerlichen oder nervtötenden Kandidaten mit allerlei ekligen Prüfungen „Scheiße fressen“ zu lassen (nicht unbedingt nur im übertragenen Sinn).
Kurzum: Ein Format für die allerniedersten Triebe, nach dessen Konsum man sich heiß abduschen sollte.
@Uli: Irgendwie wäre Ihr Beitrag überzeugender gewesen, wenn Sie die Teilnehmer nicht „Idioten“ genannt hätten.
Täusche ich mich oder war in der ersten Folge tatsächlich kein „Ich bin ein Star“-Schrei von der Brücke am Anfang? Das ist mir, meine ich, nämlich durchaus als respektvolle Geste gegenüber Dirk Bach aufgefallen. Dass er dann ab der zweiten Folge wieder da war, fand ich aber auch wiederum gut, weil das signalisiert hat: Lebbe geht weiter. Na ja, vielleicht finde ich aber auch einfach alles gut. (Ähnlich ging’s mir mit dem „Guten Abend Deutschland, guten Morgen aus Tralien“.)
Geht es genauer? Was genau ist daran unterhaltsam, mehr oder weniger prominente Menschen bei ekelhaften Dingen zu beobachten?
Vielleicht kann mir mal jemand erklären, wo bitte bei diesem Format die vielzitierte „Menschenverachtung“ stattfindet?
Bei Programmen wie „Bauer sucht Frau“ oder „Schwiegermutter gesucht“ sehe ich die durchaus, und das ist ein Grund, warum ich das nicht gucke. (Außerdem würde meine Tischplatte zu sehr darunter leiden).
Aber hier? Ich sehe hier nur wirklich gut gemachte Unterhaltung, die mit Sicherheit nicht Jedermanns Geschmack ist, aber das zeichnet meines Erachtens wiederum GUTE Unterhaltung auch (mit) aus.
@wonko: Darf ich anstelle einer Antwort auf ein paar ältere Artikel von mir zu dem Thema verweisen?
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/dschungelcamp/
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/ich-weiss-nicht-warum-ich-hier-bin/
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/die-maden-und-die-medien/
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/ich-bin-ein-star-legt-vernuenftige-musik-unter-mich/
@Stefan Niggemeier:
Ja das stimmt, mir ist nur kein besseres Wort dafür eingefallen als was die Prominenten dargestellt werden, die sich für die Sendung hergeben. Vielleicht als ein Rudel „Niemande“ wie in Ihrem Artikel („Ich bin ein Nichts — bringt mich groß raus!“)? Wobei das irgendwie noch fieser ist als jemanden einfach nur als dumm zu bezeichnen.
Ach, ihr Lieben Gutbürger, die ihr hier für die Rechte der armen, missbrauchten „Niemande“ im Dschungelcamp kämpft:
Lasst uns doch unsere primitive Niedertracht, auf das wir uns am Elend der geknechteten Känguruhodenesser aufgeilen und aus dem Dreck unserer eigenen Nichtsnutzigkeit heraufziehen können…
Ja, wir erkennen es auch:
Wenn am Ende so einer wie Joey, der naivste und irgendwie ehrlichste der Insassen, zum König gewählt wird und nicht einer der kalkulierenden Medienprofis und -zicken, dann ist die Barbarei und die ewige Verdammnis tatsächlich nicht mehr weit!
Shame on me,
Uli, 20:
Guter Konter. :-)
Manchmal hilft es, die moralische Messlatte besonders hoch zu legen, man kommt dann bequemer drunter durch.
Junge, Junge, wenn das nicht der Prototyp eines Gefälligkeitsinterviews ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Es sollte allen zukünftigen Journalistenschülern als mahnendes Negativbeispiel zur Pflichtlektüre gemacht werden!
Was ist los, Herr Niggemeier, hat man sie einer Gehirnwäsche unterzogen?
[…] schreibt, im Interview zu Wort – über Show, Kandidaten, Inszenierung und Daniel Hartwich. Dschungeltexter Jens Oliver Haas: »Ein Jahr Pause wäre jetzt gut für das Format«, Stefan […]
Tztz, die durch mich veroeffentlichten Wetterdaten waren gar nicht aus Murwillumbah sondern aus einer ebenfalls im Tal gelegenen 2 km entfernten Station – die Hitzeraubergeschichte und deren Begleitung muss ja wirklich wehgetan haben ;-)
Oh, das Komma.
@Reichelt: Ihr lottriger Zynismus ist aber auch schon mittlerweile berüchtigt, also was solls… wer im Glashaus sitzt und so.
@9 Nein, Sie haben keine Ahnung, es ist wirklich ruehrend, wie wichtig die Verteidigung der Hitzeluege zu sein scheint (was sie ja nicht ist, nur das sture Festhalten an derselben weckt etwas den Widerstandsgeist). Bei Ihrem erste Beispiel liegt der Heatindex bei 38, bei den trockenen 50 dagegen die gefuehlte Temperatur bei 44 Grad. Irgendwann muesst Ihr das Unsinnerzaehlen mal aufhoeren.
@ Ste
Immerhin bin ich nicht zynisch genug, um ein Format wie das „Dschungelcamp“ unterhaltsam zu finden. Außerdem verstecke ich mich nicht hinter einem Pseudonym, wenn ich andere kritisiere, alles in allem also gar nicht so schlimm!
@Reichelt: Gut, dass Sie schonmal Pseudonym und Anonymous unterscheiden können, da sind Sie weiter als andere, aber das ist eine völlig andere Diskussion.
Überall das Gequassel über diese unnötigen Kommerz-TV-Shows, sehr nervig. Es lebe die Gesellschaft des Spektakels.
Dass sie „unnötig“ ist, finde ich mit Abstand den lächerlichsten Vorwurf, den man einer Unterhaltungssendung machen kann.
GZ .. hier wächst zusammen, was zusammen gehört. Werde dieses Blog nicht mehr lesen.
@Peter: Haben Sie denn mal Guy Debords „Die Gesellschaft des Spektakels“ gelesen?
Also sorry Leute, jetzt kriegt euch mal wieder ein. Das ist nur eine TV-Show. Ich weiß nicht, warum manche hier so tun, als hätte Niggemeier einen Gesetztesentwurf vorgelegt, nach dem die gesamte Bevölkerung das Dschungelcamp gucken muß.
Außerdem, sie Show läuft jetzt schon seit 7 Staffeln/10 (?) Jahren und der befürchtete Untergang des Abendlandes ist immer noch nicht eingetreten.
Ups, muss mich selbst korrigieren in #18: der Quark heißt natürlich Schwiegertochter gesucht, nicht Schwiegermutter. Wobei, das wäre vielleicht sogar mal eine Herausforderung…
@ Iris F
Stimmt, das gleiche gilt aber auch für „Markus Lanz“ oder „Wetten dass…?“
Diese Sendungen finden aber keine Gnade vor Herrn Niggemeiers gestrengen Augen!
Mir geht die seit einiger Zeit vorherrschende Rezeption dieser Show als doppelt um die eigene Achse gedrehtes und dreifach in sich selbst verzwirbeltes ironisches Vexierspiel ja schon länger auf den Geist. Der anspruchsvolle Zuschauer goutiert den Trash mit dem Verweis darauf, dass dieser ja „verdammt gut gemacht“ sei und sich selbst nicht ernst nehme und die Texte so genial seien.
Mein Ekel wird jetzt nicht kleiner, wenn da Funktionstüchtigkeitskriterien für das versendbare Menschenmaterial aufgezählt werden („Kleinere Störungsbilder werden gerne genommen“, ich fass es nicht!), und es schmälert meinen Eindruck einer ganz grusligen Abgebrühtheit und Teflonhaftigkeit kaum, wenn reflexhaft darauf verwiesen wird, dass das doch alles Medienprofis seien, die sich einem selbstgewählten Schicksal ausliefern würden. „Und wenn ich mir sicher bin, dass ein Star das Format benutzt, dann darf das Format auch ihn benutzen“ – dass es semantisch einen klitzekleinen Unterschied macht, ob ich „ein Format benutze“ oder „einen Menschen benutze“, könnte ein für seine Versiertheit hochgelobter Text- und Sprachprofi wie Haas natürlich bemerken, wenn man nicht befürchten müsste, dass sich da einer einfach nur routiniert sein fragwürdiges Tun schönredet und eigentlich sowieso schon alles egal ist. Aber bei Medienheini-Sprech wie „… die Summe von ganz vielen richtigen Entscheidungen und ganz vielen guten Fernsehmachern in den richtigen Positionen“ habe ich ohnehin Grund zu der Vermutung, dass da – mit Verlaub – genau der ölige Schmierenkomödiant interviewt wurde, als den ich ihn mir vorstelle.
Lustig, dass jetzt die Kommentatoren, die diese Show, Herrn Niggemeier und wie seine Art mit den Machern der Sendung umzugehen kritisieren, als „Gutbürger“ tituliert werden. Immer diese Gutmenschen!
Ich sehe nicht gerne Ekelhaftes und Widerliches. Ich sehe auch nicht gerne anderen dabei zu, wie sie zum Ekel, zum Unwohlsein, zur Abscheu oder zum Leiden genötigt werden, egal wie freiwillig oder kalkuliert oder gespielt oder nicht. Ich mag es nicht, wenn andere Menschen wie auch immer degradiert oder gedemütigt werden, und auch nicht, wenn so etwas elementar zum Konzept einer „Unterhaltungssendung“ gehört. Ich finde das nicht um Entferntesten unterhaltsam. Ich finde es eher kritikwürdig. Ich empfinde keine Freude an Schadenfreude oder an Fremdschämen, und was auch immer irgendwo „gut gemacht“ daran sein soll, kann für mich die Kritikwürdigkeit nicht wettmachen. Daher schaue ich mir die Sendung so weit wie möglich nicht an, und vermeide auch die allgegenwärtige Berichterstattung darüber, so schwierig das auch ist. Vielleicht mangelt es mir da einfach am nötigen Empathiemangel, ich weiss es nicht. Jedenfalls nehme ich mir, kurz gesagt, heraus, die Sendung, ihre Macher und den ausstrahlenden Sender dafür beschissen zu finden.
Irgendwie verstehe ich mittlerweile nicht mehr so recht Niggemeiers Anspruch. Wenn er sich für Sendungen wie den Eurovision Song Contest begeistern kann, so kann ich das verstehen, auch wenn es nicht mein Fall ist. Nun habe ich mir aber im letzten Jahr mal eine Folge des Dschungelcamps angeschaut und es bestätigten sich meine Vorbehalte. In dieser Sendung werden Menschen, die offensichtlich das Geld benötigen/wollen oder/und womöglich nicht verstehen, was dort mit Ihnen gemacht wird, vorgeführt. Und dies bloß, damit ein Publikum im Fernsehsessel seine niedersten Bedürfnisse stillen und sich als ewas besseres fühlen kann. Also damit RTL Geld verdient. Warum sollte man soetwas so unkritisch sehen, wie dies in dem obigen Interview geschieht? Ich erinnere mich Schwach an ein Interview Niggemeiers mit dctp und ich glaube, Herr Niggemeier sprach dort von den Menschen, die die BILD ironisch lesen und dass er dieses Denken mit dem Bildblog verändern will (ich hoffe mal, dass ich das jetzt nicht falsch widergebe). Wo ist jetzt der Unterschied zu dieser Show und diesem Blogeintrag?
Ein Jahr Pause wäre wirklich gut für das Format.
Ich sag mal so: das letzte Mal, als ich in Australien mitgelitten habe, war als die Buschfeuer kurz vor Australiens größtem Observatorium angekommen waren.
Die ganze Sache ist einfach traurig. Vor allem weil ich den Unterschied zwischen Bild-Papparazzo-Fotos und dieser Sendung nicht erkennen mag.
@Sebastian: Sie meinen, die Kandidaten von „Ich bin ein Star“ werden heimlich und gegen ihren Willen im Dschungelcamp gefilmt?
@ Stefan Niggemeier
Wenn sie das „Dschungelcamp“ so unterhaltend finden, sind sie doch sicher auch für eine Legalisierung des bei uns verbotenen, aber in Australien und Kanada sehr beliebten Zwergen(weit)werfens,oder?
Auch dort verzichten Menschen vorübergehend für Geld auf ihre Würde!
@Frank Reichelt: Interessante Frage: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/zwerge/
Unterhaltsam und gut gemacht waer bestimmt auch eine show, in der sich teilnehmer gliedmassen absaegen muessten, um zu ueberleben. Wuerden Sie eine solche sendung mit dem gleichen genuss betrachten, herr niggemeier?
@19: Okay, es steht da „anstelle einer Antwort“: Da darf man sich natürlich nicht wundern, wenn in diesen vier Artikeln eine solche dann auch nicht zu finden ist (vielleicht bis auf das Gespräch über Transsexuelle – bei dem ich aber auch nicht verstanden habe, was das mit Maden im Dschungel zu tun hat). Warum also jetzt genau soll sich Wonko diese Texte dann durchlesen? Mich würde die Antwort auf seine Frage nämlich ebenfalls interessieren.
@46: Sie meinen, wenn man eine Sendung mag, in der sich die Leute keine Gliedmaßen absägen müssen, muss man auch eine Sendung mögen, in der sich die Leute Gliedmaßen absägen müssen?
@Blunt: Ich fürchte, wenn aus den Texten nicht hervorgeht, was ich an der Show faszinierend finde, dann kann ich’s nicht erklären. Hier wäre auch noch ein mögliches Erklärungsfragment: http://www.fernsehlexikon.de/1641/king-ross/
@49: Hm, ja, dem kann ich immerhin ein bisschen Sinn für den theatralischen Effekt entnehmen. Den habe ich in diesem Facettenreichtum zwar bisher so nicht recht erkennen können – bei meinen bisher zwei oder drei Versuchen, das mit Gewinn anzuschauen – aber vielleicht muss man dazu einfach länger dranbleiben.
Stefan,
es sei Ihnen unbenommen, diese Sendung gut oder von mir aus auch „genialisch“ (Poschardt) zu finden. Das ist alles zunächst eine Geschmacksfrage. Allerdings fände ich es für eine ernsthafte Diskussion (und auch im Hinblick auf die eigene Glaubwürdigkeit) konstruktiver, auf Antworten wie z.B. #38, #40, #41 einzugehen, statt – wie in #43 oder #46 – die rhetorische Knallerbsenpistole zu ziehen. Ich weiß, das ist ein von Ihnen gerne genutzter Kniff (und manchmal auch unterhaltsam), aber irgendwann ermüdet es.
nicht #46, sondern #48, sorry
@theo: Aber was soll ich zum Beispiel zu #38 und #40 sagen? Das sind doch einfach Meinungsäußerungen, die lese ich und finde sie interessant, die kann ich nachvollziehen, auch wenn ich anderer Meinung bin. Aber ich habe nicht das Bedürfnis, die Kommentatoren zu bekehren, mal abgesehen davon, dass das vermutlich aussichtslos wäre.
Ich sage niemandem, wie er diese Sendung finden soll oder auch nur, dass er sich für sie interessieren soll. Aber ich kann und will auch nicht bei jedem Eintrag, in dem es irgendwie um ARD und ZDF oder den Dschungel geht, Grundsatzfragen diskutieren. Dieser Eintrag ist einer, der vermutlich nur für Leute lesenswert ist, die die aktuelle Staffel von „Ich bin ein Star“ gesehen haben, und konkrete Details diskutiert. Wenn Leute die Gelegenheit nutzen, ihre prinzipielle Abneigung, die sie womöglich durch das Interview bestätigt sehen, in den Kommentaren kund zu tun: Von mir aus. Aber muss ich mich jedesmal für mein Interesse und meine Faszination rechtfertigen?
Und was die „rhetorische Knallerbsenpistole“ angeht: Sie meinen, ich hätte ernsthaft auf #46 eingehen sollen? Nee, oder?
Themen wie Sexismus oder Dschungelcamp sind wie Matrjoschkas, mit der Zeit werden sie immer kleiner.
Der Matrjoschka-Effekt!
Got another lover in Timbuktu
Got a name for him
He’s my little guru.
Well I don’t call him he starts to cry
I have to tell him stories just to pacify.
Sagen Sie, Herr Niggemeier, mögen Sie die Show wirklich, oder ist das ein soziologisches Experiment, so nach Vorbild von „The Wave“, wie weit Ihnen Ihre treuen Leser zu folgen bereit sind? (Ich verstehe nicht, wie man dieses Format in irgend einer Weise verteidigen, gut finden oder gar noch promoten kann.)
Grad wollt ich’s sagen:
Dieses Interview oder auch die anderen Beiträge zum Dschungelcamp dokumentieren in erster Linie Stefans Lust daran bzw. darauf, eine von ihm geschätzte Sendung publizistisch zu begleiten. Wenn er über die daraufhin von einigen Kommentatoren zum Ausdruck gebrachte, eher grundlegende Abneigung gegen die Show diskutieren möchte – wunderbar. Wenn nicht – auch gut, er muss sich weder für die Themenwahl in seinem Blog rechtfertigen noch den Gegenstand seines Interesses gegen unverlangte Nörgeleien verteidigen ;)
Würde ich (der ich in diesem Fall selbst gemeckert habe) nie erwarten oder gar einfordern.
Habe noch mal darüber nachgedacht und muss jetzt doch sagen: Ganz so einfach mit „dann kann ich‘s nicht erklären“ sollten Sie es sich nicht machen. Sie äußern sich öffentlich lobend über eine Sendung mit zumindest diskutablem Konzept. Das ist nicht die Privatmeinung eines Fans, sondern das Urteil eines profilierten Medienkritikers. Für einen solchen aber ist „dann kann ich‘s nicht erklären“ ein Offenbarungseid.
„Muss ich mich jedesmal für mein Interesse und meine Faszination rechtfertigen?“ „Jedesmal“: Nein. „Wenigsteins einmal“: Ja. Genau das müssen Sie, weil Ihre „Faszination“ ein Werturteil von journalistischem Gewicht transportiert. Und ich erwarte von Medienkritik, dass solche Urteile eine irgend geartete Begründung erfahren – jedenfalls dann, wenn es sich um ethisch hoch umstrittene Sendungen wie diese handelt.
#55: „Er muss sich weder für die Themenwahl in seinem Blog rechtfertigen“: Juristisch gesehen natürlich nicht. In ethische Sicht finde ich dagegen schon. Deshalb, weil dieses Blog keineswegs ein kleines privates Blögchen für Urlaubsbilder und Familienidylle ist. Sondern in vielfacher Hinsicht (zu Recht) einen Anspruch auf professionellen Journalismus mit gesellschaftlicher Relevanz erhebt. Das gilt für eindeutige Einflussnahmen auf politische Debatten (z. B. LSR) wie auch für gezielte Angriffe auf Akteure der Medien (z. B. Markus Lanz). Das ist völlig in Ordnung, man sollte dann aber auch den entsprechenden Sorgfaltsanspruch einfordern dürfen.
#56 meinte ich – Entschuldigung.
Stefan (53),
um ihre letzte Frage zu beantworten:
Schon wieder ne Knallerbse. ;-) Mir kommt es manchmal so vor, als ob Sie es sich manchmal etwas zu leicht machen. Es wirkt so, als ob Sie anderslautende Meinungen auf die schwächste Stelle hin abklopfen, um dort mit leichter Hand einen rhetorischen Punktsieg zu erzielen.
Gerade Sie kümmern sich doch gerne und ausdauernd um Grundsatzfragen. Nun aber, wo ihre Leser Sie – ernsthaft und sicherlich nicht ohne Grund – fragen, wie Sie es denn mit ethischen Grundprinzipien gerade in diesem Fall halten, ist es Ihnen müßig, darauf einzugehen?
@Blunt
Dann fangen Sie doch mal an zu diskutieren, anstatt wiederholt zu sagen: „Ich finds scheiße und kann nicht verstehen, wie man sowas gut finden kann“. Wenns Ihnen nicht gefällt, prima. Aber, wissen Sie, nicht jedermann muss Ihre Meinung oder Ihre Perspektiven teilen.
@theo
Erster Fehler: Warum muss man es beim Dschungelcamp mit ethischen Grundprinzipien halten. Das kann man doch nur wollen, wenn man meint, die Sendung, ihre Macher oder werauchimmer, verstießen dagegen. Wenn eben nicht dieser Ansicht ist, muss man darüber auch kein Wort verlieren. Sie tun aber so, als sei das in einer heiligen Schrift geschrieben. Ist es aber nicht.
@Linus: Gut, dann diskutiere ich: Aus meiner Perspektive lässt sich das Interesse an Würgreizen von Kandidaten nicht anders als mit Schadenfreude erklären. Die Qualität dieser Sendung bestünde also darin, sich selbst an der Erniedrigung anderer zu ergötzen. Das steht im Widerspruch zu elementaren Grundwerten unserer Gesellschaft. Gegenargumente bitte.
Linus,
das wäre dann das Ende aller Diskussionen um Fragen der Ethik, wenn nur die eine Seite kundtun müsste, sie habe damit kein Problem.
@ Stefan Niggemeier
Bewerben sie sich doch als Kandidat für die nächste Staffel,
C-Promi-Status haben sie doch mindestens! Ich rufe auch fleißig für sie an!
Jetzt kann ich mich irren, aber z.B. Domian (von dem ich das eigentlich nicht erwartet hatte), fand Dschungelcamp gut und machte Werbung dafür. Domian mochte und schätzte Dirk Bach. Jetzt mag er Dschungelcamp nicht mehr – wegen dem lebensverachtenden Umgang mit Tieren oder so. Diesen Umgang gibt es wohl schon seit der ersten Staffel, aber jetzt ist Dirk Bach nicht mehr dabei. – Man kann von einem zufälligen zeitlichen Zusammentreffen ausgehen. Ich persönlich glaube da nicht an einen Zufall.
Kann es evtl. sein, dass Herrn Niggemeiers positive Einstellung zum Dschungelcamp vielleicht auf ein persönliches Schätzen des Texters zurückgeht?
Schon bei dem Gastbeitrag, den ich geschmacklich als grenzwertig empfand, fragte ich mich, warum dem Schreiber hier ein Podium geboten wurde.
Ich füge noch hinzu, dass ich noch keine Folge Dschungelcamp geschaut habe; ich werde es trotz des Medien-Hypes auch nicht tun – ich würde auf dem Jahrmarkt ja auch nicht ins Panoptikum gehen (die despektierliche Zurschaustellung von Personen gefällt mir einfach nicht, so freiwillig das auch sein mag). Ich habe auch keine näheren Informationen über das Privatleben Herrn Niggemeiers.
@Linus: Kommt da noch was?
Linus? Hallo? Sie wollten diskutieren! Schon schachmatt, nach nur einem Zug?
@Linus #62
Selbst wenn Herr Niggemeier meint, ethische Grundsätze spielten keine Rolle beim Dschungelcamp, so kann er sich doch trotzdem einer ersthaften Diskussion dazu stellen. Herr Niggemeier schreibt: „Aber muss ich mich jedesmal für mein Interesse und meine Faszination rechtfertigen? “ Aber wozu werden diese dann in einem kommentierbaren Blogeintrag kundgetan? Dann kann er auch die Kommentare sperren und einen gefällt-mir-Knopf unter den Artikel packen.
@Blunt
Ich ergötze mich nicht an Würgereflexen. Ich sehe ethische Grundsätze nicht verletzt. Ich sehe in der Sendung eine sehr liebevolle Dekonstruktion von Prominenzklischees, die der gleiche Sender, der sie maßgeblich in die Welt trägt, ausstrahlt und zulässt. Ein Sender, der sich an anderen Stellung unglaublich ernst nimmt. Vergleichen Sie Machart, Techniken, Texte, Musikauswahl undsoweiter mit Sendungen wie Supertalent, DSDS, Popstars und anderem. Dann haben Sie vielleicht den Hauch einer Ahnung, warum das eine andere Sportart sein könnte.
Ich halte es für möglich, dass ich mich von der Unbedenklichkeit dieser Show überzeugen lasse. Ich halte es sogar für möglich, dass ich sie selbst künftig mit einem gewissen Interesse einschalten werde – wenn mir nur mal jemand freundlicherweise EINEN (in Ziffern: „1“) Grund dafür nennen würde, worin dieses Interesse bestehen könnte, außer in der Befriedigung sadistischer Neigungen. Bitte! Darf auch ein schlechtes sein! Mich interessiert es! Und ich verstehe es halt nur nicht!
#67/68:
Ähm, hat man jetzt hier Gewehr bei Fuß zu stehen und alle anderen Aktivitäten einzustellen, nur weil Sie gerade
auf Krawall gebürstet sindakuten Diskussionsbedarf sehen?@theo:
Och Theo, das ist doch jetzt Unsinn (und ich bin mir nicht sicher, womit ich nun diese Polemik verdient habe). Gehen Sie gerne dieses Blog oder auch das BILDblog durch und schauen Sie mal, wie viele Einträge sich mit „Grundsatzfragen“ beschäftigen und wie viele sich ganz konkret an einzelnen Details abarbeiten, oft zur Frustration vieler Kommentatoren, die sich lieber über irgendwelche Grundsatzfragen streiten wollen.
Und wenn wir von „Knallerbsen“ reden: Was ist der Sinn, mich in einen Topf mit Poschardt zu werfen? Ich habe die Show nicht als „genialisch“ bezeichnet. Was mich an ihr fasziniert, steht unter anderem in den Links, die ich in #19 und #49 gepostet habe.
@Chico
Sie haben das noch nie geguckt, wundern sich aber darüber, wie man eine positive Einstellung dazu haben kann? Oder wie jemand das gut finden kann, ohne freundschaftliche Beziehungen zu den Machern haben kann? Wie funktioniert so eine Meinungsbildung, wenn man auch noch zugibt keine Ahnung davon zu haben, wovon man redet?
@theo
Und nu? Nur weil Sie das alles ungeheuer menschenverachtend finden, heißt das nicht, dass es tatsächlich so ist.
@Linus
das Konzept der Sendung ist mir nicht unbekannt. Ich lehne nur halt ab, die Sendung zu schauen. Ich kenn auch das Konzept von „Bauer sucht Frau“, schaue es aber nicht.
Ein Konzept zu erkennen und sich eine Meinung über das Zusammenpassen mit dem eigenen Geschack zu bilden, ist gar nicht so schwer.
Nehmen wir noch einmal das Jahrmarkt-Panoptikum-Beispiel oder z.B. Wahrsager: Es gibt Ankündigungen („Hier sehen Sie…“/“Erfahren Sie alles über…“).
@Chico
Das Konzept ist Ihnen bekannt, weil Sie den „Medienhype“ mitbekommen? Meinen Sie nicht eher, dass Sie lediglich glauben, das Konzept sei Ihnen bekannt? Wenn Sie es kennen würden, wäre auch der Unterscheid zu Bauer sucht Frau und dem Jahrmarkt offensichtlich.
@Linus
Sie haben recht. Ich bin dumm. Meine Meinung ist blöd. Bestimmt ist auch die Welt eine Scheibe. – Und Tschüss
Linus! Danke!
Also: Ich verstehe Ihren Einwand nicht so ganz, aber ich will versuchen, ihn zu verstehen. Und so interpretiere ich die Vokabel „andere Sportart“ als: Der Würgreiz ist gespielt, so wie auch die von außen als solche empfundene Demütigung von DSDS- oder „Supertalent“-Kandidaten. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie damit richtig liegen, aber gesetzt den Fall, dem wäre so: Dann würde ich zumindest erwarten, dass dieses kleine Theaterspiel auch als solches erkennbar wird. So bleibt mir das Unbehagen, dass ich mich zwar selbst an theatralischen Klischees erheitere, derweil aber andere exakt darin die Einladung zum Sadismus wahrnehmen.
#71
Niggemeier schreibt über die „Momente der Wahrheit“, die „zwischen all dem Ekel und der Häme“ gelegentlich aufblitzen. Das authentische menschliche Drama in einer ganz und gar künstlichen Umgebung – für mich ein nachvollziehbarer Grund, die Show reizvoll zu finden, auch wenn ich ihn in diesem Fall nicht teile.
Und weil immer wieder von Würgereiz und Känguruhoden die Rede ist: Mich persönlich stößt ja viel weniger der Ekel-Faktor dieser „Dschungelprüfungen“ ab, als die Perfidie, mit der das Format seine eigene ironische Brechung und seine Trashigkeit gleich mit ins Konzept wirkt.
Das ist hier so ein bisschen, wie wenn ich mit Kind #3 über Essen und Tischmaniren diskutiere. Man sagt nicht „Ihhh!!!“ wenn etwas auf den Tisch kommt, dass man nicht mag. Und man kann nicht sagen, man mag etwas nicht, wenn man es noch nicht probiert hat. Mit grünen Tomaten in Südfrankreich hat das super geklappt, mit gebratener Kalbsleber noch nicht so ganz.
@80: Das mit der Perfidie der ironischen Brechung hätte ich nicht besser formulieren können.
Mit den „Momenten der Wahrheit“ bezieht sich Herr Niggemeier auf ein – bestimmt wirklich berührendes – Gespräch über Transsexualität: Weshalb dieser Moment der Wahrheit eines Dschungels bedarf, verstehe ich nicht.
Kleine Sünden bestraft der Fernsehgott sofort! Kaum findet Herr Niggemeier das „Dschungelcamp“ gut, wird Böhmermann &Roche eingestellt! Datt hamse jetzt davon!
Es ist seltsam, daß hier soviele Leute Kritik an einer Sendung üben, die sie nie gesehen haben, sondern nur aus Medien-Berichten zu kennen glauben.
Selbst einmal reinschalten hat bei diesem 16-Tage Konzept soviel Sinn, wie sich mal eine Folge einer Soap, deren Figuren und Erzählstrang man nicht kennt, anzuschauen.
Das Interview oben ist wahrscheinlich nur für „Eingeweihte“ verständlich.
Ich persönlich kann nur sagen, daß das Vergnügen, diese Sendung zu sehen, nichts mit Schadenfreude zu tun hat. Im Gegenteil!
hihi, er hat dekonstruktion gesagt.
aber: @nona: Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie sich nichts ansehen, wo es um Ekel, Erniedrigung, Leiden etc. geht; das finde ich übertrieben. Ich glaube es gibt sehr viele gute Filme oder vor allem Kunst wo genau das Thema ist.
@Blunt: Das ist aber ein harter Test, den Sie an eine Unterhaltungssendung anlegen, wenn Sie sich nicht damit zufriedengeben, wenn sie etwas Positives produziert (und ich würde behaupten: nicht versehentlich und nicht nur einmal), sondern fragen: Hätte das nicht auch mit weniger Aufwand und Spektakel erreicht werden können?
@Blunt
Hä? Nein, Sie haben da irgendwas falsch verstanden. Ich ergötze mich weder am gespielten oder ungespielten Würgereiz (ob das andere RTL-Zuseher tun, weiß ich nicht). Und ich sprach auch nicht von theatralischen Klischees.
DSDS erzählt einem an der geistigen Behinderung grenzenden Dorfteenager, dass man ihn zum Star macht, wiewohl man ihn einfach ob seiner Unfähigkeit vorführt.
Das Dschungelcamp erzählt Medienprofis, dass man sich über sie lustig machen wird. Und das passiert dann auch. Jetzt klar?
#84:
Hm. Man kann die Show also nicht kritisieren, wenn man sie nicht regelmäßig guckt? Aber wenn man sie regelmäßig guckt, käme doch sicher einer daher, der die Glaubwürdigkeit der Kritik in Frage stellt, von wegen: „Hier rummeckern, aber dann doch immer wieder am Bildschirm kleben…“
Wie kommt man als Kritiker aus dieser Zwickmühle?
Davon abgesehen will ich mir ganz einfach nicht dauernd Sachen ansehen, die ich nicht mag ;)
#87:
Naja, oft genug waren die Teilnehmer ja vor nicht allzu langer Zeit noch selber der Dorfteenager bei DSDS. Und dann also plötzlich „Medienprofi“? Je ne sais pas…
Ich sehe da oft einfach arme Gestalten, die von der Idee besessen sind, „es“ (was auch immer) „schaffen“ zu wollen. Und wenn’s bei Bohlen oder Klum nicht geklappt hat, ist halt auch der Dschungel recht.
Top Interview zu einer der besten Sendungen des deutschen Fernsehens. Alle Wehklager sind nur Profilgeier, die vom Zetern über Verrohung leben.
#88
Naja – wenn man das Interview oben verstehen möchte, muß man ja schon die Show mal in Gänze gesehen haben, um die dramaturgische Leistung dahinter würdigen zu können.
Und ja – um Kritik üben zu können, muß man das zu kritisierende Objekt auch kennen.
@amfenster: Mein größtest Problem mit dem Format ist genau das, dass da Leute irgendwie einen für mich völlig unverständlichen Drang nach Aufmerksamkeit ausleben, egal ob positive oder negative. Die sich anscheinend in einer Parallelwelt der Starlets aufhalten, gegenseitig belauern, beneiden, verachten, zum Promidinner gehen, Küsschen hier, Küsschen da. Gruselig. Und irgendwie traurig. Das Format nutzt diese Sucht nach Aufmerksamkeit (und in einigen Fällen wohl den Geldmangel), die Angst vor der vermeintlichen Bedeutungslosigkeit, aus. Ich bin mir selbst noch nicht sicher, wie verwerflich ich das finde, fand aber, dass dieser Aspekt gerade in dieser Staffel besonders unangenehm hervor trat.
Die „Dschnunglprüfungen“ und die Kommentare finde ich dagegen nicht verwerflich. Erstere sind nichts anderes als Mutproben. Mein Bruder und ich haben auch mal gewettet, wer einen Regenwurm verspeisen könne. Er konnte, ich nicht, Ihr dürft dreimal raten, wer als Held aus der Begegnung hervorging. Dass solche Mutproben etwas infantil sind, will sicher keiner bestreiten, aber viele Dinge, die Spaß machen sind das. Und was die bissigen Kommentare angeht: Es ist wirklich ein Unterschied, ob ich jemanden verarsche, einzig und alleine zu dem Zweck, ihn lächerlich zu machen, oder ob ich jemanden mehr oder weniger liebevoll durch den Kakao ziehe. Wenn ich mal irgendeinen Vogel abschieße, gibt es auch einige liebe Freunde, die mich dafür ordentlich veräppeln. Ich finde, das ist die netteste Form von Kritik.
@Stefan (#73)
„..Was ist der Sinn, mich in einen Topf mit Poschardt zu werfen?..“
Das ist wohl so eine Gruselprobe à la Dschungelcamp. :)
Arrogant wie ich bin, habe ich mir das Format bisher natürlich auch nicht angesehen. Sind mir aber auch zu viele Stunden. Das hier dargebrachte Schlussgespräch und einen Großteil der Kommentare habe ich jedoch gelesen; und nun frage ich mich, ob die ganze Show so was wie modernes Regietheater ist..
Mit hohem Ekelfaktor und evtl. Erkenntnisgewinn. Oder Brot und Spiele, wobei der Daumen des Publikums üblicherweise ein Zeigefinger ist, der 0137….. wählt.
Ein Jahr Pause wäre jetzt wieder mal an der Zeit:
Da hat er recht! Ich finde auch, dass die Anhäufung von DSDS und Supertalent, beide Formate ja relativ identisch aufgebaut und mit Bohlen als Hauptdarsteller durchaus zusammenzufassen, es den Formaten nun auf Dauer schwer gemacht wird. Da der Dschungel tatsächlich nur zwei Wochen lang läuft und nicht unnötig über Monate gezogen werden kann, bleibt er so erfolgreich!
Stefan, #73
„(ich bin mir nicht sicher, womit ich nun diese Polemik verdient habe).“
Warum so negativ? Natürlich haben Sie sich in ihrem Blog hufig mit Grundsatzfragen befasst. Gerade dann, wenn Sie sich „ganz konkret an einzelnen Details abarbeiten“, hat das ja häufig etwas Grundsätzliches. Und das ist ja auch gut so, denn das hebt ihren Blog auf eine herausragende Ebene.
Nur sind Sie leider dann mitunter etwas bequem, wenn es um die konstruktive Beschäftigung mit anderen Meinungen geht. Natürlich wissen Sie, welchem Troll Sie nicht zu folgen haben und wessen Statement nicht per se gegen Sie gerichtet und vielmehr Anstoß zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung sein soll.
Ich beobachte und lese ihren Blog seit einigen Jahren, meist mit großer Sympathie. Aber diese – vermutlich scheinbare – Unfähigkeit,die eigene Position auch mal hier in Frage stellen zu könnne, wirkt manchmal etwas arrogant. Und letztendlich macht diese Haltung einen doch angreifbarer als man denkt.
Das Dschungelcamp ist gewiss handwerklich gut gemacht. Aber Sie und ich wissen, dass das niemals ein Kriterium in ethischen Fragen sein kann.Ich halte es für legitim, wenn daraus eine Diskussion entsteht. Eigentlich gebietet sich doch eine solche Diskussion von selbst, wo doch bei dieser Sendereihe allenorten in den Gazetten euphorischer Gleichklang herrscht. Gegen den Strom schwimmen ist ja sonst in diesem Blog auch nicht unüblich.
(@Linus / Sven R: nein,ich will ihm nichts Böses, ihr könnt eure Reflexe einstellen)
Danke besonder an #88 und #92.
Das mit „Brot und Spiele“ ging mir auch die ganze Zeit durch den Kopf.
Es ist halt nicht griechisches Theater sondern eher „Brot und Spiele“. Bei den „Medienprofis“ fällt mir spontan – weil auch aktuell – „Sexy Cora“ ein. Ein „selbst schuld“ empfinde ich da als zu einfach.
Es gibt einen ernsten Film mit Medienkritik, in dem Dieter Hallervorden einen Killer spielt. Kennt den vielleicht jemand? Der war seiner Zeit ziemlich voraus.
Und zu dem „erst angucken, dann meckern“ kann ich nur sagen, wenn etwas wie Scheiße aussieht und wie Scheiße riecht, werde ich nicht noch daran lecken.
Mal ehrlich, wer denkt denn, dass da wirkliche Stars im Dschungelcamp sind? Entweder geht es um Geld oder um dringend benötigte Publicity (o.k. Abnehmen ist auch ein Grund).
Was ich mich bei all‘ den Shows mit vorgegebenen Pointen auch immer frage, kann man einem Moderator/Präsentierenden nicht soviel Witz zutrauen, dass er spontan komisch ist?
Für mich waren die vorgekauten Witze Harald Schmidts immer peinlich, während er bei spontanen Äußerungen äußerst komisch sein konnte. Das geht/ging mir nicht nur bei ihm so.
„Ein Jahr Pause“täte vielen rtl-Sendungen gut. Problem: dann müssten sich die Verantwortlichen einen Ersatz überlegen.
#92
„modernes Regietheater“ ist gar nicht so unzutreffend
@chico
„Das Millionenspiel“. Von Wolfgang Menge.
Ansonsten sei es Ihnen ja unbenommen, weiter Ihre Vorurteile zu pflegen. Nur, warum Sie dann unbedingt meinen, Sachen diskutieren zu müssen, von denen Sie noch nicht einmal was verstehen wollen, erschliesst sich mir nicht.
Es geht um Geld? Echt? Und die sind gar nicht wirklich prominent dadrin? Mach Sachen! Aber ok, wie soll man das denn auch wissen, dass die Show genau das zum Thema macht. Riecht ja alles nach Scheiße.
Ach, und wenn Sie mir dann eine einzige Show, Theateraufführung, Serie oder ähnliches zeigen wollen, wo jemand mal 90 Minuten einfach „spontan“ lustig ist, wäre ich Ihnen auch dankbar.
@theo
Das Dschungelcamp ist aber nicht einfach nur DSDS, Das Supertalent, Bauer sucht Frau, Brot und Spiele etc. in „handwerklich gut gemacht“. Es ist schlicht eine andere Sportart.
Und wenn Sie sich ein wenig mit den letzten zehn Jahren Dschungelcamp beschäftigen würden, könnten auch Sie zur Erkenntnis kommen, dass Niggemeier einer der ersten war, der gegen den Strom aus Ethik-, Ekel- und Weltuntergangsgeschrei anschwamm. Soll er jetzt umdrehen, nur weil plötzlich das Feuilleton und die Bild ironisch mitjubeln?
Ich werde wohl nie verstehen, warum die Menschen, die niemals auch nur eine Folge gesehen haben, sich so echauffieren???? Schaut es, oder schaut es nicht. Ihr seid Herr Eurer Fernbedienung! Oder so wie hier alle auftreten, sollten sie gar kein Fernsehen schauen. Denn in jeder Sendung werden weitestgehend Lebewesen „benutzt“ um Geld zu machen. Darum geht es in der Fernsehlandschaft! Und fast allen hier fehlt mal ne gesunde Portion Eigenironie. Denn wenn man über sich lachen kann, dann sieht alles schon ganz anders aus. Nehmt doch mal den Stock aus Euren Hintern! Warum schauen es denn 8 Mio Menschen? Weil ALLE blöd, einfach und dumm sind???? Wie kann man sich eine Menung über etwas machen und diese auch noch so vehemment vertreten, wenn man gar nicht weiß, worum es geht????
Ach, ich werde Euch intellektuellen Menschen nie wirklich verstehen….
@ Möhre:
„Ach, ich werde Euch intellektuellen Menschen nie wirklich verstehen“
Ich weiß nicht, ob hier Intellektuelle am Werk sind. Aber sie sehen sich evtl. selbst so.
Inzwischen finde ich die Diskussion eigentlich ganz lustig.
#92,97 Dschungelcamp ähnlich „Modernes Regietheater“ -> schließe mich an (nur scheint mir der Erkenntnisgewinn Dschungelcamp größer)
… das heißt natürlich: der Erkenntnisgewinn IM Dschungelcamp. Oh nein, was hat diese Show nur aus meinem Gehirn gemacht!
[…] Eindrucksvoll ist auch Stefan Niggemeier, der sich über die ausgebliebene Einladung Googles zur Leistungsschutzrecht-Anhörung beklagt, aber bisher nicht die Zeit fand, über die veränderte Bildersuche zu berichten. Stattdessen liefert er seinen Lesern Wissenswertes über das Dschungelcamp. […]
@ theo:
Wenn du den Kommentar von SvenR (81), der objektiv zum Thema geht und m.E. sehr gelungen ist, als Reflex bezeichnest und „dir geht es ja immer um Grundsatzfragen“-Verallgemeinerungen von dir gibts, die nachweisbar falsch sind, dann hast du doch einfach nur schlechte Laune, oder?
(Jaja, ich weiß Reflex. Selber verallgemeinernd …)
@Chico: „Was ich mich bei all‹ den Shows mit vorgegebenen Pointen auch immer frage, kann man einem Moderator/Präsentierenden nicht soviel Witz zutrauen, dass er spontan komisch ist?
Für mich waren die vorgekauten Witze Harald Schmidts immer peinlich, während er bei spontanen Äußerungen äußerst komisch sein konnte. Das geht/ging mir nicht nur bei ihm so.“
Nun ja, um _das_ beurteilen zu können, müsste man die Sendung aber nun vielleicht doch sehen. „Beim Harald Schmidt fand ich’s doof“ ist da nicht ganz so überzeugend.
„Mal ehrlich, wer denkt denn, dass da wirkliche Stars im Dschungelcamp sind? “
Ähhh… Ja wer denkt das denn jetzt eigentlich?
die einzige ethische Frage im Zusammenhang mit dieser Sendung ist meiner Ansicht nach, warum so viele unschuldige Känguruhs deswegen ihre Hoden verlieren müssen…
Alles andere sind Fragen, die sich auf persönlichen Geschmack in Bezug auf Unterhaltungssendungen im Privatfernsehen beziehen, und über Geschmack lohnt es sich kaum zu streiten.
Jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum.
Wer das Konzept grundsätzlich ablehnt, dem wird man zudem kaum erklären können, was andere Menschen ( und nicht mal so wenige ) an dieser Sendung unterhaltsam finden. Denn die eigene Meinung ist sowieso bereits vorformuliert, der Erkenntnisgewinn dementsprechend gering.
All denen, deren Weltbild noch nicht ganz geschlossen ist, sei geraten: erst schauen, dann kritisieren. Notfalls besucht eure Oma, die hat sicher noch nen Fernseher zu Hause stehen…^^
@Chico:
„Mal ehrlich, wer denkt denn, dass da wirkliche Stars im Dschungelcamp sind? Entweder geht es um Geld oder um dringend benötigte Publicity .“
Sehen Sie, wenn Sie die Sendung (schmeckt gar nicht nach Scheiße, übrigens) ab und zu mal sehen würden, wüssten Sie auch, das niemand die „Stars“ für Stars hält, weder das Publikum, noch die Macher, noch die „Stars“ selbst.
Deswegen empfiehlt es sich eben doch, das Objekt der Kritik wenigstens ansatzweise zu kennen…
Niggemeier findet Dschungelcamp gut, weil dort Leute, die er verabscheut, niedergemacht werden, nein, sorry: ironische Kommentare über sie verfasst werden. Er findet die anderen „Formate“, die genau nach dem gleichen Muster funktionieren, schlecht, weil es sich um scheinbar hilflose Leute handelt, die da von bösen Jurys verheizt werden .
Die Verfechter dieser Sendung leiden unter diesem selektiven Wahrnehmungssyndrom: Der Prominente wird zum Abschuss freigegeben (weil er – wann und wie auch immer – prominent war). Er wird für die Dauer der Sendung entmenschlicht; zum Objekt eines billigen Zynismus, der als Avantgarde verkauft wird. Moralische Parameter – sonst unabdingbar für Kritiker wie Niggemeier – spielen plötzlich keine Rolle mehr.
Dschungelcamp-Aficionados haben eine neue Form des Humors entdeckt: Es gibt jetzt neben dem Herrenwitz (Aufschrei!) auch den Promiwitz.
@83 ;-)
irgendwie scheine ich wohl ähnlich verorkst zu sein, wie s.n.:
ich sah das camp und like nicht den markus.
beim camp sehe ich aber nur gern das „individuelle rollenspiel“ sowie das „gruppendynamische“, diese ekelprüfungen finde ich zum kotzen .
überhaupt liebe ich sozialpsychologische feldversuche. die fangen ja schon bei shopping queen an …
bei herrn lanz ist es diese kunstwand aus anpassung & berechnung & strebertum, welche die fernsehfigur m.l. von einem locker-sympathischen typen trennt.
104, Alberto:
Ich hab das eher prophylaktisch und nicht ganz ernst gemeint mit den Reflexen (schließlich sind mir die beiden ja sehr sympathisch). Vielleicht hätte ich doch besser ein Smiley setzen sollen.
Aber was soll´s, dank B.Schuss weiß ich jetzt, dass Unterhaltung im Fernsehen nichts mit Ethik zu tun hat sondern lediglich als eine Geschmacksfrage diskutiert werden kann, was aber auf Dauer müßig ist, wenn die Großmütter nicht mehr leben und man sowieso ein geschlossenes Weltbild hat.
Ist ja vielleicht auch alles nicht so wirklich wichtig.
@Gregor Keuschnig: Der Unterschied für mich ist, dass das Format Dschungelcamp bei mir entweder Sympathie oder Antipathie mit den Protagonisten auslöst, andere Formate wie „Schwer verliebt“ dagegen Mitleid und Fremdscham. Dass ich bezüglich Sympathie und Antipathie höchstgradig von den Machern manipuliert werde, steht natürlich auf einem anderen Blatt und ist womöglich auch moralisch nicht in Ordnung. Aber die Protagonisten des Dschungelcamps werden von der Show selbst stets als Gleichwertige behandelt. Eine Herabwürdigung findet dagegen häufig in der Berichterstattung über das Camp in den einschlägigen journalistischen Erzeugnissen statt. Und ausgerechnet auch oft durch Kritiker des Formats, die erstaunlicherweise kein Problem damit haben, diese Leute z.B. als „Idioten“zu bezeichnen (Sie tun das nicht, ich wollte nur auf den Widerspruch hinweisen).
Diese Sendung ist – wie so einige Sendungen auf RTL – völlig überflüssig und unwichtig.
Ich sehe das Dschungelcamp ja auch gerne, entdecke aber trotzdem unethische Aspekte daran. Die erstrecken sich weniger auf die Ekelprüfungen, oder die ätzenden Moderatoresnkommentare, als auf den Effekt des „sozialsychologischen Feldversuchs“, der oben angesprochen wurde.
Einerseits ist das faszinierend; so fand ich die vorletzte Staffel eine der interessantesten, eben wegen der Gruppendynamik. Wie oft kann man schon live erleben, wie sich ein Mob zusammenrottet um ein Gruppenmitglied (Sahra Knappik) ins Abseits zu stellen, nur um sich dann sofort gegen das einzige andere Mitglied zu richten, das sich am Mobbing nicht beteiligen will (Peer Kusmagk)? Wirklich unendlich faszinierend zu sehen wie Peer sofort auch ins Abseits gestellt wurde, weil er der Gruppe eine alternative Haltung gezeigt hat, die sie ggfs ins Unrecht gesetzt hätte.
Auch dieses Jahr war es ganz interessant, wie am Ende fast alle gegen Fiona waren, die das, ebenso wie Iris und Olivias Lästerorgien, eben nicht auf die leichte Schulter nehmen konnte. Und so war die Reunion am Sonntag für mich auch der peinlichste Moment, denn einige der Teilnehmer konnten sich nicht mehr in die Augen sehen; und wenn ich bspw. als Olivia Jones oder Iris Klein so mit meinem eigenen Verhalten konfrontiert worden wäre, könnte ich mir vermutlich selber im Spiegel nicht mehr in die Augen sehen.
Und genau das ist für mich der unethische Aspekt der Sendung. Die Teilnehmer werden in ein gruppendynamisches Experiment geschmissen, ohne dass eine Ethikkommission das genehmigen und ein Versuchsleiter das begleiten und ggfs abbrechen könnte. Seit Milgram und dem Stanford Prison Experiment werden idR keine psychologischen Experimente genehmigt, die das Selbstbild der Versuchsteilnehmer schwer beschädigen könnten, weil sie sich zu Verhaltensweisen anstiften lassen haben, die sie sonst ablehnen. RTL macht’s einfach so.
Ich gebe zu, dass das jetzt etwas überdramatisiert dargestellt ist, aber wenn es am Dschungelcamp etwas unethisches gibt, dann ist es das.
Ich verstehe was nicht: Warum definiert Sefan Niggemeier das Dschungelcamp als Unterhaltung, die faszinierend und ok ist. Und DSDS als nicht so richtig ok? Ist nicht beides letztlich genauso menschenverachtend?
Zitat Niggemeier:
„Die Diskussion um »DSDS« wird von RTL erfolgreich auf die Frage reduziert, ob man so mit Menschen umgehen darf. Verdrängt wird dadurch die Frage, ob man so mit Menschen umgehen muss. Ob für die Mitarbeiter des Senders und der sich selbst für besonders verantwortungsvoll haltenden Produktionsfirma Grundy nicht auch Grenzen gelten könnten, die durch eigene Verantwortung bestimmt und nicht durch Gesetze vorgegeben sind. Bezeichnenderweise wird die »Es wird ja niemand gezwungen«-Formel nie auf die Fernsehmacher angewandt: Es wird ja niemand gezwungen, jemanden bloßzustellen, nur weil der sich bloßstellen lässt.“
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/zwerge/
Es wird auch niemand gezwungen, Menschen im Dschungelcamp bloßzustellen und ironische Mod-Texte über sie zu schreiben, nur weil die „Stars“ sich bloßstellen lassen. Wo verläuft die Grenze zwischen DSDS und Dschungelcamp?
inga, 111
„Aber die Protagonisten des Dschungelcamps werden von der Show selbst stets als Gleichwertige behandelt“
B.Schuss würde sagen: erst schauen, dann loben.
@Gregor Keuschnig: Bitte hören Sie auf, mir Dinge zu unterstellen. Prinzipiell, aber insbesondere, wenn es so offenkundig hanebüchen ist.
Wie kommen Sie darauf, dass ich die Leute im Dschungelcamp „verabscheue“? Die meisten habe ich vor der Sendung gar nicht gekannt; ein Großteil stammt aus genau den Formaten, in denen ich dieselben Leute Ihrer Unterstellung nach noch nicht verabscheut habe (konkret hier: DSDS, „Der Bachelor“, „Germany’s Next Topmodel“).
Ich bestreite, dass die Kandidaten bei IBES „entmenschlicht“ werden; im Gegenteil: die meisten erscheinen menschlicher als je zuvor in der Öffentlichkeit. Es ist richtig, dass die Kandidaten als Objekte für Spott missbraucht werden; es ist aber auch richtig, dass die meisten an Sympathien gewinnen. Leute, die vorher in der Öffentlichkeit nur als Karikaturen, eindimensionale Schablonen wahrgenommen wurden, bekommen plötzlich eine Persönlichkeit. Das ist nicht immer so, und es entkräftet auch nicht alle berechtigten ethischen Zweifel an den Mitteln, mit denen das erreicht wird, aber es widerspricht Ihren apodiktischen Aussagen.
Und was ist das für eine Art, Leuten abzusprechen, dass „moralische Parameter“ für sie eine Rolle spielen, nur weil sie nach Abwägung dieser moralischen Parameter zu einem anderen Ergebnis kommen als Sie?
Lieber Theo, es ist Ihnen selbstverständlich selbst überlassen, auch weiterhin ethische Fragen im Zusammenhang mit Unterhaltungssendungen im Privatfernsehen zu diskutieren.
Und ich bin im übrigen auch nicht der Meinung, dass solche Fragen in der Medienlandschaft, und speziell in der Unterhaltungsbranche überhaupt keine Rolle spielen.
Ich habe lediglich andeuten wollen, dass, bezogen auf diese und ähnliche Sendungen die Argumente im Grunde schon seit mindestens zehn Jahren die selben geblieben sind ( DSDS läuft seit 2002, Dschungelcamp seit 2004 ), und der Erkenntnisgewinn daher aus meiner Sicht eher gering ist.
Da drehen sich die Kommentarspalten schon seit Jahren im Kreis.
Ist Ihr Weltbild denn geschlossen ? ^^
@theo: Ich verstehe Deinen Kommentar nicht.
Sorry, bin ich zu spät?
Ich war drüben im 11-Freunde Blog. Ich musste denen erstmal erklären, dass ich Fußball total blöd finde. Ich habe noch noch nie ein Spiel gesehen und werde das auch nicht. tun. Noch blöder ist nur auch noch darüber zu schreiben, womöglich als Blog.
Es gibt sogar Menschen die haben einen Lieblingsclub obwohl der nur schlechte Spiele abliefert. Wie grotesk ist das denn? Keine Ahnung wie sich erwachsene Menschen mit so einem Mist abgeben können.
Worum gehts jetzt hier nochmal?
ansonsten gilt
Absolut. Allerdings mit einem gehörigen Schuss Improvisation. Mal mehr mal weniger. Und weniger „gewollt“ natürlich.
@Augusten: Danke für den Kommentar. In der Tat ist das Sozialexperiment auch für mich das moralisch Fragwürdigste. Allerdings besteht zum Milgram-Experiment immerhin der Unterschied, dass die Kandidaten das gesamte Setting kennen. Trotzdem wissen viele wohl nicht bis ins Letzte, worauf sie sich da einlassen. Ich glaube aber dass gerade eine Olivia oder eine Iris gut damit umgehen können. Kritischer fand ich es damals bei Ramona Leiß.
@inga: Natürlich ist das alles kein Vergleich zu Milgram, ich schrieb ja schon dass ich das etwas überdramatisiert dargestellt hatte. Schließlich gucke ich ja auch Dschungelcamp, wenn auch mit leicht schlechtem Gewissen.
Ich hoffe, dass die Beteiligten damit umgehen können; ich hätte mich jedenfalls geschämt und bei den Zielen meiner Lästerei um Entschuldigung gebeten. Die Staffel mit Ramona Leiß habe ich nicht gesehen; was war denn da los?
Es wurde von Herrn Niggemeier und einigen Kommentatoren im Zusammenhang mit IBES der Begriff „faszinierend“ gebraucht. Das ist doch genau das Problem! Eine Massenkarambolage auf der Autobahn oder springende Menschen aus einem brennenden Gebäude sind auch irgendwie faszinierend. Der erste Impuls ist wie gebannt hinzusehen und das Unglück anderer zu beobachten! Aber der Mensch kann zum Glück reflektieren, deshalb fährt er auf der Autobahn doch weiter oder schaltet den Fernseher ab.
Ich habe mir ein paar Folgen der letzten IBES Staffel angesehen, ich wollte sehen, wie sich der Fußballer Ailton mit seinen drolligen Deutschkenntnissen im Dschungel schlägt. Ich bekam bald ein schlechtes Gewissen, ich empfand es als nicht richtig mir das hilflose Gestammel Ailtons länger anzusehen.
Nur zur Klarstellung: Ich erhebe keinen moralischen Zeigefinger, ist meine persönliche Erfahrung mit diesem Format!
@Augusten, #113:
Milgram ? SPE ? Really ? Das sind aber große Kanonen auf sehr kleine Spatzen….:D
Ich verstehe die Überschrift nicht – es gibt doch jetzt ein Jahr Pause. Die nächste Staffel startet ja wohl dann Januar 2014!
@B.Schuss
Wenn ich behauptet hätte, dass es sich um das Gleiche handelt, dann schon. Vielleicht lesen Sie nochmal, was ich geschrieben habe.
Und nein, ich finde ein unbegleitetes gruppendynamisches Experiment, das von der ganzen Nation quasi live mitbeobachtet werden kann, nicht ganz so einen kleinen Spatz. Eine Ethikkomission an der Uni würde das nicht genehmigen. Mehr hab ich nicht gesagt.
@Fernsehkritiker: Hajoooo. „Ein Jahr Pause“ im Sinne von „ein Jahr aussetzen“.
Ich versuche mal zu erklären was mich an dem Format reizt. Das Thema Ekelprüfung, war vielleicht noch in der ersten Staffel faszinierend, einfach weil man so etwas in Fernsehen noch nicht gesehen hat. Sei es drum. Das nutzt nicht ab.
Die „Promis“ gehen mit einem bestimmten Selbstbild und dem Bewusstsein, dass es ein öffentliches Bild über sie gibt, in das Camp. Dieses wollen Sie (jedenfalls die meisten) entweder verstärken oder korrigieren. Schließlich geht es nicht nur um eine ordentliche 5-stellige Summe die man bekommt ,sondern auch um einen möglichen kleinen aber lukrativen Karriereaufschwung. Sie denken, sie können das so transportieren wie so wollen, sie machen die Regeln, sie haben es unter Kontrolle.
Das funktioniert die ersten Tage. Dann bricht das langsam in sich zusammen. Teils selbstverschuldet, teils von RTL gesteuert. Denn natürlich macht RTL die Regeln wie jemand „rüberkommt“. Dieser Kontrollverlust über das eigene Image ist immer wieder faszinierend. Es ist schon eine Extremsituation im Dschungelcamp und zu beobachten wie die Fassade fällt ist einfach spannend.
Und für alle die den Spiegel TV Beitrag im Anschuss nicht gesehen haben.
http://www.hdm-stuttgart.de/view_news?ident=news20130125115412
(Das ist ja schon fast ein Klassentreffen hier. Abi 07! Hat jemand was von Ommelbommel gehört?)
Ich hätte hier nochmal etwas frisches Öl fürs Feuer: http://www.grimme-institut.de/html/index.php?id=1690
Pures Napalm!
@Augusten, sorry, ich wollte nicht unhöflich erscheinen, aber ich fand den Vergleich nun wirklich etwas …nun ja..weit her geholt.
RTL hat in der Vergangenheit schon bewiesen, dass man dort bereit ist, um der Gesundheit der Kandidaten willen regulierend in die Show einzugreifen. Und auch wenn es dabei erst mal „nur“ um die physische Gesundheit ging, gehe ich mal, naiv wie ich bin davon aus, dass dies auch bei drohenden gravierenden negativen Folgen für die Psyche der Kandidaten der Fall wäre. Schließlich gehören neben Ärzten auch Psychologen zum Stab der Sendung.
Unethisch wäre es aus meiner Sicht, den möglichen Kandidaten falsche Vorstellungen vom Inhalt der Sendung, ihrem Ablauf, und den möglichen Folgen für Körper und Geist zu vermitteln. Aber nach der mittlerweile siebten Staffel der Show kann das für niemanden, der von RTL angefragt wird, ein Argument sein.
Und es sollen ja auch schon Leute abgesagt haben…
@Niggemeier
Danke, das wollte ich eigentlich die ganze Zeit ausdrücken in dem ganzen Ethik-Böse-Böse-Geschrei.
@Stefan Niggemeier #129
Und was sagt mir dieser Verweis jetzt? Es ändert doch nichts an der Diskussion hier.
Sofern gestattet, möchte ich dann gern nochmal an dieser Stelle auf die sehr hübsche Animation von DarkViktory zum Dschungelcamp hinweisen: http://fernsehkritik.tv/folge-107/Start/#jump:3-1
Mehr ist zu dem Thema eigentlich nicht mehr zu sagen… :)
@Jan-Hendrick
Der Untergang des Abendlandes rückt noch näher, weil jetzt auch das Grimme-Institut diese zutiefst menschenverachtende Ekelsendung nominiert hat, den Abgrund der Entmenschlichung sozusagen feuilletonistisch endgültig legitimiert.
@B.Schuss: Stimmt alles, ändert aber nichts daran, dass eine Ethikkommission das nicht genehmigen würde. Ich schau’s wie gesagt trotzdem, will da also auch niemanden moralisch verurteilen. Ein bissl fragwürdig finde ich’s schon, aber das ist ja so vieles. Da dürfte ich auch nicht mehr ins Ballett gehen oder mir Radrennen anschauen.
Dass Psychologen da ggfs deeskalierend eingreifen, kann ich mir nicht vorstellen. Schließlich macht es ja mit den Reiz der Sendung aus, wenn die Leute sich selbst zum Horst machen.
Die Grimme-Jury ist doch immer wieder für einen Lacher gut. Sag noch einer, die Leute von der Volkshochschule wollten nicht auch mal hip sein.
interessante Frage, ob ein Psychologe eingreifen würde. Käme auf einen Versuch (sic!) an. Meine Vermutung ist allerdings, dass bereits in den Vorgesprächen mit den Kandidaten Psychologen dabei sind, und diejenigen aussortieren, bei denen die Gefahr besteht, dass sie die Show emotional nicht überstehen würden.
@Augusten
Was ist das für ein Humbug, wieso würde das eine Ethikkommission nicht genehmigen? Wo genau liegt denn das Problem? Dass Leute gezeigt werden, die sich mit voller Absicht und im vollem Wissen darum zum Horst machen? Oder die mit Ihrer eigenen Hybris und der verzerrten Selbstwahrnehmung konfrontiert werden? Oder dass Leute wie Joey plötzlich ganz anderes wahrgenommen werden können, als das bisher der Fall war? Und dafür noch ordentlich bezahlt werden? Wo genau liegt jetzt das ethische Problem für die Macher, die Zuseher oder sonstwen? Ich verstehs nicht.
Bei DSDS wird einem vorgekaukelt, wir bringen Dich ganz groß raus. Und das einzige, was dann groß rausgebracht wird, ist der Pissefleck auf der Hose, unterlegt mit total lustigen Geräuschen. Das können Sie dann gerne der Ethikkommission vorlegen. Aber warum so ein harmloser Unterhaltungskrams wie das Dschungelcamp?
@theo: So findet sich für alles eine Erklärung, die ins eigene Weltbild passt.
@Linus: Das habe ich alles weiter oben geschrieben. Lesen Sie es doch einfach.
@Augusten
Nur, weil Sie behaupten, dass es sich hier um ein unbegleitetes gruppendynamisches Experiment handelt, was ja so keine Uni-Ethikommission genehmigen würde, heißt das ja nicht, dass es auch tatsächlich so ist. So gesehen ist jedes Kaffeekränzchen mit mehr als zwei Teilnehmer ein potential echt total gefährliches Experiment, das nicht ohne psychologische Begleitung durch geschultes Personal stattfinden sollte, schon gar nicht in der Öffentlichkeit einer Bistroterasse.
Ich versteh es immer noch nicht: Die gleichen Argumente, die für das Dschungelcamp ins Feld geführt werden, könnten auch für DSDS oder was auch immer gebraucht werden. Dh alles ist letztlich ok, weil Unterhaltung und niemand zur Teilnahme gezwungen wird. Zum Zusehen wird auch keiner gezwungen, also wozu die Aufregung? Und wenn das Grimme-Institut das Dschungelcamp nominiert, wird die Sendung damit geadelt und die Kritiker werden in die Ecke gestellt. Mir bleibt es dennoch ein Rätsel, wie man diese Sendung verteidigen kann.
@Linus: Wenn Sie nicht den Unterschied sehen zwischen einem Kaffekränzchen und einem Dschungelcamp mit Entzug von Essen, Drogen und Bequemlichkeit, dafür aber der Addition von gelegentlichen Extremsituationen, in dem die Teilnehmer 16 Tage lang rund um die Uhr von Kameras beobachtet und Mikrofonen belauscht werden, und alles was sie tun oder sagen ggfs von Millionen Menschen beobachtet wird … dann ich Ihnen echt nicht helfen, sorry.
Stefan,
von meinem Weltbild haben Sie keine Ahnung. Woher auch? Mir geht es wesentlich darum, dass man ethische Prinzipien – hat man diese denn – nicht beliebig mal heranziehen und dann wieder übergehen sollte. Gleiches gilt auch für eine Jury. Man muss auch nicht mal von Ethik reden, man kann das auch Geschmacksfrage nennen.
Man mag das in Ordnung finden, wenn – laut Süddeutsche – ein Kandidat mit „Tyrannei des Pöbel“ betitelt wird. Aber dann sollte man sich auch nicht gar so echauffieren über das, was Dieter Bohlen anstellt. Es sei denn, man nutzt die „Ironie“ als wesentliches Unterscheidungsmerkmal, als rhetorische hippe Allzweckwaffe, wie sie Serrao in der Süddeutschen schön beschrieben hat.
Dann müsste man all die Machwerke nur etwas mit Ironie und Selbstironie garnieren, und schon ist alles bestens. Noch ein paar gewitzte Sprüche, ein paar intelligente Moderationsgags, gut ausgesuchte Musik – da wäre dann bald ein Preis für „Das Supertalent“ oder sonstwas fällig. Denn es zählt nicht der Inhalt, nicht das Sendungsprinzip, sondern die „handwerklich gute“ Verpackung. Wenn dann der Kandidat gut „im Format funktioniert“, ist alles wunderbar.
Lesehinweis:
„Wir wollen sie nicht nackig, sondern leiden sehen“
http://www.sueddeutsche.de/medien/finale-beim-dschungelcamp-wie-wollen-sie-nicht-nackig-sondern-leiden-sehen-1.1582155
@Augusten
Und wenn Sie den Unterschied zwischen einer inszenierten, rundum abgesicherten wattierten Unterhaltungssendung und einem (Labor-)experiment nicht erkennen wollen, sollten Sie vielleicht die Finger von Medienthemen lassen.
@theo
Dieser depperte Ironievorwurf (dass man sich hinter allem verstecken könnte, wenn man es nur oft genug als ironisch bezeichnet) wird im Übrigen meist von Leuten benutzt, die keine blassen Schimmer haben, was das eigentlich ist, Ironie. Das sind auch die Leute, die sagen, das mag jetzt zynisch klingen, aber… Das dritte Reich wird nicht dadurch besser, dass manche hinterher meinen, das sei ja alles nur ironisch gemeint gewesen.
@ammersee
Nein. Warum beharren Sie so darauf? Das sind komplett andere Sendungen, Konzepte, Sportarten mit anderen Beteiligten, anderen Zielsetzungen, anderen Funktionen, anderen Techniken, Macharten. Sich einfach hinzustellen und zu behaupten, das sei aber so, bringt da nichts. Versuchen Sie mal beim nüchternen Betrachten die eigene vorgefertigte Meinungsbrille abzusetzen.
@Linus:
Klar kenne ich den. Im Labor schaut ausser den Teilnehmern und dem Versuchsleiter keiner zu. Selbst wenn die Teilnehmer Seiten an sich entdecken, die sie schwer aushalten können, können sie diese immerhin noch vor dem Rest der Welt verheimlichen und im Stillen daran arbeiten. Wenn 8 Millionen Leute einem dabei zuschauen, wie man mit 5,6 anderen Teilnehmern ein spätpubertierendes Mädchen tagelang gepflegt mobbt, dann tut man sich damit eher schwer.
@Linus:
Mir bleibt es ein Rätsel, wie man diese Sendung verteidigen kann.
@137:
„die Leute von der Volkshochschule wollten nicht auch mal hip sein.“ Jetzt zieh da nicht auch noch die Leute von der Volkshochschule rein. Das sind ganz nette Menschen.
@theo: Das ist derselbe rhetorische Kurzschluss, den Herr Keuschnig versucht hat. Sie unterstellen, dass Leute wie die Grimme-Juroren oder ich in unserem Urteil über die Show ethische Prinzipien abgeschaltet oder übergangen haben. Können Sie nicht zumindest die Möglichkeit gelten lassen, dass wir ethische Fragen nicht ignoriert, sondern einfach anders beantwortet haben als Sie?
#146
war das schon Goodwin’s Law ? ^^
@B. Schuss
Ja, und mit voller Absicht. Ich verstehe das nicht, wie man anhand einer TV-Sendung, über die man ja tatsächlich und geschmacklich auch streiten kann, den Untergang des Abendlandes ausrufen kann. Im Übrigen ist das Milgram Experiment nicht sooo weit vom Faschismus entfernt, ich hab also nicht angefangen.
Ich wittere eine Verschwörung. RTL wird Australien zu teuer, und Marl möchte Promis oder – allgemein – Leben. Deshalb wird das nächste Dschungelcamp in der Marler Innenstadt gedreht. Einen Teich gibts da auch. Mit Grimme-Preis im Rücken dann kein Problem mehr. Und da es niemand merkt, kann man auch lokale Hitzeperioden erfinden.
@Augusten
8 Millionen gucken da 24h beim Mobbing zu? Auf welchem Sender läuft das denn?
Und ansonsten beziehen Sie sich auf eine Fernsehwirklichkeit, eine Inszenierung, die Sie mit Parametern der Realität messen wollen. Sie haben, wenn Sie ins Theater gehen, wahrscheinlich auch Angst davor, dass Romeo am Ende wirklich stirbt. Also, der Schauspieler, jetzt, der da mit extremen Ausnahmesituationen konfrontiert wird, jeden Abend.
Ich habe mal eine Staffel Dschungelcamp (die mit Ross) gesehen und auch mal eine DSDS. Ich fand und finde im Ergebnis, dass DSDS durch und durch zynisch ist und das Dschungelcamp zwar an der Oberfläche von Schadenfreude lebt, aber bei näherem Hinsehen die Kandidaten nicht entmenschlicht, sondern gerade das Gegenteil tut.
DSDS vertritt einen intoleranten Sozialdarwinismus. Entweder du wirst ein Star, oder du bist eine Niete, ein Versager, ein Nichts, dessen Leben nichts taugt und nie zu was führen wird, und wirst entsprechend verspottet und verachtet. Und wenn ein Star wirst, dann überlebst du, bist aber voll und ganz der Bohlenschen Verwertungslogik unterworfen. Du gibst deine Individualität auf, überspitzt gesagt. Es interessiert nicht, was du denkst; du machst, was Bohlen und der Markt diktieren, bist immer bemüht, gut auszusehen, zu lächeln und nicht anzuecken, und rackerst dich ab, im Rahmen des Musikgeschäfts als Kommerzmaschinerie zu funktionieren. Und die Pointe ist, dass du nach einem Jahr in der Regel auch wieder ausrangiert bist und nicht mehr zu denen gehörst, die überleben. Weil dann eben ein anderer besser funktioniert.
Beim Dschungelcamp habe ich das eher so empfunden, dass die Verachtung, die in Begriffen wie „B- und C-Promis“ mitschwingt, im Lauf der Staffel unterlaufen und abgebaut statt bestärkt wird. Wenn man das Geschehen im Dschungel verfolgt, dann interessiert es bald nicht mehr, wie berühmt oder wie wenig berühmt einer ist, wie viel Geld einer hat oder nicht hat. Dann werden die Kandidaten einfach als Menschen mit ganz normalen und vielleicht überraschenden Qualitäten und Schwächen erkennbar. Man kann anfangs noch so ein schlechtes Bild von einem Teilnehmer haben – durch sein Verhalten im Camp hat er die Chance, zu strahlen, und zwar einfach damit, dass er ein sympathischer Mensch ist, und nicht damit, dass er immer grinst und aussieht wie aus dem Katalog. Was die „Dschungelprüfungen“ angeht, habe ich es nie so empfunden, dass man sich daran ergötzt, dass jemand leidet. Aus meiner Sicht war es eher so, dass man mit den Kandidaten mitfiebert und sie für ihre Tapferkeit bewundert. Sonst würde ja auch immer der Unbeliebteste Dschungelkönig, denn der muss ja am meisten/am längsten leiden. Das ist aber nicht der Fall.
Als ich vor Jahren das erste Mal vom Dschungelcamp hörte, fand ich auch, dass das Konzept abstoßend klingt. Aber man muss es gesehen haben, bevor man es beurteilt, sonst urteilt man an der Sache vorbei. Was natürlich nicht heißt, dass man daran nichts berechtigt kritisieren könnte.
Den Begriff „funktionieren“ finde ich hier übrigens harmlos. Man kann auch sagen, eine Passage in einem Buch „funktioniert“ nicht, oder ein Schauspieler „funktioniert“ nicht in einer Rolle, oder ein Banjo „funktioniert“ nicht in diesem Song. Das heißt nicht, dass das Banjo kaputt oder von schlechter Qualität ist. Bezogen auf eine Person heißt es nur, dass sie nicht in ein beabsichtigtes Konzept passt, und ist kein Urteil über sie selbst, ihre Qualitäten oder ihre Leistungsfähigkeit.
@Sebastian
Danke!
Stefan,
ich hab mir noch mal ihre Antwort #116 durchgelesen (oder gibt es hier noch eine andere Stelle, wo Sie ihre ethische Sicht dargelegt haben?). Mal abgesehen davon, dass ich die Aussage
„Leute, die vorher in der Öffentlichkeit nur als Karikaturen, eindimensionale Schablonen wahrgenommen wurden, bekommen plötzlich eine Persönlichkeit.“
für recht euphemistisch und kühn halte – insgesamt wirkt ihre Antwort ein wenig wie:
„Klar ist das fies, aber nicht an allen Stellen.“
in aller Kürze: dem kann ich mich anschließen, Sebastian. +1
„Your comment is awaiting moderation.“
haha, bin ich jetzt wegen dem „plus eins“ in die Moderationsschleife geraten ? :D
Kommentar #10 (IANAL) ist der beste:
Ich habe diese Sendung noch nie gesehen. Ich habe auch noch keinen der Berichte darüber gelesen. […] Könnte mir freundlicherweise jemand mal erklären, was diese Sendung so besonders und wichtig macht?
Ich hätte da eine Idee, wie er das rausbekommen könnte.
Nun die Frage bleibt aber im Raum, warum man sich in Deutschland immer systematisch alle Preise selbst kaputt macht. Bambi und Goldene Kamera waren schon immer vor allem für die Leute, die vor Burda und Springer auf die Knie gehen. Der dt. Fernsehpreis wurde wertlos als man wichtige Menschen hinter der Kamera überging und dann zur Krönung ernsthaft einer Sportmannschaft einen Fernsehpreis gab. (Warum nicht Merkel auszeichnen, die schafft es sowohl in Quizsendungen, die Tagesschau und in Satiresendungen. Angie, das Allroundtalent)
Das Grimme-Institut hält jetzt ernsthaft das Camp oder diese beiden flachen Sparkassen-Hipster für innovatives, intelligentes Fernsehen?
Wie kann man denn bitte sich mit Salzlösung einen Donut unter die Stirn spritzen, Pupsspray rumsprühen usw von Joko und Klaas als Grimme-Preis würdig verkaufen? Das würde mich mal interessieren.
Wieso fällt das Grimme-Institut auf so einen Medienhype mit Aaron Trotschke herein? Der war für 15 Minuten der gefeierte Superstar und danach in der Versenkung verschwunden. Dieses traurige Schauspiel dt Medienhypes kann man doch nicht ernsthaft nominieren, selbst wenn, wie der Direktor sagt, bei der Unterhaltung nichtmal alle Nominierungsplätze genutzt wurden, weil der Rest wohl noch schlechter war.
Wenn man mal irgendwann anfangen will auch in Deutschland gute Unterhaltung zu produzieren sollte man nicht Leute, die etwas können mit solchen Entscheidungen aus dem Land jagen. Es scheint nicht nur ein Problem der mangelnden Talente zu sein, sondern auch, dass von Medienseite mangelnde Talente zu kommenden Fernsehrettern hochgeschrieben werden.
Somit wird dann auch die Auszeichnung von Formaten wie bspw dem Tatort-Reiniger vollkommen abgewertet und das ist wirklich schade. Der steht jetzt in einer Reihe mit Kommerzhipster mit geklauten Formaten und Sendungen, in denen minutenlang die Hoden eines alten Schlagersängers gezeigt werden.
@Mike: Darf ich Sie kurz hier in den Keller runterführen? http://www.stefan-niggemeier.de/blog/grosser-murks/
Sebastian, #157
(„Dann werden die Kandidaten einfach als Menschen mit ganz normalen und vielleicht überraschenden Qualitäten und Schwächen erkennbar.“)
Man vergisst leicht, dass wir nicht ein Abbild der realen Verhältnisse gezeigt bekommen. Denn das wäre nicht massenattraktiv. Diese Sendung ist von A bis Z durchinszeniert.
http://www.spiegel.de/panorama/leute/dschungelcamp-rainer-langhans-fuehlt-sich-von-rtl-gelinkt-a-742026.html
Insofern ist immer fraglich, ob die Persönlichkeit, die uns vorgeführt wird, auch authentisch ist. „Bezogen auf eine Person heißt es nur, dass sie nicht in ein beabsichtigtes Konzept passt“ – genau darum geht es und nicht darum, wie Kandidat A wirklich ist und wie man in der Sendung ihm und seinem Verhalten gerecht werden könnte. Im Gegenteil: hat man keinen Deppen, keine Zicke zur Hand, schafft man sich so etwas. Ein paar Schnitte, eine gute Musik, ein flotter Gag, das reicht.
@theo: Aus der Tatsache, dass Rainer Langhans sich selbst nicht wiedererkannt hat, schließen Sie, dass die Sendung „von A bis Z durchinszeniert“ ist? Nein, das ist doch gerade der Witz: Sie ist höchstens von A bis L durchinszeniert.
Nach Besuch im Keller weiß ich jetzt, dass ich den Fehler gemacht habe. Tut mir leid. Von der Extreme Activity Sache hatte ich noch gar nichts gehört.
Ich dachte eben, dass der Grimme-Preis vor allem für intellektuelles Fernsehen da war (in jeder der Kategorien)und deswegen eine Auszeichnung als Ritterschlag angesehen wurde, eben weil den Rest der Preise Formate wie Lets Dance auszeichnet. Meine Fehleinschätzung kann ich dem Institut nicht vorwerfen. Auch wenn es einen Beigeschmack lässt, dass Dominik Graf den gleichen Preis bekommt wie einige der diesjährigen Nominierten.
Dann hätte man aber auch „Rent a Pocher“ einen Grimme-Preis geben können.
@Linus
Wo schrub ich denn was von „24h“?
Ich hoffe nicht, dass Sie ernsthaft abstreiten wollen, dass das Mobbing der Sahra Knappik wirklich stattgefunden hat, oder ernsthaft behaupten, das wäre alles gescriptet und „kontrolliert“.
PS:
ob die Aufgabe eines Preises daran liegt, dass Leute über die Entscheidung diskutieren oder ob der Preis besondere Leistungen honorieren soll, darüber kann man sich auch unterhalten. (Oder ob er nach Anwesenheit oder Homestory in „Bunte“ verliehen wird)
Allerdings gibt es in den Foren, Blogs und Tweeds keine Diskussion. Der Grimme-Preis wird von der Mehrheit der Beiträge jetzt als wertlos angesehen. Das war dann wohl eher ein Schuss in den Ofen.
#153
Wer tut das denn?
Der „Untergang des Abendlandes“ ist doch auch ein bisschen ein Popanz: die Argumente des Diskussiongegners soweit aufblasen, dass sie zu lächerlich aussehen, um sie noch ernstzunehmen.
Ich kann die hier geschilderten Unterschiede zu Formaten wie DSDS nachvollziehen, denke aber, dass sich IBES auch problemlos auf derselben Ebene konsumieren lässt wie DSDS oder das Supertalent. Das Publikum dieser Sendungen ebenso anzusprechen wie jene Zuschauer, die sich „sowas“ ja sonst nie ansehen würden, ist fraglos eine Leistung.
Meiner Wahrnehmung nach aber lebt IBES, zu einem guten Teil zumindest, durch das Spiel mit der Häme, mag es auch noch so (selbst)ironisch gebrochen daherkommen und sich durch eine auf die Spitze getriebene Selbstreferenzialität jeglicher (An)Greifbarkeit entziehen.
Man muss das Abendland nicht untergehen sehen, um damit einfach ein geschmackliches Problem zu haben.
Stefan,
nicht einmal RTL würde bestreiten, dass die Sendung zu einem sehr hohen Grad durchinszeniert ist. Aber was soll´s, Sie picken sich schon wieder einen kleinen Punkt heraus, um anderen Fragen ausweichen zu können und dennoch den Eindruck zu erwecken, Sie würden an der Diskussion teilhaben.
Wie bereits gesagt: diese Masche ist ermüdend.
Schönen Tag noch.
IBESHMHR funktioniert als Umkehrung von Formaten wie DSDS. Während DSDS einen normalen Menschen nimmt und ihn zum Star macht, nimmt das IBESHMHR einen Star und macht ihn zu einem normalen Menschen. Während wir auf der einen Seite (DSDS) ein Märchen erleben, erleben wir hier die Entzauberung. Das Format funktioniert also eigentlich besser mit echten Stars statt wie in diesem Jahr mit Viert- und Fünftplatzierten aus anderen Formaten, die die Verwandlung zum Star nur zum Teil mitgemacht haben. Perfekt wären Menschen mit richtiger Macht und viel Geld. Aber die bekommt RTL natürlich leider nicht. Es bleibt, wie in der täglichen Soap das Wiedererkennen der alten Gesichter und – ganz wichtig – die Veränderung. Und natürlich die Versuchsanordnung, die die Zuschauer per Telefonvoting mitbestimmen können. Faszinierend sind ja weniger die Ekelprüfungen, als die Selbstverständlichkeit, mit der die Campinsassen die zunehmend absurderen Campregeln sofort verinnerlichen und übernehmen. Insgesamt also die Veränderung, die Rolle, die zuvor schlecht vorhersehbar sind. Natürlich sind die teilweise inszeniert, aber RTL arbeitet mit dem Material, das spontan entsteht. Der intellektuelle Reiz dabei ist der, als Zuschauer zum Anthropologen zu werden und ein seltsames Völkchen mitten im Dschungel zu betrachten und zu studieren, was passiert, wenn man dieses mit einem spitzen Stöckchen piekst. Die Lust, bekannte Personen außerhalb ihrer gewohnten Rolle zu sehen, erklärt auch den (selbstverständlich) unerwarteten Gewinner diesen Jahres – er hat den Zuschauern am überzeugendsten eine Verwandlung dargeboten.
Interessant wäre, die jeweilige Funktion der verschiedenen RTL-Formate für die Zuschauer zu untersuchen. Sendungen wie „Raus aus den Schulden“, „Dick verliebt“ und „Super-Nanny“ ermöglichen der Mittelschicht eine Abgrenzung nach unten. DSDS ermöglicht dem Mittelstand-Nachwuchs das Träumen von einer weitgehend anstrengungslosen Aufstieg zur Spitze der Gehaltsskala und macht diesen Traum gleichzeitig lächerlich. Und IBESHMHR entzaubert diesen Traum, nachdem er wahr wurde. Indem die Stars aus den RTL-eigenen Produktionen klein gemacht werden, ist es automatisch das Format mit dem höchsten Anteil an Ironie, Zynismus und Selbstreferentialität (oder Ehrlichkeit). RTL hat also durchaus eine Botschaft. Die Botschaft lautet: „Gib es auf, gib es auf!“
Im Prinzip werden in solchen Formaten aber nur Themen variiert, die bereits in den alten Märchen vorkommen. Es war einmal ein armer Schneider oder eine Aschenputtel, die wollten so gerne König sein…
@129.Niggemeier und 130.Alberto Green
Ach, das kann ein selbst denkenden Menschen nicht schrecken.
Oder habt ihr die Nobel-Preise von Obama und EU schon vergessen.
Weltbild: Krieg ist Frieden, Wohlstand ist Armut, richtig ist falsch usw.usf.
Wenn man Frau Sonja Zietlow fragen würde: „Warum gibt es verwahrloste Hunde?“
Könnte Frau Zietlow keine plausiblen Antworten geben.
@ nothing
Herzlichen Dank für diese hellsichtige Analyse! Warum hat uns das Herr Niggemeier nicht so erklärt, dann hätten wir uns die ganze Ethik-Diskussion ersparen können!
@ Das Geh-irn:
„Wenn man Frau Sonja Zietlow fragen würde: »Warum gibt es verwahrloste Hunde?»
Könnte Frau Zietlow keine plausiblen Antworten geben.“
Kennst du die Dame denn? Und warum gibt es eigentlich verwahrloste Hunde? Und was hat das mit dem Thema zu tun?
@IrisF:
Ja ich kenne die Dame!
»Und was hat das mit dem Thema zu tun?»
Schade das du es nicht selbst erkennst!
Ich bin selber Akademiker, dezidierter Foltergegner und der Aufklärung verpflichtet – trotzdem hab ich das Dschungelcamp mit wachsender Begeisterung verfolgt (was sich auch in meinem sonst eher politischen Blog niederschlug) – weil ich mich in eine der Insassinnen verknallt hatte… : )
@176 Na, dann sehen wir sie bestimmt bald im Fernsehen im Cafe ihrer Tochter hinter der Theke stehen.
Es geht auch nicht nur darum ob man das Camp guckt, sondern ob sowas preiswürdig und insbesondere Grimme-Preis würdig ist.
Wie gesagt, ich habe den Preis anders eingeschätzt, wenn ich aber mal unter „grimme“ auf Twitter rumschaue, bin ich in guter Gesellschaft.
@theo, 164: Ja, der Einwand ist zu erwarten und berechtigt. Ich wollte meinen Kommentar nur nicht noch länger werden lassen. Klar, was man da zu sehen bekommt, ist mehr oder weniger inszeniert. Aber auch einen komplett erfundenen Roman kann man daraufhin beurteilen, ob er zynisch ist oder nicht. Darum ging es mir.
@ Das Geh-irn:
„Schade das du es nicht selbst erkennst!“ Das kommt vom Dschungelcamp-Schaun…
Eine zivilisierte Gesellschaft definiert sich immer auch dadurch, wie sie mit Kriminellen, Kranken und anderen Minderheiten umgeht – im Falle des Dschungelcamps mit ehemaligen Prominenten, von denen es dank der Demokratisierung durch Internet und Castingshows sowieso immer mehr solche Leute geben wird. Für mich hat es daher schon fast eine staatstragende Wichtigkeit. :-)
„… das ist doch gerade der Witz: Sie (die Sendung) ist höchstens von A bis L durchinszeniert.“ (Zitat Stefan Niggemeier, 165)
Ist das jetzt das finale Argument für gute ethisch einwandfreie faszinierende Unterhaltung?
Das Dschungelcamp funktioniert ein bisschen wie eine gemeinsame Klassenfahrt oder ein Zeltlager, bei dem man sich auch oft näher kennenlernt als gewollt – und der Spaß am Zuschauen besteht u.a. darin, die manchmal kaum erträgliche körperliche Nähe, die unvermeidliche Cliquenbildung und Hierarchisierungen in der Gruppe als Unbeteiligte beobachten und kommentieren zu können.
Das kann durchaus als soziologische Feldstudie betrachtet (oder entschuldigt) werden. Natürlich werden uns da zum Teil sehr geschickt niederste Instinkte entlockt – aber manchmal auch andere , größere Emotionen.
Ein medientheoretisch interessantes Phänomen ist es allemal und vermutlich kein Zufall, dass dieses Format etwa zeitgleich mit Guantanamo entwickelt wurde; gewissermaßen wird uns Zuschauern die Perspektive von (und Komplizenschaft mit) Totalüberwachern und Folterknechten angeboten.
Gleichzeitig gibt es (dank Televoting) ein vorgeblich basisdemokratisches Element, bei dem aber am Ende nicht gewinnt, wer in Umfragen vorne liegt, sondern (so ist es im realexistierenden Kapitalismus) für wen die meisten sündteuren Anrufe eingegangen sind.
(Interessant übrigens: RTL veröffentlicht zwar die genauen Anruferquoten, aber meines Wissens keine konkreten Zahlen…)
Seit der ersten Staffel dieses Formats lese ich immer und immer wieder „niedersten Bedürfnisse des Publikums stillen“und frage mich, ehrlich gesagt, was – genau betrachtet – daran so abwegig sein soll? Funktionieren wir nicht auch (größtenteils gut) als eine entsprechend weiterentwickelte Gesellschaft, weil wir einen Weg gefunden habe niedere Bedürfnisse, die zweifelsohne jeder von uns hat, sozial-konform zu stillen?
Um es mal auf den Punkt zu bringen: Ich bin ein durch und durch empathischer Mensch, der, auch beruflich bedingt, sich jeden Tag aufs Neue bemüht sich in seine Mitmenschen hinzuversetzen, ihr Handeln zu verstehen und dementsprechend interagiere ich (recht erfolgreich).
Aber 2 Wochen im Jahr freue ich mich auf täglich 60 oder mehr Minuten ausgiebiges Lästern, mich einer moderierten Ironie und ausgiebigen Sarkasmus hinzugeben – ohne Schuldgefühle! Und mir hilft das durchaus dann im Alltag meinen Prinzipien treu zu bleiben, Menschen vorurteilsfrei zu begegnen und zu verstehen und jeden so hinnehmen zu können wie er ist. Meine Umwelt dankt es mir :-)
@Ste/#85:
„aber: @nona: Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie sich nichts ansehen, wo es um Ekel, Erniedrigung, Leiden etc. geht; das finde ich übertrieben. Ich glaube es gibt sehr viele gute Filme oder vor allem Kunst wo genau das Thema ist.“
Nun denn. Was soll ich sagen? Erstens ist es mir natürlich völlig wurscht was Sie glauben oder übertrieben finden, ist ja schliesslich nicht mein Glaube, sondern der Ihrige und der sei Ihnen gegönnt. Andere Länder, andere Fritten.
Zweitens habe ich nicht gesagt, dass ich mir „nichts“ dergleichen ansehe. Also, im Sinne von niemals nicht, null, garüberhauptnix. (Meine Formulierungen und Abstufungen derselben sind üblicherweise mit Bedacht gewählt und sollten auch genau so verstanden werden.) Natürlich schaue ich mitunter auch hin. Aber man darf mir sehr wohl glauben, dass meine persönlich Mitfühl- bzw. Wegseh- bzw. Umschaltschwelle recht tief sitzt. Warum das so ist, sei dahingestellt. Das ist meine Sache. Ich weiss, das Konzept „Mitleid“ ist vielen Menschen inzwischen leider fremd geworden. Tatsache bleibt aber, dass ich die Qual anderer Menschen – in welcher Form auch immer – nicht die Bohne unterhaltsam finde. Und ich halte nichts von Formaten, die aktiv daran mitarbeiten, die eigentlich ganz normale und durchaus sehr wichtige zwischenmenschliche Empathie in einer Gesellschaft abzustumpfen und aufzuweichen. Ebensowenig halte ich von Sendern und Machern, die sich genau damit allein den schnöden Mammon in die eigenen Taschen pfropfen. Ich finde das unentschuldbar und auch nicht relativierbar.
Drittens sind Filme oder/und Kunst ein anderes Thema als eine Unterhaltungssendung. Filme sind gemeinhin Fiktion, dadurch fällt es wesentlich leichter, das Dargestellte nicht für bare Münze zu nehmen – was mich aber auch nicht daran hindert, z.B. Tarantino und seine Filme nicht ausstehen zu können. Die Inszenierung des Ekels, der Erniedrigung und des Leidens im Dschungelcamp ist aber echt, oder zumindest so echt wie möglich (Gefahr für Leib und Leben wird m.W. ausgeschlossen). Und Kunst will per se auch nicht in vergleichbarem Ausmass unterhalten.
Und @theo/#51, danke, aber ich erwarte tatsächlich keine Erwiderung des Hausherrn. Das war wirklich bloss eine Meinungsäusserung von mir. Wir sind hier in den nach unten offenen Kommentarspalten, und ich habe lediglich kommentiert, nicht z.B. gefragt oder zwiegesprochen. Mein Standpunkt ist gemeinhin, dass ein Blogbetreiber sein Blog frei nach eigenem Gusto betreiben kann, und dass man am besten keine Erwartungen (schon garnicht Forderungen) in irgendeine Richtung haben sollte, was Betrieb, Themen oder Inhalte angeht. Ich bezahle hier ja schliesslich keinen Eintritt oder so.
Also die, die sagen, es sei erbärmlich, sich diese „Idioten“ im Dschungel anzugucken, kommen gleichzeitig hier in die Kommentare, um sich gemäß ihrer Definition Idioten in den Kommentaren anzugucken.
Oder anders erklärt: die Dschungel-Nichtgucker nennen die Gucker Idioten, die sich perfide an dem Unvermögen anderer hochziehen. Und tun gleichzeitig doch dasselbe.
Ich so „Komm, probier doch mal, nur ein Löffelchen…“ Kind #3 so „Ich essen nichts, was grün ist.“
Tut mir echt leid Alberto.
Vorab: Wenn ich ein Kuschelinterview lesen will, krame ich di Lorenzo mit Guttenberg raus. Einfach nur unkritisch ein Forum zu geben, ist keine journalistische Meisterleistung. Schade auf so einem sonst lesenswerten Portal.
In die ethische Debatte steige ich nicht ein, da kämpfen andere schon. Mich ärgert, dass scheinbar alle einverstanden sind, die Sendung sei – unabhängig von Moralfragen – „gut gemacht“. Das ist sie mitnichten, und es ist bedauerlich, wie erfolgreich sie immer noch ist.
Ironie ist nur dann ein gutes/raffiniertes Mittel, wenn es drumherum auch irgendwo mal was Unironisches gibt. Das fehlt der Sendung aber völlig, und deshalb ist sie ein billiger und leerer Haufen Scheisse, verdaut aus Essen ohne Nährwert. Das liegt zum einen an der Makro-Ebene, wenn man schaut, was auf dem Sender sonst noch läuft, und zieht sich hinunter bis in die Mikro-Ebene, wenn es z.B. in der Moderation keinen einzigen ehrlich gemeinten Moment gibt.
Ich glaube nun nicht, dass das Abendland gerade untergeht, aber das Format zeigt einen hässlichen Zeitgeist. Denn „IBESHMHR“ ist wie „Ironisches T-Shirt-Tragen“ oder die Leute, die nur noch in die Disco gehen können, um dort ironischen Ausdruckstanz zu betreiben. (Und nicht merken, dass irgendwann nix mehr übrig bleiben könnte.) Ich gehe lieber einfach so tanzen und riskiere dabei die Verletzbarkeit, einfach so Spaß an der Bewegung zur Musik zu haben.
Also, Ihr Feiglinge von RTL: strengt Euch an und macht unironsiche Unterhaltung, das ist viel schwieriger, weil man zeigen muss, dass man für was steht. Auch in Fragen der Unterhaltung ist das nicht egal.
[quatsch dann doch jetzt mal gelöscht.]
@nona: Klar ist Kunst ein anderes Thema, für mich klangen Ihre Zeilen oben aber nun mal sehr explizit, als würden Sie alle Genres und jedes Bildmaterial mit den genannten Themen aus den von Ihnen nochmal beschriebenen Gründen einer Beschäftugung ausschließen wollen, als gäbe es nur eine Art der Wahrnehmung und nur eine Art der Suggestion solcher Motive, sorry. Und ich dachte halt gerade an Gemälde Carravagios oder Happeningkünstler aus den 1960er, die eben gerade dieses Zeugenschaft/Objekt-Spannung ausloten und darauf aufmerksam machen wollten. Fühlen Sie sich doch nicht gleich blöd angemacht. Ich wollte mich nur unterhalten.
Am meisten fällt mir bei den Kommentaren zur Dschungelshow (so ziemlich egal auf welcher Webseite) auf, dass die Kunst des Ignorierens für viele völlig abhanden gekommen ist, bis hin zur schnell geschwungenen Zensurkeule der Art „wieso befasst man sich überhaupt mit diesem Prekariatsmist? Weg damit! Nicht auch noch hier!“
Tut es der Gesellschaft wirklich so weh, wenn etliche für zwei Wochen pro Jahr Gefallen an dieser Show finden? Wenn man schon die Welt verbessern möchte, warum dann nicht an wichtigeren Stellen und besonders im tatsächlichen Alltag? Da gibt es selbst in den Medien tagein, tagaus viel Schlimmeres mit viel gruseligeren Persönlichkeitsverletzungen GEGEN den Willen der Beteiligten, und zahlreiche Shows, in denen die Protagonisten weitaus mehr Schaden erleiden.
Ich sehe den Dschungel gerne. Er hat im Vergleich zu früher nachgelassen, gerade da jetzt mehr Wert auf die „Schicksale“ der Kandidaten in ihrem sonstigen Leben gelegt wird, aber er ist unterhaltsam und bietet meiner Meinung nach immer noch die Möglichkeit, ihn als Karikatur des sonstigen Reality-Fernsehens zu sehen. Aber mehr als 2 Wochen pro Jahr dürfen es wirklich nicht sein, und ich stimme Herrn Haas zu: Vielleicht wäre jetzt ein Jahr Pause angebracht, bevor die Sarah Dingens-, Fiona- und Georgina-Anteile überhand nehmen und IBES tatsächlich kaum noch etwas anderes ist als der sonstige menschenverachtende Realityshow-Mist, wenn auch besser kommentiert.
190, Nasher
„Da gibt es selbst in den Medien tagein, tagaus viel Schlimmeres mit viel gruseligeren Persönlichkeitsverletzungen GEGEN den Willen der Beteiligten“
Sie würden sich wundern, wie häufig die Leute Einverständniserklärungen abgeben. Die Frage wäre nur, ob man trotzdem nicht die Notwendigkeit sieht, diese Beteiligten vor sich selbst zu schützen (ein wesentlicher Bestandteil redaktioneller Arbeit). Sonst könnten wir auch ironisch kommentiertes Zwergenwerfen durchwinken.
Muss man einen alkoholkranken Ex-Schauspieler vorführen? Muss man bei einer vielleicht nicht ganz so klugen Frau anmerken, sie könne etwas Hirn vertragen? Ich frage auch danach, mit welchen Vorgaben die Kandidaten ins Camp geschickt wurden. Ist es eine originäre Idee eines Kandidaten, seine Pornosucht oder seine Drogensucht zu offenbaren – oder hat man vom Sender aus im Vorfeld freundlich angestoßen?
Aber okay, das alles ist ja „handwerklich gut gemacht“, wird ja in den Moderationen „ironisch gebrochen“ und ist daher preiswürdig, sagt das Grimme-Institut.
Nochmal: von mir aus kann man diese Sendung schauen, warum auch nicht. Aber diese Glorifizierungen sind es, die ich befremdlich finde – die These, dass diese Sendung doch im Charakter ganz anders sei, die greift bei mir nicht so recht. Man gibt dem Trash einen etwas gehobeneren Anstrich, damit er besser verdaulich ist. Einer der maßgeblichen „Anstreicher“ wird dann mit einem Kuschel-Interview von einem der schärfsten Medienkritiker geehrt, vielleicht weil der irgendwann auch mal so dolle Moderationstexte verkaufen möchte, I don´t know und im Zweifelsfall war das jetzt von mir natürlich nur ironisch gemeint.
@nona: Sie haben völlig Recht, man kann und sollte in diesem Blog keine Antwort auf Fragen erwarten, da habe ich sicherlich zu naiv gedacht.
Also wenn der Niggi das Dschungelcamp (wäre „Jungle Camp“ oder „Dschungellager“ nicht irgendwie „intelligenter“) sooo prima findet, dann muss ich mich wohl oder übel mal darum bemühen hier wieder RTL & Co. auf den Schirm zu bekommen.
Und wenn ich einmal dabei bin: Morgen geh ich auch gleich los und abonnier die BILD. Die hat ja auch ab und an intelligente Spitzenunterhaltung im Programm. Mal abwarten, wann der Niggi auch das endlich begreift! Aber wird schon. Ich freu mich jedenfalls schon auf ein ähnlich tolles Interview mit dem Redakteur der täglichen – ach so unterhaltsamen – Tittenbildchen-„Artikel“.
theo, ich widerspreche Ihnen bezüglich der Vorführung der Kandidaten nicht. Genau die Punkte, die sie in Ihrem Post kritisiert haben, sind diejenigen, die mir selbst auch missfallen (das meinte ich mit den „Schicksalen“), und ich habe IBES seit Staffel 1 gesehen: In den frühen Jahren der Show wurde nicht so sehr oder gar nicht auf den (tatsächlichen oder angeblichen) Krankheiten und privaten Problemen der Kandidaten herumgeritten. Da hatte man sich mehr darauf verlassen, das Verhalten der Kandidaten im Camp selbst zu kommentieren, und das ist ja das, worauf sich die „Promis“ selbst eingelassen haben, denn die Grundvoraussetzung der Show ist ja die 24/7-Kamerabegleitung.
Vermutlich gibt es aber doch zu viele Zuschauer, denen die Aufgaben an sich im Dschungel und die Interaktion der Kandidaten nicht reichen. Je mehr Streit, umso besser, scheint es mir für viele zu heißen, und RTL sowie besonders die Boulevardmedien profitieren gegenseitig von der Aufmerksamkeit, die über entsprechende Schlagzeilen erreicht wird. Leider. Wie gesagt: Ich mag den Dschungel, weil er gut den Lagerkoller zeigt, den Menschen entwickeln, wenn sie zu nah aufeinanderhocken und im Zwiespalt zwischen Rücksichtnahme auf das Gruppenwohl und ihrem Egoismus sind (diesbezüglich sind mir einige Kandidaten in ihrer Egozentrik inzwischen zu extrem, weil sie jetzt wissen, dass sie mehr Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie möglichst viel Ärger im Camp bereiten. Das ist in den letzten Staffeln teils recht aufgesetzt gewesen). Auch finde ich es sehr interessant, wie selbstverständlich einige ihren Ekel überwinden, denn per se schlimm sind die Aufgaben in der Show nun wirklich nicht. Alles nur eine Kopfsache, die von unserer Gesellschaft etablierten Scheuklappen abzulegen.
@theo
Wo genau findet die statt, diese Glorifizierung? Hier? Muss ich verpasst haben.
@Linus: Und wie, wenn nicht Glorifizierung, würden Sie das nennen, einem Autoren eines Formats so ein Forum hier zu bieten? (Inklusive reiner Stichwortgeberei anstatt ordentlicher Fragetechnik)
Eine kritische Auseinandersetzung etwa?
Ich nenne das mindestens „Hofieren“.
Und die Nominierung durch die Grimme-Jury stellt ebenfalls eine Erhöhung dar.
„Zwei Seelen schlagen, ach, in meiner Brust, die eine will sich von der andren trennen. Du bist des einen Triebes nur bewusst, ach, lerne nie die andre Seite kennen.“ (JWvG)
Erfolgreich gescheitert sind die Anhänger des schönen Glaubens (sic!) an die menschliche Vernunft, die durch die Benutzung des Verstandes entstehen sollte, die Idee, dass Menschheit mit ihrem Verstande lernen könne, sich ein wenig vom triebgesteuerten Tiere abzusetzen. Dieser schöne Glaube, der vom Idealismus gezeugt wurde und dessen Mutter die Aufklärung war. Die Aufklärer sind gescheitert. Ihre Jünger brachten Totalitarismus und Zwangsbeglückung über die Völker. Sagen uns die Jesuiten.
Götter sterben, wenn niemand mehr an sie glaubt. Es betreten andere Götter die Spielstätte, denn geglaubt wird immer. Heute ist Gott „Markt“ der Allmächtige. Werbestrategen, Banker und Betriebswirte sind seine Hohen Priester. Hermes gewinnt gegen Ares und schickt ihn mit neuen Waffen, die ihm Marktforscher und Scriptschreiber geliefert haben, ins Feld.
(„Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein nur tierischer als jedes Tier zu sein.“ (JWvG))
Immer wenn ein Mensch die Sau raus lässt, kommen Anhänger der Markt-Religion, und sagen uns, dass das doch „menschlich“ sei. Sie haben die Hoffnung, dass Mensch sich in der Regel nicht tierisch verhalten möge, aufgegeben oder nie gehabt oder dem Kalkül geopfert, dass der triebhafte Mensch besser in die kapitalistische Konsumwelt passt. „Entbehren sollst Du, sollst entbehren.“, soll seine Devise nicht sein.
Vielleicht haben die ideologiefreien Anhänger des Marktes ja Recht, und die Erkenntnis, dass alles Biologie und Markt ist, ist ihre richtige Analyse aus annähernd 4000 Jahre währenden, misslungenen Versuchen, (bessere) Menschen zu machen. Trieb ist Evolution, ist unten und oben, gebiert Hierarchien und Arme und Reiche. Und alle steuernden Eingriffe, von Sozialstaat bis zu Energiewende-Gesetzen, bringen mehr Fehlentwicklungen hervor als sie Gutes bewirken.
Nur manchmal, da habe ich Zweifel an der Redlichkeit der Ideologiefreien. Wenn sie nämlich so tun, als seien sie keine Zyniker und wenn sie erklären, sie würden gewisse Fernsehformate nur machen, damit der gebildete Mensch seine niedren Bedürfnisse abreagieren kann…
@Ste: „Fühlen Sie sich doch nicht gleich blöd angemacht.“
Keine Sorge, ich fühle mich keineswegs blöd oder unblöd angemacht. Lediglich fehlinterpretiert.
@theo:
„Sie haben völlig Recht, man kann und sollte in diesem Blog keine Antwort auf Fragen erwarten, “
Das sollte man meistens eher nicht, hier oder anderswo. Überhaupt Erwartungen zu haben ist häufig keine gute Idee. Ich wollte allerdings auch lediglich zum Ausdruck gebracht haben, dass es von mir aus völlig okay ist, wenn er nicht auf einen Kommentar von mir eingeht, denn Reaktionen zu bekommen ist nicht meine Motivation zum Kommentieren. Ein Blogbetreiber kann in seinem Blog mit Fug und Recht tun und lassen was er will. Hätte ich ausgesprochen dringenden Kommunikationsbedarf, würde ich vermutlich einfach ’ne Mail schreiben. Umgekehrt dürfte das genauso gelten.
Hm, ich bin vielleicht nicht intellektuell genug für diese Debatte über selbstironische Brechung und symbolisches Irgendwas. Jedenfalls halte ich das Dschungelcamp in keiner Hinsicht für wichtig oder bedeutend (außer für RTL, vielleicht). Eine Quatschsendung. Und wenn auch der beste Gagschreiber und der ironischste Moderator dabei mitmachen, so bleibt es doch eine blöde Veranstaltung, eine Zumutung sowohl für die Insassen als auch für die Zuschauer. Dass beide Gruppen freiwillig dabei sind, macht die Sendung noch nicht besser. Die kreative Leistung beschränkt sich darauf, sich eklige Nahrungsmittel auszudenken.
Und hier lese ich, dass diese traurige Sache durch Ironie und flotte Sprüche zu kluger Fernsehunterhaltung wird. Ehrlich, ich raff’s nicht.
Dschungelcamp. Anstand. Ethik. Moral. So lange es noch solche Artikel – siehe Link – gibt, müssen wir nicht in diesen Kategorien über eine TV-Sendung diskutieren. So dreckig, schmierig, perfide, widerwärtig und heuchlerisch kann also Journalismus sein. Ich bin wirklich froh, dass ich nicht in der medialen Öffentlichkeit stehe und mich mit einem solchen Geschmeiß auseinandersetzen muss. Und die in diesem Blog mitlesenden Journalisten müssen sich anhand solcher Artikel nicht wundern, dass ihre Berufsgruppe in der Beliebtheit wirklich ganz unten angesiedelt ist.
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article113220656/Bruederle-Augstein-und-der-eigentliche-Skandal.html
@129: Brennt weniger als Sie denken, denn ich habe Hoffnung. Die wichtigsten Kennzahlen zu Grimme: pro Jahr 60 Nominierungen, davon knapp 20 Auszeichnungen, deren Preisträger (im Bereich Unterhaltung) zu 80% keine 3 Jahre im deutschen Fernsehen liefen, oder bereits zum Zeitpunkt der Verleihung abgesetzt worden waren. Ich denke dabei an „legendäre“Formate wie Wigald Bonings „WIB-Schaukel“. Es ging seinerzeit das Gerücht des „Grimme-Fluchs“ um. Bei IBES hoffe ich auf diesen Zauber…
Im Ernst: Wer den Schnarchladen der Grimmianer im fernen Marl kennt, der weiss um das Verhältnis von Nominierung und Auszeichnung. Die letzte Aufmerksamkeitsspitze, dieses Ladens besteht darin, die eigenen Ansprüche und Maßstäbe an Fernsehqualität mit einer „ach so frechen“ Nominierung für Privatfernsehen zu konterkarieren. Dass die Bude eine Gruft ist, weiss jeder spätestens dann, wenn er einmal 3 Stunden im Theater in Marl dabei war…
Was mich an Ihrem Artikel (der Teil einer breiten Berichterstattung ist) wirklich stört, ist der vermeintliche Qualitätsvermutungsaspekt, den Sie hier vollkommen unkritisch nähren. Seit Wochen vernebeln beispielsweise Springer und Gruner + Jahr das Format auf die gleiche Art und Weise. Hier werden die Moderationskartenschreiber zu „ironischen Autoren“ stilisiert oder die blamablen Auseinandersetzungen der Kandidaten zu komplexen Sozialstudien aufgebläht. Hier wird banalisiert durch Intellektualisierung dieses Formates. Serraro hat das in der SZ im Wesentlichen genauso beschrieben (Link @2).
Herr Niggemeier, diese Topoi bedienen Sie in ihrem Artikel auch. Da hätte ich mir weniger „buddy talk“ und mehr kritisches Hinterfragen gewünscht.
@ Dr. Chanel
Wie sagt man heutzutage: You made my day!
@Grimme-Fluch: „Roche und Böhmermann wurden abgesetzt…
da geht noch einiges !!!
„DSDS erzählt einem an der geistigen Behinderung grenzenden Dorfteenager, dass man ihn zum Star macht, wiewohl man ihn einfach ob seiner Unfähigkeit vorführt.
Das Dschungelcamp erzählt Medienprofis, dass man sich über sie lustig machen wird. Und das passiert dann auch. Jetzt klar?
“
Und im Falle des amtierenden Dschungelkönigs liegt zwischen beidem wie viel Zeit, um aus dem (ich bin da gnädiger) geistig Minderbemittelten einen Medienprofi zu machen?
Das Argument mit den Medienprofis ist ziemlich haltlos. Die Menschen waren schonmal im Fernsehen. Das macht sie aber nicht zu Medienprofis.
Der angesprochene Junge dachte wohl, dass die Sendung in Köln aufgezeichnet wird und auch der Berger kannte die Sendung nicht wirklich. Hier sollte dann doch klar werden, dass die Kandidaten nicht wissen, was sie erwartet.
Es soll einfach nur eine Ausrede gefunden werden, warum man sie wie Vieh behandeln darf (natürlich falsch, wenn man Vieh so behandelt gibt es mehr aufschrei) und auf sie herab blicken darf.
Viele Journalisten haben hier in meinen Augen jetzt jegliche Integrität verloren und wenn sie dann bei Bankern oder anderem wieder moralisieren wollen dann wird man es ihnen um die Ohren hauen.
Journalisten, die die Vorführung von vermeintlich (!) alkoholkranken, minderbemittelnden, bulemiekranken, alten usw hochloben haben ihren Beruf verfehlt und ihre Kritiken an Sendungen wie DSDS und Bauer sucht Frau verwirkt.
Und nebenbei die einzige ehemals elitäre Fernsehauszeichnung in Deutschland entwertet. Wenn mehr Leute in der Branche Eier hätten, hätten die schon längst ihre Preise zurückgegeben.
Das Grimme-Institut und die Unterhaltungskommission (unter anderem mit alten Bekannten des Hausherrens) haben dem Preis massiv geschadet und ihn in der öffentlichen Wahrnehmung auf Bambi-Niveau fallen gelassen. Ein Preis lebt von seiner Glaubwürdigkeit und auch vor allem von seinem Ansehen beim Publikum und b eides ist nun verloren gegangen, die Kommentare der Menschen über diese Entscheidung sind vernichtend.
Zumal ich eh nicht verstehe, warum das Institut nicht selbst den Preis vergibt, sondern Journalisten, die erfahrungsgemäß so viel übers Fernseh wissen wie Onkel Herbert, die Preisträger auswählen. Auch schön wie Hoff jetzt nachdem er die Sendung mit beim Grimme-Preis nominiert hat gut über Roche und Böhmermann schreibt…
@200, Danke für den Link. Guter Artikel von Posener.
Gibt es unter den Fans der Sendung welche, die abstreiten, dass dort aktuell z.B. Alkoholismus und Bulimie zum Gegenstand von jeden Tag auf’s Neue aufgebrühten Witzen gemacht werden? Ich halte das für einen Fakt.
Werden diese Witze besser dadurch, dass sie in ein Kleid aus allgemein spöttischer Grundhaltung gepackt werden? Oder ist dieses Kleid nicht vor diesem Hintergrund nur ein äußerst fadenscheiniges Deckmäntelchen, unter dem man genüsslich jede Geschmacklosigkeit hoffähig zu machen versucht?
Die „Insassen“ im Dschungel sind zu einem beträchtlichen Teil körperlich wie seelisch krank (Alkoholismus, Bulimie) oder leiden zumindest an tatsächlichem/empfundenem Defizit an medialer Aufmerksamkeitsdefizit oder haben schlicht und ergreifend Angst, vom Bildschirm zu verschwinden und vielleicht ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können.
Um dann nur wegen der (dann auch noch oft genug selbst in Abrede gestellten) „Prominenz“ einen grundsätzlichen Unterschied zu anderen Formaten, in denen Menschen vorgeführt werden, sehen zu wollen, scheint mir reichlich konstruiert. Aber wenn man den Texter gut kennt und mag und überhaupt…
Mike,
Hans Hoff gehört aus meiner Sicht inzwischen (leider) auch zu der Sorte Kritiker, die bevorzugt in einem Binärcode schreiben. Entweder ist etwas oder jemand ganz grausam oder ganz toll. Kann er weder das Eine oder das Andere von sich geben, wirken seine Artikel eher gelangweilt.
Hoff hat schon früher Böhmermann hofiert. In der November-Ausgabe des „journalist“ ist ein Interview abgedruckt, das an Servilität kaum zu toppen war und Leser des djv-Fachblattes nicht wenig verwundert hat.
Was die personelle Besetzung der „Unterhaltungs“-Jury betrifft: absurd.
@Mike: Sie haben Ihren Besuch hier im Keller schon wieder vergessen. Ich möchte darauf bestehen, dass der Grimme-Preis, wenn schon, nicht 2013 gestorben ist, sondern 2007.
(Könnt natürlich andererseits sein, dass die Leute, die sich nun im Moment seiner scheinbaren Zerstörung so sorgen um diesen bis-gerade-ach-so-edlen Preis, sich nie einen Dreck darum geschert haben, was er eigentlich ausgezeichnet hat.)
Da hab ich mich immer für einen kritischen links-liberalen Gutmenschen gehalten und jetzt kommt raus, dass ich bin in Wirklichkeit ein marktradikaler Zyniker bin. Das Dschungelcamp zerstört also nicht nur das Selbstbild der Teilnehmer sondern auch mein eigenes. Wenn das nicht großartiges Fernsehen ist, dann weiß ich es auch nicht.
Offenbar kann man sich vom Blogschreiber Themen und Haltung wünschen , dann wünsche ich mir was zum Thema Augsburger Allgemeine / Online-Forum / Durchsuchung / Klarnamen. Die Haltung bitte empört-kritisch.
Was ich noch nicht verstanden habe, wenn die Sendung komplett durchinszeniert ist, die Teilnehmer also nur Darsteller sind die Texte aufsagen, wieso ist sie dann ethisch verwerflich? Und wenn alles inszeniert ist was macht es dann unethischer als z.B. „Stromberg“?
Auch wenn es im Keller mangelnde Lichtversorgung gab, leuchtet mir immerncoh nicht ein wie ein Kindergeburtstag wie Extreme Activity vergleichbar ist mit dem Dschungelcamp. Dass es mit so einem Trashfernsehen, das die beiden stromlinenförmigen Sparkassen-Grinsberts machen, vergleichbar ist sehe ich ein, Elton vs Simon war auch mal nominiert und es ist schließlich 1:1 das gleiche Konzept (was übrigens auch wiederum geklaut ist, aber das gilt ja nun auch für Stromberg und Harald Schmidt, auch darüber haben sich schon mehrfach Menschen aufgeregt). Aber ich kann mich nicht erinnern, dass Jürgen von der Lippe ähnlich mit den Menschen umgegangen ist oder dass dort seine Hoden in Nahaufnahme und über Filter inszeniert worden.
Wir haben dann schlicht und ergreifend andere Meinungen. Sie werden den Grimme-Preis immernoch ernst nehmen, ich werde ihn unter Bambi verbuchen. Damit werden wir beide klar kommen, denke ich.
„Durchinszeniert“ ist wohl der falsche Ausdruck, da missverständlich. Tatsächlich müsst es „durchkomponiert“ heißen. Ich gehe davon aus, dass in den Vorgesprächen der Produktionsfirma mit den Kandidaten schon die ein oder andere Stelle im Leben ausgelotet wird, von der man gerne sehen würde, wenn diese im Dschungel zur Sprache kommt.
Entzieht sich jemand dieser Dramaturgie, wird er als „Langweiler“ (siehe Rainer Langhans) dargestellt.
Die Leute stehen 24 Stunden unter Beobachtung. Aus dem aufgezeichneten Material werden dann „Geschichten“ gesogen oder konstruiert. Bei den Einspielern dürfte es auch wenig Skrupel geben, zeitlich völlig unterschiedliche Begebenheiten als unmittelbar aufeinander folgend darzustellen. Bei Bohlens Show ist das ähnlich, nur manchmal so ungeschickt montiert, dass es auffällt.
Insgesamt haben die Kandidaten nur wenig Einfluss darauf, was gezeigt wird und wie sie „rüberkommen“. Klar ist bei alledem: die Produktionsfirma wird alles versuchen, die Dramaturgie zu pushen. Und bei RTL werden sie sich nicht dem Zufallsprinzip unterordnen. Was bedeutet: „in echt“ ist da vermutlich sehr viel weniger als mancher glaubt. So gibt es in jeder Staffel einen dummen Kerl, einen etwas lüsternen Kerl, eine Zicke, eine ausgleichende „Mama“ usw. – Zufälle, die das Drehbuch schreibt.
Das ethische „Problem“setzt eher an einem anderen Punkt an. Es geht darum, Leute auch vor sich selbst zu schützen. Das gilt für die vermeintliche und gern demonstrierte Doofheit eines jungen Mannes genauso wie für einen Promi, der als Suffkopp vorgeführt wird.
ich sehe das ethische Problem ( wenn auch vielleicht nicht primär im Zusammenhang mit Fernsehunterhaltung ), aber die Frage ist, wo fangen wir damit an, und wo hören wir auf ? Mündige Erwachsene vor sich selbst schützen zu können, das halte ich auf Dauer für eine Illusion.
Über das Verhältnis von Fernsehqualität und Grimme-Preis kann man lange, ausgiebig und ergebnislos debattieren.
Viel spannender finde ich die Frage, warum der Preis nicht den Mut hat, sich an objektive Qualitätskriterien heranzutrauen. Diese sind sicher nicht leichter auszuhandeln hätten aber konsequenterweise zur Folge, dass der Preis nicht jedes Jahr „zwangsverliehen“ werden muss. Es liegt in der Sache der Natur dass ein relativer Qualitätsbegriff, wie ihn das Grimme-Institut betreibt, den Qualitätsentwicklungen immer nur hinterherhinkt.
Es mehren sich die Berichte in der Presse, der Tod von Dirk Bach könnte eine Rolle bei der Nominierung gespielt haben.
http://www.welt.de/kultur/medien/article113220650/Warum-ist-das-Dschungelcamp-2013-preiswuerdig.html#disqus_thread
„Mehren“ im Sinne von: Erst waren es null, nun sind es 1?
“ Mündige Erwachsene vor sich selbst schützen zu können, das halte ich auf Dauer für eine Illusion.“
Richtig. Nur gilt das dann für die „Opfer“ in den zahllosen anderen Formaten von RTL auch. Ob das jetzt vorgesungen wird, ob die Kindererziehung in die Hände des Fernsehens gegeben wird oder die Partnersuche: Wir haben es im Regelfall mit mündigen Bürgern zu tun. Ob diese immer (noch) imstande sind, wie welche zu handeln, ist eine Frage, die bei „Laien“ wie bei „Profis“ gestellt werden muss – ohne dass ich einen Grund sehe, in seiner Ethik zwischen beiden zu unterscheiden.
Darüber hinaus:
Bei Wagner von der BILD, bei Helmut Berger: Jens Oliver Haas scheint in Alkoholismus wohl weniger eine Krankheit denn eine Steilvorlage für Häme zu sehen. Würde er die Krankheit sehen wollen, würden ihm vielleicht die Skrupel überkommen, die der Hausherr von allen anderen Medienschaffenden immer einfordert.
@116/Stefan Niggemeier
Ihre Empörung ist gut gespielt, aber Sie entlarven sich selber.
Wie kommen Sie darauf, dass ich die Leute im Dschungelcamp »verabscheue«?
Weil ich lesen kann und einige der von Ihnen offensichtlich durchgängig goutierten Moderatorenbeiträge gehört habe.
Die meisten habe ich vor der Sendung gar nicht gekannt
Wie definieren Sie „gekannt“?
… ein Großteil stammt aus genau den Formaten, in denen ich dieselben Leute Ihrer Unterstellung nach noch nicht verabscheut habe (konkret hier: DSDS, »Der Bachelor«, »Germany’s Next Topmodel«).
Wer denn zum Beispiel?
Ich bestreite, dass die Kandidaten bei IBES »entmenschlicht« werden; im Gegenteil: die meisten erscheinen menschlicher als je zuvor in der Öffentlichkeit.
Bestreiten können Sie viel. Wo liegen Ihre Argumente? Was läuft hier anders als bei DSDS oder Super-Talent? Was ist Ihre Definition von „menschlich“ erscheinen? Die Furzgeräusche auf der Toilette hören?
Es ist richtig, dass die Kandidaten als Objekte für Spott missbraucht werden; es ist aber auch richtig, dass die meisten an Sympathien gewinnen.
Jetzt werden sie also doch „missbraucht“? Was denn nun? Menschlich oder missbraucht? – Und: Sie verwechseln Mitleid mit Sympathie.
Leute, die vorher in der Öffentlichkeit nur als Karikaturen, eindimensionale Schablonen wahrgenommen wurden, bekommen plötzlich eine Persönlichkeit.
…die dann von den Moderatoren mit Häme wieder heruntergebrochen wird.
Und was ist das für eine Art, Leuten abzusprechen, dass »moralische Parameter« für sie eine Rolle spielen, nur weil sie nach Abwägung dieser moralischen Parameter zu einem anderen Ergebnis kommen als Sie?
Das haben Sie nicht verstanden. Ihre moralischen Parameter an sich sind mir egal. Ich konstatiere nur Ihre Doppelzüngigkeit. Hinzu kommt dann dieses Heranschmeißen, in dem Sie hier vollkommen kritikbefreit auf gleicher Augenhöhe herumschwadronieren.
@132/Linus
Mit Ihrer Lesekompetenz ist es nicht weit bestellt. Ich habe kein „Böse-Böse-Geschrei“ angestimmt. Und, Überraschung!, auch der „Untergang des Abendlandes“ droht nicht. Es ist aber erstaunlich, dass die besonders in diesem Blog extreme moralinsaure Berichterstattung in einem Punkt vollkommen ausgeblendet wird: beim Dschungelcamp. Das sind womöglich religiöse Emotionen, die man hier beleidigt. Dann wird nicht argumentiert, sondern unterstellt.
In den USA ist man weiter. Da wird das Pseudo-Ironisieren der medien wenigstens einmal befragt (s. hier. Kleine Kostprobe:
„The ironic life is certainly a provisional answer to the problems of too much comfort, too much history and too many choices, but it is my firm conviction that this mode of living is not viable and conceals within it many social and political risks. […] People may choose to continue hiding behind the ironic mantle, but this choice equals a surrender to commercial and political entities more than happy to act as parents for a self-infantilizing citizenry. So rather than scoffing at the hipster — a favorite hobby, especially of hipsters — determine whether the ashes of irony have settled on you as well. It takes little effort to dust them away.“
Ob die Grimme-Leute diesen Format nun ihren Preis geben, spielt übrigens tatsächlich keine Rolle mehr.
nun ja, diese „Opfer“ dürfen auch alle wählen, Auto fahren, Kinder zeugen, Rauchen, trinken, und so weiter.
Da dürfte die aktive Teilnahme am Unterhaltungsprogramm von RTL und Konsorten noch die vergleichsweise unproblematischste Form der gesellschaftlichen Teilhabe sein. Ihnen dann ausgerechnet das verbieten zu wollen, erscheint mir wenig zielführend…../Ironie
@Gregor Keuschnig
Ah ja, in USA ist man mal wieder weiter. ROFL. Hat hier nicht schon vor ca. 8 Jahren Harald Schmidt das Ende der Ironie konstatiert? Aber wenn’s aus USA kommt, muss es ja innovativ sein.
Ad Dschungelcamp etc.: Ja, da macht man sich über Leute lustig. Die wissen das in der Regel. So what?
Ganz interessantes Gespräch mit Grimme-Institutsleiter Uwe Kammann zum Thema, grad im Deutschlandfunk gehört:
http://www.dradio.de/aodflash/player.php?station=1&broadcast=196861&playtime=13595556
#220:
Danke für den Hinweis. Besonders interessant wird es ab 2´37″, wo Uwe Kammann sich an seinen eigenen, früheren Dschungel-Verriss nicht mehr erinnern kann (und beeindruckend, wie trocken ihn der Radiomoderator auflaufen lässt).
@Moritz:
Danke für den Interviewlink. Intelligente Moderatoren sind doch was sehr liebenswertes!
—
Schaut man sich die Liste der Nominierungen des Grimme-Preises an, so kann man leicht auf die Idee kommen, dass da programmgemäß jedes Jahr auch immer mindestens eine Nominierung aus dem (an sich wohl grottenschlechten!) Privatfernsehbereich dabei sein muss. Nur Öffentlich-Rechtliches scheint nicht zu gehen. Also nimmt man dann eben einfach für eine Nominierung das Beste, welches man auf dem Privatsektor habhaft werden kann. Und was für eine Pleite: „Das Dschungelcamp“ als Spitze der Unterhaltungskultur bei RTL! Da lachen doch die Hühner!
OK. Das erklärt noch nicht, warum der Herr Niggemeier ein in vielerlei Hinsicht missratenes Interview hier reinstellt. Aber da tippe ich mal auf so eine Art Zweitverwertung – Vielleicht wars einfach übrig aus ’ner Recherche für ein Qualitätsmedium? Oder SN versinkt langsam in dem Sumpf, den er untersuchen wollte.
Oder er hat eine Schwäche für derlei Trash und findet es WIRKLICH toll. Immerhin engagiert er sich ja auch für andere zweifelhafte B- und C-Promi Events. Z.B. den ESC.
Wer weiss, wer weiss …
@Dexter: Ja, das ist bislang die plausibelste Erklärung, warum die Kommission „Ich bin ein Star…“ nominiert hat, noch knapp vor der der „Welt“, dass der Tod von Dirk Bach ausgezeichnet werden sollte: Weil immer mindestens eine Produktion eines Privatsenders nominiert werden muss. Darum also hat man also zusätzlich zu Stuckrad-Barre (Tele 5) und Joko gegen Klaas (Pro Sieben) noch den Dschungel nominiert.
Was spricht bei 3 Nominierungen aus dem Privatsektor gegen 48 Nominierungen aus dem OR gegen meine „Quotenvermutung“?
Zumal 2 der 3 privat finanzierten Shows (Stuckrad-Barre und Joko/Klaas) ihre konzeptionellen Wurzeln ja beim ÖR haben.
Ich hab da noch eine Frage:
Was ist das „Dschungelcamp“ denn für dich? Ist das für sich wirklich „gute“ Unterhaltung? Wie ist sowas im gesellschaftlichen Kontext zu betrachten? Ist das für dich wünschenswert und förderwürdig? Kannst du dir das (auch) zu deinem eigenen Vergnügen anschauen?
Es wäre wirklich schön, einen Blogbeitrag von dir direkt zu dieser Sendung zu lesen. Du siehst ja. Große Teile deiner Leser lässt das Interview ratlos zurück.
„Es wäre wirklich schön, einen Blogbeitrag von dir direkt zu dieser Sendung zu lesen. “
Nein, danke, davon gab es hier schon mehr als genug.
@kasuppe:
OK. Ich hab auch jetzt erst #19 gesehen. Naja, ich fange an zu verstehen, was sie mit „nein, danke“ meinen.
@chico #95:
So kanns gehen: SN hat ja auf Stuckrad-Barre hingewiesen, was mich über kurz oder lang zu Herlinde Koelbl führte, in deren „Die Meute …“ Werner Sonne Staements gibt, was mich wiederum auf Wolfgang Menge stoßen lies, was schnell – jetzt kommen wir zum Ende – zu dem von ihnen empfohlenen Film mit dem gemeinhin unterschätzten Hallervorden führt.
Der Film scheint interessant (um in dem Kontext hier nicht das Wort „unterhaltsam“ gebrauchen zu müssen). Zu meiner Schande hab ich den bislang nicht gekannt.
Dank also nochmal für den Hinweis.
Ich finde das Dschungelcamp ja prima, und ich freue mich auch über die Nominierung für den Grimmepreis. Anders als zum Beispiel DSDS ist das Dschungelcamp keine Mogelpackung: Es verspricht niemandem, er werde groß rauskommen. Die Moderationen sind spritziger als das übliche politische Kabarett. Und wer als Zuschauer nur ein bisschen Grips im Kopf hat, wird sich weniger über die Insassen erheben als sich vielmehr die Frage stellen: Das, was die da in dem Camp von sich zeigen – könnte es sein, dass ich mich da mitunter selbst in meinen peinlichen Momenten wiederentdecke? Zum Beispiel, wenn es um die Diskrepanz zwischen Selbstbild und Fremdbild geht.
Gerade deshalb halte ich das Camp für Aufklärungsfernsehen und große Unterhaltung in einem. Gibt es viel zu selten im TV.
@Dexter, 224: Sie sind da auf ZDF Propaganda hereingefallen. Dabei ging es aber auch um neoparadise und nicht um „Das Duell“. Es sollte uns verkauft werden, dass Joko und Klaas ja ein Original ÖR-Produkt sind. Dass die beiden mitsamt Konzept von einem Privatsender (MTV und einer von beiden war davor bei Viva) gekauft sind wurde unter den Tisch fallen gelassen. MTV Home->neoparadise->Circus Halligalli. Das ZDF hat also keine Sendung aufgebaut, die dann von den bösen Privatsendern gekauft wurde. Das zeigt aber auch die Verblendung mit welcher ZDF Menschen durch die Welt ziehen.
Diese Duellshow hatte auch nie etwas mit ÖR Fernsehen zu tun. Die ist von Elton vs Simon zusammengeklaut, was wiederum auch ein Plagiat ist. Der Flop „Ahnungslos“ der beiden ist übrigens die Kopie der Mario Barth Sendung „keine ahnung“, die auf dem US-Konzept „Oblivious“basiert.
Man hätte auch von dt. Medienjournalisten mal erwarten können zdfneo kritisch zu betrachten und nicht blind hochzujubeln. Es war nämlich nie eine Brusttätte von tollen Formaten oder Moderatoren. Alles vorher schon dagewesen, nur zusammengekauft. Sarah Kuttner ist das gleiche Beispiel. zdfneo war insgesamt nur eine Versammlung von zu recht gescheiterten Ex-Musikfernsehmoderatoren.
Eine wirkliche Neuerung wäre ein komletter Senderneustart gewesen wie es ihn beispielsweise mit Viva, Viva2 oder Vivaplus gab (gut war da weniges, aber es war wirklich etwas Neues). Da hätte es dann auch neue Gesichter gegeben. Die Mehrzahl der zdfneo Moderatoren machen seit fast einem Jahrzehnt Fernsehen, manche sogar länger.
@mike:
Ist mir ja bekannt, dass die vorher schon Shows hatten. Und das es bei Pro7 ein neues Konzept gibt.
Aber sie stimmen doch sicher zu, dass dieses Moderatorenduo erst durch die Show auf ZDFneo einem breiteren Zuschauerkreis bekannt geworden ist.
Und bzgl. meiner Grimme-GmbH-Quotenbehauptung ist es auch nur relevant, wie das der durchschnittliche Zuschauer wahrnimmt. Von daher …
Noch eine Anmerkung: Ich fand die Affen auf ZDFneo schon unerträglich ununterhaltsam. ZDF hätte da mit mir da insofern ein schlechtes Propagandaopfer gefunden …
Nein, da würde ich nicht zustimmen. Selbst für zdfneo Verhältnisse hatten sie miese Einschaltquoten. Die lagen zum Großteil unter 100.000, andere Formate dort schafften ein Nehrfaches. Bekannt geworden sind beide durch ihre Vielzahl an Werbeverträgen und eine Vielzahl von Shows, vor allem auf Pro7, aber auch Silvestergalas im ZDF Hauptprogramm. Nicht umsonst sind viele Leute von der Dauerpräsenz, die an Unheillig erinnerte, immernoch genervt. Dazu noch, dass irgendwer sie als Retter des Fernsehens auserkoren hatte und dementsprechend ein Medienhype losgetreten wurde, der in keinem Verhältnis zu ihrer Relevanz stand/steht. Aber da stehen sie dann mit ihrem Mit-Nominierten Aarton Trotksche in einer Reihe.
(Das einzige Mal, dass neoparadise Schlagzeilen schrieb, war als sich beide als Busengrabscher und Vergewaltigungswitzereißer outeten. In der Sendung kommt ja nicht mehr als Pupsspray und „Rangeln“vor)
Der Propagandavorwurf galt mehr dem ZDF als dass ich Sie damit angreifen wollte.
@Dexter: „Die Affen“?
@Stefan Niggemeier
Ja. „Die Affen“. Wenn ich mich recht erinnere, wurden sie in ihrer eigenen Sendung so vorgestellt – Im Intro der ersten Sendung „neoparadise“. Von (deinem Freund ?) Oliver Kalkhofe.
Ich fand, er hat das folgende überaus passend portraitiert. Sehr ironisch diese Vorstellung dort. Kann man sich die Ironie beim Dschungelcamp ähnlich vorstellen?
http://www.youtube.com/watch?v=BkY-GcQ6bNc
(ah.ja, „Coco und Nuss“)
@mike:
Ich hab das alles nur mit sehr, sehr wenig Aufmerksamkeit verfolgt. Ich dachte die Werbeverträge kamen in der (logischen) Folge ihres Erfolges beim ZDF.
Was haben die denn jetzt so für Einschaltquoten?
rog, 227
(„Gerade deshalb halte ich das Camp für Aufklärungsfernsehen und große Unterhaltung in einem“)
Demnächt noch das Prädikat „wertvoll“, man sollte da glatt mal über eine staatliche Produktionsförderung nachdenken.
@234, Theo: Wird wohl nicht nötig sein, da es sich hier um einen der seltenen Fälle handelt, in denen Pubilkumsinteresse und Qualität gleichermaßen hoch sind. Leider war dieser Erfolg ja anderen tollen Programmen wie zum Beispiel den Serien „Im Angesicht des Verbrechens”, „Six feet under” und „Battlestar Galactica” nicht vergönnt – zumindest im deutschen Fernsehen.
Umso mehr freue ich mich darüber, dass es mal ein außergewöhnlich intelligentes Format wie das Dschungelcamp zu hohen Einschaltquoten bringt. Im Ernst. Das deutsche Fernsehprogramm ist sonst fade genug.
@227 Aufklärungsfernsehen kam mir in 30 Jahren Fernsehkomsum nur äußerst selten unter. Dass IBES dazu gehören soll, halte ich entweder für einen Irrtum, oder ich unterstelle Ihnen einen äußerst inflationären Aufklärungsbegriff.
Bei dem Konzept unterscheide ich nach Schauwert und Zustandekommen desselben. Auf der Ebene Schauwert hat das Format einen enormen Reiz aufgrund seiner dokumentarischen Komponente. Die Prüfungen sind eine Ausnahme, da sie deutlich weniger dokumentarisch wirken aufgrund ihres höheren Inszenierungsgrades. Zum Teil werden hier pornographische Topoi eingesetzt. Andere Baustelle.
Das Zustandekommen des dokumentarischen Schauwertes ist bedingt durch die Hoffnung bzw. Bedürftigkeit/Not der Prominenten. Sonst käme das Setting gar nicht zu Stande. Das ist als Konzept aus ethischer Sicht fragwürdig. Wenn Haas auf Niggemeiers Frage hin, was denn einen guten Kandidaten ausmache antwortet, dann klingt das nach Zynismus. Das hat weder was mit Aufklärung noch mit guter Unterhaltung zu tun.
Wenn das deutsche Fernsehen, gleich aus welchen Ressourcen es sich speist, Eier in der Hose hätte, dann würde es sich der Menschen für derartige Formate bedienen, die es nicht nötig haben daran teilzunehmen. Dann würde jener Sender 10 Millionen investieren…Schwachsinn…50 Millionen und eine Riege von A-Promis kaufen. Sperrt Jauch und Plasberg auf den BER in ein Terminal und lasst sie Sprinkleranlagen tauschen, führt Bohlen und Klum in die Asse auf dass sie Fässer stapeln. Das ist große Unterhaltung!!! Nicht dieses schmierig kleingeistige Tuscheln vor der Glotze wenn ein ehemaliger Volksmusiker am Wasserloch in Australien einen feuchten Furz fahren lässt. Dieses Format sagt auch was über das Format seiner Zuschauer aus.
Hört, hört, pornographisch Topoi.
@rog: Vollständige Zustimmung.
@236, Dr.Chanel: Mich klärt diese Show unter anderem darüber auf, wie schnell Menschen einer bestimmten Gruppendynamik unterliegen. Dabei lerne ich durchaus auch was über mich selbst.
Dass eine Sendung pornografisch ist, wie Sie zu bedenken geben, muss in meinen Augen noch nichts Schlechtes sein.
Selbst Stanley Kubrick hat sich über viele Jahre mit dem Gedanken getragen, einen pornografischen Film zu drehen – auch wenn er die Idee am Ende wieder verwarf.
„Battlestar Galactica“ als herausragende Serie? Nun gut. ;-)
Was den Dschungel betrifft, rog, so gehen Sie offenbar immer noch davon aus, dass das, was Ihnen gezeigt wird, ein Abbild der gelebten Realität im Camp ist.
@239, Theo: Doch, die Neuauflage von Battlestar Galactica hat mich mitunter an die besten Kurzgeschichten von Philip K. Dick erinnert.
Natürlich bildet das Camp die Realität nicht eins zu eins ab. Das schafft keine Doku, kein Zeugenbericht bei der Polizei und keine Dschungelshow. Oder glauben Sie, dass sich die Dokumentarfilme von Werner Herzog genau an die von ihm erlebte Realität halten?
#238
Sagt er ja auch nicht. Sondern nur, dass das Show-Element „Prüfung“ anders gebaut ist als der Rest.
Wie jetzt? Ich dachte, das Tolle an der Show sei ja gerade, dass man nichts davon ernst nehmen müsse. Das war dann wohl eine Falschinformation.
#240
Werner Herzog ist meiner Kenntnis nach bislang noch immer ohne überspanntes Moderatorenduo ausgekommen.
Aber vielleicht hat er sich ja schon mit dem Gedanken getragen und die Idee am Ende wieder verworfen, wer weiß das schon.
@241, Am Fenster: Dann sage ich es noch mal anders: Selbst ein Dokumentarfilmer kommt nicht ohne Inszenierung aus, spätestens dann, wenn er sein Material zusammenschneidet, rafft und gegebenenfalls mit Musik unterlegt.
Ansonsten sieht es so aus, als ob Ihnen das Camp missfällt, während ich es mag. Ist doch prima so.
Also würde auch eine fiktive Gruppendynamik ausreichen, Ihnen zu mehr Selbsterkenntnis zu verhelfen und bekäme den Stempel Aufklärungsfernsehen.
Diese Karnevals-Session ist kurz, sagen die Jecken im Rheinland, aber heftig. ;-)
@243, Theo: Fiktive Gruppendynamik? Immer her damit, wenn sie gut inszeniert ist. Genau deshalb habe ich damals den großen Familienroman „Die Korrekturen” von Jonathan Franzen mit Genuss und Gewinn verschlungen.
#242
Das ist schon klar, aber in einem Dokumentarfilm tanzt nach einer besonders kunstvoll montierten Sequenz eher selten einer durchs Bild und sagt „Hihi, alles nicht so gemeint“.
Letzteres kann man machen, aber ich sehe nicht, wo sich da noch ein dokumentarischer Anspruch aufrechterhalten ließe, so es ihn denn tatsächlich gäbe.
Am Fenster: Sie versuchen es hier wohl gerade mit einem schönen rhetorischen Trick. Nicht ich habe behauptet, das Dschungelcamp erhebe dokumentarische Ansprüche. Mir wurde vielmehr unterstellt, ich würde denken, dass es diese Ansprüche erhebt. Daraufhin erklärte ich, dass es nicht einmal einer Dokumentation gelingt, die Realität eins zu eins abzubilden.
Noch mal in anderen Worten: Ich kann mich nicht erinnern, dass die Produzenten des Camps jemals behauptet haben, sie würden einen Dokumentarfilm drehen. Wer ihnen also vorwirft, dass sie keinen Dokumentarfilm drehen, der kann ihnen genau so gut vorwerfen, dass sie keinen Science-Fiction-Film drehen. Das Camp bewegt sich weder im einen noch im anderen Genre.
Woher kommt das eigentlich, dass man Leuten vorschreiben will, was sie gefälligst scheiße zu finden haben? Was ist das? Was soll das?
Wenn einer Dieter Bohlens Musik toll findet, kann ich lachen, ihm einen schlechten Geschmack unterstellen oder sonstwas. Aber zu sagen, das darfst Du nicht gutfinden, das ist pfui, das ist ekelhaft, das ist menschenverachtend? Und wo hört das auf? Darf ich noch frei wählen, was ich für Socken trage? Oder kommt dann auch die Meinungspolizei und informiert mich, dass Karo mal so gar nicht geht und ich um Gottes willen bitte diese Socken verbrennen soll?
@Linus: Ihre ersten drei Fragen sind mir im Verlauf dieser Diskussion auch schon in den Sinn gekommen.
Spätestens während meines Studiums durfte ich lernen: Menschen können andere Musik mögen als ich, andere Filme und andere Bücher – und trotzdem oder gerade deshalb meine Freunde sein.
#246
Stimmt, da haben Sie recht. Entschuldigung.
@Am Fenster: Gern angenommen! Finde ich ernsthaft prima, dass Sie einen Fehler eingestehen.
In der Hitze der Diskussion ein bisschen den Überblick verloren, passiert manchmal ;)
Nachdem mir vorgeworfen worden war – entweder persönlich oder im Subtext -, dass ich über etwas urteile, was ich gar nicht kenne, habe ich in verschiedenen Medien recherchiert. Nein, ich habe mir immernochkeine Staffel oder auch nur eine einzige Sendung angesehen.
Aber jetzt kann ich das vielleicht besser begründen: Ich WILL keine Sendung sehen, wo Menschen dazu gebracht werden, überaus eklige Dinge zu tun, die sie von sich aus nicht tun wollen. Ich würde mir auch keinen Porno ansehen, wo Menschen Sperma essen, auch wenn sie genau darauf unheimlich stehen.
Wem das egal ist, bitte. Aber so absonderlich finde ich meine Einstellung nicht. Für den einen ist das oben beschriebene womöglich ein Kollateralschaden des psychologischen Mehrwertes oder der subversieven Ironie, für andere ein Ausschlusskriterien.
Und für alle die, die meinen, man müsse sich das erst ansehen bzw. sogar eine ganze Staffel ansehen, bevor man sich ein (ethisch/ästhetisches) Urteil bilden darf, frage ich: Muss man jetzt bei den Neo-Nazis eintreten, bevor man sich ein Urteil bilden oder es ablehnen darf?
@Chico #252: Nein, sonst würden wir ja forden, dass Sie eine Staffel mitmachen müssten.
@Chico: Natürlich müssen Sie nicht bei den Neonazis eintreten. Aber es hilft, sich genau über ihre Ziele und Methoden zu informieren und ihnen mal bei einer ihrer Agitprop-Aktionen zuzuschauen, wenn man sich ein fundiertes Urteil über sie bilden will.
@chico
Wie haben Sie sich denn Ihr Urteil über Neo-Nazis gebildet? Indem Sie sich Fotos angeguckt haben und festgestellt haben, dass die doofe Frisuren haben? Oder haben Sie irgendwo gelesen, dass die doof sein sollen? Hmm?
Und niemand zwingt Sie, sich Sendungen anzuschauen, bei denen Sie schon vom Hörensagen in Ohnmacht fallen. Aber dann ersparen Sie doch bitte dem Rest der Welt Ihre Belehrungen darüber, ob man das gut finden darf oder nicht. Egal, für wie absonderlich Sie sich zu halten glauben.
Neo-Nazis glauben im übrigen auch, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen und wollen nun andere dazu zwingen, das auf Teufel komm raus genauso zu sehen. Gerade das macht sie ja so doof.
@rog – Hab‘ ich doch gesagt, dass ich mich informiert habe. Manche Dinge kann man evtuell durchaus gut finden (jetzt rede ich NUR vom Dschungelcamp), aber es gibt hoffentlich für jeden Menschen eine Grenze, wo etwas nicht akzeptabel ist. Diese Grenze kann natürlich von Mensch zu Mensch verschieden sein. Eine meiner Grenzen habe ich oben beschrieben.
(Linus könnte ich das gleiche sagen, aber manche Leute soll man nicht füttern ;-))
Gute Nacht.
@Chico
Sie haben recht, ich informier mich auch grundsätzlich lieber bei Sekundär und Tertiär-Quellen. Ich lass mir ja auch regelmäßig von der Bild-Zeitung sagen, was ich gut zu finden habe und wo meine Grenze überschritten ist.
Ich habe diese sieben, acht laufenden Meter an Diskussionsstoff, interessanten Meinungen und Schlagabtausch so gut es ging überflogen. Bis mir leider irgendwann schwindelig wurde.
Was mir, bevor es um mich geschehen war, aufgefallen ist, steht hier: Ich glaube, Debatten wie diese sind immer dann gefährdet ins Leere zu laufen, wenn man der Auffassung ist, die ursprüngliche(!) und somit maßgebliche Sympathie oder Antipathie eines Zuschauers gegenüber dem Dschungelcamp ließen sich irgendwie begründen.
Das lassen sie sich nämlich nicht. Zumindest nicht mit den Mitteln und der Sprache des alltäglichen Diskurses.
Wenn ich etwas Neuem begegne, bemerke ich sehr zügig, ob es mir gefällt oder nicht. Erst danach suche ich aber – sofern überhaupt dazu herausgefordert – nach Gründen, die meine Faszination erklären oder ggf. sogar rechtfertigen können.
Dieser Prozess ist aber dann frei für jegliche Eigendynamik, die Betrachtung von verschiedenen Ebenen. Ein Streitgespräch verselbstständigt sich in rhetorischen Spielchen und verliert also mit jedem Argument, das einem für seine längst definierte Ansicht noch einfällt, mehr und mehr den Bezug zum ursprünglichen Interesse.
Deshalb finde ich es irrsinnig, hier beispielsweise „AUCH NUR EINEN“, ja wirklich „NUR EINEN GRUND“ einzufordern, warum man das Dschungelcamp gucken sollte. Es gibt keine Gründe in diesem Sinne dafür. Entweder es gefällt einem – oder nicht. Die Waffen der Legitimation müssen dann erst noch entwickelt werden.
Und da sind die Gegner dieser Sendung natürlich zunächst im Vorteil, was das akquirieren von Kritikpunkten angeht. Da liegt einem wirklich alles zu Füßen. Aber auch die Liebhaber dieser Sendung scheinen im Verlauf dieser Diskussion außerordentlich kreativ zu werden:
Hier wird angedeutet, dass man zuvorderst mit philosophischem Ehrgeiz die Kategorien der Ethik überdacht und – für die Belange des Dschungelcamps entsprechend im Positiven – neu ausgelegt hat. Dort wird die Existenz der Show als Katalysator für den Untergang des Abendlandes angeführt. Come on…
…als wenn derartige Gedankenkonstrukte über einen Menschen regierten, wenn er vor dem Fernsehgerät sitzt.
Ich bin seit dem Grundschulalter Vegetarier. Das brächte mich bei den gegenwärtig häufigen Diskussionen über Ernährungsgewohnheiten in die vorzügliche Verhandlungsposition, richtig schön einen vom Stapel zu lassen: Die armen Tiere, die böse Massenhaltung, die 15000 Liter Wasser für ein Kilo Rind, die armen Bauern, das schöne Getreide etc.
Ich stolpere da häufig drüber, vermeide es aber ganz bewusst von diesen Argumenten Gebrauch zu machen. Weil es gelogen wäre, solange es um meine Subjektivität geht. Die Argumente gibt es dennoch – und sie sind wichtig. Ich müsste sie aber erst genauso verinnerlichen und respektieren wie ein Fleischesser auch, doch bis dato haben sie nichts mit mir und der Begründung meines Essverhaltens zu tun.
Ich verzichte nicht auf LEBERWURST wegen der Treibhausgase. Ich verzichte auf LEBERWURST, weil sie mich anwidert. Ich brauche nur dieses Wort zu hören und empfinde nichts als Ekel. LEBERWURST! Kann mir jemand nur einen Grund nennen, warum ich so etwas essen sollte? Sagt mir aber nicht, dass es schmeckt, weil es schmeckte mir nämlich nicht. Und denkt bei der kreativen Beweisführung bitte auch an die Antibiotika in der Tiernahrung und dass Bio-Schweine denselben Bolzen zu spüren bekommen wie die armen Säue aus den Slums und sie alle danach tot sind. Dass es in der Natur des Menschen liegen würde gilt auch nicht, weil wir ja alle von den Bäumen geklettert sind, um auf diesem Blog zu debattieren und wir die Chance haben, unser Verhalten zu überdenken. Isst jemand von Euch Leberwurst?
Und wenn das Dschungelcamp also eine LEBERWURST ist, dann finden es halt einige Leute geil und andere richtig abstoßend. Nichts polarisiert wie das Dschungelcamp und die Leberwurst. Aber die Gründe, die wir dafür suchen, sind nicht die richtigen. Seien wir ehrlich, ein Mensch ist nicht immer das, was man von ihm denken könnte.
@ Sørensen
Guter Punkt, der bisher seltsamerweise ja noch gar nicht angebracht wurde:
Dschungelcamp, Leberwurst
… leider geil
@247: „Woher kommt das eigentlich, dass man Leuten vorschreiben will, was sie gefälligst scheiße zu finden haben? “
Das kommt daher, dass es noch Menschen gibt, denen die Kultur einer Gesellschaft nicht völlig egal ist. So, wie ich Ihre Beschwerde über geäußerte Kritik verstehe, müsste man auch öffentliche Hinrichtungen tolerieren: Ist doch alles okay, solange die Leute ihren Spaß dran haben. Oder wenn Sie sich bei meinem Vergleich daran stören, dass die Hingerichteten womöglich nicht einverstanden wären mit diesem Showformat: Dann nehmen Sie halt öffentliche Selbstmorde mit Einverständnis aller Beteiligten. Auch in Ordnung? Wem’s gefällt!
@Sørensen:
„Dschungelcamp“ ist etwas gemachtes, dessen Erzeugung systematisch einer bestimmten Motivation folgt. Leider ist diese Motivation nicht darauf gerichtet, die Zuschauer zu bilden oder aufzuklären oder sonstwie voranzubringen. Die Motivation ist schlicht, Profit (Werbeeinnahmen) zu erzielen – Egal mit welchen Mitteln und Nebenwirkungen. Der kulturell-ethische Impakt ist völlig(!) nebensächlich. (Auch wenn der Texter-Kumpel von SN aus seiner konkreten Position im Spiel heraus wahrscheinlich etwas anderes behaupten würde).
Während LEBERWURST einfach Leberwurst ist.
Sie plädieren löblicherweise für Toleranz. Propagieren aber im Grunde, die uns umgebenden Zustände und Entwicklungen schlicht nicht zu reflektieren. Gefährlich dumm!
Eine Diskussion kann dabei helfen, Argumente für eigene, _bewusste_ Entscheidungen oberhalb des Vorschulalters zu treffen.
Wenn z.B. jemand nur stark genug darüber nachdenkt, kann es passieren, das ihm Zigaretten plötzlich nicht mehr schmecken oder Getränke mit 12% Zuckeranteil oder, oder, oder (viele andere Sachen, die NUR DESHALB in der Welt sind, weil jemand primär Geld damit verdienen will)
BTW: Einer meiner besten Freunde war seit dem Grundschulalter Vegetarier (scheint wohl häufiger vorzukommen als man meint!). Ist aber mittlerweile zum Fleischesser geworden. Das Industriemasthähnchen am Fastfood-Grillstand hat wohl olfaktorisch zu heftig an seine „niederen“ Triebe appelliert …
@Blunt
Och Gottchen, man kann das ganze auch n klein wenig niedriger hängen, oder? Finden Sie nicht?
Im Übrigen tu ich mich schwer damit, wenn einzelne definieren wollen, was denn nun die Kultur einer Gesellschaft ist. Besonders wenn der Definierende lediglich seine eigene Sichtweise zugrundelegt und seine Maxime zur allein selig machenden erklärt. Sie ziehen Parallelen vom Dschungelcamp zur öffentlichen Hinrichtung, oder halt nein, soviel Differenzierung muss ja sein, zum öffentlichen Selbstmord. Prima, sei Ihnen unbenommen. Bitte beachte Sie dabei aber, dass es dazu durchaus andere Sichtweisen gibt. Die Sie (und im Verlaufe der Diskussion hier auch andere) aber nicht akzeptieren wollen. Und damit erheben Sie sich über andere. Und das lediglich auf Basis von, ja was eigentlich, leeren Behauptungen.
@Blunt: Im Dschungelcamp wird keiner hingerichtet und es gibt dort auch keinen öffentlichen Selbstmord. Meine Güte. Um das schöne Beispiel von Sörensen aufzugreifen: Nur weil manche Leute gerne Leberwurst essen, brauchen wir nicht davon auszugehen, dass Liebhaber von Babywurst demnächst auch legal auf ihre Kosten kommen. Himmel, ich sehe ja durchaus die moralischen Probleme, die das Format aufweist. aber muss man eigentlich immer gleich so übertreiben?
@inga
Nur weil manche Leute gerne Leberwurst essen, brauchen wir nicht davon auszugehen, dass Liebhaber von Babywurst demnächst auch legal auf ihre Kosten kommen.
Kalbsleberwurst, anybody?
@Linus: Wer sagt, dass ich die anderen Sichtweisen nicht akzeptieren will? Sie sind es doch selbst, die andere Sichtweisen nicht ganz entspannt als solche wahrnehmen, sondern als ein „Vorschreiben“, was man „gefälligst scheiße“ zu finden habe.
Weder erhebe ich mich über andere noch definiere ich, was die Kultur einer Gesellschaft ist. Ich trete aber dafür ein, dass diese Gesellschaft einen kritischen Diskurs über ihre Kultur zulässt. Dass dieser Diskurs immer von individuellen Sichtweisen und Wertevorstellungen geprägt ist, liegt auf der Hand: Das macht ihn für den einzelnen vielleicht auch anstrengend, ändert aber nichts an seiner Berechtigung.
Sie dürfen die Sendung sehen und sie gut finden, ich darf dafür mein kulturelles Unbehagen darüber äußern: Das hat nichts mit Vorschreiben zu tun, sondern mit Meinungsfreiheit.
Glaubt eigentlich jemand von den Fans des Dschungelcamps, dass die „Kandidaten“, die da mitmachen, auch Känguruh-Hoden, Maden und ähnlich ekliges Zeug essen würden, wenn sie nicht das Geld brauchen würden? Und inwiefern unterscheidet sich das von ukrainischen Prostituierten, die hier irgendwelchen Koksnasen gefällig sind, weil sie nicht wissen, wie sie sonst ihre Familien durchbringen?
Man nennt das Zwangsprostitution. Wieso sowas plötzlich respektabel, ironisch und sogar preiswürdig sein soll, verstehe ich überhaupt nicht.
@inga: Mit ein bisschen gutem Willen, müssten Sie doch eigentlich sehen, dass ich mit dem Beispiel bewusst ein Extrem gewählt habe: um zu zeigen, dass es eben sehr wohl eine Berechtigung gibt, über Werte und ästhetische Fragen zu streiten. Manchmal sind Übertreibungen hilfreich, ich denke da z.B. an den sehr erhellenden Film „Das Millionenspiel“ von 1970.
@Kati:
Der unterschied: Zwangsprostituierte machen das nicht wegen dem Geld, sondern weil sie anderweitig dazu _gezwungen_ werden (bspw. mit dem Leben bedroht).Insofern ist das also schon was anderes.
Aber mit gewöhnlicher Prostitution und anderen Formen entfremdeter Lohnarbeit ist das natürlich schon zu vergleichen.
@Blunt
Entschuldigung, Sie treten hier mit einer Grundhypothese an, die Sie gerne bestätigt sehen wollen. Und schreien laut rum, wenn man Ihnen den Gefallen nicht tut. Das hat für mich mit Akzeptanz wenig zu tun.
Wir können gerne einen Kultur-Diskurs führen, der kann aber nicht auf der Annahme basieren, dass Ihnen die Kultur einer Gesellschaft am Herzen liegt und dem Gegenüber folgerichtig nicht. Das ist aber der Eindruck, der sich beim Lesen Ihrer Kommentare aufdrängt.
@Kati, @Dexter: Ich weiß nicht, ob man mit dem Prostitutionsbegriff weiterkommt. Träfe das nicht auf jeden Spielshow-Kandidaten zu, der für Geld körperlichen Einsatz zeigt („Schlag den Raab“)? Ich denke, dass Prostitution schon den Verkauf des Körpers als Ware voraussetzt, was hier ja nicht wirklich geschieht.
Zwangsprostitution? Ich weiß nicht so recht. Kann mich gut erinnern, auf meinen Rucksack-Touren, die unter anderem durch den asiatischen Dschungel führten, mitunter in irren Verhältnissen gehaust und die eine oder andere merkwürdige kulinarische Köstlichkeit probiert zu haben. Nicht alles davon schmeckte mir, aber ich habs als Experiment betrachtet und gut überlebt.
Deshalb erkenne ich in dem australischen Dschungelcamp nicht unbedingt ein Lager der finsteren Qualen.
@Linus: Wenn Sie mir jetzt noch zeigen könnten, wo ich laut rumschreie…
@Linus: Oder vielmehr: ICH SCHREIE NICHT LAUT RUM!!!
@blunt:
Ich finde die Einführung des Prostitionsbegriffs hier auch ungünstig. Vorallem weil dieser selbst einen riesen Rattenschwanz an zusätzlichem Klärungsbedarf nach sich ziehen würde. Ich wollte Kati nur den Begriff _Zwangs_prostitution erläutern.
BTW: Eine Prostituierte verkauft ihren Körper ebensowenig wie ein Bauarbeiter. Und auch der ist ja nach Feierabend noch im Besitz seines Körpers :P
@Blunt: Ich halte es für falsch, ein extremes Beispiel zu wählen, wenn nichts darauf hindeutet, dass dieses eintreten könnte. Jemandem dabei zuzuschauen, wie er/sie eklige Sachen tut, ist etwas grundsätzlich, anderes als bei dessen Tod zuzusehen. Daher ist es Unsinn, diese beiden Dinge zu vergleichen. Es ist dieselbe verquere Argumentation wie „Wenn wir erlauben, dass Homosexuelle heiraten dürfen, dann müssen wir demnächst nach derselben Logik auch Pädophilie erlauben“.
Mit ein bisschen gutem Willen, müssten Sie doch eigentlich sehen, dass ich bewusst ein Extrem gewählt habe um Ihre Beharrlichkeit zu demonstrieren, andere Sichtweisen beiseite zu schieben und abzutun im Lichte Ihrer Besorgnis um unsere Kultur.
Ansonsten verweise ich auf Ihr fast schon verzweifeltes Flehen, Ihnen doch bitte einen, Einen, EINEN Grund zu nennen, und zwar zackig, warum man das gerne guckt.
@rog:
Die „Kandidaten“ in der Sendung essen das ihrer Erkenntnis nach mit Genuss und aus der Motivation heraus, neue „kulinarische Köstlichkeiten“ kennenzulernen?
Wow!
@Dexter: Nanu? Hab ich gesagt, dass sie das mit Genuss essen? Falls mal ein Fernsehformat einen Moderator sucht, der anderen Leuten Sachen in den Mund legt, die sie nie gesagt haben, schlage ich Sie vor.
@Linus: Ja, Flehen, das stimmt.
@inga: Sie haben Recht damit, dass man dabei Gefahr läuft, aufs falsche Gleis zu geraten (wie bei Ihrem Pädophilie-Beispiel). Allerdings sehe ich in meinem konkreten Extrembeispiel durchaus einen treffenden Bezug, weil mir sadistische Neigungen doch ein wesentliches Element dieser Show zu sein scheinen. Mein Beispiel mag nicht in jeder Hinsicht als extreme Fortschreibung geeignet sein. Aber zumindest diesen Aspekt – die Befriedigung von Schadenfreude, die Lust am Leid anderer – meine ich. Gäbe es diese Facette nicht, so hätte ich wahrscheinlich kein Problem mit dem ganzen Format.
„Aber zu sagen, das darfst Du nicht gutfinden, das ist pfui, das ist ekelhaft, das ist menschenverachtend? “
Ja, natürlich darf man das sagen. Soll man Menschenverachtendes nicht mehr so nennen dürfen, nur weil Sie als Mensch natürlich frei sind, sich das anzuschauen?
Auf die – aus meiner Sicht – entscheidende Frage hat Stefan Niggemeier noch nicht geantwortet: Warum ist das, was DSDS mit den Kandidaten macht kategorisch anders zu beurteilen als das, was das Dschungelcamp mit den Kandidaten macht? Ist es die Medienerfahrung, die Joey Heindle in dem einen Jahr zwischen seinen Teilnahmen sammeln durfte?
@rog:
Sie legen in #271 dar, dass auch sie in einem Dschungel waren und dort die eine oder andere merkwürdige kulinarische Köstlichkeit probiert haben. Ich kenne nun den genauen Grund dafür nicht, vermute aber stark, sie waren auf der Suche nach neuen Genüssen.
Sie schließen ihre Darlegungen damit, dass sie DESHALB in dem australischen Dschungelcamp nicht unbedingt ein Lager der finsteren Qualen erkennen können.
Wie soll man das anders verstehen? Vielleicht können sie mir das nochmals näher erklären …
@Dexter: Ihrem Nicknamen nach zu urteilen, könnte man annehmen, dass Sie zumindest beim Anschauen einer Fernsehserie schon mal auf das Stilmittel der Ironie getroffen sind.
Wenn ich weiter oben von „kulinarischen Köstlichkeiten“ schreibe, die mir nicht immer behagten, dürfen Sie also davon ausgehen, dass ich diese Köstlichkeiten alles andere als köstlich fand.
@rog:
Eine fremde, nur regional tradierte Köstlichkeit zu probieren ist doch (in der Regel) dadurch motiviert, eine neue Quelle des kulinarischen Genusses zu entdecken?
Ok, Ok (jetzt fällts mir ein): Das Ziel kann auch im Adrenalin bestehen, welches aus dem überwundenen Ekel resultiert. Das wäre aber quasi ein Missbrauch fremder kultureller Werte (=Herabwürdigung) oder zumindest ziemlich albern.
Daher hab ich das bislang mal ausgeschlossen.
@Dexter: Wenn Sie mal mit einem Rucksack für längere Zeit in einem fernen Land unterwegs sein sollten, kann es Ihnen passieren, dass Sie irgendwann auf einer langen Wandertour, fernab von den großen Städten, vielleicht durch den Dschungel, mächtig hungrig sind und das essen, was Ihnen ein freundlicher Mensch mit schwarzen Fingernägeln vor seiner kleinen verfallenen Hütte anbietet.
Und dabei kann es auch vorkommen, dass es Ihnen überhaupt nicht schmeckt. Beispiel: Meerschweinchen. In Peru gilt es zum Beispiel als ebensolche Köstlichkeit, aber ich fand den Geschmack abscheulich.
Der Hunger trieb es rein. Und weiter ging die Wandertour.
@rog. Gut, Ok. An etwas betagten Meerschweinchenbraten in hygienisch bedenklichem Umfeld habe ich Anbetracht von „kulinarische Köstlichkeit“ nicht gedacht :P
Bleibt also das Bild, dass diese freiwilligen Kandidaten im Dschungelcamp in Stress-/Notsituationen gebracht werden, deren letzliche Überwindung glückliche Anteilnahme im Publikum schafft. Naja.
Herr Niggemeier bewundert noch – ganz intellektuell – die damit erzwungene Zurschaustellung tieferer Charaktereigenschaften der Kanditaten, die durch ein Moderatorenduo ironisch begleitet wird. So „menschlich“ alles!
Sollte es so sein, ist es im Grunde aber wirklich nicht wesentlich anders als bei der dystopischen Show hier:
https://www.youtube.com/watch?v=M4GeJHFElE0
@Dexter: Nein, das stimmt so nicht. Der Zwang liegt nicht in irgendwelchen anderen Dingen, wie Gewalt oder Erpressung. Wenn eine Frau sich prostituiert, weil sie oder ihre Familie sonst nicht überleben könnte, ist das Zwang. Es ist nicht freiwillig. Freier Wille wäre, wenn man es nicht nötig hätte, aber es aus Genuss am Akt selbst täte. Damit hätte ich ebensowenig wie bei Sex gegen Geld ein Problem. Aber eben nicht, wenn man notleidenden Menschen Geld bietet, damit sie etwas tun, von dem ich weiß, dass sie es sonst nie tun würden. Das erniedrigt doch eigentlich mich mehr als sie, oder nicht?
Genauso wenig sehe ich es als freien Willen an, wenn man Menschen, die kein Geld mehr haben und dringend welches benötigen, Geld dafür bietet, sich zu erniedrigen, indem man sie 24/7-mäßig dabei filmt, wie sie über andere Menschen herziehen, sich ausziehen und ekelige Dinge tun, die jeder als abstoßend empfindet. „Selber Schuld“ und „die wissen genau, was sie tun“ empfinde ich da mehr als eine Art der Selbstentlastung. Man zwingt die Menschen zwar, sich zu erniedrigen, um an Geld zu kommen, aber Schuld sind sie selber. Weil sie ja schließlich wissen, wie „die Medien“ so sind.
Ich weiß nicht. Ich empfinde da Ekel. Und zwar nicht über die Teilnehmer dieser Show, sondern über die, die Menschen derart für ihr persönliches Vergnügen benutzen. Tut mir leid für diejenigen, die da Spaß dran haben, aber so wirkt es auf mich.
@Kati: Es geht mir genau wie Ihnen. Trotzdem glaube ich, dass Ihre Diagnose die Sache nicht genau trifft. Denn Befürworter der Show werden möglicherweise zu Recht einwenden, dass die Kandidaten auch ohne Geld diese Prüfungen absolvieren würden – aus einem rein sportlichen Ehrgeiz, aus Spaß am Wettkampf der Selbstüberwindung. Immerhin nehmen an dieser Show ja auch Leute teil, die finanziell einigermaßen ausgesorgt haben dürften (nehme ich jetzt mal an).
@Blunt:
Wäre dem so, würde RTL ihnen auch kein Geld dafür geben. Logisch, oder?
@Kati:
Der Unterschied zwischen Prostitution und Lohnarbeit besteht schlicht in der gesellschaftlichen Akzeptanz der dargebotenen Leistung.
Es ist eben (in unserer kulturellen Tradition) „verpönt“ männliche Genitale für Geld zu reiben, während das Polieren von Gewehrläufen als Lohnarbeit in einer Waffenmanufaktur nicht negativ assoziiert ist.
In beiden Fällen steht aber da jemand, der die Tätigkeit nur macht, weil er Geld dafür bekommt (wäre er frei von äußeren Zwängen, säße er daheim und würde Dschungelcamp schauen).
Niemand will entfremdete Arbeit leisten! Die Leute machen das nur, wenn sie Geld dafür bekommen – das sollte aber schon aufgefallen sein, oder?
Zur Würde:
Die „Würde“ definiert letztlich das, was einem Menschen – gesellschaftlich akzeptiert – an Ungemach zugemutet werden kann. Ist also schlicht ein Bestandteil kultureller Tradition und somit stetigen Änderungen unterworfen.
Breite (nicht alle!) gesellschaftliche Schichten empfinden das Leisten entfremdeter Arbeit NICHT als entwürdigend. Es ist also festzustellen, dass das „Entwürdigende“ an sexuellen Dienstleistungen lediglich der puritanischen christlichen Tradition unserer Gesellschaft geschuldet ist. Welche man so annehmen kann, oder eben auch nicht.
(Als aufrechter Christ sollte man von Prostitution evtl. wirklich Abstand nehmen.)
Die Entwürdigung von Prostituierten liegt also im wesentlichen im Auge des Betrachters.
Um aufs Dschungelcamp zurückzukommen:
Die Darstellung der Kandidaden in Notsituation zum Zwecke der Befriedigung der Schaulust der Zuschauer setzt die Grenzen dessen herab, was gemeinhin als zumutbar gilt. Ändert also den Würdebegriff.
Und da das Spiel (über Jahre) nur dann funktioniert, wenn die gezeigten Situtionen drastischer werden, ist damit eine schleichende Entwürdigung, also ein Werteverfall verbunden.
(Wie hätten die Leute diese Show vor 40 Jahren empfunden?)
Das ist das, was man hier kritisieren muss. Dabei ist es sinnlos RTL dafür verantwortlich zu machen. Die machen ja auch nur das, was ein privates Medienunternehmen machen MUSS.
Das Mindeste, was ein vernünftiger Mensch machen kann, ist dem nicht auch nicht noch Vorschub zu leisten und das völlig unkritisch zu hypen. Daher hier die Aufregung.
—
P.S: Lösen sie sich von der Vorstellung, Prostituierte würden per se wirtschaftlich Not leiden. Ich würde davon nicht ausgehen. Prostitution spielt sich in vielen Arten und auf verschiedenen Ebenen ab und besitzt zudem fließende Grenzen. Und dadurch dass es eben auch noch eine ziemlich tabuisierte Sache ist, bekommen wir auch über die Medien nur ein einigermaßen schiefes Bild.
@Blunt, wenn es so wäre, fände ich es zwar immer noch eklig, aber ich wäre nicht mehr so irritiert wegen des Zwangs. Aber ist das so? Machen da wirklich Leute aus reinem Wettkampfdenken mit? Leute, die nicht durch eine Sucht, finanzielle Not oder sonstigem Druck mitmachen? Bei denen, und nur bei denen, fände ich es nicht ganz so abstoßend. Küssen würde ich zwar trotzdem keinen, der es als sportlich empfindet, Känguruh-Hoden roh zu verspeisen, aber sie wären immerhin freiwillig dabei. Allerdings frage ich mich auch: Wieso spielen die nicht einfach Call of Duty oder sonstige Online-Spiele? Da kann man gegen eine Menge Leute spielen ohne sie gleich öffentlich zu demütigen.
Aber selbst wenn es so ist: Da waren doch noch einige dabei, die es rein wegen der Kohle gemacht haben. Im Grunde nutzen diejenigen Teilnehmer, die es nicht nötig haben, die doch aus. Eine einzige Person pro Staffel, die es aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus mitmacht, reicht, um die ganze Sendung zu einer Art Bordell zu machen. Alle, die diese Person für ihr persönliches Fortkommen oder ihr Vergnügen benutzen, werden damit zu einer Art Zuhälter oder Freier. Kann man ja als nicht verwerflich finden, aber so zu tun, als sei das nun preiswürdig oder gar kultiviert, kann ich echt nur noch mit Kopfschütteln quittieren.
@Blunt (#287): Insbesondere weil ja die Kandidaten für eine bestandene Ekelprüfung kein Extra-Geld bekommen.
@Kati: Sie können „Zwangsprostitution“ natürlich definieren wie immer Sie möchten. Der allgemeine Konsenz geht jedoch dahin, dass man unter Zwangsprostitution versteht, dass da jemand mittels Androhung von physischer Gewalt zur Prostitution gezwungen wird. Dass wirtschaftlicher Zwang auch nicht schön ist, finde ich auch, bin aber trotzdem der Meinung, dass eine Differenzierung zu Frauen, die verschleppt und zur Prostitution gezwungen werden, schon noch wichtig ist.
@kasuppke: Ich kann nicht für Stefan Niggemeier sprechen, aber das Unerträgliche an DSDS ist für mich eigentlich nicht die Behandlung der Kandidaten mit Talent (und zu denen gehörte Joey ja), sondern die der völlig talentlosen Menschen. Außerdem ist es ein Unterschied, ob man ein schwieriges Schicksal auf die Art darstellt wie es in DSDS üblich ist (schmalzige Musik, schmierige Texte, Dränendrüse) oder ob jemand seine Geschichte einfach am Lagerfeuer erzählt, ganz ohne dramaturgische Aufbereitung.
Weiter oben war was von „Entmenschlichung“ der Dschungel-Kandidaten zu lesen. Ich bin immer wieder bass erstaunt, mit welch traumwandlerischer Sicherheit hier den Kandidaten z.B. jegliches eigenes Denken abgesprochen wird.
Das sind alles gesteuerte Marionetten, die der Hunger in den Dschungel treibt, wo sie sich zwangsprostituieren müssen beim Verspeisen von Känguruhhoden. Wie erbärmlich ist das denn?
@Katie und @Dexter: „Wäre dem so, würde RTL ihnen auch kein Geld dafür geben. Logisch, oder?“ Na ja, mancher „Schlag den Raab“-Kandidat etwa würde das Spiel vielleicht auch nur just for fun mitmachen. Ein Millionengewinn ist oftmals nicht entscheidendes Motiv, sondern einfach nur der letzte Kick fürs Entertainment. Ich glaube schon, dass die Motivation vielfältiger sein kann, als ausschließlich die Gewinnsumme – z.B. auch (zweifelhafter) Ruhm.
Das ändert für mich allerdings nicht das Problem der Rezeption: Viele, die vor dem Fernseher sitzen, verstehen es als aufgezwungene Demütigung – und sollen es meiner Ansicht nach auch so verstehen. Darin sehe ich das eigentliche Problem.
@Dexter:
Da hast du mich falsch verstanden, Sie, wenn’s nötig ist, aber ich bleibe lieber beim neutralen duzen.
Ich bin keineswegs christlich angehaucht (ich möchte keiner der Religionen angehören) oder verurteile Prostituierte, weil es meiner persönlichen Moral widerspricht. Ich würde sowas nicht machen, aber wenn jemand Spaß dran hat und damit klarkommt, verurteile ich das nicht. Und ja, sehe ich auch so: viele Menschen prostituieren sich. Darum geht es aber nicht. Es ist falsch, bei Menschen, die rein aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus etwas zu tun bereit sind, von einem freien Willen zu sprechen. Diese Menschen haben keinen freien Willen: Sie müssen essen, eine Wohnung bezahlen können und ihre Kinder ernähren können. Alles, was sie nur tun, um das zu erreichen, es aber ansonsten nicht täten, ist kein freier Wille mehr.
Es ist im Grunde auch nicht anders, wenn Menschen von der Arge gezwungen werden, sich von Zeitarbeitsfirmen etc. ausbeuten zu lassen oder für einen Lohn zu arbeiten, von dem sie nicht leben können, weil ihnen sonst Hartz-IV gestrichen würde, sie auf der Straße landeten und ihre Kinder dem sozialen Tod ausgeliefert wären. Wenn die Leute könnten, würden sie für einen solchen Hungerlohn nicht arbeiten. Der Staat als Komplize der Lohndrücker aber zwingt sie dazu, sich ausbeuten zu lassen. So gesehen ist das Dschungelcamp ein Zeichen der allgemeinen Verrohung: Menschen haben sich gefälligst ausbeuten zu lassen, um überleben zu können. Hätten die Arbeitslosen wirklich die Wahl, wären die Arbeitgeber auch gezwungen, menschen- und lebenswürdige Löhne zu zahlen.
Die meisten Menschen wollen auch gerne arbeiten. Aber eben nicht 12-14 Stunden am Tag, für einen Lohn, von dem sie nicht mal ihr eines Kind ernähren können, um dann, am Ende ihres Lebens trotzdem als Bittsteller dazustehen und sich von Arbeitsplatzbesitzern als Schmarotzer beschimpfen zu lassen.
Ist aber wohl nicht das Thema, deswegen belasse ich es mal dabei.
Mein Punkt ist, dass man so nicht von Freiwilligkeit sprechen kann und auch nicht das doch sehr gewöhnliche Gelästere aus dem Off von Frau Zietlow und Co. als kultivierte Ironie verbrämen, während man doch einfach nur das Klatsch- und Tratschbedürfnis und den Hang der Menschen zur Selbstbeweihräucherung bedient. Es ist einfach ein bisschen over the top, wenn man diese Sendung so verklärt, wie es momentan der Fall ist.
@Inga:
Sogar Wikipedia weiß das schon:
Gründe für unfreiwillige Sexarbeit und Zwangsprostitution
Die Gründe, aus denen Menschen sich dazu gezwungen sehen, Sex als Arbeit ausüben zu müssen, können sehr unterschiedlich sein und sind oft mehrschichtig. Die Abgrenzung zwischen Zwang und freiwilliger Berufswahl kann schwierig sein. Auch freiwillige Prostituierte können bei mangelnder Unterstützung ihres Umfeldes, sei es sozial, gesellschaftlich oder materiell, in Abhängigkeitsverhältnisse gebracht und letztlich in die unfreiwillige Prostitution geraten, aus welchen sie von sich aus nur schwer Wege hinaus finden.
In wirtschaftlich schwachen Ländern, beispielsweise in Ländern der Dritten Welt, ergreifen die Menschen diese Tätigkeit meistens, weil sie sonst keine andere Möglichkeit sehen, ihren täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Prostitution#Gr.C3.BCnde_f.C3.BCr_unfreiwillige_Sexarbeit_und_Zwangsprostitution
Freier Wille und wirtschaftliche Not schließen sich meiner Meinung nach kategorisch aus. Man muss es nicht ganz so verwerflich finden, wenn einer „nur“ die wirtschaftliche Notlage ausnutzt, statt die Leute mit körperlicher Gewalt in die Prostitution zu prügeln, aber ein freier Wille liegt da einfach nicht mehr vor, mit dem der Freier sich entschuldigen könnte.
@Kati:
Ich bin da voll bei dir. Auch ich habe übrigens schnell an HartzIV (und die ganzen wahrlich fürchterlichen ganzen gesellschaftlichen Implikationen) in Bezug auf „Würde“ denken müssen.
Mit dem „freien Willen“ ist das ja so eine ganz vertrackte Sache. Als Stichwort gebe ich gerne mal Schopenhauer oder auch „zweckmäßiger Wille“.
Zum Thema Arbeit sei mal dieses hervorragende Werk der Surfpoeten empfohlen:
http://www.surfpoeten.de/arbeitslos_faq
So. Ich hör ja schon auf. Wir haben bald #300 und es wird auch langsam ganz schön OT. Nicht das der Hausherr hier noch mahnen muss …
Von mir auch noch eine kleine Empfehlung zum Thema – mit etwas Vorsicht zu genießen, einiges aber bedenkenswert: http://www.heise.de/tp/artikel/38/38405/1.html
Niemand „verklärt“ diese Sendung. Niggemeier tut das nicht, das Grimme-Institut tut das nicht und die meisten, die sich abseits von Bild und anderen geifernden Klickstrecken äußern, tun das auch nicht. Verklären tun höchstens diejenigen, denen von Zwangsprostitution, öffentlicher Hinrichtung und Untergang der abendländischen Kultur kein Vergleich zu dusselig ist, um anderen vorzuschreiben zu wollen, was gefälligst bäh und pfui zu sein hat in diesem Lande.
@Kati: Wie gesagt, jede/r darf alles so definieren, wie er/sie will (Klugscheißmodus: Definitionen sind Tautologien, ein Sonderfall logischer Sätze, und als solche immer wahr). Ich finde die Unterscheidung zwischen „sich gezwungen sehen“ und „gezwungen werden“ jedenfalls relevant. Und mittels einer möglichst weit gefassten Definition zu behaupten, das Dschungelcamp sei im Grunde auch Zwangsprostitution finde ich extrem daneben.
Ich finde es schon extrem putzig anzunehmen, die Teilnehmer des Dschungelcamps seien irgendwie auf die ein oder andere Art gezwungen worden, da teilzunehmen oder Kakerlaken zu essen. Aber was weiß ich denn schon? Ein ehemaliger DSDS-Teilnehmer hat anscheinend kurz vorm Selbstmord in seiner Hungersnot natürlich keine andere Wahl, als für 14 Tage in den RTL-Dschungel zu ziehen.
Verzeihung: Bullshit.
Danke für die Links, Jungs, lese ich mir später durch.
@Inga: Naja, ist aber eben nicht meine ganz persönliche Definition, sondern eine, die von den meisten, die sich mit dem Thema Zwangsprostitution beschäftigen, geteilt wird.
Dass du das extrem daneben findest: Kann ich mit Leben. Ich wollte nur mal gesagt haben, wie ich das sehe.
@Linus: Ach Gottchen, komm mal runter. Ich will nicht, dass du das „pfui und bäh“ findest, aber du wirst es aushalten, wenn ich sage, dass ich es aus bestimmten Gründen eklig finde, was da läuft, oder nicht?
@Kati
Fürs „eklig finden“ gibts ne ganz einfache Lösung: Die Fernbedienung.
@Kati: Zum Thema „die von den meisten, die sich mit dem Thema Zwangsprostitution beschäftigen, geteilt wird“ und weil wir schon beim Wikipedia-Zitieren sind: „Zwangsprostitution bezeichnet die illegale Praxis, Menschen zur Arbeit als Prostituierte zu zwingen.(…) Zwangsprostitution ist Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Dieser Zwang kann durch physische und psychische Gewalt, Täuschung, Erpressung, Ausnutzung einer Zwangslage oder Ausnutzung der Hilflosigkeit des Opfers ausgeübt werden.“
Klar, ist praktisch dasselbe wie das Dschungelcamp. Oder wie meine Arbeit, die würde ich nämlich auch nicht machen, wenn ich kein Geld dafür bekäme.
@inga (für den unwahrscheinlichen Fall, dass #302 ernstgemeint ist):
Wer bitte zwingt dich durch physische und psychische Gewalt, Täuschung, Erpressung, Ausnutzung einer Zwangslage oder Ausnutzung deiner Hilflosigkeit an deinen Arbeitsplatz?
Klarer Fall für den Staatsanwalt würde ich sagen.
Dieser Dschungelcamp-Kram hat nichts – überhaupt garnichts – mit Zwangsprostitution zu tun.
@inga: Ok, Ok. Habs kapiert… Argh!
Bei „Die Welle“ empfand ich die Situation sehr beeindruckend, als die „Heldin“ kurz davor war, auch die „Uniform“ in Weiß und Blau zu tragen. Sie stand vor dem Spiegel, schaute sich an, dachte womöglich sowas wie: ‚Ist doch nicht schlimm, tragen die anderen doch auch; ist doch nur ein Experiment‘ und entschied sich dann für ‚Ich tu’s nicht!‘.
Den Heise Artikel #295 habe ich inzwischen auch gelesen; er kommt mir teilweise fremd vor. Liegt das vielleicht nur an dem Abstand der Zeit?
Aber das Gefühl, jedem, der Dschungelcamp schaut, zu fragen, was machst Du denn da? Findest Du es gut, dass Menschen das mit Tieren/Insekten/Leichenteilen machen? Willst Du das wirklich sehen?
Wenn „nein“, dann könnte ich noch fragen, ob das jetzt einfach als ein Kollateralschaden (zu der guten Show und den psychologischen Aspekten) hingenommen wird. “ Dann könnte ich fragen: „Und wie geht es Dir damit, dass Du das so als nebenbei hinnimmst?“
Wenn „ja“, dann kann ich da wenigstens mit umgehen.
Hab‘ ich schon gesagt, dass die viele“Bild“ ja auch nur wegen des Sportteils lesen.
Die Nominierung für den Grimme-Preis empfand ich als mehr als nur erschreckend. Meine – rein persönliche – Erklärung dafür ist, dass ‚man‘ irgendwie versuchen will, Dirk Bach zu ehren. Aber die Nominierung für das Dschungel-Camp ist wie Kotze auf der – nicht weißen – Weste.
Nachtrag: Kennt einer vielleicht von Zola „Der Totschläger“? Meiner Ansicht nach kann keiner, der diesen Roman gelesen hat, wo eine Frau in ihrem sozialen Abstieg dazu gebracht wurde, ekligste Dinge zu essen, das Dschungelcamp neutral sehen.
Alles von Zola habe ich nicht gelesen, aber einiges. Der Totschläger“ war aber bisher das krasseste.
Und ich dachte mit der Zwangsprostitution wäre der Höhepunkt des Absurden bereits erreicht. Aber die Leichenteile sind natürlich noch lustiger.
Ich bin mir nicht sicher, ob diese ganze Ethikdiskussion die Show nicht doch ein bisschen höher hängt, als sie es verdient hat.
Mehr als irgendwelche Ekelprüfungen missfällt mir ganz einfach diese zeitgeistige Haltung, die das Format ausstrahlt: Es ist ein gesellschaftsfähiger Spaß und völlig okay, über andere Leute zu lästern und zu spotten. Da spricht IBES in meinen Augen keine anderen Instinkte an als DSDS. Die Form, in der das geschieht – nämlich dass die Lästerei in Gestalt der Moderatoren gleich mitgeliefert wird – mag für den intellektuellen Zuschauer als witziges Spiel mit den Regeln und der verbissenen Ernsthaftigkeit von Shows wie DSDS interpretierbar sein, aber ich glaube nicht, dass das die Breitenwirkung von IBES ist.
Dass „die das ja alle freiwillig“ machen, ist für diese Signalwirkung – Häme als netter Feierabendspaß für die ganze Familie – eigentlich nicht so entscheidend.
#296
Sehr interessanter Versuch einer kulturhistorischen Einordnung, der nicht bei der Feststellung „Alles nur Spaß!“ stehenbleibt, sondern die Frage stellt: „Ok – aber warum ist das Spaß?“
Etwas radikaler Ansatz, aber als Beitrag zur Debatte recht anregend, wie ich finde.
Vielen Dank für den Link!
Dschungelcamp = Zwangsprostitution mit Leichenteile. Aha. Ich krieche dann mal wieder unter meinen Stein. Oder klettere zurück auf die Bäume.
Jehova.
Ein Tag Pause wäre jetzt gut für diesen Thead!
@Frank Reichelt:
Ich hoffe es ist in Ordnung, dass ich die von Ihnen notwendigerweise eingeforderte gagging order wieder aufhebe…
…denn ich wollte noch kurz zwei, drei Anmerkungen @Dexter hinzufügen, weil ich dessen Aussage „während LEBERWURST einfach Leberwurst ist“ einfach nicht so stehen lassen kann!
Mit Leberwurst kann man nämlich beispielsweise einen Verein wie den FC Schalke 04 finanzieren, um ihn hernach in die tiefsten Abgründe der Vereinsgeschichte zu führen. Informieren Sie sich also demnächst bitte zunächst über Clemens Tönnies bevor Sie sich zukünftig mit dermaßen eindimensionalen Aussagen über die Leberwurst ins Abseits befördern!
Abgesehen davon, war denke ich klar geworden, was ich mit der Leberwurst-Geschichte in dieser und für diese Diskussion bezwecken wollte. Dementsprechend hält sie einer genaueren Betrachtung auch nicht stand.
Diese emotional geführte Debatte über das Dschungelcamp kann und wird sicherlich helfen. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass für viele der Beiträge ein anderes Diskussionsfundament hätte förderlich sein können: Eine Debatte, die sich aus Geschmacksurteilen zusammensetzt, ist sinnlos. Wenn man aber primär auf einer abstrakten Ebene darüber diskutiert, ob dieses Format für gewisse Fernsehpreise nominiert werden sollte (wie es hier zuweilen auch geschehen ist), wird meiner Meinung nach ein Schuh draus: Es geht nicht mehr um Aussagen wie „Ich finde Leberwurstbrote geil“ im Deckmantel von x-beliebigen Argumenten, sondern um eine Betrachtung des Zankapfels aus einer gewissen Distanz und mit einem gewissen Ziel. Befürworter bräuchten dann beispielsweise keinen Hehl aus ihrer Affinität machen und könnten das Format bezüglich seiner Nominierung für Auszeichnungen nichtsdestotrotz kritisch unter die Lupe nehmen. Aber vielleicht täusche ich mich da ja auch. :)
Und natürlich haben Sie recht: Der Austausch von Betrachtungsweisen, Argumenten, Informationen und Hintergrundwissen ist sicherlich wünschenswert und vielleicht sogar notwendig. Dennoch bin ich der Auffassung, dass sich der Anteil jener, die aufgrund solcher Prozesse das buchstäbliche Lager gewechselt haben, im Promillebereich bewegt.
PS: Geben Sie Ihrem Freund doch beim nächsten Mal eine Backpfeife, wenn er beim Anblick dieser rotierenden Grillhähnchen wieder schwach wird, und grüßen Sie ihn lieb von mir, er solle doch bitte kein Judas sein :)
@291: „…oder ob jemand seine Geschichte einfach am Lagerfeuer erzählt, ganz ohne dramaturgische Aufbereitung.“
Liebe Inga, obwohl hundemüde, habe ich darüber herzlich gelacht. Vielen Dank dafür.
Kalef,
die Leute glauben halt zu gerne das, was sie sehen (bzw. was ihnen serviert wird). Natürlich wird jeder Mensch vor permanent laufenden Kameras im Gespräch mit ihm bislang fremden Leuten von sich aus sofort seine intimsten Geschichten verbreiten. ;-)
Neulich hat Jens Oliver Haas in einer Facebook-Diskussion geschrieben, es sei für den alkoholkranken Berger doch das Beste gewesen, mit ins Camp zu gehen. Nur dort habe ihn ein gutes Team medizinisch und pychologisch betreuen können.
Man ist überwältigt von so viel Offenheit der Herzen.
@theo: Anders als Sie suggerieren, hat Haas das nicht als Beweis für die Wohltätigkeit von RTL dargestellt. Wörtlich:
Stefan,
mir fiel kein passenderer Ausdruck für die gelisteten Gründe der Verantwortlichen ein. Vielleicht haben Sie einen besseren Vorschlag?
@Kalef: Da nich für. Aber mal ernsthaft: Sie finden, dass es keinen Unterschied macht, ob jemand in einem schwiemeligen Einspieler mit Off-Kommentaren von Markus Schreyl und größtmöglichem Druck auf die Dränendrüse dargestellt wird oder ob jemand selbst entscheidet, im Camp, aus welchen Gründen auch immer, Persönliches zu berichten? Dass die Szene auch im Dschungelcamp dramaturgisch eingebettet wird, habe ich nicht bestritten.
„Die Verantwortlichen haben aus folgenen Gründen entschieden, Helmut trotz seines desolaten Zustandes ins Camp zu lassen: Es gab zu dem Zeitpunkt keinen Ort den Helmut Berger sich leisten könnte, an dem er medizinisch und psychologisch schneller und besser betreut werden kann als bei uns. Und keinen Ort, an dem er umfassender beobachtet und kontrolliert werden kann.“
Kurzum:
„Wenn einem so viel Gutes widerfährt – das ist schon einen Asbach Uralt wert.“
@inga: Doch es macht einen Unterschied: das Lagerfeuer ist viel perfider als das plumpe Zeug von DSDS. Und ich hoffe sehr, dass Sie das nicht selber glauben, was Sie da schreiben, sondern aus einem bestimmten Grund tendenziös argumentieren.
Mit Ihrer Formulierung „Geschichte einfach am Lagerfeuer“ suggerieren sie eine bestimmte Intimität für die Erzählsituation. Dabei ist ein solches Feuer umringt von Kameras und Leuten, denen die Situation klar ist, das Gegenteil eines von Ihnen unterstellten Moments.
Die Macher einerseits spielen sehr bewusst mit solchen miesen Konstruktionen. Nach dem Motto: wenn wir sonst besonders viel Tamtam machen, wirken diese Stellen so besonders anrührend wegen der vorgetäuschten Authentizität. Ein ehrlicher Augenblick ist das deshalb noch lange nicht.
Auf der anderen Seite hat da bis jetzt immer einer gewonnen, der am „authentischsten rüberkam“. Heißt aber für dieses Format übersetzt: derjenige, der das Inszenatorische seines Verhaltens am besten zu tarnen wusste. Und da gehört der topos „Beichte am knisternden Feuer“ doch geradezu ins Repertoire der Selbtsinszenierung.
Die Macher wissen das und benutzen das wie oben beschrieben. So ensteht besonders in diesen pseudounverstellten Situationen gerade die größte Verarsche (unabhängig vom Wahrheitsgehalt des Gesagten).
Das Format ist in Wirklichkeit ganz erbärmlich gemacht, diese Vorgehensweise allerdings ist die eine Ausnahme. Die Manipulation des Zuschauers in solchen Momenten zeugt von einer gewissen handwerklichen Cleverness, wenn auch aus bösartigen Gründen.
In allen anderen Aspekten ist auch das Handwerk sehr beschissen.
@Kalef: Ich habe nicht von „unverfälscht“oder „authentisch“ gesprochen. Die Kommentatoren des Dschungelcamps machen sich doch selbst lustig drüber, wenn die Teilnehmer wieder irgendwas am Lagerfeuer auskramen. Aber es wird eben nicht einerseits in total ekliger Weise auf die Dränendrüse gedrückt („der Mann mit der Mundharmonika“) und andererseits Leuten, die sich zum Vollhorst machen, gesagt, wie toll sie sind, um sie dann vorzuführen.
„Auf der anderen Seite hat da bis jetzt immer einer gewonnen, der am »authentischsten rüberkam«. Heißt aber für dieses Format übersetzt: derjenige, der das Inszenatorische seines Verhaltens am besten zu tarnen wusste.“
Also z.B. Joey? Echtjetzt?
„Ich habe nicht von »unverfälscht»oder »authentisch« gesprochen. “
Wie geht denn der Unterschied zwischen „nicht inszeniert“ und „unverfälscht“?
@Kalef: Nix für ungut, aber mir kommt es so vor, als hätten Sie sich noch nie eine Staffel angeschaut. Da gewinnt auch schon mal jemand, der gar nicht erst verbergen will, dass er sich in Szene setzt. Zum Beispiel Brigitte Nielsen.
Ansonsten staune ich darüber, wie viele Leute den Spagat hinkriegen, dem Camp einerseits Menschenverachtung zu unterstellen und andererseits sowohl Kandidaten als auch Zuschauer für dumme Lämmer zu halten.
Wenn sich da mal nicht die Katze beim Argumentieren in den Schwanz beißt.
@rog, bitte neu lesen. Ich halte die Kandidaten nicht für dumme Lämmer. Ich habe drei Staffeln gesehen. Verschwendete Zeit.
@Kalef: „Wie geht denn der Unterschied zwischen »nicht inszeniert« und »unverfälscht«?“
Keine Ahnung. Ich habe jedenfalls nichts von „nicht inszeniert“ geschrieben.
Ich habe nichts gegen Inszenierungen, vor allem in einer Unterhaltungssendung. Mir geht es darum, wie man mit den Leuten umgeht und wie man etwas inszeniert. Und den Unterschied, den ich zwischen DSDS und Dschungelcamp sehe, habe ich jetzt einige Male versucht zu erläutern. Wenn Sie das nicht verstehen (wollen), gut. Wenn Sie anderer Meinung sind als ich, auch gut.
@Inga: „Ich habe jedenfalls nichts von »nicht inszeniert« geschrieben.“
vs.
„ganz ohne dramaturgische Aufbereitung.“
…
Mensch, Kalef, jetzt reicht’s aber. Ich habe in gefühlt 27 Kommentaren den Unterschied erläutert. Sie meinen aber, Satzfetzen aus dem Zusammenhang zu reißen und gegenüber zu stellen, sei irgendwie clever? Na bravo.