Ich wüsste gern, ob Claus Strunz manchmal nachts schweißgebadet aufwacht, weil ihm im Traum die Realität erschienen ist. Wahrscheinlicher ist, dass ihn die dicke Schicht aus Selbsttäuschung und Wahn, die er sich zugelegt hat, auch davor schützt.
Der Medienfachdienst Meedia hat das halbe Jahr, das Strunz Chefredakteur des „Hamburger Abendblattes“ ist, zum Anlass genommen, ihm kritische Fragen zu stellen wie: „Wie fällt Ihre Bilanz aus?“ und: „Was planen Sie als nächstes?“
Na, wie mag Strunz‘ Urteil über Strunz schon ausfallen? „Überaus positiv“, natürlich:
„Rechtzeitig zum Halbjahres-Jubiläum von „Abendblatt 3.0″ sind wir unter den vier wichtigsten Tageszeitungen Deutschlands angekommen (…)“
Sensationell. Herzlichen Glückwunsch! Und auch wenn als Grundlage für den behaupteten vierten Platz nur die Quatschzählungen des „Media Tenors“ dienen, ist das ein großer Erfolg für Strunz. Denn als bekannt wurde, dass er von der „Bild am Sonntag“ zum „Abendblatt“ wechselte, fragte ihn der „Spiegel“ am 14. Juli 2008, ob das nicht ein Abstieg sei. Und Strunz antwortete:
Klar, ich arbeite nicht mehr in der Hauptstadt, aber das „Hamburger Abendblatt“ ist eine Weltstadt-Zeitung mit stolzer Tradition und mehr als doppelt so vielen Redakteuren wie „BamS“. Journalistisch gehört das Blatt in den Kreis der Top vier neben „FAZ“, „Süddeutsche“ und „Welt“.
Neun Monate sind seitdem vergangen, davon sechs unter Strunz als Chefredakteur, und das „Abendblatt“ ist immer noch unter den Top vier! Das muss dem Mann erst mal einer nachmachen.
OffTopic:
Bloggt Herr Minkmar hier eigentlich noch?
Ja.
Zum ersten Absatz, es gab zu diesem Phänomen letzte Woche eine tolle South-Park-Episode: „Kyle instead suggests that Cartman’s ego is so big that he subconsciously remembers things incorrectly to make himself more important. This is supplemented by Cartman’s flashbacks, which become more overblown and ridiculous as the episode goes on, ending with Cartman believing he not only created it himself, but slew a dragon, defeated an army of robots, and has powers similar to the Human Torch.“
Ich wüsste gern, ob Claus Strunz manchmal nachts schweißgebadet aufwacht, weil ihm im Traum die Realität erschienen ist.
Ahahaha, der’s gut. :D
Erstaunlich. Ich habe Faz, Süddeutsche und Welt auf meinem Schirm, aber bestimmt nciht das Abendblatt. Obwohl ich es dank Hamburger Großeltern kenne. Oder liegt es daran, weil ich es kenne? ;-)
Aber es ist schon erstaunlich, dass aus einer Millionenstadt wie Hamburg keine deutschlandweit relevante (besser wahrgenommene) Zeitung kommt. Selbst Berlin hat eine taz. :-D
„Aber es ist schon erstaunlich, dass aus einer Millionenstadt wie Hamburg keine deutschlandweit relevante (besser wahrgenommene) Zeitung kommt. Selbst Berlin hat eine taz. :-D“
Der Spiegel?
Aber es stimmt schon, das Abendblatt ist nen Dreck wert, nie im Leben hält es mit FAZ, SZ usw. mit…. 80 % des Medienmarktes in Hamburg wird von Axel Springer beherrscht. C’est la vie…
Der Spiegel ist ja keine Zeitung, und auch die Hamburger ZEIT gilt wohl nicht als Zeitung im eigentlichen Sinne. Auf die Schnelle fällt mir als Hamburger Zeitung mit überregionaler Bedeutung nur die FTD ein.
Vor der „Welt“ würden mir da aber noch ein, zwei andere Blääter für die Top 4 einfallen.
Die Hartmannsche Zeitung zum Beispiel (als ‚vor der Welt‘ einfallend).
Und wenn man nach deutschsprachigen Organen schaut, die NZZ natürlich.
Schaut man aber auf Wochenblätter/Magazine ist Hamburg vorne dabei, und dann kommt nichts mehr und gar nichts.
Vom Lokalteil abgesehen ist es aber ja nicht so wichtig wo ein Blatt gemacht wird. In Köln gibt es auch nichts – oder? Das Ruhrgebiet: nada.
Wobei ich Strunzens zweites Zitat vom Sprachgefühl her anders verstanden habe: Will er (als ehemaliger Oberfranke) mit „gehört in den Kreis…“ nicht ausdrücken, dass das Abendblatt eigentlich dort vertreten sein sollte, aber journalistisch noch nicht so weit ist? Andernfalls müsste es doch „gehört zum Kreis“ heißen. (Was an seiner Hybris natürlich nichts ändert.)
@Arnulf: Aber dann hätte er doch vier andere Titel genannt und nicht drei.
Stimmt schon, dass er das Abendblatt neben den drei anderen genannten Zeitungen in den Top 4 sieht.
Die Krux ist mE eher, das Wort journalistisch im zweiten Zitat. Schon damals sah er das Blatt journalistisch auf dem Niveau der Top 4 aus Deutschland (Was soll er über den neuen Arbeitgeber auch anderes behaupten?). Im ersten (also neueren) Zitat sagt er, dass das Blatt inzwischen zu den wichtigsten vier Zeitungen Deutschlands gehöre, im Sinne von meist zitiert. Ich seh da schon nen Unterschied.
[…] 4. Hamburger Abendblatt nicht unter den Top 3 (Stefan Niggemeier) Claus Strunz, laut tönender Abendblatt-Chefredakteur, verkündet sechs Monate nach Amtsantritt stolz, dass das Abendblatt mit seiner “3.0″-Strategie nun zu den Top 4 Zeitungen Deutschlands gehört. Nur hatte er das vor seinem Antritt auch schon gesagt – was an der Jubel-Meldung noch seltsam scheint, hat Stefan Niggemeier notiert. […]
Wenn HA und Welt journalistisch zu den Top 4 gehören, folgt
a) FAZ und Süddeutsche führen hier mit seeeeeeeeeeeeeeehr weitem Abstand,
b) ‚Journalist‘ ist vollkommen zurecht eine der schlimmsten Beleidigungen, die es in D gibt.
Interessanterweise ändert sich dies auch nicht, wenn statt’journalistisch‘ ‚wichtigst‘ steht – außer dass dann hinzukommt
c) D hat es nicht besser verdient.
Worin liegt der Grund, dass Du so auf den Strunz einschlägst?
Mal ganz platt gesagt gehört es doch sicher schon fast zu den Aufgaben eines Chefredakteurs, stets gute Miene zum bösen Spiel zu machen und auch einer Krise und dem Aborückgang etwas Gutes abzugewinnen, oder? Etwas verwerfliches kann ich daran nicht erkennen.
Was genau macht Strunz denn so falsch, dass er dieses „bashing“ verdient?
Ich frage das rein interessehalber! Als „Wahl-Hamburger“ habe ich das Abendblatt im feedreader und lese hin und wieder auch die Kolumne „der Chefredakteur“ antwortet. Dass es so etwas gibt, finde ich progressiv und gut. Vllt. stehe ich Strunz deshalb nicht ganz so negativ gegenüber.
Wäre an einer Stellungnahme sehr interessiert!
„Verwerflich“ ist das falsche Wort. „Dumm“ würde ich es nennen, wenn man nicht merkt, dass man den Quatsch von den Top-4, den man als neue, eigene Errungenschaft ausgibt, schon vor dem Amtsantritt gesagt hat.
Strunz‘ Kolumnen sind aber tatsächlich legendär. Diese hier ist mein aktueller Favorit. Vielleicht könnte man sie treffender „Der Chefredakteur fragt — der Chefredakteur antwortet“ nennen?
(Der andere Grund meiner Abneigung gegen Strunz ist seine Arbeit bei der „BamS“, bei der er immer so tat, als arbeite er anständiger als die Kollegen von „Bild“, in Wahrheit aber vor groben Lügen nicht zurückschreckte. http://www.bildblog.de/search/strunz/ )