Das Manifest, das Wozu und das Danach

War’s das?

Bald wird unser „Internet-Manifest“ vermutlich auch in den letzten südphilippinischen Regionaldialekt übersetzt und vom letzten amerikanischen Blogger retweetet worden sein, und nach über 400 Kommentaren versickert die Diskussion hier im Blog (und drüben beim ix) allmählich in Seitensträngen wie der Frage, ob Mercedes Bunz, die darüber beim „Guardian“ gebloggt hat, prominenter als nur in einer dezenten Vier-Wort-Klammer im dritten Absatz hätte darauf hinweisen müssen, dass sie selbst zu den Autoren gehört. Ich finde: ja. Aber ich finde auch: geschenkt.

Aber was passiert jetzt?

Wir haben darüber beim Zusammenfinden und beim Verfassen dieses Textes nie geredet. Wir haben ihn geschrieben, weil wir das Gefühl hatten, dass er geschrieben werden muss. Weil wir es nicht mehr ausgehalten haben, was die Verleger der Medien, für die wir oftmals arbeiten und auf die wir eigentlich auch in Zukunft nicht verzichten wollen, Woche für Woche für gefährlichen, himmelschreienden Unsinn über das Internet in die Welt posaunt haben.

Die erste Mail von Mario Sixtus, die alles anstieß, begann mit den Sätzen:

Liebe Leute, es reicht!

Ich glaube ich bin nicht der einzige, der mit seiner Geduld am Ende ist, was Verleger, Journalistengewerkschaftsschwafler, Kulturteildummschwätzer und ihre [Städtenamen]-Pamphlete in Sachen Internet angeht. Ich finde, wir müssen etwas tun. Was könnn Journalisten tun? Etwas schreiben. Yeah!

Kein Wunder, dass wir uns keine Gedanken über das Danach gemacht haben und wir über das Wozu gar nicht grübeln mussten. Wir wollten alle etwas sagen, und damit es auch wirklich gehört wird, wollten wir es gemeinsam sagen. Und wie das so ist, wenn man Sachen aufschreibt: Wenn man Glück hat, stoßen sie etwas an, lösen etwas aus, haben sichtbare oder unsichtbare Folgen. Und wenn man Pech hat, verpuffen sie irgendwie. Aber man kann eigentlich in den seltensten Fällen eine konkrete Wirkung einplanen oder gar die Gründung eines Verbandes (was für mich eine der abwegigeren Unterstellungen im Zusammenhang mit diesem Text war).

Es klingt nach einer Plattitüde, wenn ich auf die Frage, was wir mit diesem „Manifest“ eigentlich erreichen wollten, antworte: eine Diskussion anstoßen. Aber genau so ist es. Ich wollte versuchen — und ich glaube, den anderen ging es genau so — in der Debatte über die Zukunft des Journalismus einen Widerpart zu verankern, einen Punkt, auf den andere sich beziehen können, wenn wieder einmal von Lobbyisten irgendeine Erklärung in irgendeiner Stadt verabschiedet wird, in der sie zur Rettung des Publizierens auf Papier auffordern statt zur Rettung des Journalismus. Wenn wieder einmal jemand das Internet auf Diebe, Rufmörder, Kinderschänder reduziert. Wenn wieder einmal jemand glaubt, dass man an dem Medium, in dem ein Text veröffentlicht wird, seine Qualität ablesen kann.

Was wir wirklich schlecht gemacht haben beim Veröffentlichen unseres „Manifestes“: seinen Adressaten zu nennen. Es muss bizarr wirken auf Menschen, die in diesem Medium in einem ganz anderen Maße zuhause sind als ich, wenn da plötzlich 15 Berufs-Publizisten ankommen und ihnen erklären wollen, wie das Internet funktioniert. Vielleicht erklärt sich ein Teil der Ablehnung, den dieser Text gerade bei eingefleischten Onlinern erfahren hat, aus dieser wahrgenommenen Anmaßung, die von uns nie beabsichtigt war.

Natürlich ist unser „Manifest“ auch anmaßend (und mit dem Wort fängt es schon an), natürlich kommt es in vielen Punkten relativ breitbeinig daher, aber einem ganz anderen Ansprechpartner gegenüber: Denjenigen, die das Internet immer noch bekämpfen oder glauben, es gehe weg, wenn man es nur angestrengt genug ignoriert. Denjenigen, die es für eine Phase halten, einen Hype, der vorübergehen wird. Denjenigen, die glauben, ein solch revolutionäres Medium würde nichts ändern, sie müssten sich nicht ändern, und wenn überhaupt, müsste sich das Netz gefälligst ihnen anpassen und nicht umgekehrt, denn sie sind doch die Verleger, die jahrzehntelang den Menschen gesagt haben, was die Menschen wissen müssen, und das waren gute Zeiten für sie und für die Menschen und für die Demokratie, also vor allem: für sie.

Unsere Arroganz ist auch eine Art Notwehr, eine Reaktion auf die maßlose Selbstüberschätzung dieser Leute, die glauben, dass das, was sie tun, gut ist und unverzichtbar, weil sie es tun, und nicht, weil es gut und unverzichtbar ist. Die glauben, einen Anspruch darauf zu haben, mindestens so viel Geld zu verdienen im Internet wie Google, weil sie ja tolle und wichtige Inhalte ins Internet stellen und Google nur dafür sorgt, dass Leute sie auch finden. Die immer noch glauben, dass sich diese ganze Internetwelt um sie drehen müsse, und nicht gemerkt haben, dass sie ihre Wichtigkeit, Notwendigkeit, Verlässlichkeit plötzlich jeden Tag neu beweisen müssen, weil sie ein Monopol verloren haben und die Zeiten vorbei sind, in denen Menschen eine Zeitung lasen vom Abitur bis zur Rente. Die es erreicht haben, dass der „Beauftragte für Kultur und Medien“ der Bundesregierung, ein trauriger Mensch namens Bernd Neumann, eine „Nationale Intiative Printmedien“ gegründet hat und keine „Nationale Initiative Qualitätsjournalismus“. Die allen Ernstes fordern, dass ihre Zeitungen und Zeitschriften, darunter auch die ganzen Lügen-, Quatsch- und Wichsblätter, steuerlich günstiger gestellt werden als das tägliche Brot.

Wir sind nicht die Gegner der guten etablierten Medien, im Gegenteil. Wir schreien auf, weil wir die Sorge haben, dass viele von ihnen ihre Zukunft verspielen, wenn sie glauben, die Leser müssten zu ihnen kommen und nicht sie zu den Lesern. Wir sorgen uns um diese Medien, aus ganz eigennützigen Gründen, weil wir für sie arbeiten, und aus ganz anders eigennützigen Gründen, weil wir glauben, dass eine Gesellschaft auch in Zukunft guten Journalismus braucht.

Ich weiß, dass das jetzt merkwürdig pathethisch und eitel klingen mag, aber: Wenn ich tagein tagaus in diesem Blog die Medien kritisiere, dann tue ich das nicht, um Argumente gegen die Existenzberechtigung und Notwendigkeit dieser Medien zu sammeln, sondern im Gegenteil: Weil ich glaube, dass wir dringend Journalisten brauchen, die uns so wahrhaftig und transparent wie möglich informieren über das, was in der Welt passiert. Und weil ich es unerträglich finde, dass die Helmut Markworts dieser Welt ganz andere Prioritäten haben als die wahrheitsgemäße Information seiner Leser, nämlich nur ihre verdammten eigenen Interessen. Und weil ich es nicht glauben kann, dass die Medien, jetzt wo sie Konkurrenz von Amateuren bekommen haben, ausgerechnet an dem sparen, was sie von diesen unterscheidet. Und weil es mich wütend macht, wenn in vielen Online-Redaktionen keine Journalisten mehr sitzen, sondern Tratschweiber, Abschreiber und Klickstreckenbauer.

Ich finde es schlimm, wie viele Kommentatoren im Internet die Probleme des professionellen Journalismus bejubeln und glauben, es könnte eine blühende Zukunft ohne ihn geben. Aber ich kann das nicht den Kommentatoren vorwerfen — den Beweis für seine Relevanz und Zuverlässigkeit muss der Journalismus schon selbst bringen. Auch und gerade online. Patricia Riekel, die Chefredakteurin der „Bunten“, wird von der Fachzeitschrift „Horizont“ mit den Worten zitiert, sie glaube nicht, dass Journalisten „gleichzeitg [sic!] für Online und eine Zeitschrift arbeiten können. Geschichten in der ‚Bunten‘ verlangen Spitzenschreiber“. Das sind die Äußerungen, das sind die Leute, gegen die ich unser „Manifest“ setzen möchte: Leute, die suggerieren, dass man online keine „Spitzenschreiber“ braucht, dass online nur eine gewaltige Müllhalde ist mit merkwürdigen Leuten, die merkwürdige Parteien wählen und Kinderpornographie verteidigen.

Die Leute, die uns vorwerfen, nur Allbekanntes und Banales wichtigtuerisch in Thesenform gebracht zu haben, übersehen die Realität des Online-Journalismus in Deutschland. Natürlich ist es lächerlich, im Jahr 2009 zu schreiben: „Das Netz verlangt nach Vernetzung.“ Aber wie viele Online-Medien in Deutschland, die über einen Bericht, ein Interview in einem anderen Medium schreiben, setzen den Link zu dieser Quelle?

Natürlich ist es banal, im Jahr 2009 zu schreiben, „das Internet macht es möglich, direkt mit den Menschen zu kommunizieren, die man einst Leser, Zuhörer oder Zuschauer nannte – und ihr Wissen zu nutzen“. Aber wie viele Medien tun das tatsächlich? Bei sueddeutsche.de werden, trotz gegenteiliger Ankündigungen, bis heute noch jeden Abend um 19 Uhr die Kommentarbürgersteige hochgeklappt. Natürlich ist es ein Witz, im Jahr 2009 die These „Was im Netz ist, bleibt im Netz“ in ein bedeutungsschwangeres Papier zu schreiben. Aber bis heute glauben viele Journalisten, das Internet sei ein „flüchtiges Medium“ und könne entsprechend behandelt werden, während es in Wahrheit für den Normalbürger die gedruckte Zeitung ist, die schon einen Tag später nicht mehr aufzutreiben ist, während der Online-Artikel (mit all seinen Tippfehlern und unrecherchierten Inhalten) immer noch abrufbar ist.

Also: Ja, unser „Manifest“ steckt voller Selbstverständlichkeiten, von denen ich wünschte, sie wären wirklich selbstverständlich.

Es gibt eine konträre Kritik an dem Text, nämlich die, dass unsere Thesen verdammt steil sind. Die kann ich besser nachvollziehen. Ich habe mir – mit tatkräftiger Unterstützung der Feuilletonkollegen um Claudius Seidl, bei denen sowas gar nicht gut ankam – erst vor wenigen Jahren meinen viele Jahre gepflegten Kulturpessimismus abgewöhnt, und manche optimistische „Behauptungen“, die wir da aufstellen, gehen an die Grenzen dessen, was ich glaube.

Ich habe sie dennoch unterschrieben, weil ich glaube, dass eine mögliche Übertreibung in positiver Sicht ein notwendiger Ausgleich zu all den Untergangspropheten ist, die die unendlichen Chancen, die mit dem neuen Medium verbunden sind, nicht sehen wollen. Ich bestreite gar nicht, dass das Internet mit seinen Freiheiten und Möglichkeiten der Anonymität auch das Schlechteste in Menschen hervorbringt, aber das festzustellen, hilft nichts. Es hilft nur, das Internet zu umarmen und all das Gute, das es ermöglicht, heraus zu holen, und das ist unendlich viel. Natürlich kann an aufzählen, was für Mängel ein Angebot wie die Wikipedia hat. Aber dann nimmt man vermutlich nicht wahr, wie viele Menschen aus rein altruistischen Motiven daran mitgewirkt haben. Ich sehe das ja täglich an den Dutzenden Hinweisen, die wir bei BILDblog bekommen: Die Leute kriegen im Zweifelsfall noch nicht einmal eine freundliche Absage, verdienen tun sie ohnehin nichts. Sie teilen uns Dinge mit, weil sie glauben, dass das eine gute Sache ist.

ix schreibt, ihm fehlt in unserem Text die Euphorie:

mehr will ich mich jetzt eigentlich nicht mit dem manifest auseinandersetzen. ich würde mich jetzt lieber wieder für das internet begeistern und an dem was das internet eigentlich ist berauschen: pures, überbordendes potenzial.

Das trifft mich besonders, denn genau aus diesem Grund habe ich (haben, glaube ich, wir) diesen Text veröffentlicht: Aus dem Gefühl, dass das Netz so viel ermöglicht, das bisher nicht möglich war.

Natürlich kann man lamentieren, dass das Geldverdienen (und womöglich sogar das Qualitätsjornalismusfinanzieren) in der analogen Zeit leichter war. Aber was bringt dieses Lamento, wenn diese Zeit einfach vorbei ist?

Schallplatten sind toll, und ich kann gut nachvollziehen, dass es Liebhaber gibt, die sie sammeln, und Spezialisten, die dieses Medium weiter pflegen, aber wollen wir Journalisten ernsthaft die Leute sein, die dafür kämpfen, die Schallplatte zu erhalten, wenn die CD erfunden wurde und Musik sich längst ganz ohne Datenträger vertreiben lässt? Wollen wir Pferdekutschenbetreiber sein, die staatliche Hilfe fordern, damit uns das schrecklich schnelle, stinkende Auto nicht das Geschäft kaputt macht?

Ich weiß nicht, ob Zeitungen und Zeitschriften aussterben werden, ich glaube es nicht und hoffe es auch nicht — ich liebe Zeitungen. Aber man muss schon sehr verblendet sein, wenn man glaubt, dass auch nach der Ankunft eines Mediums, das so viel schneller, vielfältiger, zugänglicher ist, das aufwändige Drucken und Verschicken von Papier die natürliche, die dominante Form der Informationsvermittlung bleiben wird.

Ich finde in Zeitungen wie der „FAZ“ (für die ich arbeite) und einigen anderen immer wieder herausragende Texte, was kein Zufall ist, weil sie von Menschen geschrieben werden, die dafür ausgebildet wurden und dafür gut bezahlt werden, weil sie von anderen redigiert wurden, weil sie in einem Umfeld entstanden sind, das darauf angelegt ist, beste Bedingungen für die Produktion guter Texte zu schaffen. Die Zeitungen müssen alles dafür tun, diese Qualitäten zu bewahren.

Aber das wird nicht reichen. Sie müssen es schaffen, diese Qualitäten ins Internet zu bringen, dorthin, wo schon heute die jungen Leute sind, und in Zukunft ungefähr alle.

Schon wahr: Die Frage, wie Qualitätsjournalismus im Internet finanziert werden kann, ist noch nicht umfassend beantwortet. Aber daraus zu schließen, dass Qualitätsjournalismus im Internet nicht finanziert werden kann, ist falsch. Ein Grund, warum „Spiegel Online“ eine so dominante Position in Deutschland hat, ist der, dass man dort auch in schlechten Zeiten, als viele Konkurrenten ihr Internet-Angebot herunterfuhren, weiter investiert hat.

Nein, wir haben auch nicht für alle Herausforderungen und Probleme, die dieser Medienumbruch gerade mit sich bringt, konkrete Lösungen, und vermutlich hätten die 15 sehr unterschiedlichen Autoren, die an dem „Manifest“ mitgewirkt haben, auch sehr unterschiedliche Lösungsvorschläge. Wir haben kein 17-Punkte-Programm zur Lösung der Medienkrise vorgelegt.

Es ging mir (und ich nehme an: uns) nicht zuletzt um eine Haltung. Um die Forderung an die Verleger, Lobbyisten, Politiker, zu sehen, wie anders das Internet ist und was es alles verändert, und sich darauf ernsthaft einzulassen. Das klingt furchtbar banal und ist total revolutionär. Und es ging uns darum, ein paar Pflöcke einzuschlagen (ein paar zentrale Eckpfeiler sozusagen, jaha), nein: Markierungen, an denen wir sagen: Hier geht es nicht weiter. Wir können nicht ernsthaft darüber diskutieren, dass man Menschen als Bestrafung für Urheberrechtsverletzungen das Recht entziehen will, online zu gehen, wir können nicht ernsthaft darüber diskutieren, dass Links und Zitate genehmigungs- oder kostenpflichtig sein müssen, und so weiter.

Ich bin ein bisschen abgeschwiffen. Die Frage war: Was passiert jetzt?

Die Antwort liegt doch auf der Hand: Jetzt reden wir drüber. Es ist ein merkwürdiger Vorwurf, der uns gemacht wurde, dass wir mit dem fertigen „Manifest“ an die Öffentlichkeit gegangen seien anstatt vorher das kollaborativ mit allen Interessierten zu entwickeln. Erstens zeigt sich, dass schon 15 Leute eher zu viele als zu wenige sind, um gemeinsam und ohne Hierarchien einen pointierten Text zu entwickeln. Und zweitens ist dieser Text nicht in Stein gemeißelt oder an irgendwelche Kirchentüren geschlagen, sondern er lebt im Internet. Er kann sich weiter entwickeln (man kann sogar peinliche Stilblüten aus ihm streichen), es kann durch die Beteiligung vieler Leute und konstruktive Kritik etwas Neues, Größeres, Besseres daraus werden — und man kann ihn nehmen, um sich an ihm zu reiben und Gegenentwürfe, Parodien, Verrisse zu formulieren.

Und wir? Wir müssen das nur ernst nehmen, was wir selbst geschrieben haben: „Nicht der besserwissende, sondern der kommunizierende und hinterfragende Journalist ist gefragt.“ Von den „sozialen Grundfunktionen der Kommunikation“ haben wir gesprochen: „Zuhören und Reagieren, auch bekannt als Dialog.“ Ich gebe zu, dass wir darin selbst nicht besonders gut waren in den vergangenen Tagen, und ich finde es auch ein bisschen peinlich, dass es so aussieht, als sei uns die weltweite Verbreitung des Textes wichtiger als die Diskussion hier.

Aber das kann sich ja ändern. Und auch das ist doch eine gute Sache an so einem Text: Wir müssen uns jetzt daran messen lassen.

Übrigens ist das Wort „Behauptungen“ im Titel des „Manifests“ kein kokettes Understatement, sondern nicht anderes als die Aufforderung, sich mit Widersprüchen und Belegen daran abzuarbeiten. Ich will gerne dazu beitragen und in Zukunft noch mehr als bisher über über die konkreten Fragen diskutieren, die sich aus den sich ändernden Bedingungen ergeben, unter denen sich Journalismus bewähren muss.

Kurz gesagt: Das „Internet-Manifest“ soll nicht das Ende der Debatte sein, sondern ihr Anfang. Auf meine Fragen zur Hamburger (Bankrott-)Erklärung der Verlage habe ich übrigens von den Papier-Lobbyisten des Zeitschriftenverleger-Verband VDZ bis heute keine Antwort bekommen.

214 Replies to “Das Manifest, das Wozu und das Danach”

  1. Gutes Statement, Stefan. Respekt. Ich würde mir wünschen, dass auch von den anderen so viel Reflektion kommt. Jedenfalls gefällt mir dein Statement. Ich werde es mir noch einmal ein zweites und drittes Mal durchlesen.

  2. Auch ich habe die Diskussionen um dieses Manifest verfolgt.
    Mich störte auch, dass es dabei aber weitestgehend um Nebenschauplätze wie angebliche „Blogger-Eliten“, Seilschaften, ect. ging.
    Ich war regelrecht schockiert, wie der offentsichtliche Sinn, nämlich eine Diskussion anzuregen, oft absichtlich ignoriert und sich statt dessen über einzelne Persönlichkeiten und Unterstellungen aufgeregt wurde.
    Dazu passt einfach ein Kommentar in einem englischen Blog, den ich gestern gelesen hatte:
    „The German blogosphere is so much different than the English. There is so much envy and hatred everywhere.“
    (http://uk.techcrunch.com/2009/09/09/german-bloggers-internet-manifesto-on-journalisms-future-makes-waves/#comment-261836)

    Ich hoffe und wünsche mir, dass die Diskussion über das Manifest wieder zu ihrem ursprünglichen Zweck zurück findet.

  3. Na, wer sagt’s denn. Wenn die Kritik am Manifest solche Texte befördert, dann scheint in der deutschen Bloggosphäre doch einiges verdammt gut zu laufen.

  4. Ein sehr wohltuender Text. Vielen Dank.

    Mein Tipp: Beachtet diese kleinen Don Alphonsos einfach nicht, die hier und anderswo in den Kommentaren vollgdröhnt umherhuschen und versuchen kleine Haufen zu setzen.

  5. So gesehen ein lobenswerter, aber vielleicht auch vergeblicher Versuch. Bisher hat die Botschaft offenbar hauptsächlich diejenigen erreicht, für die sie nicht gedacht war (so interpretiere ich Deine Anmerkungen); die eigentlichen Adressaten werden aber vermutlich mit Ignoranz und Nonchalance darüber hinweg gehen.

    Man glaubt es nicht, wenn man es nicht selbst erlebt hat, mit welchen Argumenten der eine oder andere Verlagsmanager ein ordentliches Online-Engagement von sich weist. Gerade erst gehört (sinngemäß): „Bei unserem eher ländlichen Verbreitungsgebiet hat das Internet doch noch gar keine entscheidende Bedeutung bei unserer Leserschaft; auf jeden Fall nicht genug, dass man damit ein neues Internet-Angebot finanzieren könnte.“

    Bei solchen Argumenten liegt doch der Schluss nahe, dass alle neuen Entwicklungen und Errungenschaften im Netz (wie auch Euer Manifest) pfeilgrad an den Verlagen vorbeigegangen sind und es wohl auch künftig tun.

    Und ich mach‘ mir Sorgen darüber, dass ich beim Nachdenken über eine Entwicklung so langsam bin, dass sie zum Ende meines Denkvorgangs schon überholt sein könnte – wie lächerlich, wo andere doch noch nicht mal mit dem Denken angefangen haben.

  6. Ich finde ja es ist kein Internetmanifest, sondern ein Onlinejournalismus-Ethik-Manifest. Das Internet besteht nicht nur aus Onlineredaktionen und Bloggern. Das ‚Manifest‘ (Sie setzen es selbst in Anführung) deckt nur einen (sehr kleinen) Teil von dem ab was im Netz so alles passiert und angeboten wird, den Teil nämlich in dem sich die Authoren auskennen. Trotzdem muss ich sagen: Ich finde es überflüssig. Nagut, schön das sich jemand die Mühe gemacht hat ein paar Selbstverständlichkeiten einfach mal niederzuschreiben, aber wen interessierts wirklich? Nach den Authoren fällt es für die Meisten doch schon zum grossen Teil in eine gewisse Bedeutungslosigkeit ab, man muss sich zusammenreissen um beim lesen nicht zu gähnen. Das Manifest bewegt sich zwar rhetorisch auf hohen Niveau man kann es aber auch einfacher zusammenfassen. Erkenntnisse wie ‚Abschreiben ist verboten und wer’s trotzdem tut ist doof‘ sind dann doch ein wenig dünn um das Wort ‚Manifest‘ dafür zu bemühen.

  7. Ihr hättet Euch das Manifest zugunsten eines solchen Artikels sparen sollen. Ich glaube übrigens, daß diese Debatte eine Debatte weniger ist, wie so oft in Blogs. Eine Diskussion findet nicht wirklich statt, weil es an dem vorbeigeht, was die meisten interessiert, aber das es nicht alle interessiert, heißt ja nicht, daß es uninteressant oder unwichtig ist.

  8. Ich mochte am liebsten das mit dem Kulturpessimismus.

    Eins, was ich vor allem gelernt habe, als ich noch an der Uni war: Man MUSS groß auftrumpfen. Man MUSS Sachen behaupten, die vollkommen überzogen sein mögen, die Fehler enthalten usw. Sonst wird man nicht wahrgenommen. Jeder halbwegs intelligente Mensch weiß, dass die Wahrheit IMMER irgendwo in der Mitte ist, aber das ist einfach viel zu langweilig – das funktioniert vor allem in der Medienlandschaft nicht.

    Und deswegen habe ich immer Respekt vor den Leuten, die Manifeste veröffentlichen, egal ob ich mit ihnen 100-prozentig übereinstimme oder nicht. Einer muss es ja schließlich mal machen. Muss ja schließlich mal dem Rest der Welt etwas zum Diskutieren entgegen setzen. Niemand, der ein Manifest schreibt, glaubt doch, die Wahrheit gefunden zu haben. Er will eine Diskussionsgrundlage schaffen.

    Diese Ego-Rechtfertigung ist super. Sie zeigt, dass dahinter Menschen stehen, die diskutieren wollen und die die Schnauze voll haben von rückwärts blickenden Leuten. Ich find das gut. So.

  9. Der Text ist ja noch weniger auszuhalten als das Internet-Manifest, was ein Journalismus-Thesen-Papier ist. Ein schlechtes noch dazu, weil immer mehr Autoren darauf hinweisen, dass es ja quasi als Beta-Version „unter Druck“ veröffentlicht wurde – aha, so sieht das also mit der Qualität aus.

    Und das frechste überhaupt ist ja „Der Text ist nicht in Stein gemeißelt… kann verändert werden…“ – Du glaubst doch nicht wirklich, so lange SOLCHE Namen da immer noch drunter stehen, dass ich und einige andere EUCH aus der Patsche helfen!!! Hätte da „Das Internet“ unterzeichnet, dann wäre es vielleicht was geworden – aber warum soll ich Dir bei der Selbstvermarktung helfen?

    Das ist doch alles unfassbar – Journalisten erklären uns das Internet und haben selbst keine Ahnung davon und denken vorher nicht mal irgendwas zu Ende -.-

  10. @GiantPanda, paul: Danke.

    @Wolfgang: Ich bin da nicht so pessimistisch. Wir sind ja für die Verleger nicht irgendwelche Leute. Wir arbeiten für die Welt, für das Handelsblatt, für das ZDF, für Gruner+Jahr, für die FAZ — ich glaube schon, dass unsere Stimmen da in der Verlagswelt nicht völlig überhört werden. Das heißt noch nicht, dass es etwas bewirkt — aber das wäre ja auch vermessen, das zu glauben.

    @Harald Eisenmann: Natürlich ist es ein Onlinejournalismus-Manifest. Dass es uns um Journalismus geht, erklärt aber doch die Unterzeile.

  11. *puff* und schon entschwindet die diskussion in den unendlichen weiten des internet.

    viel zu viele Worte um eine völlig unnötige sache, dazu noch voller arroganz und selbstherrlichkeit – die einzigen, die sich noch dafür interessieren (oder überhaupt dafür interessiert haben) sind jene an beiden enden des spektrums zwischen hard-core printlern und möchte-gern-internet-vorreitern. der breiten masse dazwischen geht es doch völlig am a…. vorbei, was hier diskutiert wird, sie nutzen einfach das internet so für sich, wie es ihnen gefällt, wie es ihnen spass macht, und schöpfen das potenzial aus, das es ihnen bietet. sie erleben internet. sie brauchen sich nicht sagen lassen, wie internet angeblich funktioniert.

    selbst wenn viele grundideen des manifests natürlich richtig sind (bei der simplizität der thesen ja auch nicht so schwer), die art und weise ihrer manifestierung ist oberlehrerhaft, dass sie sich damit selbst im wege stehen.

    so weit weg wie ihr glaubt seid ihr von denen, die ihr erreichen wollt (und indirekt natürlich heftigst kritiert), gar nicht. schade.

  12. Glaubt Ihr eigentlich wirklich, dass die Qualität des Journalismus (mal exemplarisch) unabhängig ist vom Medium, in dem er stattfindet? Ich kann das kaum fassen, was Du hier im »FAZ«-Abschnitt schreibst.

  13. Da wir nun alle wissen, wie das internet funktioniert, wage ich, nicht rückwärts blickend, eine Frage zur Seite und in die Runde, auch auf die Gefahr hin, mich lächerlich zu machen oder albern zu wirken:

    „Was ist eigentlich Journalismus?“ Berichtet er von der Welt und vom Leben und gibt Meinungen wider oder ist Journalismus das Leben? Oder ist er einfach – so wie das Universum (lt. Stephen Hawking)

  14. Wenn ihr euch schon so gerne selbst reden hört, dann macht es bitte dort, wo es niemand hört. Euer Geschwafel im Internet entwickelt sich langsam zu einem Tinitus.

  15. Ich schwöre es: In Zukunft werde ich erst Kommentare lesen, bevor ich kommentiere. Denn meinen ‚Namens-Einwand‘ hat schon jemand anders formuliert. Bitte Kommentare löschen …

  16. Ohauaha, da muss ja ganz schön was auf Euch eingeprasselt sein…

    Aber ernsthaft konnte man, abseits von Stilblüten und der Nomenklatur-Problematik, das „Manifest“ doch nur so verstehen, wie hier beschrieben steht, oder!?

    Konkrete Kritik bleibt allerdings die Umschiffung einer Definition von „Qualität“ in _griffigen Worten_, so dass sich auch die Herren der markigen Worte „Recherche, Recherche, Recherche( – und an die Leser denken)“ ans Revers heften könnten.
    Denn eine der fabelhaften Seiten des Internet ist doch gerade, dass Genauigkeit und Schnelligkeit keine Gegensätze mehr sein müssen.

  17. Journalismus kommt doch vom Wort „jour“ wie Tag? Vielleicht wird er abgelöst durch die bessere, schnellere Form des stündlichen Heurismus – oder durch einen Minutismus? (Iss nur Spaß).

  18. Kanntet ihr eigentlich nicht das „richtige” Internet-Manifest?

    Kommentar-Software hat URL gelöscht. Bitte siehe Link auf meinem Nutzernamen.

  19. @ Stefan: Ich sage ebenfalls: Respekt. Auch wenn Du Deine Haltung schon oft genug in fulminanten Texten beschrieben hast – das war nötig nach dem missglückten Auftakt am Montag. Wenn nun die üblichen Verdächtigen (wie „misanthrop“ und andere Dons) vom „Ego-Geschwafel“ schwafeln, beweisen sie nur, dass sie nicht auf der Höhe der Diskussion und/oder daran nicht interessiert sind.

    Den Text von ix solltest Du – gemäß Internet-Manifest, Punkt 8 – bitte noch verlinken.

    Mit der Bemerkung zum Guardian-Text machst Du es Dir zu einfach und bist zu süffisant, finde ich. Das sollte nicht mal im deutschen Journalismus-Verständnis „geschenkt“ sein, schon gar nicht im angelsächsischen. Aber ja, ich kenne Deine Antwort: Das ist ein Problem der Manifest-Mitveröffentlicherin.

  20. Den großen qualitativen Sprung, den das Internet gebracht hat, ist: Es hat Gegenöffentlichkeit billiger, einfacher, schneller und wirkungsvoller gemacht. Davon hat man in den 70er, 80er Jahren geträumt. Als z.B. die Stadtmagazine entstanden, um den neuen politischen Kärften eine journalistische Stimme zu geben. Auch die TAZ kommt aus dieser Tradition. Aber: Die quantitative Realität des Internets ist eine andere. Die journalistische Massenreichweite liegt bei t-online, web.de etc. Die Dominanz liegt bei dem Write-for-clicks-Journalismus und den Stammtischkommentatoren. Dieser Write-for-Clicks-Journalismus ist die große Gefahr, die AUS dem Internet kommt. Sie ist eine Bedrohung für die gesamte journalistische Qualität (mit zahlreichen Rückwirkungen in die Printmedien hinein). Man kann auf zahllosen Sites kaum noch unterscheiden, wer dafür gezahlt hat: der Verleger oder ein Werbetreibender. Die entscheidende Frage ist und bleibt die nach der Ökonomie von Qualität, soweit sie mit realem Aufwand verbunden ist. Wer bezahlt die Produktionskosten für eine große Recherche? Für eine Arbeit, an der jemand 1 Monat lang schreibt? Außerhalb der Blogosphäre und der wissenschaftlichen Seiten ist heute das Internet derartig durchseucht von Werbe- und PR-Interessen, wie es die Öffentlichkeit früher gar nicht kannte. Sogar auf Wikipedia natürlich jede Menge „Unternehmensporträts“. Das Internet ist eine weit dialektischere Geschichte als es die Euphoriker sehen wollen oder sehen können. Es ist offen für jede Form von Kritik, Diskussionsbeiträgen, neuen gesellschaftlichen Ideen. Auf der Gegenseite marschiert die Strunzdummheit aber viel breiter voran. Die jungen Menschen lesen immer weniger Tageszeitungen. Macht euch nichts vor – da geht auch Informationsqualität auf Seiten der Nutzer verloren. Und zwar gewaltig. Wir werden es mit einer weiteren Spreizung im Gefälle zwischen den Informierten und den Uninformierten zu tun bekommen: Die da haben und selektiv Informationen heraussuchen und nutzen können, werden schlauer werden. Die „Bildungsarmen“ – die Mehrheit – steigen weiter ab. Das Internet ist alles andere als ein ökonomisch friedvolles Dorf. Wer sich da heute Illusionen macht, wird sich in 5 bis 10 Jahren die Augen reiben.

  21. Danke für diese schöne und lange Darstellung. Ich glaube die Kritiker teilen sich nicht zwangsläufig in zwei Gruppen. Bei mir haben sich beim Lesen beide Ansichten gemischt: Vermessenheit und Redundanz.
    In deiner Verteidigung fehlt mir ein Punkt, der mich am meisten beschäftigt hat. In meiner Einschätzung des Manifests überwog das Gefühl der Vermessenheit. Wahrscheinlich weil Ihr eine Wirkung eures Textes nicht bedacht habt: Es ist schlicht und einfach widersprüchlich als ‚Elite-Club‘ zu agieren und dann zu behaupten es gibt keine Elite im Netz. Dies muss doch von den Lesern als Anmaßung empfunden werden – klar: ihr habt diesen Elite-Status nicht intendiert. Aber wenn man sich so zusammentut, muss einem auch diese kommunikative Wirkung klar sein: das ihr danach wie ein Verein _aussieht_, so lose und spontan es auch zustande kam.
    So ist von meiner Sicht schon dieses Zustandekommen des Manifests ein Gegenargument. Nicht auf der Ebene des Vorwurfs: „Warum gab’s kein Wiki?“ Sondern auf der Ebene deiner Antwort: „Weil es mit vielen Menschen nicht möglich ist, so was zu machen.“ Offensichtlich glaubt ihr selbst nicht an die Thesen. Das kann jeder beim Lesen von Kommentaren auf euren vielbesuchten Blogs auch nachvollziehen kann, denke ich. Aber wieso stellt ihr sie dann so auf?

  22. Drüben bei Wikimedia ist man ein ähnliches Problem anders angegangen: Die Stiftung tritt trotz enormen Wachstums, ständiger Änderungen und Großspenden irgendwie auf der Stelle. Um eine neue Strategie aufzustellen, hat man – wie soll es bei Wikimedia anders auch sein – ein Wiki aufgesetzt.

    http://strategy.wikimedia.org

    Die haben die Arbeit in drei Phasen aufgeteilt, von denen jede ein paar Monate benötigt. Erster Schritt ist eine Analyse des Ist-Zustands und der Entwicklungen, die dort hin geführt haben.

    Ein Wiki ist nicht jedermanns Sache. Wie wäre es also, wenn man das Ganze per Blogs organisiert. Einige Fragestellungen werden definiert und Blogger tragen die Antworten zusammen und per Trackback werden sie zusammengefügt.

    Wenn man das – wer in aller Welt hat die Zeit und die Ressourcen? – geschickt moderiert, könnte daraus eine spannende Situationsbeschreibung entstehen, aus der man dann neue Visionen und Forderungen kompilieren kann.

    Eine spannende Einsteigsfrage wäre vielleicht eine individuelle: Wie hat das Internet Euer Leben verändert? Was war vor 15, 20 Jahren mit Euch los? Was ist besser, was ist schlechter?

  23. Sehr vernünftig, was Du da schreibst – Danke für diese Reflexion. Die Intention, die Ihr alle mit dem Manifest verfolgt, ist genau die richtige und es ist sicherlich auch höchste Zeit, so einen Gegenentwurf zu den ganzen Bsitzstandswahrern zu bauen. Dennoch bleibe ich bei meiner Kritik, dass die sprachliche und inhaltliche Qualität erschreckend weit hinter dem zurück bleibt, was man braucht und von Euch gewohnt ist. Es wirkt wie ein Schnellschuss, eine aus dem Impuls entstandene Tirade. Insofern bin ich eben doch relativ enttäuscht.

  24. Ich frage mich, ob es nicht sinnvoll wäre, das Manifest mit Fakten zu untermauern. Klar, mir persönlich muss niemand beweisen, dass Partizipation die Qualität des Journalismus steigert, nicht mindert. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass die professionellen Zweifler, also die vom Manifest Angesprochenen (und vielleicht noch viel mehr Leute), überhaupt wissen, was mit den 17 Behauptungen wirklich gemeint ist. Gehört hat man das alles schonmal, aber um es in seiner vollen Tiefe zu begreifen, sind viele viele weitere Infos nötig. Natürlich kann ein Manifest solch Tiefe nicht bieten (soll es vermutlich auch nicht).

    Woher aber die Fakten nehmen? Aus der Wissenschaft. Ich weiß, dass manche schon gelangweilt sind von all den web-zwo-nulligen Studien, die all die ach so hippen Studis derzeit durchführen und die sich angeblich immer um die selben Themen drehen. Aber das ist Wissen, das sind Fakten, Erkenntnisse, die sicherlich viele der Behauptungen klar und deutlich belegen. Ich bin sicher, es gibt einen riesigen Fundus frischer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu diesem Oberthema (Onlinejournalismus und Web 2.0). Aus dem sich auf einer Meta-Ebene Handlungsempfehlungen ableiten ließen.

    Wäre es nicht sinnvoll, Angaben über solche aktuellen, aber doch meist auf einzelne Teilbereiche bezogenen Studien zentral zu bündeln und verfügbar zu machen? Die ganze Diskussion scheint mir viel zu oft davon geprägt, dass die verschiedenen Parteien sich Meinungen um die Köppe hauen, die dann halt „irgendwie so“ im Raum stehen wie nun laut obigem Text das Manifest.

    Wäre ich ein Zweifler, der nun durch das Manifest (hoffentlich und im Idealfall) hellhörig und neugierig wird, würde ich jetzt nach Fakten suchen, nach Erfahrungen, nach positiven Fallbeispielen, nach Handlungsanweisungen und Ideen. Würde wissen wollen, ob das denn nun alles stimmt, was da steht und was es genau damit auf sich hat. Mir würde nicht reichen, das mir einer (oder meinetwegen 15) sagt (sagen) „Is so.“

    Ich müsste mich wohl durch ein sehr diffuses Wirrwarr von Fakten und Meinungen und für mich als Außenstehendem Unterständlichem wühlen, wodurch ich vielleicht auch gleich wieder die Lust und Neugierde verlieren würde…

    Disclaimer: Ich bin Journalistik-Studentin und hab gerade eine von diesen web-zwo-nulligen Diplomarbeiten geschrieben. Darin stehen, ähnlich wie im Manifest, eine Million Dinge, die jeder Intensivnutzer des Netzes schon lange weiß, die so manch einem zweifelnden Außenstehenden (Journalisten) aber ordentlich das journalistische Weltbild durchpusten dürften. Sprich: Ich bin in diesem Kommentar total voreingenommen, weiß aber, wovon ich schreibe. (Und nee, ich will hier grad nix verticken.)

  25. @Stefan Niggemeier

    Ja, ist mir bewusst. Hab das auch grad nur spontan runtergeschrieben und – huch – kein fertiges Lösungskonzept. ;) Es ist ein riesiger Haufen und ich hab keine Ahnung, wie man sowas aufziehen müsste. Vielleicht auch Wiki-mäßig. Vielleicht ist es auch unmöglich. Vielleicht würde auch keiner mitmachen wollen oder es würde in Eigen-PR ausarten. Aber drüber laut nachdenken kann man ja mal.

  26. zu (16): Vielleicht liegt die relative Enttäuschung (jedenfalls meine) einiger gerade darin, dass ein „Internet-Manifest“ gerade nicht auf den Journalismus zu beschränken ist. Medien, Politik und Bildungsbereich zeigen doch dasselbe eklatante Strukturproblem (was das Verständnis Neuer Medien angeht), und vor allem hängen diese Bereiche im öffentlichen Diskurs derzeit sehr eng zusammen.

    Ein Onlinejournalismus-Manifest wie dieses ist sicher berechtigt und auch über die Branche hinaus interessant. Mit dem Titel jedoch uns alle ins Boot zuholen und im Untertitel 2/3 davon wieder herauszustupsen, ist eher so mittelgeschickt. So ergibt sich eben der unangenehme Eindruck des „Tunnelblicks mit Breitspurslang“. Und der ist nun sicher nicht gewollt.

  27. Ich habe die Diskussion in den letzten Tagen nur am Rande verfolgt und war gerade umso begeisterter, als ich gesehen habe, in wie viele Sprachen das „Manifest“ (provokanter Titel und deswegen von Herrn Niggemeier zurecht in Anführungsstriche gesetzt) bereits übersetzt wurde. Das sollte deutlich gemacht haben, wie notwendig es war, dass mal ein paar erfahrene Netzpublizisten das vielfach als „altbekannt“ Kritisierte aufzuschreiben. Schön außerdem, in diesem Blogeintrag zu erfahren, wie die Sache ins Rollen kam (Mario Sixtus‘ E-Mail „Es reicht“, wahre Worte!), und die Diskussion noch mal reflektiert zusammengefasst zu bekommen. Danke dafür!

  28. Nicht in Stein gemeißelt, aber in Zig Sprachen übersetzt, in denen das schlecht geschriebene Manifest wer weiß wie rüberkommt, das widerspricht sich etwas…. –Detlef

  29. Ein wirklicher Medienjournalismus wäre einer, der Google analysiert. Ein wirklicher Medienjournalismus wäre einer, der die Infektion von Texten durch virales Marketing enthüllt. Das wäre modern. Modern wäre es, den großen Bruder in Amerika einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Was Sie, Herr Niggemeier tun, hat seinen Reiz und sein Recht. Aber mit „Medien“ hat das alles längst nichts mehr zu tun. Sie gehen durch den Wald und zählen Borkenkäfe. Aber von der „Cloud“ herabregnet, das sehen Sie nicht.

  30. Sehr guter Text. Auch kann ich den Zielgruppen-Gedanken – als nebenbei bloggender Geschäftsmann – sehr gut nachvollziehen.

    Und verschwenden Sie keinen Gedanken an DonAlphonso. Ich verfolge sein Blog seit langem, und er hat sich zu einem Hort der Destruktivität und des Pessimismus zurückentwickelt. Und scheint das zu genießen.

    Bitte hören Sie nicht auf, an der Brücke zwischen den „Web-Insidern“ und den „Offlinern“ zu arbeiten.

  31. Sehr eloquente Verteidigungsrede, Herr Anwalt. Es gab ja durchaus berechtigte Kritikpunkte, nur dass man irgendwann vor lauter Unterstellungen das zentrale Eckthema nicht mehr sehen konnte. Lobobashing mag der neue Mobsport sein, als Grundlage für vernünftige Kritik ist es aber denkbar ungeeignet. Dann können wir uns jetzt endlich mit dem Wohin beschäftigen.

  32. @misanthrop: Ganz eindeutig purer Anthropozentrismus! Die Ameisen und die Schlingpflanzen beispielsweise werden eiskalt außen vor gelassen. Das spricht doch für sich!

    Ansonsten ein erhellender und angenehmer Text, finde ich.

  33. Sollte man mit Leuten, die an sich nicht blöd sind, die aber das Internet nicht verstehen, wirklich durch eine Internet-Seite in ein Gespräch zu kommen versuchen? Wäre es nicht aussichtsreicher, ihnen ein gutes Buch zu schenken, oder etwas in der Art?

  34. Das „Manifest“ war schwach. In mehrfacher Hinsicht. Und unter dem Aspekt, dass es von durch aus ernstzunehmenden Journalisten verfasst wurde. Keine Verantwortung, Zynismus, Durcheinander in Behauptungen, Erkärungen und Möglichkeiten und die Freiheit des Internets ist nicht Punkt 1. Was soll das sein? Wurde das Manifest in der Wurstsemmelpause verfasst? Enttäuschend.

  35. Schwer erträglich ist die nun ständig zu hörende Selbstbeglückwunschung der Manifestanten dazu, dass dieses „Manifest“ ja doch nun immerhin sein Ziel erreicht habe, indem es weithin diskutiert werde. Die Aufmerksamkeit hat es schlicht deshalb bekommen, weil es das erste dieser Art in Deutschland gewesen ist – obwohl es grauenhaft unklar, floskelhaft und prätentiös daherkommt.

    Eine blamabel versemmelte Chance, denn kein anderer, besserer Anlauf wird voraussichtlich noch einmal die Aufmerksamkeit dieses ersten bekommen. Trotzdem klopfen sich die „Manifest“-Autoren auch noch auf die Schulter dafür, dass Tausende Menschen beim Namen benennen, wie sie’s versemmelt haben. Gut gemacht, Leute, wirklich klasse.

  36. Zwei Dinge die das Thema tangieren, und die ich schon immer mal sagen wollte, aber noch niemals gesagt habe:

    1. Ich finde Texte, Video – und Audiobeiträge also die Adaption der klassischen Medien (Print, Radio, Fernsehen) nicht adäquat ist gegenüber den Möglichkeiten des Internets. Das Internet bietet völlig neue Formen der Interaktion. (Immerhin gibt bei den USA-Wahlen interaktive Karten, aber das war es schon.) Die Zukunft der Informationsvermittlung liegt in der Möglichkeit den Rezipient intuitiv und interaktiv Information erfahrbar zu machen. Z.B. die Geschehnisse eines Tages und deren Zusammenhänge in einer Flash-Animation aufzubereiten, die man selbst steuern kann, fände ich großartig. Vielleicht mache ich das demnächst selbst.

    2. Was genau bedeutet „Do what yo do best, and link to the rest“ für die Süddeutsche, für die FAZ und für die taz? Wo genau liegen da die Stärken und Schwächen. Werden diese Zeitungen wegen ihrer Stärken gelesen? Welche Ressorts überleben und welche werden im Internet hinfällig. Um auf den Punkt zu kommen. Ich glaube, dass die Aufgaben und Ressorts neue gedacht werden müssen. Die Unterteilungen wie Wirtschaft, Sport und Politik umreissen nicht das künftige Aufgabengebiet der online-Medien.

  37. @30, Stefan Niggemeier: Ich bin total perplex, ehrlich gesagt, aber die Antwort erklärt natürlich einiges.

    Noch nie einen Gedanken daran verschwendet, dass »das Internet« der Grund für die Art des in ihm stattfindenden Journalismus ist und damit auch für die Qualität dieses Journalismus? Wie kannst Du von »genauso gut« und sogar »besser« reden, wenn es sich doch um ein völlig anderes, zumal eigenständiges Medium handelt?

    Das ist so, als würdest Du behaupten, im Radio fände besserer Journalismus statt als im Fernsehen, oder als würden in Büchern schlechtere Geschichten erzählt als am Lagerfeuer.

    Was ist das für eine konservative Sicht auf ein (vermeintlich) neues Medium, seine Funktionalität und seine Inhalte? Du argumentierst, als sei das Internet nichts weiter als ein interaktives Printmedium oder ein lustiges Konglomerat aus allen bisher verfügbaren Medien, jedoch nichts eigenständiges.

    Eine Zeitschrift ist doch kein Buch mit Bildern, und ein Bilderbuch sind doch nicht bloß zusammengeklappte Gemälde.

    Es muss doch außer Frage stehen, dass jedem Medium eine ganz eigene Qualität innewohnt — Qualität im Sinne der Art und Weise der Informationsver- und -übermittlung, aber natürlich auch im Sinne von Relevanz, Glaubwürdigkeit, Überprüfbarkeit, usw.

    Diese Qualität bildet sich im Laufe der Verwendung heraus, aber doch nicht, indem man sie heraufbeschwört oder gar auf Basis von *schlechten Beispielen* postuliert: »Hey, das läuft gerade doof, das Internet kann es viel besser!!!«

    Woher wollt Ihr denn wissen, dass »das Internet« nicht *genau so ist*, und lediglich *genau diese* (angeblich beschissene) Qualität zu liefern im Stande ist?

    Richtig: Könnt Ihr nicht. Und im Augenblick spricht auch so ziemlich alles dagegen.

    Findet Ihr ja auch.

  38. trotzdem geht auch dieser text am thema vorbei. finde ich. und deshalb müsst ihr euch weiterhin der (berechtigten) kritik stellen. denn wo wollt ihr die leute abholen, die für eure ideen für euch einstehen? wie wollt ihr sie motivieren, selbst kritisch mit dem thema umzugehen? welche lösungen habt ihr für die es sich nachzudenken lohnt? wo steht der feind? all das sollte mindestens in einem manifest (wenn man es schon so nennt) stehen. denn es geht doch um veränderungen, neue wahrnehmungen. ihr erklärt einen kleinen teil des internets, mehr nicht; welcher revolutionärer gedanke sollte darin enthalten sein?
    darüber hinaus müsst ihr euch die frage gefallen lassen: wo denn eure qualitativ hohen journalistischen inhalte stehen, für die ihr so verbissen kämpft. ich konnte sie bisher nicht finden. ihr sagt, was euch bei den anderen nicht gefällt. könnt ihr ja auch. aber dann macht es auch besser, wenn ihr denkt, dass ihr es könnt.

  39. Es wäre wünschenswert, wenn sich eine einflussreiche Vereinigung dieser Thesen annehmen würde. Denn wie das Internet in Zukunft aussehen wird, das wird jetzt entschieden. Wer Einfluss hat, kann auch die Regeln bestimmen. Und ganz so abwegig ist die Vorstellung, für Verlinkungen Geld zu verlangen, nicht: schließlich ist die Telefonauskunft (inzwischen) auch kostenpflichtig, und TV-Programmzeitschriften müssen ebenfalls für den Abdruck des Programms zahlen. Alles also nur eine Frage der Abmachung.

  40. Mann-o-Mann, was hier wieder einige offenbar komplexbeladene Wichtel angesch***en kommen um sich in argumentloser Kritik zu üben.
    Lest doch einfach nichts mehr hier und bei anderen Bloggern die bekannter sind als ihr selber, wenn es alles so schrecklich ist. Ich guck ja auch keine Gerichts- und Nachmittagstalkshows oder in eines eurer (sicherlich fantastischen) Blogs, da könnt ihr euch doch sicher auch wirksam vor Zumutungen schützen.

  41. @68

    …aber andere leute gucken gerichtsshows und die könnten sich zusammentun und die könnten rausfinden, dass du gerichtsshows nicht gut findest und dann machen sie dich fertig…

    ich fühle mich zwar nicht von deinem kommentar angesprochen, aber kritik gehört zum diskurs. das muss man lernen.

  42. Wie sollte es anders sein… Die nicht am Manifest Beteiligten fuehlen sich uebergangen und fuehren haarspalterische Debatten. So weit so deutsch.

  43. @ 68:
    Das ist dann wohl das, was Du mit „Jetzt reden wir drüber“ meintest, Stefan. Einen Kommentar stehenzulassen, der anscheinend ein paar harmlose Lautnachdenker und Privatblogger vor ihm als „komplexbeladene Wichtel“ bezeichnet, die „angeschissen kommen, um sich in argumentloser Kritik“ zu üben und sich gefälligst in ihre wenig gelesenen Blogs zurückziehen sollen. Autoritärer und prolliger geht’s nicht. Aber wen interessiert das, wenn es Dir in den Kram passt.

  44. Provokation ist ja manchmal ganz nützlich. Aber sie muss gut gemacht sein um nicht letztlich nur ein Abklatsch dessen zu sein, was man sonst so gerne (und richtigerweise) kritisiert. Daher war der Anspruch „Manifest“ und dann das Zurückrudern auf ‚Diskussionsgrundlage‘ falsch. Die aufgestellten Behauptungen mögen in Selbsthilfegruppen frustrierter Journalisten reinigend wirken – als Diskussionspapier sind sie es (meines Erachtens) nicht, weil sie nur tautologisch sind: ‚Es ist so, weil es so ist‘ – das ist der Tenor dieses Manifests und das war mir in Anbetracht dessen, was Sie, Herr Niggemeier, hier schon geschrieben haben, viel zu wenig.

    Natürlich muss man darüber diskutieren, wer so etwas schreibt und veröffentlicht. ich bin kein grosser beobachter der Szene, aber was Stefan Niggemeier für die „Blogosphäre“ getan hat und tut (ich spreche da aus eigener Erfahrung) ist viel epochaler als dieser Text es sein kann. Es ist praktizierter Onlinejournalismus.

    Bei anderen sieht dies anders aus und wirkt wie ein fades Lippenbekenntnis (ich nenne keine Namen; das tut nichts zur Sache). Es sind – man verzeihe mir diese Plattitüde – die üblichen Verdächtigen, von denen mir zu viele Wein predigen und Wasser trinken (sorry, ich möchte im Diffusen bleiben; man kann mir das ja vorwerfen).

    Man wird mit diesem „Manifest“ die Leute, die es tatsächlich angehen soll, nicht zum Nachdenken anregen können. Bei allem Verständnis für Frust: Solche Selbstbeschwörungsformeln holen niemanden hinter dem Ofen hervor. Da hätte man prägnanter, radikaler, zielgerichteter vorgehen müssen. Wenn überhaupt.

  45. Danke für die ausführliche Erläuterung.

    Aus meiner Sicht liegt das Hauptproblem des Manifests darin, dass es ein Versuch ist, ebenso pathetisch auf den Lobbyismus einiger Verleger zu antworten. Gleichzeitig scheint es der Annahme zu entspringen, dass in den Verlagen hauptsächlich vor allem Menschen arbeiten, die Printgewohnheiten auf online übertragen. Das ist aber falsch, es gibt in den Onlineabteilungen der Verlage reihenweise fähige Leute, denen man mit solchen Aussagen nicht Neues erzählt.

    Lobbyismus ist naturgemäß verzerrend, (höchstens) halbwahr und interessengeleitet. Deshalb wundert es mich, dass man die Behauptungen der Lobbyerklärungen offenbar allzu ernst nahm. Dazu kommt die verschobene Perspektive, dass auf den ersten Blick kein Adressat zu erkennen ist und stattdessen überaus allgemein(gültig) und vage formuliert wird.

    Dafür, dass alle Beteiligten mehr oder weniger Berufskommunikatoren sind, ist das Ergebnis aus meiner Sicht in vielerlei Hinsicht zu unscharf – von der kommunikativen Perspektive bis hin zur Sprache. Und dass sich diese Sammlung Berater, Aktivisten und Journalisten keine Gedanken über Folgen gemacht haben will… naja ;)

    Und Fraun Bunz‘ Jubelartikel beim Guardian ist IMHO eine Frechheit.

  46. So hört sich das doch ganz anders an als im Manifest – was Stefan Niggemeier hier sagt, finde ich sehr wahr und bedenkenswert. Und was – nur ein Nebenaspekt – hinsichtlich SPON sagt ist leider richtig: Sparen (bei den Wettbewerbern) ist definitiv kein Rezept für publizistischen Erfolg.

    Was bei der Qualitätsdebatte und der Frage nach dem Auf-Augenhöhe sein des Journalismus im Netz noch ergänzt werden kann: Nicht nur Journalisten, auch viele Presse-Ansprechpartner und Entscheider sehen bis heute in Online einen Journalismus zweiter Klasse, in dem man selbst als renommiertes Online-Medium jahrelang sehr wurde und noch immer spürbar benachteiligt wird. Erst weniger Player haben begriffen, dass die Unterscheidung zwischen Online und nicht völlig unsinnig ist, dass man allenfalls nach publizistischer bedeutung fragen kann (und die ist bei vielen Online-Angeboten inzwischen höher als bei sehr vielen deutschen Lokal- und Regionalzeitungen). Ich habe diesen ganzen Prozess mit der (stockkonservativen) Auromobilindustrie miterlebt.

  47. @64: Doch, Online-Journalismus ist, wie der Name schon verrät, zunächst einmal Journalismus, Unterabteilung Online, d.h die für Journalismus geltenden professionellen Kriterien und Definitionen gelten. Daneben gibt es Sonderausgprägungen – wie halt in jeder Sparte wie Print-, Hörfunk und Fernsehen. Ebenso wenig wie das Fernesehen den Journalismus neu erfunden hat, erfindet ihn das Netz neu.

  48. Ein Punkt wäre mir noch wichtig nachzutragen: Mir scheint euer Manifest auch theoretisch auf wackligen Füßen zu stehen. Information, Öffentlichkeit, Medien, Kommunikation und andere Begriffe werden in einem naiven, fast vorwissenschaftlichen Sinn verwendet. Oder – na gut! – im üblichen populär-habermas’schen Sinn: „Die ‚kritische Öffentlichkeit‘, das bin im Zweifelsfalle ich. Denn ich weiß, wie gut ich bin, und ich habe studiert.“

    Als was aber eine kritische Öffentlichkeit sich ‚wirklich‘ entpuppen kann, das habt ihr ja in den letzten Tagen gelernt. Schimpfen denn unter euch schon einige über diesen schnöden Internet-Pöbel, der so unflätig euer schönes Manifest begeiferte?

  49. Stefan, danke. Ehrlich gesagt ist es genau das, was ich persönlich mir als Manifest gewünscht hätte, etwas persönliches, etwas kämpferisches, etwas selbstkritisches, mit der entsprechenden Einführung und der entsprechenden Kampfansage.

    Das hier hat was, das hat Schmackes, das hat Leidenschaft, das hier verliert sich nicht in Allgemeinplätzen, das betrachtet beide Seiten der Medaille und ist ausdifferenzierter als das Manifest. Gelungen! Und im übrigen hättet ihr den Lobo komplett weglassen sollen und euch noch ein paar online-affine Printjournalisten suchen sollen. Das ganze dann als Entwurf zum Mitdiskutieren, als Bewegung deklariert, hätte gut funktionieren können.

  50. @78 Ich betrachte dahergelaufene Online-Journalisten eher als Pöbel, wenn Sie versuchen als WWW-Mausschhubser dem Internet Ihre krude Sichtweise aufzudrängen. Wir haben euch vor 15 Jahren nicht gebraucht und wir brauchen euch eigentlich auch jetzt nicht und das Ihr keine für euch tragfähigen Geschäftsmodelle findet, dafür kann ich nichts.

    Ich hoffe eure Vorgehensweise Öffnet euch die Tür zu zahlreichen Fernsehauftritten, da passen auffällige Irrlichter besser hin….

    Nein ich Suche keinen Dialog (nicht mit einer selbsternannten Elite)
    Meine Kritik ist destruktiv? Das ist gewollt. Was Mist bleibt Mist.
    Ich bin überheblich und großkotzig? Nun ich wolle auf Augenhöhe mit euch reden.

  51. Verdammt, tippt sich schwer auf sonem „mobilen“ Device – entschuldigt die Schreibfehler. Komisch, irgendwer hatte auch schonmal Editfunktionen erfunden… Die sind den Bloggern wohl zu innovativ?

  52. Raphael, das habe ich mir auch gedacht, dass diesmal tatsächlich in klarer Sprache konkrete Missstände benannt wurden. Was für ein Unterschied zu einem Allgemeingeschwurbel, bei dem man kaum wissen konnte, was genau gemeint war – am wenigsten die Angesprochenen selbst.

  53. @S.N.: Erhellender Nachklapp, ich fand ihn auch überzeugender als das „Manifest“. @Kommentatoren: Interessante Nach-Diskussion. (Von einigen destruktiven Spaß(?)-Kommentaren abgesehen.) Habe allerdings Zweifel, ob das alles jetzt einen großen Schritt weiter bringt, vor allem außerhalb der Blog-Diskussionen. Aber mal gucken. Und ein langsamer Schritt vorwärts ist ja besser als im Stau stecken oder gar rückwärts rollen.

  54. Danke für die Erläuterungen. Schade, dass das Manifest stilistisch und stellenweise auch inhaltlich hinter Deinem Beitrag zurückbleibt. 15 Leute sind in der Tat schon etwas viele Köche; den Vorwurf, dass Ihr das Manifest offen in einem Wiki hättet entwickeln lassen sollen, kann ich deshalb nicht ernst nehmen – so ein Experiment kann funktionieren, der erste Versuch musste aber ja schon abgebrochen werden…

    Interessant auch die Richtigstellung en passant („Mail von Mario Sixtus, die alles anstieß“).

  55. Sorry, Stefan, aber wenn Ihr Euch als „kompetente“ web2.0-Akteure betrachtet, sich also einige von Euch als sog. Webberater etablieren wollen, dann hättet Ihr das Deseaster vorab erkennen MÜSSEN!

    So sind diese Ohrfeigen, die Ihr Euch von mehr oder weniger kompetenten Bloggern eingefangen habt (mich eingeschlossen), absolut berechtigt.

    Das zeigt mir nur, dass Ihr nicht aufgrund Eurer „Schreibe“ zu Alpha-Bloggern mutiert seid, sondern allein aufgrund Eures Berufes und der Quellen, auf die Ihr zurückgreifen könnt. Wenn Ihr Euch das nächste Mal einfach mehr Bescheidenheit und Kooperation (auch gegenüber uns profanen Bloggern) signalisiert, dann könnte es sogar glatt passieren, dass einige von uns Euch unterstützen. Wobei ich mir das Recht abspreche, für die „anderen“ Blogger zu sprechen.

    Allerdings, Eure Kurzsichtigkeit und auch offensichtliche Inkompetenz im Umgang mit Web2.0 hat dazu geführt, dass Ihr Euch alle noch mehr verbrannt habt.

    Wie war das nochmal mit dem Sprichwort bezüglich dem Tanzen auf dem dünnen Eis?

  56. @77, Martin Vogt: Öhm, wieso genau sollte nun also Online-Journalismus besser sein können als, wie nennen wir es denn mal… Print-Journalismus? Weil online mehr Funktionen hat? Weil es schneller ist? Wieso sollte da eine höhere Qualität bei rausspringen?

  57. [email protected]: Missverständnis: Ich bin nicht der Meinung, dass der Online-Journalismus etwas prinzipiell besser kann. Ich wollte nur sagen, dass (entgegen manchem Eindruck, der im Web verbreitet ist) Online-Journalismus nichts per se anderes ist als Journalismus, sondern einfach eine Variante. OPb besser oder schlechter hängt nicht vom technischen Medium ab, sondern den Produktionsbedingungen.

  58. So gesehen entspricht das Manifest einem Stein des Anstosses, der ins Wasser geworfen wird, um dort seine Kreise zu ziehen?!

  59. Herr Niggemeier bei These 8 heißt es u.a. :

    セスとしての情報の提示などが含まれ、活字媒体が不変性を失うことで利益をもたらされる。この新たな情報の世界を生き延びるには、新たな理想、新たな報道認識、そして新たな可能性を利用することへの喜びが必要となる
    (hier nachzulesen: http://peer2peer.blog79.fc2.com/blog-entry-1552.html)

    Ganz ehrlich? Ich verstehe das nicht.

  60. Uns schon wieder muss ich was von „selbsternannter Elite“ lesen und frage mich wo um alles in der Welt sich die Unterzeichner des „Manifestes“ als Elite bezeichnet haben.
    Wenn ich dann Kommentare wie 86. lese, komme ich wirklich zum Schluss, dass es sich wohl zum großen Teil bei diesen destruktiven Äußerungen um Leute handelt die jetzt sauer sind das sie nicht mit eingebunden wurden.
    Aber nur weil sich eine Gruppe von Bloggern zu einem Thema äußern wollte, kann man doch bitte schön nicht erwarten das jeder der unzähligen Blogger in der Republik dabei eingebunden wird.
    Daraus nun abzuleiten die Unterzeichner würden sich als Elite verstehen ist haarsträubend.
    Ich bin, wie in meinem ersten Kommentar hier schon geäußert, immer noch der Meinung das hier viel Neid und Hass eine Rolle spielen.
    Man hat nichts konstruktives zum Thema beizutragen, ist aus unerfindlichen Gründen beleidigt, ect. und pöbelt sich nun durch alle möglichen Blogs zu diesem Thema.
    So disqualifiziert man sich einfach selber nur noch weiter.
    Schade.

  61. Da sich ein nicht unerheblicher Teil der Kritik ja auch auf den sehr hoch gegriffenen Titel „Internet-Manifest“ bezog: Drüben bei Herrn Knüwer durfte ich lesen, dass man die 17 Behauptungen so überschrieben hat, weil die Domain noch frei war… Den Vorwurf der Arroganz müssen Sie und Ihre Mitunterzeichner sich jetzt allerdings gefallen lassen – auch wenn es eine „Arroganz aus Notwehr“ gewesen sein sollte.
    Ich weiß nicht, ob es ein „Manifest“ für guten Journalismus im Internet braucht. Aber vielleicht braucht es ein „Manifest“ für guten Journalismus. Und da finde ich das, was Sie, Herr Niggemeier, regelmäßig in Ihrem Blog veranstalten, um einiges inspirierender und wirkungsvoller als das so genannte Manifest (und auch als diese Verteidigung hier…).

  62. Gibt es eigentlich wirklich (noch) Leute, die das Internet für eine irgendwann weggehende „Phase“ halten? Man sollte meinen, dass die schon vor 10 Jahren etwas gemerkt haben müssten, als dieses Internetdings auch schon gut 10 Jahre alt war und anstatt irgendwelche Anstalten wegzugehen zu machen, im Gegenteil, zunehmend wuchs und an Bedeutung gewann. Gut, zu der Zeit gab es auch Telekomiker, die proklamierten, dass die Menschen/Kunden dieses neumodische schnelle DSL-Zeugs garnicht wollen werden weil sie ja schon zufrieden mit ihren langsamen Modems sind, aber trotzdem.
    („…guitar groups are on the way out…/…The Beatles have no future in show business…“ Decca Records, 1962)

    Vor pi mal Daumen 65 Millionen Jahren schlug ein mittelgrosser Himmelskörper auf der Erde ein, was die Umweltbedingungen und Nahrungsketten nachhaltig beeinflusste und zum weitgehenden Niedergang der Dinosaurier führte. Einige wenige konnten sich evolutionär anpassen (die nennen wir heute „Vögel“), ansonsten führte diese Veränderung zum Aufstieg einer ganz anderen Klasse von Lebewesen, den Säugetieren. Wie das halt so geht.

    Mit dem Internet ist mal wieder ein Asteroid eingeschlagen. Die Dinosaurier von heute sahen ihn kommen, entschieden sich aber, die Gefahr weitgehend zu ignorieren oder herunterzuspielen. Jetzt versuchen sie mit den lustigsten Mitteln, die Realität der sich verändernden Umweltbedingungen zu negieren. Einige Dinosaurier verklagen die Säugetiere. Andere versuchen viel zu schnell, zu Vögeln zu werden, und können damit natürlich nur scheitern. Wieder andere sitzen auf einem Berg im Kreis, stecken die Finger in die Ohren und singen laut „LÄLÄLÄLÄLÄ“… Dinosaurier sind schon komisch…

  63. @ 71
    Ich hatte einfach mal Lust ausnahmsweise das Erste das mir eingefallen ist hinzuschreiben, als ich die Kommentare 3, 15 und 31 und einige ähnliche gelesen hatte. Wenn mein Beitrag zu denen nicht passt, dann weiß ich es auch nicht.

  64. @Martina #86
    muss man sich nur beim Thema Journalismus mit euch Bloggern absprechen, oder gilt das auch bei anderen Themen wie Literatur, Musik & Politik?
    Und wo ist denn die offizielle Blogger Kooperations- und Erlaubnisstelle? Ist es alleausserlobo.de oder bunzschonmalgarnicht.net?

  65. Abgeschwiffen..hmm..das schönste falsche Wort, das ich heute gelesen habe. ;-)

    Und zum Inhalt: Unterschreibe ich! (Aber nur, wenn jemand das Wort „abgeschwiffen“ verbessert)

  66. Schöner, emotionaler, nachvollziehbarer Text. Schade, dass er hinterher kommt, als nachgeschobene Verteidigung, nicht als Begleitung und Erklärung für das „Manifest“, das — man sieht es an den Reaktionen — auf seinen eigenen tönernen Füßen nicht stehen kann.

    Warum ein so dünne, so schlecht gegengelesene, handwerklich so schlechte Thesensammlung überhaupt unter dem Namen „Manifest“ raushauen, mit finaler Unterzeichnerliste, wenn man wirklich nichts anderes wollte als eine Diskussion anregen? Warum nicht die Unterzeichnerliste offenlassen, warum nicht mal ein, zwei Leute außerhalb der üblichen Wir-verlinken-uns-gegenseitig-Posse ins Boot holen, warum das Ganze nicht als den Anfang einer Diskussion deklarieren. Ach, und warum die alberne Werbersprache?

    Sorry, aber nach der Lektüre Deines heutigen Postings verstehe ich die ganze Sache noch weniger.

  67. @nona #97:

    Heute Nacht war ich bei fast vierzig Grad, von daher: Danke, sehr lieb, nicht mehr nötig.

    Ich werde immer unschlüssiger, ob es an der Grippeschutzimpfung vom Mittwoch oder dem Blödsinn, denn so mancher hier und anderswo absondert, liegt.

  68. @96: Das ändert einiges, danke für die Klärung. Man glaubt’s ja manchmal echt nicht, was man hier zu lesen bekommt.

  69. Wobei, was mich mittlerweile genrell an solchen Beiträgen stört ist die immer gleiche Vorgehensweise:

    Man macht etwas, um sich zu profillieren (siebe Lobo/Vodafone), das finden ganz viele Leute im Netz richtig doof (und die kommentieren das auch noch! ts, ts, ts…), dann kommt das große vorsichhinlamentierende Erklärstück (siehe Lobos Vodafone-Selbstinterview), aber grundsätzlich wird an dem Vorgehen nichts geändert, geschweige denn, etwas zurück genommen. Aber immerhin wird uns dieses mal das Angebot zum Dialog gemacht: „Jetzt reden wir drüber“.

    Ich kann mir nicht helfen, das erinnert mich irgendwie an floskelhafte Politikerstatements. Bitte beim nächsten Mal direkt anders einstielen: basisdemokratisch, offen, quirlig, engagiert – eben wie das Netz so funktioniert.

  70. Also ich bin ja echt kein Jubelperser…aber Who the Fuck is Lutz Falkenburg, dass er Stefan Niggemeier aus der Patsche helfen soll?

  71. […]Ich weiß nicht, ob Zeitungen und Zeitschriften aussterben werden, ich glaube es nicht und hoffe es auch nicht — ich liebe Zeitungen. Aber man muss schon sehr verblendet sein, wenn man glaubt, dass auch nach der Ankunft eines Mediums, das so viel schneller, vielfältiger, zugänglicher ist, das aufwändige Drucken und Verschicken von Papier die natürliche, die dominante Form der Informationsvermittlung bleiben wird.[…]
    Seitdem ich regelmäßig und bequem online gehen kann, kaufe ich mir keine Zeitungen mehr. Die giten Zeitungen sind zu komplex und ich habe zu wenig Zeit zu lesen; daher empfinde ich als Leser den Onlinejournalismus im Grunde nur mit Vorteilen behaftet.

    Aber: wenn ich mal Sonntags lang und gemütlich Frühstücken gehe (Hier auf dem Dorf nicht möglich), dann lese ich gerne mal ein gutes Printmedium, auch wenn ich mal einen, mittlerweile veganen, Sojamilchkaffee genieße. Das gehört dann zusammen, auch wenne s selten ist. Dann will ich habe nicht den langweiligen Rotz wie vor gefühlten 100 Jahren lesen, sondern gut recherierte Artikel.
    Und die sind gefühlt selten geworden.
    Ein Paradebeispiel für guten Journalismis halte ich die Tatanicausgabe anläßlich den Tod von der „Lady Di“. Den Leitartikel lese ich auch heute gerne nochmal.
    Meinen täglichen Nachrichtenbedarf (a) gehöre ich gottlob nicht zur Elite und auch nicht zsonstwohin und lebe b) auf dem Dorf und arbeite online) ziehe ich aus den Onlinejournalismus und gerne würde ich manches mal den und den Verweis folgen um mir meine eigene Meinung zu bilden. Oder um meine Lesezeichen zu setzen und später um wann anders weiterzulesen. Zudem könnte der Journalist auch einfach Entwicklungen und Ergänzungen hinterlegen und im Printmedium später auf Beziehung des onlineartikels weitere Artikel schreiben. Und da fehlts. Das Internet lebt im Grunde nicht von Google sondern von Verweisen. Viele Verweise machen Google unnötig (naja, der emailSpamfilter ist schon genial)

    Aber: ist es auch von dem Journalisten/Innen gewünscht? Wollen die sich mit einem Thema mehrmals auseinandersetzen Wollen Sie wirklich eine langfristige Rechere treiben? Ich habe nur bei wenigen Journalisten den Eindruck.
    Leider.
    Daher empfinde ich eine Diskussionen um das Manifest, trotz einiger framdschämartigen Peinlichkeiten als längst überflüssig, so als einfacher Leser.

    Aber: ichwill nicht nur wurstartige Diskussionen, sondern: Fakten, F…, … oder einfach: gute Online- und Printartikel mit gesunder Beziehung zueinander!

  72. es gibt selten so lange texte im netz, die ich komplett zu ende lese.
    dieser gehört jedoch dazu.

    Emotionalität und der Wille Dinge auszudiskutieren. Sehr schöne Kombination.

    Danke!

  73. Das Gesabbel um dieses sogenannte Manifest ist mittlerweile unerträglich. Lauter Schlaumeier, die nichts können als schlaumeiern, dröhnen den Subraum voll, bis alle hörstürzen. Man fragt sich angesichts des angeschwollenen Sabbelgesangs rund um das sogenannte „Manifest“, ob dieses sogenannte Internet nicht in der Summe doch eher ein Verdoofungs-Medium ist.

  74. Die größten Kritiker der Elche sind selber welche. Sagt man so. Nun, man darf mit Recht unterschiedliche Meinungen haben, ob das sogenannte „Internet-Manifest“ zur richtigen Zeit oder von den richtigen Leuten (wer oder was ist das überhaupt?) verfasst wurde. Man kann drüber streiten, ob es zu anmaßend, zu wenig oder zu sehr pointiert ausgefallen ist. Oder eben nicht. Man mag auch Antworten vermissen (ich bin mir unsicher, ob die Autoren die überhaupt zur Hand gehabt hätten…). Und ja, vielleicht hat sich der ein oder die andere auch damit ein wenig – natürlich unbeabsichtigt – profilieren wollen. Wie menschlich und wer wäre man, wenn man sich darüber erheben wollte und es denen vorwürfe, die einfach mal den Anfang gemacht haben. Ja, es sind jene, die man immer wieder liest. Dafür scheint es Gründe zu geben. Sie deshalb gleich als „Elite“ zu bezeichnen, ginge mir zu weit.
    Ich finde auch, aus meiner unmaßgeblichen Sicht, ist dies die falsche Diskussion. Sie geht nämlich an der Sache vorbei und konzentriert sich auf die Diskutanten (bzw. Überbringer). Für mich ist es nachrangig, ob mit diesem Text eine Rechtfertigung versucht wird (was gut sein kann), wenn gleichzeitig viel Wahres darin steckt. Ich kann Niggemeiers Ausführungen oben in vielen Punkten einiges abgewinnen.
    Wir haben das unglaubliche Glück einer der spannendsten Epochen der Mediengeschichte beizuwohnen. Was wir erleben ist ein fundamentaler Wandel, wie vielleicht seit Gutenberg nicht mehr. Das Medienestablishment verliert dabei die Deutungshoheit über Meinung und Nachricht. Es müsste sich neu erfinden und steht sich dabei vor allem selbst im Weg. Schwierig genug. Verständlich auch, dass da manche nach allen Richtungen keilen.
    Aber beobachten wir jetzt hier gerade etwas anderes?
    Aus manchen Kommentaren lese ich heraus: „Hach, die da schon wieder! Warum hat man mich nicht gefragt?“ An manchen Stellen trieft Häme, Neid und Missgunst aus den Zeilen. Vielleicht glaubt auch mancher, man sei ihm bloss zuvorgekommen, um wenige Augenblicke…Und ja, vermutlich gibt es manche unter uns, die das, was jetzt gesagt wurde, noch hätten besser, treffender, wahrhaftiger… sagen können. Und vielleicht auch noch basis-demokratischer. Na und? Sie können es doch tun. Immer noch. Wo ist das „Gegen-Manifest“?
    Ich persönlich erwarte keine Perfektion, sondern Mut. Mir sind Menschen, die mutig etwas angehen, allemal lieber als die ewigen Bedenkenträger, die Abwäger, die den Konsens zur Maxime ihres Zauderns erklären (das Wort „Handeln“ scheint mir hier nicht angemessen). Dass dabei Fehler gemacht werden, nehme ich in Kauf. Nun, dann rückt man sie grade, sucht Verbesserung. Fängt nochmal von vorne an. So geht Evolution.
    Manch einer, der sich jetzt in diesem Manifest geäussert hat, ist – zumindest teilweise – wirtschaftlich abhängig von denen, über die er sich geäussert hat. Das ist meine Hypothese. Wenn er oder sie dennoch in eine kritische Distanz gehen, dann gebührt dieser Haltung zunächst einmal Respekt.
    Ich fände es jedenfalls schade, wenn diese wichtige Diskussion jetzt in den Schützengräben der Eitelkeiten untergehen würde. Es wäre eine große Chance vertan.

  75. Die Karawane zieht weiter.

    Auch die alten Medien berichten über das Manifest, d.h. es hat doch mehr Resonanz erzeugt, als ich gedacht hätte.

    Ob die Verleger das lesen oder nicht, mitdiskutieren oder nicht, etwas an ihren Onlineauftritten ändern oder nicht – die Menschen werden sich die Medien auswählen, die sie haben wollen, und leider werden auch wieder solche von minderer Qualität dabei sein.

    Die Qualität einer Zeitung geht teilweise über die Qualität des Papiers hinaus, und die Qualität im Netz geht auch über Verlinkungsfragen hinaus, aber wie soll man im Netz Geld verdienen?

    Ich habe noch keinen kostenpflichtigen Artikel gekauft, und habe es auch nicht vor. Ich habe mir auch noch keine Zeitung gekauft, um den Verleger für seinen Onlineauftritt zu belohnen. Und Adblocker hab‘ ich außerdem installiert.

    Wie soll sich das rechnen? Tja …

    Ich habe keine Antwort, die Hunde kläffen, und die Karawane zieht weiter. Wer nicht mitwill bleibt zurück.

  76. Ich weiß noch wie ich damals angefangen habe mit dem Bloggen, das war so ca. 2004. Ich war damals relativ enthusiastisch, was auch zu einer gewissen Naivität in Bezug darauf führte, wie Bloggen eigentlich abläuft. Ich habe z.B. erst relativ spät gemerkt, dass all die A-List-Blogger sich untereinander kannten – dass unter dem öffentlichen, transparenten Blog-Diskurs noch eine zweite Kommunikationsebene verläuft, die nach ganz anderen Regeln funktioniert. Der Grund, warum einige Beobachter hier so wütend reagieren, dürfte damit zu tun haben: Vielen wir erst jetzt so richtig bewusst, dass sie es hier mit einer Art Aufmerksamkeitskartell zu tun hatten, das Nutzerströme und manchmal auch Meinungen ganz gezielt steuern kann.

    Davon abgesehen, wie dieses „Manifest“ zustande gekommen ist, stört mich aber auch, wer eigentlich dahintersteht. Mit Ausnahme von Markus Beckedahl und Johnny Häusler sehe ich eigentlich keinen Unterzeichner, durch den ich mich vertreten sehen möchte. Den ewig grantelnden Thomas Knüwer will ich genauwenig in meinem Namen sprechen sehen wie die wandelnde Bildmarke Sascha Lobo. Ich will nicht, dass diese Typen sich zu Fürsprechern des Internets machen, weder nach innen noch nach außen.

    Für mich hatte dieses „Manifest“ ganz eindeutig den Zweck, sich gegenüber der klassischen Öffentlichkeit als Funktionäre/Lobbyisten/Ansprechpartner für „das Internet“ zu positionieren. Der gesichtslosen Masse ein Gesicht zu geben, aber nicht irgendeins – euer Gesicht. Markus Beckedahl macht das schon seit einigen Jahren so, aber er macht das wenigstens gut. Wenn ich nun sehe, wie Menschen wie Lobo, denen es offensichtlich nicht um den freien Meinungsaustausch im Netz, sondern um die nächste Einladung zu Maybritt Illner geht, das selbe tun, dann macht mich das wütend.

    Ich bin der Meinung, man kann den „Hamburger Erklärungen“ und „Heidelberger Apellen“ besseres entgegensetzen als symbolische Erklärungen. Zum Beispiel echte, sachbezogene Argumente. Oder einfach Tatsachen. Wenn man sich auskennt, dann weiß man, dass Aktionen wie die „Nationale Initiative Printmedien“ schlichte Rückzugsgefechte sind – das Internet und all das, was mit ihm kommt, setzt sich ohnehin durch. Nicht wegen, sondern trotz solchen „Manifesten“.

  77. @Martina (#86): Ich halte weder das Manifest noch seine Rezeption für ein Desaster.

    @Herr Kaliban (#100): Ich glaube, eigentlich war der Plan, dass jeder das unterzeichnen kann, das sieht man auch an den Kommentaren auf der Manifest-Seite. Ich weiß nicht, ob das nur untergegangen ist oder abgeblasen wurde.

    Sie fragen: „warum nicht mal ein, zwei Leute außerhalb der üblichen Wir-verlinken-uns-gegenseitig-Posse ins Boot holen“? Peter Stawowy ist in dieser Posse? Peter Schink? Wolfgang Michal? Julius Endert? Kann es sein, dass in Ihrer Wahrnehmung jeder schon deshalb zu dieser „Posse“ gehört, weil er bei den Unterzeichnern ist, und dieser Wunsch damit unerfüllbar ist?

    @Simon (#118): Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass wir Sie vertreten wollten, dass ich für Sie sprechen wollte. Man kann an dem Titel „Internet-Manifest“ ja viel aussetzen, aber die Interpretation, dass das Wort „Internet“ darin den Absender bezeichnet und nicht das Thema, ist absurd.

    Woher kommt diese Anmaßung, wir würden uns anmaßen, für andere, alle gar sprechen zu wollen? Wir wollten für uns selbst sprechen, und vielleicht noch für einen größeren Kreis von Journalisten-Kollegen, die auch online publizieren.

    Interessant finde ich auch die Formulierung, „Ich habe z.B. erst relativ spät gemerkt, dass all die A-List-Blogger sich untereinander kannten“ und die darin mitschwingende Unterstellung einer Seilschaft. Wenn es sie gibt, bin ich kein Teil von ihr. Von den Mitautoren bin ich mit 1 (Sascha Lobo) befreundet. Mit ein paar verbindet mich der Werbevermarkter, aber mit Johnny Haeusler z.B. habe ich, glaube ich, zum letzten Mal beim DLD gesprochen, das war im Januar. Mit Mario Sixtus habe ich dieses Jahr ein paar Mal telefoniert, Mercedes Bunz kenne ich daher, dass ich einmal im Jahr mir ihr auf einem Podium sitze, Thomas Knüwer sehe ich zweimal im Jahr bei irgendwelchen Veranstaltungen und schicke ihm vielleicht nochmal so häufig im Jahr eine Mail, mit Peter Stawowy habe ich, glaube ich, vor vier Jahren zuletzt mehr als zwei Sätze gewechselt, mit Peter Schink ebenso, mit Janko Röttgers hatte ich einmal kurz zu tun, als ich noch Redakteur bei der FAS war. Ich kann die Liste auf Wunsch weiter durchgehen, obwohl ich nicht sicher bin, dass das jemanden was angeht, jedenfalls: Wenn es eine Seilschaft gibt, oder auch nur eine Gruppe von Bekannten, mit denen es „noch eine zweite Kommunikationsebene“ gibt, bin ich nicht Teil von ihr.

  78. Ihr wollt mit den großen Lobby-Jungs spielen und nutzt dafür den Spielplatz „Internet“, den Ihr Euch mit dem Kindergarten teilt? Jetzt glauben die Dons dieser Welt, Ihr wollt deren Förmchen klauen.
    Ihr macht es Euch nicht leicht. (aber spannend anzusehen für uns Außenstehende.) Ich bin gespannt, ob daraus ein konstruktiver Diskurs entsteht oder die res publica-Szene weiter eine Lachnummer bleibt.

  79. Naja Herr Niggemeier. Bei allen Kommentaren zu dem Thema die ich bisher so gesehen habe, drängt sich mir der Verdacht auf, dass die Sache (noch) nicht so wirklich funktioniert hat.

    Ich denke auch dass die Zielgruppe das Problem ist, vielleicht auch noch der Zeitpunkt: Vor ca. 2 Jahren wäre das Manifest auch für die „Onliner“ (mein Gott, dass man das wirklich noch unterscheiden muss) etwas neues gewesen. Und in ca. 3 Jahren wäre es auf dem gewählten Weg (über das Internet) wohl auch zu den eigentlichen Zielpersonen durchgedrungen.

    So kommt es heute nur bei denen an, die damit offensichtlich nichts anfangen können. Und die, die es erreichen soll, sehen es nicht (weil online). Für die angestrebte Zielgruppe braucht es heutzutage wohl eher noch einen Artikel im Feuilleton damit das Produkt wahrgenommen wird.

    Also, was kommt jetzt danach? Ganz klar: Ausdrucken und an die Zielgruppe schicken (per Briefpost natürlich .. höchstens als Fax!).

  80. Lieber Stefan Niggemeier,

    ich glaube, die Debatte (ich habe den Ur-Thread und auch diesen komplett gelesen) zeigt nicht zuletzt auch: Man soll sich vor Popanzen hüten. Die Verleger, Bernd Neumann, Patricia Riekel, die Helmut Markworts dieser Welt… ach, das ist so schrecklich einfach. Ungefähr so, wie weiland George W. Bush Lügen vorzuhalten.
    Doch sehr pauschal angegriffen wurden *alle* Holzmedien-Journalisten, auch die, die nicht für „Lügen-, Quatsch- und Wichsblätter“ arbeiten. Das ist nach meiner bescheidenen Erfahrung aus 30 Berufsjahren die Mehrheit.
    „Wir schreien auf, weil wir die Sorge haben, dass viele von ihnen ihre Zukunft verspielen.“ Die Kolleginnen und Kollegen schreien oft selbst. Die sind gar nicht so doof. Nicht mal die Klickstreckenbauer. Die wissen, was sie tun. Die wissen nur nicht, wovon sie sonst leben sollen. Und diese Frage hat das Manifest nicht beantwortet, nirgendwo. Zitat Stefan Niggemeier: „Ich weiß nicht, wie qualitativ hochwertiger Online-Journalismus bezahlt werden soll.“ Lassen wir das „online“ weg, dann kommt es hin.
    Und ja: Es klingt vor diesem Hintergrund pathethisch und eitel. „Unsere Arroganz ist auch eine Art Notwehr.“ In welcher Not sind Sie und die anderen Verfasser persönlich? „Wir sorgen uns um diese Medien, aus ganz eigennützigen Gründen.“ Okay, geantwortet. Aber damit sind Sie ganz allein und müssen diese schläfrige Masse der boring old holzmedienfarts aufrütteln? Die sorgen sich auch.
    Was sicher richtig ist: Es werden in den Webauftritten der Verleger-Websites kaum Links gesetzt. Ja. Gut. Verstanden.
    Was ich als Argument für die Möglichkeit von profitablem Qualitätsjournalismus im Internet nur unter Schmerzen hinnehmen kann, ist Spiegel Online. Spiegel ist eine kaum kaputtbare Marke, das vor allem haben wir in den vergangenen Jahren an Spiegel Online gesehen. Sie wissen doch auch, wie Reporting im 15-Minuten-Takt für redaktionelle Entscheidungen sorgt, oder?
    Schnitt.
    Mich stört am Manifest im Grunde etwas ganz anderes. Es geht mir um das, was mal „Vierte gewalt“ genannt wurde. Um die gar nicht so wenigen Kolleginnen und Kollegen diesseits der Lügen-, Quatsch- und Wichsblätter-Mitarbeiter. Ich habe halt weder bei SPON noch in deutschen Medienblogs eine kontinuierliche Berichterstattung aus Krisengebieten gesehen. Auch keine Auseinandersetzung mit dem Haushaltsansatz 2009 des Bildungsministeriums (eine Ausnahme, die mir gerade einfällt: zeit.de). Oder regionale Themen. Ich sehe auch im besseren Online-Journalismus die selben Gesetzmäßigkeiten wirken wie im Print: Klickt nicht. Liest keiner. Hamburger Erklärung? Kommt sicher aus Ihren Augen von den falschen Leuten, mit den falschen Motiven. Mag sein. Aber es bleibt die Frage: Wer erklärt mir die Notwendigkeit einer Föderalismusreform? Wer nimmt mir den Etatentwurf von Duisburg kritisch auseinander? Wer berichtet aus Darfur? Aus Gaza? Ein Tweet über die Hudson-Notlandung ist so scheiß-einfach. Man muss nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Reine Glückssache, schwer gehyped. Ich wäre aber auch gern über Weltregionen unterrichtet, wo die „Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt“ eher ungern mit Camcorder, Smartphone und Facebook-Account ausgestattet Urlaub macht. Wo gehungert wird und soziale Netzwerke einen Scheißdreck wert sind. Welche Antwort haben die Unterzeichner des Manifests dazu? Wer schreit da auf? Keiner. Der Aufschrei gilt nicht gesetzten Links.
    Und: Wer bezahlt das? Wo ist der Aufschrei darüber? Wir brauchen Geld, Geld, Geld, um Leute zu finanzieren, die als Journalisten in Tschetschenien und anderswo ihre Rübe hinhalten. Die haben das verdient. Und da fürchte ich mich selbst vor einer Kulturflatrate nicht. Ich zahle sogar freiwillig GEZ. Nicht wegen ARD und ZDF, aber wegen EinsPlus, arte, Dokukanal, Phoenix und so fort.
    Ja, es ist durchs Web inzwischen unglaublich leicht und billig geworden, Sachen zu verbreiten und zu kommentieren, die man irgendwo gelesen hat. Wie leicht und billig ist es, die zu verbreitenden Nachrichten zu generieren? Es ist nicht leicht, es ist teuer, es ist gefährlich. http://www.reporter-ohne-grenzen.de, Barometer 2009 (Stand 10.9.3009): 31 Journalisten getötet, 165 Journalisten inhaftiert. Das waren alles Leute, die ihre Themen noch wichtiger fanden als die blamable Haltung der deutschen Verleger. Auch das mag pathetisch erscheinen. Ist aber real. Abseits der Wichsblätter. Ulkig, nicht? Passiert tatsächlich. Nur nicht in Berlin. Oder Düsseldorf. Warum redet die selbst ernannte Elite der deutschen Online-Journalisten darüber so gar nicht?
    Ich empfinde die ganze Debatte aus diesen Gründen als extrem Erste-Welt-zentriert. Drei Viertel des Globus finden darin gar nicht statt. Ein Kollege von mir ist Journalist in Vietnam. Sie würden nicht glauben, wie wurscht dem nicht gesetzte Links auf deutschen Verleger-Websites sind.
    So. Die Wut ist raus. Und jetzt möchte ich noch meinen Hut ziehen vor Ihrer Reaktion auf die Kritik. Ich bin zwar in vielen Punkten anderer Meinung, aber ich fand Ihre Argumentation redlich und wahrhaftig. Respekt.

  81. Was ist das für ein Totschlag-Argument „In der dritten Welt sterben Menschen, also bitte kein Manifest das sich über fehlende Links auf Websites beklagt“? Zusammenhang?

  82. Ja, es ist eine anmaßende Haltung wenn Ihr Manifest-Mitunterzeichner Sixtus Andersdenkende als „Verleger, Journalistengewerkschaftsschwafler, Kulturteildummschwätzer“ diffamiert und Sie ihn hier noch einmal zustimmend zitieren. Weil solche Hybris das ganze Manifest prägt und obendrein stellenweise aus einem für Journalisten peinlichen Sprachmüll besteht, wird dieses Manifest noch in zehn Jahren für alle Unterzeichner blamabel sein.

    In Wirklichkeit weiß im Moment kein Verleger, kein Gewerkschafter, kein Feuilletonist – aber auch kein Blogger und selbsternannter Internet-Experte -, wie im digitalen Zeitalter der für eine Demokratie existenziell wichtige unabhängige Qualitätsjournalismus finanziert werden könnte.

    Das Manifest ist aber leider gerade in diesem wichtigen Punkt ideologisch, weil es einmal mehr – und zwar durchaus im Sinne mächtiger kommerzieller Interessen – „Information wants to be free“ ruft und dabei „frei“ mit „kostenfrei“ gleichsetzt.

  83. @ 54: „Nicht in Stein gemeißelt, aber in Zig Sprachen übersetzt“ :-DDD genau das dachte ich auch. mann, mann, mann…

  84. @jdo #123:

    „http://www.reporter-ohne-grenzen.de, Barometer 2009 (Stand 10.9.3009): 31 Journalisten getötet, 165 Journalisten inhaftiert.“

    Das ist schlimm, wirklich. Aber was meinen Sie, wie viel Feuerwehrleute weltweit im gleichen Zeitraum in Ausübung Ihres Berufes ums Leben gekommen sind? Oder Polizisten? Oder Fernfahrer? Oder Bilanzbuchhalter im Zeitalter der Subprime Banken Finanz Weltkrise?

    Ich überspitze Ihre These ein wenig- Frau: „Herr Richter, mein Mann schlägt mich und die Kinder.“ Richter: „Stellen Sie sich nicht so an, in Afrika wären Sie schon längst verhungert!“ Das können Sie nicht ernst meinen.

  85. Es hat schon was tragisch-komisches, wenn man die Probleme des eigenen Berufsstandes mit voller Leidenschaft verändern möchte und man als Feedback unkonstruktive und nicht weiterführende Kritik entgegengeschleudert bekommt. Das war der Grund warum ich damals bei einem großen Blog ausgestiegen bin.

    Nahezu alle Kritiker unternehmen in keiner Weise den Versuch Gegenentwürfe darzulegen, wahrscheinlich immer in der Gewissheit, ein eben solches Echo zu erhalten, sondern konzentrieren sich auf die Person, die sie auf ihren Bildschirmen zu einem schön zusammenkonstruierten Feindbild stilisiert haben. „Either you are with us or you are with …“ Ohne ein wenig zu hinterfragen schlagen sich viele umgehend auf die eine oder andere Seite. Die wenigen anderen, die wirklich was zu sagen haben, versickern in den gegenseitigen Gefechten, außerdem sind deren Texte eh iel zu lang und passen nicht in 140 Zeichen.

    Viele labern immer von Dialog und Partizipation. Dialoge sind aber nicht sich abwechselnde Monologe, sondern besteen daraus, dass man gehörtes aufgreift und damit spielt, statt es gegen die Wand zu klatschen oder es zu ignorieren. Was hier zum Teil läuft ist sowas wie:

    A: Das ist meine Vorstellung von XY
    B: Du bist doof, weil du mit Leuten zu tun hast, die doof sind
    A: Ich rechterftige mich für die Leute mit denen ich das getan habe
    B: Du bist trotzdem doof, weil du das gemacht hast

    Dieses Prinzip hat sich leider auch ein Stück weit im Manifest selbst dargestellt. Auf der einen Seite die bösen Papierausdrucker, die nicht checken was abgeht, die einfach nur unfähig sind und auf der anderen Seite wir, die es vielleicht besser wissen. Ein Gespräch findet aber nicht statt, weil der eine nicht die Sorgen und Argumente des anderen hören will.

    Wirklich toll dieser Dialog, weil er vor allem so viel zur Sache beiträgt.

    Würden also all die Leute (mich eingeschlossen) ihre Energie in Form von Hass, Gekränktsein, Neid, Frustriertheit was auch immer bündeln und einfach mal in Gegenideen oder überhaupt Ideen zur Sache beitragen, so sehe die Welt wieder ein Stück weit anders aus. Aber so würde man sich ja selbst angreifbar machen und aus dem Schutzschild der bloßen Kritik heraustreten.

    Manche „Dialoge“ im Internet erinnern mich sehr stark an „Dialoge“ in deutschen Talkshowsendungen. Jetzt weiß ich endlich, wieso die alle abgesetzt wurden, das Publikum scheint sich verlagert zu haben.

    Allerdings zielt meine Anmerkung auch auf die Verfasser des Manifests. Statt das Internet zum Dialogmedium zu machen, sollte man sich die Frage stellen wer SOLCHE Dialoge überhaupt zulassen und ertragen will. Nicht jeder hat ein rotes abperlendes Irokesenfell.

    Von daher kann ich die Ängste und Bedenken der älteren Herrschaften durchaus nachvollziehen. Sie haben vermutlich in ihrer Position, in ihrem Alter und mit ihrer Lebenswirklichkeit keine große Lust vom Elfenbeinturm in dieses Talkshowverlies hinabzusteigen.

    18. Das Internet ist anstrengend

    Mich würde interessieren, wer wirklich an Dialogen (abseits der Lippenbekenntnisse) interessiert ist und was er dazu unternimmt.

    Und nun ist de Arena wieder geöffnet für
    a) Ignoranz
    b) Beschimpfung
    c) Sarkasmus
    d) …

  86. „Ich bin ein bisschen abgeschwiffen.“? „abgeschweift“.

    (Weiß nicht, ob das schon jemand anderes angemerkt hat…)

  87. „Natürlich kann [m]an aufzählen, was für Mängel ein Angebot wie die Wikipedia hat.“

    „Ich will gerne dazu beitragen und in Zukunft noch mehr als bisher über über[sic!] die konkreten Fragen diskutieren, die sich aus den sich ändernden Bedingungen ergeben, unter denen sich Journalismus bewähren muss.“

    Ich wertschätze Ihre Arbeit und Kraft die sie hier aufbringen. Es fällt mir manchmal schwer zu glauben Veränderungen in der Wahrnehmung der Gesellschaft sind noch zu erreichen. Übersimplifizierung und Überalterung werden den Mitbürgern von den lautesten Schreihälsen als Ursache des Übels attestiert. Und das oft weniger unblumig und prägnant als dringend notwendig.

    Was ist das für eine Informationspolitik in den Onlineablegern von Tageszeitungen und Magazinen in denen wochenmonatelang pro Tag 4-5 Leitartikel mit der x-ten Abwandlung eines OPEL-deals erscheinen?
    Ich fühle mich an SteinkohleKumpels erinnert, an russisches Gas, Transporte radioaktiver Abfälle – und werde wohl wie ein Großteil der sich derzeit noch als informierende Köpfe mißverstehenden Mitmenschen der Apathie verfallen.

  88. @Stefan Niggemeier (120): Ich kann nicht so genau sagen, wie das funktioniert mit den Verbindungen zwischen euch A-List-Bloggern. Ich weiß, dass es teilweise enge Verbindungen gibt (Beckedahl-Häusler z.B.oder Sixtus-Niggemeier), teilweise auch weniger enge, wie Sie hier ja einige beschrieben haben. Es gibt Foren, in denen sich die Netzwerke konzentrieren (Republika, Grimme Online Award) und Ansichten die man teilt (wie die dieses „Manifestes“). Es gibt sicherlich auch engagiertere Netzwerker und weniger engagierte, und ich nehme Ihnen ab, dass Sie zu den weniger engagierten gehören.

    Dass „Internet-Manifest“ nicht als Herkunfts- sondern als Typenbezeichnung zu verstehen ist, nehme ich ihnen nicht ab. Natürlich sind beide Interpretationen möglich, und natürlich kann an sich keiner der Unterzeichner für sich in Anspruch nehmen, mehr zu vertreten als sich selbst und seine eigene Meinung. Andererseits: Grob die Hälfte der Unterzeichner verdient schon jetzt sein Geld damit, die „Interessen des Web2.0“ zu vertreten. Manche als Journalisten, wie Knüwer oder Bunz, manche als Brücke zur Werbewirtschaft, wie Lobo, manche als Konferenz-Moderatoren wie Häusler, manche als Berater. All diesen Personen ist gemein, dass sie für ihren Job auf eine gute Web2.0-Reputation mehr oder weniger angewiesen sind -oder, präziser: Darauf angewiesen sind, nach außen so zu wirken, als hätten sie Web2.0-Reputation (vgl. analog die „Berufsjugendlichen“). Das mag auf Sie nicht so sehr zutreffen – auf die meisten anderen Unterzeichner trifft es zu. Hinzu kommt, dass das „konzertierte“ Auftreten und die Versammlung der wohl meinungsmächtigsten Web2.0-Apologeten auf einen gemeinsamen Standpunkt schon den Effekt hätte haben können, dass dieses „Manifest“ als offizielle Position „des Internets“ wahrgenommen wird. Wenn er Text nicht so anmaßend daherkommen würde und etwas besser kommuniziert worden wäre, dann wäre das vermutlich auch so passiert.

  89. […] Mani(ggemeier)festiert Was wir wirklich schlecht gemacht haben beim Veröffentlichen unseres „Manifestes”: seinen Adressaten zu nennen. Es muss bizarr wirken auf Menschen, die in diesem Medium in einem ganz anderen Maße zuhause sind als ich, wenn da plötzlich 15 Berufs-Publizisten ankommen und ihnen erklären wollen, wie das Internet funktioniert. Vielleicht erklärt sich ein Teil der Ablehnung, den dieser Text gerade bei eingefleischten Onlinern erfahren hat, aus dieser wahrgenommenen Anmaßung, die von uns nie beabsichtigt war. via stefan-niggemeier.de […]

  90. @ Patrick Breitenbach,

    Es könnte eine gute Idee sein, wenn sich die Onliner unter den Journalisten mal Offline (eine Tagung, eine Online-Jour|nalistika oder wasauchimmer) zusammensetzen, um die Probleme und Chancen ihres Berufsstandes miteinander zu diskutieren.

    Das „Internet-Manifest“ spricht die meisten Probleme nicht an, bzw. nur oberflächlich an. So sympathisch es auch sein mag, wenn vor allem Chancen gesehen werden, so wichtig ist es auch, sich über Probleme zu unterhalten und darüber, wie diese gelöst werden könnten.

    (ähem, und nein: Werbung ist diesmal nicht die Lösung)

  91. @ Patrick Reichenbach: Mir fallen spontan und aus dem Stand gleich zehn oder zwölf Gegenentwürfe zum IM ein, die als Reaktion darauf entstanden sind. Klar, nicht alle sind ernst gemeint, aber noch aus Sarkasmus lässt sich für das eigene Projekt Honig saugen. Insofern ist dein Einwurf des fehlenden ‚Selbermachens‘ bei den Kritikern angesichts der Fakten hinfällig.

    Ferner: Warum sollte z.B. jemand, der kein Journalist ist und der IMs für Quatsch hält, selbst ein IM schreiben, bevor er mitreden darf?

    Und einerseits als Patrick Breitenbach lange darüber schreiben, dass man angesichts der unverschämten Einwürfe notorischer Krittler dort draußen im Netz selbst keinen Bock mehr auf Dialog hätte, aber zugleich ein Manifest verteidigen, das ebendenselben ‚Dialog‘ mit den Kritikern als essentielle Forderung aufstellt, sozusagen als Kernelement seines ’new journalism‘, das geht zusammen auf keine Kuhhaut mehr, wenn denn das Manifest intellektuell redlich gemeint gewesen sein sollte. Letzteren Punkt, die Redlichkeit, glaube ich nur einigen wenigen, wozu St. N. gehört. Anderen unterstelle ich bloß die Jagd nach ‚Awareness‘. Ob’s stimmt – ja, wie willst du das denn rauskriegen? Ich sag’s mal so: Bei Leuten, die nur mal gefurzt haben, war’s das jetzt. Die anderen machen weiter …

  92. @katzenblogger:
    Sicherlich, das wäre eine gute Idee, wenn man sich allerdings erst einmal klarwerden würde, welches Geschäftsmodell man für die Zukunft entwickeln will. Ich glaube es wäre sinnvoller, wenn Onlinejournalisten mit Verve einfach mal ein neues Modell in Angriff nehmen. Solange aber alle davon ausgehen, dass es neben Werbung und altem Paid Content nix geben wird, nun ja solange kann man sich die Zeit sparen um über die neue Art & Weise von Journalismus im Netz zu sprechen. Solange die Arbeitgeber nicht mitziehen, ist man als Journalist dem Diktat seiner Brötchengeber ein Stück weit unterworfen und darf Bildklickserien machen, weil die ja noch am meisten TRaffic und daher Werbeeinnahmen bringen.

    Ein paar Gedanken zu neuen GEschäftsmodellen/-varianten habe ich hier gemacht, http://brainblogger.de/2009/09/das-stuckchen-vom-danach-was-journalisten-und-verlage-jetzt-manifestieren-konnten/ bisher noch keine Resonanz, weder Kritik, noch Zustimmung, noch Weiterentwicklung. Geht wohl unter bei all dem Hick Hack um Zugehörigkeit einer Elite oder einer Gegenbewegung.

    @Klaus Jarchow
    Wenn Sie meine bisherige Kritik zum Manifest hier http://blog.karlshochschule.de/2009/09/07/das-internet-manifest-gut-oder-schlecht/ und hier http://blog.karlshochschule.de/2009/09/09/15-und-mehr-fragen-zum-internet-einladung-zum-hinterfragen-des-internet-manifests/ gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass ich das Manifest nicht verteidige. Mir geht es um die Attacken, die schon lange an der Sache vorbeigehen. Damit will ich auch nicht jedwede Kritik über einen Kamm scheren, auch nicht die sarkastischen. Vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Mir geht es um das Talkshow-Niveau mancher Kommentare, die so oft rausstechen und um die sich dann meistens die Aufmerksamkeit kreist. Einem brüllenden Kind widmet man oft die größte Aufmerksamkeit, daher ist dieses Verhalten mitunter selbstverstärkend.

    Von mir aus kann also jeder seinen Senf dazu geben, trotzdem darf ich es doch wiederum schade finden, wenn sich Diskussionen nur im Kreis drehen und darauf hinweisen was man falsch macht, statt sich zu überlegen wie man es anders und evtl. besser machen könnte, oder?

  93. Dass es keinen Adressaten gibt und dass niemand sich Gedanken über das Danach und das Wozu gemacht hat, das finde ich alles nicht so schlimm.
    Mir hätte es völlig gereicht, wenn ihr euch ein bisschen gründlicher über das Was und das Wie Gedanken gemacht hättet. Ich habe es schon ein paar Mal anderswo geschrieben, glaube ich, aber trotzdem: Dieses Manifest würde nicht weiter auffallen, wenn es im Wahlprogramm der SPD stünde. Es ist formuliert wie eine Verwaltungsvorschrift. Manches ist richtig, manches eher zweifelhaft, aber alles war mir beim Lesen irgendwie egal. Es macht kein bisschen Spaß, es zu lesen. Das ist aus meiner Sicht der Hauptgrund, aus dem es nichts bewirken kann. Es hat keine Kraft.
    Schlimm finde ich, dass gerade die Haltung, die aus dem Manifest sprechen soll, für mich nicht erkennbar ist. Haltung ist genau das, was diesem Manifest fehlt.

  94. @ Patrick Breitenbach: Mit vielem gehe ich durchaus konform. Aber vielleicht sollte jemand das ‚Geschäftsmodell‘ mal an die zweite Stelle setzen, und das ‚Funktionsmodell‘ an die erste. Daran lahmt vieles: Viele möchten stante pede mit dem Geschäft beginnen – und die fehlenden Funktionen dann ‚on the run‘ implementieren. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wenn etwas offensichtlich funktioniert, kommen irgendwann auch die Herren mit den Excel-Tabellen vorgefahren (s. bspw. Facebook oder Youtube). Das jedenfalls ist meine Erfahrung. Irgendwie fehlt allen der lange Atem oder auch der ‚Gründergeist‘. Nach spätestens drei oder vier Quartalen soll sich alles ‚refinanziert haben‘, weil man’s im BWL-Seminar so gelernt hat. Anders ausgedrückt: Die spinnen, die Römer …

  95. Ist es nicht schön, dass das Internet so ramponierte Textsorten wie „Pamphlet“. „Programm“ oder auch „Manifest“ restlos aufsaugt und so zerkleinert, dass ihre Wirkung wie ein Hauch verfliegt? Hätte es nur früher eine solche Maschine gegeben – uns wäre viel erspart geblieben.

  96. Alles schön und gut – aber was zum Henker hat da Lobo zu suchen? Das ist irgend so ein InsiderGag den ich mangels SzeneWissen nicht subsumieren kann und mich deswegen total out-of-the-scene vorkomme. Oder kommt bald das KinderSchänderSchutzManifest, mitgestaltet von Fritzl?!?

    #k.

  97. @Simon: Sie sind überzeugt, dass es eine Art Seilschaft gibt unter den prominenteren Bloggern und den Beteiligten an diesem Text. Das Problem ist: Ich habe keine Möglichkeit, Sie vom Gegenteil zu überzeugen. Ich könnte Ihnen detailliert erzählen, wie viel (genauer: wie wenig) mich mit Mario Sixtus verbindet, dem sie „enge Verbindungen“ zu mir unterstellen. Aber je vehementer ich das täte, umso mehr wären Sie überzeugt, dass es diese Verbindungen tatsächlich gibt, sonst würde ich ja nicht so viel Energie darauf verwenden, sie Ihnen auszureden.

    Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Überzeugung haben.

    Es gibt natürlich gemeinsame Interessen zwischen den Menschen, die dieses Manifest verfasst haben, sonst hätten wir es nicht gemeinsam verfasst. Und es gibt natürlich Orte und Gelegenheiten, wo man sich trifft, nämlich z.B. bei der Re:Publica, die genau dafür geschaffen ist, ein Ort des Austauschs zu sein — für Blogger unterschiedlichster Art und Herkunft übrigens.

    Aber ein Aufmerksamkeitskartell??

  98. hab ichs doch gewusst, dass es hier eine lesenswerte nachbesprechung gibt :-) toller artikel, vielen dank!

    und wie schon viele vor mir muss ich sagen, wenn man die beiden texte miteinander vergleicht kann man eigentlich nur zu der empfehlung gelangen, stefan, schreib in zukunft deine manifeste lieber alleine :-) da liegen ja wirklich welten dazwischen…

  99. @131 hat natürlich Recht. Richtig muss es heissen: Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche…. ,-)

  100. Nein, das ist auch falsch. Es heist: „Die schärfsten Kritiker der Elche…“. Das Zitat stammt von F.W. Bernstein.

  101. Was im „Manifest“ steht, ist durchaus nicht falsch. Die etablierten Medien haben Probleme, mit der Realität des Internets klarzukommen und versuchen, ihre Strukturen gegenüber dieser Realität durchzusetzen – ein Versuch, der früher oder später scheitern muss; an die Kollateralschäden dieser Taktik möchte man gar nicht denken.

    Was jedoch fehlt, ist ein konkreter Lösungsansatz. Mit dem „Manifest“ kann man nicht zu den Verlagen gehen und sagen: „so könnt ihr mit der Realität Internet umgehen und dabei noch Geld machen“.

    Wenn ihr den habt, könnt ihr wiederkommen. Bis dahin versuche ich, nicht an die Kollateralschäden zu denken.

    Gruß, Alex

  102. Ich muss mosley (161) zustimmen. Ich hab zwar kein Problem mit (und eigentlich auch keine dezidierte Meinung zu) dem Manifest. Aber was das Lesevergnügen angeht, stinkt es tatsächlich extrem ab im Vergleich zum obigen Text.

  103. Einen Vorteil hat das gute alte Papier allerdings: Es ist irgendwann voll, und man kann sich nicht ausschreiben bis das Scroll-Rad auf der tiefsten Sohle von Schacht Konrad angekommen ist. Nur mal als kleine defätistische Bemerkung zum Text.

  104. „Es ging mir (und ich nehme an: uns) nicht zuletzt um eine Haltung. Um die Forderung an die Verleger, Lobbyisten, Politiker, zu sehen, wie anders das Internet ist und was es alles verändert, und sich darauf ernsthaft einzulassen.“

    Das ist jetzt zu spät. Es braucht keine langen Rechtfertigungstexte um seinen Absturz in der Glaubwürdigkeit abzufedern. Aber das ist sowieso egal, weil Ihr die Medien seid und die Medien macht. Und Ihr die Öffentlichkeit sowieso in Händen habt. Wenn ich mir in den Zeitschriftenhandlungen diesen Wust an Magazinen und Zeitungen ansehe, meine ich, dass Journalist genauso ein überlaufener Schickimickijob ist wie Anwalt, Arzt, Banker, Architekt oder Kellner, eben der Schiss, der in den täglich-Soups der Meute als das-einzig-Wahre angedreht wird.

    Es geht Euch ja wohl nicht nur allein ums finanzielle Überleben, nein, Ihr wollt bequeme Zuhausetipper sein, fette Kohle machen, mit dem Promis dieser Welt Parties feiern und Euch groß und wichtig fühlen. Und dazu seid Ihr auch bereit mit den korrupten Meinungsbeeinflussern und der Politik in eine Kiste zu steigen. Oder mit ner Wirtschaftsmafia.

    Durch Euren Traffic habt Ihr Aufmerksamkeit. Das bedeutet, Ihr hättet verdammt nochmal eine Verantwortung für die Freiheit der Meinungsäußerung und dem Zugang zu der Öffentlichkeit. Und sowas kann nicht gehen, wenn man von der Wirtschaft und der Politik abhängig ist.

    Der erste Schritt gegen Euch ist die Aufruhr, die jetzt aufgekommen ist. Der nächste Schritt wird sein, dass Euch das Netz zeigen wird, wer es beherrscht. Vielleicht verschwindet ja mal die eine oder andere Seite von Euch für geraume Zeit. Vielleicht tauchen Emails von Euch auf. Vielleicht ruft Ihr bald nach Schäubles Unterstützung, wenn Ihr merkt, dass Ihr auch nur Gäste seid. Und dann wird klar werden, dass Eure Manifestiererei nix anderes war als Heuchelei.

    Man kann mit Freiheit kein Geld verdienen.

  105. @167 Oliver Mark

    Eigentlich wolt‘ ich mir hier raushalten, aber…
    Ist Beitrag 167 missglückte Ironie oder (mein Tipp:) nur absurder Quark?

  106. @ Simon 118

    Ich stimme Ihnen zu, dass es aus meiner Perspektive auch ein Aufmerksamkeitskartell gibt. Information war schon immer Macht, Geld und Einfluss und viele wollen sie zu ihren Gunsten lenken. Nur besteht es sicherlich nicht aus 15 deutschen Publizisten sondern eher aus den Personen, die ich bis eben auf der IBC getroffen habe. Sehr erholsam finde ich übrigens, dass auf dem internationalen Parket eine hohe Sach- und Problemorientierte Denkweise dominiert.

    @ Detlef Borchers „…wer weiß wie rüberkommt…“

    Ich (s.o.). Es ist natürlich kein Diskussionspunkt gewesen und natürlich wird niemand jemanden einen Stein hinterher schmeißen, nur weil er ein deutscher Journalist ist. Sie können auch im nächsten Jahr beruhigt in Urlaub fahren.
    Übrigens. Viel schwieriger als die Thesen des Internet-Manifestestes zu erklären, fand ich es in Gesprächen mit internationalen Journalisten das konservative, deutsche Berufsstands Denken zu erklären, das sich nicht über die Handlung, das Schreiben von journalistischen Texten, sondern über das Medium definiert (Papyrus, Holz oder sonstige Textilien) und deshalb keine innere Reform durchführen will.

    – Well, funny Germans!

  107. Ich fand das Manifest gut und dieses Statement auch.
    Man kann alles totlabern, aber man sollte mit dem totlabern vielleicht eher beider „Hamburger Erklärung“ anfangen.

    Aber Fehler in den eigenen Reihen wurden schon immer konsequenter verfolgt, einfach weil man sich über die Fehler der Gegner ja einig ist….

  108. Der Titel „Internet Manifest“ an sich ist doch schon Augenwischerei und lediglich darauf gemünzt, möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren. Und damit meine ich nicht den Teil „Manifest“, sondern „Internet“.

    Ihr schreibt über Online-Journalismus, der selbst nur einen kleinen Teil des World Wide Web darstellt. Das WWW wiederum ist ebenfalls nur ein kleiner Teil dessen, was wir als Internet bezeichnen. Aber wenn man dem ganzen einen „großen“ Namen gibt, dann greifen es eben auch die Amis auf. Somit missbraucht dieses sog. „Manifest“ denn auch mal gleich die Mechanismen des ebenfalls sog. „Web 2.0“, um unter falschem Namen mehr Lärm zu erzeugen als eigentlich gerechtfertigt.

    Jetzt könnte man sagen: „klasse, die Jungs und Mädels haben verstanden wie das heute funktioniert mit dem Internet (sic!)“, man kann aber auch sagen: „da spielt jemand auf der Klaviatur der viralen Effekte, und das einzige was sich dabei zu manifestieren versucht ist der vermeintliche ‚Führungsanspruch‘ einer kleinen Elite“. Das liegt halt ganz im Auge des Betrachters.

  109. @178 – Man Stand unter Druck, die Domain „war grad frei“ und deshalb „wurde das halt so gemacht“ – herrlich was die Qualitäts-Online-Journalisten für Qualität abliefern.

  110. Mühsam, das Rauschen zu ordnen, ohne geschachtelte Kommentare. Also, bezugnehmend auf meine Anmerkung:

    „warum nicht mal ein, zwei Leute außerhalb der üblichen Wir-verlinken-uns-gegenseitig-Posse ins Boot holen“ (#100)

    Kam von Herrn Niggemeier die Antwort:

    „Kann es sein, dass in Ihrer Wahrnehmung jeder schon deshalb zu dieser „Posse” gehört, weil er bei den Unterzeichnern ist?“ (#120)

    Dazu sage ich jetzt:

    Okay, ich habe nicht alle 15 Nasen auf ihre Verbindungen untereinander hin durchleuchtet und daher kann man mir jetzt natürlich einzelne Herren, denen Sie zufällig begegnet sind, unter die Nase reiben und auftrumpfen mit „Sehen Sie, den kannte ich vorher gar nicht“. So what? Das ändert nichts daran, dass es der Unterzeichnerliste ganz gut getan hätte, wenn Leute, die mit Journalismus, geschweige denn Online-Journalismus, nix am Hut haben, draußen geblieben wären. Und wenn unter den Journalisten, die dabei sind, wenigstens einer gewesen wäre, der auch wirklich in einer Online-Redaktion arbeitet. Ist ja schon ein bisschen was anderes, vollzeit und jeden Tag Online-Redakteur zu sein als Ex-CR, Freier, Schriftsteller, Berater oder Agenturchef.

    Oder habe ich da wen übersehen?

  111. Der schönste Kommmentar zum Internet-Manifest kommt vom Perlentaucher, auch wenn es eigentlich kein Kommentar ist:
    „Recht säuerlich kommentiert Johannes Boie in den „Nachrichten aus dem Netz“ das „Internet-Manifest“ einiger prominenter Blogger (…) Boies Artikel steht leider nicht online, aber hier kann man ihn für 3,21 Euro kaufen.“

  112. Wirklich auf den Punkt gebracht hat es Chris97 im Twitter: „Das Internet besteht aus Einsen und Nullen. Die Nullen haben das Manifest gemacht.“

    Wenn man große Worte falsch einsetzt gibt es halt ne Menge Krach.

  113. Herr Niggermeier, warum rücken Sie und die anderen das nicht mal offiziell gerade, dass es Ihnen eben nicht ums Internet sondern überwiegend um den im Internet stattfindenden Teil des Journalismus geht.

    Und zwar so deutlich, wie das vorher falsch dargestellt haben. Sie könnten Platz auf den Domains machen für ein _INTERNET_ Manifest, welches nach Fertigstellung entweder x-tausende Unterzeichner hat oder welches einfach von „Internet“ oder „Anonymous“ unterzeichnet wird. Ein Teil davon kann ja Ihre Ideen und Visionen bezüglich des Journalismus im Internet erfassen.

    Das würde die Diskussion vielleicht ein wenig entschärfen und würde den ein oder anderen, der im Moment einfach nur verärgert ist, dazu bewegen an einer konstruktiven Diskussion teilzunehmen. Ausserdem würde es dem Ruf der Initiatoren bei einigen Leuten zu Gute kommen.

    Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Wenn es Ihnen aber nur um den Wirbel und den internationalen Bekanntheitsgrad geht (auch diese Vermutung wurde ja schon laut) – dann hören Sie auf sich zu rechtfertigen (wie in dem Text oben). Stehen Sie einfach dazu.

    Gruß lfalkenburg

  114. Und aus Perspektive eines Ökonomen:
    Why I Think There Is Unlikely to Be a Washington Post in Four Years…
    http://tinyurl.com/r3l8n5

    Die moderne Medienwelt hat das gleiche Problem, über das schon Karl Kraus lamentierte: Qualität.
    In den Dimensionen: Wichtigkeit, Stimmigkeit, Gründlichkeit der Recherche, Vollständigkeit, sprachliche Darstellung, Unabhängigkeit, Unvoreingenommenheit.
    Natürlich gibt es großartige Journalisten und gute Artikel. Aber in der Breite haben wir es mit einer Diktatur des Unterhaltsamen zu tun und einer inhaltlichen Verflachung und Infantilisierung.
    Und so leid es mir tut: Das Internet trägt als Medium dazu bei, hauptsächlich deshalb, weil es strukturell als gigantisches Anzeigenblatt aufgezogen ist. Es soll sich „von alleine“ bezahlt machen, was eben nicht möglich ist.
    Und das „Manifest“ ist eben in vielem ein Abbild dieses hektischen Gewurschtels, der da stattfindet. Aber wir sind ja modern: Bestimmt kommt bald schon Fassung 1.1 heraus. Und in einem Jahr dann die Fassung 2.0. Internet Manifest 12.0 könnte dann allmählich interessant werden.

  115. @180: Ja, ich hatte auch an den trockenen Perlentaucher-Kommentar gedacht!

    Vielleicht sollte ich doch mal wieder regelmäßig in den Newsletter reingucken.

  116. @172: Ich glaube, dieses Berufsstandsdenken ist ein Gehirngespinst. Zumindest ist es mir in meinem Bekanntenkreis noch nicht begegnet, Ich lese höchstens davon wie am Samstag in der FAZ, wo ein Preisträger vom Stallgeruch der Journalisten schwafelte. Sicherlich sind unter den 30-40 Journalisten, mit denen ich einen näheren Kontakt habe (nicht identisch mit Stefans Aufmerksamkeitskartell….), nicht alle Online-Journalisten wie ich, aber keiner definiert sich über ein Medium, sondern über seine Arbeit. Dass ist es ja, was dem Manifest vorgeworfen wird, diese seltsam kalte Abstraktion eines Journalismus.

  117. @185, Brett: Vergiss es, das bringt hier nix. Für die Unterzeichner ist das Internet das bestmögliche Medien, und entsprechend muss da zwangsläufig auch die bestmögliche Qualität bei rausspringen.

  118. Gut, das mag einiges erklären an dem Manifest, mit dem auch ich mich als Laienschreiber befasst habe. Warum denn nicht vor der Veröffentlichung ein wenig mehr Arbeit hineinstecken. Ich verstehe schon, dass es ein anderer Prozess ist, online und sozusagen live so etwas zu entwickeln. Sehr mutig. Aber es führt eben auch schnell zu raschen Beurteilungen eben auf Basis dieser Kladde. Und da kann man nicht einfach sagen: Ach, das lebt ja noch alles und es teilweise war es anders gemeint. Dann schreibt doch exakt, wie es gemeint ist, um Fehldeutungen zu vermeiden.
    Macht doch einfach sehr guten Journalismus, gerade hier im Internet und es braucht kein Manifest. Seid beispielhaft und ihr werdet genügend Anhänger finden. Ob die dann allerdings ausreichen, um eure Wortarbeit zu bezahlen, bezweifle ich. Aber: vielleicht gibt es irgendwo einen mutigen medienbegeisterten Menschen mit Geld und Visionen, der dafür sorgen kann, dass eine neue Art Journalisten den ernst zu nehmenden Teil des Internets zukunftsfähig machen. Und dies ist ausnahmsweise mal keine Satire, sondern wirklich ernst gemeint.

  119. aus #195:“..Seid beispielhaft und ihr werdet genügend Anhänger
    finden…“ Falls noch eine weitere Gebrauchsanleitung zum Schreiben benötigt wrid:

    „So seid nur brav und gebt Euch tugendhaft,
    Lasst Phantasie mit allen ihren Chören,
    Vernunft, Empfindung, Leidenschaft,
    Doch merkt Euch wohl, nicht ohne Narrheit hören.“
    (Goethe, Faust I)

  120. Das Dorf, das Dorf, die Erde, die Erde und der Selbstmord des Astronauten. Von Gaddhafi.
    Das Manifest, das Manifest, das Wozu, das Wozu und das Danach …
    (ich weiß auch nicht, warum mir das immer einfällt … unqualifizierte Assoziation)

  121. Wenn in Zukunft vom Internet-Manifest die Rede ist, werde ich mich einfach auf das hier beziehen anstatt dem Original-Text.

  122. zu 6. Das Internet verändert verbessert den Journalismus

    Wen interessiert den dass? Jornalisten? Oder die, die Addressat von Journalismus sind? Ich wünche mir nicht, dass das Internet den Journalismus verbessert, sondern dazu beiträgt die Funktionen des Journalismus für die Gesellschaft besser zu gewährleisten. Genause wie es nicht um Verlage gehen kann geht es auch nicht um Journalismus oder Journalisten, ja tut mir leid: hier greift §1 „Das Internet ist anders“.

  123. Sehr geehrter Herr Niggemeier

    Vor dem Urlaub ist nach dem Urlaub!

    Sehr geehrte Kommentar-törichten

    Wir haben mit großem Interesse die Kommentare gelesen.
    Das Für und Wider des Internet Manifest.
    Tja, was sollen Wir sagen, schreiben, denken?

    Für Uns stellt sich die Debatte um das Internet Manifest wie klares kaltes Wasser da.

    Es gibt nunmal Journalisten die genau das schreiben was „Ihre“-Leser lesen wollen.
    (Wir geben zu bedenken daß unter den Lesern ja auch der Arbeitsgeber des Journalisten sein könnte.)

    @ Simon 118: Bravo! Wir freuen uns immer wieder wenn Menschen aus sich selbst heraus, vor-, mit- und nachdenken.

    @ Lutz Falkenburg 181:
    zitat von Chris97 im Twitter: „Das Internet besteht aus Einsen und Nullen. Die Nullen haben das Manifest gemacht.”

    Nein!

    Wir sehen das naturgemäß anders.
    Die Teil Feststellung „Das Internet besteht aus Einsen und Nullen.” ist stimmig, ABER die Schlußfolgerung das die Nullen das Manifest gemacht haben ist FALSCH.

    Richtigstellung:

    „Das Internet besteht aus Nullen und Einsen.
    Das Internet-Manifest haben die Einsen gemacht, es sind jedoch die NULLEN die DIE Einsen wertvoll machen!

    MfG

    Das Internet brauch kein Manifest!
    Der Mensch brauch ein Internetuser-guideline!

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