Herrschaften, vielleicht ist das mit der Ironie auf Dauer nichts. Vielleicht muß man sich am Ende doch entscheiden, eine Sache entweder mit ganzem Herzen oder mit großer Gleichgültigkeit zu betreiben, und alle Mischformen, die beim Fernsehen so beliebt sind, sich von dem, was man tut, gleichzeitig zu distanzieren, sind doch nur ein Selbst- und Publikums-Betrug.
In der Woche seines 25. Geburtstags zeigte MTV zum letzten Mal die Show von Sarah Kuttner. Und sie weinte. Sie hatte vorher so schön ironische Abschiedsvideos gedreht, aber am Ende waren da nur ehrliche Tränen der Trauer und der Wut auf all die, die sie mal „am Arsch lecken können“, und dann war es vorbei. Jetzt sind beim früheren Musiksender nur noch Profizyniker und Komplettdistanzierer wie Christian Ulmen und die üblichen Allesmoderierer.
Und Markus Kavka. Und eigentlich sollte das hier eine Eloge auf ihn werden. In den Jubiläumsfeierlichkeiten gibt der 39jährige gerade wieder den Opa, der vom Krieg erzählt: von den frühen Achtzigern, als ihm der „Haarfärbeunfall“ passierte beim Versuch, die Frisur von Dave Gahan zu imitieren, als er ohne Särge an den Ohren und Rouge und Kajal im Gesicht das Haus nicht verließ, als er sich eine Nagellacktrockenmaschine mit seiner Mutter teilte. „Das hat mir gern auch die ein oder andere Tracht Prügel beschert“, erzählt er. „Nicht von meinen Eltern, von der Jugend im Dorf.“
Seine Moderationen sind nicht diese modischen Demonstrationen der Selbstironie – er nimmt sich nur einfach selbst nicht so ernst. Und nicht die Stars mit ihren Macken. Und nicht die PR-Filme, den Nachrichtenersatz, die Dokureste, die er da ansagt. Eigentlich ist das bewundernswert, diese Haltung, dieser Professionalismus, das kleine Augenzwinkern statt der großen Ironie-Keule. Aber eigentlich möchte ich nicht mehr, daß er diesem Mist eine glaubwürdige Fassade gibt. In einem Interview hat Kavka neulich gesagt: „Gott sei Dank muß ich mein Leben nicht über die Arbeit definieren.” Ja. Und doch wär’s schön, wenn ein paar Fernsehmacher es notfalls könnten.
(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung