Geht sterben (2)

Um 10.25 Uhr hat gestern ein Leser die Redaktion des Online-Angebotes der „Rheinischen Post“ darauf hingewiesen, dass es sich bei ihrer von AFP übernommenen und (wie bei „RP Online“ üblich) zum Eigenbericht umdeklarierten Meldung über das geplante EU-Verbot von Synchronisationen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen um eine Falschmeldung handelte:

Er fügte als Beweis einen Link zur Homepage des Europaparlamentes bei und fasste seinen Kommentar sicherheitshalber mit den Worten zusammen:

Nochmal: Niemand im EP hat vor, Synchronisierungen zu verbieten.

Vier Minuten später kommentierte ein anderer Leser an der gleichen Stelle:

Vielleicht hat die RP hier etwas missverstanden?

(…) Wer sich die Pressemitteilung des Parlaments einmal anschaut, wird schnell feststellen, um was es dabei wirklich geht: darum, TV-Informationen generell mit Untertiteln für Hörgeschädigte zu versehen. (In ARD und ZDF ist das bei vielen Sendungen auch jetzt schon üblich.) Dass man dies so interpretiert, als wolle das Europäische Parlament die Synchronisierung von Filmen verbieten, ist … tja, was? Dummheit? Böse Absicht?

Am Fuß der Presseinfo http://www.europarl.europa.eu/news/expert/… ist ein Link zum Text der Erklärung. Einfach mal nachlesen. :)

Und was machten also die Leute von „RP Online“ mit diesen sachdienlichen Hinweisen? Was sie ungefähr immer machen: Sie ignorierten sie.

Und als dann am Nachmittag um 16:40 Uhr die Agentur AFP ihre Falschmeldung endlich zurückzog, was machten die Leute von „RP Online“ dann? Was sie ungefähr immer machen: Sie löschten kommentarlos die ganze Seite, mitsamt den Hinweisen. Stattdessen steht da nur noch eine Fehlermeldung:

Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Umgang mit Kritik bei den beiden hilfreichen Kommentatoren und denen, die ihre Kommentare gelesen haben, das Ansehen der „Rheinischen Post“ gemehrt hat. Aber das ist sicher ohnehin nur eine verschwindend kleine Minderheit. Sicher kann die „Rheinische Post“ auf diese paar Leute als Leser gut verzichten. Sie macht dann halt ein Medienangebot für all die Ahnungslosen, Unkritischen, Desinteressierten. (Und für diejenigen, natürlich, denen es vor allem wichtig ist, dass ein „Artikel“ über ein angebliches Sex-Video mit Shakira nicht weniger als vier Fotogalerien enthält. Ich schweife ab.)

Es sind nicht alle so. Der „Spiegel“ hat seinen Gaga-Artikel über die angeblichen EU-Pläne immerhin korrigiert und mit einem ausführlichen Hinweis auf die Korrektur versehen. Das Medienmagazin „DWDL“ hat seine Meldung (ohne Erklärung) überarbeitet und sich im Redaktionsblog entschuldigt.

Hier enden die positiven Beispiele.

Die „Bild“-Zeitung hat den Fehler, den sie gestern auf ihrer ersten Seite verbreitete, der Einfachheit halber gar nicht korrigiert.

Das erscheint mir allerdings fast weniger unanständig als das, was „WAZ“-Autor Heiko Kruska heute zu schreiben gefiel:

Die Diskussion um EU-Pläne, deutsche Synchronisation abzuschaffen, löste sich am Donnerstag in Luft auf. Eine Nachrichtenpanne in Brüssel hatte Öffentlich-Rechtlichen und der Synchronbranche die Sprache verschlagen.

Das Europaparlament will TV-Filme in öffentlich-rechtlichen Sendern nur noch als Original ohne deutsche Synchronübersetzung laufen lassen, hieß es am Mittwochnachmittag aus Brüssel. Eine glatte Fehlmeldung, wie sich gestern herausstellte. Eine Nachrichtenagentur hatte sich verzettelt – was indes einige Politiker nicht davon abhielt, ernsthaft zur fiktiven Materie Stellung zu beziehen. (…)

Die „Nachrichtenpanne“ einfach mal klar in Brüssel zu verorten, weit weg vom „WAZ“-Sitz in Essen — soviel Schönung ist vielleicht normal. Aber wie sehr muss man seinen Lesern (und sich selbst) etwas vormachen wollen, wenn man sich über „einige Politiker“ mokiert, die „ernsthaft zur fiktiven Materie Stellung“ bezogen, und nicht erwähnt, dass das Verzetteln einer Nachrichtenagentur „indes“ ihn selbst nicht davon abhielt, einen schwachsinnigen Kommentar zum Thema zu verfassen und per Pressemitteilung in die Welt zu pusten — wo er hoffentlich auf alle Zeit als Mahnmal für die Dämlichkeit und Verlogenheit von Herrn Kruska ergoogelt werden kann.

Natürlich ist der Fehler auch im sogenannten Korrekturblog des „WAZ“-Onlineportals „Der Westen“ nicht korrigiert. Um das zu wissen, hätte ich dort aber auch nicht nachgucken müssen. Nachdem dort in den letzten fünf Monaten kein einziger Fehler korrigiert wurde: Könnte man diesem Blog vielleicht endlich den Gnadenschuss verpassen?

Rührend auch die Kollegen von „Welt Online“. Die haben sogar gestern nachmittag noch einen eigenen Beitrag zur Ente veröffentlicht:

Als irgendjemandem schließlich auffiel, dass ARD und ZDF zu Recht ein Missverständnis vermuteten, wurde der Artikel einfach wieder entfernt. Ohne Kommentar, ohne Erklärung, ohne Ersatz. Mit anderen Worten: Der Journalisten von „Welt Online“ sehen sich nicht in der Lage, dieses Missverständnis aufzuklären. Sie können den Fehler nur entweder verbreiten oder ihn nicht verbreiten.

Was für eine Bankrotterklärung.

73 Replies to “Geht sterben (2)”

  1. Boah! Ich staune – und zwar vor allem über Ihre Sprache, Herr Niggemeier! Das scheint Sie ja wirklich aufzuregen. So böse und direkt habe ich das hier noch nie erlebt. Sonst sind Sie doch auch immer so diplomatisch … aber diesmal war es wohl notwendig.

  2. Was soll das bringen das noch unter den Artikel zu klatschen? Liest doch dort auch kein Redaktionsmensch.

  3. vielleicht muss man wie ich im verbreitungsgebiet der rheinischen pest aufgewachsen sein, damit einen diese sachen nicht im geringsten wundern.

  4. @Thomas
    Da bin ich mit dabei. Was ist das denn für ein Ton? Liest sich gut, aber Stefan lässt sie doch hoffentlich nicht alle erschiessen?

    Die Korrektur bei spon ist lächerlich. Reden sich heraus, dass irgendein Paralamentssprecher eingeräumt (diese Wortwahl… aua) habe, da sei etwas undeutlich formuliert gewesen. Wer wurde da gefragt, und wie lautete die Frage: ‚Ist das nicht etwas undeutlich, wenn man ein Idiot ist?‘

  5. Dieser Umgang mit eigenen Fehlern ist leider allgegenwaertig. Meiner Erfahrung nach am schlimmsten bei Focus.de. Stimmen, die sich kritisch zur Intention von Artikeln aeussern, schaffen es grundsaetzlich nicht durch die Moderation. Auch sachliche Fehler, auf die man hinweist (und ja, man kann mich kleinkariert oder einen Korinten… nennen) werden kategorisch ignoriert. Da hat man viel lieber Kommentare von Leuten, die in ihrem 7345. Kommentar noch einmal den Artikel in einem Satz zusammenfassen.
    Bei Spiegel.de habe ich es aber schon erlebt, dass man Artikel noch mal ein wenig ueberarbeitet. Natuerlich nicht transparent, aber das waere ja auch zuviel des Guten.

  6. Vor lauter Kopfschütteln hab ich jetzt gar nicht mitbekommen, um was es denn nur WIRKLICH geht. Will die EU etwa vorschreiben, dass ARD und ZDF für ALLE Zuschauern mit Untertitel versehen muss? Für das KOMPLETTE Programm oder nur Filme? Wieso das denn? Dafür gibts doch den Videotext…!?

    Und wie nennt man das eingentlich, was 3Sat mit einigen Filmen macht, wo ein Off-Sprecher die Szenen auf dem Bildschirm für Blinde beschreibt. Ist stellenweise eine Bereicherung, kann aber auch nerven und da würde ich mir einen Knopf auf der Fernbedienung wünschen, der das abstellt. Oder gibts den sogar?

    Ich bin verwirrt. Danke AFP!

  7. @kohli2703: Nicht für alle Zuschauer, sondern für alle Programme. Im Videotext. Kannst du dann zu- oder abschalten. Genau wie die Beschreibung der Szenen für Blinde jetzt schon über deine Fernbedienung (Ton-Kanal-Wahl).

    Mir scheint, ehrlich gesagt, dass du für deine Verwirrung nicht allein AFP verantwortlich machen kannst.

  8. Und wie nennt man das eingentlich, was 3Sat mit einigen Filmen macht, wo ein Off-Sprecher die Szenen auf dem Bildschirm für Blinde beschreibt.

    Zweikanalton.

  9. Ich finde Stefans, äh, Zorn(? Ärger? Entrüstung? Enttäuschung? Haareraufen?) äusserst nachvollziehbar. Sich mit Leidenschaft für positive Ideale einzusetzen und sich bei Verletzung derselben zur Not auch mal ein klein wenig auszukotzen ist keineswegs verboten. Da darf man zur Abwechslung durchaus mal etwas schärfer und weniger subtil formulieren, das ist schon völlig in Ordnung so. Wer das nicht versteht und nicht von sich selbst kennt, der hat vermutlich nichts was ihm wirklich wichtig ist.

  10. Was mich immer wieder erstaunt, sind die Screenshots, die Stefan zur Verfügung stellt. Gerade bei Artikeln, bei denen du einen Screenshot hast, obwohl der Artikel gelöscht wurde, stellt sich mir die Frage, ob du Fakes machst oder wirklich den ganzen Tag das deutschsprachige Internet „abknipst“?

  11. Zugegeben, das mit AFP war nicht fair. Aber vielen Dank für die Erläuterungen. Ich leg maich dann mal wieder hin.

  12. Jemand:

    Für solche Zwecke gibt es nützliche Programme. Zum Beispiel „Scrapbook“. Per Klick ist auch mal ein Dutzend Tabs parallel gesichert und steht zum späteren Screenshotten bereit.

  13. @Jemand: Weder noch. Aber bei der Seite von RP-Online war ich mal geistesgegenwärtig genug, einen Screenshot zu machen.

    @Torsten: Das kannte ich gar nicht. Muss ich mich gleich mal drum kümmern!

  14. Hmm, und der Welt-Artikel ist offensichtlicherweise ein Screenshot aus dem Google-Cache.

    Aber ich finde den neuen Ton hier toll. Das hat so was von einem wütenden Mob. Noch besser wär’s, wenn auf allen möglichen Seiten plötzlich GIF’s mit brennenden Autos auftauchen würden. ;)

  15. @Torsten&Stefan: Firefox mit Scapbook (zum Sichern von Seiten) in Verbindung mit ScreenGrab (für den eigentlichen Screenshot, auch Ausschnitte) ist die unschlagbare Kombination für solche Zwecke.

  16. Zweikanalton bedeutet: da gibt es noch einen zweiten Kanal. Und früher hieß das: Originalton. Sprich Englisch.

    Ansonsten Danke für die Nachbearbeitung Stefan, genau DAS hab ich mir gestern gewünscht.

  17. Stefan: Irgendwo gab es auch eine Erweiterung, die alles aufzeichnet, was Du den ganzen Tag absurfst. Hab ich vor ca einem Jahr mal ausprobiert – war damals aber ein enormer Ressourcenfresser.

  18. naja, also dass die rp gerne totalen, nicht recherchierten mist schreibt wundert mich nicht, ich wohne im rp-gebiet und ich halte die bild-zeitung für wahrheitsgetreuer als dieses (entschuldigung) mistblatt!

    ach (ohne herrn niggemeyer angreifen zu wollen – was ich von ihm kenne, macht er einen tollen job) es gibt doch eine topten der unbeliebtesten berufsgruppen in deutschland. wo rangieren da gleich noch journalisten? genau! gaaaaanz weit oben, und mit was? leider viel zu oft mit recht!

    sollte spon nicht bald einen neuen internet-chef-redi kriegen, der dort bitte mal die boulevardisierung aufhalten kann? oder ist daran schon der neue schuld?

  19. >>Geht sterben(2)

    Das verspricht eine längere Serie zu werden …
    Würde mir wünschen „sie“ würden dieser Aufforderung einfach nachkommen :-P

    >>Ich frage mich immer woher dieses Verhalten rührt Fehler nicht einstehen zu können.

    Selbstgefälligkeit, Arroganz … nenne es, wie du willst.
    Diese Schreiberlinge – Journalisten sind’s ja keine, denn die haben ja gelernt zu recherchieren – haben noch immer nicht begriffen, dass ihnen die Nachrichtenquellen nicht mehr exklusiv zur Verfügung stehen …

  20. Wirklich ein Lehrstück, Herr Niggemeier.

    Ein bisschen mitverantwortlich für die Recherche-Abstinenz ist sicherlich das Internet. Ich will jetzt nicht wie Herr Graff und Co. klingen, aber ich denke, dass die meisten Schlampereien auf den gewachsenen Aktualitätsdruck zurückzuführen sind.

    Dass der durchschnittliche deutsche Journalist der bösen EU so ziemlich alles zutraut, ist kein Geheimnis. Dabei haben wir in vielen wichtigen Bereichen nicht zu viel, sondern viel zu wenig Europa. Wer so wie ich im EU-Ausland studiert hat und zeitweise außerhalb Deutschlands arbeitet, kann davon ein Lied singen.

    Ich persönlich würde mich auch über mehr Originalversionen im TV freuen und habe gegen Untertitel nichts einzuwenden, aber die Mehrzahl der Zuschauer scheint damit wenig anfangen zu können. Häufigere Ausstrahlungen mit Zweikanalton wären wirklich eine für alle akzeptable Lösung. Besonders bei komischen Formaten, die ja in hohem Maße vom (meist unübersetzbaren) Wortwitz der Originalversion leben, sollte die Zweikanalton-Option bzw. die OmU-Variante Standard sein.

  21. Das stille Verschwindenlassen der fehlerhaften Artikel finde ich noch schlimmer als die Fehler selbst. So etwas erwarte ich von PI (und finde es auch dort armselig), aber nicht von einem seriösen Presseorgan. Irgendwie ist das sehr deutsch. Man haut jeden Tag seinen Kram raus und heult mit den Wölfen auch mal laut, begreift sich aber im Wesentlichen nur als Rädchen im Getriebe, das für nichts geradestehen und sich seine stumpfe Routine nicht stören lassen muss. Beschwerden? Bin nicht zuständig, mach hier nur meinen Job. Solange der nicht gefährdet ist, kann man alles aussitzen.

    Allerdings ist mir nun Spiegel Online wiederholt positiv aufgefallen. Sie hängen es zwar auch nicht an die große Glocke, aber immerin lassen sie das fehlerhafte Material weder kommentarlos verschwinden noch einfach stehen. Neulich war ein Tibet-Video, das in Wirklichkeit ein Nepal-Video war, nicht mehr zu erreichen, aber da stand ein Text, der unmissverständlich erklärte, was das Problem mit dem Video war und dass es deshalb entfernt wurde. In der Tagesschau war derweil davon die Rede, dass im chinesischen Fernsehen rund um die Uhr von „angeblich manipulierten Informationen“ (sinngemäß zitiert) in westlichen Medien berichtet werde, wobei im Hintergrund die Nepal-Bilder flimmerten. Kein Wort dazu, ob an den chinesischen Vorwürfen vielleicht etwas dran ist. Wer die Sache nicht verfolgt hat, musste glauben, es handele sich um chinesische Propagandaerfindungen.

  22. Ich möchte noch darauf hinweisen, daß Herr Kruska so schwammig formuliert, daß man im ersten Augenblick glauben könnte die EU hat eine falsche Pressemitteilung herausgegeben. Schlägt man dann Regionalteil der WAZ auf fällt man aus allen Wolken.

    Fern sehen, nah lesen … wenn ARD und ZDF keine synchronisierten Fernsehbeiträge mehr senden dürfen…

    Es folgen ein Interview mit Dr. Ulrich Spieß (Grimme-Preis-Referent) und diverse Interviews mit Passanten in den Fußgängerzonen des Vest zum Thema.

    Die WAZ war mal in grauer Vorzeit die einzig lesbare Tageszeitung im Ruhrgebiet. Mittlerweile gibt es überhaupt keine lesbare Tageszeitung mehr im Ruhrgebiet. Schrecklich.

  23. Ein bisschen mitverantwortlich für die Recherche-Abstinenz ist sicherlich das Internet.

    Aber selbst wenn ich unter Zeitdruck ganz schnell was ins Redaktionssystem hauen muss: Ich kann die fünfsekündige Recherche doch am gleichen Gerät durchführen. Es ist dank Internet doch noch viel einfacher geworden, groben Unfug schnell als solchen zu erkennen.

  24. Menno, was soll denn die Aufregung über die Wortwahl? Kann ich gar nicht nachvollziehen und würde eher noch einen drauflegen, wenn überhaupt was geändert werden sollte. Aber „Geht sterben“ sagt doch alles. Wer braucht solche Journalisten denn? Kein Mensch! Sie können ja Taxifahren oder wieder Artikel über die Sitzung des Kaninchenzüchtervereins schreiben, um ihr Handwerk noch mal von der Pike auf zu lernen. Mich nerven diese schlechten Artikel, die Stimmungsmache, die unkorrigierten Falschmeldungen und heimlichen Rückzieher so was von. Das ist eine Zumutung für jeden interessierten Leser und ich habe auch KEINEN BOCK MEHR AUF DIE DÄMLICHEN AUSREDEN. „Keine Zeit“, „das Internet ist Schuld“, „Qualitätsjournalismus ist in der Defensive“, „man kann doch nicht jedem Pipifax hinterherrecherchieren“. Dann lasst es doch einfach und stehlt uns nicht die Zeit mit diesem Pipifax, verehrte Journalisten.

    Bäh. Ich mag euch Qualitätsschreiberlinge nicht mehr. Ich fühle mich inzwischen sowas von auf’s Kreuz gelegt von euch, dass ich euch am liebsten auf den Mond schießen würde. Oder kürzer gesagt: Geht sterben.

  25. @stefan: ich finde gut ,dass du dieses thema so anprangerst,aber die überschrift gefällt mir immernoch nicht ;)

    mfg

  26. HiHi,
    im Berliner Inforadio kam die Falschmeldung auch gerade, inclusive Interview mit nem Filmschulstudenten.

  27. @28/Globo
    Falschmeldungen und mangelnde Reflexion bei solchen hat mit dem gewachsenen Aktualitätsdruck rein gar nichts zu tun, sondern mit Stil und – ein grosses Wort, aber mir fällt kein anderes ein – mit Ethik. Die selben Leute, die an Blogs kein gutes Haar lassen oder mit Arroganz auf kleine Redaktionen herabblicken, entblöden sich nicht, ungeprüft irgendwelchen Unsinn zu verbreiten. Den schwarzen Peter den Nachrichtenagenturen zuzuspielen, ist naheliegend, greift aber nur teilweise. Denn jede Falschmeldung braucht einen – im Zweifel überforderten – Journalisten, der sie weitergibt.

    Der Aktualitätsdruck ist eine Schimäre, die von den Medien selber erzeugt wird. Einem Leser ist es wurscht, ob er eine Meldung jetzt oder in dreissig Minuten präsentiert bekommt. Er weiss ja gar nicht, dass da vielleicht noch mal ein Redakteur recherchiert hat. Ihm ist es aber mit Sicherheit nicht wurscht, wenn diese Meldung falsch ist.

  28. @38/sonic
    Mir gefällt die Überschrift. Sehr gut sogar. Sie erinnert mich an den (österreichischen?) Ausdruck: „Gehn’s scheissen…“ Der passt auch manchmal. Nicht immer. Aber manchmal.

  29. @kati:
    Ich rege mich ja gar nicht über die Wortwahl auf. Ich finde es sogar sehr gut! Ich war´s nur von dieser Seite bisher nicht gewohnt. Taj, und großartig was ändern wird es wohl nicht. Eine bessere Zusammenfassung als „Bankrotterklärung“, wie von Herrn Niggemeier geschrieben, fällt mir dazu auch nicht ein.

    Und was den Titel betrifft: Finde ich sehr passend!

  30. @42: Mich erinnert „Gehns scheissen“ wiederum an das schön melancholische Lied von der EAV (jja, melancholisch können die auch), wo es im Refrain heisst: „Leckts mi doch am Oarsch, ihr alle miteinander, lassts mi doch in Ruh…“

    Ich finde an diesen beiden Blogeinträgen mit dem Imperativ zum Dahinscheiden im Titel interessant, wie viele diesen so genannten heiligen Zorn billigen, sich sogar mehr davon wünschen – wo man vor nicht so langer Zeit noch, von unterschiedlichen Kommentatoren zu unterschiedlichen Themen, wiederholt Lobpreisungen zu „herrlich zurückhaltender“ oder „vorbildlich unaufgeregter“ Berichterstattung lesen konnte.
    Und jetzt?
    In #22 heisst es:
    „Aber ich finde den neuen Ton hier toll. Das hat so was von einem wütenden Mob.“

    Normalerweise wäre ich da bloss PIkiert, aber da ich kürzlich „Die Welle“ gesehen habe krieg ich Paranoia.

    Naja nicht wirklich, aber ich find den Titel unelegant und irgendwie nicht recht erwachsen…

  31. Hier ist Deutschland. Warum wunderst Du Dich, daß man sich Fehler nicht eingestehen kann? Das würde ja bedeuten, daß Obrigkeiten fehlbar sind! Nein nein.

  32. @42/Iago
    „Heiliger Zorn“ ist ja gerade immer dann „gebilligt“, wenn er nicht in wohlfeile Daueraggression ausartet – der Ton vieler Blogs, die in eine permanente Dauererregung verfallen sind und das als „meinungsstark“ bezeichnen. Es muss – bei aller journalistischen und rhetorischen Eleganz und Brillanz – aber hier und da auch einmal eine deutliche und klare Stellungnahme „gestattet“ sein. Das ist meilenweit von einem „wütenden Mob“ entfernt.

  33. @stefan

    achso und die 2 „geht sterben“ themen sind also sehr witzig und gar nicht traurig für den deutschen Journalismus ;)

    Naja will dir ja nicht vorschreiben was du bloggst, aber fand dass es gut hierzu (geht sterben) passte und muss ja nur kurz erwähnt werden :p

  34. @arahf: Ich bin mir nicht sicher, ob „Polylux“ überhaupt in irgendeinem Sinne noch lebt.

    Und ansonsten: Ich weiß nicht. Hat eigentlich irgendwer, der sich gerade über die fehlende Recherche von Polylux empört, mal nachrecherchiert, ob das stimmt, was diese „lustigen“ vermummten Leute behaupten?

  35. Heiliger Zorn? Finde ich gut. Macht alle mit!

    Diese Diskussionen über die Krise der klassischen Medien – Aktualitätsdruck, Geld, Leserschwund – ist doch alles Firlefanz. Informationen finden immer Käufer. Keine Informationen finden auch Käufer, aber dann sollte man sich ‚Das Neue Blatt‘ nennen und beim Zahnarzt im Wartezimmer liegen.

    Kann sein, dass ich älter werde und den Titel vom Film nicht mehr weiss (bin auch gerade krank geschrieben). Aber als ich mein Geld noch mit Schreiben verdient habe, war eine Agenturmeldung nichts wert. Buchstäblich nichts, weil getextet von Leuten, die meine Gehaltsklasse nicht erreichen, gesendet von Leuten, die von gestern sind und so auch arbeiten. Was im Ticker lief, das war höchstens ein Hinweis, wo die Geschichte stecken könnte, niemals die Geschichte. Diese Presseagenturen taugen nicht, die sind in meinem Verständnis eine völlig falsche Geschäftsidee, ausser wenn es um das Übermitteln von Sportergebnissen geht. Wir haben, egal wo ich war, 90 von 100 dieser Meldungen sofort entsorgt, und die restlichen 10 gecheckt. Dann blieb noch eine übrig – die war dann zehn Zeilen wert. Mir gefällt das, was BILD gemacht hat, daran sieht man die Wertigkeit dieser Meldung. Paar Zeilen, zwar falsch, weil Thema nicht erkannt, aber wir reden da nicht mehr drüber. BILD hat hier Instinkt bewiesen.

    Ist erschreckend, dass die Agenturen, die gestern nichts getaugt haben, jetzt nichts taugen, und morgen versagen werden, die Nachrichtenlage zunehmend bestimmen. Weil es Journalisten gibt, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind. Die Aufgabe ist wirklich nicht schwer: Es gibt etwas Neues, ich erzähle euch jetzt, was wirklich los ist. Können die nicht. Das muss man sich mal vorstellen, die können das nicht, aber regen sich auf, dass es das Internet gibt.

  36. Stefan: Das habe ich mich gestern auch gefragt. Völlig aus der Luft gegriffen scheint die Geschichte aber nicht zu sein, wenn Polylux den Clip zeitnah (vorsorglich?) von der eigenen Webseite nimmt. Und dann wären da noch die diversen Verstöße gegen das BtMG im Bericht.

  37. @Gregor: Klar, war eine übertriebene Zukunftsvision, aber der Titel ist in seiner Direktheit trotzdem überflüssig, denn: Was macht Stefan Niggemeier? Den Medien auf die Finger schauen und sie dafür tadeln. Was regt ihn auf? Wenn die Medien schlampig arbeiten. Zwei Antworten, die jeder mühelos zu geben im Stande ist, der hier mehr als einen flüchtigen Blick reingeworfen hat.
    Und das Wichtigste: Was ist Stefan Niggemeier? Wir lesen es unter seinem Namen auf dieser Seite, und da ist es meiner Ansicht nach eben angebrachter und professioneller, wenn eine distanziert-kritische Haltung gewahrt wird, die persönliche Meinung zum Inhalt erschließt sich dem Leser ohnehin. Ich habe nichts gegen Polemik, sie gefällt mir bloss feinsinnig besser als stumpf.

    Im Übrigen musst du nicht immer für Stefan in die Bresche springen, erstens war das irgendwie erahnbar und zweitens war mein Beitrag keine Kritik, sondern nur Ausdruck meiner Betrachtungsweise. :)

  38. @Stefan:
    Steht doch schon überall. Und ich find’s sehr unlustig.

    Klar. Aber hattest du nicht mal einige Fälle von „gezielter Recherche“ aufgespiesst, d.h. Fälle wo Interviewpartner zu einem Thema gesucht wurden, die zur symbolhaften Bebilderung einer vorgegebenen Richtung dienen sollten?

    Wer sich die Anfragen der Redaktion in den diversen Drogenforen und das von Polylux an den Protagonisten geschickte „Drehbuch“ ansieht, dann war das so ein Fall.

  39. @51/Iago
    Nö, ich springe für niemanden in die Bresche; im Zweifel kann derjenige sich wohl ganz gut selber verteidigen.

    Ich glaube einfach nur, es gibt Themen bei denen man irgendwie ein bisschen mehr angep**** ist, als vielleicht bei Eva Herman oder Bohlen. Was mich beispielsweise kaum bis gar nicht interessiert ist dieser ganze Callactive-Block, obwohl ich familiär durch Spielsucht durchaus „geprägt“ wurde.

    So, und da ich weder weiss, worum es bei irgendeinem Polylux-Clip geht, noch es mich jemals interessieren wird, verabschiede ich mich ins Wochenende.

  40. Heute lese ich auf der Panorama-Seite der Regionalausgaben des Schleswig-Holsteinschen Zeitungsverlages genau die Falschmeldung, die Herr Niggemeier hier gestern angeprangert und aufgelöst hat (und die von der Agentur zurück gezogen wurde). Ich bin überrascht, und das nicht positiv.

    Sehr lustig: Als ich auf die Seite der Rheinischen Pest surfe springt ein Pop-Up einer AG Online-Forschung auf mit folgendem Text: „Wir sind auf ihre Hilfe angewiesen, um unser Internet-Angebot für Sie zu verbessern.“ Ich musste schmunzeln.

    Und ich frag mich: Hätte Herr Niggemeier denn die Macht, alle erschießen zu lassen? Manchmal glaub ich, ja…

  41. @ grey²³ #51:

    Kann sein, dass ich älter werde und den Titel vom Film nicht mehr weiss (bin auch gerade krank geschrieben).

    Ich hoffe ja sehr, dass Du älter wirst – denn wer nicht alt werden will, der muss jung sterben. und das ist nun wirklich keine Alternative.

    Und: Ich dachte immer das ²³ bezieht sich auf Dein Alter, und nicht auf den Geburtsjahrgang.

    SCNR

    Werd‘ erst mal gesund – gute Besserung.

  42. @ Daniel A. #57:

    „Geht sterben“ geht mehr so in die Richtung „Verhaltet Euch ruhig, lehnt Euch zurück, sterbt einfach aus“.

    Das hat mit der „Macht, alle erschießen zu lassen“ nichts zu tun. Nicht lustig. Gar nicht.

  43. @SvenR
    Ey, wollen wir vor die Tür? Ich und 23, Geburtsjahrgang? Bin fassungslos. Danke für die Genesungswünsche. :)

  44. Stefan: Ja, manche Blogger recherchieren so etwas nach :-)

    arahf: Die Journalismus-Entlarvung hält sich doch sehr in Grenzen. In einem Magazin, dass die meiste Zeit eh nur ironisch oder lustig gemeint ist – so hoffe ich doch – hat eine Nebenrolle vermeintlich gelogen. Eine neue Story konnte er der Redaktion nicht auftischen, er spielte einfach das nach, was eh schon bekannt ist.

  45. derwesten.de hat in den Kommentaren zum Artikel noch am 10.4. gegen 18h einen Hinweis auf diesen Blog bekommen. Bis zum 11.4. ist nichts passiert. Der Artikel enthielt übrigens keinen Hinweis auf AFP, sondern war scheinbar von eigenen Redakteuren „verfasst“.

    Dann hat am 11.4. gegen 19h jemand folgenden Kommentar geschrieben (ich kann mich nicht mehr an die Namen der Redakteure, die angesprochen wurden, erinnern):
    „Sehr geehrte Herren X und Y,
    selbst die AFP kann Meldungen zurückziehen. Wenn Sie schon Tickermeldungen ungeprüft abschreiben, dann sollten Sie sich ebenfalls daran gewöhnen, auch ab und zu die Kommentare sinnentnehmend zu lesen – da finden sich manchmal wertvolle Hinweise!“

    5 Minuten nach *diesem* Kommentar wurde die Nachrichtenseite komplett herausgenommen und durch einen 404 ersetzt.

    Erbärmlich.

  46. > Der „Spiegel” hat seinen Gaga-Artikel über die angeblichen EU-Pläne immerhin korrigiert

    Ja, und dazu diesen Satz gebracht:

    „Wir entschuldigen uns bei unseren Lesern für diesen Fehler.“
    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,546433,00.html

    „Mea culpa“ klingt anders. Schon komisch, dass bei SPON gleich nebenan Herr Sick schreibt:
    „Das Eingeständnis eines Fehlers oder Versagens ist nicht sehr angenehm, daher sind viele Menschen bemüht, sich selbst als Verursacher des Fehlers so weit wie möglich rauszuhalten. So bittet man bevorzugt nicht für sich selbst um Entschuldigung, sondern für den Fehler. Man tut also so, als sei der Fehler ein eigenständiges Wesen, ein Hündchen, das nicht sauber pariert hat.“
    http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,433479,00.html

  47. Zu 67: Wow, untenrum das beste bzw. definitiv ungewohnteste Merkel-Photo das ich kenne. Nur in der Kombination ist mir jetzt irgendwie ganz blümerant (was dem Wortsinn nach auch zur Kleidfarbe passen würde).

  48. @ Daniel A. #65:

    Auch nicht viel besser, immerhin war aber grey²³ zum Veröffentlichungszeitpunkt noch krank oder wenigsten rekonvaleszent.

  49. BTW, rp-online… Ich kanns echt nicht fassen:

    —-
    Störenfriede sichtbar gemacht
    Igitt! So sieht ein PC-Virus aus
    Sie sind lästig und gerade unerfahrene PC-Benutzer haben unheimlichen Respekt vor ihnen. Viren sind die lästigsten Störenfriede des Computeralltags. Der Firma Messagelabs ist es nun gelungen, die kleinen Programme sichtbar zu machen.
    http://www.rp-online.de/public/article/digitale/computer/555641/So-sehen-Computerviren-aus.html
    —-

  50. Wundert es denn, dass die Agenturhoerigkeit auch ihre Opfer fordert? In welcher Redaktion (und vor allem online) wird denn mal zwei Minuten lang nachgedacht geschweige denn die Originalquelle betrachtet? Meist keine Zeit, es geht um PIs (und die bringen auch Falschmeldungen), und ausserdem kann man hinterher die Agentur verantwortlich machen. Das ist kein Einzelfall: Ich behaupte, noch nie ist so wenig hinterfragt und recherchiert worden wie in den Tagen des INternets, obwohl dieses es eigentlich einfacher macht.

  51. Auch ich muss bestätigen: Kaum kommt ein Bericht im Radio, TV oder Print über ein Thema bei dem ich recht gut Bescheid weiß, muss ich den Kopf schütteln über so viel Falsches, Ungenaues, ja: Ahnungslosigkeit.
    Gerade heute früh wieder, im „Kultur-Radio“ (rbb) = da wird eine „neue“, „gerade erschienene“ Übersetzung der Father Brown-Geschichten von Chesterton besprochen und uns ans Herz gelegt. Huch?! Hab ich nicht genau diese Übersetzungen (von G. Haefs) seit 1998 im Regal? Ja. Erschienen sind sie sogar schon vor siebzehn Jahren: 1991. Die Radio-Feuilleton-Tante verkauft sie uns im April 2008 allen Ernstes als „Neuerscheinung“. Nur so ein Beispiel. Passiert täglich. Sogar im „Qualitäts“-Radio.

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