Tim Bonnemann, der für „Welt Debatte“ aus dem Silicon Valley bloggt, versucht es: Er hat einen Eintrag über den „Fall Posener“ geschrieben, verlinkt auf diverse Medien und Blogs und beantwortet meine Frage, ob „Welt“-Blogger eine Freiheit beim Bloggen haben:
In den wenigen Wochen seit dem Relaunch von WELT ONLINE im Februar 2007 hat es bei mir keinerlei Einflussnahme seitens der Redaktion oder sonstiger Mitarbeiter gegeben. Alle Artikel werden von mir geschrieben und immer unverändert, ungefiltert und umgehend online gestellt — wann ich will und wie ich will. (…)
Selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass hier bisher ja auch noch nie der BILD-Chefredakteur angegriffen wurde. Insofern muss sich erst noch zeigen, wie belastbar man bei etwaigen Konflikten im Grenzbereich zwischen gewünschter Meinungsfreiheit und der als nötig empfundenen Kontrolle wirklich ist.
Ich bin gespannt, ob „Welt Debatte“ diese Debatte erträgt. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass sie aus dem Ausland wieder in die „Welt“ kommt und sich der theoretisch selbst bloggende Chefredakteur Christoph Keese weiter tot stellt. Aber immerhin ist die Debatte nun fast dort, wo sie hingehört.
Bleibt die Frage, ob die Debatte auch dort bleibt, wo sie hingehört. So eine Plattform wie Welt.Debatte ist natürlich schon wagemutig, wenn sie vom Axel-Springer-Verlag kommt. Dass der polarisiert, war und ist wohl jedermann klar. Dass die zu erwartende Kritik aber aus dem eigenen Haus kommt, ist wohl ein GAU, mit dem sich die Projektplaner nicht befasst haben.
Wie ich neulich schon mal schrub, die einzige angemessene Reaktion wäre ein eine heiterer und selbstironischer Kommentar von Kai Diekmann gewesen. Dort im Blog. Schnell. So wirkt es auf mich, als alles, was dort gechrieben stand, wahr sein muss. Warum sollte man es sonst „verbieten“? Jämmerlich.
Das jetzt Tim Bonnemann so herumschwurbelt, macht die Sache nicht besser.
Wenn im Poesner Text der „BILD-Chefredakteur angegriffen wurde“ was macht dann die BILD jeden Tag? Vernichtungskriege? Was heißt „im Grenzbereich zwischen gewünschter Meinungsfreiheit und der als nötig empfundenen Kontrolle“ in Rahmen eines Blogs, das sich selbst Debatte nennt?
Ohne, dass ich bis zur Affäre Alan Posener überhaupt von Debatte auf Welt-Online gewußt habe, scheint sich das „neue Format“ schon erledigt zu haben.
Vielleicht nutzt Döpfner ja die sich bietende Chance, schiebt alle Schuld auf Diekmann („ich habe das alles erst aus den Meiden erfahren“, „wenn K.D. aus perönlichen Motiven einen Mitarbeiter des Springer-Verlags diskredietiert“ und „K.D. müsste es doch gewohnt sein, mit Kritik umzugehen“) und sägt seinen Stuhl ab.
Ok, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ich hab die Ereignisse jetzt mal für mich (und andere) geordnet auf meinem Blog.
Ich denke schon, dass Welt Debatte diese ertragen wird (müssen). Das einzige was die Moderatoren da zu tun haben, was aber wahrscheinlich auch nicht stressig wird, ist Versuche Poseners Text erneut zu posten, zu verhindern.
Ansonsten wird das was da debatiert wird ohnehin nur von einer Teilöffentlichkeit wahrgenommen, nichts was Welt, Springer oder Bild zu schaden könnte, als wenn Poseners Kritik da für immer gestanden hätte.
Wird „Welt Debatte“ das aushalten? Ja, bestimmt. Das Haus Springer hatte befürchtet, dass eine Diskussion weh tun würde. Nun wird man dort feststellen, dass es weniger weh tut, diese zuzulassen, anstatt sie zu unterdrücken.
Dass bei Kai Diekmann das Prinzip „erst mal den Zorn rauslassen und drauf haun“ herrscht und er erst hinterher lernt dass das nicht hilfreich ist, hat man schon bei der Penis-Aktion der taz gesehen. Deswegen wird dies sicherlich nicht die letzte Sache sein, wo man zunächst an alten Denkweisen festhält und erst im nachhinein lernt.
Leider wird das Ganze auch manchen als Rechtfertigung dienen, Corporate-Blogs als etwas Gefährliches darzustellen, die man streng reglementieren muss, damit solche „Ausrutscher“ gar nicht erst passieren. :-(
@SvenR
Mit „angegriffen“ meinte ich die deftige Kritik Poseners an Diekmann. Das sagt erstmal nichts über die Qualität der BILD-Zeitung aus. Der Punkt ist, dass ich in meinem noch sehr jungen Blog auf WELT DEBATTE bisher noch keine Gelegenheit hatte, selber eine Polemik von solchem Kaliber zu fahren (und so, wie das Blog thematisch ausgerichtet ist, wird sich das vermutlich auch weniger häufig ergeben).
Mit „Grenzbereich zwischen gewünschter Meinungsfreiheit und der als nötig empfundenen Kontrolle“ ist gemeint, dass Blogs, zumal wenn sie auf einer Plattform wie WELT ONLINE betrieben werden, nicht im luftleeren Raum existieren. Gewünscht ist sicherlich offener Diskurs, ja. Aber es gibt eben auch Rahmenbedingungen oder Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter, die hier ebenfalls eine Rolle gespielt haben mögen.
Das als kurzer Nachtrag. Mein Feedreader war seit Samstag ausgefallen. Komme erst jetzt dazu, die weiteren Reaktionen einzusammeln.
Ich fand die Kritik zwar auch „deftig“, aber „angegriffen“ ist für mich etwas anderes. Gerade als BILD-Chef sollte man dem doch gewachsen sein, oder nicht? Wer immer nur austeilt aber überhaupt nichts einstecken kann wird (hoffentlich) untragbar.
Die „Blogsphäre“ in Deutschland ist zwar noch ziemlich klein, aber ich denke viel meinungsbildender als die Keeses und Diekmanns dieser Welt (und auch dieser Welt-Online ;-)) sich vorstellen können. Oder wollen.
[…] mit den Leser zu kommunizieren. Ist es eventuell sogar dieser Stefan Niggemeier, der gespannt ist, ob die WELT eine Debatte erträgt – er selbst aber erträgt wohl keine Debatte über adical und Grimme, wie wir hier schon […]