Viva – Gorny geht in die Breite und Ruf bleibt (ein Witzbold).
Das Blöde an einem Börsengang ist, dass man vor lauter An-die-Börse-gehen manchmal kaum dazu kommt, sich ums eigentliche Geschäft zu kümmern. Während Dieter Gorny damit beschäftigt war, Viva an den Neuen Markt zu bringen, landete MTV im Dauerclinch der Musiksender Punkte: Geschäfsführerin Christiane zu Salm verkündete nicht nur, ihren Sender endlich wieder zum Marktführer gemacht zu haben, sondern auch einen prominenten Überläufer wie Niels Ruf, auf Viva Kamikaze-Moderator und Moderator von Kamikaze.
Doch in Sachen PR lässt sich Dieter Gorny von niemandem die Butter vom Brot nehmen: Bei der Popkomm in Köln rief er dem Publikum zu: „Wir sind aus dem Urlaub zurück!“ Er verkündete, dass Viva von Oktober an und Viva 2 von Februar an über den Astra-Satelliten zu empfangen sind und, ökonomisch ungleich unbedeutender, aber als PR-Bonbon zuckersüß: dass Niels Ruf doch nicht geht.
Er moderiert von Oktober an nicht nur auf Viva 2, sondern auch auf Viva – ob als Wiederholung, gleichzeitig oder mit einer Zwei-Stunden-Show, die nach einer Stunde den Kanal wechselt, steht noch nicht fest. Ruf darf seine Show (und sich) selbst produzieren. „Als Mann muss man sich fragen, ob man wirklich eine Frau als Chef haben will“, sagte er – der mit Freundin Anke Engelke mutmaßlich schon eine Chefin daheim hat – zeigte auf den bärigen Viva-Chef und fuhr fort: „Außerdem hat Gorny die größeren Brüste. “
Mit MTV, dessen Programmchef Elmar Giglinger von Viva 2 kommt, habe es zwar Gespräche gegeben: „Aber bei MTV ist der Mut zur Innovation nur ein stetes Versprechen auf die Zukunft. “ Gorny räumte ein, Programmfragen in letzter Zeit vernachlässigt zu haben. PR kann Viva 2 gebrauchen. Dessen Verdienste als Nische für ambitionierte Musik und schräges Fernsehen sehen viele von den ökonomischen Zwängen einer AG bedroht. Die Verluste von Viva 2 ließen sich in den vergangenen Jahren nur durch stetig sinkende Programmausgaben reduzieren. Jetzt kündigte Programmchef Stefan Kauertz neue Sendungen an, darunter das Börsenmagazin Crash.
Öffentlichkeitswirksam auf der Bühne unterzeichnete Gorny mit Astra-Vertreter Yves Elsen den Vertrag, der die technische Reichweite um über ein Drittel steigert. Damit soll es gelingen, die Marktführerschaft von MTV zurückzuerobern: Obwohl zur Zeit viel mehr Zuschauer MTV als Viva empfangen können, tun dies nur knapp mehr. Bei gleichen technischen Voraussetzungen verliere MTV dagegen Zuschauer. Vom 6. September an wird in der Schweiz das deutsche Viva-Programm durch Viva Swiss ersetzt, ein eigenes, auf schweizerdeutsch moderiertes Programm, an dem sich die Viva-AG beteiligt hat. Am 1. Januar 2001 soll in Wien das Werbefenster Viva Austria folgen.
Und wenn Viva dann endlich einen ordentlichen Internet-Auftritt hat, der in der kommenden Woche der Öffentlichkeit vorgestellt werden wird, dann hat Viva nicht einfach nur einen ordentlichen Internet-Auftritt, sondern wird im Gorny-PR-Sprech gleich „der erste deutsche vollkonvergente digital-analoge Sender“. Frau Salm, übernehmen Sie!