Süddeutsche Zeitung
MTV-Ulmen und Viva-Schlegl scheitern an neuen Sendungen.
Jean Pütz behandelte in 25 Jahren Hobbythek nicht nur das Thema „Darm & Po – gesunde Pflege von innen und außen“, sondern auch: „Schabernack – selbst gemacht“, denn Lachen schützt vor Kreislaufstörungen. Eines seiner Rezepte lautete: Man nimmt Schokopudding, wickelt ihn in Papier, zündet das Papier an, legt es nebenan vor die Tür, klingelt und versteckt sich. Wenn der Nachbar das Feuer austritt, hat er die Schuhe voll braunem Glibber. Buhahaha!
Knapp 15 Jahre später besucht MTV-Rückkehrer Christian Ulmen den Pittiplatschweg in einer Berliner Siedlung. Er leiht sich von Herrn Kirsten ein Feuerzeug, lässt sich von der kleinen Jessica Altpapier bringen, sammelt frischen Kot von Hund Tobby auf, rollt ihn in die Zeitung, zündet sie an, legt sie vor eine Haustür, klingelt, rennt ins Auto, wartet, der Mann kommt raus, schimpft, tritt aber nicht aufs Papier. Ulmens Fahrer gibt Gas. „Experiment missglückt“, sagt Ulmen.
Sendung auch. Viele neue schräge Ideen hat er sich für die neue Show MTV unter Ulmen einfallen lassen: Drei Zuschauer als Randgruppe im Studio. Eine lebensgroße Puppe als Assistentin, der Kopf ein Monitor, auf dem der echte Kopf zu sehen ist. Ein prominenter und ein nicht-prominenter Gast und Ulmen, der tut, als unterhalte er sich mit ihnen. Wer den deutschen Fernsehnachwuchs fördern will, müsste als erstes den Jungmoderatoren verbieten, Harald Schmidt zu sehen. Alles an Ulmen und seinem Viva-Gegenüber Tobi Schlegl, dessen neue Vorabendshow Schlegl, übernehmen Sie! ebenfalls seit dieser Woche läuft, ist Schmidt – nur längst nicht so gut: Wie sie mit der flachen Hand auf den Tisch hauen. Mahnend den Zeigefinger heben. Wie sie die großen Fernseh-Gesten parodieren und gleichzeitig sich selbst. Die Möchtegerne-Schmidts sind weder radikal noch originell. Wenn sie mit „Hallo Publikum, ich liebe Euch alle“ auf die Bühne kommen, ist das keine Parodie mehr auf Gottschalk, sondern nur noch Masche. Sie tun, als würden sie die Gesetze des Fernsehens brechen, dabei sind sie damit längst zum vorhersehbaren, langweiligen Mainstream geworden.
Bei Ulmen entstehen dank seiner Schlagfertigkeit und seines Humors wenigstens noch einzelne große Momente des Schwachsinns. Etwa wenn er seinen Gast aufzählen lässt, aus welchen Filmen er sich seinen persönlichen Best-of-Porno zusammengeschnitten hat, die Redaktion das mit einem Piepston überdeckt und dazu einblendet: „Bitte Ruhe bewahren!“
Schlegl hat zwar die größere Bühne, Live-Musiker und einen so hohen Etat, dass er nicht – wie anscheinend Ulmen – die ausgemusterten Kameras vom Offenen Kanal auftragen muss. Das ist aber auch alles, was man zu Gunsten Schlegls sagen kann.
Das Thema Kiffen war übrigens ein roter Faden in beiden Sendungen. Ist das eine Erklärung?