Warum „Bild“ nicht bei Blendle ist und der Löwe den Geiger gefressen hat

Wer übrigens fehlt im Blendle-Kiosk: die „Bild“-Zeitung.

Gut, das spricht eher für Blendle, ist aber erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Axel Springer gemeinsam mit der „New York Times“ drei Millionen Euro in das Start-Up investiert hat und dafür 23 Prozent der Anteile hält. Die Blendle-Gründer hatten im vergangenen Jahr, als Springer und „New York Times“ einstiegen, betont, die Verlage erhielten dafür keinerlei Vorzugsbehandlung, und so scheint es auch zu sein.

„Bild“ hatte nämlich, so erzählen es die Blendle-Leute, Sonderregelungen gefordert, um auf der Plattform präsent zu sein. Zum einen störte sich das Blatt an der Möglichkeit, Zeitungsausgaben kostenlos im verkleinerten Original-Layout durchblättern zu können. Weil bei „Bild“ die Fotos wichtiger seien als der Text, hätte man auf diese Weise schon umsonst das Wesentliche einer „Bild“-Ausgabe erfassen können. Blendle hätte die Fotos unscharf machen sollen.

Außerdem hat „Bild“ ein Problem mit der leserfreundlichen Blendle-Funktion, dass man für einen Artikel, den man innerhalb von zehn Sekunden nach dem Öffnen wieder schließt, nicht zahlen muss. Zehn Sekunden, so soll „Bild“ argumentiert haben, könnten schon reichen, um die meisten „Bild“-Geschichten zu lesen. Das hätte also bei dem deutschen Boulevardblatt auch abgestellt werden müssen.

Die Blendle-Leute lehnten die Sonderwünsche ab, und so ist „Bild“ – im Gegensatz zu „Bild am Sonntag“, wo die Texte länger sind oder die Chefredaktion entspannter und experimentierfreudiger – nicht auf Blendle vertreten. Zugegeben: „Bild“ kann vermutlich ebenso gut auf Blendle verzichten wie Blendle auf „Bild“.

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Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, kam gestern trotzdem zur Blendle-Launch-Party in Berlin. (Er war, so erzählte es Mit-Gründer Alexander Klöpping, auch der einzige Verleger, der das Team je in ihren Büros in Utrecht besucht hat.) Er hielt eine kurze Ansprache und erzählte dabei einen Löwen-Witz:

Sie kennen vielleicht die Erfahrung des berühmten Geigers, der eine Exkursion in Zentralafrika macht und sich plötzlich von einer Herde Löwen umringt sieht und merkt, er hat keine Chance wegzulaufen. Die Sache ist wirklich gefährlich für ihn. Also, sagte er, ich tue das, was ich immer am besten konnte, ich spiele einfach Geige. Also, er holt seine Geige aus der Kiste, spielt Mozart-Sonaten und in der Tat, die Löwen sind total überwältigt, gruppieren sich in einem Kreis um ihn herum und hören andächtig diesen Mozartsonaten zu. Also, er spielt immer weiter und weiter und besser und besser. Und irgendwann nach einer Stunde kommt von außen ein anderer Löwe rein gerannt, springt über die anderen Löwen drüber in die Mitte, zerfleischt den Geiger in wenigen Sekunden. Daraufhin sagt ein Löwe zum anderen Löwen, ich wusste doch, sobald der Taubstumme kommt, ist das Konzert hier vorbei.

Ich war ungefähr der einzige, der an dieser Stelle laut gelacht hat, aber auch eher aus Überraschung über die Pointe.

Seitdem frage ich mich: Was wollte uns der Verlagschef, Musikwissenschaftler und Germanist Dr. Mathias Döpfner mit dieser Fabel sagen? Behinderte machen immer die Stimmung kaputt?

Döpfner selbst hat direkt im Anschluss folgende Interpretationshilfe gegeben:

Das heißt, es ist eben wichtig, dass das, was wir tun, nicht nur uns gefällt, sondern dass es auch denjenigen gefällt, für die wir es machen.

Das klingt ein bisschen wie der endlos zitierte Privatfernsehenleitsatz von Helmut Thoma, wonach der Wurm dem Fisch schmecken müsse und nicht dem Angler, nur dass der bei Döpfner lauten würde, dass der Wurm nicht nur dem Angler schmecken müsse, sondern auch dem Fisch, was ein bisschen eklig klingt. Vor allem aber ist in seiner Geschichte ja der Geiger der Wurm. Quasi.

Vielleicht ist es auch so gemeint, dass der Geiger der Journalismus ist, der gerade kurz davor ist, gefressen zu werden, aber um sein Leben spielt und so die, die es zu schätzen wissen, wenigstens noch eine Weile glücklich macht, bis der Google-Löwe kommt und ihn am Ende doch noch frisst. Steckt da irgendeine Mahnung, eine Lehre drin, etwas, das der Geiger tun könnte, um nicht gefressen zu werden, oder die Löwen? Ha, ich hab’s: Die anderen Löwen, also das Publikum, denen doch das Geigenspiel, also der Journalismus, gefällt, die können nicht einfach nur genießen, sondern müssen auch bezahlen, damit der Geiger sich ein schnelles Auto kaufen kann, um vor dem taubstummen Löwen zu fliehen!

Oder, ganz anders, die Theorie von Lukas: Die Löwen sind in Wirklichkeit sehr schlechte Geiger-Zähler und kommen nicht mal bis Eins. Der Taubstumme aber kann viel besser zählen (weil er ja mit seinen Pfoten kommuniziert, an denen vier … Finger sind), deswegen ist er schnell gelangweilt und will lieber was essen. Behinderung als Supermacht!

Oder hat jemand eine noch bessere Erklärung?

92 Replies to “Warum „Bild“ nicht bei Blendle ist und der Löwe den Geiger gefressen hat”

  1. Nur der taubstumme Löwe wird satt, während der Rest sich hungrig an Kultur ergötzt. Da wäre dann der Geiger der Leser, der taubstumme Löwe die BILD [oder A. Springer V.] und die Kulturlöwen … Nee das geht auch nur ohne meinen ersten Satz, denn dann wären die Löwen mit Gehör … Nope funktioniert auch nicht.

    Womöglich ist der Witz einfach nicht gut; ich bevorzuge eh den mit den beiden, die vor den hungrigen Löwen weglaufen, einer bleibt stehen und zieht sich seine Sportschuhe an.

  2. als Erklärung geht wohl nur durch, dass der vermeintlich benachteiligte sich am Ende die fette Beute holt.

    Ich musste auf jeden Fall lachen.

  3. Anscheinend (mit Dank an Jan Hauser) hat Döpfner den Löwen-Witz schon mal erzählt, bei einem Verlegerkongress:

    Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, zu der auch die „Welt“ gehört, betritt nach einer Pause von dreißig Minuten die Bühne. Er beginnt mit einem Witz, bei dem ein Violinenvirtuose in der Wüste von Löwen umkreist wird. Um sich zu retten, beginnt er, die schönsten Mozartsonaten zu spielen. Die Löwen hören andächtig zu. Nach einer Stunde kommt ein anderer Löwe und frisst den Geiger einfach auf. Und einer der zuhörenden Löwen meint: „Sobald der Taubstumme kommt, ist das Konzert vorbei.“

    „Nur das, was man am besten kann, zu tun, hilft nicht immer. Alles anders machen und das nicht mehr gut, wäre auch ein großer Fehler“, sagt Döpfner. Und da sind wir bei der Erfahrung, die mit Ideen zusammenkommen muss. Die Ideengeber müssen die Erfahrenen antreiben, und die Erfahrenen die Ideengeber bremsen, nur im Zusammenwirken kann das Produkt Journalismus überleben.

    Ich versteh’s aber immer noch nicht.

  4. Ist doch klar: Er meinte, dass Journalisten besser Stücke spielen sollen, die höchsten zehn Sekunden dauern, sonst kommt aus dem Publikum einer, der nicht bezahlt hat und sie frisst.

  5. Der Geiger mag hier Google oder schlicht der Markt sein, die Löwen die der Musik lauschen, lassen sich halt von den Gegebenheiten einlullen und vergessen ihren Jagdinstinkt. Der vermeintlich benachteiligte oder nicht für voll genommene ist den Verlockungen gegenüber immun und schnappt sich sein Futter einfach.

  6. Der gehörlose Löwe (taubstumm sagt man nicht) ist der Döpfner, der Geiger ist Bodo Hombach und die anderen Löwen sind ein katholischer Bischof, ein Rabbi und ein Mexikaner.

  7. Oder hat jemand eine noch bessere Erklärung?

    Ich suche zunächst noch nach einer Erklärung, wie dieser Artikel zustande gekommen ist. :D (Das ist nicht als Negativkritik gemeint, im Gegenteil – finde es sehr schön, dass der Löwenwitz-Fokus, der zuerst wie ein Exkurs wirkt, bis zum Schluss durchgezogen ist. :) )

    Aber beim Vergleich von Artikel und Kommentar 5 finde ich bemerkenswert, dass Döpfner offenbar 2 völlig unterschiedliche Interpretationen anbietet, oder nicht?

    Zur 10-Sekunden-Regel:
    – Klingt, ebenso wie das „Geld zurück“-Feature, nach einer guten Sache.
    – Könnten findige Leute nicht ’nen Screenshot machen und sich dann wieder „rausklicken“ um danach in Ruhe vom Screenshot lesen? (Wobei ich sagen muss, das wäre mir 1. persönlich zu nervig und 2. möchte ich Text eigentlich auch gerne als Text lesen, um mal was zu Wikipedia/dem Google-Löwen copy&pasten zu können)
    – Ziemlich witzig, dass BILD argumentiert (wenn’s denn stimmt), dass in der Zeit eh alles gelesen ist…

  8. Nachtrag: Vermutlich hätte der Geiger sagen sollen „Bitte fresst mich nicht. Supernett!“ Dann hätte der Taubstumme ihn trotzdem gefressen.

  9. Was ist daran denn so schwer zu verstehen?

    „Nur das, was man am besten kann, zu tun, hilft nicht immer.“
    Zum Beispiel Medien, die sich an ihr klassisches (Print-)Kerngeschäft klammern und nichts Neues wagen. Das wird auf Dauer nicht gutgehen. Wie eben beim berühmten Geiger.

    „Alles anders machen und das nicht mehr gut, wäre auch ein großer Fehler.“
    Medien, die ihre Stärken außer Acht lassen und ihr Geschäft umkrempeln – ohne Experten zu sein im neuen Feld. Auch das erscheint wenig sinnvoll. Um im Bild zu bleiben: Der Geiger wird auch als Dompteur nicht reüssieren.

    Stellt sich die Frage, was hätte der Geiger tun sollen. Ein Ansatz: Mit der Geige die Löwen in die Flucht schlagen. Weitere Ideen? Die Welt gehört denen, die neu denken.

  10. Ohne es jetzt selber ausprobiert zu haben, bin ich mir sehr sicher, dass jemand Findiges leicht herausfinden kann, wie man (ggf. mit einem bisschen Programmieren) einen Artikel von Blendle abruft, ihn irgendwo abspeichert, ihn dann aus der Sicht von Blendle wieder innerhalb von 10 Sekunden schließt und ihn dann kostenfrei in aller Ruhe lesen kann. Auszuschließen ist das praktisch nicht.
    Das sollte auch den anderen Zeitungsverlagen nicht entgangen sein. Die können sich vermutlich damit arrangieren, weil es, jedenfalls solange es sich nur um wenige derart Findige handelt, nichts am Prinzip ändert – und wenn es zu viele werden, dann scheitert zwar das Geschäftsmodell von Blendle, aber die Zeitungsverlage werden davon auch nur peripher tangiert. Deswegen ist die Argumentation von Herrn Döpfner an der Stelle etwas schwach.

  11. dirks Erklärung deckt sich mit der, die Witzeerklärer Sascha Lobo auf Facebook fand: „Abmilderung der Probleme auf die Weise, die man am besten beherrscht, ist nicht die Lösung dieser Probleme.“

  12. @Jan
    „Aber beim Vergleich von Artikel und Kommentar 5 finde ich bemerkenswert, dass Döpfner offenbar 2 völlig unterschiedliche Interpretationen anbietet, oder nicht?“

    Das ist Fabeln (denn im Grunde handelt es sich ja um eine) eigen. Sie lassen sich in verschiedene Richtungen interpretieren und können in verschiedenen Situationen anders eingesetzt werden. (Das Fremdwort dafür ist Polyvalenz; bin mega stolz das zu kennen).
    Die Sache ist, dass die Fabel trotz ihrer Polyvalenz in diesem Kontext irgendwie nicht funktioniert.

  13. In welcher Zeitzone werden eigentlich die Kommentare veröffentlicht? Wenn dort 12:56 steht ist es bei mir erst 12:46 :-D

  14. @18: Das klappt für die „Bild“. Ein interessanter Artikel aus einer richtigen Zeitung braucht wahrscheinlich mehr Platz auf dem Bildschirm, als in einen Screenshot passt. Aber für die meisten Browser gibt es Erweiterungen, die eine komplette Seite speichern können, auch wenn die zum Lesen „gescrollt“ werden müßte, und solange es einem eh nur um den Text geht, helfen wahrscheinlich auch wget, curl & Co.

  15. @Alex Strippel das (Zulässigkeit verschiedener Interpretationen) ist natürlich klar; ich finde nur besonders ironisch, dass die selbe Person bei ähnlichen Anlässen (mit ähnlichem Publikum) die selbe Geschichte erzählt und zwei unterschiedliche Interpretationen wählt.

  16. Döpfner hat danach ja noch weitergesprochen.
    „Also den Witz bring ich nun seit Jahren. Und wer immer ihn gehört hat, wusste, es geht um seinen Arsch. Ich hab nie viel drüber nachgedacht, was er bedeutet. Im Moment denke ich, vielleicht bedeutet es, Ich bin der Geiger, und Google ist der Löwe. Und Blendle hier ist die Geige, der meinen gerechten Hintern in der Löwengrube beschützt. Es könnte auch bedeuten, Blendle ist der Geiger. Und ich bin der Löwe. Und dass es die Welt ist, die verworfen und selbstsüchtig ist. Tja, das gefällt mir. Aber dieser Quatsch ist nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist, Blendle ist schwach. Und ich bin die Tyrannei der taubstummen Löwen. Aber ich bemühe mich. Ich geb mir echt große Mühe, der Geiger zu sein.“

  17. Bild gibt zu: Bild-Artikel sind in 10 Sekunden gelesen und bestehen im Wesentlichen eh nur aus Bildern. Bei Reddit gibt es eine passende Untergruppe namens „/r/notheonion“. Da werden echte News verlinkt, die man eigentlich in einer Satirezeitschrift (wie „The Onion“) vermuten würde. Wie würden wir da sagen? „nichtderpostillon“?

  18. @22 Stefan K: „Bild gibt zu: Bild-Artikel sind in 10 Sekunden gelesen und bestehen im Wesentlichen eh nur aus Bildern.“

    Und? Wenn das anders wäre, hieße die Postille ja wohl auch nicht „Bild“, sondern „Text“.

  19. Vielleicht ist es auch nur eine Metapher dafür, das derjenige, der sich nur auf das Bild fokussiert nicht in der Lage ist den Sachverhalt vollständig zu erfassen. Insoweit wäre es die Darbietung der hohen Kunst der Selbstironie gewesen.

  20. Bei dem „endlos zitierten Privatfernsehenleitsatz von Helmut Thoma“ hat mich immer gestört, dass da so gut wie nie thematisiert wurde, dass dann noch am unerwähnten Ende der Angler den Fisch ‚frisst‘. Weil dem der Wurm so gut geschmeckt hat. Und an der Sache mit dem Wurm ein kleiner Haken dran war.

  21. Wenigstens war es keinen Fußballmetapher ala „Der Ball liegt in der Hälfte des Gegners“ diese sind so gut wie immer völlig schwachsinnig.

  22. @Anselm(#24): Nach dem von Bild selbst gewählten Leitspruch („Bild Dir Deine Meinung“) handelt es sich bei „Bild“ um den Imperativ von jdn./etw. bilden [formen, gestalten] und nicht um das Bild im Sinne einer Abbildung oder Illustration.

  23. @Stefan K (#28): Das ist eine Retcon-Konstruktion. Als die „Bild“ neu war (frühe 1950er Jahre) bestand sie im Wesentlichen nur aus großformatigen Fotos. Der Titel war also ursprünglich durchaus wörtlich gemeint.

  24. Die anderen Löwen wussten ja um ihren taubstummen „Kollegen“. Nur der Geiger nicht.
    Der Sinn der Fabel kann somit darin liegen, dass die Löwen – im Döpfner-Blendle-Fall die Leser – ebenfalls um die Risiken des Marktes wissen mögen und tunlichst darauf aufpassen sollten, dass ihnen niemand das Konzert vorzeitig beendet.

    Ergo liegt es an Blendle und den Verlagen, möglichst schnell möglichst viele vom Blendle-Micropayment zu überzeugen, damit die Eintrittsbarrieren für andere (Google Kiosk, Apple News etc.) so hoch werden, dass sie nicht den Geiger fressen.

    Denn Google (Daten) und Apple (AdBlocker) , vielleicht sicher auch Facebook (Daten) werden die Leserjourney mit dem eigenen Userwissen und eigenen Inhalten nur zum eigenen Vorteil anreichern. Zum finalen Nachteil der Verlage, denn dann sind auch die Werbeumsätze perdu.

  25. Also noch ein kurzer Interpretationsversuch:

    Man kann alles ganz genau richtig machen, um einigermaßen zu überleben – und es mag den Meisten zudem sehr gefallen – es kommt mit Sicherheit irgendwann eine gestörte Existenz daher und macht einem alles kaputt…

    Fazit: Es gibt weder für den Lebenskünstler, noch für die stärksten und gefährlichsten Räuber unter uns, so etwas wie „Genussschutz…“

  26. Die eigentliche Nachricht ist für mich, dass die Geld-zurück-Funktion nur für die ersten zehn Sekunden gilt. Das ging aus dem letzten Beitrag hier noch nicht hervor. Vor diesem Hintergrund finde ich diese Idee ganz hervorragend und drücke Blendle die Daumen, dass das klappt.

  27. Das Allerstärkste an diesem Bild finde ich, dass es ja fast allen Löwen vortrefflich gefällt, was der Geiger für sie macht.

  28. Der Geiger ist schuld. Zu lange hat er sich auf seinen Geiger-Lorbeeren ausgeruht und mochte sich gar nicht so recht vorstellen, dass es gehörlose Löwen geben könne. Er hat es verpasst, sich zur rechten Zeit pantomimisch weiterzubilden.

  29. Vielleicht kennt der Herr D. aus… nur den einen Witz.
    Er wäre gewiss nicht der einzige, der einfach nur überschätzt wird.

  30. Die einfache Erklärung ist: man muss als kunstsinniger Mensch aufpassen, dass die Kunst nicht von kunstlosen Menschen wegen materieller Vorteile zerstört wird.

    Die Hardcore Erklärung ist: wenn etwas einen ästhetischen Wert hat _und_ einen materiellen, darf man den ästhetischen Wert nicht zu Lange nutzen, sondern muss irgendwann dazu übergehen, auch den materiellen Wert zu nutzen, selbst, wenn es sich beim Materiellen (Geiger) um ein Verbrauchsgut handelt und beim Ästhetischen (Musik) nicht, letzteres aber mit ersterem verschwindet, denn wenn man den Geiger nicht selber frisst, frisst ihn ein anderer.

    Die philosophische Erklärung: es gibt keine.
    Die ganze Geschichte ist ein verbaler Rorschachtest – man meint nur, einen Sinnzusammenhang mit der akuten Situation erkennen zu können, aber in Wirklichkeit performen Geiger, Löwen, Journalismus, Internet-Kioske, Gehörlose und Döpfner ein Gemisch aus Tintenkleksen. Wie die Streifen eines Zebras.

    BILD-Artikel können in 10 sec verstanden werden? So viel Ehrlichkeit hätte ich denen ja gar nicht zugetraut.

  31. Darf ich Döpfner mal kurz auf den Punkt bringen: Wir sind Löwen, wir fressen Menschen, gleichgültig, ob sie Mozart spielen oder sonst etwas tun, das uns gefällt.
    Ich finde seine kleine Geschichte eigentlich sehr passend: Es kann noch so schön oder angenehm sein, entscheidend ist am Ende ein voller Bauch – Springer ist ziemlich fett mit dieser Strategie geworden.

  32. Das ist keine Fabel, denn wo ist denn die belehrende Absicht? Entweder der Geiger spielt Geige, dann wird er später vom taubstummen Löwen gefressen, oder er lässt es bleiben, dann wird er sofort von den anderen Löwen gefressen. Er hätte natürlich nie auf Safari gehen brauchen, aber dann wäre die Moral der Geschichte, dass die Verleger sich nie mit dem Internet hätten einlassen dürfen. Dazu ist es aber zu spät. Letztendlich ist das ein der Situation – Empfang anläßlich Geschäftseröffnung – völlig unpassender Witz, aber das machen Führungskräfte aus Selbstüberschätzung wohl häufiger. Wir hatten auch mal so einen, der das Märchen vom Hans im Glück falsch verstand und beim Neujahrempfang HAL 9000 erwähnte. Er hat auch beinahe die Firma an die Wand gefahren.

  33. Ohne moralischen Zeigefinger, nur als offtopic-Hinweis: Personen, die des Hörens nicht fähig sind, ziehen es vor, mit dem Begriff „gehörlos“ bezeichnet zu werden, nicht mit dem Begriff „taubstumm“. Dass Döpfner sich für p.c. nur so mittel interessiert, überrascht wenig, aber die anderen könnten in iher Witz-Exegese durchaus darauf Rücksicht nehmen.

  34. Blendle = Geiger
    zuhörende Löwen = alle bisher vertretenden Titel auf Blendle
    Löwe, der später den Geiger frisst = Axel Springer Verlag

    Vielleicht.
    Mehr Gedanken will ich mir um die Person Döpfner aber nicht machen. Stimmt meine These, bin ich aber beruhigt, dass der Verlag die Rolle des Taub-Stummen einnimmt und hoffe darauf, dass sich diese Eigenschaften bald auch auf alle seine Tätigkeitskreise erstrecken.

  35. Neuer Aspekt: Die Violinsonaten von Mozart sind mit Klavier. Als „Musikwissenschaftler“ weiß D. das natürlich. Also: Wo ist hier das Klavier? Haben es die Löwen geklaut? Hat sich der Geiger in der Musikwahl vertan? Das sagt uns was?

  36. Hätte jetzt angenommen, dass der Geiger für die Politk/den Zeitgeist, die Löwen für die Massenmedien/Bevölkerung und der taubstumme Löwe für die Bild stehen soll. Zumindest würde das von Döpfners Standpunkt aus Sinn ergeben.

  37. @Jan #10 et. al.
    Die meisten Browser (Firefox, Chromium) können die Seite als HTML (auf Wunsch mit Bildern und allem drum und dran) abspeichern, so dass man sie später lesen kann. 10s sollten dafür reichen, aber trödeln darf man dabei nicht. Nervig wirds trotzdem.

    Womögiich kann man die Seite auch aus dem Cache rekonstruieren, aber die meisten User dürften schon überfordert sein diesen zu finden. Die Zahl derer, die solche Tricks nutzen, ist sicher gering, wenn die Möglichkeit eine Seite zu speichern schon so unbekannt ist.

    Das ist ungefähr so wie mit den 2 Männern die sich in der Wüste begegnen, der eine hat eine Telefonzelle auf dem Buckel, der andere einen Amboss. Sagt der zweite: „Was machste mit der Telefonzelle?“ „Na, wenn ein Löwe kommt setze ich sie ab, gehe rein und mache die Tür zu.“ (Die älteren erinnern sich, so große, gelbe Quader mit Schwingtür – später kamen dann ja pinke, schwachverschalte Säulen). „Und Du, was machst Du mit dem Amboss?“ „Nun, wenn ein Löwe kommt, dann lass ich ihn fallen, dann kann ich schneller laufen!“

  38. Reden ist Schweigen und Silber ist Gold,
    Löwe frisst Geiger weil er ihn nicht hört.
    Die Bild war beleidigt und sich getrollt,
    Der Rest des Rudels vom Blute betört.

    Wer ist nun wer, das fragt sich der Jäger,
    Sind Löwen die Geiger und garnicht die Täter?
    War die Melodie gar faul und behäbig?
    Der Löwe heißt Bild, die Methoden sind schäbig.

  39. Alle anderen Verlage schauen gespannt auf das neue Geschäftsmodell von Blendle. Damit hält sich Bild nicht auf und nimmt sich einfach was es braucht.

    Das Döpfner das eigene Blatt als „taubstumm“ bezeichnet, überrascht auch nicht wirklich, da es ja quasi Einstellungsvoraussetzung für Bildmitarbeiter ist, unempfänglich für Außenreize wie Tatsachen, Kritik oder Mitgefühl zu sein.

  40. Der Witz bedeutet – wahrscheinlich gar nichts.

    Keine Ahnung, weshalb immer und überall ein philosophischer Hintersinn vermutet wird. Herr Döpfner ist leider-Gott-sei-Dank weder der Papst noch der Daila Lama.

    Also ist der Witz nur ein Witz. IMHO nicht einmal ein besonders lustiger/guter. In diesem Sinne: Ha. Ha.

  41. Die Geschichte versteh‘ ich, auch die Pointe und sogar die magere „Moral“.
    Vielleicht liegt das Unverständnis anderer daran, dass „ein Witz“ erwartet wurde, der weder einer sein will noch einer ist (?).
    Hat denn der D. tatsächlich einen „Witz“ angekündigt?… wie oben behauptet wird („…und erzählt dabei einen Löwen-Witz“) …
    …oder doch nur eine „kleine Geschichte“, Fabel, Gleichnis, Launiges, oder ähnliches?

  42. Der Döpfner leidet doch unter starken Rückenschmerzen vom vielen Beten vor seinem SteveJobs Schrein.
    Und Stefan Niggemeier hat „Behinderter“ gesagt. Pfui, das darf man doch gar nicht mehr :P

  43. Noch ein Aspekt, der noch gar nicht zum Tragen kam: „…die Löwen sind total überwältigt, gruppieren sich in einem Kreis um ihn herum und hören andächtig diesen Mozartsonaten zu“. Damit war der Geiger ja noch lange nicht gerettet. Wären die – nicht gehörlosen – Löwen irgendwann gelangweilt von dannen getrottet? Oder hätte bei einem von ihnen der Hunger die Oberhand gewonnen? Wie hätte der Geiger entkommen sollen? Jetzt darf weiter interpretiert werden.

  44. Die Moral der Fabel ist doch offensichtlich: Der gierige und beschränkte Mensch kriegt am meisten ab. Das gilt auch für juristische Personen z.B. den Springer-Konzern, und auch für das leitende Personal.
    Wüsste Herr Döpfner, was der Witz über ihn verrät, er würde sich hüten, ihn zu erzählen. Aber Herr D. ist natürlich eher gerissen als intelligent.

  45. Vielleicht sollte der gehörlose Löwe auch für das Leistungsschutzrecht stehen, tumb, gierig und alles in sich reinschlingend?

  46. Viele Leser bewundern den Qualitätsjournalismus. Plötzlich kommt ein skrupelloser Journalist und vernichtet den Qualitätsjournalismus durch seine Arbeit. Ein Leser sagt daraufhin: „Ich wusste, wenn der BILD-Journalist kommt, ist es mit dem Qualitätsjournalismus vorbei.“

  47. Ich möchte mich #46, Matthias, anschließen und auch darauf aufmerksam machen, dass gehörlose Menschen das Wort „taubstumm“ als beleidigend empfinden. Sind sie doch der Gebärdensprache mächtig und keineswegs stumm, einige können sogar sprechen üben.
    Es wäre schön, wenn Sie, Herr Niggemeier, sich nicht dem diskriminierenden Duktus bedienen würden und die Kommentatoren hier ebenfalls nicht.

  48. Herr Döpfner versucht sich als Witzeerzähler,
    doch ganz offensichtlich fehlt`s am Repertoire.
    Ein komisches Gleichnis voll logischer Fehler
    erzählt der den Menschen nun schon Jahr um Jahr.

    Sonate der Löwe sich sprunghaft dem Geiger;
    für ihn war Musik immer schon unerhört.
    Das Bogengewedel ging ihm auf den Zeiger,
    drum hat er den Musikus einfach verzehrt.

    Den König der Tiere kann Niemand betören,
    nicht Mozart, nicht Presse, nicht Springer, nicht Bach.
    Selbst wenn er nicht taub wär, und könnte er hören,
    er ginge trotzdem seinem Jagdtriebe nach.

    „Zur Verdauung und Erbauung“

  49. @64 & @65 Stefan Niggemeier

    Der Einwand ist schon berechtigt, da Nicht-hören-können nicht – wie oben assoziiert – automatisch auch Nicht-sprechen-können beinhaltet. Wie unnötig das ist, zeigt sich schon an dem obigen „Witz“. Ob der Löwe sprechen kann oder nicht, ist für die Pointe absolut unerheblich: ein tauber Löwe oder ein gehörloser Löwe hätte es genauso getan. Aber so ist der Löwe halt noch ein wenig behinderter, was die Kernaussage unterstreicht: „Doofer, behinderter Löwe. Frisst einfach den Musiker.“ Tatsächlich haben die Worte Taub – tumb – dumm den selben sprachgeschichtlichern Ursprung.

    Also wenn ich nicht hören könnte, wäre ich auch lieber schwerhörig als taub oder gar taubstumm. Geiger würde ich aber trotzdem nicht essen.

  50. @Winny: Natürlich ist der Einwand berechtigt. Er ist ja auch schon mehrere Male in dieser Kommentarspalte gemacht worden. Angesichts der Tatsache, dass es hier aber um einen Löwen geht, könnte man es dabei dann aber auch belassen, finde ich.

  51. Gehörlose Löwen können keine Gebärdensprache. Hörende Löwen nennen gehörlose Löwen „taubstumm“. Wer käme auf den Gedanken, das sei richtig?
    1. zu suggerieren, Löwen wären besonders höflich zueinander, ist möglicherweise nicht Sinn dieser Geschichte.
    2. wer irgendetwas, was menschenfressende Landraubtiere tun oder lassen, unkritisch übernimmt, uriniert irgendwann auch in der Öffentlichkeit.

  52. @ 69
    Nur haben nicht die Löwen, den Löwen als taubstumm bezeichnet, sondern Döpfner. Andererseits ist er als Repräsentant des Axel-Springer Verlags vielleicht auch nicht unbedingt derjenige, von dem man besonders viel Feingefühl erwarten würde.

    @ 68
    Ich wollte eigentlich auch kein Nebenthema aufmachen, und hatte deshalb in meinem ersten Kommentar (@ 55) das „Taubstumm“ dezent in Anführungszeichen gesetzt, um mich von dem Ausdruck zu distanzieren. Derailing war nie meine Absicht.

    Deshalb zurück zum Artikel und noch eine letzte Interpretation der Fabel: Der Geiger ist Sinnbild für die Bedeutsamtkeit und Wirksamkeit von Medien. Wahrscheinlich geht Döpfner davon aus, dass die Fotos der Bild-Zeitung in der vergangenen Woche von einem Löwen gefressen worden sind. Und als Döpfner dem Löwen sagte „Lass dass“, hat dieser nicht auf ihn gehört…

  53. Eine mögliche Interpretation wäre, dass die Ignoranz einer Minderheit, der Mehrheit schadet. Der taube Löwe, als ignorante Minderheit, schadet der Mehrheit der Löwen indem er den Geiger frisst. Aus der Sicht von Döpfner schadet Blendle, als ignorante Minderheit, der bildlesenden Mehrheit, indem es die Bild nicht anbietet. Oder so ähnlich …

  54. Ich dachte, du hast gelacht wegen der Pointe, dass Bild der taubstumme Löwe ist und eben nicht bei Blendle mitmacht…

    Aber so ganz ausgereift ist das noch nicht…aber muss es das?

  55. Noch ein Interpretationsversuch: In was für einer Ökonomie verdienen Verleger noch mal ihr Geld? Richtig: In einer Aufmerksamkeitsökonomie. Warum also nicht möglichst bedeutungsoffene und irgendwie drastische Geschichten erzählen, die jedermann für sich ausdeuten kann. Der Blogeintrag hier einschließlich aller – auch dieses – Kommentars ist der beste Beweis, dass es funktioniert. Warum also die Löwengeschichte? Das können sich doch wirklich alle Menschen ganz einfach vorstellen. Beliebte Verlegerthemen sind: Tod, Zukunft, Internet etc. Frank Schirrmacher hat daraus Sachbücher und Diskussionen gemacht. Diese Geschichten – auch die Löwengeschichten – sind letztlich immer und an erster Stelle ein Unterhaltungsprodukt. Information ist was anderes. Und dann sind wir wieder beim Leser und seiner Wahlfreiheit und vielleicht auch wieder bei Blendle … Also: vergesst die blöden Löwen. Meiner Ansicht nach ist das Springer Redaktionsstatut die erbaulichere Lektüre – leider ohne Tiere und ohne Geiger.

  56. Zum Thema Seite abspeichern: Geht z.B. mit Fireshot unter FF. Seite aufrufen, Tastenkürzel drücken, Fireshot scrollt durch die gesamte Seite und lässt einen diese als Bild oder PDF speichern. Es ist unmöglich, im Netz das Speichern von Webseiten zu unterbinden. Das war schon immer so. Als Verleger von digitalen Inhalten ist mir dies bekannt und ich sollte es ignorieren. Wichtig ist, den echten Kunden keine Steine in den Weg zu legen.

    Bei Steam wurde ein Rückgaberecht eingeführt, ich kann jedes Spiel mit einer Spielzeit unter 2 Stunden innerhalb von 2 Wochen zurück geben. Das motiviert mich Spiele auszuprobieren und im Endeffekt kaufe ich mehr. Ich muss keine „Angst“ mehr haben mich beklaut zu fühlen wenn mir ein Spiel nicht gefällt.
    Das macht Blendle richtig.

    Meine Interpretation des „Witzes“:
    Der Geiger sind die deutschen Verleger. Sie stellen sich mutig einer Gesellschaft entgegen, die Ihnen nicht wohlgesonnen ist. Dank Ihrer brillanten Schreibe, ausgezeichneter Recherche und Wahrung von Anstand schaffen sie es, Ruhe in die Gesellschaft zu bringen.
    Wären da nicht ein paar Personen (der gehörlose Löwe) welche einfach nicht zu überzeugen sind, da sie das Werk nicht würdigen können (=doof). Diese machen dann online Kommentare und damit alles kaputt (fressen den Geiger).

  57. Döpfners „Interpretationshilfe“ passt vorne und hinten nicht auf irgendeine Aussage der Fabel. Weder bei Blendle noch auf dem Verlegerkongress.

    Da liegt am ehesten noch der Schluss nahe, dass Herr Döpfner nur diese eine Fabel unfallfrei aufsagen kann und sie deshalb jedesmal nimmt, wenn er glaubt, gerade besonders gewitzt sein zu müssen, und sich in einem zweiten Schritt überlegt, wie er sie auf den jeweiligen Anlass zurechtbiegen kann.

  58. Gut, zugegeben. Auf dem Verlegerkongress sagt er „Nur das, was man am besten kann, zu tun, hilft nicht immer.“ Das passt auf die Fabel. Schon der nächste Satz („Alles anders machen und das nicht mehr gut, wäre auch ein großer Fehler“) dann nicht mehr.

    Spätestens bei Blendle ist das Ding einfach komplett schief und die Fabel auch eher ein simpler Witz, der durch die unvorhergesehene Pointe punktet, als eine Geschichte mit tieferem Sinninhalt. Was das jetzt über Döpfner aussagt, dass er sie gleich mehrmals hernimmt, anstatt sich kurz was passenderes zu suchen, darf jeder für sich selbst entscheiden.

  59. @ 70 Winny: Nein, Döpfner gibt wieder, was ein fiktionaler Löwe zu einem anderen fiktionalen Löwen über einen dritten fiktionalen Löwen sagt. Wenn in einer Geschichte über den Amerikanischen Bürgerkrieg ein Südstaatenplantagenbesitzer zu einem anderen sagt: „Diese Afroamerikaner, die für mich arbeiten, sind nicht so motiviert wie Ihre. Wie kann ich Leistungsteigerungen im Baumwollbereich erzielen?“, anstatt das N-Wort zu benutzen, klänge das mehr nach Parodie als alles andere.

    Ich verstehe Ihren Einwand ja, und ich will jetzt auch nicht ausschließen, dass Herr Döpfner die Vokabel „taubstumm“ auch auf reale Menschen anwendet, aber dafür gibt es in dieser Geschichte keinen Beweis.
    – Wörter, die bei Menschen abwertend sind, gelten bei Tieren oft als korrekt (Maul, Schnauze, Lauscher, trächtig etc.)
    – Zweitens macht sich Döpfner hier die Vokabel nicht zu Eigen, das wäre anders, wenn er in der Erzählung und nicht in der Wiedergabe wörtliche Rede das Wort verwendet hätte (wäre es anders, könnte man keine gescheiten Romane über Rassismus, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit oder Diskriminierung von Menschen, die nicht hören können, schreiben)
    – die beiden Löwen sind wegen des Löwen, der nicht hören kann, verärgert, und das soll durch die eher rüde Wortwahl verdeutlicht werden
    – vllt. wollte Döpfner auch einen Schockeffekt setzen

    Hach, je weniger Sinn eine Geschichte hat, desto mehr kann man hinein interpretieren.

  60. Zeigt auf jeden Fall eindeutig, dass Döpfner (Angler) mit seinem Wurm (Witz) die Zuhörer (Fische) nicht erreicht hat und sich dringend mit Ideengebern für neue Witze zusammen setzen müsste.

  61. Die Döpfner-Interpretation muss zumindest so modifiziert werden, dass das, was wir machen, auch denen gefallen muss, die es gar nicht aufnehmen können. Was definitiv Schwachsinn ist, oder?

  62. Lieber Stefan Niggemeier,

    ich finde auf diesem Blog könnte öfter zur Witzinterpretation aufgefordert werden, selten wurde hier so friedlich und fröhlich diskutiert (allerdings finde ich: ob es ein „Löwe“ oder „Mensch“ ist, die als „taubstumm“ bezeichnet werden, ist in einem gewissen Sinne egal).

    Mit freundlichen Grüßen!

  63. Was übrigens auch im Blende-Kiosk fehlt: Die FAZ-Artikel von heute. Die von vorgestern kann man dort für 45 Cent lesen. Die von heute gibt’s nur im FAZ-eigenen Archiv für 2,50 Euro. Wenn das das Internet ist, glaube ich nicht, dass sich das durchsetzt.

  64. Der Sinn des Witzes ist seine Interpretation. Die Sinnsuche ist der Versuch, das infolge der Nichtbezogenheit alltäglicher Erlebnisse innerhalb einer kapitalistischen Gesellschaft herrschende Sinndefizit durch Herstellung von Bezogenheit und Kohärenz im Symbolsystem der Literatur zu kompensieren. Indem der Witz endlos interpretierbar ist und als Sinnmaschine ein perpetuum mobile darstellt, befriedet er den Rezipienten, paralysiert ihn in seiner Handlungsfähigkeit und dient deshalb dem herrschenden Bewusstsein.

  65. ‚Lieber den Geiger im Magen, als Katzenmusik im Ohr‘
    ist nun mal ein altes, Menschen selbstredend eher selten geläufiges Löwensprichwort

  66. Hallo?! „Springer“?! Da liegt doch schon im Wort, wer der taubstumme Löwe sein soll :) Ob man jetzt „passt genau“ oder „hätten sie wohl gern“ anmerkt, ist die eigentliche Frage. Womöglich beides…

  67. Nachdem ich gestern eine Meldung über die »Washington Post« bei Heise gelesen habe, ist mir doch noch eine Interpretation eingefallen:
    Der Geiger steht für die Journalisten, die Löwen für die Zeitungsverleger. Im Moment liegen die Löwen einträchtig nebeneinander und freuen sich an der publizistischen Vielfalt, bei »Blendle« ja sogar auf der selben Plattform. Wenn nun ein Verleger kommt, der dafür keinen Sinn hat und in einen Preiskampf einsteigt, könnte die Party durchaus schnell vorbei sein.
    Man denkt bei großer publizistischer Reichweite immer sofort an billig gemacht, wie bei »Bild« oder irgendwelchen Klickstrecken und Listen im Netz, neben denen natürlich eine ‚richtige Zeitung‘ immer bestehen kann, aber zwingend scheint mir der Zusammenhang nicht zu sein.
    Um das Beispiel der »Washington Post« einmal versuchsweise auf den deutschen Markt zu übertragen (ich rechne hier zur Vereinfachung nur mit Abopreisen): Sagen wir ich kaufe die »F.A.Z.« und senke den ePaper-Abopreis von jetzt 34,90 auf 8 Euro pro Monat, – damit würde ich jede andere Zeitung weit unterbieten. Daraufhin würde vielleicht die Hälfte der heutigen Printkäufer (Print-Abopreis 54,90 Euro) auf ePaper umsteigen und ich hätte monatliche Einbußen von fast 6,34 Mio Euro (heute: 232747 à 54,90 Euro und 32734 à 34,90 Euro; dann: 116373 à 54,90 Euro und 149108 à 8 Euro). Wenn es mir aber so gelänge in »Bild«-Bereiche vorzustoßen, dann würde ich ab einer Auflage von 1,058 Mio Gewinn machen. Das gäbe zwar ein ordentliches Massaker im Zeitungsmarkt, aber, nun ja

    (Auflagenzahlen der F.A.Z. nach pdf)

  68. Die Moral der Geschichte ist, wie üblich „Wer sich in Gefahr begibt kommt darin um!“ – der Geiger fährt nach Afrika, ja da ist er doch selbst schuld, wenn er da gefressen wird, da kann er noch so gut deutsche Qualität geigen, der ungebildete schwarzafrikanische Löwe ist ja taub für seine Kunst, ihm fehlt das entsprechende Aufnahmeorgan für die kulturelle Höchstleistung des … ach komm, ich hör lieber auf.

  69. statt dich damit zu beschäftigen, was der springer chef denn nun jetzt mit seiner metapher meint, solltest du lieber bedenken, was es heißt, dass die deutsche Medienlandschaft in letzter zeit als „innovation“ bento, blendle und krautreporter auf den „markt“ gebracht haben.

    es gibt in frankreich einen journalismus der abseits des mainstreams versucht inhalte zu produzieren, das problem mit diesem journalismus ist, das er kein geld abwirft und den journalismus schwer bezahlen kann, doch inhaltlich und editorial sind RDL, article11, jef klak, le tigre, ballast, sarkophag, u.a. spannende, kreative, erfrischende projekte (gewesen)…

    es gibt andere beispiele in frankreich, die zeigen, dass man auch als neuer player auf den (online) markt sich drücken kann, rue89 und mediapart. als rue89 zu groß wurde, wurde es aufgekauft und gemainstreamt. mediapart ist für mich ein rein französisches phänomen und braucht hier nicht analysiert werden.

    es gab doch mal in deutschland die blogcharts… (kurzes google. gibts immernoch). heute gibts riiva, aber das ist in der hand von der süddeutschen und ein ein gutes beispiel von information-overload.
    mich wunderts, warum sich freie journalisten und blogger nicht unter dem motto von „open-journalism“ zusammen tun und ein netzwerk bilden, sich eine charta geben und die redaktionelle pflege etwa wochen (oder tageweise) zirkulieren lassen: http://rezo.net/ als beispiel. es ist eine kleines portal, wie wir sie in den 90er noch zu hauf hatten, aber von dort aus gelange ich einerseits auf der linken seite zu riiva mäßig halb-automatisierten kurzen artikeln und täglich werden mir im durchschnitt drei bis vier richtig gute artikel angeboten.
    das einzige was dieser seite fehlt ist ein unterstützungs-flattr-system, welches nicht den einzelnen autor für seine geile story renummeriert sondern solidarisch funktioniert ;-) (und das hieße, das etwa freie autoren auch an dem system teilhaben können und ihre fein recherchierte story, die auf ….-online.de veröffentlich wurde auch ihren part vom kuchen abbekommen….)

    voilà, kurz gesagt, das problem das krautreporter und blendle aufwerfen ist: wie machen wir guten journalismus sichtbar, ich glaube nicht das krautreporter ein sinnvolles mittel war, noch interessiert es mich die zeit oder den spiegel online durchblättern zu können (blendle is ne lustige erfindung für menschen, die nie zum arzt oder in ein café gehen, denn mal ehrlich, das schönste an „zeitungen“, und dass haben die verlage noch nicht gehört, und in dem sinne ist der geiger google, und der behinderte löwe ein kleines linkes blatt, was kein geld macht, aber freude beim lesen (s.o.), ist doch, dass man die zeitung entspannt bei einem café in der sonne lesen kann und auch noch selbst umblättern darf (was ja bei ebookreadern total nervt. knopf drücken ;-) … dazu noch ein letztes wort: die oben erwähnten kleinen blätter, die es nie schaffen sich länger als, ein zwei jahre am markt zu halten, haben sich nun zusammengetan (also die schreiber, buchhändler und kleinst-editoren) um ein kollektiv zu gründen, das jedes halbes jahr eine 150 seiten lange revue rausbringt, ein format was hier seit dem erfolg von XXI wieder schwer in mode gekommen ist (so hat auch mediapart kürzlich eine revue serie gestartet, vgl.: http://jefklak.org/ http://www.revue21.fr/)

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