„Als Texte noch einmalig sein mussten, um gedruckt zu werden“

Wenn es Verwerfungen gibt in den Verlagen, rufen die Redaktionen beim früheren „Stern“-Chefredakteur Michael Jürgs an und lassen sich erklären, was da eigentlich passiert.

Denn diese Newspeak von krawattenlosen Flanellmännchen, die ohne uns Journalisten gebrauchte Tablets verkaufen müssten so wie ihre Vorgänger einst, als es so etwas noch gab, Nähmaschinen, und die bei Entlassungen wie Pferdeflüsterer von Freisetzungen reden — bedeutet in Wahrheit ja etwas ganz anderes. (…)

Als Texte und Fotos noch einmalig sein mussten, um gedruckt zu werden, als ihre Schöpfer noch First Class flogen und Verleger ihren Champagner aus den Gehirnschalen ihrer Chefredakteure tranken, umschwärmten Verlagsmanager die Fotografen und Autoren wie Motten das Licht.

Michael Jürgs, „Süddeutsche Zeitung“, 31.10.2014, über die Entlassungen bei Gruner+Jahr.
 

Zwar tranken Verleger, egal welcher Couleur, auch die im Norden ansässigen, den Champagner aus den Gehirnschalen ihrer Besten. (…)

Fürs Geschäft hielten sie sich hoch bezahlte Manager, die Springer abschätzig Flanellmännchen nannte und bei mangelndem Erfolg, wie auch Chefredakteure in stattlicher Zahl, gut abgefunden feuerte.

Michael Jürgs, „SZ-Magazin“, 27.7.2013, SZ-Magazin, über den Verkauf der Springer-Blätter an Funke.
 

Die Verlagsmanager, jahrzehntelang als natürliche Gegner der Journalisten gegrüßt und von Axel Springer „Flanellmännchen“ genannt, sind in den beiden aktuellen Fällen vom Vorwurf aktiver Sterbehilfe freizusprechen. Sie haben für die Krankenpflege und die Operationen teuer bezahlt. (…)

Denn die von ihnen geleiteten Verlage haben in fetten Jahren wie einst die genuinen Verleger ihren „Champagner aus Gehirnschalen der Journalisten schlürfend“ (Erich Kuby) Milliarden verdient – und es im Rausch der eigenen Bedeutung versäumt, Rücklagen zu bilden für schlechte Zeiten.

Michael Jürgs, „Tagesspiegel“, 2.12.2012, über die Zeitungskrise.
 

Was immer wir Journalisten von den jeweils amtierenden Vorsitzenden hielten, die Jahre brauchten, bis sie in die Rolle eines Verlegers hineinwuchsen und begriffen, dass sie ohne uns Wahnsinnige Nähseide oder Mähmaschinen verkaufen und selbstgebraute Biere trinken müssten, statt Champagner aus unseren Gehirnschalen zu schlürfen – niemals hätten wir widerspruchslos hingenommen, dass ein Gruner+Jahr-Chef, also letztlich einer von uns, durch gezielte Schüsse aus dem Hinterhalt erledigt wurde.

Michael Jürgs, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, 9.9.2012, über Gruner+Jahr.
 

Der Verleger Axel Springer nannte sie abschätzig Flanellmännchen, obwohl er sie dringend brauchte. (…)

Wer schreibt, gehört zu den Lebewesen, aus deren Gehirnschalen Verleger einst ihren Champagner tranken (das Bonmot stammt natürlich von einem Journalisten, von Erich Kuby, dem persönlicher Luxus, bezahlt von seinen Verlegern, nie unlieb war

Michael Jürgs, sueddeutsche.de, 18.03.2010, über die Krise des Journalismus.
 

Axel Springer nutzte einst die Flanellmännchen fürs laufende Geschäft, aber er wusste, dass sein Verlag ohne die Eitlen von der schreibenden Zunft allenfalls eine Schraubenfabrik wäre.

Michael Jürgs, „Hamburger Abendblatt“, 24.11.2008, über die Medienkrise.
 

Richtig ist: immer wenn es kriselt, glauben Flanellmännchen, nunmehr schlage ihre Stunde und die Rettung in Gefahr und Not seien Entlassungen, Kürzung der Honorare, Verzicht auf teure Recherchen.

Michael Jürgs, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, 8.6.2008, über die Medienkrise.
 

Früher war das Primat der Redaktion in den Verlagen keiner Rede wert. Früher war nicht alles besser, aber fast alles. Nach dem Abgang der großen Verleger aber — Henri Nannen, Axel Springer, Rudolf Augstein, Gerd Bucerius, John Jahr –, die sowohl das eine als auch das andere beherrschten und darauf achteten, dass die von AS „Flanellmännchen“ genannten Kaufleute bei ihren Leisten blieben, wurden die Grenzen durchlässig.

Michael Jürgs, „Süddeutsche Zeitung“, 14.12.2006, über Machtkämpfe beim „Spiegel“.
 

Stärkt freie Feuerköpfe gegen festangestellte Flanellmännchen, gönnt den Korinthenkackern (nicht verwandt mit Euren Korinthern) den Ruhestand!

Michael Jürgs, „Süddeutsche Zeitung“, 24.12.2004, an das Christkind.
 

Sie sind mein derzeitiger Nachfolger. Habe ich hier oben etwas übersehen? Gab es außer Sparappellen auch journalistische Ideen? Ein Flanellmännchen ist ja noch kein Verleger. Der muss mit seinen Blättern wachsen oder fallen. Nicht mit ihrem Ende drohen.

Michael Jürgs, „Financial Times Deutschland“, 12.9.2003, als (!) Axel Springer an Mathias Döpfner.
 

Über das Schweigen der Belämmerten, weil keiner von uns recherchierte, wie viele Milliarden deutsche Zeitungs-und Zeitschriftenverleger in den vergangenen dreißig, vierzig Jahren verdient haben, ihren Champagner schlürfend aus den Gehirnschalen der Journalisten, wie einst Erich Kuby erkannte.

Michael Jürgs, „Tagesspiegel“, 27.10.2002, über seinen Ärger über die Medien.
 

Schmutzzulage gilt für alle Chefredakteure, und manchmal müssen sie dafür anders bezahlen, nämlich in Zeiten, da sie angesichts einer Krise ihre Leute entlassen ins Ungewisse auf Anweisung ihrer Verleger, die in den guten Jahrzehnten zuvor viele Millionen mit den Ideen der Journalisten gemacht haben und ihren Champagner, laut eines immer noch gültigen Bonmots des Publizisten Erich Kuby, aus deren Gehirnschalen schlürften.

Michael Jürgs, „Tagesspiegel“, 28.7.2002, über Scheckbuchjournalismus.
 

Keine Helden, keine Schurken, nirgendwo. Alle haben verloren: Viele Redakteure, die glaubten, es müsse im Leben mehr als alles geben. Ein Verleger, der sich gegen Flanellmännchen im eigenen Verlag bis zum Schuss wehrte und dann aufgeben musste.

Michael Jürgs, „Süddeutsche Zeitung“, 12.03.2002, über die Einstellung der „Woche“.
 

Die von Axel Springer oft verächtlich Flanellmännchen genannten Manager übten sich immer schon in der Kunst, hinten zu meucheln, vorne zu lächeln, aber das ist eigentlich nicht der Rede wert.

Michael Jürgs, „Capital“, 20.4.2000, über den neuen Springer-Chef Claus Larrass.
 

Übrigens auch da war er Axel Springer ähnlicher, als man glaubt, denn auch der sprach verächtlich über die leider so notwendigen Flanellmännchen aus den Verlagsetagen.

Michael Jürgs, „Hamburger Abendblatt“, 3.9.1999, über Henri Nannen.
 

(Unvollständige Auswahl.)

70 Replies to “„Als Texte noch einmalig sein mussten, um gedruckt zu werden“”

  1. Und worüber, bitteschön, wird hier zu Gericht gesessen? Dass er nicht originell genug ist? Flach.

  2. @Stefan Niggemeier
    Es fällt mir immer wieder auf wie groß der Recherche Zeitraum in ihren Posts sind. Hier bis 1999 zurück. Haben sie ein eidetisches Gedächtnis (bei JA – Respekt und Sheldon Cooper lässt grüßen), haben sie ein so gut sortiertes Archiv (auch Respekt, dass ist ja eine Wahnsinnsarbeit), oder vergisst das Internet aber auch keinen so wichtigen Erguss von Journalisten oder anderen geschätzten Mitbürgern (was ich befürchte).
    Nicht desto trotz, der Post war wieder einmal amüsant.

  3. BTW: Champagner – aus wessen Gehirnschalen auch immer – zu schlürfen, finde ich ein sehr sehr ekliges Bild.

  4. @Hape: Ich würde behaupten, im Informationszeitalter geht das auch ohne Superhirn (ohne Herrn Niggemeier unterstellen zu wollen, kein solches zu besitzen).

    In anderen Worten:

    SELECT article, author, timestamp_published FROM zeitungsartikel WHERE article LIKE ‚%Gehirnschalen%‘;

  5. Die gedruckten Texte waren auch größtenteils nicht einmalig! Karl Valentin, zu dessen Lebzeiten es bekanntlich Internet noch nicht gab, sagte schon, wie wir wissen: „Eigentlich ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“

  6. Echt ätzend. Habe Jürgs gleich beim ersten Mal als ich ihn im TV reden hörte, also vor vielen Jahren, als Opportunisten eingestuft. Dass der jetzt seit Jahren seine Gehirnschalen, Nähmaschinen und Flanellmännchen wiederholt, ist ja ein echtes Armutszeugnis. Freue mich, lieber Niggemeier, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, das so gründlich zu recherchieren und zu dokumentieren. Gute Arbeit. Danke!

  7. Nun ja – doch ein Wort. Leider wird man kaum etwas daran ändern können, daß der personifizierte Beweis dafür, daß ein Mensch ohne Hirn überlebensfähig ist, sich weiterhin nicht nur in den Printmedien, sondern auch in den unzähligen Labersendungen des ÖR rumsuhlt.

    Wenn in den nachmittäglichen Sendungen der Medien“psychologe“ Groebel sein Hausfrauenweltbild auf den Zahler losläßt, so ist die abendliche Rolle mit dem intellektuell nicht besser ausgestatteten Juergs besetzt.

  8. Also irgendwas stimmt an dem Einleitungssatz nicht, etwas unrund. Das fehlende „a“ bei Michael halte ich ja für einen besonders hinterhältigen Witz, Kompliment!
    Aber wenn man BEI Jürgs anruft, muss es dann nicht DEM ehemaligen Chefredakteur heißen? Bin mir selber nicht sicher, deshalb frage ich!

  9. Für mich war das aktuelle Zitat absolut unverständlich. Erst nach dem Lesen der Textfossilien habe ich eine Idee davon, was Herr Jürgs eigentlich ausdrücken wollte. Interessant, dass man die Evolution seiner Metaphern so nachverfolgen kann.
    Mag sein, dass es mir an Lesekompetenz mangelt, aber der Bau des ersten aktuellen Satzes ist meiner Meinung nach eine Katastrophe. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass er in diese Bilder so verliebt war, dass er unbedingt so viele wie möglich hier einbauen wollte. Gibt es dafür nicht Redakteure?

  10. […] die Verlage ausmisten bevor man auch nur einen einzigen Journalisten entlässt.” Und Michael Jürgs copy und pasted mal wieder von den “krawattenlosen Flanellmännchen“, gerade so, als seien Journalisten an der vordersten Front der […]

  11. Am Anfang hatte ich noch eine detaillierte Analyse erwartet, als ich dann merkte, worauf es hinausläuft: Dass es nicht lohnt. Leute wie Jürgs schreiben immer dasselbe, weil sie nicht denken, dass ihnen das mal einer nachweist, oder dass es dann auch keine Rolle spielt.. Eigentlich eine perfekte Analyse der Zeitungskrise.

  12. Jürgs – der hat einfach nicht alle Kekse in der Dose. Damit widme ich mich wieder meinem Abwasch.

  13. Na toll ! Danke ! Jetzt träum ich von Hirnschalen voller blubbernder Flüssigkeit !
    Man kann Halloween wirklich auch übertreiben

  14. Er „jürgt“ halt immer das selbe hervor…

    @Kraeuselhirn (#19): Wer, wenn nicht Sie, sollte halloweenieren?

  15. @20 polyphem:

    „Halloween-Nieren“ passen auch so schön zu Champagner in Hirnschalen.

    Aber mal eine Verständnisfrage: Was soll die Metapher mit den Hirnschalen ausdrücken? Soweit ich weiß, tranken raue Nordmänner ihre Calva aus den Schädeln ihrer getöteten Feinde im Glauben, dass irgendwas von den Eigenschaften der Feinde auf sie übergehe. Meint Jürg, die Verleger wollten von den Fähigkeiten ihrer Chefredakteure beschwippst werden?

  16. und warum eigentlich ausgerechnet ich ? Ich unterstütze eigentlich die ameriknaischen Kommerzfeste nur in Ausnahmefällen die im deutschen Brauchtum verankert sind (also..Weihnachten und so)

  17. Dann wurde der Augstein-Termin (wäre zuletzt der 17.06. gewesen) wohl nur verschlafen. Oder der 28.07.2013, 03.12.2012 usw. bei Jürgs. Hat auch ganz sicher nichts damit zu tun, dass die Rudolf Augstein Stiftung kurz vor Bekanntwerden von Jakob Augsteins Abschreiberitis 1000 Krautreporter-Abos gekauft hat. Man beißt nicht die Hand, die einen füttert.

  18. „Eine gewisse Loyalität gegenüber Investoren ist selbstverständlich“ wäre mir als Antwort lieber gewesen. Und der hätte ich komplett zugestimmt. Vielleicht dehnst Du ja das Versprechen auf ähnliche Baustein-Spielchen von Augstein aus. Das wäre Wahnsinn. Unabhängiger Journalismus. Wo gibt’s sowas heute noch? Jeder ist irgendjemandem verpflichtet. Jetzt lass Dich weiter feiern! ;)

  19. früher, als texte noch einmalig sein mussten, um gedruckt zu werden, da hätte sich herr jürgs vielleicht die mühe machen können originell zu sein. jetzt hingegen, wo nicht mehr genug champagner für all die hohlräume im gehirn übrig ist, da ist er doch geradezu gezwungen seine inhalte mehrfach zu verwerten.

  20. @ MS

    Ihnen ist der kleine, aber für den Beitrag entscheidende Unterschied schon bewusst zwischen selbstrecyclenden Journalisten im Allgemeinen und einem selbstrecyclenden Journalisten im Speziellen, der seine These vom Einmaligkeitsanspruch des sog. Qualitätsjournalismus mit einem halbwegs witzigen, aber schon tausendmal verwendeten Zitat und einer vergleichsweise abgeschmackten, ebenfalls schon tausendmal zitierten Metapher garniert, oder?

  21. Der eigentliche Skandal liegt doch darin, dass Michael Jürgs immer wieder neue Abnehmer für seine „Flanellmännchen“ und „Gehirnschalen“ findet. Ist das Langzeitgedächnis dieser Redaktionen so schlecht ausgeprägt, haben alle ihr Archiv an Stefan Niggemeier überantwortet und damit aus ihrem Gedächtnis gestrichen?
    Im Fall der Süddeutschen Zeitung ist es meiner Einschätzung nach eine Generationenfrage. Hier haben auf der Medienseite Redakteur-innen das Ruder übernommen, die nach dem Motto „Jugend übt“ handeln und vor lauter Netflix- und Serien-Begeisterung deutsche Medien- und Fernsehgeschichte nur rudimentär kennen.

  22. @sk

    Es wäre ein kleiner, aber nicht entscheidender Unterschied, FALLS Augstein keinen Einmaligkeitsanspruch hätte. Hat er aber wohl doch. Denn wie ist sonst zu erklären, dass fast zeitgleich mit seinem Auffliegen ein Text auf freitag.de verschwindet…

    http://www.umblaetterer.de/2014/06/25/auf-einmal/

    und man sich fortan in vornehmes Schweigen hüllt…

    http://www.umblaetterer.de/2014/09/07/neues-von-jakob-augsteins-schirrmacher-portraet/

    ? Hm. Womit ist das zu erklären?

    Antwort: Nur mit der peinlichen Betroffenheit eines Zauberkünstlers, der sich für den einmaligen Houdini hält, dem aber – nachdem er eben noch unter „Ah!“ und „Oho!“ vor dem SPIEGEL-Publikum ein weißes Kaninchen aus dem Hut zauberte – weitere drei, vier, fünf… 13, 14 aus Ärmeln, Taschen, Mund und Hosenbein hoppeln.

  23. Danke für den Hinweis: habe das Bild von den Gehirnschalen der Autoren als Trinkgefäße der Verleger immer der Erkenntnis von Tucholsky zugeschrieben. Eine Internetrecherche bringt es an den tag: Kuby war der Übeltäter. Das sagt man doch nicht.

  24. Und damit erklärt sich jetzt auch, warum, es „Zeitungen“ nicht mögen, wenn sie von Google indexiert werden. Nach dem Motto: „Nur echt mit dem Flanellmännchen.“

  25. Gerade wieder mal nachgelesen: Neben dem Theo (Sommer) und dem Raddatz bekam auch der M. Jürgs regelmäßig sein verdientes Fett weg, beim Gremliza.

  26. Grandios, wusste nichts von dieser ständigen Wiederholung. Ein Text, zwei „Bonmots“, und die sind noch dazu gestohlen, wie er selbst zugibt (von A Springer und Erich Kuby). Dabei versteh ich das Bild von den Flanellmännchen in den Verlagsetagen nicht? Flanellhemden als Zeichen ihrer Kleingeistigkeit oder wie?

  27. Sie snd wohl recht jung? Es gab Zeiten (lange her), da trugen Büroangestellte und Manager Flanellanzüge (Sakkos, Westen, Hosen). Keine Uhrsache. (Die trug man am Kettchen.)

  28. Herr Niggenmeier hat in der FAZ einen Artikel zur gegenwärtigen Medienskepsis veröffentlicht. Dazu kann bei der FAZ nicht Stellung bezogen werden, weil…
    1.) Der Kommentarbereich geschlossen wurde.
    2.) Sogar Kritik auf Google bezüglich eines FAZ-Artikels inhaltlich zensiert wird.
    Deshalb poste ich an dieser Stelle die Kritik an Niggenmeiers FAZ-Artikel.
    Folgenden Beitrag habe ich bei einem Video des Medienkritikers KenFM auf Youtube gepostet (https://www.youtube.com/watch?v=e97v0F0SqPc):
    „Stefan Niggenmeier (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/) versucht die aktuelle Medienskepsis zu erklären und dabei zu vermitteln. Am Ende bleibt er offen und der gesamte Artikel kommt nicht zu einem abschließenden Fazit. Dies kann als eine neutrale Position gewertet werden, welche zwischen den unterschiedlichen Meinungen vermitteln mag. Das fehlende Fazit kann aber auch so gedeutet werden, dass der Mut fehlt, das teilweise orchestrierte Verhalten der Mainstream-Medien offen zu kritisieren, weil er FÜR die FAZ schreibt.
    Ich muss zugeben, dass ich eher Letzteres vermute und deshalb schwer enttäuscht bin. So glaube ich darin den Fall eines vielbeachteten, weitgehend unabhängigen Bloggers zu erkennen, der angesichts geballter Medienmacht einknickt. Auch nennt Niggenmeier nicht die umfangreiche inhaltliche Kommentarzensur in allem Mainstream-Medien.
    Allein dieser Punkt ist schon äußerst entlarvend, wenn Manipulation innerhalb der Massenmedien thematisiert wird. Auch nennt Niggenmeier nicht den bekannten und entlarvenden Fall eines ehemaligen Spiegeljournalisten.
    https://www.youtube.com/watch?v=ojlnDsZ-gxM

    Dennoch erwähne ich diesen Artikel an dieser Stelle und halte ihn auch für lesenswert, weil dort zahlreiche Fallbeispiele und interessante Argumentationen genannt werden.
    Für mich steht jedenfalls fest, dass die Mainstreammedien dieses Problem verursacht haben. Unklar bleibt natürlich letzten Endes aus welchen Gründen. Darüber kann beliebig spekuliert werden. Allein die Tatsache, dass die Medienskepsis enorm gewachsen ist, macht die Medien schuldig. Ebenso wie das Bankensystem dafür verantwortlich ist, wenn sich ein wachsender Vertrauensverlust hinsichtlich der Banken zeigt.
    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/journalismus-unter-verdacht-vom-wachsenden-populaeren-misstrauen-gegenueber-der-presse-13242833-p3.html
    …“

    Abschließend mag ich an dieser Stelle noch hinzufügen, dass die deutsche Medienlandschaft noch sehr viel stärker von Zensur und Meinungsmanipulation durchdrungen ist, als es sich viele Bürger vorstellen können. Dabei findet Zensur oftmals in kleinen, weniger spektakulären Fällen statt. Viele an den Geschehnissen innerhalb der Welt interessierte Bürger haben die Erfahrung gesammelt, wie brutal die Massenmedien gerechtfertigte Kritik inhaltlich zensieren. Und natürlich bezweifeln diese in ihrer Meinungsfreiheit beschnittenen Leute dann die Neutralität und Unabhängigkeit der Massenmedien.
    Inhaltliche Zensur findet meiner persönlichen Erfahrung nach in allen großen Verlagshäusern statt, beispielsweise bei
    welt.de, spiegel.de, faz.de, zeit.de, sueddeutsche.de.

    Ein Fallbeispiel:
    Wie vielen Beobachtern der Medienlandschaft bekannt ist, entzündete sich vor Kurzem eine Debatte um Dieter Nuhrs Islamfeindlichkeit. Bemerkenswerter Weise sind die islamkritischen Bühnenstücke von Nuhr schon einige Jahre alt.
    Zufällig war ich gerade kurz vor dem großen Medienrummel um Nuhrs Islamfeindlichkeit mit einem seiner islamkritischen Bühnenstücke auf Youtube befasst. Ich nahm dort an einer Debatte teil, welche sehr wahrscheinlich auch die Anzeige gegen Nuhr hervorgebracht hat.
    Nachdem Anzeige erstattet worden ist, wurden die relativ alten Bühnenauftritte von Nuhr breit in der Öffentlichkeit diskutiert. Es erfolgte ein völlig unkritisches Hurra-Geschrei bezüglich der doch ziemlich einseitigen und verkürzten Islamdarstellung durch Nuhr.

    Ich formulierte einen kritischen Beitrag zu einem Nuhr-Interview diesbezüglich auf welt.de´und erwähnte darin auch, dass es ein Video auf Youtube von Nuhr gibt, wo sich vermutlich die ganze Debatte entzündete.
    Innerhalb dieser ungewöhnlich umfangreichen YT-Diskussion gab es zahlreiche überzeugende Argumentationen, welche Nuhr durchaus als ziemlich einseitigen „Hassprediger“ entlarvten.
    Zudem präsentierten sich die Befürworter Nuhrs als relativ rechtspopulistischer, rüpelhaft auftretende Gemeinde, welche sogar vor Morddrohungen nicht zurückschreckte.
    Was passierte mit meinem Kommentar auf welt.de?
    Er wurde nicht veröffentlicht.

    Und was geschah dann weiterhin?
    Der Sender Berlin-Brandenburg sperrte genau dieses eine Video unter Berufung auf das Urheberrecht, während alle anderen islamkritischen Bühnenauftritte Nuhrs nicht gesperrt worden sind. Damit wurde praktischer Weise die gesamte Debatte innerhalb der Kommentarfunktion auf YT aus der Öffentlichkeit entfernt.^^
    https://www.youtube.com/watch?v=KyIVCmdHERk

    Von diesem Umfang an medialer Massenmanipulation sprechen wir, Herr Niggenmeier.
    Da ist es nicht mehr angemessen, aus einer neutralen Ecke heraus gemütlich zu schwadronieren.

    Es darf nicht vergessen werden, wie die gleichgeschaltete deutsche Medienlandschaft im 3. Reich aussah. Aktuell wirkt es heute so, dass wir uns auf der sehr gefährlichen Reise hin zu einer umfassenden Propagandapresse befinden.
    Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

  29. @Auceza #40:

    Es hat Ihnen sicher schonmal jemand gesagt, aber manche Dinge muss man öfters hören und lesen, damit sie einsinken: Sie haben wirklich gar kein Talent, sich schriftlich auszudrücken. Echt nicht. Selbst mit Geduld und Gutmütigkeit kann man aus Ihrem wirren Text nicht herauslesen, was Sie eigentlich sagen wollen.

    Da Sie sich aber offensichtlich große Mühe geben: schreiben Sie ihre Texte erst in Word, und kürzen Sie sie dann auf fünf Sätze herunter. Verzichten Sie auf Dritte-Reich-Vergleiche, Kalendersprüche und ähnliches, und verwenden Sie auch nur ein Mal in diesen Sätzen das Wort „Mainstream-Medien“.

    Dadurch besteht eine höhere Chance, dass Sie irgendjemand verstehen könnte.

    Ist wirklich gut gemeint.

  30. #39, polyphem – „Flanellmännchen“

    Nach meinem Verständnis bezeichnet Flanell (irgendwie ein 60er-Jahre-Wort) das Gleiche wie heute „Schurwolle“. Also im Grunde (hochwertige) Baumwolle. Ein Textilfachmann hier der das bestätigen oder korrigieren kann?

  31. @Matthias: Ich bin Textilfachmann. Als Altökologe und Schafzüchter kenne ich mich mit Wolle aus. „Flanell“ im heutigen Verständnis beschreibt die Textur und leicht „flauschige“ (sic!) Anmutung der Gewebe. Heute für Nerds aktuell sind Baumwol-Flanelle (Hemden). Die Flanellmännchen der 1970er Jahre trugen (Schur-)Wolle, wie oben beschrieben. Ich gehörte selbst dazu.

    btw: Stefan, es fehlt an Flauschcontent.

  32. @13 (damit auch das nicht untergeht):
    „beim“ ist nix weiter, als ein zusammengezogenes “ bei dem“, und in dieser Form auch laut Duden bekanntes Wort der deutschen Sprache. Ein Rechtschreib- bzw. Grammatikfehler ist es im hier verwendeten Kontext nicht.
    Deutschleherer, die „beim“ als schlechten Ausdruck brandmarken, dürften mittlerweile alle in Pension sein.
    Kurzer phonetischer Test zum Nachsprechen:
    „Alles bei dem Alten“ oder „Alles beim Alten“
    (Beides grammatisch richtig, aber….man hört’s, oder? )

  33. @JUB 68
    Sehr lehrreich und richtig, hat nur mit meinem Beitrag 13 nicht das geringste zutun! Da Herr Niggemeier den Text geändert hat, auch zu umständlich zu erklären.

  34. OT, bezugnehmend auf:
    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/journalismus-unter-verdacht-vom-wachsenden-populaeren-misstrauen-gegenueber-der-presse-13242833.html
    Sie schreiben dort u.a.:

    Oft genug scheint es, als zögen die Medien mit in den Kampf, anstatt gerade auch die „eigene Seite“ mit der größtmöglichen Distanz zu begleiten. Das zeigt sich in der Marginalisierung von Stimmen, die dem vorherrschenden Narrativ vom Aggressor Russland und dem Westen, der nur hehre Ziele verteidigt, widersprechen.

    Eine Marginalisierung von prorussischen Stimmen kann ich überhaupt nicht erkennen. In schöner Regelmäßigkeit kamen im öffentlich-rechtlichen TV folgende Putinversteher zu Wort: Gysi, Krone-Schmalz, Mißfelder, Dohnanyi, Bahr, Seipel, Schwarzer, Gauweiler, Verheugen, Wagenknecht, Laschet, Erler, van Aken, Bartsch, Dehm, Gauland, der russische Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin, Iwan Rodionow (RT), Dmitri Tultschinski (Rossiya Segodnya) und Anna Rose (Rossijskaja Gaseta). Der ukrainische Autor in Diensten des Rechtspopulisten Jürgen Elsässer (COMPACT-Magazin), Viktor Timtschenko, durfte in gleich zwei “Phoenix”-Runden ran. Schauen Sie kein Fernsehen mehr?

  35. @41 und 42 (Matthias)
    Es ist hübsch anzusehen, wie Ihnen der Satz „Sie haben wirklich gar kein Talent, sich schriftlich auszudrücken“ um die Ohren fliegt. Damit Sie es auch ganz sicher verstehen: Wenn Sie sich als Stilpolizist versuchen wollen, sollten Sie vorsichtig mit Begriffen wie „irgendwie“ und „öfters“ hantieren und vielleicht auch mal im Duden nachsehen, wann die Doppelpunkt-Regel Ausnahmen zulässt – und wann nicht. Das wäre ja alles nicht der Rede wert, wenn Sie eben nicht in diesem lächerlich-arroganten Ton über „Auceza“ und seinen Kommentar hergefallen wären. Oder frei nach Ihrem inhaltlich, stilistisch und grammatikalisch wundervollen Baumwollschaf-Posting: Ein Textfachmann hier der das bestätigen oder korrigieren kann?

  36. Ertappt. Ich dachte mir, wenn Schafe auf Plantagen wachsen, kann man sich den Elch auch von Bernstein leihen. Sehen Sie das kritisch?

  37. Sehr geehrter Herr Niggemeier,
    Ich habe ihren Artikel in der FAZ gelesen und habe seither den Drang gehabt, ihnen darauf zu antworten, nicht zuletzt auch um ihnen Fragen zu stellen. Es sei angemerkt, dass ich weiß dass es für diesen Text von ihnen themenfremd ist und aus meiner Sicht nachvollziehbar, wenn sie daher diesen Kommentar löschen. Ich möchte aber auch erwähnt haben, dass ich zwar ein fleißiger Leser sowohl traditioneller Massenmedien als auch ihres und anderer Blogs bin, aber mit Ausnahme des Blogs „chartophylakeion tou polemou“, an dem ich selber mitwirke, nie etwas kommentiert habe, denn als in Deutschland geborener und aufgewachsener Däne habe ich mich immer in der Beobachterrolle wohl gefühlt und mich auf das Analysieren der politischen Verhältnisse beschränkt.
    Sie haben in ihrem Artikel eine ausgeglichene Sprache gewählt und ich bin ihnen dafür dankbar, ebenso wie für ihre Wahl des Wortes „Paranoiker“. Aber sprechen wir doch mal klar aus, welches Wort sie damit umgehen wollten, vielleicht weil es zu oft schon missbraucht wurde und durch den angreifenden Ton eine Unsachlichkeit impliziert: Verschwörungstheoretiker.
    Nun wird ihnen ebenso wie mir auch bekannt sein, dass Menschengruppen nie homogen sind und dass es deshalb immer leicht ist, aus den gegnerischen Reihen die argumentatorisch Schwächsten herauszugreifen, um die seriöseren zu diskreditieren, ohne sich mit ihnen sachlich auseinandersetzen zu müssen.
    Ebenfalls dürfte ihnen bekannt sein, dass viele dieser Blogs, wie beispielsweise „Propagandaschau“, zwar von politisch engagierten Menschen betrieben werden, diese aber weder eine journalistische Ausbildung haben noch den Anspruch, mehr als Meinungsäußerungen zu sein. Eine direkte Sprache liest sich da umso erfrischend ehrlicher.
    Es sei auch an die Aussprache von Jon Stewart erinnert, dass beim vermeintlich seriösen Journalismus doch so einiges schief gehen müsse, dass sie sich mit Satirikern (und in diesem Falle: einfachen Bürgern) messe.
    Es sollte ihnen aber bekannt sein, dass der Verlust der Glaubwürdigkeit der Massenmedien kein plötzlicher war und auch kein Selbstläufer, sondern ein Prozess, in dem der gesamte Vertrauensvorschuss über einen langen Zeitraum mutwillig aufgebraucht wurde.
    Wie erwähnt wirke ich an einem politischen Blog mit, der sich bislang bewusst aus der Medienkritik herausgehalten hat, weil es dieses nicht als seinem Aufgabenbereich zugehörend betrachtet.
    Weil aber am Begriff der „4. Gewalt“ einzig stimmt, dass der Meinungsbildung und der politischen Selbstbestimmung der Bürger Gewalt angetan wird und viele der Massenmedien (FOX News, Welt & Bild seien als Beispiele genannt) ein Machtinstrument sind, fällt uns diese Unterscheidung zunehmend schwer.
    Als innerdeutsches Beispiel sei die Persona Gauck genannt. Ins Spiel gebracht wurde er von Thomas Schmid, dem Herausgeber der rechten „Welt“, der ihn den linken Parteien SPD & Grünen schmackhaft machte. Es waren mediale Hetzkampagnen, die beide Vorgänger aus dem Amt trieb, und mindestens bei Wulff war sie ungerechtfertigt. Gauck selbst wurde von der Merkel lange Zeit abgelehnt, die eher den nationalen Kräften nahe steht (und die Sanktionen wegen ihrer Nähe zur deutschen Wirtschaft nicht allzu begeistert angenommen haben dürfte), während Gauck dem transatlantischen Lager zuzurechnen ist.
    Gaucks Amtsantritt führte auch eine Forcierung einer aggressiveren Außenpolitik, und es ist bezeichnend, dass die Bundeskanzlerin, die auch in der Ukrainekrise lange eine zurückhaltende Haltung hatte, auch in dieser Krise eine Niederlage einfuhr.
    Bei aller Zurückhaltung, um die ich mich bemühe, kann ich nicht umhin, die außenpolitischen Journalisten als Volksverhetzer, Leichenfledderer („Stoppt Putin Jetzt“ sei als Beispiel genannt) und Massenmörder (sowohl des Rufes als auch im wortwörtlichen Sinne als Resultat der Berichterstattung) anzuklagen.
    Dass es sich um eine Kette bedauerlicher Einzelfälle handelt, werden sie (so hoffe ich) kaum ernsthaft behaupten können.
    Meine Frage an Sie ist, ob ihnen das aus den 60ern stammende Zitat des Journalisten Paul Sethe bekannt ist, dass „die Freiheit der Presse die Freiheit der 200 reichsten Leute ist, ihre Meinung zu sagen“, und ob es denn ihrer Meinung nach denn in der deutschen Medienlandschaft wirklich derart utopisch zugeht, dass Geld keine Rolle spielt, dass Ideale und der Wunsch nach Wahrheit die Berichtserstattung trägt, und ob denn ihrer Meinung nach die Medien keinerlei Mitverantwortung an Vorgängen wie in der Ukraine, Libyen, Syrien et al. trifft, die von ihnen legitimiert und überhaupt ermöglicht werden. Ob es denn ihrer Meinung nach wirklich angemessen ist, der Beschäftigung mit den sog. „Paranoikern“ so viel Raum einzuräumen, obschon die sachlichen Kritiker wahrscheinlich in der Überzahl sind und die Sichtweisen vieler „Paranoiker“ eine zulässige Vereinfachung der tatsächlichen Situation sind, denn es kann nicht jeder eine Professur im Bereich der Politikwissenschaften vorweisen.
    mfG,
    J. S.

  38. Ich vergaß in meiner Aufzählung der telegenen Putinversteher Egon Bahr, welcher in einer der ARD-Talkrunden zu Gast war.

  39. Achja, die die geliebte und zugleich gehaßte Quellenrecherche: … „aus den Hirnschalen schlürfen“ ist mW nicht von Kuby, sondern von Arno Schmidt, der wiederum (wahrscheinlich auf Umwegen) diese Anekdote entlehnt hat aus Paulus Diaconus, Historia Langobardorum: König Alboin soll seine Zwangsvermählte Rosamunde dazu gedrängt haben, aus der Hirnschale Kunimunds zu trinken. Dieser war nicht nur König der Gepiden gewesen, sondern auch der Vater Rosamundes – worauf diese ihren stockbesoffenen Gatten in derselben Nacht ermorden ließ. „Hirnschale“ heißt übrigens „calva“, das Gefäß daraus ist eine „scala“. Soviel Latein muß schon sein, wenn es um Köpfchen geht …

  40. @Elch: Kritisch? Überhaupt nicht, Bernstein erfreut immer. Kritisch sah/sehe ich nur, dass ich mich hier als Joke-Erklärer betätigt habe. Aber mit Bernsteins Elch kommen wir ja dann etwas zu Jürgs zurück…

  41. @polyphem: Sind Ihre Schafe denn echter als mein Elch oder ist die Herde dem Second life als einäugiger Hirte geschuldet?

  42. @ 51 Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich ein wenig in Schutz zu nehmen. Matthias mag mich nicht, fürchte ich. Allerdings hat er teilweise recht, dass ich meinen Beitrag an der einen oder anderen Stelle recht schlampig formuliert und manch unnötige Wortwiederholung „verbaut“ habe. Das tut mir leid. Natürlich hat Matthias maßlos überdramatisiert und seine Meinungsäußerung war in meinen Augen von Feindseligkeit beseelt. Deshalb nehme ich ihn auch nicht allzu ernst.
    @ 54 Sie haben einen sehr schönen und auch umfangreichen Beitrag formuliert, Herr J.S. In der Sache kann ich Ihnen im Wesentlichen zustimmen.
    Was mich persönlich sowohl an Ihren Ausführungen als auch an dem Artikel von Herrn Niggemeier ein wenig stört, ist die viel zu „feine“ sowie „vorsichtige“ Art und Weise der Kritik.
    Meiner Ansicht nach ist im letzten Jahrzehnt die Medienbranche komplett aus dem Ruder gelaufen. Die Presse- sowie Meinungsfreiheit ist radikal reduziert worden – auch innerhalb der Redaktionen. Es findet tatsächlich zu vielen Themen eine orchestrierte Berichterstattung statt, welche begleitet ist von einer massiven Zensur der Kommentare.
    Zu den Ursachen habe ich mich bisher noch nicht geäußert. Wenn ich jedoch lese, dass vor allen Dingen der „Geldadel“ seine Meinung der Bevölkerung überstülpt, dann ist das viel zu kurz gedacht. Es spielen diverse Faktoren eine bedeutsame Rolle. Ich mag nun nicht alle nennen und diskutieren, weil das jeden Rahmen sprengen würde und genug Stoff für einige wissenschaftliche Abhandlungen bietet. Daher beschränke ich mich auf einige kurz skizzierte Punkte:
    1. Der Journalismus an sich und die journalistische Ausbildung sind unkritischer und inhaltlich schwächer geworden. Dies könnte durch das „rationalisierte“ Bildungssystem, aber auch durch das Anreizsystem innerhalb der Branche verursacht worden sein.
    2. Medien und Politik befinden sich in einem engen Abhängigkeitsverhältnis heutzutage und arbeiten zu sehr Hand in Hand.
    3. Die meisten Verlagshäuser sind mit dem Internet überfordert und schaffen es nicht, sich dort zu behaupten. Deshalb bleiben die Einnahmen aus und es entsteht ein Kostendruck. Dieser Kostendruck wiederum befördert schlechten Journalismus von schlecht bezahlten Journalisten.
    4. Natürlich hat der Geldadel Eigeninteressen, welche auch gelegentlich zum Zuge kommen.
    5. Internettrolle haben den Mainstream-Medien ebenso zugesetzt wie auch zahlreiche radikalisierende Meinungsmacher im Netz. Das zwingt die Massenmedien, klarer Position zu beziehen und ebenfalls zu polarisieren, Wer allzu seicht argumentiert, findet aktuell kaum noch Gehör und wird schnell „überlesen“.
    6. Die starken technischen Innovationen innerhalb der Medienbranche verunsichern die Medienmacher. Deshalb greifen sie vielleicht reflexartig eher zu einfachen inhaltlichen Konzepten.
    7. Innerhalb der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten haben die politischen Parteien zuviel Einfluss.
    8. Das Publikum ist unkritischer geworden und gibt sich eher mit einfach gestrickten Erklärungsmustern zufrieden. Ein großer Teil der Bevölkerung ist ohnehin mit vielen eigenen Problemen belastet und findet kaum Zeit sowie Gelegenheit sich intensiver mit den Geschehnissen in der Welt zu befassen.
    usw.
    Ich habe diese kleine Aufzählung exemplarisch angeführt, um darzulegen, dass die Situation erheblich unübersichtlicher ist als vielfach beim ersten Blick vermutet wird. Sofern die hohe Komplexität der Verhältnisse außer Acht gelassen wird, könnten schnell einfache Feindbilder entstehen auf der Grundlage von Schuldzuweisungen. Dadurch wird jedoch keine Verbesserung erreicht.
    Unsere Mainstream-Medien sind in gewisser Weise erkrankt, kränkelnd und bedürfen neuer Kraft sowie einer tiefgreifenden Therapie. Die Situation ist sehr ernst.

  43. @ Herr Niggemeier

    Wieso ist die Kommentarfunktion zu Ihrem Artikel bei der FAZ nicht aktiv? Haben Sie das veranlasst oder legte das die FAZ fest?

    VG

  44. @62 + @ 63
    Diverse Medien haben die Kommentarfunktion bereits abgestellt. Darunter zählen auch die Süddeutsche sowie die FAZ.
    http://www.mmnews.de/index.php/politik/19684-faz-sz-keine-kommentare-mehr

    Die Motive dafür sind vermutlich, dass sich in den Kommentaren zu viel Kritik und zu viele Beschwerden über Manipulation sowie Falschinformation angesammelt haben. Das ist natürlich nicht werbewirksam für die Verlage.

    Wie ich bereits schon ausführte wird in den Medien, wo noch Kommentare erlaubt sind, ebenfalls massiv inhaltlich zensiert.
    Trotz der Meinungszensur ist beispielsweise ein großer Teil der Community beim SPON regelmäßig sehr unzufrieden mit den veröffentlichten Artikeln.
    Die breite Mehrheit der Kommentatoren bemängelt beinahe in jedem Mainstream-Medium die Art und Weise der Berichterstattung.

    Darüber hinaus liefern häufige Troll-Beiträge, welche nur aufstacheln und provozieren mögen, Gründe zum Abschalten der Kommentar-Funktion. Schließlich sind noch die Kosten der Moderation für manche Medien ausschlaggebend..

  45. Mal ins Blaue,
    ich vermute auch eine Mischung aus Ärger über Trolle und Personalkosten der Moderation.

    Sicherlich gehört die Kommentarfunktion auch zur Attraktivität von Onlinepublikationen, da viel mehr Diskussion entsteht als bei Leserbriefen.
    Ein Witz, wenn die Kommentarfunktion erst Leser vom Print abzieht,
    damit Auflage und Umsatz reduziert und damit letzlich nicht mehr finanziert werden kann.

  46. @ 63
    Ich hatte es vermutet und finde es schade aber bezeichnend, dass so eine Funktionalität nicht genutzt wird. (Fühlt sich an wie beim lesen der Morgenzeitung … Man würde dazu gern eine Meinung abgeben,kann aber nicht (Morgenzeitung) bzw. darf nicht (SZ, FAZ usw.) … Mus ich es halt meiner Frau erzählen … bis sie die Augen rollt und ruft: „Mach halt nen blog und erzähl es der Welt“.). :)

  47. Was genau ist eigentlich der Vorwurf gegen Jürgs? Dass der Mann seiner Meinung und seinen Argumenten treu geblieben ist?

  48. […] Verlage haben auf Produktebene eine besondere Situation. Einerseits sind sie Anzeigenplatz, andererseits Inhalteveröffentlicher. Diese beiden Seiten stehen teilweise im Konflikt: Denn die Beeinflussung der Inhalte durch Anzeigenkunden ist keine gute Idee. So entstanden Mauern zwischen den für Inhalt und Anzeigen zuständigen Abteilungen. Mehr noch: Es gibt in einigen Verlagen eine zum Hass tendierende Abneigung zwischen diesen Bereichen. Sie manifestiert sich zum Beispiel in Gestalt des ehemaligen “Stern”-Chefredakteur Michael Jürgs, der nicht müde wird, kaufmännische Abteilungen als “Flanellmännchen” …. […]

  49. Für alle „Fans“ von Michael Jürgs: Herr Jürgs war vor ein paar Tagen beim Wiesbadener Presseclub zu Gast. In seiner Rede zum Jahresempfang des Clubs kamen zwar keine „Flanellmännchen“ vor, stattdessen aber zahlreiche schräge Metaphern und Wortspiele à la „die Heiligen drei Könige der vierten Gewalt“, „der Jackpot am Ende des Regenbogens“, „Zu viele Amateure würzen die Gerichte, so fad schmecken sie dann auch.“ sowie „Keine Macht den Drögen!“. (>> http://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/nachrichten-wiesbaden/journalist-und-autor-michael-juergs-fordert-zeitungsbranche-im-presseclub-wiesbaden-zu-mehr-mut-und-kreativitaet-auf_15073905.htm)

Comments are closed.