Der Spiegel
Imagekampagne, die: Verzweiflung in Reklameform
Die GEMA hat ein Imageproblem. An guten Tagen ist sie fast so beliebt wie Wanderwarzen, Dauerbaustellen und Darmspiegelungen. Vermutlich werden nur Krebs, Hitler und die GEZ in Deutschland mehr gehasst als die GEMA.
Aktuell sorgt eine neue Gebührenordnung, die vom kommenden Jahr an gelten soll, für Schlagzeilen, in denen nichts weniger als die „Existenz der deutschen Clublandschaft“ in Frage gestellt wird. Die „Sächsische Zeitung“ fragt: „Müssen die Partys sterben?“
Vor eineinhalb Jahren entstand der Eindruck, dass die GEMA das gemeinsame Singen von Liedern im Kindergarten verbieten wollte. Das stimmte zwar nicht, war aber ungemein plausibel. Wenn morgen das Gerücht aufkäme, dass man in Zukunft für Musiktitel, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt, eine zusätzliche GEMA-Pauschale bezahlen müsste – jeder würde es glauben.
Insofern ist es nachvollziehbar, dass die GEMA jetzt „Image-Maßnahmen“ ergriffen hat. Gemeint ist damit aber natürlich nicht, mögliche Ursachen für ein schlechtes Image zu beseitigen, sondern bloß eine Werbekampagne.
Ein Slogan lautet: „Ohne Komponisten gäbe es sonntags nicht 8.420.000 Tatorte.“ Darunter steht klein, dass Klaus Doldinger, von dem die „Tatort“-Titelmusik stammt, GEMA-Mitglied sei. Rätselhaft. Ein anderes Motiv zeigt eine ältere Frau glücklich in ihrer Küche neben einem Glas Wasser und dem Satz: „Ohne Textdichter hätte mein Leben nicht mit 66 angefangen.“ Das bezieht sich auf Wolfgang Hofer, von dem der Text zu dem Udo-Jürgens-Hit stammt.
Fast könnte man in der Kampagne den Versuch sehen, die emotionale Beziehung, die Menschen zu Musik haben, durch spröde Bürokratenbegriffe wie „Textdichter“ zu konterkarieren. Laut Pressemitteilung zeigen die Motive den Menschen, „dass es ihre persönlichen musikalischen Sternstunden ohne die kreativen Leistungen von Textdichtern und Komponisten nicht gäbe.“ Die Botschaft lautet also ungefähr: Ohne Musik gäbe es keine Musik.
Nun hat Musik aber eigentlich im Gegensatz zur GEMA gar kein Imageproblem. Es ist, als würde die Vereinigung der Tsunamis eine Imagekampagne starten, die für die Nützlichkeit von Wasser wirbt.
Unten in den Anzeigen steht: „Musik ist uns was wert. GEMA.“ Das „uns“ ist natürlich etwas verwirrend. Aber die treffendere Variante wäre wohl nicht hilfreich gewesen: „Wir lassen Euch Musik was kosten.“