Die ersten Leserreaktionen schwanken zwischen Unverständnis und wütender Ablehnung; einige werfen Michalis Pantelouris Sensationslust und das Ausschlachten von persönlichem Leid für eine Art Soap vor. Ich bin mir sicher, dass seine Absicht das Gegenteil ist, aber ich kann die Zweifel verstehen.
Michalis ist freier Journalist mit buntem Lebenslauf, der unter print-wuergt.de bloggt. In der kommenden Woche fliegt er nach Griechenland, um die Wahrheit über den merkwürdigen Tod einer 26-jährigen Berlinerin vor drei Jahren in Athen herauszufinden — oder wenigstens dessen rätselhaften Umstände zu schildern. Die Leser können ihn bei seinen Recherchen quasi live begleiten: Michalis will sämtliche Ergebnisse seiner Arbeit kontinuierlich veröffentlichen, Akten und Videos von seinen Interviews ungekürzt online stellen. Er will dabei nicht auswählen; die einzigen Grenzen bei sollen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und der gute Geschmack sein — und dann will er es entsprechend begründen.
Es ist ein Experiment. Es soll ein Versuch sein, Journalismus radikal anders zu verstehen und zu praktizieren. Michalis Pantelouris sagt:
Ich glaube, Journalisten und Medienunternehmen nutzen nicht einmal im Ansatz die wahren Möglichkeiten des Internet. Denn das Netz ist ja nicht nur multimedial und schnell, sondern auch grenzenlos in Bezug auf Platz, geradezu archivarisch ewig in Bezug auf die Bestandsdauer von Geschichten, und interaktiv.
Das hat relativ weit reichende Implikationen, die beabsichtigt sind. Journalisten sind beauftragt von ihren Lesern, sie arbeiten aus meiner Sicht per Definition in der Öffentlichkeit und sollten für diese Leser so direkt wie irgend möglich auch erreichbar sein. Wenn ich all meine Rechercheergebnisse veröffentliche, bin ich durch meinen Auftraggeber, den Leser und Nutzer, überprüfbar. Das ist für fast jeden anderen Berufsstand selbstverständlich, aber für uns, für Publizisten, deren Beruf sich vom Publikum ableitet, ist es das im Moment überhaupt nicht. Das halte ich für falsch.
Ich weiß, dass das Urteil dabei vernichtend sein kann. Es kann sein, dass ich am Ende als mittelmäßiger oder gar schlechter Reporter dastehen kann. Das ist nicht einmal unwahrscheinlich. Nichts an dieser Geschichte ist gefaked oder eingefädelt, die Wahrscheinlichkeit ist also eher hoch, dass ich nicht mehr als die Geschichte berichten kann, ohne ihr wichtiges Neues hinzufügen zu können. Es wird irre peinlich sein, wenn ich wichtige Gesprächspartner einfach nicht erreiche, was in Athen im Sommer passieren wird. Und ich bin nervös deswegen. Aber die Freude darüber, tatsächlich eine neue Form ausprobieren zu können, von der ich glaube dass sie potenziell zu einer Entwicklung des Journalismus beitragen kann, überwiegt ein kleines bisschen.
Ich finde, Leser (auch ich als Leser) haben ein Recht darauf, Journalisten anweisen und kontrollieren zu können. Aber tatsächlich ist die Realität so, dass Journalisten sich pausenlos untereinander tolle Anekdoten erzählen mit dem Zusatz „kann man aber nicht Drucken“. Statt als Vermittler von Informationen sehen sie sich als Hüter und Filter von Informationen. Ich glaube, das ist die schädlichste singuläre Entwicklung im Journalismus überhaupt.
Das muss sich ändern, Schritt für Schritt. Und ich habe das Gefühl, die Möglichkeit zu bekommen, ein echt viel versprechendes Experiment in die richtige Richtung machen zu dürfen. Das steht hinter der Geschichte zurück, das muss klar sein und ist mir bewusst, wir reden hier über einen Menschen, der ums Leben gekommen ist, über einer erschütterte Familie, über Schicksale.
Als Medium, das ihm diesen Versuch ermöglicht, hat er die Lifestyle-Zeitschrift „Neon“ gewinnen können. Unter http://www.neon.de/alle/livereportage wird er berichten. Zunächst von seinem Besuch bei den Eltern der jungen Frau in Berlin, dann aus Griechenland, wo er unter anderem zum Tatort fahren und mit Anwälten, Zeugen und Tatverdächtigen reden will.
Er glaube nicht, dass Journalismus objektiv sein könne, sagt Michalis, und deshalb müsse er wenigstens überprüfbar sein — dadurch, dass er möglichst viel Material online stellt, seine Bewertungen nachvollziehbar und den Kontext überprüfbar macht. Natürlich würden nicht viel Leute von der Möglichkeit Gebrauch machen, aber schon der eine, der es tue, und vielleicht sogar Anregungen für weitere Recherchen gebe, mache einen Unterschied. Die fehlende Transparenz von Journalisten sei einer der Hauptgründe, warum die Leute heute Journalisten nicht trauen, sagt Michalis.
Eine gute Woche will er wahrscheinlich vor Ort in Griechenland sein, die ersten Tage in Athen, dann vermutlich auf Kreta. Der Erfolg des Projektes hänge aber nicht davon ab, ob er tatsächlich etwas Neues herausfinde — auch wenn das, wenn es gelingt, natürlich die Freude jedes Reporters sei. „Ich bin in erster Linie Chronist, nicht Ermittler“, sagt er.
Das ist eine wichtige Unterscheidung, und ich glaube, die Unschärfe zwischen diesen beiden Rollen ist ein Grund für die Skepsis gegenüber dem Projekt. Ich nehme Michalis Pantelouris, den ich ein bisschen kenne, seine hehren Ziele ab. Er brennt für dieses Experiment und es macht Spaß, sich endlos von ihm vorschwärmen zu lassen, wie sich der Journalismus verändern könnte und müsste. Andererseits hat die Geschichte für mich auch etwas Frivoles. Mag ja sein, dass sich durch eine solche Arbeitsweise der Informationsanspruch des Publikums besser befriedigen lässt, ganz sicher aber bedient sie auch das Unterhaltungsbedürfnis des Publikums. Macht er aus einem tragischen Schicksal nicht einen aufregenden Live-Krimi? Wird das Geschehen durch eine solche Art der Aufbereitung als Fotsetzungsgeschichte nicht sogar fiktionalisiert — genau das Gegenteil dessen, was Pantelouris behauptet und erreichen will?
„Je unmittelbarer ich eine Information vermittle“, sagt Pantelouris, „desto mehr berührt und bewegt sie das Publikum. Wenn ich einen Totenschein sehe, ist das etwas anders, als wenn ein Journalist schreibt, wie jemand gestorben ist.“
Ich finde es einen aufregenden Versuch, und ich drücke ihm die Daumen, dass er gelingt — schon weil es viel mehr Experimente mit den neuen journalistischen Formen, die das Internet bietet, und viel mehr Diskussionen über die Zukunft des Journalismus geben muss. Ich glaube auch, dass fehlende Transparenz, oder viel grundlegender noch: fehlende Wahrhaftigkeit ein Hauptproblem des Journalismus heute ist. Aber ich habe, wie viele Kommentatoren auf neon.de, meine Zweifel, dass ein solches persönliches Schicksal, ein solcher Kriminalfall das richtige Thema für ein solches Experiment ist. Bei mir bleibt ein mulmiges Gefühl.
Die Idee, die dahinter steckt, finde ich äußerst interessant. Allerdings ist das Thema dafür wohl wirklich nicht so geeignet. Andererseits, welches Thema wäre denn geeignet für soetwas? Diese Art der Berichterstattung ist einfach nicht „alltagstauglich“.
Ich glaube nicht, dass das die beste Art ist, Informationen darzubieten. Es gibt offensichtlich ( aus Pantelouris Sicht ) einen Generalverdacht gegen Journalisten, nicht objektiv berichten zu können und um den zu umgehen, wird man halt vom Journalisten zum Chronisten.
Erstens finde ich das schon deshalb nicht gut, weil für mich ein Journalist derjenige ist, der eine solche Chronik zu einem Artikel eindampft. Diese Aufgabe muss der Leser nun selbst übernehmen.
Zweitens muss doch klar sein, dass man, wenn man den Leser absolut offen an einer Recherche teilhaben lässt, dieses Ermittlungsverfahren an sich ein unterhaltendes Element wird: Aus einer Recherche wird so Infotainment. Deshalb muss die Recherche nicht schlecht sein – aber muss Infotainment im Zusammenhang mit Todesfällen sein? Ich meine nicht.
Einerseits kann ich verstehen, dass Pantelouris bemängelt, Journalisten sähen sich selbst als „Filter für Informationen“. Andererseits erwarte ich von gutem Journalismus genau das: Informationen so zu ordnen und zu bewerten, dass auch ein komplexer Sachverhalt verständlich gemacht werden kann, ohne ihn verfälscht darzustellen. Diese originäre Aufgabe an die Leser zu übertragen, halte ich für gewagt. Ich meine nämlich, dass Journalismus objektiv sein kann – er ist es leider nur zu selten.
Entweder ist jedes Thema für soetwas geeignet – oder keins.
Er glaube nicht, dass Journalismus objektiv sein könne, sagt Michalis, und deshalb müsse er wenigstens überprüfbar sein — dadurch, dass er möglichst viel Material online stellt, seine Bewertungen nachvollziehbar und den Kontext überprüfbar macht.
Ist genau das, was ich mir seit Jahren von allen Medien wünsche. Eine einfache Dokumentation, wie ein Bericht zustandegekommen ist. Auf diese Weise ließen sich sogar alle denkbaren Kanäle bedienen. Von einer Kurzmeldung auf Twitter bis hin zur Rohdatensammlung in allen möglichen unterschiedlichen Aufbereitungsformen und -längen.
*hach*
Und mit etwas Glück findet er auch Madie.
Hätte er gar nicht ankündigen und umschwafeln sollen. Hätte er einfach machen sollen. Jetzt haben alle schon irgendwelche Vorurteile.
[…] Niggemeier, bei dem ich davon erfahren habe, kommentiert das Projekt und spricht wichtige Fragen an: Ist es vertretbar, vom Tod einer Frau so detailliert zu berichten? […]
Ich glaube, die meisten Leser möchte gar nicht die „Transparenz“, auf die hier angespielt wird. Mich interessieren alle Details einer Recherche gar nicht. Wo fängt man damit an? Ich möchte nicht auch noch den Journalisten kontrollieren. Mir reicht es schon Erdbeeren selber pflücken zu dürfen, im Supermarkt das Gemüse selber abwiegen und die Bordkarte beim Flug selber erzeugen zu müssen. Alles natürlich auch aus Gründen „der Transparenz“. Ich hege keinen Pauschalverdacht gegen Journalisten. Wenn mir eine Reportage merkwürdig vorkommt, kann ich immer noch aktiv werden.
Was ich nur merkwürdig finde – weil dies auch häufig ein Thema ist: Wie sieht es mit den Persönlichkeitsrechten des Opfers aus? Und wie mit denen derjenigen, die noch in der Reportage auftauchen sollten?
@7 / Gregor:
Das Thema Persönlichkeitsrechte des Opfers (und auch anderer Beteiligter) sah ich auch als erstes gefährdet.
Vom Journalisten erwarte ich, unabhängig vom Grad der Objektivität, dass er im Hinblick auf diese Rechte ein gewisses Maß an Selbstzensur bzw. Filterung der publizierten Informationen vornimmt. Soweit geht noch nicht einmal die -zu Recht – vielgescholtene und gerügte BILD, dass sie ihre Recherchen ungefiltert publiziert.
Kann der Journalist den Anforderungen des Pressekodex im Falle des Livestreams und der möglichen Einsicht in Totenscheine, Obduktions- oder Zeugenberichte überhaupt noch gerecht werden?
@ 8 / myself
Vielleicht sollte ich erst einmal tiefer lesen, bevor ich kommentiere:
Michalis Pantelouris schreibt „[Er] werde […] nicht nur berichten, sondern möglichst alles, was [Er] finde[t], hier zugänglich machen“.
Das ‚möglichst‘ interpretiere ich – bis ich von der Reportage eines Schlechteren belehrt werde – als genau das Maß an Filterung, dass ich mir im Minimum wünsche. Bin ich froh, dass ich kein Journalist bin. ;)
Ein anderer Journalist, nämlich Jens Weinreich, verfährt doch ebenso. Er legt auch seine Recherchen offen und findet Leser (u.a. auch mich, wenn auch selten), die das für richtig, sinnvoll und vorwärtsweisend halten.
Das Problem sind doch diejenigen Medien („etwas in der Mitte Befindliches“: wikipedia.de/Medium), welche diese Informationen für Ihre Zwecke (i.d.R. monetärer und/oder ideologischer Art) aus-|nutzen.
Anders gefragt: Soll die authentische (soweit wie es geht; und was geht überhaupt?) Berichterstattung nicht stattfinden, weil die Befürchtungen, das könnte mißbraucht werden, im Raum steht?
Alles kann und wird auch mißbraucht werden! Genauso wie alles, was denkbar ist, auch gedacht wird. Irgendwann. Immer.
Schlußendlich sind die Folgen aller Berichterstattung eine Frage der Hegemonie, die bestimmt, wie welches dokumentierte Ereignis wie gewertet wird.
Meine Befürchtung ist eher: Das interessiert keinen (oder nur sehr, sehr wenige). Für mich aber ist die geplante Recherche und die Art der (vielleicht schonungslosen, aber authentischen) Veröffentlichung wichtig.
@ Gregor, Martin, faulersack
Nur ganz kurz, und ohne eine Diskussion abwürgen zu wollen: Es geht überhaupt nicht darum, etwas zu lassen, das Journalisten sonst tun (filtern, bewerten, eindampfen, berichten, wie auch immer), sondern nur darum, die Grundlage, auf der man es tut, offen zu legen für diejenigen, die es kontrollieren wollen.
Es geht auch nicht darum, mit versteckter Kamera irgendwen bloßzustellen. Wer nicht zitiert werden möchte, hat jedes Recht dazu. Wer nicht mit mir reden möchte, muss das nicht tun und wird nicht namentlich erwähnt. Die Persönlichkeitsrechte sind gewahrt. Die Rechte der Toten, deren Erbin die Mutter ist, natürlich auch.
Anders an dieser Geschichte als sonst ist nur: Ich möchte zeigen, was ich tue, um zu den Schlüssen zu gelangen, zu denen ich gelange – mit offenem Ausgang.
Sorry, doch nicht so kurz.
Während ich meinen Kommentar (#10) schrob, hat Michalis in seinem letzten Absatz (#11) schon das wichtigste klargestellt:
»Ich möchte zeigen, was ich tue, um zu den Schlüssen zu gelangen, zu denen ich gelange – mit offenem Ausgang.« Das ist guter Journalismus!
Irgendwer ist immer der erste.
PS: @Stefan Niggemeier (Deine Überschrift):
Das ist eben kein „Lifestylejournalismus“. Es ist der Lifestylejournalismus, der sich (q.e.exspectandum) bedient. (Die alten Suffköppe, die ohne nicht mehr leben können)
@#11 Michalis: Ich bin mir sicher dass sie niemanden bloßstellen wollen. Aber eins verstehe ich nicht an dem „ich möchte zeigen, was ich tue, um zu den Schlüssen zu gelangen, zu denen ich gelange […]“.
Finde ich das denn in guten Artikeln nicht auch? Wenn mir dort Informationen präsentiert werden, sind ihre Quellen und wie sie erlangt wurden doch auch ersichtlich. „Auf Nachfrage sagte X […]“, „unserer Zeitung liegt eine Kopie der Mail vor, wo […]“, „in einem Interview von 2009 sagte Y […]“ usw.
Ich weiß dann auch, was der Autor eines Artikels gemacht hat, um zu den Schlüssen zu gelangen, zu denen er gelangt ist.
Beschrängt der Mehrwert einer Live-Dokumentation des Vorgehens sich nicht auf die bessere Nachprüfbarkeit? Rechtfertigt das den Aufwand? Wenn sie eine gute Information von einer Quelle erhalten, die nicht zitiert werden möchte, ist dieser Mehrwert dahin. Ich sehe den großen Nutzen einer Reportage, die die Entstehung einer Geschichte dokumentiert, einfach nicht.
@faulersack: Diesmal echt nur kurz, das ist hier ja nicht mein Revier: Ich lese so oft den Satz, dies und jenes wäre verfälschend „aus dem Kontext gerissen“ worden, dass ich mich schon frage, warum es nicht Usus ist, den Kontext mitzuliefern.
Und eine gute Information bleibt eine gute Information. Man muss nur erklären, warum man die Quelle nicht offenlegen kann, und der Leser muss für sich entscheiden, ob diese Erklärung ihm reicht.
Sorry, ich wollte nicht auf einem fremden Blog eine Diskussion anzetteln.
Sorry, und weil ich darauf nicht eingegangen bin: Wenn wie im Beispiel der Zeitung eine Kopie der Mail vorliegt, ist es doch ein leichtes, die online auch zu zeigen, oder? Die meisten Geschichten sind aber leider nicht so. Es wird sehr, sehr viel Behauptetes nicht belegt.
@Stefan Niggemeier
(off-topic: Ist dies so gewollt, liegt es an fehlerhaften Einstellungen meinerseits (Firefox) oder ist da irgendetwas Ihres Blogs zerschossen, für das ich nichts kann?)
Ein wohl nicht zu unterschätzendes Problem bei einer solchen Herangehensweise mit einer vollständigen Dokumentation sehe ich allerdings für einen etwaigen Informantenschutz. Wenn ein (mehr oder weniger) lückenloses Profil der Informationsbeschaffung erstellt wird, lässt sich erkennbar leicht nachvollziehen, wann und wo ggf. von wem welche Info erworben wurde.
Entsprechende Lücken in der Dokumentation lassen aber wiederum auch gewisse Rückschlüsse auf Quelle und Umstände der Informationsbeschaffung zu.
Ich kenne Pantelouris auch ein bisschen. Das Ganze ist vor allem eine gelungene PR-Inszenierung für ihn, der Mann ist ein begnadeter Selbstdarsteller.
Wäre es auch transparent, wenn z.B. politische Kommentare mit einer kurzen Einführung begonnen würden, welche Meinung der Autor vertritt?
Sodass der Leser z.B. sieht „Oh, der Herr ist *Mitglied* der Partei und findet die Entscheidung trotzdem schlecht – dann ist das nicht nur ein herablassender Kommentar eines dritten“?
Oh, und noch etwas: Ist das ganze hier dann nicht eigentlich auch eine Wissenschaftliche Methode im Journalismus? Dass jeder nachprüfen kann, wie man auf eine Schlussfolgerung gestoßen ist?
Die alte (dumme) Behauptung ist ja „ihr habt nur blindes Vertrauen in die Wissenschaft“, aber genau genommen hat man begründetes Vertrauen – weil, selbst wenn man sich nicht mit einem Thema auskennt – irgendein Fachmann hätte so eine Wissenschaftliche Erkenntnis schon längst bloßgestellt, wenn sie nicht vertrauenswürdig wäre.
Geschieht das nicht also auch hier?
[…] Beweggründe schildert Pantelouris ausführlich auf seinem Blog. Mein erster Gedanke, als ich bei Stefan Niggemeier von Pantelouris Vorhaben gelesen habe, war: „Hat der sie noch alle?“ Den Gedanken […]
Der Enthusiasmus hinter diesem Projekt ist lobenswert. Das Experiment klingt (auch deswegen) ein wenig abenteuerlustig. Die Notwendigkeit aber sehe ich noch nicht so. Ist der Unterschied zwischen einer Quellenangabe und der offen dargstellten Recherche in allen Details sooo notwendig? Abgesehen von den „uns vorliegenden eMails“ und dergleichen, braucht man kein Recherche-Tagebuch.
Als Leser.
Für (Medien-) Journalisten ist das ganze natürlich einfach schön aufschlussreich, weil man mal einem Kollegen über die Schulter schauen kann. I.d.R. wird ja gerne gemauert, wenn es um Aufklärung geht, wer wie vorgeht. Einfach weil viele Rechercheure glauben, Sie hätten etwas zu verlieren oder müssten in Zukunft „teilen“, wenn sie Quellen oder Kniffe preisgeben.
Unterm Strich ganz nett, nicht notwendig und vermutlich tendentiell zu aufwendig, um als „Erfolg“ durchzugehen. Schöner wär’s gewesen, wenn man das komplett-Pakett unvorbereitet nach Abschluss des Experiments serviert bekommen hätte.
PS: Dass es sich um einen Todesfall handelt, ist kein Problem, weil ja persönlichkeitsrechtliche und ethische Grenzen offenbar über der Transparenz stehen.
Alles Gute für das Experiment, der Ansatz scheint mir lohnend, auch wenn der Fall vielleicht nicht so optimal ist (das wird man letztendlich erst im Nachhinein sehen).
Dem Journalisten bringt es sicher einen Vertrauensbonus, wenn er die Hintergründe seiner Bewertungen offenlegt.
Den geniesst bei mir z.B. der oben schon genannte Jens Weinreich, auch wenn ich seine Zusatzdokumente quasi nie angucke. Der Bonus kommt quasi ohne extra Arbeit für den Leser, allein daher, dass man die Hintergründe einsehen könnte, wenn man es denn wollte.
Ich sehe das ähnlich wie Blixten/#24. Es wird bei einem solchen vorgehen (wie bspw. von Jens Weinreich) die Information offengelegt, die zu dieser oder jener Einordnung geführt hat. Man kann als Leser die Relevanz und Validität zumindest grob einschätzen. Und alle, die sich in der jeweiligen Materie auskennen, werden die Quellen dann gegebenenfalls auch angreifen. Oder es wird klar, daß der Schreiberling nur Verlautbarungen von Lobbyisten abpinnt.
In der Konsequenz muß der jeweilige Journalist sauber arbeiten, wenn er dauerhaft ernstgenommen werden will. Letzten Endes wird der Journalismus insgesamt also besser, das kann ja nichts Schlechtes sein.
@Peter Viehrig: Das hab ich kaputtgemacht. Nun geht’s wieder. Danke!
@Tom: Ich habe Live- geschrieben, nicht Life-, und das mit Absicht.
Experimentieren finde ich ja immer gut. Jedoch werde ich Probleme habe ein Originalschriftstück in griechisch zu verstehen, da ich die Sprache nicht spreche. So bin ich also wieder auf eine Übersetzung angewiesen – durch die die unmittelbarer Vermittlung verloren geht. Ebenfalls habe ich Sorge, dass die Aufklärung der Umstände des Todes eines Menschen nicht mit der notwendigen Sorgfalt öffentlich dokumentiert werden könnten. Unter Zeitdruck arbeitet man nicht besser und genau den schafft sich Herr Pantelouris gerade selbst. Wie bereits gesagt wurde finde auch ich daher, dass dieses Vorhaben in Deutschland mit einem anderen Thema besser aufgehoben wäre.
Trotzdem viel Erfolg – schon allein der Angehörigen wegen.
Nette Idee, aber ich finde die Aktion etwas blauäugig. Dass die Eltern, die Familie und die Freunde mit den Nerven am Ende sind, ist klar. Dass sie die Verantwortung für den Tod woanders suchen, also nicht bei ihrer Tochter, ist auch klar. Die Passage
„Sie studierte dort, unterrichtete Deutsch – aber ihr eigentliches Ziel war es, Jazz-Sängerin zu werden. Und es sah gut für sie aus: Sie hatte Auftritte, nahm ihre ersten Lieder auf. Es gab Ärger in ihrer Beziehung, aber abgesehen davon schien es ihr gut zu gehen in ihrem Abenteuer.“
soll wohl einen Selbstmord unplausibel machen, aber das ist völliger Quatsch. Es ist kein Geheimnis, dass man Depressiven die Krankheit oft nicht im Geringsten anmerkt.
Aber trotzdem viel Erfolg.
@#15, #16 Michalis: Erstmal finde ich eine Kommentarspalte zum Führen einer Diskussion zum Topic genau den richtigen Ort.
Aber zum Zweiten: Wie sollen denn in einer Printausgabe alle Quellen dargestellt werden? Das geht ab einer gewissen Anzahl nicht, sie verbrauchen Platz wo stattdessen der Artikel stehen könnte. Hier bietet das Internet unbestreitbar Vorteile – aber im Print halte ich das nicht für machbar.
Was den Journalisten dazu zwingt, hier zu selektieren, was er wie darstellen möchte ( und hier, da dürften wir uns einig sein, zeigt sich die Qualität eines Journalisten ). Jeden Kontext bis zum Ende differenziert darzustellen, ist schlicht nicht möglich.
Vielleicht ist es deshalb zwangsläufig so, dass immer irgendjemand den Kontext für mangelhaft dargelegt hält, aber mal im Ernst: Da, wo man am lautesten schreien möchte, ist das verfälschende Darstellen Geschäftsmodell. Dann mag es noch Unfähigkeit der Journalisten, oder Unverständnis der/des Zitierten geben. Und dann gibt’s auch noch guten Journalismus.
Und ich denke, den kann man mit Leseverständnis, guter Allgemeinbildung und einem Mangel an Ressentiments auch durchaus erkennen – ohne Doku.
Stimmt sehr stark mit meiner Auffassung über offene Gesellschaft überein. Die Flucht nach vorne machen die aktuell sehr niedrigen Journalistischen Standards und starke Einflussnahme von Lobbygruppen notwendig. Selber schuld, gäbe es noch Chefredaktionen mit „Balls“ und dazu Verleger die als Primärziel gute Produkte hätten und nicht die „totale Gewinnmaximierung“ wäre das nicht notwendig.
Toll das er sich ein schweres Thema ausgesucht hat und das crowdsourcing, aka review und weitere Informationen durch Leser wird hoffentlich seine Wirkung zeigen. Wie in den Kommentaren schon angemerkt, würde ich mir eine solche Veröffentlichung insbesondere bei Politik und Wirtschaftsthemen wünschen .. das Problem dabei wäre aber das in DPA/REUTERS/INSERTNAME ja schon fast alles genannt ist.
Ich habe es noch nie gemocht, wenn Journalisten sich, ihre Arbeit und ihre Arbeitsweise für wichtiger erachtet haben als das, worüber zu berichten war.
@theo: Sie mögen es sicher auch nicht, wenn Ärzte darüber diskutieren, wie man am besten heilt. Wenn Handwerker zu Fortbildungen fahren. Wenn Forscher über ihre Arbeitsweisen streiten.
@stefan:
Wenn die Betrachtung bzw. Reflektion der Arbeit Mittelpunkt derselben wird und somit bedeutsamer als Patient/Kunde/Untersuchungsgegenstand, mag ich auch das nicht. War es das, was Sie von mir wissen wollten? (Ihr Vergleich hinkt ein wenig).
Gestern bei Niggemeier: „Tim und Struppi 2.0“. Zwei Journalisten im Selbstversuch.
Ich finde die Idee sehr gut. Diese grundsätzliche Haltung gegenüber Überprüfbarkeit heißt ja auch nicht, dass ein Journalist das Thema nicht aufbereiten und verständlich machen kann. Die Informationen können zu jedem Themenblock einzeln verfügbar gemacht werden wenn man dort in die Tiefe gehen möchte („Möchten sie mehr zu xy wissen? Klicken sie hier.“). Gerade dazu bietet sich das Netz an, im Gegensatz zu einer Printzeitung. Würde das bei einem Dossier in der ZEIT gemacht werden hätte es locker 30-50 Seiten pro Ausgabe und würde viele Leser abschrecken. Im Netz sieht man nicht direkt wieviele Informationen hinter Teillinks stehen, man klickt sie bei Bedarf an.
Das Thema der Aktion ist irrelevant. Dürfen andere Formen von Journalismus etwa nicht über Mordfälle berichten? Mir erscheint die Kritik am Thema vorgeschoben.
Ich finde das Experiment interessant und warte mal ab. Wenn Herr Michaelis wirklich mutig ist, stellt er gleich auch mehrere Fassungen seines Textes online.
Allerdings halte ich die Vorstellung von der Transparenz anderer Berufsgruppen fuer ueberhoeht: nach dem Referendariat wird ein Lehrer kaum noch nach Aufbau und Grundlagen seiner Stunden gefragt, und in wissenschaftlichen Arbeiten findet man nur Bruchstuecke, die zeigen, wie ein Ergebnis zustande gekommen sein mag — vieles von dem, was ein Wissenschaftler liest und dann verwirft, wird da nicht erwaehnt: die Leser eines wissenschaftlichen Textes nehmen eben bei der Lektuere auch eine Abkuerzung, den tatsechlichen Gedankengang, mit all seinen Schleifen und Spruengen, vollziehen sie auch nicht nach.
@3 #faulersack
Der Einwand, Journalisten hätten
…“Informationen so zu ordnen und zu bewerten, dass auch ein komplexer Sachverhalt verständlich gemacht werden kann, ohne ihn verfälscht darzustellen. Diese originäre Aufgabe an die Leser zu übertragen, halte ich für gewagt.“…
erinnert mich an diesen hier:
„Einzig bei der Verständlichkeit liegt der Brockhaus vorn. Einige Wikipedia-Artikel sind für Laien schlicht zu kompliziert, viele zu weitschweifig, urteilten die Tester.“
http://www.taz.de/1/netz/artikel/1/wikipedia-siegt-gegen-brockhaus/?src=SZ&cHash=3d6b31b657
Oder, noch einmal etwas zugespitzt gefragt: Ist es vielleicht, je nach herangehensweise, eine Aufgabe des Journalisten oder Redakteurs, den interessierten Leser vorausschauend vor zuviel Informationen zu bewahren?
Im Grunde ist das ein Art „Live-Krimi“ oder bestenfalls eine „Doku-Soap. Magnum,p.i. im Internet. Nur dass der Plot nicht vorbestimmt ist. Was das mit Journalismus zu tun hat, bleibt mir verborgen.
Ok, Projekt beendet Marc Michels (#29) hat die Sache geklärt. Mit Verstand und hingebungsvoller Recherche vor Ort, hat die Arbeit von Mikis Pantelouris mit einem Kommentar gemacht. Sauber.Als in vielen Dingen konservativer Mensch, habe ich ein Problem damit, Grenzen zu definieren, in dem man sie überschreitet. Nach der Lektüre ist mir aber klar geworden, dass dieses Projekt ein Herantasten an diese Grenzen ist. Und dass ich das ganz toll finde! Viel Erfolg, Miki!
(Ja, ich weiß, dass das anbiedernd klingt, aber ich wollte mit dem Imperativ angeben!)
Ich brauche keine Reportage über mysteriöse Ereignisse rund um deutsche Privatleute in Griechenland. Richtig. Aber darum geht es doch gar nicht.
Was ich brauche (und mir oft vergebens wünsche) ist die Offenheit der Journalisten, dem Leser* zu zeigen, wie sie zu dem gekommen sind, was der Leser nun vorliegen hat. Und noch wichtiger: was sie weggelassen haben und warum.
Die meisten Journalisten, die ich angeschrieben habe / bei denen ich mich beschwert habe, reagierten mit Unverständnis und manche haben sich sogar dazu verstiegen, man hätte jene Info weglassen müssen, damit der Beitrag der Dramaturgie folgen könne. Ich möchte nicht, dass ich nur die Infos erhalte, die dem Journalisten gerade in seine Dramaturgie passen! Ich will die richtige Dramaturgie, nämlich die der Ereignisse und nicht eine, die sich jemand ausgedacht hat! (Wer das will, sollte lieber einen Roman schreiben als Artikel.)
(Fast) das gesamte Material freizugeben ist bestimmt nicht die Lösung und auf Dauer mit den heutigen Mitteln wohl auch weder für Sender noch Empfänger praktikabel, aber es ist ein anständiger Versuch und ich bin gespannt, wie auch der Journalist selbst am Ende den Einfluss auf seine Arbeit einschätzt. Überleben werden in diesem Beruf in Zukunft hoffentlich nur noch jene, die sich nicht scheuen ihre Arbeitsweise offenzulegen und mit dem Leser zu kommunizieren.
*man denke: Leser/Zuschauer/Zuhörer etc.
Irgendwie sinnlos das Ganze. Denn auch wenn Pantelouris behauptet, nicht auswählen zu wollen, und alles online zu stellen, so müssen wir uns doch wieder darauf verlassen, dass er genau das tut.
Klar, es gibt mehr Details, und wir lernen vielleicht sogar etwas über die Arbeit eines Polizeireporters, aber letzten Endes filtert er doch, und es bleibt dem Leser überlassen, ob er ihm glaubt, oder nicht.
Mal schauen, wie dieses Experiment ausgeht.
#42
Richtig, es ist keine wirklich praktikable Lösung, eher so ein ehrbarer Ansatz. Es gibt ihm keine unangreifbare Position, aber mit jedem Stück Hintergrund kann er doch Vertrauen gewinnen und es erleichtert ja auch die Diskussion mit dem Leser.
Außerdem, so glaube ich, macht man so etwas ja auch ein Stück weit zur eigenen Zufriedenheit mit seinem Beruf. Man möchte sich einfach sagen können: Ich habe alles getan, was ich konnte.
War es in den 80ern? Da wurde es ’schick‘ unter Fotografen, beim Abzug den ‚Rahmen‘ des Negativs sichtbar mitzukopieren.. „Ich lass nix weg, ich hab beim Auslösen schon alles richtig gemacht!“
Und dennoch zeigt der Auschnitt immer nur einen Teil des Ganzen und manipuliert u.U. auch so.
Was soll also die Aktion „ich führe ein Berichtsheft“?
Mich interessiert nicht das making-of, das ist eh nur PR und Selbstdarstellung …-
[…] blog de Stefan Niggemeier, journaliste spécialisé dans les médias [en […]
#43, oh absolut, mit solch einer Vorgehensweise lässt sich in puncto Vertrauen und Diskussion mit dem Leser einiges erreichen ( siehe Jens Weinreich ).
Die Frage, die ich mir stelle, ist dann aber, plant Pantelouris, diese Vorgehensweise zu seinem Standard zu machen, oder ist das ganze eine einmalige Aktion ?
Wäre eine solch aufwändige Dokumentation für einen normalen Journalisten überhaupt alltagstauglich ?
„Statt als Vermittler von Informationen sehen sie sich als Hüter und Filter von Informationen. Ich glaube, das ist die schädlichste singuläre Entwicklung im Journalismus überhaupt.“
Ich glaube das nicht. Erstens, hüten (im Sinne von zurückhalten, geheimhalten) ist etwas völlig anderes als filtern. Zweitens, die Filterung, die Redaktion, die Aufbereitung, Einordnung und Gewichtung von Informationen ist elementarer Bestandteil journalistischer Arbeit. Weil die Konsumenten und Empfänger der Information sonst überschwemmt werden von inflationären Details, deren Relevanz sie selbst mangels Hintergrundwissen jeweils überhaupt nicht einschätzen können. Völlige Offenheit bei der Recherche ist idealistisch und damit gut und schön, aber ich halte das nicht für ein probates Mittel, um am Ende beim „Leser“ mit soetwas wie Wahrheit und Glaubwürdigkeit dazustehen. Zumal bei der völligen Offenlegung noch im Prozess der Recherche, also vor Abschluss, die grosse Gefahr besteht, halbgare, unverifizierte oder falsche Informationen zu veröffentlichen und damit der Rezeption der Geschichte von vornherein eine verkehrte Wendung zu verleihen. Man wäre eventuell besser beraten, erst zu recherchieren, dann zu redaktieren um eine Gesamtgeschichte zu haben, und am Ende – als Anhang oder Making-Of – den Weg dorthin und die Quellen und Irrwege und dergleichen anzubieten.
„Das muss sich ändern, Schritt für Schritt.“
Nö.
Ich begrüße Pantelouris‘ Versuch sehr. Wie oft kommt es vor, dass ein Journalist z. B. nur einen Sachverhalt, eine Zahl, ein Detail herausstellt und man sich fragt: In welchem Zusammenhang?
Demletzt schrub doch jemand, das BKA könne 40 % der inkriminierten Websites nicht innerhalb einer Woche löschen lassen. Wenn man da die vollständige Information gehabt hätte, hätte man auch als nicht so interessierter/involvierter Leser sich sein Bild machen können.
Wobei ein solches vorgehen ja nicht nur im Journalismus üblich werden sollte. Ob die Politik („Wir haben die Interessengruppen gehört“), Forschung („Unsere Tests zeigen,…“) oder Unternehmen („Ihre Kritik am Projekt haben wir an das Board weitergeleitet“) – alle sollten grundsätzlich so arbeiten. Finde ich.
Mein Problem mit der Geschichte ist die Themenwahl. Das Thema ist für mich definitiv ein Boulevard-Thema, und den Kommentaren bei Neon und hier zu folgern gehts nicht nur mir so. Diese Art Experiment mag spannend sein, meiner Menung nach gibt es jedoch besser geeignete Themen dafür. Die Kritik, die Michalis gerade einstecken muss, rührt jedenfalls hauptsächlich von der Art der Geschichte her. Vielleicht ein Fall von „es gibt keine schlechte PR“?
Weiters haben einige auch schon die saubere Art, zu schreiben genannt, und die zitiert (ähnlich einer wissenschaftlichen Arbeit) Quellen: „wie XX in einem Interview mit YY am Samstag sagte.“ Es ist auch ein üblicher Bestandteil von Autorenverträgen, dass die Redaktion auf Wunsch das Recherchematerial in Kopie kriegt, damit sie Zweifelsfälle nachprüfen oder auf Nachfragen antworten kann. Ich seh also eher einen Apell ans klassisch saubere Arbeiten als „eine neue Form“ von irgendwas.
Das scheint mir nicht ganz falsch zu sein, wenn nicht gar der Kern der Sache:
„Mich interessiert nicht das making-of, das ist eh nur PR und Selbstdarstellung“ (@44)
Der Teaser zur Reportage kommt sehr reisserisch daher. Das fettgedruckte „am 21. Juli gehts los!“ sieht eher nach Kika-Ferienprogramm aus. Und dann noch bei Neon…
@ nona
Dö – jedenfalls so´n Schrittchen weit. Klar gibt es eine Unzahl an nicht zu verwertenden Quellen, die bei der Recherche anfallen. Beispiel: Ein Interview zu transkribieren ist viel Arbeit und noch mehr Zeitaufwand. Das Ergebnis wiederum ist in vielen Fällen nur schlecht lesbar. Eine Aufbereitung aller (Telefon)-Interviews, gerade von denen die keine neuen Erkenntnisse gebracht haben, wäre daher sehr verwirrend, reine Zeitverschwendung und außerdem super langweilig.
Hingegen Quellen, auf denen ein Artikel basiert auch eindeutig zu benennen und öffentlich darzustellen wäre sehr informativ und transparent. Der mündige Leser will respektiert werden.
Ich glaub, ich bin im falschen Film. Bin ich hier bei Akte investigativ 2010 – Reporter decken auf? Wen interessieren denn bei journalistischen Artikeln irgendwelche Aktensammlungen und Vorgehensweisen von Journalisten? Zumal bei einem solch vergleichsweise unwichtigen Thema. Herangehensweisen, Atmosphärisches u.ä. kann man dezent am Rande mit einarbeiten, ist aber nicht die Hauptsache eines Artikels. Journalismus ist zuallererst die kompakte Aufbereitung, Darstelleung und Zusammenfassung von Geschehenem – die Akten davon kann man dann für die besonders Interessierten allenfalls unter einem Link ablegen. Dazu haben User auch im Internet garnicht die Zeit, sich riesenlange Reportagen und Akten durchzulesen. Das Gebot der Stunde im Info-Riesenmeer Internet lautet Verkürzung, Strukturierung und Fokussierung auf das Wichtigste.
@Lena Maldeites:
Warum gilt das nicht für Ihre Kommentare?
Hmm, so generell würde ich das nicht sehen. Dass meine Kommentare manchmal etwas länger sind, liegt m.M. weniger an fehlender Fokussierung, sondern daran, dass sie besonders viel Inhalt enthalten (g, ernsthaft). Ich dachte und denke eigentlich, dass ich mit meiner Konzentration auf das Wesentliche schon diesem Gebot der Fokussierung auf das ebensolche entspreche. An manchen etwas gewundenen, überlangen Sätzen könnte man (ich) vielleicht noch arbeiten. Im Übrigen ist das Wichtigste und Wesentliche natürlich auch Auffassungssache.
Dass Frau Maldeites so ausführlich schreibt, macht ihren Gedanken nachvollziehbar. Teilen muss man ihn nicht, aber argumentativ zu widerlegen ist er auch nicht.
Allerdings beruht der Beitrag auf der Vermutung, das würde Schule machen und zur journalistischen Vorraussetzung werden. Aber behalten wir mal im Hinterkopf, dass es ein Experiment ist (um was auch immer herauszufinden).
@Stefan Niggemeier, #33/#54:
Trinken Sie doch lieber eine Tasse Tee statt übelgelaunt gegen berechtigte Einwände zu stänkern.
Nicht mal in seiner eigenen Kommentarspalte darf man übelgelaunt sein.
Angesichts der Temperaturen gibt es sicherlich bessere Methoden als ne Tasse Tee. ;-)
The journalist is the message.
@#38 meykosoft: Um nicht zu schreiben, was schon geschrieben wurde, verweise ich auf #47 von nona.
Und um ihre Frage konkret zu beantworten: Ja.
@55, Lena: Bei deinen Exzessen denk ich gern an Luther: «Tritt fest auf, machs Maul auf, hör bald auf!» ;)
[…] veröffentlichen. Schon interessanter. Nun bricht ein Welle von Empörung über ihn herein; Stefan Niggemeier versucht nachzuvollziehen und sieht ein Experiment zwischen “Sensationslust” und einem Versuch, […]
@ Lena Maldeites:
„[I]rgendwelche Aktensammlungen und Vorgehensweisen von Journalisten“ interessieren mich in der Tat nicht, aber ich will den Zugriff auf die zentrale(n) Quelle(n), die den Artikel/Beitrag und seine Aussage begründen. Ich bin nämlich inzwischen soweit, daß ich Journalisten im Allgemeinen jede Menge unterstelle. Und eine redliche Motivation gehört nur selten dazu. Ich will überprüfen können, wie ein Artikel/Beitrag ausgelöst wurde und wie er sich begründet.
Und nicht unwichtig für den Autor: Ein Artikel/Beitrag erhält seinerseits auch mehr Gewicht und Relevanz durch eine adäquate Dokumentation.
Schluss-/Nebenbemrkung: Ich kenne den Fall, den Michalis Pantelouris unteresuchen will, nicht und halte ihn aus der Entfernung auch für ungeeignet für das Pilotprojekt, eine Dokumentation zum Artikel einzuführen. Vom Grundsatz her, halte ich sein Vorgehen aber für umso wichtiger, je relevanter/politischer das Thema ist. Siehe Weinreich, da lese ich auch nur das Wenigste, aber die Fachinteressierten tun es.
#53
… aber, aber der frank plasberg … der macht das doch auch schon so … seit jahren … den gucken sich doch auch viele gerne an … den faktencheck …
Erstmal ist Plasberg Fernsehen also kein Buchstabenjournalismus. Im übrigen habe ich leider übersehen, dass neon ja weniger ein Newsmagazin, sondern mehr so ein Reportagemagazin ist. Insofern können da solche längeren Geschichten schon eher reinpassen. Ich guck da in der Bibliothek ja immer wegen der Ti^°Brust- und anderer interessanter Fotos rein. Für lange Lifestyle-Texte hab ich leider nicht so den Nerv.
Nein Frau Maldeites, Frank Plasberg ist weder ein Fernsehen, noch ein Buchstabenjournalismus. Er arbeitet für das Fernsehen und ist kein Printjournalist, und bietet trotzdem er für dieses Buchstabenlose Medium arbeitet, den Faktencheck an. Danke dann noch für Ihre Offenheit bei der Auswahl ihrer Lektüre, das wollte ich ja schon immer wissen. Persönlich schau ich über so etwas ja hinweg, da mir die Codes für dieses Verständnis fehlen und ich sehr gerne lesen. Aber, jeder ist halt anders.
Wenn man Lena Maldeites mit Konstantin Neven Dumont kreuzen würde, was käm da raus?? Irgendwie zerbricht mir das gerade den Kopf…
@ palosalto
Nicht weiter denken. Der über alle Massen friedfertige und gutherzige Konstantin Neven Dumont sitzt im Verwaltungsrat des 1. FC Köln und die holländische Grenze ist nicht weit entfernt. Mit Frau Maldeites Verständnis von Fußball hätten wir sehr schnell keine Bundes- sondern eine Blutliga, die wahrscheinlich im kommenden Jahr bereits nach pausenlosen Einsatz der GSG9 aufgelöst werden müsste. Den KStA gäbe es nur noch in Bibliotheken zu lesen. Die FR würde ganzseitig ein Ti^°Brust-Foto zieren. Der Presserat würde sich auflösen – „Hihihi, guck mal, die haben nen Fehler gemacht, hihi“, reicht ja. Man solle zwar alles verkürzen, strukturieren und fokussieren, müsste dabei aber ständig dämliche Füllwörter benutzen. Der Elferrat wäre automatisch der Stadtrat für das kommende Jahr und auf das Rundschaugebäude würde zur WDR-Seite hin ein großer Penis installiert werden. Ach, was sag ich. Der Dom würde einfach abgerissen und an seine Stelle kämme ein kolossaler Penis hin.
Darum: Lassen Sie den Mann in Ruhe, ich will keine Berliner Verhältnisse!
Ich finde die Rumhackerei hier gerade zwar mittelschwer nervig, muss aber doch was zum Plasberg sagen: So oft wie dieser Mann schon einen rigorosen Faktencheck angekündigt hat und nichts Verwertbares am nächsten Tag folgte, könnte man seine Versuche getrost als gescheitert bezeichnen, dafür müsste man ihm aber echtes Bemühen unterstellen.
Erst wenn Michalis Pantelouris mit seinem Versuch im Populismus stecken bleibt, sollte man ihn (den Versuch) daher aufgeben, vorher aber glaube ich an das Gute im Journalisten und werfe ihm kein Plasberger-Syndrom vor.
@JO: Fühl dich herzlich umarmt!
Wir sollten ein Plasberg-Law einführen, analog zu Goodwin. ^^
Selbstverständlich ist Plasberg Fernsehen, sogar persönlich.
http://www.wdr.de/tv/plasberg_persoenlich/
@11/Michalis
Es geht überhaupt nicht darum, etwas zu lassen, das Journalisten sonst tun (filtern, bewerten, eindampfen, berichten, wie auch immer), sondern nur darum, die Grundlage, auf der man es tut, offen zu legen für diejenigen, die es kontrollieren wollen.
Um darauf einmal polemisch zu antworten: Soll ich demnächst auch noch beim Schlachter dabei sein, der das Filetstück bearbeitet hat oder beim Koch im Restaurant in der Küche vorbeischauen? Wohin führt eine solche Transparenz? Und, wie #42 schon sagt: Wer sagt mir, dass die Belege, die vorgelegt werden, komplett sind, d. h. wer kontrolliert den Kontrolleur, usw.
Warum soll es nicht genügen, Quellen anzugeben? Und: Was ist mit dem Journalismus, der auf Informanten beruht?
@Gregor Keuschnig: (Wenn ich darauf antworten darf.) Sie sollen gar nichts. Aber ist es nicht tatsächlich eine vertrauensbildende Maßname, wenn der Schlachter sagt: Sie können sich übrigens jederzeit unsere Metzgerei ansehen? Finden Sie es nicht auch ein Zeichen von Qualität, wenn Sie in einem Restaurant in die Küche gucken können und sehen, wie die Köche mit den Lebensmitteln umgehen? Gucken können, nicht müssen, wohlgemerkt.
@61 #faulersack
Aja. Mhh. Naja, freie Informationsauswahl für alle (für alle Journalisten jedenfalls)…
[…] nicht nur Stefan Niggemeier äußerte bereits im Vorfeld des Projekts Zweifel, dass ein solches persönliches Schicksal, ein […]
Das Pantelouris-Experiment…
Ein Reporter betritt Neuland. Er greift einen vermeintlichen Kriminalfall auf und macht daraus eine „Live-Reportage“ im Netz. Die Leser reagieren verhalten. Für den Netzjournalismus könnte das Experiment trotzdem ein Durchbruch sein…….
[…] zum Teil heftig kritisiert, Argumente für und Einwände gegen das Projekt sind zum Beispiel bei Stefan Niggemeier und in den Kommentaren bei Neon.de zu finden.)Pantelouris hat sich also sozusagen an einem […]
[…] bin wahrscheinlich der Falscheste, um darüber zu schreiben, aber ich habe trotzdem eine Meinung dazu, und deshalb sage ich sie auch: […]
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