Beim deutschen Schlager Grand Prix stirbt die Figur Zlatko.
Schwäbisch-mazedonisches Schimpfwort mit neun Buchstaben? Kotzköppe. Nicht gerade der verbreitetste Schmähruf. „Vielen herzlichen Dank, liebe Kotzköppe“ lautet der Satz, mit dem sich Zlatko am Freitag entnervt von den buhenden Zuschauern beim Grand Prix verabschiedete – und von der großen Bühne überhaupt. Denn es war nicht so, dass am Freitagabend in der Hannoveraner Preussag-Arena nur die notorisch schlageraffinen Grand Prix-Insider buhten. Außer einer Hand voll Jubelperser, die der Containerbetreiber Endemol bestellt hatte, buhten alle. Dabei wäre in der Halle durchaus Platz gewesen für ein paar Hundert Zlatko-Fans. Doch Unterstützung gab es hier so wenig wie bei der Abstimmung per Telefon, wo Zlakto angeblich auf Platz sieben, sicher aber nicht unter den ersten Dreien landete.
Der Star Zlatko ist Geschichte. RTL und Bild, die ihn erst zu dem machten, was er am Freitag war, haben längst die Seiten gewechselt und sind nun ganz vorne bei denen, die nachtreten. Zlatkos Auftritt war so verheerend, dass man immerhin hoffen kann, dass ein paar Leute bei Endemol und Bertelsmann – deren Produkt er ist, deren „Schützling“ er sein sollte und die ihn in eine Rolle drängten, der er nicht gewachsen war und ihm ein Lied schrieben, das er nicht singen konnte – dass also ein paar von denen jetzt schlecht schlafen. Wenn schon nicht aus Sorge um Zlatko, dann wenigstens aus Sorge um die verschenkten Millionen, weil sie ihre Milchkuh nicht gemolken, sondern geschlachtet haben.
Es war ein denkwürdiger Abend. Voll von diesen Grand Prix-Momenten, die sich ins Gehirn brennen und Therapeuten auf Jahre hinaus beschäftigen: Wie Rudolph Moshammer darum bat, für ihn zu stimmen, damit er das Geld den Obdachlosen geben könne. Wie sich die Begleiterinnen von DJ Baloon am Ende je einen Wassereimer griffen und über sich ausschütteten, damit man einen deutlicheren Blick auf ihre Anatomie werfen konnte. Wie Joy Fleming in einer Art Komposthaufen auf die Bühne kam, einem Kleid von so unfassbarer Schrecklichkeit, dass alle Sinne minutenlang mit der Verarbeitung und Verdrängung beschäftigt waren, anstatt auf das nette Lied zu achten. Und wie Joy die Gewinnerin Michelle umarmte, wobei sich irgendetwas an Michelle in den Stoffbergen verfing, weshalb eine Minute lang ein kleines Grüppchen von Frauen auf der Bühne stand, das aneinander herumnestelte.
Über neun Millionen Menschen sahen sich das an, und die ARD, die auch nicht alle Tage eine solche Quote hat, stellte sich als gefällige Werbeplattform zur Verfügung: für die Telekom, für T-D1, für den Verlag Hoffmann und Campe, für Jeanette Biedermann und diverse Tonträger. Nur für die inzwischen sehr ansehnliche und erfolgreiche deutsche Popmusikszene, dafür warb sie nicht. Kein deutscher Soul von Ayman, kein Mainstream-Hip-Hop der 3. Generation, kein moderner Pop eines Laith Al-Deen.
Mit Michelles Wer Liebe lebt gewann zwar ein klassischer Schlager, aber wenigstens der fast einzige zeitgemäße und ordentlich produzierte Beitrag des Abends. Der ARD Grand Prix-Chef Jürgen Meier-Beer hat es geschafft, dass der Wettbewerb an Aufmerksamkeit gewonnen hat.
An Relevanz nicht.
Achja, die schöne gute alte Zeit, in der Slatko noch mein Star war.
Alles vorbei.
Schade.
Was er jetzt wohl gerade macht ?
(*seufz*)