Heute lernen wir etwas über die Kriterien professioneller Medien bei der Nachrichtenauswahl. Und über als Journalismus getarnten Lobbyismus in eigener Sache.
Vor zwei Monaten hatte die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin eine Idee, wie sich die Welle der hysterischen Berichterstattung über eine geplante iPhone-Anwendung von tagesschau.de noch weiter verlängern ließ — und sie auf ihr reiten könnte: Sie stellte eine parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission, ob sie in dieser Sache „Handlungsbedarf“ sehe.
Die Medien, von denen einige wie „Spiegel Online“ und „Bild“ ohnehin längst publizistische Kampagnen gegen die ungeliebte neue Konkurrenz im Netz führten, nahmen die Vorlage begeistert auf.
FDP bringt das „Tagesschau“-App vor EU-Kommission
Brüssel – Neuer Wirbel um das geplante „Tagesschau“-App der ARD. Auf Antrag der Vizepräsidentin des Europa-Parlaments, Silvana Koch-Mehrin (FDP), prüft jetzt die EU-Kommission, ob die umstrittene Internetanwendung fürs Handy gegen EU-Recht verstößt.
In einer Beschwerde bei EU-Kommissarin Neelie Kroes moniert Koch-Mehrin, die ARD könne einen solchen Dienst „offensichtlich nur deswegen kostenlos bereitstellen, weil sie durch obligatorische Rundfunkgebühren finanziert wird“. Dagegen müssten private Anbieter „ein solches Angebot kostenpflichtig machen“.
Aus ihrer Sicht nutze „die ARD ihr staatlich garantiertes Recht auf ein hohes Gebührenaufkommen aus, um sich gegenüber privaten Konkurrenten einen nicht gerechtfertigten Vorteil zu verschaffen“, so Koch-Mehrin. (…)
FDP bringt „Tagesschau“-App vor EU-Kommission
Brüssel/Berlin (ddp). Neuer Wirbel um die geplante «Tagesschau»-Applikation (App) der ARD. Auf Antrag der Vizepräsidentin des Europa-Parlaments, Silvana Koch-Mehrin (FDP), prüft die EU-Kommission, ob die Internetanwendung fürs Handy gegen EU-Recht verstößt, schreibt die „Bild“-Zeitung (Donnerstagausabe). (…)
dpa, 18.2.2010:
FDP kritisiert iPhone-Pläne der ARD
Brüssel (dpa) – Die FDP warnt bei einer von der ARD geplanten Anwendung für das iPhone vor Wettbewerbsverzerrungen. In einer Anfrage der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin an EU- Medienkommissarin Neelie Kroes hieß es, die ARD wolle ein kostenloses „App“ für iPhone-Nutzer zur Verfügung stellen, für das private Anbieter Kosten erheben müssten. Kroes solle klären, ob dies gegen die EU-Wettbewerbs- und Binnenmarktregeln verstoße.
„Die ARD kann dieses Angebot offensichtlich nur deswegen kostenlos bereitstellen, weil sie durch obligatorische Rundfunkgebühren finanziert wird“, hieß es zudem in einem persönlichen Schreiben Koch-Mehrins an Kroes, das am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa vorlag. Auch die „Bild“-Zeitung hatte davon berichtet.
Die EU-Kommission muss innerhalb von drei Wochen antworten, oder eine Verzögerung begründen. (…)
FDP schwärzt ARD wegen Tagesschau-App bei der EU an
Der ARD bläst in Sachen Tagesschau-App der Wind aus allen Richtungen ins Gesicht. Jetzt schaltet sich auch die Politik in die heftig umstrittene Debatte über Online-Kompetenzen der Öffentlich-Rechtlichen ein. Nach Informationen der Bild-Zeitung hat die FDP-Politikerin und Vizepräsidentin des Europaparlaments Silvana Koch-Mehrin einen Antrag bei der EU-Kommission durchgesetzt, wonach geprüft werde, ob die mobile Online-Expansion der Nachrichtensendung mit europäischem Recht vereinbar ist. (…)
FDP-Politikerin schaltet EU-Kommission ein
„Berliner Zeitung“, 19.2.2010:
Jetzt eben auch Silvana Koch-Mehrin. In der hitzigen Debatte über den Digitalisierungsdrang des gebührenfinanzierten Rundfunks hat sich gestern die Europa-Abgeordnete der FDP zu Wort gemeldet. Die Politikerin rief die EU-Kommission an, um von höchster Stelle prüfen zu lassen, ob die „Tagesschau“ mit einer eigenen Anwendung (App) auf internetfähigen Mobiltelefonen wie dem iPhone unterwegs sein darf, wie sie es von diesem Frühjahr an nach eigenem Bekunden tun will. (…)
„Tagesschau“-App fürs iPhone beschäftigt EU-Kommission
Der Streit um die geplante iPhone-Anwendung von tagesschau.de beschäftigt auch die Europäische Union. Silvana Koch-Mehrin, FDP-Abgeordnete und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, will von der Kommission prüfen lassen, ob eine Wettbewerbsverzerrung vorliegt. (…)
„RP-Online“, 21.2.2010:
(…) Verleger mit eigenen Nachrichtenangeboten im Netz warnen seit Monaten vor einer Wettbewerbsverzerrung durch einen unbeschränkt agierenden Online-Auftritt der „Tagesschau“, der sich aus Rundfunkgebühren finanziert. Mit den ARD-Vorhaben, eine kostenlose Variante von tagesschau.de speziell für das iPhone von Apple bereitzustellen, beschäftigt sich dem [„Focus“] zufolge inzwischen auch EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. (…)
„Der Spiegel“, 22.2.2010:
(…) Die bisher nur angekündigte „Tagesschau“-App beschäftigt indes auch die Politik. Die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin hat bei der EU-Kommission eine Prüfung des ARD-Angebots gefordert. (…)
(…) Währenddessen beschäftigt sich auch die EU-Kommission in Brüssel mit den Internet-Aktivitäten der „Tagesschau“. Dabei geht es um das ARD-Vorhaben, eine kostenlose Variante von tagesschau.de speziell für das iPhone von Apple bereitzustellen, einer sogenannten App. Die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin hatte in einem Brief an EU-Medienkommissarin Neelie Kroes vor Wettbewerbsverzerrung durch diese App gewarnt.
Kroes‘ Behörde hat den Fall inzwischen an den neuen EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia weitergereicht, der drei Wochen Zeit für die Prüfung hat.
(„Welt Online“ kopierte übrigens einfach die Meldung aus ihrem Schwesterblatt „Bild“ fast wörtlich und ergänzte sie um den sachdienlichen Hinweis: „Die kostenpflichtigen iphone-Apps von WELT und ‚Bild‘ sind seit ihrem Start im Dezember schon von mehr als 100.000 Nutzern gekauft und herunter geladen worden. Neueinsteiger können die WELTApp für 1,59 Euro einen Monat lang testen.“ Dazu stellte „Welt Online“ eine 16-teilige Bildergalerie mit Fotos von dem eigenen Angebot und Informationen wie: „Willkommen in der WELTApp. So haben Sie noch nie mobil gesurft.“)
Vor gut einer Woche bekam Frau Koch-Mehrin Antwort auf ihre Fragen. Sie fiel vernichtend aus. Wettbewerbskommissar Almunia schrieb ihr, dass die EU-Kommission keinen Anlass sieht, gegen die geplante App vorzugehen. Grundsätzlich sei es zulässig, mithilfe von Rundfunkgebühren neue Verbreitungsplattformen wie das iPhone zu erschließen. Ob die geplanten Dienste die Bedingungen dafür erfüllen, werde vorab im Drei-Stufen-Test geprüft, der aber „nur für tatsächlich ’neue‘ und ‚relevante‘ Dienste durchgeführt“ werden müsse. Für Beschwerden, was den Ablauf dieses Verfahrens angehe, sei die EU-Kommission nicht zuständig, erklärte der Kommissar der FDP-Politikerin. Das sei Sache der Bundesländer.
Almunias Antwort trägt das Datum vom 8. April. Eine Woche später, am vergangenen Donnerstag, veröffentlichte die ARD eine Erklärung, in der sie die „Zurückweisung“ der Anfrage Koch-Mehrins begrüße. Am selben Tag berichtete die Nachrichtenagentur epd über die Antwort der EU-Kommission und die Genugtuung der ARD.
Und so haben die oben zitierten Online- und Print-Medien, Boulevardzeitungen und Nachrichtenagenturen, Fach-Medien und Nachrichtenmagazine über diesen Ausgang der Sache berichtet, deren Anfang sie so eifrig begleiteten:
(Vollständige Übersicht.)
Es ist vor allem eine Tugend, die einem Großteil der Mainstream-Medien inzwischen abhanden gekommen ist: Wahrhaftigkeit.
Von dieser Welle der hysterischen Berichterstattung hab ich eigentlich nix mitbekommen. Kann dran liegen, daß ich alleine schon bei „Silvana“ wegschalte, -klicke, -blättere, -ducke, kann aber auch sein, daß ich von der Welle der hysterischen Berichterstattung über das neue Apple Eierdingsbums hinfortgetragen wurde. *Das* ist mir allerdings aufgefallen, daß manche Publikationen ihre Berichterstattung über das scheinbar geradezu messianisch anmutende Gerät völlig übergeigten. Fallen in China nicht genügend Reissäcke um, daß man im Staccato über einen solchen Käse berichten muß? (Okay, OT, aber beim 9. Buchstaben des Alphabets sehe ich langsam nur noch rot.)
Beeindruckend, dass Frau Dr. Koch-Mehrin ttsächlich auch den Weg nach Brüssel gefunden hat.
Aus verschiedenen Berichten ist doch immer wieder zu erfahren, dass Sie äußerst selten dort ist bzw. vielmehr recht schnell verschwindet. Aber toll, dass sie in diesem Falle eine Thematik gefunden hat. Jetzt kann sie immerhin „Arbeit“ nachweisen.
Was ist eigentlich so wild an diese I-Phone Applikation? Sie macht nichts außer den Inhalt der Webseite darzustellen, evtl. noch ein wenig für Mobilgeräte anzupassen und vielleicht noch zum Offline-Lesen zwischenzuspeichern. Weiß ja nicht wieviel Entwicklungsarbeit für die Anzeige des Logos nötig ist, aber ich würde schätzen, jemand der schonmal für I-Phone programmiert hat klöppelt sowas in (hoch geschätzt) einer Woche(?) zusammen. Und das können sich die Verlage nicht leisten, einen Informatiker für eine Woche bezahlen???
Im Grunde habe ich von dieser Seite aus betrachtet nichts dagegen, dass die ARD ihr Angebot auch auf dem iPhone verbreitet. Ich bin im Gegenteil sogar dafür. Wer Inhalte produziert, muss sie auch irgendwie an den Konsumenten bringen. Grundversorgung heißt schließlich nicht, an veralteten Übertragungsmethoden festzuhalten. Die Inhalte existieren ja ohnehin schon. Und das völlig unabhängig von der Infrastruktur, über die sie zu erreichen sind. Von daher sehe ich seitens der kritisierenden Medienlandschaft nur Scheinargumente, die ziemlich schnell als solche zu entlarven sind.
Das Problem mit der Tagesschau-App ist ein ganz anderes. Ich weiß nicht, wie das rechtlich aussieht, aber meiner Meinung nach sollten die ÖR ihr Möglichstes tun, dass die Inhalte über Geräte beliebiger Hersteller abrufbar sind. Das ZDF hat das beispielsweise vorbildlich gelöst. Auf m.zdf.de kann man wunderbar auf seinem Mobiltelefon in der Mediathek blättern und Videos ansehen.
Warum will die ARD, dass ich mit meinem Android-Telefon in die Röhre gucke? Ich zahle ebenfalls Rundfunkgebühren. Allerdings nicht dafür, dass iPhone-Nutzer unterwegs die Tagesschau sehen können und ich dafür nicht. Die App als solche ist also eine sehr schlechte Wahl. Es sei denn natürlich, man unterliegt aktuellen Hypes und muss für alles schnell mal eine App herausbringen. Falls jetzt einer von den gefürchteten Qualitätsjournalisten mitliest: Wenn ihr dagegen vorgehen wollt, wäre dies vielleicht der einzige vernünftige Grund.
Und wie gesagt hat das ZDF seine Angebote schon längst für Smartphones verfügbar. Warum ist das überhaupt kein Problem? Warum ist das Modewort „App“ so wichtig und die technischen Hintergründe und Implikationen für den Nutzer so belanglos?
Das ganze ist inzwischen doch begründetermaßen nichtmehr sonderlich wichtig.
Begründung:
:)
[…] ich muss einfach noch schnell den Stefan Niggemeier verlinken, wie er über die eigentümliche Berichtsfreudigkeit der Bestempler toter Bäume herzieht…. Es ist einfach nur eine göttliche Dokumentation des Wahnsinns, genau das, was man einem […]
Die ARD wäre gut beraten ihre iPhone App einzustellen und so Frieden mit den Zeitungsverlagen zu schliessen.
Denn mit einer iPad-exklusiven App kann sie ihre Texte und Filmbeiträge wesentlich effektvoller ausgestalten, was die Zeitungsverlage nicht beherrschen.
Die iPhone Gucklöcher kann man mit einem angepassten Webauftritt bedienen.
Wobei die viel größere Ohrfeige in dieser Geschichte ja eher an Frau Koch-Mehrin geht. Das die EU-Komission schlicht für sowas nicht zuständig ist, hätte einem als Europapolitiker eigentlich irgendwie schon vorher klar sein können. Wenn man denn (siehe #3) überhaupt in Brüssel oder Strasbourg rumfällt.
Ich halte es für sehr wichtig, dass die ARD ihre Nachrichten online verbreitet. Im Ausland sehen sich das mehr Menschen an, als man glaubt, und verglichen mit den Nachrichten in anderen Ländern, sind das sehr gute Sendungen. Dagegen kenne ich niemand, der sich die Deutsche Welle ansieht.
Früher gab es wirklich mal eine Zeit, in der Verleger sich nicht ins Tagesschäft der Redaktion hineindrängten. Heute scheint das inzwischen normal (wie wir Kölner Zeitungsleser es ja immer wieder lesen müssen).
Früher hätten sich leitende Redakteure dagegen verwahrt, Geschäftsinteressen des Verlegers publizistisch zu unterstützen. Heute scheint das zu den Basics eines beruflichen Aufstiegs zu gehören.
[…] Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten (Stefan Niggemeier) – Stefan Niggemeier zeigt am Beispiel der Hysterie über die Tagesschau-App für das iPhone und die Berichterstattung dazu, wie Medien bei der Auswahl ihrer Geschichten selektieren. […]
Ich verstehe den ganzen Wirbel um die Tagesschau-App nicht. Was macht es für mich einen Unterschied, ob ich die App nutze oder über ein Bookmark die mobile Seite aufrufe? Ich habe hier ebenfalls Zugriff auf Nachrichten, Videos, etc. So wie übrigens auch bei der privaten Konkurrenz.
[…] Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten […]
Ich finde, der vollständigen Übersicht hätten Sie ruhig noch ein wenig mehr Platz einräumen können. Sie geht fast ein bisschen unter.
@3/Stefan
Naja, sie wurde gewählt, und das trotz Vorwürfen, die bei anderen Politikern eine Welle der Empörung hervorgerufen hätten. So blieben nur ein paar Blogs (hier), ein FAZ-Artikel hier und NDR-„Zapp“.
So so, Helen, Nachrichten in anderen Ländern sind generell schlechter als ARD? Wieviele Länder gibt es denn auf der Welt? Alle haben schlechte Nachrichten? Seltsam …
Und wenn es so wäre … Rundfunkgebühren für die ARD bezahlen nur die Anschlussinhaber in Deutschland. Sollen diese Fernsehbesitzer die Weltversorgung mit „guten“ ARD-Nachrichten finanzieren?
Müsste es im drittletzten Absatz nicht iPhone statt iPod heißen. Ich als Apple-Feind weiß nich ob’s für den iPod überhaupt Apps gibt.
@hexagrammaton: Ja. Danke!
Einfach Danke für dieses hervorragende Beispiel. Schlimm ist besonders, dass offenbar viele (Chef-)Redakteure gar nicht mehr merken, dass sie bei gezielten Manipulationen aktiv beteiligt sind.
@Nils
„jemand der schonmal für I-Phone programmiert hat“ haben Sie aber nicht in ihrer Entwicklungsabteilung. Die Schulungen dafür sind ebenso rar wie teuer, teurer als vergleichbare Fortbildungen. Das heißt, die Apps werden bei Agenturen eingekauft, die darin schon Erfahrung haben. Und ich kann Ihnen versichern, bei der derzeitigen Nachfrage kostet das „ein bißchen“ mehr als eine Entwicklerwoche.
Aber darum geht es in diesem Streit ja nicht, die Verlage wollen mit Apps nun endlich Geld verdienen und nicht wieder von den ÖR gestört werden. (Natürlich kann man sich mal ein Netz ohne ÖR-Angebote vorstellen – würden die Onlineableger der Zeitungen dann mehr verdienen? Wohl nicht.)
Mich als Entwickler nervt was ganz anderes daran: Daß wir mit dem Beinahe-Erreichen der Plattformunabhängigkeit im Netz (die ich als Freiheit begreife) nun wieder anfangen, für einzelne Geräte zu entwickeln, erst das iPhone, dann Android-Geräte und wer weiß, was noch kommt.
@treets
Ich glaube nicht, daß die Verleger und Herausgeber direkt Einfluß auf Artikel nehmen, die zu diesem Thema erscheinen, allerdings wirkt die Öffentlichkeitsarbeit der Verlage auch nach innen. Jeder Redakteur spürt Kostendruck und sieht vielleicht selbst einen Heilsbringer in den Apps.
Ich glaube nicht an die Rettung des Onlinejournalismus durch kostenpflichtige Apps, vielleicht bin ich nicht visionär genug.
Das ist nicht nur eine Sache der beteiligten Medien – der Vorgang gleicht geradezu idealtypisch der üblichen FDP-‚Politik‘: Erst mit unrealistischen Vorschlägen und mit Hilfe interessenverwandter Lautsprecher in Verlagsetagen und Öchspertentürmen einen möglichst maximalen Medialsturm aufzuwirbeln – um nach der absehbaren Niederlage, dann, wenn sich der Staub wieder gelegt hat, die wunden Tatzen zu lutschen und in brütendes Schweigen zu verfallen. Bis zum nächsten inszenierten Aufreger …
Vielleicht ginge es den privaten Medien besser, würden sie mehr für Leser interessante Themen beleuchten, anstatt sich in ihren Ausgaben mit ihren eigenen Interessen zu beschäftigen.
@9
Das darf man Koch-Mehrin ja nun wirklich nicht vorwerfen. Schließlich ist sie ja nur Teilzeitabgeordnete. Da kann man nun wirklich nicht erwarten das sie sich mit allen Dingen der EU auskennt.
Gut das es mittlerweile Blogs wie dieses hier gibt. Danke für deine Arbeit, Stefan.
Durch kriegsähnliche Zustände im „Medienkrieg“ werden halt „Journalisten“ zu Kriegsberichterstattern. Und im „embedded journalism“ entscheidet der Kriegsherr (oder die Kriegsfrau), was
berichtet wird. Verlustmeldungen sind nicht vorgesehen.
Und zum Schmunzeln:
„ Meedia”, 18.2.2010: Der ARD bläst in Sachen Tagesschau-App der Wind aus allen Richtungen ins Gesicht…“
ööh ja. me edia
Ich kann mich nur immer wiederholen:
80.000.000 Deutsche : 800.000 iPhones (iphonemeter.com) = 100
Die Ausführlichkeit, wie über Anwendungen für 1 einziges Handy-Modell diskutiert wird, ist einfach nicht nachvollziehbar. Wahrscheinlich ist für die traditionellen Medien alles, was mit Apple zu tun hat, kriegsentscheidend für den Fortlauf der Weltgeschichte (oder ihrer eigenen bedauerlichen Geschichte).
Ich sehe in der ganzen Sache keine Beteiligung einer Politikerin, denn Frau Koch-Mehrins korrekte Tätigkeitsbeschreibung lautet „Polit-Model“.
@pyrrhussieg (#27)
Zwar nur 1%, aber in der in bestimmten Kreisen, Medienschaffenden beispielsweise, die gefühlte Mehrheit.
Halten wir fest: Über Koch-Mehrins parlamentarische Anfrage berichteten nicht nur die sogenannten FDP-nahen Medien, sie kam nur gerade recht und selbst SpOn berichtet ausnahmsweise in positiver Weise. Die Antwort war unbequem und da schweigt man lieber. Man muss das liberal sehen: Es gibt keine journalistische Berichterstattungspflicht. Wie heißt es z.B. in den AGB von focus.de? „Darüber hinaus steht die TOMORROW FOCUS Portal GmbH für die Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität der Inhalte nicht ein.“ Da haben wir’s!
Bliebe noch die Frage,
werwas Frau Koch-Mehrin zu dieser Anfrage veranlasst hat, und was sie selbst dazu zu sagen hat.Und da soll es doch tatsächlich „Qualitätsmedien“ geben, die Bloggern Selbstreferenzialität und ein egozentrisches Weltbild vorwerfen. Dabei biegen sich doch gerade die Print-Buben und ihre Online-Ableger die Welt nach ihrem Bild zurecht.
die Kollegin tritt zwischen den Flügen sogar in Call.In.Shows auf
http://vossyline.blogspot.com/2009/06/wahl-in-tv-4_7972.html
Stefan, nur der Vollständigkeit halber: Der ARD war die Anfrage von Frau Koch-Mehrin zur Tagesschau-App der ARD – die in der privaten Presse zu dem von Dir oben beschriebenen hysterischen Echo führte – übrigens ebenfalls keine Zeile wert:
http://is.gd/byiBh
Erst die für die ARD erfreuliche Zurückweisung der Anfrage führte zu der obengenannten Erwähnung. Das zeigt, die ARD hielt die Anfrage offenbar ebenfalls für wichtig genug – aber nur, da sie für sie zufriedenstellend ausfiel.
Als Journalismus getarnter Lobbyismus in eigener Sache? Als ob das die Ausnahme sei.
@34 (sapere aude): In welcher Kategorie befindet sich der neue Artikel? „intern“. Von daher ist der Lobbyismus wenigstens nicht als Journalismus getarnt, sondern offen als solcher gekennzeichnet.
Dass die Beschwerde nicht in Vollzeit von der ARD begleitet wurde, hatte möglicherweise rechtliche Gründe – „keine Aussage zu laufenden Verfahren“ und so. Nun ists vorbei, nun kann man sich dazu äußern.
Ist die Frage, ob diese ARD Meldung gekommen wäre, wenn das Indianergeheul der sonstigen Journallie weniger laut gewesen wäre.
@31/nona
Frau K.-M. ist eine Ideologin in Sachen ÖR Medien.
Habe gerade doch noch einen Link gefunden, der sich dem Thema am Ende widmet.
…
Nein halt doch nicht. Das war nur ein Video von niedlichen Katzenbabies. Hab ich verwechselt.
Also müsste ich mir eine Hardware der Firma Apple kaufen, wenn ich in den Genuss dieser proprietären Tagesschau-App kommen will.
Eine solche Gerätebindung ist in jedem Fall ein wettbewerbsrechtliches Thema. Das hier ist eine Gebührensubvention eines privatwirtschaftlichen Unternehmens beim Abverkauf seiner Produkte. Der EU-Kommissar sieht seine Behörde in diesem Fall lediglich nicht zuständig.
Schade, dass in diesem Artikel nur auf die Berichterstattung und weniger auf den Gegenstand abgelegt wird.
@ SN: Lief nicht über die Agentur – trat nicht in das Blickfeld des Mantelredakteurs. Auch, wenn Sie nicht gern über die FAZ schreiben – dass es dort auch vorbeigegangen ist, will ich nicht hoffen!??
@ 34: Nach Relevanz gewichtet. Damit fiel die Originalmeldung bereits durch. Wie man Stand heute sieht: richtige Entschidung.
@27 – pyrrhussieg
Das war übrigens auch mein erste Gedanke, ist irgendwie schon bemerkenswert was die meisten Medien so an freiwilliger und unfreiwilliger Cross-Promotion für das Iphone liefern. Das Ding ist übrigens omipräsent.
@38
tagesschau.de lässt sich über jedes internetfähige handy und auch smartphone wunderbar in mobiler ansicht betrachten und ich denke kaum, dass man die ARD zwingen kann, für jedes Handy was Apps unterstützt ein eigenes App entwickeln zu müssen.
Vielleicht bin ich ja mittlerweile einfach schon abgestumpft, aber die (gegenseitige) (Nicht-) Berichterstattung empfinde ich eigentlich als „normal“. Ob das gut ist steht auf einem anderen Blatt …
Zum Thema Apple, iPhone, Apps:
1. Ich denke mal auch bei der Tagesschau bietet sich ein ähnliches Bild wie auf anderen Seiten (zumindest bei den Seiten bei denen ich Einblick in das Tracking habe ist das so …): bei den Zugriffen von mobilen Endgeräten liegt wahrscheinlich das iPhone (und der iPod Touch) weit vorne. Auch wenn (ebenfalls durch einen gewissen Hype) versucht wird, Android-Handys zu positionieren – derzeit findet das im Web einfach noch nicht in ausreichendem Maße statt. Daher ist die Erstellung einer App für das dominierende Gerät meiner Meinung nach statthaft.
2. Es ist niemand gezwungen sich ein entsprechendes Endgerät zu kaufen. Man muss dann aber auch nicht meckern, wenn man evtl. manche Angebote nicht nutzen kann. Mir ist z.B. nicht bekannt, dass sich alle Menschen ohne Kinder in diesem Maße darüber aufregen, dass öffentliche Gelder für den Bau von Kindergärten/Spielplätzen/etc. verwendet werden.
3. Eine native App bietet auf einem Client immer mehr Möglichkeiten als nur eine reine Webview. Auch deshalb sind Apps sinnvoll. Warum sollte man sich hier durch plattformunabhängige Lösungen einschränken lassen?
@ron (#41)
Wer für i* entwickelt, unterwirft sich einer inhaltlichen Kontrollinstanz. Wenn das kein hinreichender Grund für eine Boykott ist, dann versteh ich was nicht.
@nocheinjurist: Die FAZ hat am Samstag unter der Überschrift „Auf Wiedervorlage / EU behält ‚Tagesschau‘-App im Blick“ eine Meldung gebracht. Sie hat bei Koch-Mehrin nachgefragt, wie sie die Antwort der Kommission einschätzt. Koch-Mehrin betont, dass der EU-Kommissar schrieb, man gedenke „vorerst“ nicht, „zu diesem Zeitpunkt“ tätig zu werden. Die FDP-Politikerin sagt, die Kommission habe das Thema „eindeutig auf Wiedervorlage“.
Aber mal zurück auf die Meta-Ebene: Die FAZ hat – anders als die oben zitierten Medien – über die Anfrage selbst damals gar nicht berichtet. Ich hätte es eine legitime Entscheidung gefunden, das Thema insgesamt nicht zu behandeln. Aber wer damals ein großes Fass aufgemacht hat, muss es auch wieder zumachen, finde ich. Darum ging es mir in diesem Eintrag.
@ Ron: FInde ich auch kein Problem. Aber warum bezahlen die, die dran Interesse haben, die Apps nicht? Habe kein IPhone, zahle aber trotzdem per Gebühr für die Apps-Entwicklung. Der Vergleich mit den Kindergärten ist schief, weil Sie dafür keine monatliche Gebühr zahlen. Wenn Sie es vergleichen wollten, nähmen Sie einfach an, Sie zahlten eine monatliche Zwangs-Bildungsgebühr. Sie können die Angebote dann auch gern nutzen( evtl. auch VHS), je nachdem, ob Kapazitäten frei sind oder sie in der entsprechenden Altersklasse sind :)
OT off
@44/nocheinjurist
Der Vergleich mit den Kindergärten ist schief, weil Sie dafür keine monatliche Gebühr zahlen.
Diese „Gebühren“ heissen Steuern. Schon mal gehört?
[…] » Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten […]
Also ich zahle. Sowohl Steuern, als auch Kindergartengebühren.
Für alle Nicht-Eltern: Die Kindergartengebühr für meinen Sohn war Mitte der neunziger Jahre 500 Mark monatlich; inzwischen wird das sicher mehr sein.
Danke für die vollständige Übersicht. Man kann sich daran prima orientieren und sehen, wo man unabhängigen Journalismus fern jeder Kampagne geliefert bekommt.
@ Klaus
Kommt ganz auf die Kommune an. Die liegen heutzutage zwischen 400€ und 0€. Bei dem 0€ Projekt (z.B. in Düsseldorf) Stimmt schon der Vergleich. Jedoch möchte ich an dieser Stelle mal kurz die ethische Dimension ansprechen: Kinder versus Apps? Ich finde, dass jeder für die Nachkommen alles mögliche tun sollte, egal ob man sich nun am Reproduktionsprozess aktiv beteiligt oder nicht.
Vielleicht sollte wir hier mal einen Gang runter schalten und uns auf die Hauptaussage wieder konzentrieren. Die FDP macht schlechte Stimmung gegen die ARD, viele berichten zu Anfang, wollen aber den Ausgang nicht erzählen. Und schon wieder bleibt für vielen nur ein fader Geschmack bei dem Gedanken an das ÖR-Fernsehen. Wen wundert es wirklich, dass die GEZ-Zahler immer weniger werden und die ARD als „unsexy“ von vielen empfunden wird?
@ Jo (#50)
„Kinder versus Apps?“ ist schon arg runtergebrochen und entspricht nicht der Intention meines Vergleichs.
pah, über die Verwendung der Gebühren dürfen die, die sie bezahlen ja sowieso nicht mit entscheiden. Dann doch lieber Apps fürs iPhone als Musikantenstadl und Riverboat, wenn ihr mich fragt….^^
Die Frage ist doch am Ende ob man öffentlich rechtliche Medien will. Das Internet ist eine wunderbare Gelegenheit den öffentlichen Rundfunk langsam sterben zu lassen. Und nein, das meine ich nicht sarkastisch.
Wieso ist das Internet ein Grund, die öffentlich-rechtlichen Medien sterben zu lassen? Es ist doch wohl egal, in welchem Medium ich mich von den privaten Anbietern nicht verarschen lassen will. Gerade dieser Artikel zeigt doch mal wieder sehr eindringlich, dass diese vielmehr eigene Interessen verfolgen als eine objektive Berichterstattung zu gewährleisten. Es spielt für die Notwendigkeit eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks keine Rolle, ob die private Konkurrenz im Fernsehen, im Printbereich oder im Netz ihrer Aufgabe nicht nachkommt.
@Johannes:
„Langsam sterben lassen.“ Das ist nicht sarkastisch, das ist sadistisch.
@polyphem
Wieso sadistisch? Das ist doch höchstens ein wenig naseweis.
53, Johannes:
„Das Internet“ ist ja zunächst nichts weiter als eine Backform. Die Inhalte kommen nicht von selbst. Und ob es ohne Öffentlich-Rechtliche eine Vielfalt an Kuchen geben wird, möchte ich bezweifeln.
Was kommt denn da nach „begleiteten:“? Bei mir folgt darunter ein schönes, weißes Nichts. Ist das so gedacht?
Ok, Witz verstanden. Es ist noch zu früh für mich und vor dem ersten Kaffee. Kommentare dürfen gelöscht werden. ;)
Hihi, ich hab es auch erst beim zweiten Mal verstanden. Ich hatte den Text in der Nacht nach der Arbeit gelesen und mich gewundert. :D
[…] es gemeinsam schaffen, uns nicht zu informieren, zeigt der stets lesenswerte Stefan Niggemeier heute am Beispiel der “hysterischen Berichterstattung” über die geplante iPhone-Anwendung […]
[…] (via) Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in 1. Politik und Wirtschaft und getagged ARD, ARD-iPhone-App, EU, EU-Kommission, Europa, FDP, iPhone, Silvana Koch-Mehrin. Bookmarken: Permanent-Link. Kommentieren oder ein Trackback hinterlassen: Trackback-URL. « Wo bleibt der Stolz auf 11 Jahre SPD-Regierung? […]
@sheldon/#5: there you go:
http://mobil.tagesschau.de/
;)
inwieweit das vorbildlich ist weiß ich nicht, aber im prinzip dasselbe wie beim zdf in grün (bzw. blau). die app wird halt mehr klicki-bunti sein.
[…] die ARD begrüßte die Zurückweisung. Was aus der Hetzkampagne der anderen Medien wurde, ist bei Stefan Niggemeier nachzulesen… var flattr_wp_ver = '0.4'; var flattr_uid = '311'; var flattr_cat = 'text'; […]
[…] wenn ich dann andererseits mitkriege, was für Kampagnen ihr fahrt, weil ihr ja schon echt arm dran seid, kriege ich das ganz große Gruseln. Wenn ihr dann […]
Ehrlichgesagt verstehe ich gar nicht weswegen es im linken, oder sagen wir rot/grünen, Spektrum so viele Menschen gibt welche die öffentlich rechtlichen im allgemeinen und die Tagesschau mit ihrer IPhone App so sehr verteidigen.
Als Linker oder Grüner müßte man doch zuersteinmal gegen Apple sein, so ein Moloch von einem Konzern. Schlimmer als Microsoft in seinen besten Zeiten. Dann gegen das IPhone, dieses Stück Sondermüll, das von Quasisklaven in China unter unwürdigen Bedingungen produziert wird.
Und natürlich gegen die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten, die ja gar nicht unabhängig berichten können, denn sie sind ja abhängig von den jeweiligen Parteien und Interessenverbänden Gremien und ich weiß nicht was. Die müssen doch auf alles und jeden Rücksicht nehmen. Offene, kritische Berichterstattung: Fehlanzeige.
Aber nein, als rot/grüner ist man ganz begeistert von staatlichen Medien, und von Apple und dem IPhone sowieso.
[…] → 10:18 Uhr Endlich auch mal gute Nachrichten. […]
[…] haben wollen. Zugleich setzen sie ihnen von Rechtschreibfehlern über lausige Recherche bis Kampagnenjournalismus alles vor, was sie im Ärmel haben, um ihre eigenen Sonntagsreden Lügen zu strafen. Und dann […]