Haselhörnchen

Flauschiges Frotteefell hin oder her – langsam müsste man diesem Haselhörnchen doch ein paar kritische Fragen stellen. Nach sieben Jahren, in denen es gute schlechte Witze im Kinderprogramm von Super-RTL machte, bekommt es endlich eine Show, die sogar seinen Namen trägt, aber was ist das? Keine große Gala. Keine Showtreppe. Vorerst nur acht Folgen von elf Minuten Länge. Wenn sich die Karriere in diesem Tempo weiterentwickelt, wird es ein sehr graues Haselhorn sein, bis es endlich „Wetten, dass . . .?“ moderieren darf.

Immerhin gibt es ab heute so etwas wie eine Mini-Sitcom mit dem frechen orangenen Muppet und seinem Freund, dem sympathisch farb- und freudlosen Jammerlappen, der bei ihm in der Abstellkammer lebt. Es sind Geschichten, die für Kinder gemacht sind, aber auch von kindgebliebenen Erwachsenen geliebt werden können, manchmal ein bisschen harmlos, aber voller Lust am schönen Detail. In der ersten Folge geht es darum, dass der Jammerlappen gerne ein Haustier hätte wie alle anderen – sogar diese komische Hexe aus der Nachbarschaft hat eine Schlange, mit der sie in den Supermarkt geht, um ihr die, genau: langen Schlangen zu zeigen. Das Zusammenleben mit Riesenmonsterhund Struppili gestaltet sich aber schwierig, und so landet der Jammerlappen bei Mutter Haselhörnchen, die ihn mit einem Putzlumpen verwechselt – Sie merken schon: große Dramen spielen sich ab.

Hinter und in der erstaunlichen Vielzahl von Puppen steckt Martin Reinl, der auch dem Hund Wiwaldi bei „Zimmer frei“ Fell, Hand und Stimme gibt. Ganz so anarchisch ist das Haselhörnchen nicht, aber Claude Schmit, der Geschäftsführer von Super-RTL, sagt, es habe eine „extrem hohe Akzeptanz bei den erwachsenen Zuschauern und bei Leuten, die nicht viel Fernsehen gucken“ – nicht zuletzt bei den Leuten aus den Werbeagenturen. Schmit: „Wir fangen keine Kundengespräche mehr an, ohne dass wir den Jammerlappen auf den Tisch legen.“ Vielleicht war es, nicht nur angesichts der gesamtgesellschaftlichen Lage, ein Fehler, das Haselhörnchen mit seiner dauerguten Laune („Toll!“) in den Mittelpunkt zu rücken. Der Jammerlappen hätte bei konsequenter Förderung sicher längst schon seine Late-Night-Show.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

2 Replies to “Haselhörnchen”

  1. Sehr passend: mit die beste Sendung im deutschsprachigen TV, ein sehr lustiger Artikel, und keiner sagt was dazu. Schäm Dich, Deutsche Land!

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