Uschi Glas

Sie hat Arschloch gesagt. Uschi Glas hat Arschloch gesagt. Ganz oft. Gut, das stimmt nicht, sie hat es nur einmal gesagt, aber das ZDF hat es immer wieder gezeigt. Und ein Sprecher erklärte aus dem Off: „Uschi Glas – charmant wie immer, überraschend wie nie.“ Fast wirkte es, als wolle das ZDF seine neue Serie „Zur Sache, Lena“ verkaufen als „Die Serie, in der Uschi Glas Arschloch sagt“.

Hat sie dann ja auch. War aber ein bisschen enttäuschend.

Es war kein Wutausbruch, kein plötzliches Aufbrechen der Emotionen, bei dem man vor dem Fernseher sitzt und mitgeht und innerlich „Yessss!“ sagt oder etwas Ähnliches. Sie ist nicht einmal aus ihrer Rolle gefallen. Im Gegenteil: Sie ist Uschi Glas geblieben. Die Lena sah aus wie Uschi Glas, die etwas sagt, von dem sie weiß, dass die Leute es nicht von ihr erwarten: ein bisschen angestrengt, konzentriert und sehr geplant.

Und so sind die Zeiten dann auch nicht mehr und das Verhältnis der Nation zu Uschi Glas, dass das schon reichen würde, uns zu schocken. (Nur die „Bild“ konnte es nicht fassen, dass die Lena sich in einer Szene übergibt, und schrieb darüber mit unfreiwilliger Komik: „Uschi Glas bricht mit ihrer Vergangenheit.“) Aber wie schön wäre das wirklich gewesen: Eine Serie mit einer unbekannten, ganz anderen Uschi Glas. Die Chance wäre da – gerade (so uncharmant das klingen mag) in ihrem Alter jetzt. Eine fiese ältere Frau könnte sie spielen, die ihren Charme skrupellos einsetzt. Sie könnte gerissen sein statt patent, böse statt gutherzig, verrückt statt vernünftig. Aber richtig verrückt, nicht so Heute-nehm-ich-mir-den-Vormittag-mal-frei-verrückt.

Das wäre auch deshalb wichtig, weil es inzwischen eines ziemlichen Kraftaktes bedarf, in das Gesicht von Uschi Glas zu schauen und dort die Rolle zu sehen und nicht die Frau, die von ihrem Mann auf besonders demütigende und öffentliche Weise verlassen wurde, oder die Frau, die im Home-Shopping-Sender steht und vor Gericht für den guten Ruf ihrer Faltencreme kämpft.

Aber das war wohl nicht gewollt. Es sollte alles sein wie immer. Nur schlechter. Beeindruckend ungelenk wird die Geschichte etabliert. Obwohl ohnehin jeder weiß, was als Nächstes passiert, und die Figuren aufs Karikaturenhafteste gezeichnet sind, wurden sicherheitshalber überall große virtuelle Hinweisschilder in die Gegend gestellt. Und die Schauspieler scheinen sich dem Holzschnittcharakter des Ganzen aufopferungsvoll unterworfen zu haben. Irgendwann fiel mir nämlich ein, woran mich ihre Gestik und Mimik erinnerte: die Augsburger Puppenkiste.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Die erste Folge von „Zur Sache, Lena“ in der ZDF-Mediathek

16 Replies to “Uschi Glas”

  1. Uschi Glas böse und fies. Das wäre, als würde Lassie den Hund von Baskerville spielen. Den Spruch habe ich mal sinngemäß über Witta Pohl (??) gelesen. Ich finde, er passt hier auch.

  2. Wenn ich „Uschi Glas“ höre, muss ich immer an Creme-Töpfchen denken; dann an diese vornehm-bayerische Art. Ist Uschi Glas ein Kult-Typ? Tut mir leid, ich kann die Dame nicht ernst nehmen. Und zum Posting hab´ ich auch gar nichts gesagt, sorry…

    (Herr Niggemeier, Ihren Blog finde ich irgendwie ganz originell, habe mir den schon öfters angeguckt. Die Bild-Zeitung habe ich mir aber noch nie gekauft, sorry…)

  3. Danke für den Tipp. Ich finde die Kommentare hier allerdings etwas knapp bemessen, obwohl sich der Blogbetreiber recht viel Mühe gibt (Gegenbeispiel z.B. Meckel-Blog).

  4. „… bricht mir ihrer Vergangenheit.“ *haha*

    Hier würde ich der „Bild“ mal freiwillige Komik unterstellen.

  5. Danke, ich versuch´ mal beim kommenden Posting mitzumachen, wenn das nicht zu viel mit Fernsehen zu tun hat. Ich gucke nämlich kaum…

  6. Herr Niggemeier, das muss sich die Augsburger Puppenkiste aber nicht gefallen lassen. Hoffentlich flattern ihnen schon die ersten Abmahnungen ins Haus.

  7. och, jbk wusste das anscheinend schon vorher und hält herrn niggemeier für einen heimlichen freund der sendung. ahja.
    und ich hab’s auch noch angeschaut…

  8. Herr Niggemeier,

    ich bewundere Sie! Sehen, lesen, hören Sie sich das alles wirklich an, worüber Sie in Ihrem Blog(s) schreiben? Dieter Bohlen, Uschi Glas, Thomas Hornauer, n-tv, täglich Bild…

    Wie halten Sie das aus?

    Und neben aller Ironie ist diese Frage durchaus auch ernst gemeint. Wie erhalten Sie Ihre geistige Gesundheit? Da braucht der Mensch doch dringend einen gesundend wirkenden Ausgleich. Welcher Art ist der, wenn doch angesichts dieser wirklich deprimierenden Fülle kaum Zeit verbleibt? Mein Hirn sorgt durch einen geheimnisvollen Mechanismus immer dafür, daß mich, z.B. nach 10 Minuten RTL, ein derart ausgeprägtes physisches Unbehagen befällt, daß ich nicht länger durchhalte. Ist damit die Auslöschung meiner genetischen Linie besiegelt? Oder haben Sie das auch, aber im Unterschied zu mir den Abschalt-Knopf gefunden?

    Wo ist er?

    Damit ich (und womöglich noch der eine ader andere) in diesen so modernen Zeiten weiter bestehen können, ist es zuviel der Bitte, wenn Sie das Rezept weiterleiten?

    Hochachtungsvoll

    Ihr

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