Der Doping-Skandal-Skandal

Um gleich mit der Kritik anzufangen: Eigentlich steige ich bei Artikeln, die als Synonym für ARD oder ZDF Begriffe wie „zwangsgebührenfinanzierter Kuschelsender“ benutzen, gleich wieder aus.

In diesem Fall wäre das ein Fehler, denn der Text, der folgt, ist unbedingt lesenswert. Jens Weinreich, Sportchef der „Berliner Zeitung“ und herausragender kritischer Sportjournalist, hat in seinem Blog über den vermeintlichen Doping-Skandal im Biathlon geschrieben, der dann zum vermeintlichen ARD-Skandal wurde. Überhaupt sehen ungefähr alle in der Geschichte schlecht aus: die kritischen Journalisten, die als Journalisten verkleideten Fans, die ARD, der lustige Michael Antwerpes, die „Tagesschau“, die Nachrichtenagenturen dpa und sid — und Weinreich schont niemanden.

Im Sport kenne ich mich wenig aus, aber vieles, was Weinreich formuliert, geht weit über das Thema Doping und die Besonderheiten des Sportjournalismus hinaus und betrifft grundsätzliche journalistische Untugenden:

(…) Wer nicht dokumentieren kann, dass angeblich Dutzende deutsche Wintersportler zu den Kunden einer Wiener Blutbank zählen, der sollte daraus keine Exklusivmeldung basteln, sondern einfach mal schweigen — und weiter recherchieren. (…)

Eine absolute Unsitte im deutschen Journalismus sind die so genannten Vorabmeldungen. Täglich werden die Nachrichtenagenturen mit einem Wust an exklusiven Nichtigkeiten belästigt. Was davon ausnahmsweise exklusiv, was aber nur nichtig ist, können Agenturjournalisten oft nicht unterscheiden. Zum Gegencheck fehlt meistens die Zeit, oft auch der Wille – und überhaupt das Verständnis. Hinzu kommen handwerkliche Mängel. (…)

Kaum einer der Betroffenen, am ehesten noch die Deutsche Presse-Agentur (dpa), hatte die Größe, seine Fehler zu dokumentieren. Dabei handelt es sich hier um eine ganze Fehlerkette. Anders gesagt: Das System ist der Fehler.

Dieses komplexe Beispiel korrespondiert übrigens sehr schön mit meiner These, dass sich die herkömmlichen Medien, die doch stets behaupten, Qualitätsjournalismus gepachtet zu haben, auf Dauer überflüssig machen, wenn sie weiter so mit ihren Kunden umgehen. (…)

Lesen! Und bookmarken: jensweinreich.de

15 Replies to “Der Doping-Skandal-Skandal”

  1. Ist sicher alles ganz wichtig.
    Aber leider geht mir „Sport“ sowas am Arsch vobei… Sogar mein Sohn sagt: Sport ist… Na, man kennt das.

  2. Toll, wieso kommentieren Sie dann hier überhaupt? Wenns Ihnen am Arsch vorbei geht, lesen Sie bitte woanders weiter, gibt doch noch viele andere interessante Einträge hier, ohne Sport. Man muss nicht zwangsweise überall seine Buchstaben hinwichsen, wenn ich das mal so salopp schreiben darf.

  3. um es zu präzisieren: beide links funktionieren nicht.

    Und da ich den Artikel gerne in Gänze lesen würde – vielleicht linkt Stefan noch einmal korrekt durch – wär fein…

    Grüße

  4. Betreffend den letzten zitierten Absatz. Das gilt allerdings umgekehrt genauso. Wenn die Blogsphere sich nicht ernsthaft damit auseinandersetzt den Qualitätsstandard zu erhöhen, wird sie auch in Zukunft mit den gleichen Vorurteilen zu kämpfen haben wie jetzt.

  5. @13:
    „Wenn die Blogsphere sich nicht ernsthaft damit auseinandersetzt den Qualitätsstandard zu erhöhen“

    Vielleicht sollte man auch mal daran denken, das viele Blogs privat betrieben werden, keinem Codex, Gesetz oder einer Organisation unterliegen und vor allem selten Geld damit verdient wird. Warum sollten die den Kriterien des Qualitätsjournalismus gerecht werden, wenn es nicht mal die „richtigen“ Journalisten können? Zu Zeiten von HTML-Homepages gab es übrigens auch schon viele private Nachrichtenportale. Warum hat es da niemanden gestört? Ich glaube da fürchtet jemand um seine Position…

    Natürlich gibt es sehr professionelles Blogs und welche, die dem weniger entsprechen. Was können die Blogger dafür, das viele Leute zu blöd sind das zu unterscheiden? – Ist halt schlecht, wenn man einfach nur vorgefertigte Nachrichten zu einem Thema konsumieren will und sich plötzlich doch tatsächlich mal damit beschäftigen muss. Da muss man ja mal nachdenken und von der Playstation aufschauen. Das geht ja gar nicht…

    Im Übrigen macht es einen schlecht recherchierten oder geschriebenen, bzw. rassistischen, dummen, blasphemischen oder wie auch immer gearteten Artikel nicht besser, nur weil er in einer „seriösen“ Zeitung erscheint. Auch wenn sie sich gerne den Anschein geben. Bei den Blogs weiß man wenigstens von vorneherein, dass sie sich gar nicht erst um Objektivität bemühen.

    Wie definiert sich eigentlich der von die angeführte „Qualitätsstandard“? Und wer legt fest, was dazu gehört? Du?

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