Sport1 interschuht Philipp Lahm

Und dann war da noch „Deutschlands größtes Sportportal“ Sport1.de, das ein Exklusiv-Interview mit Philip Lahm geführt hat, in dem er u.a. über seine Erwartungen an Jürgen Klinsmann und die Ziele für die Rückrunde plaudert. Das Gespräch nimmt kurz vor Schluss eine überraschende Wendung:

Der Link führt, natürlich, hierhin. Autor Michael Gerhäußer ist übrigens aus unerklärlichen Gründen Mitglied im Verein Münchner Sportjournalisten.

[Mit Dank an Robin Heintze!]

Nachtrag, 22.00 Uhr. Nicht dass jemand denkt, das wäre Schleichwerbung. Wir befinden uns mit diesem Sport1-Artikel „an der Nahtstelle zwischen gutem Sport-Journalismus und intelligentem Marketing“.

[via dogfood in den Kommentaren]

Nachtrag, 27. Januar. Das Interview ist spurlos verschwunden.

40 Replies to “Sport1 interschuht Philipp Lahm”

  1. Sport“journalismus“ eben. Was soll man da groß erwarten? Bis auf einige wenige lobenswerte Ausnahmen hat die Berichterstattung über Sportveranstaltungen mit Journalismus einfach nichts mehr zu tun, siehe Waldi „auf dem Balkon“ Hartmann und Rolf „alle in einem Boot“ Töpperwien als besonders illustrative Zeitgenossen. Bei solch allgemeiner Distanzlosigkeit ist das Einfügen von Werbung in redaktionelle Inhalte doch eigentlich nur folgerichtig, oder?

  2. Das sieht für mich nach schlichter Schleichwerbung aus. Ich verstehe nicht ganz, was der Hinweis zur Mitgliedschaft des Autors im VMS meint. Geht es Stefan darum, dass sich der Autor als „echter“ Sportjournalist nicht an den Verhaltenskodex hält, oder hat der VMS etwas mit Adidas zu tun?

    (Dazu, dass sich Phillip Lahm, der in der Öffentlichkeit vor allem durch seine Ehrlich- und Unbekümmertheit als symmpathisch wahrgenommen wird, hierfür hergibt, könnte man sagen, er ist im Fußballgeschäft angekommen.)

  3. Ok, Louie hat meine Unklarheit beseitigt. Ich kenne übrigens jemanden, der als Lokaljournalist arbeitet, und der redet darüber ganz offen, dass es zB dazugehört etwas (Firma, Sportverein) in ein gutes Licht zu rücken, wenn/damit man darüber berichten darf…
    Die kleinen Zeitungen stehen in der Hinsicht viel mehr unter Druck auch mal gut über Inserenten zu berichten.

  4. weiß man, ob P. lahm da überhaupt den einblick hat? ich kann mir gut vorstellen, dass er ein ganzes vertragspaket mit adidas unterschrieben hat, das auch so etwas beinhaltet.
    hier ist es zum glück noch so, dass jeder sofort merken muss, was gespielt wird. v.a. die ausdrucksweise er „kombiniert ein klassisches aussehen mit modernster technik“ klingt so gar nicht nach fußballer-sprech. peinlich.

  5. Na das war ja wieder klar. Unter dem Deckmantel der Aufklärung machen Sie hier Werbung für Adidas und den FC Bayern.
    Scientology-Methoden, Herr Niggemeier. Ich melde mich dann wieder, wenn mir ein naheliegender Nazivergleich einfällt.

  6. Die Frage, die sich mir nach längerem Überlegen stellt, ist diejenige, ob das nun nicht auch ein Problem der spezifischen Eigenschaften und Wahrnehmungen des Internets als Medium an sich („dort kann man’s ja machen, da gelten eh keine Regeln“) ist und der Sport“journalist“ Gerhäußer als Sportreporter einfach ein bisschen anfälliger ist als die Kollegen aus anderen Sparten.

  7. wie plump und unverfroren… das kann man schon fast nicht mehr als „schleich“werbung bezeichnen.

    für einen fussballspieler sind lahms „antworten“ auffällig werbetechnisch prägnant. ob er wirklich so geantwortet hat? oder hat der interviewer die letzten fragen mithilfe von werbeprospekten selbst beantwortet? hmm.

  8. Entschuldigung wenn ich grad mal brechen geh’… von wegen intelligentem Marketing und so…
    >> Michael Gerhäußer (33): Leiter redaktionelle Projekte. Als Kommunikations-Wissenschaftler und Sportjournalist erfahrener Projektkoordinator und Schnittstelle zum Vertrieb – zur Umsetzung neuer Projekte an der Nahtstelle zwischen gutem Sport-Journalismus und intelligentem Marketing.

    (via Google: Quelle: http://www.em.tv/dasat/index.php?cid=100353&conid=101067&sid=4d6a24fc90fc9665678396a2592c8722&PHPSESSID=4d6a24fc90fc9665678396a2592c8722 )

  9. Das ist schon ziemlich peinlich, und ich kann mir irgendwie gar nicht vorstellen, dass sich das die Firma aus dem Fraenkischen so gewuenscht hat. Stefan, schon versucht von DENEN eine Stellungnahme zu kriegen?

  10. Kann man denn mit solcherlei dilettantischer (Schon-nicht-mehr)Schleichwerbung überhaupt punkten? Scheint ja so zu sein…

  11. Bei Douglas Hofstadter gibt es die schöne Idee, einen Text nach dem eigentlichen Ende fortlaufen zu lassen, damit der Leser das Ende nicht schon vorab visuell erkennt (etwa, weil keine Buchseiten mehr da sind). Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas in der Sportberichterstattung zum Einsatz kommt.

  12. So lange man bei sport1.de nicht erst an drei Rate-Gewinnspielen teilnehmen muss, bevor man zum „Content“ kommt, ist doch alles Sahne.

  13. Oh, er glaubt ganz sicher, dass er nichts falsch gemacht hat. Ansonsten würde er sich nicht als „Schnittstelle zum Vertrieb“ loben lassen und sich auch nicht „an der Nahtstelle zwischen gutem Sport-Journalismus und intelligentem Marketing“ positionieren.

  14. Hat bereits jemand hier die Teilnahmebedinungen zum Gewinnspiel, das im Artikel verlinkt ist (natürlich geht’s um den Schuh – signiert von Philipp Lahm), gelesen? Nach Paragraph 2, Absatz 1 habe ich aufgegeben. Dort steht wirklich wörtlich:

    „[…] Teilnahmeberechtigt sind Personen ab dem 18. Lebensjahr und ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben.“

  15. „Der Schuh ist leicht und dennoch stabil …“ – erinnert mich spontan an den Pullover von Patrick Schleifer.
    Wer schreibt solche grausamen 50er-Jahre-PR-Texte?
    „Ich lasse mich ja gern verarschen, aber ich kann doch verlangen, daß die sich wenigstens Mühe dabei geben.“ (nach Dieter Nuhr)

  16. Mir fällt vor allem die Plumpheit auf. Die Sätze, die Lahm in den Mund gelegt werden, sind so ungelenk, so künstlich. Da haben die PR-Texter nicht gecheckt, dass so niemand redet. („Der Schuh kombiniert ein klassisches Aussehen mit modernster Technik.“) Zmindest kein Fußballer.
    Wobei ich die Vermischung von redaktionellen Inhalten und Werbung auch verurteile. Aber wenn man sich mal kurz in die Lage dieser PR-Fuzzies versetzt: Da haben sie die Möglichkeit, ein Interview in Teilen zu faken und stellen sich dann so dämlich an. Die Adidas-Marketingleute dulden wahrscheinlich keine Abweichung vom einmal verabredeten Wording zum neuen Schuh.

  17. Ich verstehe nicht, warum im Zusammenhang mit Sport1.de immer der Begriff Sportjournalismus fällt. Wenn man sich über Sport informieren will, dient Sport1 maximal als relativ schnelle Agenturschleuder oder vielleicht noch Liveticker. Lesen kann man woanders besser. Und Philipp Lahm habe ich intelligenter eingeschätzt.

  18. Wie gesagt, man weiss ja nicht, inwieweit Lahm da beteiligt ist. Evtl. ist in seinem 1000-Seiten Werbepartnervertrag, den sein Manager ausgehandelt hat, eine kleingeschriebene Klausel, dass er einverstanden ist, dass Werbetexte in seinem Namen geschrieben werden. Vielleicht aber auch ganz anders.

  19. Dem Lahm ist kein Vorwurf zu machen. Er wird von Adidas bezahlt und lobt die Produkte, ist alles bekannt und normal. Und das dieser „Journalist“ am Ende zur Werbung überleitet, ist nicht doch nicht Lahms Problem.

  20. Die Bemerkung zum Schluss der Werbung „Die Fragen stellte Michael Gerhäußer“ ist vollkommen unnütz. Viel interessanter wäre doch wer die Antworten gegeben hat.

  21. Im vorliegenden Fall liegt ganz eindeutig ein Verstoss gegen Ziffer 7 des Pressekodexes vor (Trennung zwischen Werbung und Redaktion). Hier wird ja ganz unverhohlen Werbung für einen bestimmten Sportschuh betrieben. Das fängt ja schon in der Einleitung zum Interview an.

    Da auch Philipp Lahm Werberverträge haben wird – und davon gehe ich persönlich aus – , wird der Sportschuhhersteller schon einen gewissen Einfluß auf dieses Interview genommen haben.

    Wie hier Werbung und redaktioneller Text vermischt wird, ist schon eine Frechheit :(( !

  22. Darum, die Werbebotschaft subtil zu platzieren, ging es den Sport1-Marketingleuten wohl gar nicht, denn auffälliger geht es ja kaum noch. Deswegen bin ich ziemlich geschockt, mit welcher Selbstverständlichkeit Sport1 hier Redaktion und Werbung vermischt. Das sollte eigentlich eine Rüge vom Deutschen Presserat geben, aber davor haben die meisten Medien inzwischen wohl so viel Angst, wie die Schlange vor dem Kaninchen.

  23. Das hätte man zumindest etwas geschicker in das Interview einbauen können, anstatt am Ende nochmal zwei „Fragen“ zum Thema Adidas adiPURE dranzuhängen. Nike agiert da z.B. geschickter mit Artikeln über Baskettballschuhe, und auch Adidas kann das sonst besser (sponsort z.B. Sport-Videospiele wo dann die Produkte als Teil der Geschichte/Extras vorkommen, z.B. Skate).

  24. 1. Dürften sich Fragesteller und -beantworter für das „Interview“ NICHT WIRKLICH gegenüber gestanden bzw. telefoniert oder sonstwas haben
    2. Wenn die Fragen an die Pressestelle geschickt wurden, hat sie vermutl. auch nicht Lahm beantwortet, sondern einer der Bayern/adidas-Hilfsarbeiter, was uns unweigerlich zu
    3. bringt: ein „Interview“, das weder vis-a-vis/telefonisch oder sonstwie geführt wurde, und bei dem vom eigentlichen Protagonisten keine einzige Frage selbst (Achtung, Vermutung!) beantwortet wurde, DANN auch noch mit offensichtlicher Werbung zu beenden, verdient allergrößten Respekt. Finde ich zumindest.
    Aber eins ist schon ziemlich cool: Die Kiewel wurde neulich ja wg. Schleichwerbung beim ZDF entlassen. Johannes Baptist dagegen darf weiter für zig Unternehmen werben und sitzt in Mainz felsenfest im Sattel. Insofern macht die offensichtlich zur Schau gestellte Werbung bei sport1 ja sogar Sinn.

  25. Hihi eine Rüge vom deutschen Presserat.

    Einfach mal den vier Bildschirmseiten langen Kommentar zum Presserat von neulich hier im Blog nachlesen.

    Zusammengefasst ging der ungefähr so: der Presserat existiert nur, damit man sagen kann, dass da ein Kontrollorgan ist. Im Gegensatz zum Internet. Das Kontrollorgan kontrolliert de facto zwar gar nix, und tut auch gar nix, aber wenigstens kann man als „ordentlicher“ Zeitungsverlag sagen „Wir kontrollieren uns wenigstens“.

    Im Bereich USK für Computerspiele wär das ungefähr so: Gehirne platzen, Kinder werden gemetzelt. Und die USK tut nix. Nur dass nach nem Amoklauf in Erfurt halt niemand die aufgeschlagene Bild im Kinderzimmer sucht, sondern das CS auf dem PC…

  26. Als Ver-Treter der Firma Adihasch muss ich hier aber anmerken, dass wir für unsere völlig überteuerten Treter selbstverständlich niemals Schleich-, sondern selbstverständlich nur Sprintwerbung buchen!!! ;o)

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