Ich lese gerade Kai Diekmanns Großen Selbstbetrug, und weil ich die Spannung nicht mehr aushielt, habe ich schon mal nachgesehen, wie’s ausgeht. (Kl. Scherz.)
Jedenfalls ist die Danksagung auf der letzten Seite bemerkenswert. Anscheinend hat die halbe „Bild“-Redaktion beim Schreiben des Buches mitgeholfen. Alle Gelbmarkierten sind (teils ehemalige) „Bild“-Autoren:
Zwischen den Namen der Kollegen stehen die von Utz Claassen und Joachim Hunold. Das ist auch nur halb überraschend.
Den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von EnBW Claassen kürte „Bild“ in zwei Jahren gleich dreimal zum „Gewinner“ des Tages: Dafür, dass er als erster Ausländer mit dem „Kreuz des Ordens des Heiligen Nikolaus“ geehrt wurde (23.07.2005), dafür, dass sein Unternehmen Trikot-Sponsor der Erst- und Zweitligaspitzenreiter Stuttgart und Karlsruhe war (14.11.2006) und dafür, dass sein Unternehmen Trikot-Sponsor von Meister Stuttgart und Aufsteiger Karlsruhe war (21.05.2007). Dreimal traf sich Oliver Santen mit Utz Claassen zu einem seiner berüchtigten großen Interviews (03.04.2006, 10.01.2007, 29.09.2007), ohne auch nur einmal die vielfältigen Vorwürfe gegen den Manager zu erwähnen. „Bild“ druckte Claassens Buch „Mut zur Wahrheit“ als fünfteilige Serie vorab und schenkte ihm eine Folge der Reihe „So gibt’s neue Jobs“, in der „die wichtigsten Chefs“ in „Bild“ „erklärten“, „wie es mit Deutschland wieder aufwärtsgeht“.
Der Air-Berlin-Chef Joachim Hunold bekam nur ein Gespräch mit Oliver Santen (6.3.2007) und einen Gastbeitrag in der Serie „Eurokraten entmachten unsere Politik!“, wurde dafür aber achtmal „Gewinner“ des Tages (7.10.2003, „BILD meint: Guten Flug!“; 30.01.2004, „BILD meint: Keine Luftnummer!“; 9.9.2004, „BILD meint: Willkommen im Club der Dichter!“; 29.6.2005, „BILD meint: Überflieger!“; 12.10.2005, „BILD meint: Überflieger!“; 5.11.2005, „BILD meint: Überflieger!“, 9.3.2006, „BILD meint: Überflieger!“; 27.2.2007, „BILD meint: Himmelsstürmer!“).
Ein bisschen gestaunt habe ich, dass Roger Köppel, der frühere „Welt“-Chefredakteur und heute Besitzer und Chefredaktor der Schweizer „Weltwoche“, als Korrektor und Hinweisgeber in der Danksagung auftaucht. Oder sagen wir so: Welcher Leser von Köppels „Weltwoche“-Interview mit Diekmann hätte das geahnt? Es beginnt es so:
Kai Diekmann, wir haben drei Jahre im gleichen Konzern zusammengearbeitet, trotzdem sind Sie mir persönlich undurchsichtig geblieben. Wer sind Sie eigentlich?
(Das ist natürlich nichts im Vergleich zu Köppels sagenhaft irreführender Frage nach der Berichterstattung über Thomas Borer.)
Bleibt nur die Frage: Wer ist Dr. Otto C. Hartmann?
Frage mich gerade, ob Classen im aktuellen Prozess Auszüge aus seinem Buch vorliest (für die Wahrheitsfindung). Ob Diekmann das auch mal muss? Oder hat er keine Karten bekommen? Zum Dank: Klingt wie ein Abgesang; Freunde werden sich gütig an ihn erinnern.
Trotz aller Lebenserfahrung. Und einem wahrlich nicht mehr naiven Weltbild: Es ist doch erstaunlich, dass solche Figuren wie Utz Claasen es immer wieder schaffen, sich neben ihrer eigentlichen Tätigkeit und mit Hilfe irgendwelcher Buddy’s ein öffentliches Image aufzubauen und als Person des öffentlichen Lebens zu positionieren. Wann wurde und vor allem wer hat eigentlich festgelegt, dass Wirtschaftskarrieristen zwingend maßgeblich als wertedefinierende Instanz heranzuziehen sind??? Ach, und taucht in den Danksagungen gar nicht die Frau mit dem Namen einer Comic-Figur auf???
@2: Olivia Öl?
Bez. Herrn Otto C. Hartmann: Jedenfalls sehr interessantes Dissertationsthema. Auszug aus dem Katalog der Deutschen Nationalbibliothek:
Titel: Ist die zwangsweise vorgenommene medikamentöse Beruhigung tobender Gefangener zulässig, wenn deren Toben die Sicherheit und Ordnung in der Vollzugsanstalt stört?
Verfasser: Hartmann, Otto C.
Erscheinungsjahr: 1979
Umfang/Format: XIII, 136 S. ; 21 cm
Hochschulschrift: Hamburg, Univ., Fachbereich Rechtswiss. I, Diss., 1979.
Sachgruppe: 04a Recht, Verwaltung ; 05b Sozialwissenschaften
Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, auf Ausgewogenheit oder Objektivität. Seine Worte sind nicht mit der Goldwaage gewogen, seine Sätze nicht abgestimmt mit den politisch Korrekten im Land. Es ist eine Attacke ohne Rücksichten – auch ohne Rücksichten auf mich selbst.
Nun seit erscheinen des Katzen-Benzin-Artikels schicke ich immer 3-5 bei uns im Viertel nicht registrierte Katzen per Kurier zur Redaktion und bekomme 2-3 Tage später meinen Tankgutschein per Post. Warum nun dieses Buch?
Bin bis jetzt ganz gut gefahren.
Herr Dr. Hartmann arbeitet als Jurist bei Axel Springer.
Viel interessanter wäre es zu erfahren, wer diejenigen sind, die es vorgezogen haben, unerwähnt zu bleiben.
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PS: Ich habe mir ja Schäubles Nachtlektüre angetan, aber Diekmann zu lesen – hierfür zolle ich durchaus Bewunderung.
Ich vermute, die Lektüre muss man ungefähr so angehen:
…Hierzu ist es notwendig, dass der Patient während dieser Zeit von seiner Berufstätigkeit freigestellt ist, weder raucht noch Alkohol oder sonstige psychoaktive Drogen oder Medikamente zu sich nimmt und von sozialen Reizen und Konflikten abgeschirmt wird. Zu diesem Zweck ist für die Initialphase auch die Trennung von der Familie vorgesehen.
In der zweiten Phase, die ebenfalls auf die Dauer von drei Wochen angelegt ist, bestimmt der Patient die Dauer der täglichen Sitzungen selbst. Ziel der zweiten Therapiephase ist es zu lernen, die Urszene neu zu erleben und allen hierbei aufkommenden Gefühlen auch hinsichtlich des mit ihnen verbundenen Ausdrucksverhaltens freien Lauf zu lassen, u. a. (aber keineswegs nur) durch das Herausschreien des Schmerzes.
Für die dritte, etwa ein bis zwei Jahre dauernde gruppentherapeutische Phase ist die Teilnahme an so genannten Primärgruppen vorgesehen. In dieser Phase soll der Urschmerz endgültig aufgelöst werden.
OH MEIN GOTT! diekmann dankt am ende seines buches anderen menschen!! schrecklich!!! aufreger!!! niggemeier, danke für ihren umfassenden kampf gegen das böse in der welt! das geht nicht an, dass dieser schlimme mensch einfach so anderen schlimmen menschen dankt!!! danke, dass sie die welt mit ihrem blog eintrag für eintrag zu einem besseren lebenswerteren ort machen.
Ich denke 8. sollte sich Tipp von 7. zu Gemüte führen.
Die Danksagungs-Seite verwundert nicht, erklärt aber doch einiges: z.B. dass journalistische Totalausfälle wie Hoeren, Brost, Santen und Martin eben nicht bei der BILD „reingerutscht“ sind, sondern von oben geschützt werden; dass die Trommelei für bestimmte Society-Hanseln keineswegs Zufall ist (ich wundere mich, dass Cora Schumacher und Dieter Bohlen fehlen – oder übernimmt das die Gattin, Herr Diekmann?); dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt; dass eine Hand die andere wäscht; etc. pp.
Utz Claassen ist natürlich ein Unsympath wie man ihn sich schlimmer kaum vorstellen kann. Mir bereitet es körperliches unwohlsein ihn in irgendwelchen Talkshows, zu denen er leidlicherweise, immer wieder eingeladen wird, ertragen zu müssen. Des öfteren bleibe ich doch dabei ob der anderen, interessanten, Talkgäste. Ihn andererseits zu ignorieren wäre allerdings auch falsch. Man darf aber nie die Macht solcher Leute, wie Utz Claassen einer ist, unterschätzen. Die haben Kontakte überall hin, Freunde, Gönner, Bekannte in anderen wichtigen Positionen, haben ihre Finger überall mit drin, können, um es ganz vorsichtig auszudrücken, Sachen arrangieren, usw. usw.
[EDIT: Ahem. Lustige Idee, gleichzeitig zu schreiben, dass man „sehr, SEHR vorsichtig“ sein muss, wenn man sich mit diesen Leuten anlegt, und sie dann gleichzeitig mal in den Kommentaren hier mit der Mafia vergleichen.]
Da kann man mal sehen wie groß diese Macht ist, so groß das es reicht über das Subjekt auch nur zu diskutieren sodass Freie Medienjournalisten sich gezwungen sehen mit vorrauseilendem Gehorsam zu reagieren. Ein schönes Lehrstück. Aber ich kann es ja verstehen, daher brauchen Sie nicht nochmal extra erklären warum Sie den Eintrag editiert haben. Ich habe ja Kommentare in den anderen Themen mitgelesen. Aber irgendwie traurig ist es trotzdem.
ich glaube es reicht wenn man die überschriften von kai diekamans bild zeitung liest. um genug zu wissen. ansonsten empfehle ich aber die „notizen eines einzelgängers“…
So ganz verstehe ich die Aufregung nicht. Herr Diekmann umgibt sich mit Herrschaften, die zu ihm passen, und die arbeiten ihm denn auch zu. Was für eine Danksagung hätte man denn erwarten sollen? Ansonsten, Stefan, ich weiß ja, daß Sie hart im Nehmen sind. Härter als ich jedenfalls. Denn an Diekmanns Buch traue ich mich nicht ran.
@schlevian: Welche Aufregung?
(Ich muss doch irgendwann rausfinden, in welchen Browsern für mich unsichtbar über jedem Eintrag in diesem Blog die Worte „UND EIN EMPÖRENDER SKANDAL IST AUCH:“ eingeblendet werden.)
@ Stefan (# 15): Ok, „Aufregung“ nehme ich zurück. Vielleicht habe ich ja falsche Erwartungen. Die meisten Ihrer Blog-Einträge (Herr Kerner, Herr Schradin, Frau Hermann) sind aber nun einmal „Aufreger“, und möglicherweise hat sich deswegen in meinem Kopf festgesetzt, daß Sie nur über „Aufregenswertes“ schreiben. Dazu gehört die Diekmann-Danksagung in meinen Augen nicht. Aber gut, mein Fehler.
keine aufregung! nur „bemerkenswert“ (wie oben geschrieben). dass diekmann freunden und kollegen dankt. aber holla!
@frank.
Das unter dem Kasten mit den gelben Markierungen gehört auch zum Eintrag. Darin steht, wie der Chef Deutschlands auflagenstärkster Tageszeitung mit Konzernchefs schmust. Die Freundschaft ist so dick, dass sie ihm auch beim Bücherschreiben helfen. Bemerkenswert, in der Tat.
Diesen Beitrag kann ich ausnahmsweise nicht ganz nachvollziehen. Diekmanns Buch mag nicht besonders toll (geschrieben) sein und dessen Thesen kann man sicher kritisch hinterfragen. Aber ist es wirklich so verwunderlich, dass sich ein Autor vielfältige Hilfe beim Schreiben bzw. Korrigieren seines Manuskripts holt und diesen Helfern dann dankt? Und da dieser Autor im Hauptberuf Chef der Bildzeitung ist, liegt es nahe dass er sich insbesondere Hilfe von Leuten holt die er von dort kennt. Ist nun kritisch anzumerken, dass diese Leute ihm teilweise untergeben sind und er damit berufliche und private Interessen vermischt? Eventuell. Oder sollen wir befürchten und beklagen dass diese Leute durch die „Doppelbelastung“ am Verfassen besserer Artikel für Bild gehindert wurden?
Was Utz Claassen angeht und in einigen der Kommentare durchschimmert, ist Unattraktivität alleine noch immer kein Indiz für Unfähigkeit und verwerfliches Verhalten, auch wenn viele Hochglanzmedien ständig das Gegenteil beweisen wollen (oder auch die Bild). Sein Fehlverhalten zu untersuchen ist Aufgabe von Aufsichtsräten und Staatsanwaltschaften. Es ist ziemlich leicht auf ihm herumzuhacken nur weil er häufig durch seine „rohe“ Intelligenz polarisiert und eher wirkt als sei er der Chef einer „Metzgerei Claassen“ und nicht (ehemals) eines großen Unternehmens. Das er als Vorstandsvorsitzender versucht Beziehungen zu Freunden und Bekannten in Wirtschaft, Medien und Politik zu pflegen kann ebenfalls nicht sonderlich verwundern und ist an sich auch noch kein geeigneter Vorwurf.
Zu Hunold habe zu wenige Informationen um mir eine Meinung zu seiner Person zu bilden, man könnte ihm aber mindestens genausogut eine Verbindung mit JBK wie mit dem Chef der Bildzeitung „vorwerfen“. Eine Fluggesellschaft aufzubauen die erstmals auf einigen Strecken eine ernsthafte deutsche Konkurrenz zur Lufthansa darstellt ist jedenfalls eine durchaus erwähnenswerte Leistung, wenn auch vielleicht nicht so oft.
@Harald: Ich finde es einfach bemerkenswert, in welchem Maße Diekmanns Buch ein „Bild“-Buch ist. Dass offenbar fast die ganze „Bild“-Führungsriege mitgeholfen hat, ist in keiner Hinsicht skandalös — aber doch interessant?
Und natürlich darf sich Diekmann beim Schreiben auch z.B. vom Chef einer großen Fluggesellschaft beraten lassen. Aber ist es nicht ebenfalls interessant, dass die guten Kontakte sich nicht nur aufs Korrekturlesen beschränken, sondern sich offenbar auch darin ausdrücken, dass Diekmanns Zeitung diesen Ratgeber Diekmanns gleich achtmal zum Gewinner des Tages erklärt hat? Und einem anderen Ratgeber eine freundliche Vorzugsbehandlung gewährte und ihn offenbar so dringend loben wollte, dass er sogar zweimal für die gleiche Sache zum Gewinner des Tages wurde?
Ich finde es „bemerkenswert“, dass es hier so viele Leute gibt, die es so „bemerkenswert“ finden, dass Stefan etwas für „bermerkenswert“ hält.
Danke! :-)
Ist zwar eigentlich off-topic, aber ein bißchen paßt es doch und die Frage beschäftigt mich schon lange: sind Kai Diekmann (BILD) und Michael Diekmann (Allianz) eigentlich verwandt? Scheint mir jedenfalls nicht ganz abwegig.
…heute Besitzer und Chefredaktor der Schweizer „Weltwoche”, …
Ist der „Redaktor“ etwa Absicht?
Ja. Sagt der Schweizer so.
Ok, wieder was gelernt…
„Anscheinend hat die halbe „Bild”-Redaktion beim Schreiben des Buches mitgeholfen.“ Die Bild-Redaktion besteht nur aus 32 Leuten? Dafür haben sie aber ein ziemlich großes Haus! Oder handelt es sich um eine typisch Bild’sche Übertreibungs-Formulierung ;-) ?
Ich danke hier am Ende meines Kommentars, den ich nicht geschrieben habe, einigen Kommentatoren für die Inspiration zu einem Kommentar zu ihren Kommentaren, den ich nicht schrieb, weil ich sie nicht gefragt habe, ob es ihnen denn recht wäre und ob sie nachvollziehen könnten, daß mich ihre Kommentare zur Kommentierung ihrer Kommentare inspirieren, und weil sie sonst wieder Kommentare zu meinem Kommentar schreiben würden, in denen sie mir erklärten, daß ich mir meinen, wenn ich sie vorher gefragt hätte, auch hätte schenken können.
Danke für’s Geschenk!
Claassen wurde, ähnlich wie vor einiger Zeit Ackermann, heute freigesprochen. Na, das war ja ’ne Riesenüberraschung.