Zehn Minuten Recherche

Ich verstehe es nach wie vor nicht. Geschenkt: Die Leute, die bei Online-Medien arbeiten, sind schlecht ausgebildet, verdienen wenig, haben keine Zeit. Aber wenn bei Angeboten wie „Spiegel Online“ oder sueddeutsche.de, wo Agenturmeldungen nicht automatisch durchgeschleift werden, ein Mitarbeiter eine Meldung auf den Tisch bekommt wie diese von AFP über eine Meinungsumfrage unter demokratischen Wählern in Iowa: Hat der dann nicht einmal die zehn Minuten, die es dauern würde, bei einem der beiden Auftraggeber dieser Umfrage vorbeizusurfen oder bei Google nach amerikanischen Medien zu suchen, die darauf Bezug nehmen? Er könnte auf diese Weise leicht noch ein, zwei interessante Details finden, die nicht in der deutschen Agenturmeldung stehen und die die eigene Meldung dann von der Massenware der Konkurrenz absetzen würden. Er könnte Hilfe bekommen bei der Interpretation der Nachricht. Er könnte die Originaldaten entdecken (ABC News, „Washington Post“). Und er könnte sogar merken, dass die Meldung von AFP (wie so viele Agenturmeldungen) fehlerhaft ist.

Denn anders als AFP behauptet, ist Barack Obama laut der Umfrage von Washington Post und ABC in Iowa nicht an der „bisherigen Favoritin“ Hillary Clinton „vorbeigezogen“. Obama lag bereits bei der letzten Umfrage im Juli vor Clinton und hat den knappen Vorsprung nur ein wenig ausgebaut.

Das wäre ganz leicht herauszufinden gewesen, man hätte trotzdem eine Meldung gehabt, sogar eine korrekte, und ich behaupte: Mehr als zehn Minuten Recherchezeit wären dafür nicht nötig gewesen.

Und trotzdem steht bei sueddeutsche.de ein Artikel: „Obama zieht in Iowa an Clinton vorbei“.

Und Spiegel Online titelt noch abwegiger: „USA: Obama zieht an Clinton vorbei“ und fantasiert von einem „überraschenden Ergebnis einer Umfrage zur US-Präsidentschaftswahl“.

Woran liegt das? Mangelt es an Zeit? An Kenntnissen? Oder nur am Willen? Ist der Gedanke, sich beim Verwandeln einer Agenturmeldung in einen eigenen Artikel nicht ausschließlich und vollständig auf diese eine Agenturmeldung zu verlassen, völlig abwegig? Warum nutzen ausgerechnet Onlinejournalisten nicht die fantastischen Möglichkeiten der schnellen Onlinerecherche, um ihre Artikel besser zu machen?

PS: Na gut, es ist vielleicht nicht nur eine Frage des Onlinejournalismus. Mit schlafwandlerischer Sicherheit haben sich natürlich auch die Rechercheprofis von „Bild“ die Falschmeldung herausgesucht, um Clinton in der Zeitung von heute zur „Verliererin“ des Tages zu erklären, nicht ohne den AFP-Fehler richtig breit zu treten:

„Bislang lag Hillary Clinton (60) in allen Umfragen für die US-Präsidentschafts-Kandidatur der Demokraten klar vorn. Jetzt zog ihr Rivale Barack Obama (46) an ihr vorbei.“

Nachtrag, 22. November. ts weist in den Kommentaren zu Recht darauf hin, dass Clinton in den Umfragen anderer Institute in den vergangenen Wochen tatsächlich vor Obama lag. So gesehen ist die AFP-Formulierung richtig, Obama sei an Clinton „vorbeigezogen“. Genauer gesagt: wieder vorbeigezogen, denn auch „Newsweek“ sah ihn vor eineinhalb Monaten schon mit vier Prozentpunkten vor Clinton.

62 Replies to “Zehn Minuten Recherche”

  1. Hinter jedem Onlinejournalist wird ein Redakteur stehen der sagt „ich erwarte täglich n Artikel von dir“. D.h. der Journalist hat je Artikel im Schnitt eine gewisse Zeit zu recherchieren und den Artikel in Form zu bringen. Vielleicht noch ein passendes Symbolfoto aus der Datenbank aussuchen, fertig. Da ist die Zeit, die anderen Medien zu beobachten, noch gar nicht eingerechnet.
    D.h. als Onlinejournalist muss man sich nun seine knappe Zeit einteilen und entscheiden, bei welchen Themen reicht man nur durch und welchen Themen (die evtl. den eigenen Schwerpunkt betreffen) investiert man etwas mehr Zeit und recherchiert nach.
    Wenn nun eine Agenturmeldung reinkommt, die auch noch über Themen jenseits des Teichs berichtet, warum hier also 10 Minuten investieren? In den 10 Minuten hat man doch nochmal 2 Agenturmeldungen durchgereicht und ist seinem Soll so ein Stückchen näher gekommen.
    Das soll nun keine Kritik sein. Wer arbeitet macht eben auch Fehler oder übersieht mal etwas oder oder oder. Und für Falschmeldungen der Agenturen kann der Journalist ja auch nichts.

  2. Es ist wahrscheinlich tatsächlich eine Zeitfrage. Wahrscheinlich sind diese Art Meldungen obligatorisch, wofür ein Redakteur vielleicht sogar seine Pausenzeit hergeben muss. Die »echten« Artikel nehmen dann 95% der Arbeitszeit in Anspruch. Nichtsdestotrotz, es ist zum Heulen und bleibt unverständlich.

  3. „Ich mag Tim Mälzer. Ich mag, wie er ein großer Junge geblieben zu sein scheint, für den die Medienöffentlichkeit und eine große Bühne eigentlich kein natürlicher Lebensraum ist.“
    Darf ich im (in Deinem!!!) Bild bleiben? Ich mag, wie Du ein Hoffender im hoffnungslosen Geschäft des Neuzeit-Journalismus geblieben bist…

    (da hinkt so einiges, aber… es ist ja auch spät…)

  4. Es ist kein Problem der mangelnden Zeit, keine Frage von Schlamperei, es ist eine Frage des Zieles: Es geht nicht um die Information (die hier uninteressant gewesen wäre) sondern um die Schlagzeile.

    Wennd der Redakteur 10 min in die Recherche gesteckt hätte, hätte er am Schluss nichts gehabt, so hat er die 10 min in das Aufmöbeln der Agenturmeldung gesteckt und hatte eine Schlagzeile.

  5. „Die Leute, die bei Online-Medien arbeiten, sind schlecht ausgebildet, verdienen wenig, haben keine Zeit.“

    Wenn dieser Satz, von einem Printjournalisten geäussert worden wäre, dann gäbe es hier und beim Kollegen Knüwer kräftig Haue für die Undifferenziertheit der Aussage, die Überheblichkeit des Autors usw.

  6. @1/C.J.
    Und für Falschmeldungen der Agenturen kann der Journalist ja auch nichts.
    Gratuliere zu diesem Kommentar. Er zeigt eindeutig: NICHTS verstanden. Es geht eben gerade darum, nicht einfach die Agenturmeldung abzuschreiben, sondern einfach mal vorher zu recherchieren. Für’s blosse Abschreiben braucht man keinen Journalisten; da genügen u. U. auch abgebrochene Hauptschüler.

    Warum derart schlampig berichtet wird, liegt auch daran, dass jeder die entsprechende Meldung zuerst haben will und möglichst viele Meldungen haben will. Gibt die Meldung an sich nicht besonders viel her (in ca. 80% der Fälle dürfte das so sein), wird sie dann noch mit irgendeinem Superlativ aufgemotzt, damit eine entsprechende Wirkung beim Leser entstehen soll. Da sich mit der Zeit die Superlative abnutzen, muss verbal immer weiter aufgerüstet werden, damit das Zeug überhaupt noch gelesen (bzw. angeklickt) wird. Oft genug bleibt dabei die Wahrheit auf der Strecke. Meistens interessiert das aber niemanden mehr, da die Karawane längst zum anderen Fall gezogen ist.

  7. Die richtige Meldung verlangt dem Redakteur mehr Zeit ab als die falsche, Zeit, die er nicht hat und für die er nicht bezahlt wird.

    Die richtige Meldung interessiert die Leser nicht mehr als die falsche, wahrscheinlich sogar weniger.

    Die richtige Meldung bringt für das Onlinemedium nicht mehr Klicks als die falsche, wahrscheinlich sogar weniger.

    Warum sollte dann die richtige Meldung rauskommen?

  8. Gregor Keuschnig: Agenturmeldungen werden nicht „abgeschrieben“ sondern „übernommen“. Es sind Texte, die von Dritten eingekauft werden.

    Wenn Redakteure ausnahmslos jede Meldung im Detail nachrecherchieren würde, bräuchte man die drei Mal so viele Redakteure und die Zeitung von heute würde übermorgen erscheinen.

    Dass eine AFP-Meldung übernommen wurde, ist in meinen Augen kein Fehler sondern Ausdruck der Arbeitsteilung. Das Argument mit den „10 Minuten“ ist billig – man kann in einen Jahrtausendroman noch zehn Minuten reinstecken und ihn noch besser machen. Die Frage ist, wie man mit gefundenen oder offensichtlichen Fehlern umgeht: Korrekturspalte, Nachbesserung der Onlinemeldung, Ignorieren.

  9. @Torsten: Wenn ich in einen Roman zehn Minuten mehr stecke, wird er vermutlich nur unmerklich besser werden. Eine Agenturmeldung kann ich in zehn Minuten extra deutlich besser machen. Wie gesagt: Mit einem zusätzlichen Detail, das die Konkurrenz nicht hat, einer guten Interpretation — oder dadurch, dass ich nicht jede Falschmeldung der Agenturen übernehme.

    Es geht mir nicht darum, „jede Meldung im Detail nachzurecherchieren“. Das ist nicht nur weltfremd, sondern dafür kauft man Agenturmeldungen ja ein, dass man ihnen grundsätzlich erst einmal traut. Es geht mir darum, bei Meldungen wie dieser, einmal schnell zur Quelle zu gehen und hinterher viel klüger zu sein.

  10. @5:

    Kein Printjournalist würde sowas behaupten. Unter „Blogger sind anonyme Feiglinge“ fangen die gar nicht erst an mit Behauptungen.

  11. Ja, schlechte Recherche ist traurig. Noch trauriger finde ich aber die große Gleichgültigkeit für den eigenen Beruf.

    Mich würde ja mal interessieren, warum große der Teile der deutschen Presselandschaft inkl. DJV das Thema Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung komplett verschlafen haben, obwohl unsere Regierung gerade Pressefreiheit und Informantenschutz einen ziemlichen heftigen Tritt ans Knie verpasst hat. Die deutsche Presse hat einst bei sehr viel kleineren Gesetzesvorhaben Zeter und Mordio geschrien. Heute dagegen amüsieren sich abgehörte Journalisten über die schlechte Orthographie der Abhörprotokolle, statt zu protestieren.

    Wie kann es sein, dass der Heise Newsticker (ein Nerd-Nachrichtenticker, der normalerweise über neue Chipsätze berichtet, verdammtnochmal!) heute (netz)politischer ist als die alle „führenden“ Online-Nachrichtensites in Deutschland…?

  12. Stefan: Ich verstehe Deinen Punkt immer noch nicht. Was sind „Meldungen wie diese“? Es ist in meinen Augen eine nicht besonders interessante (nein: gähnend langweilige) Wasserstandsmeldung aus dem US-Wahlkampf. Was macht sie überprüfenswert?

    Hanno: Heise war immer netzpolitisch, neue Chipsätze waren nie der Schwerpunkt.

  13. @ 9 Natürlich soll nicht jede Agenturmeldung von Grund auf überprüft werden. Aber hier geht es doch um eine hochgradig überraschende Meldung („Was? Clinton hatt die Vorwahlen doch schon so gut wie gewonnen!?“). Die Nachricht selbst vermittelt bereits ein gewisses Quantum an Unwahrscheinlichkeit und ruft unterschwellig zur weiteren Recherche auf. Dass dieser Ruf von Nachrichtenprofis ignoriert wird, ist schlampig und blöd.

  14. @12: „Nie der Schwerpunkt“

    Klar, ich habe mit den Chipsätzen etwas übertrieben. :-)

    Aber ich wundere mich trotzdem, dass die politischen Themen aus Heise so überhaupt gar nicht in die Mainstreampresse abfärben, obwohl heute die Mehrheit der deutschen Bürger PCs und Internet nutzt.

    [Maul.]

  15. @8/Torsten
    Agenturmeldungen werden nicht „abgeschrieben” sondern „übernommen”.
    Kreativer Euphemismus! Was de facto das Gleiche ist. Siehe beispielsweise hier.

    Wenn Redakteure ausnahmslos jede Meldung im Detail nachrecherchieren würde, bräuchte man die drei Mal so viele Redakteure und die Zeitung von heute würde übermorgen erscheinen.
    Wo steht „ausnahmslos“? Aber trotzdem: Wenn Journalisten nur noch blosse „Übernehmer“ von Agenturmeldungen sind und diese dann aufpeppen, hat das mit einem seriösen Journalismus nichts zu tun.

    Das Argument mit dem Roman ist Unsinn, den ein Roman ist (1.) fiktional, (2.) i. d. R. keinem Aktualitätsdruck ausgesetzt, speist sich (3.) nicht aus Agenturmeldungen, benötigt (4.) viel mehr Zeit, da er (5.) ein grosses Textvolumen umfasst.

  16. Tobias: Es geht um eine Zahl in einer Vor-Umfrage in einem partei-internen Vorwahl-Kampf in einem einzigen US-Bundesstaat. Hochgradig überraschend? Auch die (Falsch-)Meldungen geben meines Erachtens keine Überraschung wider.

  17. @6/Gregor K.:
    Doch doch, Herr K., ich habe sowohl den Beitrag als auch ihren Kommentar verstanden und nur eine eigene Meinung geäußert.
    Nur weil ich die Meinungen des Autors und die ihrige nicht ganz teile heißt das nicht, dass ich ihrer beider Intentionen nicht verstanden hätte.
    Wenn ich z.B. geschrieben hätte, dass es nachts kälter ist als Draußen, hätte ich evtl. gezeigt, dass ich den Beitrag nicht verstanden habe. Aber so…

  18. Gregor Keuschnig: Zwischen „abschreiben“ und „übernehmen“ gibt es einen Unterschied. Es ist ungefähr der selbe wie im Schulaufsatz ob Du Shakespeare zitierst oder bei Deinem Sitznachbarn abguckst.

    Abschreiber versuchen zu verbergen, dass sie abgeschrieben haben und bringen dann Fehler rein. Sie zahlen nicht für Recherche. Sie können AFP zu keiner Korrektur zwingen oder die Qualitätskontrolle verbessern.

  19. @Torsten: Es geht mir nicht darum, dass diese Meldung „überprüfenswert“ ist — das ist jede Meldung, die für wichtig genug befunden wird, überhaupt gemeldet zu werden. Es geht darum, dass dies eine Meldung ist mit einer fast 100-prozentigen Garantie, dass ich von meinem Schreibtisch aus mit Google als einzigem Hilfsmittel in zehn Minuten weitere Informationen dazu finde, mit denen ich diese langweilige Meldung interessanter, besser, in diesem Fall sogar: richtig hätte machen können. Zwei amerikanische Medien veröffentlichen Umfrageergebnisse: Natürlich finde ich mehr dazu auf deren Internetseiten. Warum gibt es nicht den Reflex: Da guck ich mal kurz nach, was da steht, da finde ich vielleicht noch ein nettes Detail? Ähnlich ist es bei jeder Studie, die veröffentlicht wird, bei jeder Exklusiv-Meldung eines anderen Mediums, die eine Agentur weiterträgt, etc.

    Ich fürchte, der Grund ist der, der bei Dir durchschimmert: Die Meldung ist scheinbar langweilig. Also machen wir sie (deutlich bei Spiegel Online und „Bild“ zu sehen) interessanter, indem wir sie aufpumpen und ihren Inhalt übertreiben? Wie wäre denn die Alternative, sie durch Recherche interessanter zu machen? Durch eine Einordnung, was das bedeutet?

    Und wenn sich herausstellt: Die Meldung ist wirklich so langweilig. Warum melden wir sie dann überhaupt?

    Wenn eine Nachricht wichtig genug ist, um sie zu melden, warum ist sie dadurch nicht automatisch wichtig genug, dass es uns nicht egal ist, ob sie stimmt oder nicht?

  20. Stefan: Wie gesagt: ich sehe nur eine Wasserstandsmeldung. Die ist per se nicht interessant, sie hält die Leser nur auf dem Laufenden zwischen bevor die nächste Reportage über Obama und Hillary im Blatt ist. Wenn man sich die ganzen Umfragezahlen aus den USA genauer anhört, bekommt man ein grobes Rauschen heraus.

    In Bezug auf Spiegel Online muss ich mich korrigieren: die haben die Meldung eindeutig verschlimmert. Aber hier ist nicht nur zusätzliche Recherche eine Lösung, sondern auch der Verzicht aufs Dazu-Dichten.

  21. Schlecht ausgebildet? Das ist wohl ein Witz. Die meisten Redakteure bei Online-Medien waren auf Journalistenschulen oder haben volontiert. An der Ausbildung kann es nicht liegen.

  22. @18/Torsten
    Zwischen „abschreiben” und „übernehmen” gibt es einen Unterschied.
    In einem Fall wird ein bisschen herumformuliert, ein, zwei Superlative eingefügt – im anderen Fall wird – einfach abgeschrieben. Das Resultat ist das Gleiche: Der Kern der Meldung ist falsch bzw. ungenau. Hierauf kommt es an.

  23. @15/Georg
    Wenn Journalisten nur noch blosse „Übernehmer” von Agenturmeldungen sind und diese dann aufpeppen, hat das mit einem seriösen Journalismus nichts zu tun.

    Haben Sie mal überlegt, wie viele Agenturmeldungen so in den Readktionen eintrudeln. Zwischen 9 Uhr uns 12 Uhr waren es in dieser Redaktion (wir haben die Agenturen dpa, ddp, afp, sid, kna und epd) heute über 500 Meldungen. Klar wäre es toll, bei allen „mal eben“ zehn Minuten zu investieren. Ich leite den Vorschlag an den Verleger weiter, der stellt bestimmt noch ein paar Pauschalisten dafür ein…

    Grundsätzlich hat Stefan natürlich Recht. Aber die Kritik müsste halt zu gleichen Teilen an AFP gehen.

  24. @oko: Komischerweise hatte Spiegel Online aber genug Zeit, die Meldung noch weiter zu überdrehen. Zum Schlimmermachen fehlen irgendwie nie die Leute.

  25. @23 Torsten/@24 C.J.
    Doch. Lesen klappt. Verstehen auch. Ihre selbstgefällige Arroganz können Sie sich verkneifen – die ist absolut unbegründet. Und das Sie wohl eher diejenigen sind, die gerne „übernehmen“, das habe ich auch verstanden. Von wegen Qualitätsjournalismus und so.

    @25/oko
    D’accord, was die Kritik an die Nachrichtenagentur angeht.

    Das Zeitargument kann ich nicht gelten lassen. Wenn ein Spediteur permanent seine Lieferungen falsch zustellt, kann er auch nicht damit argumentieren, dass er soviel zu tun hat. Es geht nicht darum, dass mal ein Fehler gemacht wurde. Es geht darum, dass man – auch als Laie wie ich – die Fehler nur so purzeln sehen kann. Die zehn Minuten sind da noch auf der sicheren Seite gerechnet.

  26. @28/Gregor:
    Also von meiner Seite war dies nur ein Versuch, ihrer harschen Kritik an meinem Kommentar mit ein wenig Humor zu begegnen.
    Das mit dem „Übernehmen“ habe ich nun überlesen. Sonst müsste ich mir das mit dem Humor auch nochmal überlegen.
    Wenn weiterer Klärungsbedarf besteht, dann gerne per Mail, um hier nicht vom eigentlichen Thema abzukommen.

    @27/Stefan:
    Da fehlen uns Hobby-Bloggern wohl einfach die Möglichkeiten, um solche Meldungen mit den eigentlichen Agenturmeldungen zu vergleichen.
    Ich halte daher Deine/Ihre Kritik durchaus für erwähnenswert.
    Dennoch denke ich mir, sollte man die Schuld für die Übernahme von ungenauen oder gar falschen Agenturmeldungen nicht alleine den Onlinejournalisten zuschreiben. Wenn das stimmt was oko schreibt und es kommen täglich hunderte von Meldungen rein, dann sind 10 Minuten eine Menge Zeit. Als Redakteur hätte ich dann wenig Verständnis, wenn meine Journalisten in jede Meldung 10 Minuten Recherche investieren würden.
    Wenn jedoch Meldungen noch aufgepumpt werden, halte ich das für genauso überflüssig. Da stimme ich Dir/Ihnen voll zu. Diese Zeit hätte man dann besser für eine Recherche verwendet.
    Leider stand das in dem obigen Beitrag nicht explizit drin oder ich habe es schlicht übersehen.

  27. Gregor: Nein, es klappt offenbar nicht. Sie widersprechen mir in Dingen, die ich nie behauptet habe. Und ich bin einer von denen, die davon leben, dass Redaktionen eben nicht nur Agenturmeldungen kaufen.

  28. Naja, aber es ist ja auch nicht so, dass man die 500 Meldungen alle im eigenen Medium bringen würde. Da hat irgendwer mit seinem Luftballonbringdienst eine GmbH gegründet und schickt erstmal ne Pressemeldung raus. Da braucht man nicht 10 Minuten zu recherchieren, bevor man diese Meldung links liegen lässt. Allgemein ausgedrückt, man nimmt ja sowieso eine Auswahl nach Relevanz vor, bei der das meiste im Papierkorb landet.

    In diesem Fall hätte das von Stefan geforderte Nachschauen bei der Quelle auch dazu führen können, dass man bemerkt, dass die Meldung eine nur relativ unbedeutende Wasserstandsmeldung ist, und daraus hätte man die Konsequenz ziehen können, die Nachricht niedriger zu hängen oder ganz wegzulassen. Wenn man natürlich entschieden hat, dass das jetzt eine tolle News wird, bevor man im Bilde ist, worum es genau geht, bleibt einem wohl nur das Aufsexen.

  29. Ok, ist nur eine Kleinigkeit, aber die Meldung mit der Überschrift „Zwölf Punkte in den letzten 101 Sekunden“ über ein NBA-Basketballspiel steht samt eines Artikels schon den ganzen Tag bei faz.net, wird dadurch aber auch nicht richtiger: Es waren nicht die letzten 101 Sekunden des Spiels, sondern des dritten Viertels. Da hätte aber wirklich nur eine Minute Recherche genügt…

  30. Mit einiger Verwunderung lese ich hier von den hehren Ansprüchen einiger selbsternannter moralischer Instanzen an (Online-)Journalisten. Aber wo bleibt deren Wissen um marktwirtschaftliche Mechanismen im allgemeinen und Mechanismen der Medienwirtschaft im besonderen?

    Was wird mehr nachgefragt: Sorgfältig recherchierte und teure oder gar nicht recherchierte und billige Informationen? Und welchen Teil der Nachfrage können wohl kostenlose Online-Medien abschöpfen?

    Und wie war das nochmal mit dem Content, den es zu liefern gilt? Verträgt sich der mit Recherche, die am Ende keine Meldung (weil nicht so relevant) herausbringt?

    Online-Medien „für umsonst“ werden – wenn mit Gewinnziel betrieben – nie Qualität liefern. Unser Vorteil: Wir Intelligenten wissen das (dachte ich bisher) und weichen auf andere Medien aus. Unser Vorsprung vor den Dummen wächst immer mehr. Ich hab nichts gegen Bildungsnot – so lange es die der anderen ist.

  31. @32/Raphael:
    Wenn man jede Agenturmeldung erst auf Richtigkeit prüfen muss, braucht man den Service nicht mehr nutzen.
    Dann rechnet ist das nicht mehr.

    Ich denke im vorliegenden Fall, bei dem es in dem Beitrag eigentlich geht, sollte eine gewisse Vorkenntnis einen gut informierten Journalisten stutzig machen, da ja, so weit ich das verstanden habe, der Vorsprung des Kandidaten schon vorher bestanden hat.
    „Obama lag bereits bei der letzten Umfrage im Juli vor Clinton“
    Mit dieser Vorkenntnis hätte ein Journalist dann noch nachrecherchieren müssen.

    Bei einem Spielergebnis helfen mir alle Vorkenntnis nichts.

  32. Jahrelanges Schlechtschreiben der SZonline durch SN (meistens hat er ja bedauerlicherweise recht) führen zu dem Erfolg, dass keinem Kommentator die eigentliche Pointe auffällt: Warum überlassen die Kollegen das nicht dem einen der ihren, der so drin im Thema ist, dass er gar nicht mehr recherchieren müsste?

    Jetzt sag mir keiner, der ist in Elternzeit…

  33. „Die Leute, die bei Online-Medien arbeiten, sind schlecht ausgebildet“ Ein Blick ins Impressum von z.B. SPON, sueddeutsche.de oder Welt Online hätte gezeigt, dass die deutliche Mehrheit der Redakteure ein abgeschlossenes Hochschulstudium, Volontariat und eine Menge Erfahrungen durch Praxis, Praktika oder Journalistenschulen besitzen…

    Aber anscheinend zählt ein solides geisteswissenschaftliches Studium nicht mehr so viel wie ein Master of Business Admistration von einer ländlichen FH, oder was es sonst noch so Neues gibt… Aber darum geht es ja, die Arbeit von Anderen herabwürdigen und sie eines besseren belehren… Na, ja das Internet ist eh nur ein großer Irrtum…

  34. „Und er könnte sogar merken, dass die Meldung von AFP (WIS SO VIELE AGENTURMELDUNGEN) fehlerhaft ist.“

    Ich wundere mich ein bisschen darüber, das SN immer wieder künstliche Grenzen zwischen Mediengattungen aufbaut.

    Ich meine: Ein Journalist ist ein Journalist und schlampige Recherche ist schlampige Recherche. Egal von wem. Sicher gibt es bei Agenturen ebenso schlechte oder einfach satte Mitarbeiter wie bei Rundfunksendern, Online-Medien und Tageszeitungen. Agenturen aber ohne Unterlass als grundsätzliche Fehlerquelle hinzustellen, entbehrt – meiner Meinung nach – jeglicher Grundlage.

    Ist es denn wirklich so, dass ein schlechter Redakteur ist, wer einer Agenturmeldung vertraut? Arbeiten ausgerechnet bei Agenturen nur unfähige Mitarbeiter, die grundsätzlich Fehlinformationen verbreiten und den man unbedingt misstrauen sollte? Und was genau ist damit gemeint, dass VIELE Agenturmeldungen fehlerhaft sind. 1 von 1000, 1 von 5, jede zweite? Und wie steht die Zahl in Relation zur Fehlerquote einer überregionalen Tageszeitung, eines Lokalblattes oder eines Online-Mediums? Ich versteh’s nicht…

  35. @ F.Kobel

    Ich hab das jetzt auf die schnelle nicht geprüft und glaube Ihnen daher, daß Ihre Aussage hinsichtlich der hervorragend ausgebildeten Online-Redakteure den Tatsachen entspricht.
    Wenn dem so ist, muß ich sie aber fragen, warum z.B.gerade in der Online Ausgabe der SZ das komplette Chaos herrscht. Es sind ja nicht nur die schlecht geschriebenen Artikel an sich, sondern vor allem die haarsträubenden orthographischen und grammatischen Fehler, die den Leser erbleichen lassen. Wenn das von geisteswissenschaftlich ausgebildeten Redakteuren zu verantworten ist, dann können Sie diese Herrschaften samt ihrer Diplome und Praktika nach Hause schicken. Der letzte könnte an die Tür nageln: Wegen PISA geschlossen.

  36. @Gregor Keuschnig: Es hat nichts mit der Sache zu tun, lediglich mit Deinem Diskussionsverhalten. Du hast mir unterstellt ich würde gerne „übernehmen“, um sich nicht mit meinen Argumenten auseinandersetzen zu müssen. Ich stehe in Konkurrenz zum Agenturjournalismus, habe aber trotzdem etwas gegen Schwarz-Weiß-Malerei und billige Polemiken.

  37. @ 40: das Chaos kann ich ihnen auch nicht erklären… lebe nicht in München… auch keine Ahnung wo und warum unser Bildungssystem versagt… ansonsten stimme ich ihnen eigentlich völlig zu… mit ging es eigentlich nur darum, dass wenn man schon die Arbeit Anderer (berechtigt) vernichtet, wenigstens etwas Respekt vor deren Leistungen zeigt. Und sind es nur Urkunden… eine Ausbildung finde ich immerhin noch etwas besser als keine Ausbildung… und die Redakteure von großen Onlineauftritten sind in der Regel offiziell nicht am unteren Ende der Bildungsspirale anzusiedeln… die sind für die Arbeit eher überqualifiziert… aber so ist das heute halt.. es weiß halt meistens immer einer besserer…

  38. @Torsten
    Sie schreiben, Agenturmeldungen werden nicht abgeschrieben, sondern übernommen. Denn Abschreiben bedeute ja zitieren. Ich sage: Abschreiben bedeutet in diesem Zusammenhang, den Tenor einer Meldung kritik- und recherchelos zu übernehmen. Ich nenne das „abschreiben“. Das ist natürlich etwas anderes als Zitieren.

    Wie ist der Tenor in dem Beispiel dieses Beitrags hier? Er lautet: ‚Obama hat Clinton in der Wählergunst in Iowa überholt‘. Wie man dies nun aufhübscht und/oder mit Superlativen versieht, zeigt Niggemeier ja schön. Fakt ist aber – und das zeigt Stefan Niggemeier auch – diese Feststellung ist falsch. Es hätte – so die These – mit zehn Minuten „Aufwand“ geklärt werden können, dass diese Aussage falsch ist.

    „C.J.“ (Nein, weiteren „Klärungsbedarf“ habe ich von Ihnen nicht) sagt: Der Journalist kann für die falsche Agenturmeldung nichts. Das hat aber auch niemand behauptet. Aber er kann natürlich sehr wohl etwas für die Weiterverbreitung dieser Nachricht. Sofern er denn überhaupt ein Journalist ist.

    Ach ja, Agenturmeldungen kann man ja nicht recherchieren sagen Sie: „Wenn Redakteure ausnahmslos jede Meldung im Detail nachrecherchieren würde, bräuchte man die drei Mal so viele Redakteure und die Zeitung von heute würde übermorgen erscheinen.“ Das ist natürlich auch nur eine Schutzbehauptung. Die Zeitung wäre vielleicht dünner, aber Sie verwechseln Quantität mit Qualität. Ich verrate Ihnen bestimmt kein Geheimnis: Die Meldung beispielsweise, um die es hier geht, hat nämlich in Wahrheit einen Informationswert gen null! Sie nicht zu lesen, wäre kein Verlust.

    Wenn man aber den Agenturmeldungen per se einen Persilschein ausstellt, was bedeutet das denn für die gemeldeten Nachrichten? Sind diese vielleicht durch den Konsumenten selber zu überprüfen? Wie können so komplexe Sachverhalte vermittelt werden? Das Beispiel in diesem Beitrag hier ist natürlich eher banal – aber: es bleibt jahre- ja, vermutlich sogar jahrzehntelang im Internet. Genauso wie die Richtigstellung. Nebeneinander – und zunächst einmal wertungslos. Welche Version stimmt denn? Die mit den meisten Google-Treffern? Und man stelle sich dies mit – wie gesagt – komplexen, wirklich „wichtigen“ Nachrichten vor. Ich hoffe, dass mit der „Korrekturspalte, Nachbesserung der Onlinemeldung, Ignorieren“ war nicht ernst gemeint.

    In Wirklichkeit braucht doch für das „Abschreiben“ (ich beharre auf dieses Wort) niemand mehr einen Journalisten. Was glauben Sie, warum beispielsweise einige Onlineredaktionen so aussehen, wie Niggemeier das hier häufig enthüllt? Mit der Rechtfertigung dieses Zustands heben Sie Ihren Berufsstand immer weiter aus dem Sattel.

    Und Sie reden von „billiger Polemik“?

  39. Sie schreiben, Agenturmeldungen werden nicht abgeschrieben, sondern übernommen. Denn Abschreiben bedeute ja zitieren.

    Nö.

  40. Ganz so einfach ist es mit der Kritik dann nun auch wieder nicht. Tatsächlich IST das Umfrageergebnis ein bemerkenswertes, weil seit der genannten Umfrage aus dem Juli knappe zwei Dutzend Umfragen in Iowa Hillary Clinton vorne sahen (hingegen nur eine Obama und drei John Edwards). Insofern HAT Obama Clinton sehr wohl überholt, und tatsächlich IST ihr Image der „Unvermeidbarkeit“ in den letzten Wochen erstmalig ein wenig angekratzt worden.

    Daß Obama vor über vier Monaten schon einmal in einer Umfrage vorn lag, heißt da wenig, denn vier Monate sind im US-Wahlkampf nun einmal eine Ewigkeit. (John McCain wird das bestätigen können.) Hinterfragen kann man natürlich, inwiefern die Umfragen von ABC / WaPo vielleicht gegenüber anderen Auftraggebern eher nur Ausreißer sind, wenn hier Obama zweimal vorn lag, in den meisten anderen Umfragen hingegen nicht. Das ändert aber nichts daran, daß das Ergebnis dieser genannten Umfrage durchaus aus dem Rahmen fällt und somit eine Nachricht wert ist.

    Wenn DIESES Beispiel im Übrigen das größte Problem ist, daß Sie mit der Amerika-Berichterstattung der deutschen Online-Medien haben, dann sollten Sie sich vielleicht doch einmal intensiver mit den Machwerken der Herren Pitzke, Mascolo oder Spörl auseinandersetzen, bei denen oft erschreckende Unkenntnis bzw. inhaltliche Fehler mit massiver Meinungsmache garniert werden.

  41. [quote]Es geht nicht um die Information (die hier uninteressant gewesen wäre) sondern um die Schlagzeile.[/quote]

    Sehe ich ähnlich, möchte es aber noch pointieren. Es geht in allererster Linie um die Frage, ob sich eine Nachricht [i]verkaufen[/i] läßt bzw. ob sie den allgemeinen Kriterien zur Gewinnmaximierung (Auflagensteigerung, bzw hier: Erhöhung der Anzahl der Webseitenbesucher) entspricht. Alleine diese Kriterien entscheiden heutzutage, ob eine Nachricht eine Nachricht wird. Zu viel Recherche kann da nur stören …

  42. @ts: Welche meiner Formulierungen lässt Sie vermuten, dass dieses Beispiel das größte Problem sein könnte, das ich mit der Amerika-Berichterstattung der deutschen Online-Medien habe?

  43. Danke, ts. Die AFP-Meldung sieht die WaPo/ABC-Umfrage im Kontext sämlicher Umfragen und nicht nur im Hinblick auf jene von diesem Auftraggeber.

    Man wird hier zugeben müssen: Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass in zahlreichen Kommentaren zehn Minuten Recherche eingefordert werden ohne selbst mal zehn Minuten zu investieren um sich mit dem Sachverhalt vertraut zu machen. Immerhin wird es so nachvollziehbar, wie bequem es ist, das, was einem vorgesetzt wird, nicht weiter zu überprüfen.

  44. PS: Auf der von Ihnen verlinkten Seite stehen 47 Umfragen. In 26 davon liegt Clinton vorn. Und Sie finden die Aussage, Clinton habe „in allen Umfragen“ vorne gelegen („Bild“ schreibt sogar „klar vorne“), nicht so falsch.

  45. Na ja, die anderen Dinge, die jedenfalls mir bei Gelegenheit immer wieder einmal auffallen und übel aufstoßen, habe ich hier jedenfalls meist nicht gefunden, obwohl ich sie für verheerender hielt als die hier angesprochene, wie ich finde eher banale Angelegenheit.

    Etwa neulich die für ein vermeintlich seriöses Medium schwer erträgliche SpOn-Schlagzeile zum Sarkozy-Besuch: „Amerikaner unken über Bushs neuen ‚Pudel'“ (nur noch über Google zu finden, da stillschweigend in „America, mon amour“ abgeändert, was sprachlich allerdings auch nicht sehr viel Sinn ergibt).

    Oder die völlig falsche Behauptung Marc Pitzkes, Jimmy Carter habe 1992 den Friedensnobelpreis erhalten und dies sei auch durch seine Kritik an Bush sr. begründet gewesen. (Diese Passage wurde, wie dies bei SpOn leider häufig geschieht, dann ohne irgendwelche Kennzeichnungen des ursprünglichen Fehlers später abgeändert.) Ganz abgesehen einmal von Formulierungen wie „Klimapapst“ oder „Klimakrisenleugner“, die für einen seriösen Journalisten einfach nur peinlich sein sollten, aber in der Amerika-Berichterstattung bei SpOn gang und gäbe sind. Auch die generelle Tendenz, die Darstellungsform des Berichtes zunehmend mit der des Kommentares zu verschmelzen, ohne das zu kennzeichnen, finde jedenfalls ich bedenklich und einer Debatte wert.

    Das sollte aber gar kein Vorwurf an Sie sein – ein Blog ist ja sowieso dazu da, das zu behandeln, was einen selbst am meisten interessiert / beschäftigt. Ich finde nur, daß die journalistische Vorgehensweise bei SpOn (und eben nicht nur die der dortigen Praktikanten o. ä., sondern sehr wohl auch die der erfahrenen Profis) im Vergleich zur berechtigten Kritik an anderen Medien (Bildblog als herausragendes Beispiel) insgesamt hierzulande zu kurz kommt. SpOn ist oft genug nicht weniger unseriös als Bild, wird aber – auch und gerade in höheren Bildungsschichten – sehr viel ernster genommen.

  46. Noch zu den Umfragen:

    Sie schreiben:
    „PS: Auf der von Ihnen verlinkten Seite stehen 47 Umfragen. In 26 davon liegt Clinton vorn. Und Sie finden die Aussage, Clinton habe „in allen Umfragen” vorne gelegen („Bild” schreibt sogar „klar vorne”), nicht so falsch.“

    Dazu ich:
    Seit der von Ihnen erwähnten Umfrage aus dem Juli, in der Obama vorn lag, gab es der Übersicht zufolge 24 Umfragen. In 20 davon lag Clinton vorn. Alle anderen Umfragen, die Sie in Ihre Zahl 47 packen, stammen aus der Zeit vor der Juli-Umfrage. Für wie relevant halten sie diese in Bezug auf die aktuelle Entwicklung? Sind Sie demgegenüber nicht meiner Meinung, daß es schon eine gewisse Aussagekraft hat, wenn jemand in den letzten vier Monate in 20 von 24 Umfragen vorn lag, teilweise zweistellig? Und daß es dann im Umkehrschluß auch eine gewisse Relevanz hat, wenn jemand in einer Umfrage vorn liegt, der dies seit Juli sonst nur einmal in 24 Fällen getan hat?

    Dies kann nun natürlich zwei Gründe haben: Die Umfrage liegt daneben (möglich, weil auch das Juli-Ergebnis ungewöhnlich war), oder es hat eine bemerkenswerte Veränderung stattgefunden – was angesichts der Reaktion auf die vorletzte Debatte der Demokraten durchaus denkbar erscheint. Ich finde jedenfalls schon, daß das Ergebnis eine Schlagzeile wert ist. Erst recht, wenn man sieht, daß etwa jedes neue Umfragetief für Bush hierzulande ein großes Echo hervorgerufen hat, obgleich die Veränderung oft statistisch nicht aussagekräftig (weil innerhalb der Fehlermarge) war.

    Bild hätte natürlich nicht von „allen“ Umfragen sprechen sollen, sondern von „fast allen Umfragen der letzten vier Monate“, okay, aber ich würde doch dabei bleiben wollen, daß die Aussage nun so völlig daneben, wie Sie es darstellen, nicht war.

  47. Ich habe dann ein etwas altmodischeres Verhältnis zu Worten als Sie. Nach Ihrer Definition könnte man auch sagen, Mutter Theresa hat nie den Nobelpreis gewonnen. Hat sie ja auch fast nie.

    Wegen der anderen Umfragen habe ich oben mal einen Nachtrag gemacht.

  48. Da schätzen Sie mich falsch ein. Grundsätzlich würde mich sehr freuen, wenn immer absolut präzise und zutreffend formuliert würde. Ich bin da nur Realist und kann dann immer noch eher mit jenen Fehlern leben, die in der Tendenz durchaus zutreffende Dinge „nur“ zuspitzen, als mit jenen, die zur Verbreitung völlig falscher Informationen führen. Von Letzteren gibt es leider auch mehr als genug, und aus meiner Sicht sind das „würdigere“ Fälle für so harsche Kritik.

    Ansonsten vielen Dank für den Nachtrag. Das ist eine Form der Transparenz, bei der sich viele „traditionelle“ Medien von manchen Blogs m. E. eine dicke Scheibe abschneiden könnten.

  49. @45/ Gregor Keuschnig
    Also DAS alles soll ich gesagt haben, was sie da schreiben?
    Nein, habe ich natürlich nicht. Aber mir ist das nun einfach zu doof, mich nun auch noch wiederholen zu müssen um klar zu stellen, dass ich das alles so oder größtenteils gar nicht geschrieben habe.
    Sie sind ein ungemein unangenehmer da ungenauer Diskussionspartner. Sie interpretieren mir zu viel in das Geschriebene anderer rein und stellen das dann als deren Aussage hin.
    Das wird mir nun zu affig.

  50. @57/C.J.
    Zitat C.J. Und für Falschmeldungen der Agenturen kann der Journalist ja auch nichts.
    Meine Antwort: „Das hat aber auch niemand behauptet. Aber er kann natürlich sehr wohl etwas für die Weiterverbreitung dieser Nachricht. Sofern er denn überhaupt ein Journalist ist. “
    Zitat C.J. Also DAS alles soll ich gesagt haben, was sie da schreiben? Nein, habe ich natürlich nicht.
    Der Rest meines Kommentars #45 bezog sich auf Torsten. Steht ganz oben.

    Wer ist jetzt ungenau?

  51. Well, es hätte auch schon gereicht, wenn sich jemand die Mühe gemacht hätte, in die „METHODOLOGY“ zu gucken. Dann hätte er gelernt, dass die Fehlermarge bei +/- 4,5 Prozent liegt und gerade 500 Leute telefonisch befragt worden sind. Somit von „vorbeiziehen“ zu sprechen, finde ich ziemlich abenteuerlich. Aus diesem Grund benutze ich solche Umfragen in meiner Berichterstattung auch nur als Wasserstandsmeldungen oder Trendmesser – und zwar einen von vielen. Mit absoluten Zahlen zu handtieren, finde ich in diesem Zusammenhang unseriös. Aber ich hatte auch mal einen Statistik-Kurs in der Uni… Außerdem muss ich meine Kunden mit Qualität davon überzeugen, dass sie sich weiterhin den Luxus eines freien Auslandskorrespondenten leisten sollen.

  52. Ne ganz einfache allgemeine Festellung ist doch: „Was ist das besondere an dieser Wahl?“. Ich kenne weder von Obama noch von McCain die wahre politische Vorgeschichte. Mir ist die Wahl in den USA (wenn sie überhaupt stattfindet) sowas von egal. Der Fahrplan für die nächsten Monate und Jahre steht doch sowieso.

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