Dr. Heindl war der Mann, der in der Ratesendung „Die Pyramide“ in den achtziger und frühen neunziger Jahren dafür zuständig war, heikle Entscheidungen zu treffen. Etwa: Kam die richtige Antwort noch in der Zeit? Zu sehen war Dr. Heindl nie. In Zweifelsfällen nahm Dieter Thomas Heck per Telefon Kontakt zu ihm auf, und die Gespräche haben tiefe Spuren im Gedächtnis des Teils der Generation Golf hinterlassen, der seine Samstagabende vor dem Fernseher verbrachte.
Heindl schien ein humorvoller, gradliniger Jurist zu sein, vor allem aber war er für Heck „Herr Doktor Heindl“. Der Titel stellte einen unverzichtbaren Bestandteil des Namens dar (ähnlich wie das MDR-Fernsehballett bei Heck grundsätzlich das „fabelhafte MDR-Fernsehballett“ war), und wenn Heck ihn aussprach, deutete er dazu gerne eine Verbeugung an. Jedes Gespräch nutzte Heck zu einer Demonstration des richtigen Umgangs mit Autoritätspersonen: Weil man ihrer Willkür ausgeliefert ist (und Heck sprach mit Heindl immer, als könne der ihn mit einem Knopfdruck dauerhaft vom Bildschirm entfernen), empfiehlt sich ein überkorrektes Auftreten, notfalls jenseits der Grenze zur Unterwürfigkeit. Die Entscheidungen sind zu befolgen, aber zum Ausgleich darf man sich hinterher über sie und Diedaoben lustig machen. Der eigene Status Hecks zeigte sich nur darin, dass er sich manchmal sogar im Gespräch selbst Spuren von Ironie erlauben durfte.
In den ebenso witzigen wie unerträglichen Telefonaten mit Dr. Heindl zeigte sich, was Heck ausmacht: Da steht kein weltläufiger Mensch auf der Bühne, sondern jemand, der es aus kleinen Verhältnissen nach oben geschafft hat und sich nun so verhält, wie der kleine Deutsche glaubt, dass die großen, weltläufigen Menschen es tun, mit all den Umgangsformen und –formeln, mit den Wichtigkeitsgesten, die bei ihm hoffnungslos übertrieben und manieriert, aber ernst gemeint sind: der im freien Stand auf die andere Hand aufgestützte Arm; das rotierende Handgelenk; der um Aufmerksamkeit heischende Zeigefinger, und nicht zuletzt, wie er Frauen an beiden Händen nimmt, bevor er sie mit gespitzten Lippen beinahe auf den Mund küsst. Dazu trägt er einen korrekten, konservativen Zweireiher und als kleines exzentrisches Accessoire: Armkettchen, die klimpernd die Gesten untermalen.
Heute um 20.15 Uhr moderiert er seine letzte Sendung. Zum 70. Geburtstag im Dezember schenkt sein ZDF ihm noch eine Gala mit Johannes B. Kerner, der längst in Hecks Rolle geschlüpft ist: ohne das Schlagergedöns natürlich, aber mit der Garantie, dass der Oberbürgermeister mit dem korrekten Titel und einer kleinen Verbeugung angesprochen wird und auch das MDR-Fernsehballett nicht auftreten muss, ohne dass irgendein tönernes Adjektiv vor seinem Namen steht.
(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
kerner ist also der neue heck. so habe ich das noch nie gesehen. je länger ich drüber nachdenke: vertretbar!
Ich habe Heck im Supermarkt kennn gelernt, lange bevor ich ihn im Fernsehen kannte. Im Supermarkt fiel er durch Großkotzigkeit auf. Er kam rein und sagte mit erhobner Stimme „Hallo Leute“. Meine Nachbarin antwortete ebenso laut „Wer ist denn das?“ und ich fand das lustig, so mit zehn. Heck kam aus meinem Dorf und irgendwie konnten ihn dort sehr wenige Menschen leiden. Persönlich gesprochen habe ich nur einmal ganz kurz mit ihm. Weiß auch nicht mehr was. müssen so ein oder zwei Sätze voller Belanglosigkeiten gewesen sein.
Warum ich das erwähne? Weil ich es interessant finde, wie so etwas färben kann. Ich konnte Heck nie gut finden. Wenn ich ihn sah, im Fernshen, bei aktuellen Sendungn oder bei Rückblicken aus der Vergangenheit, hatte ich immer diesen Typen aus dem Dorfsupermarkt im Kopf und musste umschalten.
Andererseits muss ich bei Kerner auch umschalten. Vielleicht liegt’s also gar nicht an der Nachbarschaft…
Ich widerspreche. Vehement. Dem unsäglichen
Hitler-Kerner-Vergleich. Kerner wird durch den Vergleich mit Heck total verharmlost, geradezu geadelt. Muss man den immer diese Kerner-Vergleiche machen?Der Satz
ist eine – in meinen Augen – hervorragende Beschreibung des Phänomens Heck. Diese zur Schau getragenen Kleinbürgerlichkeit mit „Künstlernamen“ hat ihn mir ganz oft fast sympathisch gemacht – solange er nicht sang. Gut, ich war ja auch noch ein Kind.
Trotzdem: Warum hat der Artikel nur einen so negativen Tenor? Das hat er nicht verdient, der Dieter, der Thomas, der Heck.
JBK gehen DTHs Showelemente zwar völlig ab (gut, verschämtes Grinsen hinter der Hand hat er wie kein Anderer drauf), aber ansonsten schließe ich mich dem Erstkommentator an — fein beobachtet!
Johannes B. Kerner. Never trust a man with three names. Reinhold Beckmann genauso. Unerträglich dumm und anbiedernd.
Heck=Kerner?Heck=Kerner!
Ein echter Niggemeier.
I´m amused.
Heck, Kerner, Beckmann – man sieht, was die Hamburger High-Society aus den Menschen macht.
[…] Heck, die fleischgewordene Sprechpause, hat aber morgen Sendepause. Laut Herrn Niggemeier ist der Johannes, der B., der Kerner der neue Heck. Der Johannes, der alte […]
graduierter dieter thomas ~ mensch, darüber hab ich echt keine meinung.
habe von turi gelernt, berichter/betrachter dieser tratschigkeit nennen sich medienjournalisten.
Ich finde es sehr schön, wie du es immer wieder schaffst, in deine Kommentare deinen Groll auf Kerner einzuflechten. Ich verstehe deine Antipathie sehr gut, nur weiter so :)
Man traut sich gar nicht, trotz des Meinungsmonopolismus von Stefan und seinen Kommentatoren bzgl. Kerner einen Anflug von Sympathie zugunsten von JBK zuzugeben.
Hat der gute Mann euch eigentlich irgendwann mal ein Förmchen oder so geklaut? Oder schauspielern einige hier nur ihre Abneigung gegen Kerner, weil es Schick ist, so a la „Ich hab früher auch im Supermarkt Lollis geklaut und trage heute Anzug“
Ich find den Kerner sympatisch, und zwar weil er so ist, wie er ist.
Schönen Abend, Thomas
„Meinungsmonopolismus“ ist nicht nur als Vorwurf albern, sondern auch als Wort schön. Herr Guertler, übernehmen Sie?
Nur mal so am Rande: Der MDR wurde erst 1991 gegründet. Heck kann also kaum in den 80ern in der (von mir zum Glück schon als Kind verhassten aber trotzdem jedes Wochenende verfolgten) „Pyramide“ vom „formidablen MDR-Fernsehballett“ gesprochen haben.
[…] Contragnose Stefan Niggemeier fremdelt immer noch ein wenig mit dem Blogpapsttum. Anstatt sich wie die Eiche zur Sau zu verhalten, wenn offenbar schwer übernächtigte Blogger ihm Meinungsmonopolismus vorwerfen, ruft er um Hilfe: […]
Heck war natürlich weit vor der „Pyramide“ eine „Marke“ des ZDF – durch die „Hitparade“. Wieso dieses Rollenspiel Heck-Heindl in diesem Artikel über Heck soviel Raum einnimmt, erschliesst sich mir ehrlich gesagt nicht.
Auch dieser despektierliche Tonfall nicht. Was ist daran grundsätzlich verwerflich, wenn es jemand „aus kleinen Verhältnissen“ (das stimmt übrigens so gar nicht, wenn man sich die Biografie von Heck genau anschaut) „nach oben“ geschafft hat? Dass er keine akademischen Allüren spazieren führt? Oder ohne Protektion Dritter auskam?
Interessant wäre gewesen, einmal herauszuarbeiten, warum jemand wie Heck, dessen „Hitparade“ mindestens Anfang der 70er Jahre als fast jugendverderbend galt, von exakt dieser Generation (der Elterngeneration) später zu ihrem Liebling ernannt wurde („Melodien für Millionen“). Oder wie Heck sehr wohl selbstreflexiv im „Millionenspiel“ die Rolle des TV-Moderators spielt.
Heck mit Kerner zu vergleichen, ist fast eine Beleidigung. Ich habe Heck nie besonders gemocht (er moderierte auch nicht die Art Sendung, die mich interessiert), aber dessen Format wird jemand wie Kerner nie erreichen.
Ich habe von Kerner ungefähr genauso wenig gesehen wie von Heck, konnte (vielleicht deshalb)aber keine besondere Ähnlichkeit feststellen. Heck ging mir auf die Nerven mit seiner bemühten Showigkeit, Kerner kommt einfach zu spät, aber wenn ich ihn mal sehe, war immer irgendwas interessantes dabei. Das kann ich von Hecks Sendungen nur wirklich überhaupt nicht sagen.
Was ich an diesem Artikel wirklich schön finde, ist die Formulierung: „irgendein tönernes Adjektiv“.
Habe Heck ‚mal kurz backstage kennen gelernt, sicher: zu laut, zu überzeugt, aber hoch professionell, der wusste in seinem Genre und seinem Job Bescheid – was man bei Kerner nicht empfindet, der in freier Rede so dämliche Fragen stellt, dass man sich wirklich fragt, warum er den Job hat, den er hat.
Aber, Qualität kann man nicht messen, nur Mengen, und Kerner guckt ’ne ganze Menge Leute, dann muss er wohl gut sein..
.. den Vergleich mit Kerner hat Heck nicht verdient. Kerner umgekehrt aber auch nicht.
@13: jetzt müsste man nur noch die Textstelle finden, wo steht, dass Heck das MDR-Fernsehballett in den 80ern mit dem formschönen Adjektiv angekündigt hat.
Ich kann sie nicht finden, weshalb ich vor’m Klugsch… grundsätzlich empfehlen kann, ein Zitat betreffender Stelle zu versuchen, dann merkt man’s ggf. vorher, dass man sich ein wenig selbst veralbert vor einer nicht allzu kleinen Leserschaft.
Ich persönlich fand DTH mein Leben lang ätzend. Das ist so ziemlich das passendste Wort. Die Spielshow „Pyramide“ selbst ist anziehend und deshalb kenne ich ihn von dieser Sendung, meines Erachtens wäre sie ohne ihn vielleicht aber noch besser gewesen.
Er vertritt die „alte“ Form den Moderators möchte man meinen, doch der Vergleich mit JBK und RB verdeutlicht, dass man diese durch die „Eingewöhnungszeit“ in ran einfach nur anders kennen gelernt hat um jetzt zu merken, dass sie genauso seifig und seiernd daherkommen – und in 30 Jahren sicherlich die Kids von heute zum 70sten ähnliche Aussagen treffen wie wir über DTH heute.
Wobei für mich persönlich Thomas Gottschalk noch mit in die Kategorie gesteckt werden müsste wenn er nicht so absolut unfähig im Bezug auf den „Talk“ wäre. Mir persönlich gefallen deshalb die Verrisse seiner 16-Millionen Samstagabendshows auf SPON immer wieder sehr gut, und in diesem Tenor Grundton liest sich auch dieser Artikel hier :-)
wenn ich den Namen DTH höre (den ich nur einmal am Nachbartisch beim Bonner Presseball „irl“ erlebt und als recht großtuerisch empfunden habe, sonst aber im TV konsequent ignorierte), fällt mir immer wieder einer meiner absoluten Lieblings-Kalauer aus „RTL Samstag Nacht“ ein, genauer gesagt aus der Rubrik „Neues vom Spocht“ – den ich euch (ihr habt es aus der langen Vorrede bereits erraten) jetzt natürlich auch aufzwinge:
Was kann man beim Skispringen regelmäßig sehen? – Dieter Thoma’s Heck….
(Anmerkung: das Apostroph wurde eingefügt, um das Wortspiel besser erkennbar zu machen)
an #2, Julian
Sei herzlich bedankt! Seit Jahren warte ich auf eine Gelegenheit, mal einen Laden zu betreten und in der kessen Stimmung zu sein, Loriot aus ‚Pappa ante Portas‘ zu zitieren: „Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein“. Du meine Güte, wär‘ mir das jetzt peinlich!!!
DTH gehört zu den 70ern und 80ern wie selten etwas anderes. Und die Hitparade war voll i.O. Pssst, ebenso die Goldkettchen. Aber nur in den 70ern und 80ern …
Bin enttäuscht dass man im modernen Deutschland DTH noch so viel Aufmerksamkeit schenkt.
Sein Werk besteht meistens aus seiner Selbstdarstellung.
Es wird ihm immer noch die Gelegenheit gegeben, mit seiner Unterhaltung, von den wichtigen Dingen die in Deutschland im Argen liegen, abzulenken.
HPA Stavanger, Norge
Die Hitparade war immer sehr gut mit den schönen Schlager. Aber auch die veschiedenen Hits von Dieter Thomas Heck wie zum Beispiel: Jeder hat einmal eine Chance, Die kleinen Dinge des Lebens, sind so wunderschön, wo ich auch auf eine Platte habe. Ein ganz grosses Kompliment an Dieter Thomas Heck!
Viele Grüsse von Heinz
„ES IST MITTERNACHT JOHN“ (vinyl/CD) ist auch ein ganz großes stück pop. und dieter thomas heck hat es für uns gesungen.
Für einen Kerner – Heck Vergleich müsste Kerner ein Wunder vollbringen! Nämlich eine Zeitreise antretten. DHT Zeit war im 20. Jhd HALLOOOOO WIR SIND BEREITS IM 21. JHD!!!!!!! p.s.: Tiefstappler wie Kerner darf man nicht so ernst nehmen!
@25: DHT? bzw. ?????????????
Der Dieter, der Hohmas, der Teck!
x-)