„Spiegel Online“ exklusiv: Nadja B. liest!

Bei „Spiegel Online“ stehen sie ja irgendwie doch auch in der großen Tradition des investigativen Journalismus. Und im Panorama-Ressort, das von zwei ehemaligen „Bild“-Redakteuren geleitet wird, hat man natürlich ganz besondere Kontakte zu Insidern in der Unterhaltungsbranche.

So musste sich das führende deutsche Nachrichtenportal bei seiner Berichterstattung über die Verhaftung der Sängerin Nadja B. nicht auf die Agenturen beschränken, und Vize-Ressortleiter Jörg Diehl konnte exklusiv enthüllen:

Nadja B. wird von Beobachtern der Musikszene als "sehr intelligent, sehr eloquent" beschrieben. "Allerdings ist es nicht so, dass sie diese Eigenschaften einsetzte, um innerhalb der Band den Ton angeben zu wollen", sagte ein Insider SPIEGEL ONLINE. "Bei Diskussionen wartet Nadja zum Beispiel am längsten, bis sie sich einmischt. Sie hört aufmerksam zu und bringt dann sehr überlegt ihre Argumente vor." B. sei ein introvertierter Typ, "man sieht sie fast nie ohne ein Buch in der Hand". Es gehe ihr nicht um den Starrummel, sondern um die Musik. "Deshalb war es für sie nicht dramatisch, als sich die No Angels 2003 vorläufig trennten. Sie will Musik machen - in welcher Form, in welcher Formation, ist zweitrangig." Die 26-Jährige sei ein Familienmensch, habe besonders zu ihrer Tochter ein inniges Verhältnis, "die beiden sind wie Freundinnen", sagte der Szenekenner.

Ob sie auch guten Linseneintopf kochen kann, dieses Talent aber nicht missbrauchte, um sich gegenüber dem Catering zu profilieren, scheint Diehl allerdings nicht in Erfahrung gebracht zu haben.

Inzwischen hat „Spiegel Online“ die Passage ersatzlos aus dem Artikel gestrichen. Das widerspricht zwar der allgemeinen Annahme, dass das Medium für deutsche Verhältnisse vorbildlich transparent mit Korrekturen und Änderungen an Artikeln umgeht, deutet aber wenigstens darauf hin, dass dort noch nicht alle Kollegen im Boulevardisierungswahn und Produktionsrausch den Verstand verloren haben.

Korrektur, 13.25 Uhr. „Spiegel Online“ hat doch nichts gestrichen. Ich habe nur zwei Artikel zum Thema verwechselt. Die oben zitierte Passage ist weiter online. Ich habe „Spiegel Online“ überschätzt. Entschuldigung!

Nachtrag, 16. April. Ich habe nachträglich versucht, die Beschuldigte, so gut es geht, unkenntlich zu machen. Ich weiß, dass man das lächerlich finden kann, weil ihr Name überall steht. Aber das ist ja kein Grund, dass er hier stehen muss.

110 Replies to “„Spiegel Online“ exklusiv: Nadja B. liest!”

  1. Das mit der Transparenz bei Korrekturen kann ich aus eigener Erfahrung so gar nicht bestätigen. Ich habe SPON schon vielfach auf Dinge hingewiesen, die dann berichtigt wurden, aber ein Korrekturhinweis hat sich danach nie auf der Seite gefunden. Das ging bis hin zu sachlich nachweislich falschen Behauptungen, die dann umformuliert oder gestrichen wurden, ohne daß es in irgendeiner Form erwähnt worden wäre.

    Oder wird bei anderen Online-Medien nicht einmal etwas verbessert, wenn es falsch ist, und SPON ist *deshalb* „vorbildlich“? :-)

  2. Ach Stefan, wenn das das einzige Problem an dem „Fall Nadja B.“ wäre.

    Warum muss man jemanden vor einem Auftritt verhaften, den man genausogut auch nach dem Auftritt verhaften könnte?

    Wieso und von wem wurden die Medien über die angebliche HIV-Infektion von Nadja B. informiert?

    Durch die „Information“ ist der Haftgrund „Wiederholungsgefahr“ ad absurdum geführt. Wieso entlässt man sie dann nicht wieder aus der Haft?

    Und wie will man nach 3 bis 5 Jahren beweisen, dass sie erstens von ihrer angeblichen HIV-Infektion wusste und zweitens das den betreffenden Männern nicht gesagt hat?

    Ja, ich weiß, dass Du Medienjournalist bist, und Dich primär mit solchen „lustigen“ Ergebnissen auseinandersetzen musst willst.

  3. @SvenR: Du hast natürlich Recht, dass all die Fragen wichtiger sind (und ich überlege auch, darüber noch was zu bloggen, und zwar exakt zu den Punkten, die Du angesprochen hast).

    Aber ich würde Dir widersprechen, dass die „Spiegel Online“-Geschichte in irgendeiner Weise „lustig“ ist.

  4. @SvenR

    Das mit der durch die veröffentlichte „Information“ nicht mehr gegebenen Wiederholungsgefahr war mir so noch nicht in den Sinn gekommen. Hat was…

    Ich frage mich allerdings eher, was in diesem Falle aus Privatsphäre, Unschuldsvermutung und vielen anderen lustigen Überflüssigkeiten geworden ist. Gut, für die [Gruppe] habe ich wenig übrig, aber die gute Frau ist doch so oder so erledigt.

    Und in der Bild-Redaktion müssen doch die Sektkorken geknallt haben. Da kann man so richtig schön wochenlang im Dreck wühlen und Details aus dem Sex-, Liebes- und sonstigen Leben häppchenweise auf die Titelseite packen…

  5. Wieso und von wem wurden die Medien über die angebliche HIV-Infektion von Nadja B. informiert?

    Laut Spiegel Online von der Staatsanwaltschaft Darmstadt per Pressemitteilung. Wahrscheinlich, weil das der Grund für ihre Verhaftung ist und sie prominent ist.

    Wieso ist die Wiederholungsgefahr ad absurdum geführt? Weil jetzt alle Männer informiert sind und Nadja B. sofort erkennen würden?

    Dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Infektion wusste, könnte z.B. ein datierter, ihr vorliegender Testbefund beweisen. Dass die Männer es nicht wussten, könnten diese aussagen, wobei man ihre Glaubwürdigkeit einschätzen müsste. Dass sie überhaupt Kontakt zu der Frau hatten, könnten möglicherweise Zeugen bestätigen, und vielleicht bestreitet sie es auch gar nicht.

    Ich finde den Fall jetzt nicht so merkwürdig, nur weil man als Außenstehender nicht alle Details kennt.

  6. Anderer Artikel, anderes Thema, aber auch SpOn:
    „Sein Anwalt warf der Staatsanwaltschaft vor, die Persönlichkeiten und
    die sexuellen Vorlieben von dem Angeklagten und dem Opfer nicht
    berücksichtigt zu haben.“ (
    SpOn
    ist immer wieder lustig.

  7. “Die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlungen aufgenommen, nachdem ein Mann vor einem Jahr gegen Nadja B.Anzeige erstattet hatte, sagte der Sprecher stern.de.”

    Wenn der Staatsanwaltschaft die Gesundheit der Bevölkerung so sehr am Herzen liegt, warum hat sie dann ein Jahr gewartet ?

  8. @ Stefan:

    Mkit „lustig“ meinte ich keinesfalls lustig. Mir ist nur kein anderes Adjektiv eingefallen, dass wirklich das richtige aussagt. Merkwürdig, seltsam, bekloppt, beschämend, irrelevant oder abseitig? Passt auch nicht.

  9. In der Wikipedia entbrennt auch gerade ein lustiger Streit, inwieweit Nadja B. eine Person der Zeitgeschichte ist und das Recht auf Schutz der Privatsphäre mit ihrer Teilnahme am Casting verwirkt habe. Als zuverlässige Quelle (oder wars moralische Instanz?) wird da auch das „größte deutsche Nachrichtenmagazin“ herangezogen.

  10. Herrlich.

    Genau DIESEN Artikel hat mir gestern ein Schulfreund gezeigt und ich habe darauf folgendes geantwortet:

    „das is spiegel online ich weiß nich wie viel davon wahr ist“ und „seitdem da vor zwei Jahren zwei ehemalige Bild.de Redakteure angefangen haben, muss man bei Spiegel.de erstmal das Blitz-Illu Gekröse von Artikeln runterkratzen“.

    Habe dann bei tagesschau.de gesucht und mich da informiert.

    Der Artikel vom Spiegel ist ein Witz hoch 5.

    Gut die Forderung nach sofortiger Freilassung von Seiten der Aidshilfe im Artikel bei Tagesschau.de ist auch diskussionswürdig, aber wenigstens berichtet die Tagesschau wertungsfrei über die Angelegenheit…

  11. @8(Andreas Bemeleit): Vermutlich, weil sie erst ermittelt hat, und erst jetzt genug Anhaltspunkte für einen Haftbefehl hat. Sowas nennt man Rechtsstaat.

  12. A propos tagesschau.de: „Popstars“ war damals eine RTL2-Sendung, nicht RTL… ist nur ein kleiner Unterschied, aber ich bin mir nicht sicher, ob der tagesschau.de-Redakteur das für unwichtig hielt (gleiche Sendergruppe) oder es aus Versehen „unrichtig“ schrieb.

  13. Meines Erachtens hat sich gestern im Laufe des Tages eine mediale Lawine ausgebreitet, die in einer Art modernen Inquisation gipfelte.

    Frau B. wurde nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch von der Öffentlichkeit denunziert, und dies, obwohl die Sachlage offiziell noch ungeklärt ist.

    Selbst, wenn sich der Vorwurf erhärten oder sich als korrekt herausstellen würde, die Art und Weise, wie die Dame in der Öffentlichkeit und von der Öffentlichkeit denunziert wird, gruselt. Niemand hat die Lizenz, diese Frau als „Unmenschen“ zu degradieren. Zudem find ich die rassistischen, mehr als nur überflüssig-unverschämten Bemerkungen in diesem Zusammenhang ekelerregend.

    Ungeachtet moderner Erkenntnisse im Bereich HIV (EKAF-Papier, Prof. Vernazza) und ohne die nötige Differenzierung der Termini HIV versus AIDS wird durch die Medienhetze kein öffentlicher Umgang mit HIV gefördert, sondern das Schweigen von Betroffenen verstärkt.

    Bei dem ganzen Hass, der einem gestern auf unzähligen Seiten, in Kommentaren und Blogs, entgegen schlug… abstruseste Vorschläge à la Tätowierungen von Positiven im Intimbereich, zwanghafte Isolation… woran mich das wohl grad erinnert?

    Zu fürchten ist das Eisen, das gerade geschmiedet wird – ein Eisen zur Pauschalisierung und zur Stigmatisierung…

    http://lhive.ch/44601/56201.html
    http://www.presseportal.de/pm/14407/1387051/deutsche_aids_hilfe_e_v

  14. Äh, nur ein bisschen abseits gefragt:
    Noch nichts über die in meinen Augen abgefuckteste Bild-Schlagzeile seit langem (zum selben Thema) – braucht die Aufarbeitung etwas länger?

  15. @abc #16

    Im Rechtsstaat gilt aber auch noch wie vor die Unschuldsvermutung. Und der Schutz der Privatsphäre.

  16. Die Medien haben sich schon länger auf die Bekämpfung von Menschen mit HIV und AIDS eingeschossen. Aus dem „Kampf gegen AIDS“ ist ein Kampf gegen HIV+ Menschen geworden. Anlässlich des Welt-AIDS-Tag 2008 hatte ich dieses Phänomen im Blog erläutert.

    “Kampf gegen AIDS” Vom Stereotyp zum Feindbild
    http://zwischenzeit.de/blog/?p=30

    Damals war mir nicht bewusst, welche Dimensionen diese Kampagne annehmen kann und wie weit sie in der Bevölkerung verwurzelt ist. Mit Grauen lese ich die Kommentare zum aktuellen Fall bei welt.de und anderen Medien.

  17. Noch besser ist ja eigentlich das mit der Tochter: Ach was, sie hat ein gutes Verhältnis zu ihrer Tochter! Ne, oder?! Und sie trinkt vermutlich auch sogar Wasser.

    Da packen die ja richtiges Insider-Expertenwissen auf den Tisch.

  18. @20, stefan:
    Der Titel von heute – falls das regional unterschiedlich ist: zumindest der der Köln-Ausgabe. Sehr widerlich, finde ich.

  19. @SvenR (3) „Warum muss man jemanden vor einem Auftritt verhaften, den man genausogut auch nach dem Auftritt verhaften könnte?“:

    Warum soll man bis nach dem Auftritt warten und sie nicht sobald wie möglich verhaften? Irgendwo (Tagesschau?) wurde gestern gesagt, dass man sie zuvor auch in ihrer Wohnung verhaften wollte, sie dort aber nicht anzutreffen war. Ob das wahr ist, vermag ich nicht einzuschätzen; ich beschäftige mich mit diesem Fall nicht intensiv, bekomme nur am Rand Informationsbröckchen mit.

  20. Oh… ich stelle grad fest, ich weiß es grad auch nicht so genau, wie ich es gerne hätte. Ich hab’s nur einem Zeitungsautomaten gesehen, dummerweise gibt’s die hier vom Express und von Bild, und zwar in der gleichen Farbe. Genaueres, wenn ich auf dem Weg nach Hause noch mal schauen konnte ;)

  21. Zu diesem Thema möchte ich den Brief von „Gossen-Goethe“ FJ Wagner an Frau B. empfehlen. Ist aber nichts für Choleriker.
    „(…)Wenn ich der […]-Sängerin nachts in meiner „Paris Bar“ begegnet wäre, dann hätte ich nicht an mein Kondom gedacht. Sie hat einen schlanken Rumpf, sie hat schöne Beine, einen großartigen Hintern.
    Niemals hätte ich gedacht, dass sie HIV-infiziert ist.(…)“
    Zum Kotzen!

  22. @ marko #26:

    Wegen der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Es geht hier ja „nur“ um eine angebliche schwere Körperverletzung durch einvernämlichen ungeschützen Sex. Vor drei bis fünf Jahren. Da ist keine Gefahr mehr im Verzug und durch das an den Pranger stellen durch die Staatsanwaltschaft und die Medien weiß sogar ich darüber Bescheid – somit jeder.

    Es geht nicht um Vergewaltigung, versuchten Totschlag oder gar Mordversuch. Sie war nicht schwer bewaffnet und versuchte auch meiner Kenntnis nach nicht den Club in die Luft zu sprengen. Man wollte scheinbar in die Presse.

    Wollen Sie, das nächste Mal, wenn Sie über eine rote Ampel gefahren sind vor aller Augen in der Kantine von Uniformierten den Führerschein abgenommen bekommen?

  23. Wie lächerlich ist denn die Unkenntlichmachung des Namens auf bildblog.de? Und die These: wer ohne Kondom Sex hat, verdient Aids, finde ich auch ziemlich – Zitat – „perfide“.

  24. Sie mag Ihnen lächerlich erscheinen, die Unkenntlichmachung, aber als ich sie gemacht habe, ist mir aufgefallen, dass es für BILDblog komplett unnötig ist, den Namen zu nennen.

    (Und die These lautet nicht: Wer ohne Kondom Sex hat, verdient Aids. Wer bei Rot über die Straße geht, verdient es ja auch nicht, überfahren zu werden.)

  25. und jetzt die Sternstunde des investigativen Journalismus bei bild.de: „…Seit Samstagabend sitzt […] in einer Einzelzelle (Waschbecken, Tisch, Bett)…“ [Fettung von mir]

  26. (optional kann man auch in den kommentaren auf die nennung des vollen, wenig zur sache tuenden, namens verzichten)

  27. Danke für den Artikel auf Bildblog. Ich hab in meinem Blog daraufhin den Namen aus dem Text meines Artikles in meinem Blog entfernt.

    . . . als ich sie gemacht habe, ist mir aufgefallen, dass es für BILDblog komplett unnötig ist, den Namen zu nennen. . .

    Das Thema um das es geht hat eine ganz andere Qualität als z.b. ne popelige Verhaftung wegen Schwarzfahrens z.b. Was hier medial praktiziert wurde gleicht einer Hexenjagd mit Folgen für das restiiche Lebens eines Menschen.

  28. Das ist natürlich (bei BILDblog) so ein Eintrag, der einerseits nach einer Kommentarfunktion schreit, weil er diskussionswürdig ist. Andererseits mag ich mir nicht ausmalen, was da in den Kommentaren abgehen würde.

  29. @SvenR/29
    Sie verkennen die Schwere des Vergehens. Wenn jemand tatsächlich in Kenntnis des Umstands seiner HIV-Infektion mit jemand anderem Sex hat, ohne ihn oder sie darüber aufzuklären, so ist dies keinesfalls eine bloße Bagatelle. Auch ein versuchter Mord ist in solchen Fällen durchaus zu diskutieren (wird jedoch jedenfalls an dem nicht sicheren Todeseintritt scheitern). Wer um seine Infizierung weiß, weiß in den allermeisten anzunehmenden Fällen auch um die Möglichkeit der Ansteckung. Ein bedingter Vorsatz, jemandem mit einer u.U. tödlichen Krankheit anzustecken, ist dabei auf jeden Fall zu bejahren.
    Die Anordnung der Untersuchungshaft steht damit allemal – bei Vorliegen eines Haftgrundes – zur Bedeutung der Sache in einem angemessenen Verhältnis.

  30. Gestern dachte ich schon, Stefan Niggemeier weilt noch im Osterurlaub als die Lawine der Wahnsinnigen losbrach und man nirgendwo eine vernünftige Zeile lesen konnte.

    Das ist sicherlich die unglaublichste Geschichte der letzten Jahre, allerdings waren die Medien diesmal nicht an vorderster Front der Dreistigkeit.

    Ursächlicher Auslöser war eine offizielle Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft und das ohne Anklageerhebung. Anschließend begann der Wettlauf der Hexenjäger.

    Im Sat.1-Frühstücksfernsehen heute durfte dann noch jemand die Sängerin der Prostitutionstätigkeit mit 14 Jahren ‚anklagen‘.

  31. @39 Bitte mal ausprobieren, bitte! Das ist nämlich das, was doch schade ist bei der Erweiterung des Bildblog: Dass hier weniger Einträge stehen und somit die fruchtbaren Kommentare wegfallen, die oft aufschlussreicher als die Artikel selbst sind.

    Ich kann verstehen, dass die Kommentarfunktion auf Bildblog einen neuen Arbeitsplatz schafft. Aber mal testen könnte man doch, vielleicht wär es nicht so schlimm?

  32. In den Bildblog-Artikel könnte noch ein Verweis auf Erasure nach dem Motto „Wie man’s macht, macht man’s falsch“. Vom Durcheinanderbringen von HIV und AIDS, das regelmäßig geschieht und Betroffenen nahelegt, über eine entsprechende Infektion zu schweigen, mal ganz abgesehen.

  33. den bildblog-artikel finde ich aus dem grund lustig, weil deine vorgehensweise mal wieder klassisch ist – reine persönliche empörung in wacker „kritische berichterstattung“ ummünzen, indem man so tut, als wären die eigenen gewährsmänner (schwulenverbände) in diesem fall nicht eindeutig identifizierbare partei, sondern irgendwas neutrales. vielleicht solltest du bei schwulen-themen auch mal einen persönlichen disclaimer anbringen (mein eindruck, der vielleicht falsch ist). perfide finde ich die insinuation „selbst schuld“ gegenüber den männern, die ungeschützt mit der beschuldigten/täterin geschlechtsverkehr hatten. und ja, sie ist nicht anders als die täterin in diesem fall. ein derart verantwortungsloser umgang mit dieser (und jeder anderen übertragbaren) krankheit wird nicht ohne grund bestraft.

  34. @mario: Ich wollte Ihnen gerade ernsthaft antworten (u.a. mit diesem Link), bis mir auffiel, dass Sie offenbar ernsthaft meinen, dass Aids ein „Schwulen-Thema“ ist. Tja, das dachte der Mann, der erst ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer Frau hatte und dann HIV-positiv war, offensichtlich auch.

  35. ach ja . . ich finde es immer wieder erquicklich wenn die marios den belehrer machen. insbesondere dann wenn ihren worten zu entnehmen ist das sie vom aktuellen gesellschaftlichen diskurs mindestens so weit entfernt sind wie oberammergau von flensburg.
    das wer ohne kondom vögelt und verschweigt das er/sie hiv + ist, das dies ein straftatbestand ist stellt niemand in frage.

    es geht um stigma, die angst ausgrenzung und ablehnung, es geht um verdrängung eines traumas, es geht um veränderung von gewohnheiten die u.U. nicht über nacht umzusetzen sind, es geht um Sexualgewohnheiten Erwachsener die sich oft nur schwer ändern lassen, ohne daß es dadurch zu Störungen im sexuellen oder seelischen Bereich kommt.

    und es geht auch um die inhaltliche auseinandersetzung der prävention wie sie zur zeit aud der webside der DAH thematisiert wird,

    all das ist bekannt – all diese informatinen stehen zur verfügung.
    die marios wissen dies natürlich nicht – aber sie haben eine meinung. sie sei ihnen gestattet – keine frage. aber manchmal . . . nur manchmal . . wär es da nicht besser zu schweigen? sollte das schwer fallen – nun sich kundig machen tut nicht weh . . . soviel ist sicher.

    mfg

  36. Wenn ich ehrlich bin kann ich das Verhalten des Boulevards verstehen und finde, dass es hier den Falschen trifft. Und dass es am Thema vorbei geht.

    1.) gilt es, das Verhalten der Polizei zu verurteilen
    2.) gilt es, die Strafbarkeit von Ansteckungen mit oder ohne Kenntnis des eigenen AIDS-Status gleichzustellen. Sprich per Gesetz festzulegen, dass die Ansteckung mit Infektionen nach Informationsstand gleich hoch bestraft werden – oder eben nicht.

    Das sollte die Quintessenz der Angelegenheit sein. Diese ganze Aufregung über die Bild lenkt kolossal vom Thema ab. Das Verhalten der Polizei war abartig und es wird mir nicht stark genug verurteilt. Ich habe keine Ahnung über die Strafbarkeit, aber grundsätzlich sollte nach 20 Jahren AIDS-Aufklärung doch eins klar sein

    1.) kein Sex ohne Gummi
    2.) wenn’s was Festes ist, gemeinsam zum Arzt gehen für den Test

    Wie schwer kann es sein, DAS gerade jetzt herauszustellen? Viel schlimmer – wie kann es bei so vielen anderen Krankheiten von Hepatitis bis Ebola eine solche Gesetzliche Unsicherheit geben, dass heute die Aidshilfe die Freilassung „fordert“, bzw. dass es überhaupt möglich ist, dass U-Haft festgelegt wird, aufgrund der „Wiederholungsgefahr“ – was ist denn das bitte für ein Treppenwitz? Sind wir hier in Südafrika, wo der Gesundheitsminister eine heiße Dusche nach dem Sex als gutes Mittel gegen die Infektion mit HIV anpreist, während 25% der Bevölkerung damit beschäftigt ist, langsam an der Krankheit zu sterben?

    Hallo?

  37. @SvenR #29:

    Das Pendant zur Kantine wäre wohl gewesen, wenn man die Beschuldigte direkt auf der Bühne verhaftet hätte.

    Was den Verhaftungszeitpunkt/-ort angeht, so frage ich mich noch, ob dies nicht „nur“ Bequemlichkeit von Seiten der Polizei war. Man hat die Dame ggf. zuhause nicht angetroffen, wusste wann sie wo auftritt und ist deswegen zu diesem Zeitpunkt auch dort gewesen. Bis nach dem Auftritt hätte man eine unbestimmte Anzahl an Stunden dort warten müssen. Das wäre eine mögliche Erklärung, nach dem, was ich bisher so gelesen habe. Aber was ich gelesen habe ist auch nicht immer ganz in sich stimmig.

    Und selbst falls es so gewesen wäre, müsste sich die Polizei natürlich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie durch Bequemlichkeit der Verhafteten unangemessen Unnötiges zugemutet haben. Dabei stünde natürlich noch die Frage im Raum, ob es wirklich nur Bequemlichkeit war und nicht Absicht dahinter stand.

    Eine Absicht würde ich im Zweifelsfall weniger bei der Polizei als eher bei der Staatsanwaltschaft vermuten. Hier kommt dann auch wieder mein Unwissen ins Spiel: Warum hat die Staatsanwaltschaft (wann?) eigentlich eine Presseerklärung zu der Verhaftung veröffentlicht? Ist sowas in solchen Fällen üblich? Wozu?

  38. @51: Ich würde es nicht einmal „Bequemlichkeit“ nennen. Es liegt nicht unbedingt im Ermessen des Beamten vor Ort, so lange mit der Vollstreckung eines Haftbefehls (falls es den gegeben hat) zu warten, bis dem Beschuldigten die Festnahme genehm ist. Falls der Verdächtige das Abwarten z.B. zur Flucht nutzt (weil er irgendwas spitz gekriegt hat), wird der Polizist nachher nicht nur genüsslich von der Presse zerrissen, sondern hat auch disziplinarische Probleme.
    Wenn es der Staatsanwaltschaft im aktuellen Fall auf maximale Öffentlichkeit angekommen wäre, hätte sie Frau B. auf der Bühne oder (wie damals Zumwinkel) vor laufenden Kameras festgenommen. Ob vor oder nach dem Auftritt hätte dagegen nichts daran geändert, dass die Festnahme bekannt geworden wäre.
    Und es ist auch nicht unüblich, dass die Staatsanwaltschaft in Ermittlungsverfahren mit großem öffentlichen Interesse, die Medien informiert – immerhin besteht so etwas wie ein presserechtlicher Informationsanspruch. Das war bei Zumwinkel, Althaus (damals in Österreich, dafür sogar mit Pressekonferenz zu den Vorwürfen) oder Tauss nicht anders, erfordert aber sehr viel Fingerspitzengefühl. Und das scheint manchem Staatsanwalt in letzter Zeit zu fehlen. Zumindest habe ich den Eindruck, dass es früher – selbst bei angeordneter Untersuchungshaft durch einen Richter – häufiger hieß: „Keine Auskunft bei laufenden Ermittlungsverfahren“.

  39. @52: der verlinkte Artikel auf Beck.de hilft mir persönlich nicht weiter. Ich bin kein Jurist. Da steht nichts über die Problematik „wisstentlich oder unwissentlich“ – sprich ob die infizierte Person wusste, ob sie positiv ist oder nicht. Dort wird von fahrlässig oder versucht fahrlässig gesprochen. Ersteres ist demnach mit Wissen der Infektion, versucht fahrlässig ohne dieses Wissen. Dem Strafmaß wird vom BGH eine „Elastizität“ zugesprochen im Bezug auf die täterliche Feststellung – sprich ist der Sexualpartner, der dem Sex ohne Verhütungsmittel zustimmt, eventuell selbst schuld.

    Zitat weiterführende Verlinkung:

    „Doch warum das so ist, verrät der BGH nicht. Er befasst sich nicht mit der berechtigten Frage, warum jemand, der sich sehenden Auges und ohne Not in eine Gefahr begibt, sich auf den Schutz der Rechtsordnung berufen kann“

    Demnach ist es ein Fall von „Sehenden Auges in die Gefahr gehen“ – wer sich zu einem betrunkenen Fahrer ins Auto setzt, kann nachträglich nicht auf Verurteilung hoffen.

    Was ist denn da nun Tatsache? Wer wird bestraft? Niemand? Beide? Der „Geschädigte“ kann auf Basis der Fahrlässigkeit nicht zum Opfer werden, sondern allenfalls zum „Mittäter“. Demnach stehen ihm gegenüber dem „Verursacher“ (hier Frau B.) keine Schadenersatzansprüche zu.

    Dennoch handelt es sich doch weiterhin um eine Straftat. Können demnach beide verurteilt werden, weil sie diese vollzogen haben?

    Oder was nun?

    Wie gesagt ich bin kein Jurist und rate hier wild drauf los. Mehr Informationen erwünscht.

  40. Warum losraten: Auch ich bin kein Jurist, aber dem Link entnehme ich, dass ein hohes Maß an richterlichem Ermessen besteht. Je nach Richter gibt es also zumindest die Möglichkeit, dass der gesunde Menschenverstand sich in einem Urteil zeigen könnte. ( Ich bin ja ab und an der Meinung, dass Juristerei und gesunder Menschenverstand nicht unbedingt kompatibel sind ).

    Sollten die Vorwürfe stimmen, wäre sie natürlich eine Täterin. Sie hat ihn zwar nicht absichtlich angesteckt, aber in Kauf genommen, dass dies passieren könnte. Weil sie einen Wissensvorsprung hatte, mit dem sie die Gefahr für ihn hätte vermeiden können.

    Dass er das auch hätte tun können, aber nicht getan hat, ist vor allem sein Problem – bestraft für diesen Leichtsinn ist er jetzt.

    Ohne Ahnung von Jura zu haben, dafür aber ein wenig gesunden Menschenverstand: Es ist grob fahrlässig, jemanden, der sich offensichtlich nicht zu schützen gedenkt, nicht über die Gefahr zu informieren, in die er sich begibt.

  41. Sorry faulersack, aber was Sie als „gesunden Menschenverstand“ tarnen, ist einfaches drauflos raten.

    Und ich hätte jetzt lieber Informationen von jemandem, der sich auskennt. Stammtischgeplauder überlassen wir dann doch lieber anderen, ok?

  42. Finde es interessant wie sehr manche hier zu den Holzhammer selber-schuld-Argumenten greifen ohne dass nähere Umstände der „Tat“ bekannt sind. Mit scheint dass da manche (inklusive bildblog) beim Gegenhalten gegen den Gossenjournalismus der sich gierig über die Story hermacht selber etwas übers Ziel hinausschiessen.

    Die Sachlage ist doch soweit unbekannt, dass man gar nicht sagne kann wer hier wieviel Schuld hat. Bei einem One-Nite-Stand mit Wildfremden nicht zu verhüten wäre z.B. recht eindeutig dumm und leichtsinnig vom „Opfer“, aber wenn einem der eigene Partner versichert erst kürzlich habe man sich testen lassen und es wäre alles in Ordnung? Was ist dann?
    Ich kenne zumindest niemanden, nichtmal um 35 Ecken, der von seinem Partner rigoros die Vorlage eines beglaubigten Aids-Tests verlangt und an der Stelle wird das Gerede von einvernehmlichen Verkehr und man hätte sich ja so leicht hätte schützen können zu weitgehend sinnleerem Blabla.

  43. @Sebastian: Ich rate?

    Wenn es so wäre, wie es dargestellt wird – ungeschützter Sex, von der eigene Infektion gewusst und Partner nicht informiert, Partner infiziert sich – dann habe ich hier in den Kommentaren laut nachgedacht, was mein gesunder Menschenverstand mir sagen würde. Nämlich, dass ich das an den Mann adressierte „Selbst Schuld“-Argument als unzureichend erachte, die Last der Schuld einfach von den Schultern der Dame zu nehmen.

    Wenn es so wäre, wie es dargestellt wird, dann müsste sie, würde ein Richter auf meinen gesunden Menschenverstand hören, für eine fahrlässige, gefährliche Körperverletzung zur Rechenschaft gezogen werden.

    Wo habe ich bei dem Gedanken geraten?

    Ich möchte lieber gar nicht raten, wie das, was am Ende rauskommt, falls die Vorwürfe stimmen, von dem abweicht, was ich für gut und richtig halte.

    Aber, warum ich überhaupt zuerst auf Ihren Kommentar geantwortet hatte: Ich hatte den Artikel auf Beck.de so verstanden, dass aufgrund der nicht hundertprozentig eindeutigen Gesetzeslage der Richter einen Ermessensspielraum hat, was die Absicht, oder auch die Fahrlässigkeit angeht. Was in mir die Hoffnung aufrecht erhält, dass es doch vielleicht so kommt, wie ich es für gut halte…

    Aber was anderes: Wo lesen Sie aus ebenjenem Artikel eine Unterscheidung heraus, ob der/die Infizierte vorher über seine Infektion wusste oder nicht? Bei allen diskutierten Straftatbeständen wird – meiner Lesart nach – von Erstem ausgegangen.

    Überhaupt: Die Diskussion ist gesellschaftlich relevant, aber im speziellen Fall auch hypothetisch. Was genau passiert ist, wissen wir ja noch gar nicht.

  44. Der von mir inkriminierte Beitrag insinuiert, daß jeder, der ungeschützten Sex hat, auch nach Nachfrage, davon ausgehen müßte, an Aids zu erkranken oder zumindest, im Fall der Fälle, eine Teilschuld trägt, die, soweit ich das verstehe (mag sein, daß es anders gemeint ist), den Täter / die Täterin (was der Begriff sein dürfte für jemanden, der Körperverletzung begeht) exkulpiert.

    Die mediale Hetzjagd ist eine Schweinerei, aber für jemanden, der seine ganze Existenz medial aufbaut, nicht gerade überraschend. Das mag es nicht rechtfertigen, stellt es aber zumindest in ein anderes Licht als das, was bei Bild sonst so üblich ist. Wenn man als Prominenter, der von seiner Prominenz und sonst nichts lebt, eine Straftat begeht, wird das öffentlich ausgelebt. Irgendwie kommt kein Mitleid auf.

    Wer Jahre lang an steigenden Börsenkursen verdient und dann bei fallenden alles wieder verliert, der verdient kein Mitleid.

  45. Ach, im übrigen gilt natürlich die Unschuldsvermutung und ich möchte darüber, ob die Vorwürfe zutreffen ebenso wenig etwas gesagt haben, wie ich die konkrete Person vorverurteilen möchte. Meine Statements gelten ganz allgemein.

  46. @59/60: Sie lebt nicht alleine von ihrer Prominenz, sie kann singen und verdient Geld, wenn sie jemand bucht, der das hören möchte. Dabei erfährt sie Öffentlichkeit und profitiert davon. Und aus diesem Grund sollte man ihr natürlich auch kein Mitgefühl entgegenbringen, wenn sie in der selben Öffentlichkeit fertig gemacht wird. Immerhin ist es ein Geben und Nehmen. Vollkommen logisch.

    Und wer an der Börse alles verliert verdient erst recht kein Mitgefühl, schließlich hätte er ohne die Börse gar nix zum verlieren gehabt…

  47. @mario
    „perfide finde ich die insinuation „selbst schuld” gegenüber den männern, die ungeschützt mit der beschuldigten […] geschlechtsverkehr hatten. […] ein derart verantwortungsloser umgang mit dieser (und jeder anderen übertragbaren) krankheit wird nicht ohne grund bestraft.“

    Wie kann man sich nur so in zwei direkt aufeinanderfolgenden Sätzen selbst widersprechen. Ja, ich stimme dem zu:

    „männern, die ungeschützt mit der beschuldigten […] geschlechtsverkehr hatten. […] ein derart verantwortungsloser umgang mit dieser (und jeder anderen übertragbaren) krankheit wird nicht ohne grund bestraft.“

    Nicht dass ich jemandem HIV wünschen würde als Strafe …

  48. > Wenn man als Prominenter, der von seiner Prominenz und sonst nichts lebt,

    Ahem? Ich dachte, die Frau würde von Musik leben, nicht „von Prominenz und sonst nichts“. So kann man sich irren.

    > eine Straftat begeht, wird das öffentlich ausgelebt. Irgendwie kommt kein Mitleid auf.
    > Wer […] alles wieder verliert, der verdient kein Mitleid.

    Da sieht man mal wieder, wie Neid den Charakter verdirbt. Ihr Seelenleben möchte ich nicht haben. Brrr.

  49. Auch, wenn das Vergehen ein anderes ist, kam mir das Muster der Öffentlichmachung vertraut vor, und siehe da, auch bei Andreas Türck war der Beginn des Medienechos durchaus vergleichbar:

    http://www.bildblog.de/die-verlorene-ehre-des-andreas-tuerck/

    Natürlich kann man den Vergleich als hinkend bezeichnen, doch Stichworte wie „vorverurteilt“ oder „auf ewig stigmatisiert“ treffen es – ungeachtet des irgendwann zu veröffentlichenden Urteils – allemal. Ich zitiere einfach einen der letzten Absätze, wer jedoch Zeit hat, sollte sich den zugegebenermaßen sehr langen, allerdings nicht minder lesenswerten Artikel ganz durchlesen:

    „Opfer von Medien und Justiz

    Heribert Prantl, innenpolitischer Redakteur der Süddeutschen Zeitung und ehemaliger Richter und Staatsanwalt, sagte in einem Interview mit SWF 3,8 dass Türck nicht hätte angeklagt werden dürfen und wenn doch, dass dieser Prozess in dem Fall nie hätte öffentlich verhandelt werden dürfen: ‚Diese Art des Voyeurismus, die Türcks Sendungen eigen war, jetzt in einem Strafprozess, einem öffentlichen Verfahren zu inszenieren, das geht zu weit. (…) Wenn das Strafverfahren diese Absicht ins Gegenteil verdreht, dass die Menschenwürde des echten oder angeblichen Opfers mit Füßen getreten wird und dann noch die Menschenwürde des Beschuldigten, in dem Fall des Moderators Andreas Türck, dann hat der Strafprozess nicht nur seinen Sinn nicht erreicht, sondern dann war er höchst schädlich.'“

  50. Alles Business, nur der traffic zählt, bedenklich zu sehen, gala z.B. bucht adsense Werbung zu der Geschichte bei google

  51. @ Sebastian, faulersack u.a.
    Man muss (rein strafrechtlich betrachtet!) mindestens 3 Fragen auseinander halten:

    1. Wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 223, 224 StGB) wird nur bestraft, wer diese vorsätzlich verübt (§ 15 StGB).
    Vorsatz meint dabei (stark vereinfacht): „Ich weiß, dass ich das Opfer mit meiner Handlung verletzte (sog. Wissens-Element) und ich will das auch (sog. Willens-Element)“
    Strafbar macht sich also nur, wer um seine eigene Infektion und die ernsthafte Möglichkeit einer Übetragung weiß. Ob der mutmaßliche Täter (T) seinen Partner (jeweils m/w) auch infizieren WOLLTE, ist die entscheidende Frage. Man kann T nicht in den Kopf schauen. Daher muss man darauf aus dem Verhalten von T und anderen allseits wahrnehmbaren Umständen schließen. In Anbetracht des allseits bekannten Risikos einer Übetragung liegt es nahe, dass T diese Übertragung zumindest „billigend in Kauf genommen hat“. Damit wäre nach Ansicht der Rechtsprechung das Willens-Element erfüllt.
    Kommt das Gericht hingegen zu der Einschätzung, dass T ernsthaft darauf vertraut, dass „schon alles gut gehen werde“, dann fehlt es am Willens-Element. T handelt nicht vorsätzlich, sonderen lediglich fahrlässig. Dann könnte aber eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) im Betracht kommen.
    Wenn T darauf drängt, nur geschützten Verkehr zu haben (und es dennoch zu einer Übertragung kommt), spricht viel dafür, dass T davon ausging, dass „schon alles gut geht“. Hier könnte man ggf. auch eine Fahrlässigkeit im strafrechtlichen Sinne ausschließen.
    Bei dieser Abgrenzung zw. Vorsatz und Fahrlässigkeit kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalles und die Überzeugung des Gerichts an. Das meint Prof. v. Heintschel-Heinegg, wenn er von „Elastizität“ spricht.

    2. In diesen Fällen geht es zudem um die Frage, ob T sich strafbar macht, obwohl der Partner sich „freiwillig“ dem ungeschützten Verkehr hingibt.
    Faulersack hat das Stichwort zur Lösung schon geliefert: Wissensvorsprung.
    T weiß um die eigene Infektion. Sein Partner weiß es nicht. Natürlich weiß er um das Risiko einer Übertragung. Er geht aber davon aus, dass es schon gut gehen werde. Das ist unvernünftig, keine Frage. Eine Strafbarkeit des T ist aber nur dann ausgeschlossen, wenn der Partner sich „freiverantwortlich selbstgefährdet“. Diese Freiverantwortlichkeit setzt voraus, dass man sämtliche Umstände kennt. Das ist in diesen Fallkonstellationen aber nur dann der Fall, wenn T den Partner über die eigene Infektion aufklärt.
    Man kann auch eine Kontrollüberlegung anstellen: Hätte der Partner ungeschützten Verkehr gehabt, wenn er um die Infektion von T gewusst hätte?

    3. War der Verkehr kausal für die Infektion?
    Ein entsprechender Nachweise ist sicher äußerst schwierig. Gelingt das nicht, kommt das Gericht aber zu der Überzeugung, dass T vorsätzlich gehandelt hat, kommt aber noch eine Strafbarkeit wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Betracht. Die Strafe kann (!) dann gemildert werden (§ 23 Abs. 2 StGB).

    Diese Fragen sind jedenfalls in Details in der Rechtswissenschaft stark umstritten. Meine Darstellung bezieht sich auf den „Mainstream“.

  52. Vielen Dank Herr Sansibar. Jeztt müsste ich, als guter Journalist (der ich nicht bin) eigentlich noch einen zweiten Juristen befragen (wenn ich mir manchmal so anschaue, was RA Vetter von sich gibt umso mehr) aber ich glaube Ihnen jetzt einfach mal weil ich so schön faul bin ;-) Wie alle guten Journalisten (das war Ironie)

    @faulersack: ja Sie haben geraten. Deshalb hab ich Ihre letzte Antwort auch einfach nach dem ersten Fragezeichen übersprungen. Nur weil Sie noch mehr Worte verlieren werden Sie dadurch immer noch nicht zum Jurist und ich hatte gesagt ich hätte gerne eine ordentliche Antwort und kein Laienschauspiel.

  53. Wenn Herr Diekmann persönlich zur Feder greift, kommt da auch nie was raus. Der Kommentar mit seinen 5 kurzen Absätzen scheint mal eben zwischen Tür und Angel runtergeschrieben zu sein, weswegen in ihm eigentlich auch nichts essentielles steht. Die Frage ist, ob ihm argumentativ einfach nichts eingefallen ist oder ihm die Ausführung der Argumente der Richter einfach zu sehr überfordern würde.

    Zurückhaltung der Medien während des Ermittlungsverfahrens (und nicht des eigentlichen Prozesses) fände ich im Übrigen eigentlich mal eine überlegenswerte Idee (und würde uns viele Konjunktive ersparen). Die Öffentlichkeit wird schließlich auch erst richtig zugelassen, wenn es vor’s Gericht geht.

  54. @ chris # 41:

    Sie kennen das alte Sprichwort:

    „Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.“

    Die Beschuldigte hat mehrfach öffentlich geäußert, dass sie als Prostituierte tätig war, dass sie verschiedene intensive Drogenarfahrungen hinter sich gebracht hat und auch ansonsten „kein Kind von Trarigkeit“ ist.

    Nach Informationslage hatte sie mit mindestens drei verschiedenen Männern ungeschützen Sex, mit wievielen Männern sie geschützen Sex im inkriminierten Zeitraum hatte wird nicht thematisiert.

    Wenn der Mann vor diesem Hintergrund ungeschützten Sex vollzieht trägt er zumindest eine Mitschuld.

    Des Weiteren ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein HIV-infizierter Mann einen anderen Mann beim ungeschützten Sex ansteckt sehr hoch, dass er eine Frau ansteckt hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine HIV-infizierte Frau einen Mann beim ungeschützten Sex ansteckt ist niedrig, dass sie eine andere Frau ansteckt sehr niedrig.

    In meinen Augen hat die Beschuldigte allerhöchstens grob fahrlässig gehandelt und die Untersuchungshaft ist vollkommen ungerechtfertigt.

    Übrigens sind sehr viele Krankheiten u.U. tödlich. Und eine HIV-Infektion ist (noch) keine Krankheit.

    @ Dennis #48:

    Ich stelle sehr wohl in Frage, „das wer ohne kondom vögelt und verschweigt das er/sie hiv + ist, das dies ein straftatbestand ist“. Und wenn Sie den BildBlog-Artikel ein wenig aufmerksamer gelesen hätten, hätten Sie feststellen können dass Stefan, die Schweizer Organisation der Menschen mit HIV und Aids (LHIVE) und UNAIDS dem auch widersprechen.

    @ Arnulf #53:

    Eine Festnahme wird dem Festgenommenen niemals genehm sein. In diesem speziellen sehr seltsamen Fall ist es sicherlich die am wenigsten schwer wiegende Unangemessenheit in einer Serie von unglaublichen Unangemessenheiten.

    @ Ralf #64:

    Danke dass Sie Türck erwähnen, da hatte ich gar nicht mehr darn gedacht. Am Ende wurde er nicht verurteilt, trotzdem ist seine Karriere vorbei. Von was lebt er heute?

  55. Das Verhalten der Medien und mögl. der Staatsanwaltschaft in diesem Fall ist umso bedauerlicher, als aus der Sache strafrechtlich vermutlich keine Konsequenzen entstehen werden.

    Man müsste Frau B. erst mal nachweisen, dass sie überhaupt Sex mit dem Kläger gehabt hat. Und wenn man das kann, muss man wiederum nachweisen, dass sie zu dem Zeitpunkt schon HIV-positiv war, und dass sie diesen Umstand ihrem Partner verschwiegen hat. Und besonders bei letzterem steht vermutlich Aussage gegen Aussage.

    Schliesslich müsste der Kläger dann nachweisen, dass nur Frau B. für seine HIV-Infektion verantwortlich sein kann. Ich bin kein Immunologe, aber es scheint zumindest Hinweise zu geben, dass ein solcher, gerichtsverwertbarer Nachweis schwierig bis unmöglich ist. http://www.ondamaris.de/?p=232

    Und damit wäre die Sache vom Tisch.

  56. Abgesehen davon, dass diese Hexenjagd natürlich eine Schande ist und nichts bewiesen – es ist auch der Staatsanwaltschaft vorzuwerfen, solche Anschuldigungen öffentlich zu machen.
    Auch wenn ich jetzt hier dafür verbal verhauen werde: Der Bild kann man nun nicht verbieten, darüber zu schreiben, das ist einfach lächerlich. Die Bild tut das, was sie seit Jahr und Tag tut: Leute diffamieren und möglichst ekelhafte, sensationslüsterne Details auspacken. Natürlich tut sie das. Aber um das zu verhindern, kann man nicht an so einem Fall ansetzen. Und man kann auch nicht einer einzelnen Zeitung verbieten, über eine Prominente (und tut mir leid, aber das ist diese Dame nunmal) zu schreiben. Ganz besonders nicht in diesem Fall. Natürlich schreit die Bild dann, dass die Pressefreiheit gefährdet ist – was sollte sie sonst tun?! Weder über den ekelhaften, gefährlichen Umgang mit dem Thema in der Bild noch über den Aufschrei über die Verfügung sollte sich irgendjemand wundern – auch wenn man sich über ersteren natürlich beschweren darf und auch sollte.

  57. Ich kann das Empörungspotential angesichts dieses SPON-Textes wirklich nicht nachvollziehen. Dass ein Popsternchen gar nicht so doof ist, wie man aus Unkenntnis meinen mag, ist vielleicht keine investigative Enthüllung, aber nicht uninteressant – und angesichts des Drecks, der woanders über das Thema geschrieben wird, auch keine Entgleisung.

    Dass „Bild“ und „BamS“ hier fröhlich in einen Topf geworfen werden, ist auch nicht gerade eine Meisterleistung der Recherche. Vielleicht gilt ja auch neuerdings das Prinzip, dass jeder ehemalige Springer-Redakteur sein Recht auf faire Behandlung verwirkt hat?

  58. Vom solidarischen Rückschritt-
    oder wie der Fall Nadja B. die diskriminierende Ausgrenzung Positiver transparent machte

    Mir geht es nicht um die Schuldfrage oder gezielt um Fr. B. (auch wenn ich die Hetze gegen sie in der Tat menschenunwürdig und inquisatorisch empfand), sondern um das Bewußtsein und die Wahrnehmung von Menschen mit HIV und AIDS von der Gesellschaft, der Öffentlichkeit.

    Im Laufe der letzten Jahre ist HIV dank der medizinischen Forschung im Wandel: Lebenserwartung-Lebensperspektive-Lebensqualität. Dieser Fortschritt wird in der breiten Öffentlichkeit nicht bis kaum wahrgenommen. Neben der „Nichtexistenz“ von Positiven im Denken der Bevölkerung wurde durch Halbwissen und subjektive Angst ein Bild von Menschen mit HIV in die Köpfe der Gesellschaft eingebrannt. Korsettartig und mit stigmatisierenden Attributen besetzt. Oliviero Toscanis Photographie von David Kirby repräsentiert schon längst nicht mehr als pars pro toto den an HIV erkrankten Menschen.
    Peu à peu kann versucht werden, einen neu geschaffenen Stereotypen im gesellschaftlichen Denken zu etablieren: arbeitende AIDS-Kranke, HIV infizierte Mütter, verantwortliche Positive. De facto mitten unter uns, mitten unter euch- doch oftmals still, geheim und leise, denn die Angst vor Ächtung und sozialer Isolation überwiegt meist.

    Die Zeiten haben sich geändert. Die 80er und 90er sind vorbei. Nur in der Wahrnehmung von Positiven durch die Gesellschaft wurden diese Jahre nicht abgestreift. Die skandalgeifernden Medien bedienen sich alter Klischees und nähren die eingebrannten, aber längst veralteten Bilder von HIV und AIDS. Sensationslüsternd werden Infizierte, die mitten im Leben stehen, zu monströsen Virenschleudern transformiert, vom Vergessenen zum bedrohlichen Todesengel, der mit den Insignien ‚Stigmatisierung‘ und ‚Kriminalisierung‘ ausgestattet wurde.

    Die Behandlung von HIV ist im kontinuierlichen Fortschritt – das solidarische Zwischenmenschliche hat einen herben Schritt zurück erlitten. Somit wurde die mediale Hetze ein schmerzvoller Schlag für alle Betroffenen und die Präventionsarbeit. Besonders ein Rückschlag.

  59. @# 70 SvenR

    Dann muß ich irgendwas verpaßt haben. Die deutsche Gesetzgebung lautet nun mal noch dahingehend das wer wissentlich seine HIV Infektion verschweigt und Unsafen Sex – vögeln ohne Kondom praktiziert ohne den Partner darüber in kenntnis zu setzen, seinen Status zu leugnen wenn er gefragt wird, gegen das zur Zeit bestehende Strafrecht verstößt.

    Das Dank des EKAF Papieres Safer Sex unter den in diesem Papier aufgeführten Bedingungen als Safer Sex zu vestehen ist – ist mir bekannt. Zumal diese Tatsache schon seit Jahren in HIV Schwerpunktpraxen kommuniziert wurde. Das es einen Freispruch in der Schweiz eines Mannes gegeben der unter diesen Bedingungen Sex hatte ist mir auch bekannt wie das AG Nürtingen einen Mann der unter den EKAF Bedingungen Sex hatte freigesprochen hat.

    Und ja mir sind die Statements – Sichtweisen der von Ihnen genannten Organisatonen sehr wohl bekannt und ich teile sie in vollen Umfang.

    leider ändert das aber nichts an der gegenwärtigen noch bestehenden gesetzgebung. Like it or not . . .

  60. @ Dennis #75:

    Ich habe Sie wohl missverstanden und mich auch noch unglücklich ausgedrückt. Ich bestreite nicht, dass die Rechtslage so ist. Ich halte es nur im konkreten Fall nicht für gerichtsfest beweisbar und außerdem grundsätzlich für falsch.

    Ich denke, dass die Rechtslage, das Verhalten der Staatsanwaltschaft und der Medien so sind, weil im Allgemeinen HIV und AIDS nach wie vor für eine wohlverdiente Schwulenpest gehalten werden. Jetzt hat es ein Popsternchen getroffen – die hat’s bestimmt auch verdient. Warum sind die Menschen nur so?

  61. Insbes. @ SvenR
    Zur Klarstellung: Die strafrechtliche Beurteilung gilt nicht nur für HIV, sondern für jede Art von übertragbarer Infektion bzw. ansteckender Krankheit. Es gibt kein „HIV-spezifisches Strafrecht“.

  62. @ Peter Sansibar #80:

    Ich weiß – auch wenn meine Zeilen diesen Eindruck nicht unbedingt vermitteln. Dennoch: Wie viel Verfahren und Verurteilungen kennen Sie bzgl. Noro, Influenca, Sinusitis, TBC, Mumps, Masern, Röteln, Windpocken, Syphilis und alle dem, was mir spontan nicht einfällt?

  63. Es ist gut, in diesem Zusammenhang noch einmal daran zu erinnern, wie mit Andreas Türck umgegangen wurde. Leider ist aber zu befürchten, dass ein Vergleich zu kurz greifen könnte, weil Andreas Türck evtl. noch „besser weggekommen“ ist:

    Bei Andreas Türck verdichteten sich die Hinweise auf eine Unschuld so sehr, dass er „nicht nur“ freigesprochen wurde, sondern auch in der Presse
    über ihn als unschuldig Angeklagten berichtet wurde.

    Im aktuellen Fall wäre es gut möglich, dass in einem Prozess festgestellt wird, dass die Beschuldigte andere angesteckt hat (was wohlgemerkt derzeit noch keineswegs erwiesen ist), hierfür aber keine Verurteilung stattfindet – z.B. weil die Strafbarkeit einer HIV-Ansteckung eben nicht so klar ist, wie sie die Bild darstellt. Falls es so verlaufen sollte befürchte ich, dass sie in der Presse danach nicht als Unschuldige porträtiert wird, sondern als eine „die damit durchkommt“.

    Natürlich hatte auch Andreas Türck unmittelbar negative Folgen durch die frühe Berichterstattung. Und die später positivere Berichterstattung bei ihm hat nicht verhindert, dass irgendwas immer hängen bleibt. Es ist aber zu befürchten, dass dies kein Vergleich zu dem ist, was die derzeit Beschuldigten selbst bei einem Freispruch noch zu erwarten hätte.

    (Ich fühle mich schändlich, in einem Beitrag zu schreiben, dass Andreas Türck noch „besser weggekommen“ sei)

  64. Was wollt ihr eigentlich?
    Schon mal was von „In Dubio Pro Reo“ gehört?

    Nur weil sie jetzt in Untersuchungshaft sitzt, darf ein Journalist nicht mehr schreiben, dass es auch Gutes oder zumindest Anderes über sie zu berichten gibt? Ihr solltet Euch allesamt schämen. Das ist ja wie ne Hexenjagd.

  65. @ 63: Ha, genial. Erst wird ein Beitrag vollkommen entstellt referiert: „> Wer […] alles wieder verliert, der verdient kein Mitleid.“ und dann der phantastische Schluß gezogen, so eine bösartige Aussage, können nur auf Neid basieren. Erst entstellen und dann unterstellen.

    Witzig ist natürlich, daß tatsächlich behauptet wird, die Frau verdiene ihr Geld mit Musik. Das unterstellt, daß sie nicht beliebig durch tausende andere austauschbar wäre, die es ebenso können. Ist sie, stimmt: Weshalb sie trotzdem mehr als diese tausenden anderen verdient, ist ihre Prominenz. Singen ist das Medium, in dem die Prominenz ausgespielt wird.
    Daß es tatsächlich noch Menschen gibt, die glauben, daß die ganze Unterhaltungsindustrie etwas mit der Fähigkeit der in ihr Agierenden zu hätte, weist Bildungslücken deutlicher nach, als jeder Pisatest.

  66. @stefan: meine formulierung war missverständlich. meines wissens sind jedoch 2/3 aller hiv-infizierten bi- oder homosexuelle männer. die richtige formulierung wäre also gewesen, dass es sich nicht ausschließlich um einen schwulenthema handelt, die mehrzahl der betroffenen jedoch – jedenfalls in den westlichen industriestaaten – aus dieser gruppe stammen. ein paar fakten zum thema – jenseits der diversen uno organisationen / who, die mit allen „fakten“ ja auch immer eine institutionelle agenda verfolgen – gibt es hier:

    http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2007-31/artikel-2007-31-systematisch-aufgebauscht.html

    @62: der widerspruch, der da konstruiert wird, ist meiner meinung nach keiner. es ist meiner meinung nach ein massiver unterschied, ob man seine eigene gesundheit aus dummheit oder ignoranz riskiert (wie die männer in dieser geschichte) oder ob man andere parteien im wissen um die eigene krankheit in verantwortungsloser weise einen massiv verstärkten risiko aussetzt. was die männer in dieser geschichte angeht – man muss ja nicht völlig „unschuldig“ sein, um doch den status des „opfers“ beanspruchen zu können.

  67. @SvenR: Habe ich Sie richtig verstanden? Sie stellen in Frage, dass, wer um die eigene Infektion wissend trotzdem ungeschützten Sex praktiziert und dabei eine weitere Person infiziert wird, keine Straftat begeht?
    Ich nehme einfach mal an heute ist nicht mein Tag und ich habe Sie falsch verstanden. Falls nicht: Warum stellen Sie das in Frage?

  68. btw, bei der erneuten lektüre dieses artikels habe ich auch einen satz gefunden, der in dem bildblog-artikel sicher seinen platz hätte finden können:

    „Die Wahrscheinlichkeit für einen ansonsten gesunden Mann, sich beim Geschlechtsverkehr mit einer HIV-positiven Frau anzustecken, ist sehr gering; sie liegt bei weniger als 1:1000. Das heisst, die Gefahr einer Epidemie besteht erst, wenn viele ihre Sexpartner täglich oder zumindest wöchentlich wechseln. “

    das ist eine zahl, die mich doch sehr überrascht hat.

  69. @Mario: Nur, was schließen wir jetzt aus dieser Zahl? Dass HIV doch ein Schwulenthema ist, sich Heteromänner also nicht so viele Gedanken um Schutz machen müssen? Dass man es heterosexuellen Männern nicht vorwerfen kann, ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer Frau zu haben, weil die Chance so gering ist, sich zu infizieren? Dass man es HIV-positiven Frauen nicht vorwerfen kann, ungeschützten Geschlechtsverkehr zu haben, weil die Chance so gering ist, ihren Partner zu infizieren?

    Oder bleibt doch nur die schlichte Wahrheit: Kondome schützen. Wer sie nicht benutzt, gefährdet sich und andere.

  70. Ahem…

    Die Zuverlässigkeit von Kondomen beträgt 97%. Die Zuverlässigkeit der Pille etwas mehr.

    Demnach erhält man den Schutz vor einer Schwangerschaft von 1:1000 nur, wenn der Mann ein Kondom benutzt und die Frau gleichzeitig die Pille nimmt.

    Ich hätte nicht gedacht, dass täglich Männer mit der Frage „Nimmst Du die Pille“ ein größeres Risiko eingehen, Vater zu werden, als krank. Na jedenfalls bezüglich HIV.

    Deshalb nochmal: es gibt SO VIELE ansteckende Krankheiten, dass es hier gar nicht mal nur um AIDS bzw. HIV gehen sollte. Es sterben jedes Jahr mehr Menschen an Hepatitis als an Aids. Kondome schützen – und zwar vor ALLEN Infektionskrankheiten. „Schwanger“ ist nur ein Lostopf mit 100 Kugeln – jede andere Infektionskrankheit hat ihre eigene Wahrscheinlichkeit und wer nicht jedes Wochenende 150 Lottoreihen spielt und hofft, zu gewinnen, der sollte mal drüber nachdenken, wie sehr er Lotto spielt, wenn er mit einem unbekannten Partner ungeschützten Sex hat.

    Ich finde eh das das hier eine Debatte über die Idiotie der Geschlechtspartner der Frau B. sein sollte und über das Verhalten der Staatsanwaltschaft. Auf DIE sollte man mit Fingern zeigen.

  71. @ faulersack #84:

    So, wie Sie es schreiben, ist es schon jetzt keine Straftat. Strafbewährt ist es derzeit „nur“, wenn man seine bekannte Infektion dem anderem verschweigt.

    @ Stefan #86:

    Ich glaube Mario möchte darauf hinaus, dass bei einer so geringen Wahrscheinlichkeit der unterstellte Vorsatz nicht haltbar ist.

  72. @Sebastian: naja. Fakt ist, dass Frau B. ebenso grosse Verantwortung trägt. Ob sie nun schuldig gesprochen wird oder nicht: sie hat Unrecht begangen.

  73. @Mickey: Woher nimmst du denn mit Gewissheit, dass die Dame Unrecht begangen hat?

    Aber nett, dass du nicht einmal das laufende Verfahren abwarten möchtest, sondern die Dame gleich aburteilst…

  74. @SamHain: keine Sorge, ich verurteile niemanden. Ich bin sogar mit Sebastian einig, dass „das hier eine Debatte über die Idiotie der Geschlechtspartner der Frau B. sein sollte“. Aber eben nicht nur.

  75. @SvenR: Sie haben Recht, das habe ich vergessen zu schreiben. Also möchte ich den Satz aus meinem vorherigen Kommentar ergänzen:
    Sie stellen in Frage, dass, wer um die eigene Infektion wissend trotzdem ungeschützten Sex praktiziert, seine Infektion verschweigt und dabei wird der Geschlechtspartner angesteckt, keine Straftat begeht?

  76. @ Sebastian #87:

    Nur, dass Frauen nicht bei jedem Sex schwanger werden könn, und dass diese Schwangerschaft sich durchaus häufig vollkomen unbemerkt oder bemerkt von alleine „abstirbt“ (missed abortion, Fehlgeburtsrisiko). Bei einmal Sex (im Monat) liegt die Wahrscheinlichkeit bei 1:30, bei einmaligem Sex bei 1:7000 schwanger zu werden. Das Fehlgeburtsrisiko insgesamt liegt bei zwischen 30 und 60 %. Somit ist das HIV-Infektionsrisiko durchaus höher, als die Chance, ein Kind zu bekommen.

    Nichtsdestotrotz haben Sie mit Ihrer Bewertung vollkommen recht.

  77. ach wenn wir schon bei mutmaßungen und wenn´s und aber sind . . .

    wenn besagte lady eine funktionierende 3 er kombi genommen hat und wenn die viruslast nachweisbar unter der nachweisgrenzen i.e vl<50 ist (alle 3 monate muß man sich checken lassen – nur dann gibts n neues rezept) und wenn sie frei von std´s war . . dann hat sie einen status erreicht der dem safer sex status (vögeln mit kondom) gleichtkommt. d.h. sie hat für schutz zu sorgen = die greifende medi kombination entspricht in diesem fall dem gleichwertigen schutz wie vögeln mit kondom. dann entfällt auch die informationspflicht.

    gerichtsurteil

    Soweit eine Person, die HIV positiv ist, eine Viruslast von Null hat, ist sie nach medizinischen Gesichtspunkten und menschlichem Ermessen nicht ansteckend. Diese Person kann sonach tatsächlich den HI-Virus nicht übertragen. Ein von dieser Person ausgeübter ungeschützter Geschlechtsverkehr ist daher grundsätzlich – in objektiver Hinsicht – nur als untauglicher Versuch zu werten.
    Wenn die Gefahr sich objektiv nicht verwirklichen kann, da beispielsweise eine Viruslast nicht besteht, kann aus der Tatsache, dass der Täter ungeschützt Geschlechtsverkehr ausübt und um seine HIV-Infektion weiß, nicht von bedingtem Vorsatz hinsichtlich einer Ansteckung ausgegangen werden. Vielmehr kann in solchen Fällen ein Täter sogar begründet davon ausgehen bzw. hoffen, es werde nicht „schon nichts“, sondern „sicher nichts“ passieren. Dies lässt einen Vorsatz entfallen.

    * AG Nürtingen, Urt. v. 10.03.2008 – 13 LS 26 (HG) Js 97756/07

  78. Danke Dennis. Sowas hatte ich nämlich auch im Hinterkopf (das mit der Anzahl nachweisbarer Viren und der Ansteckungsgefahr).

    Dabei fällt dann auch der Hinweis von Stefan wieder ein im Bildblog, wo er die Frage gestellt hat, ob denn alle Infizierten tätowiert werden sollen, so als Schutzmaßnahme.

    Selbst wenn eine Person HIV-positiv ist, muss sie noch lange nicht ihren Sexualpartner darüber informieren. Safer Sex reicht dann vollkommen aus.

    Viel lustiger aber ist, dass die Infektion nicht einmal namentlich meldepflichtig ist, ganz im Gegensatz zu Masern (!).

    Siehe meldepflichtige Krankheiten.

    Ich finde das ist schon ein ziemlicher Brüller.

  79. Ich habe den Namen der Beschuldigten im Eintrag und in den Kommentaren entfernt. Ich weiß nicht, ob das nötig war. Vielleicht ist es auch lächerlich, angesichts der Verbreitung, die die Geschichte gefunden hat. Andererseits ist ja — ähnlich wie in BILDblog — zur Diskussion des Themas hier der Name der Betroffenen völlig unerheblich.

  80. Und was ist mit diesem:

    http://www.bildblog.de/7150/was-schuetzt-am-besten-vor-aids-u-haft/

    Kommentar?

    Opfer sind selbst Schuld, weil sie kein Kondom benutzen?

    „Es ist kaum zu glauben, dass man so eine Banalität nach Jahrzehnten der HIV-Aufklärung immer noch hinschreiben muss: Zum einvernehmlichen ungeschützten Geschlechtsverkehr gehören immer zwei. Der Kölner „Express“ überschreibt einen Artikel über Fälle, in denen HIV-infizierte Menschen verurteilt wurden, weil sie andere ansteckten:“

    Jo, hätte das Flittchen in der Disse mal keinen Mini angezogen, wär der Typ auch nicht über sie hergefallen.

    Scheint ein Reflex zu sein, dass man dem Opfer Mitschuld gibt sobald das typische Rollenverhalten der Geschlechter mal wechselt.

    Mein lieber Herr Niggemeier, auch wenn ich Ihre Kommentare sonst sehr schätze, diesmal bin ich entsetzt.

  81. @ SvenR/70

    Mit der Krankheit haben Sie recht, mein Fehler.
    Ansonsten liegen Sie falsch. In einem solchen Fall liegt keinesfalls nur Fahrlässigkeit vor. Es ist mindestens bedingter Vorsatz, da die Ansteckung zumindest billigend in Kauf genommen wurde.
    Und der jeweilige Geschlechtspartner hätte um die Gefahr wissen müssen? Ist das Ihr Ernst? Ich selbst kannte die No Angels aus der Presse, von dem Vorleben der Sängerinnen höre ich jetzt zum ersten Mal. Sie können doch nicht davon ausgehen, dass jedermann vor dem Sex erstmal seinen potentiellen Partner/in googelt.
    Und was die generelle Gefahr von ungeschütztem Geschlechtsverkehr angeht, so ist diese zwar da, das Risiko, an eine HIV-infizierte Person zu geraten aber aufgrund des geringen Vorkommens der Infektion verschwindend gering und für eine strafrechtliche Einwilligung bzw. eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung irrelevant.

  82. irgendwie ist das ganze doch völlig absurd, unabhängig davon wie es nun wirklich gelaufen sein mag. die beschuldigte kann behaupten, sie hätte ihren partner sehr wohl über ihre krankheit informiert, der partner kann das bestreiten, und dann steht wort gegen wort…im licht eines solchen beinahe schon vorprogrammierten patts wirds erst recht ekelerregend, dass die staatsanwaltschaft mit der geschichte an die presse geht, wohlwissend dass damit unabhängig von der sachlage das leben dieser sängerin zerstört wird.

  83. @82/thom: blödsinn. personen in solchen bands sind nur sehr bedingt austauschbar, ein wechsel bedeutet oft genug den untergang der band (suchen sie sich unter den vielen beispielen von jackson five bis take that ihr lieblingsfeindbild aus).

    zudem ist ja nun gerade bei den frühen castingsendungen der aspekt des, ichsagmal, sportlichen singwettstreits noch deutlich stärker betont worden als das heute der fall ist. insofern, richtig, sie verdient mehr geld als andere sängerinnen weil sie prominenter ist. und wie ist sie zu dieser prominenz gelangt? genau: sie hat sich in einem casting gegen ein paar tausend andere bewerberinnen durchgesetzt.

    da greift ein plumpes „heutzutage kann doch jeder singen“ (gähn!) deutlich zu kurz.

  84. marko #80: „Bei Andreas Türck verdichteten sich die Hinweise auf eine Unschuld so sehr, dass er „nicht nur” freigesprochen wurde, sondern auch in der Presse über ihn als unschuldig Angeklagten berichtet wurde.“

    Stimmt das auch mit der öffentlichen Wahrnehmung überein? Ich will nicht von mir auf andere schließen, doch subjektiv ist mir der Beginn des Ermittlungsverfahrens eher im Gedächtnis geblieben als das Prozessende, doch das mag man anders erlebt haben.

    ———-

    SvenR #70: „Danke dass Sie Türck erwähnen, da hatte ich gar nicht mehr darn gedacht. Am Ende wurde er nicht verurteilt, trotzdem ist seine Karriere vorbei. Von was lebt er heute?“

    An Türck musste ich ebenso deshalb denken, weil dieser Fall auch in Hessen anzusiedeln ist (wenn auch damals die Nachricht von einem Nachrichtenmagazin kolportiert wurde und nicht direkt vonseiten der Justiz), wenn auch damals in Frankfurt und dieses Mal in Darmstadt.

    2007 hat Türck der Süddeutschen ein Interview gegeben, dem nachfolgend einige Passagen beispielhaft entnommen wurden:

    ———-

    „Er war ein Star der Fernsehbranche, ehe ein dubioser Prozess ihn ausmanövrierte. Nun kehrt Andreas Türck in die Medienwelt zurück: als Internet-Unternehmer. […]

    Türck: Zunächst war es unglaublich schwierig, ins normale Leben zurückzufinden. Der Prozess hat in meinem Leben riesige Wunden hinterlassen. Dennoch habe ich es geschafft, wieder auf die Beine zu kommen. Ich habe dann Firmen freiberuflich bei Marketing- und PR-Fragen geholfen. […]

    Türck: […] Andere Türen blieben mir verschlossen – wegen der schweren Vorwürfe, die mir gemacht worden waren.

    sueddeutsche.de: Der in der Boulevardpresse genüsslich ausgebreitete Frankfurter Prozess hat verhindert, dass Sie seriöse TV-Moderationen übernehmen konnten?

    Türck: Das stimmt allerdings. Die Vorverurteilung mit der ich zu kämpfen hatte, war mit meinem Freispruch noch lange nicht erledigt. Viele Menschen haben mich behandelt, als wäre ich verurteilt worden. […]“

    Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/198/418962/text/

  85. @ SvenR
    „Die Beschuldigte hat mehrfach öffentlich geäußert, dass sie als Prostituierte tätig war, dass sie verschiedene intensive Drogenarfahrungen hinter sich gebracht hat […] Wenn der Mann vor diesem Hintergrund ungeschützten Sex vollzieht trägt er zumindest eine Mitschuld.“ (#70)

    @ chris
    „Ich selbst kannte die No Angels aus der Presse, von dem Vorleben der Sängerinnen höre ich jetzt zum ersten Mal. Sie können doch nicht davon ausgehen, dass jedermann vor dem Sex erstmal seinen potentiellen Partner/in googelt.“ (#101)

    Ein Hoch auf das Schubladendenken!

  86. > Ich habe nachträglich versucht, die Beschuldigte, so gut es geht, unkenntlich zu machen. Ich weiß, dass man das lächerlich finden kann, weil ihr Name überall steht. Aber das ist ja kein Grund, dass er hier stehen muss.

    Brav, brav, ist ja nur eine TäterIn, LOL.

Comments are closed.