(…) 16 seiner 16 männlichen Klassenkameraden, schätzte am Donnerstag der Gymnasiast Johannes Struzek bei „Hart aber fair“, spielen „Counterstrike“.
(…) Die Obsession aber, mit der immer wieder Computerspiele als Ursache in die Debatte gebracht werden (und neuerdings verstärkt das Internet), ist nicht nur die Folge von Unkenntnis und Kulturpessimismus, sondern letztlich auch nur das Erbe des abendländischen Ursachenfetischismus, der glaubt, man müsse nur lange genug graben, bohren, fragen oder hinhören, um am Ende einen Grund, ein Motiv, einen Ursprung zu finden.
Zu welch grotesken Folgen dieser Aufklärungsfanatismus führt, erkennt man nirgends besser als an der Panne der Ermittler, die nicht warten konnten, der Öffentlichkeit Beweise mit der Chiffre „Internet“ vorzulegen. Dass sich der Hinweis, der Mörder habe seine Tat in einem Internetforum angekündigt, mittlerweile als Falschmeldung herausgestellt hat, ist gar nicht der Skandal: Viel schlimmer ist dabei der verzweifelte Wunsch, dieser Ankündigung überhaupt irgendeine Aussagekraft abzugewinnen. „Das Motiv hängt mit dem Internet zusammen“, orakelte ein Polizeisprecher vor der Präsentation der falschen Beweise, als wäre der Mörder von seiner eigenen Absichtserklärung angestiftet worden, und zwar vor allem deshalb, weil er sich dazu einen virtuellen Darkroom ausgesucht hatte. Man muss sich die dürftige Logik dieser Beweisführung vor Augen halten, weil sie zum Prinzip eines Medienwirkungsgequatsches geworden ist, dessen Popularität erstaunlicherweise kaum unter der Alltäglichkeit der Technik leidet, die sie so hartnäckig verteufelt. Längst müsste man sich allenfalls Sorgen um einen Siebzehnjährigen machen, der keine Spuren „im Internet“ hinterlässt. Und trotzdem schämen sich weder Polizisten noch Journalisten, den trauernden Angehörigen den nichtssagenden Befund der Zeitgenossenschaft des Mörders als Antwort auf all ihre Fragen zu präsentieren. „Das Internet ist schuld“: Von allen Antworten, mit denen die hilflosen Deuter der Tat einen Sinn verleihen wollen, ist dies die erbärmlichste.
Schreibt Harald Staun in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Ausgangspunkt seines unbedingt lesenswerten Artikels ist das gerade bei Eichborn erschienene Buch „Ich bin voller Hass — und das liebe ich“, in dem Joachim Gaertner Dokumente, Tagebuch- und Interneteinträge der beiden Schüler zusammengestellt hat, die vor zehn Jahren das Massaker an der Columbine High School verübten. Die Überschrift stammt aus einem der Videos, die die beiden von sich gedreht haben.
Dieses mangelnde Verständnis des Internets als Alltäglichkeit zeigt sich auch in merkwürdigen Blüten wie der Idee von Frau von der Leyen, einen „Internet-Notruf“ einzurichten, sprich eine Ansprech-Institution „im Internet“ wie eine Art Notruf-Knopf in jedem Forum und Chat, an die sich Kinder und Jugendliche wenden können, wenn ihnen irgendetwas „unheimlich vorkommt“ – im Grunde drückt sie damit nur aus, dass sie selbst nicht versteht, was dieses „Internet-Dings“ ist. In ihrer Wahrnehmung ist das etwas, wo „drin“ Jugendliche sich heutzutage herumtreiben, und sie selbst nicht, und somit weiss sie nicht, wie es da „drin“ aussieht und was es damit überhaupt auf sich hat. Dass Internet und Kommunikation und Vernetzung heute zum völlig normalen „realen“ Alltag von Jugendlichen gehört, und sie durchaus in der Lage sind, sich in der „realen“ Welt an Polizei oder erwachsene Vertrauenspersonen zu wenden wenn ihnen im Internet etwas problematisches begegnet, versteht sie nicht.
genau, das bezahlen nicht vergessen!
nanu, der kommentar auf den sich meine aussage bezog ist weg.
Aber ich wollte damit eh andeuten das es evtl. überflüssig ist dies zu erwähnen falls die faz ihren „Bezahldienst“ nicht auf Vertrauen basierend aufgebaut hat.
„sondern letztlich auch nur das Erbe des abendländischen Ursachenfetischismus, der glaubt, man müsse nur lange genug graben, bohren, fragen oder hinhören, um am Ende einen Grund, ein Motiv, einen Ursprung zu finden.“
da ist er schon wieder, dieser pauschal-tonfall laut dem sämtliche bemühungen in der folge einer solchen tat, potentielle ursachen zu bekämpfen, quasi schon per definition fürn arsch sind.
nee, nee, nee!
die (gottseidank langsam doch lauter werdende) forderung, sportwaffen nur noch in den zugehörigen sportvereinen lagern zu dürfen und so das aufkommen von waffen in privathaushalten auf ein absolutes minimum zu beschränken ist eine ganz pragmatische, sehr gut begründbare massnahme bei der schlicht und einfach die einstiegs-hemmschwelle deutlich hoch gesetzt wird. es ist was ganz anderes wenn man erstmal von langer hand planen muss einen tresor in einem sportverein aufzubrechen oder eine waffe auf dem illegalen markt aufzutreiben als kurzerhand im affekt in papas nachttisch-schublade zu greifen.
das ist eine völlig legitime, pragmatische überlegung und kein „ursachenfetischismus“ (was für ein doofes, im breitwandformat verallgemeinerndes wort).
ich weiss dass du nicht diese überlegung meinst. aber in dem moment in dem du reaktionen die du nicht gut findest (ich auch nicht) mit totschlagargumenten a la „ursachenfetischismus“ begegnest untergräbst du damit auch sinnvolle vorschläge die von dem argument ausversehen mit-totgeschlagen werden.
@4 mosley: völlig richtiger einwand: „ursachenfetischismus” ist ein, nunjatutmirleid, totschlagargument. gegen zum beispiel eine beschäftigung mit dem phänomen waffen(kontrolle) oder einem geschlechtspezifischem hintergrund der traurigen tat. das muss schon stattfinden können.
dass die mainstreammediale berichterstattung mit der ausschließlichen fokussierung auf dieses ominöse internet (von dem man ja in letzter zeit so viel hört!) sich eher an allen ecken des versagens zeihen lassen muss, steht wirklich außer frage. das war und ist auch traurig. ich frage mich die ganze zeit: ob die wohl noch die kurve kriegen? oder rettet man sich, in dem man irgendwann einfach aussetzt und darauf hofft, dass bald etwas anderes passiert? rätsel über rätsel.
Ich denke „Ursachenfetischismus” ist KEIN Totschlagargument, sondern eine Umschreibung für das Verlangen vieler ein oder zwei eindeutige Sündenböcke (z.B. Waffen, Internet) zu finden, die man dann mit neuen Gesetzen bekämpfen kann. Das bringt aber nix, denn a) lassen sich diese Sündenböcke meistens durch Gesetze kaum in den Griff kriegen, zumal b) diese Gesetze selbst vermutlich nicht duchsetzbar sind, und c) ein Auseinandersetzen mit den vermutlich sehr viel komplexeren und vielfältigeren Umständen die eine solche Tat begünstigen so verhindert wird.
@mosley: Sie haben völlig Recht.
Der Einstiegstext in den FAZ-Artikel belegt doch lediglich die Absicht der Täter – wie von Herrn Minkmar beschrieben – uns ratlos zurück zu lassen. Und würden wir uns nicht um eine Ursachensuche bemühen, so ohnmächtig sie auch erscheinen mag, dann wäre das doch fatal. Ich kann die Intention des Postings nicht verstehen.
@6 tim: wenn „sündenbocksuche zur ablenkung von den wahren gründen“ gemeint gewesen wär – dann hätte man’s ja auch so (oder so ähnlich) nennen können.
„ursachenfetischismus“ ist soma.
„Ursachenfetischismus“ erscheint mir auch eine unglückliche Wortwahl zu sein.
Es gibt durchaus Experten, die etwas zu den Ursachen von Amokläufen sagen könnten. Nur hört man die wirklich erfahrenen, anerkannten Experten leider kaum in den populären Medien (Ausnahme beispielsweise: Prof. Joachim Kersten). Kein Experte mit etwas Verstand wird sich freiwillig zum jetzigen Zeitpunkt zum Teil dieses Medienzirkuses machen. Das Risiko, verkürzt und verfälscht in den Medien wiedergegeben zu werden und dadurch in seinem wissenschaftlichen Ruf Schaden zu nehmen und auch der Kraftaufwand, der nötig wäre, bei diesem Tumult Gehör zu finden, ist bei dieser derzeit politisch aufgeheizten und unprofessionell und kindisch geführten Debatte in den Medien viel zu groß.
Jeder darf daraus auch gerne den Umkehrschluss ziehen, wenn er die Qualität der Expertise der immer gleichen in den Medien herumgereichten „Experten“ einschätzen will. Die einen beschaffen sich ihre Forschungsgelder und Forschungsaufträge halt mittels ihrer Publicity in den Populär-Medien, die anderen brauchen das nicht, weil ihre rein wissenschaftliche Arbeit als Referenz ausreicht.
Der übliche Ablauf des blame games.
Den Amokläufer kann man nicht mehr beschuldigen, er ist tot und dazu noch ein übergeschnapptes Kinde. Dann die Eltern beschuldigen, die Medien für ihren Sensationalismus, die Polizei für Ermittlungsfehler, dann die Politik und Gesellschaft, dann wieder die Medien.
*gähn*
Kein schlechter Artikel (-auszug) imho.
M.E. müsste einmal jemand, der besser schreiben kann als ich, die Gewaltgeilheit der Menschen inkl. ihrer Medien unter dem Deckmäntelchen der Betroffenheit genauer analysieren.
Die Verächtlichmachung des Denkens als „abendländischen Ursachenfetischismus“ halte ich freilich für Quatsch.
Auf der einen Seite scheinen viele das Eingeständnis, dass man keine gute Erklärung hat, nicht auszuhalten. Das ist schädlich, weil es zu Bockfindung führt und „Ursachenfetischismus“ ist ein geiles Wort dafür.
Die Fragen „was wollte der Autor uns damit sagen?“ und „was hat ihn WIRKLICH dazu getrieben?“ provozieren notorisch unnützes Rätselraten.
Das bedeutet auf der anderen Seite aber nicht, dass man aufgrund einer Durchsicht verschiedener Fälle etc. nicht zu einem besseren Verständnis der Ursachen kommen könne. Und ja, auch Computerspiele könnten ein Faktor sein.
Allerdings habe ich zum Thema Amoklauf noch nie eine fundierte Analyse gelesen. Kann mir jemand weiterhelfen?
Was in der Debatte total untergeht: Prävention beruht nicht ausschließlich auf Ursachenforschung. Man muss die Ursachen für einzelne Fälle nicht kennen, um effektive Prävention zu finden.
Die New York times hat einen sehr interessanten Artikel über Selbstmordprävention veröffentlicht, die nicht versucht, die Selbstmordmotive und -ursachen herauszufinden, sondern mit Einschränkung der Mittel arbeitet:
http://www.nytimes.com/2008/07/06/magazine/06suicide-t.html?_r=1
ein Beispiel: an einer „Selbstmörderbrücke“ wurde ein Netz angebracht. Die Zahl der Selbstmorde des Ortes ging um die Anzahl der jährlichen Springer runter. Die Leute haben sich nicht anders umgebracht. Obwohl einen kleinen Spaziergang weiter eine ungesicherte, ebenso geeignete, Brücke steht.
Ursachenforschung ist nicht alles!
Kleiner Einwurf:
Es war nicht eine Panne der Ermittler, die noch ermittelten,
um die Spur Nr.X abzuklären, sondern der Innenminister BW,
der voreilig seine Hintergrundkenntnisse in die Welt blies.
Zur Pornografie auf Computern von Jugendlichen:
Früh am Morgen, mein Enkel frühstückte hinter mir.
http://www.oldblog.de/?p=695
Meine Mail an Technorati mit der Bitte, sich die Werbepartner
besser auszusuchen blieb unbeantwortet.
Das hat nichts mit Kinderpornografie zu tun.
Aber wohl damit, dass auch Kindern ungefiltert Pornografie
auf den Monitor geklatscht wird.
Denn auch meine Enkel besuchen diese „technischen“ Seiten.
Schlimm fand ich, wie lange die Ermittler an der Ankündigung festhalten wollten, auch als sie schon längst als Fälschung enttarnt war. Man hat weiter gesucht, ob diese Nachtricht nicht vielleicht doch von ihm war, abgeschickt von einem anderen Rechner. Obwohl es eine Fälschung war. Häh?
am tag des amoklaufs und am tag danach ist mir dutzende male in den fernsehberichten folgender satz aufgestoßen: „bisher konnten die ermittler noch kein genaues tatmotiv finden. es wird aber immer wahrscheinlicher, dass der täter sogenannte killerspiele spielte“. dieser zusammenhang ist, wenn ich mich recht erinnere, als einziger hier noch nicht aufgetaucht, und den fand ich am perfidesten und unheimlichsten – selbst WENN man eine verbindung der beiden annimmt, ist das doch immer noch etwas völlig anderes als ein tatmotiv!
ansonsten aber vielen, vielen dank für die ganze „berichterstattung“ hier über die berichterstattung.
eins noch: alles SpOn- und spiegel-bashing hier in den letzten tagen hat natürlich seine berechtigung. aber das verblasst einfach gegen den absoluten hass, den ich bekomme, wenn ich all die fotos des täters und der opfer in der bild-„zeitung“ und ihrer verfilmten version (punkt 12, RTL) sehe, und dabei darüber nachdenke, wie die schweinepresse nach aller erfahrung an diese bilder gekommen ist.
Um Gil Grissom aus CSI (sinngemäß) zu zitieren: „Es gibt für alles eine einfache, logische Erklärung – die falsch ist.“
Genausogut wie das „Internet“ schuld sein könnte, könnte es der „Kapitalismus“ sein, die „Kleinfamilie“ oder unser „Schulsystem“ (zu lasch, zu streng, je nachdem auf welcher Seite man steht).
Das Wort „Ursachenfetischismus“ kritisiert ja nicht die Suche nach den Ursachen (auch wenn der Artikel deren Erfolg sehr unwahrscheinlich macht), sondern die fetischistische Fixierung darauf.
Und natürlich spielt der Zugang zu Waffen eine wichtige Rolle, aber die Ursache für einen Amoklauf sind sie sicher nicht. Insofern möchte ich mathis (#13) sehr Recht geben.
„Auch wenn Sie die F.A.S. nicht abonniert haben, können Sie diesen Beitrag zum Preis von 2,00 € für 24 Stunden nutzen“.
Ist faz.net noch vor dem Stand von SPON, die mit diesem Konzept schon grandios baden gegangen sind? Aber mal davon abgesehen: 2 Euro dafür, dass ich einen Beitrag „nutzen“ kann gegenüber 2,80 Euro fuer die gesamte Ausgabe? Geht’s noch? Oder bedeutet „nutzen“, dass ich neben dem Lesen noch andere Nutzungsrechte gemäss Urheberrecht erhalte? Dann sähe das natuerlich anders aus, wobei 24 Stunden da dann auch nicht wirklich viel sind.
Ich weiss, dass die heute verfügbaren Zahlungssysteme kein wirkliches Micropayment erlauben (da hat sich seit meiner Studienzeit, wo das mal als Studienobjekt fuer die Unibibliothek versucht wurde, nicht wirklich viel geändert), aber dann sollte man das entweder ganz anders machen oder – wie SPON – bleiben lassen.
@Lothar: Alles richtig. Diese Preispolitik ist bizarr.
Die andere Frage ist aber, ob dieser Artikel es wert ist, dafür 2 Euro auszugeben. Ich finde: Ja.
(Disclosure: Ich schreibe regelmäßig für die FAS.)
Ich stimme Stefans Aussagen weitgehend zu und möchte einmal einen Punkt erläutern, den ich mit dem Wort „Ursachenfetischismus“ oder jedem vergleichbaren Wort verbinde: Für mich bedeutet das Wort die Neigung der europäisch geprägten Länder, einen komplexen Zusammenhang möglichst auf ein paar wenige beherrschbare binäre Argumente zurückführen zu können.
Dieses mathematisierte Weltbild sorgt z.B. auch für eine Wirtschaftswissenschaft, die in Teilbereichen nicht mehr auf der Realität fußt, sondern sich in mathematischen Modellen, die nur in der Theorie funktionieren, erschöpft.
Wenn ein solches Denken die Diskurse beherrscht, passiert folgendes: Die Menschen verlernen ihre Fähigkeiten zu ganzheitlicher Erkenntnis.
Warum wird eigentlich so selten die Frage gestellt, um wieviel Prozent die Amokläufe zugenommen haben, seitdem „das“ Internet sozusagen für die „Zielgruppe“ der ca. 16-20jährigen nicht nur frei verfügbar ist, sondern auch zur vorherrschenden Sozialtechnik geworden ist? Wenn man alle relevanten Parameter einer solchen Analyse berücksichtigt, vermute ich, dass sich kein stringenter Zusammenhang konstruieren lassen wird.
Und weiter: Warum wird eigentlich immer darüber diskutiert, wie „das“ Internet eine Gefahr für unsere Kultur darstellt, und gleichzeitig vergessen, was wirklich eine Gefahr ist: steigende Armutsrisiken in der Bevölkerung, eine Form der emotionalen Verrohung in Bezug auf Konsumzwang, Neid, Abfälligkeit gegenüber anderen Lebensentwürfen, offene Nicht-Hilfsbereitschaft, usw.
oldman: „Boah ey“ ist kein Jugendschutz – vielleicht möchtest Du den Screenshot verpixeln.
Lothar: Du vergisst eins: versuch mal heute – oder gar nächste Woche – diese Ausgabe der FAS zu kaufen. Ansonsten lohnt auch die Mitgliedschaft in einer Uni-Bibliothek mit Zugang zu Pressearchiven. Das gibt es hier in Köln kostenlos – man muss nicht mal Student sein.
Dazu passend: dieser SZ-Artikel: http://www.sueddeutsche.de/,ra12m1/computer/130/461752/text/ in dem dann als Illustration sogenannter Online-Rollenspiele ein Counterstrike-Bild herhalten muss…
Ein grottenschlechter Artikel, weil er mit Ursachenfetischismus die dutchaus legitime Ursachenforschung desavouriert. Außerdem gab es keine Panne der Ermittler, sondern eine Panne der Politiker, die vorschnell Krautchan als authentisch werteten. Zum eigentlichen Fall hatte die FAS gestern bessere Artikel im ersten Buch.
@Solon
Auf YT gibt es ein ein kurzes aber gutes Interview aus der Sendung „QUER“ mit Prof. Joachim Kersten vom vergangenen Freitag. Geht aber erst los ab 01:26 … (vorher gibt es irgendwas völlig surreales).
Ich glaube, dass ist mit Abstand der einzige Fernsehbericht in den letzten Tagen zum Thema, wo ich nicht kopfschüttelnd weitergezappt habe.
@oldman #14
„Kleiner Einwurf: Es war nicht eine Panne der Ermittler, die noch ermittelten, um die Spur Nr.X abzuklären, sondern der Innenminister BW, der voreilig seine Hintergrundkenntnisse in die Welt blies.“
Das Unvermögen zwischen Chat und Forum unterscheiden zu können, die daraus resultierende Annahme, bei der Ankündigung habe sich um etwas Flüchtiges gehandelt, das Augenzeugen bedarf (anstelle eines Blickes in das Forum), das Vertrauen auf einen Screenshot, der aus dem Nichts auftaucht, ist aber etwas, was mir Angst macht, nicht nur in Bezug auf die Ursachenforschung.
Ich muss Konix weiter oben Recht geben. Am erschreckendsten fand ich Aussagen (teilweise sogar von Polizeimitarbeitern, wenn ich das richtig im Kopf habe) in der Art von „Das Motiv: Er hat Killer-Spiele/Counter-Strike gespielt“. Völlig unabhängig davon, ob es einen Zusammenhang zwischen solchen Taten und Gewaltspielen gibt, muss doch jeder klar denkende Mensch erkennen, dass ein „Motiv“ etwas ganz anderes ist.
Wenn ich bisher überhaupt ein Motiv erkennen kann, dann ist das die Berichterstattung in Bild & Co. – als großformatige Fotomontage in cooler Pose und „Kampfanzug“ (eine meiner liebsten Falschmeldungen zu diesem Fall übrigens) zu enden – besser könnten sich das Amokläufer kaum wünschen. Traurig.
3 Kinder, 40 – 43, 2 Schwiegerkinder, 3 Enkel 8 – 12.
Schwiegertochter seit diesem Monat Lehrerin an Hauptschule.
Lange Gespräche, Motivsuche im Familienkreis.
Selbst 43 Jahre im letzten Glied der Hierarchie, die vom jew.
Innenminister angeführt wird.
Baut der Kopf der Hierarchie Mist, wird beschönigt, vertuscht,
in Aktionismus verfallen. Baut der Schwanz Mist, rollen Köpfe.
Es wäre so einfach gewesen:“ Uns liegen Ermittlungsansätze vor,
über deren Ergebnisse wir rechtzeitig nachberichten werden“.
Statt dessen nahm sich der große Ermittler Rech das
Recht, für wenige Stunden Superpuper zu sein.
Bauchlandung.
Nur eine hat sofort erkannt, wo der eigentliche Feind des Bürgers
sich versteckt: Im Internet.
Motiv, Ursache, Trainingslager und Ansporn im Einen.
Ernst Albrechts Tochter.
Im Übrigen wären alle Ermittlungen (fremder Computer, Laptop,
Verifizierung der Hinweisgeber usw. sowieso durchgeführt worden).
Das ermittelt sich mal nicht so eben nebenbei am Telefon, nur weil
eine Pressekonferenz ansteht.
@Torsten, Danke erl.
@Detlef Borchers: Es gab keine Panne der Ermittler, sondern nur der Politiker?
Ich weiß es ja nicht, aber „Spiegel Online“ z.B. schreibt:
Ich glaube, dass Amokläufe nicht zur Regel werden. Auch gibt es diese schon viel länger als Computerspiele. Der Glaube, alles durch Regeln und Vorsichtsmassnahmen abwenden zu können führt zu nichts. Wer die Schulen mit Metalldetektoren sichert, wird dann vielleicht Amokläufen in Einkaufcentern erleben. Man versucht eine absolute Sicherheit herbei zu diskutieren die es nicht geben kann. Wem es wirklich um die Jugendlichen geht (und dafür Geld in die Hand nehmen will) sollte am unteren Ende der Gesellschaft ansetzten.
@24 und andere davor
Natürlich muss man Ursachenforschung betreiben. Das tut die Polizei ja auch und soll sie auch in Ruhe tun.
Dass es aber diesen Ursachenfetischismus gibt, ist kaum zu bezweifeln. Gar nicht mal spezifisch auf Amokläufe bezogen. Ist ja auch menschlich, weil man sich so einbilden kann, dass man all diese tragischen Ereignisse verhindern kann. Ganz alltäglich: Wenn jemand zu früh stirbt, kommt schnell „der hat ja auch geraucht wie ein Schlot“ und man is beruhigt, weil man selber ja nicht raucht. Wenn ein Flugzeug abstürzt und die schlechte Wartung von Molwanien Airways ist schuld, ist man beruhigt, weil man mit denen halt nicht fliegt.
Das Problem aber ist, dass es manchmal tatsächlich keine spezifischen Ursachen gibt oder nur sehr komplexe, die man nicht einfach abstellen/bekämpfen/beseitigen kann. Dieses beunruhigende Gefühl mag man aber nicht, und deswegen werden schnelle, einfache Antworten gefunden. Und das ist oft gefährlicher als zu sagen „wir wissen auch nicht warum.“.
@26
….Das Unvermögen zwischen Chat und Forum unterscheiden zu können, die daraus resultierende Annahme, bei der Ankündigung habe sich um etwas Flüchtiges gehandelt, ….
Nur so am Rande: bei Krautchan handelt es sich WEDER um einen Chat NOCH um ein Forum im klassischen Sinne. Das ist ein Imageboard.
Der Unterschied ist zum einen, dass man auf einem Imageboard anonym postet (auf Krautchan heisst dann halt jeder „Bernd“)
Zum anderen „leben“ Threads, also Diskussionsstränge auf Imageboards nicht sehr lange.
Das Konzept erlaubt nur eine bestimmte Anzahl von Diskussionen, welche dann auf meist 10-15 Seiten verteilt sind. Bekommt ein Thema keine Antworten, wandert es auf den Seiten weiter nach hinten und wird dann gelöscht.
Ein Beispiel:
Wird auf einem größeren Imageboard wie z.B. 4chan ein völlig uninteressanter Thread eröffnet der keine Antworten erhält, kann es sein dass er schon nach wenigen Minuten bis auf Seite 15 durchgereicht wurde und dann gelöscht wird.
Weiterhin gibt es eine Begrenzung in Alter & Anzahl der Posts pro Thread. Wenn diese erreicht sind, wird ein Thread automatisch nach hinten durchgereicht, egal ob neue Posts hinzukommen. Das heisst dann Autosäge.
Ich weiss jetzt nicht genau, wie aktiv Krautchan ist und wie schnell sich also Threads bewegen, aber es ist nicht völlig unbegründet den Eintrag als etwas flüchtiges anzusehen.
Allerdings denke ich schon, dass du im Allgemeinen Recht hast mit deiner Einschätzung.
@4 Mosley:
Waffen nur noch im Schützenverein aufzubewahren ist kein sinniger Vorschlag. Die Vereinsheime sind meist irgendwo abseits der Ortschaften, im Wald oder im Feld und wenn man da auf einen Schlag gleich die Waffen hunderter Vereinsmitglieder mitgehen lassen kann wird das eher eine Beschaffungsquelle für organisierte Kriminelle.
Wenn Waffen gemäß der Vorschriften aufbewahrt würden, dann wären sie sicher verschlossen von der Munition getrennt – und schon das passiert doch nicht. Anzunehmen das jemand, der heute seine Waffe rechtswidrig auf dem Nachtschränkchen aufbewahrt, sie dann auf einmal im Schützenverein lässt ist illusorisch. Wer seine Waffe mit Heim nehmen will wird das tun.
Etwas zu verbieten schafft es nicht aus der Welt.
(und nein, ich bin und war in keinem Schützenverein)
Internet und Gewalt haben „per se“ nichts miteinander zu tun. Auch Shakespeares Dramen können grausam sein. Vor dem Internet schob man die Schuld bei Gewalt gerne auf Videos.
Politiker sind oft etwas weltfremd und gerne konservativ! Ich sehe das auch so, wie oben: „Das Problem aber ist, dass es manchmal tatsächlich keine spezifischen Ursachen gibt oder nur sehr komplexe, die man nicht einfach abstellen/bekämpfen/beseitigen kann. Dieses beunruhigende Gefühl mag man aber nicht, und deswegen werden schnelle, einfache Antworten gefunden. Und das ist oft gefährlicher als zu sagen „wir wissen auch nicht warum.”
@32
ah, ok, wusste ich noch nicht. Danke!
Ich bin weder Polizeibeamter, der im WWW ermittelt, noch Politiker, der über Internetrecht entscheidet, deswegen möge man mir meine Unkenntnis verzeihen ;-)
@chankenner: Hätte der Täter sein Vorhaben bei 4chan angekündigt, wäre jetzt vermutlich ein Verbot aller Imageboards (als alleinige Ursache) in Diskussion. (Diese Seite würde vermutlich die Köpfe der meisten Pädagogen explodieren lassen.)
So lenkt man auch von den echten Schuldigen ab:
diese Gesellschaft, wir alle
Wir tragen ja für unsere Kinder und deren Handeln die Verantwortung.
Tim ist kein Held, er ist ein Opfer dieser Gesellschaft, der zum Mörder wurde.
Tim war nicht nur hasserfüllt. Er liebte seine Katze über alles. Es gab immer Hoffnung, aber jetzt ist es zu spät…
Die Welt trauert und hat Angst, denn jeder weiß wie diese Welt ist, wie kaltherzig und grausam sie ist, wie Kriege auf der Welt wüten, wie Menschen lügen und sich gegenseitig quälen… es ist nur eine Frage der Zeit bis sich sowas wiederholt. Das ist die Welt, die die Menschheit erschaffen hat. Eure Welt. Unsere Welt. Und es gibt Tage, wo wir die Rechnung bezahlen müssen.
Die Welt, die Menschen sind hilflos und sind sich ihrer eigenen Schuld bewußt, doch sie tun was in ihrer Natur liegt, die Schuld in anderen Menschen und Dingen zu suchen. Und das noch mit irgendwelchen nachvollziehbaren Argumenten zu untermauern.
Die können das Internet, Computerspiele, Bücher, Rap Musik, sogar Waffen verbieten – bin mir sicher, einen neuen Amoklauf würde es irgenwann wieder geben.
Wer soll dann Schuld sein?
Es ist schlichtweg lächerlich diese Argumentation, ich habe in meiner Firma ältere Mitarbeiter die dieses Thema letzte Woche aufgriffen. Sie haben allen ernstes versucht mit davon zu Überzeugen das Computer spielen alle Jugendlichen verdirbt (ich bin 21). Wenn ich als Gegenaargument mich selbst einbrachte so wurde immer von einer Ausnahme gesprochen. Was dann natürlich andersrum genauso auf Gewalttäter zutreffe erklärte ich dann. Diese Form der Argumentation geht an der älteren Generation, diejenigen die sich mit der Materie nicht auseinandersetzen ums präzise zu sagen, vollkommen vorbei. Dort werden Tatsachen verschleiert und vergessen, Studien der Bildzeitung als Fakten dargelegt etc etc.
Es stimmt mich immer wieder traurig das man ständig irgendwelche Patentrezepte anbriegen möchte obwohl es nunmal so ist das manche Menschen ohne großen Grund durchdrehen.
Auch die Tatsache das der Vater seine Waffe eventuell nicht ordnungsgemäß gelagert hat ist schnell falsch zu verstehen. Laut Waffengesetz reicht es eine Waffe in einem verschlossenem Waffenfutteral aufzubewahren, Waffenfutteral ist Wolle. Sehr leicht also diese Waffe zu entwenden, gilt laut Gesatz aber als Verschlossener Behälter der Lediglich dazu dienen soll die Waffe nicht einsatzbereit zu haben.
Naja wie wurde das in England in einem Lied gesagt „Because i dont like Mondays“ ….
Zum Thema 2 EUR für das Lesen eines Artikels für 24 Stunden:
@Stefan
> Die andere Frage ist aber, ob dieser Artikel es wert ist, dafür 2 Euro auszugeben. Ich finde: Ja.
Da hat jeder wohl sein eigenes Maximum. Zwei Euro finde ich da zu viel, auch wenn ich das nicht wirklich beurteilen kann, da ich den Text ja gar nicht kenne (Henne/Ei anyone? ;-) Eines der Hauptprobleme hier ist, dass die Möglichkeit nach der Bezahlung zu Lesen auf 24 Stunden eingeschränkt ist. Wenn ich den Text also über einen längeren Zeitraum „geniessen“ möchte, müsste man ihn ausdrucken (was ich gerne vermeide) oder als HTML irgendwohin speichern. Beides ist eher nervig und nur der Tatsache geschuldet, dass der Betreiber mehrfach „absahnen“ will (so erscheint es einem, es muss nicht der Tatache entsprechen).
Naja, faz.net wird da nicht wesentlich mehr Erfolg haben als SPON, schliesslich gab es dort für den Preis die sogenannten „Dossiers“, also Sammungen mehrerer Artikel zu einem Thema statt nur einem einzigen und das ganze auch noch zeitlich unbefristet. Trotzdem hat sich keine ausreichende Menge an Leuten dafür interessiert, dass sich das getragen hätte.
Jetzt geht man halt den Klickviehweg, also kastriertem RSS-Feed, bei dem nur die Ueberschrift und der erste Absatz zu sehen ist und Gimmicks wie einem Vista-„Gadget“, das fuer Klicks sorgt, selbst wenn man gar nichts liesst.
> (Disclosure: Ich schreibe regelmäßig für die FAS.)
Ach? ;-)
@oldman:
> Du vergisst eins: versuch mal heute – oder gar nächste Woche – diese Ausgabe der FAS zu kaufen.
Selbst dann sind 2 Euro fuer einen einzelnen Beitrag dieser Ausgabe zu viel. Aber wie gesagt verstehe ich den Grund dafür. Die Gebühren, die die Betreiber der Zahlungsportale verlangen, sind nicht unerheblich. Von den 1,68 Euro Nettoeinnahme gehen z.B. bei Click&Buy schon mal 0,40 Euro an Transaktionsgebühren weg. Zusätzlich werden wohl pro Käufer 0,10 Euro pro Jahr fällig, wenn ich die Konditionsbeschreibung auf deren (gut versteckten) Seite richtig deute:
—- schnipp
ClickandBuy erhält zur Deckung der Service-/Support- und Registrierungs- bzw. Call Center-Kosten pro registriertem Nutzer, der kostenpflichtige Angebote des Anbieters nutzt, 0,10 EUR pro Jahr.
—- schnipp
Nach Abzug aller Kosten, würde es mich daher nicht überraschen, wenn bei faz.net weniger als ein Euro ankommt.
> Ansonsten lohnt auch die Mitgliedschaft in einer Uni-Bibliothek mit Zugang zu Pressearchiven. Das gibt es hier in Köln kostenlos – man muss nicht mal Student sein.
Als Softwareentwickler findet mein Leben primär digital statt ;-) Aber auch eine gut geführte Stadtbibliothek sollte für diese Sachen zumindest ausreichen (wir sprechen hier ja nicht über eine wissenschaftliche Fachpublikation). Zumindest die Bibliothek am Gasteig in München hat zu meiner Schulzeit immer gute Dienste geleistet.
Der Wirrsing von „Motiv: Killerspiele“ wird so schnell auch nicht aussterben, denn das Thema wird unbedarfterweise breitgetreten so weit die Gänsefüsschen tragen. Gestern Abend noch tickerte dpa (die Blinden unter den Einäugigen in Sachen wie diesen…) „Heldenhafte Lehrer bei Amoklauf – Täter hatte Killerspiele auf PC“ – warum weiss ich nicht, im Text zur Schlagzeile findet sich nichts zu Lehrern oder Killerspielen, sondern nur Rumpfsätze zu den „Konsequenzen“ wie von einigen Politikern gefordert. Aber Hauptsache Buzzwords streuen.
Danke für den Hinweis auf diesen wirklich sehr guten Artikel von H. Staun. Hat mich gefreut, diese Meinung dort zu lesen, kurz nach dem unsäglichen Artikel von Don A.
Wollte eigentlich schon gestern Abend verlinken, aber aufgrund des 2,- Problems darauf verzichtet, da man den Artikel in voller Länge lesen muss um sich ein Bild zu machen…
Ist es nur schick, „Disclosure“ zu tippen anstatt „Mitteilung“ oder „Information“, oder gibt es einen wichtigen Grund dafür?
Ist es nur schick, den Gebrauch des Wortes „Disclosure“ zu kritisieren, oder gibt es einen wichtigen Grund dafür?
@17: Das Zitat ist von H.L.Mencken:
Im angelsächsischen Sprachraum ist das schon so etwas wie eine stehende Redewendung.
@Stefan Niggemeier (29): Ausgerechnet Spon zitieren? :) Die Analyse der Festplatte hat es ja gegegeben, nur dauert sie noch an. Nachdem schonmal das Spielen mit Far Cry 2 rausposaunt wurde sitzt man jetzt wohl bei der Forensik der Festplatten an den richtig harten Nüssen. Meines Wissens wurden früh im LKA Zweifel an der Meldung von Krautchan fällig. Wer dieser Tage die Beiträge der Germanfags in /b/ gelesen hat, konnte ne Menge Parodien bewundern. Insgesamt würde ich Spon nicht als Quelle sehen, wie es heute leider auch die taz macht, die allen Ernstes schreibt: „Die Ermittler gehen dem Hinweis des Magazins auf das Pseudonym JawsPredator1 nach“. (weder der Name stimmt, auch kam der Hinweis nicht vom Deshalb-Magazin, sondern von der Kwick-Community) .
Unbeschadet davon ist es ein Pluspunkt, dass das Eichhorn-Buch von Gärtner beim Aufklärungsfanatismus-Gegner Staun genannt wird, ich habe ja auch auf diese Lektüre verwiesen :)
@Klaus zum Thema „Disclaimer“:
Bei Diskussionen im Usenet, aber auch Webforen wie diesem, hat sich ein gewisser Sprachgebrauch eingebürgert. Kürzel wie AFAIK, IMHO (in Webforen eher selten anzutreffen, da dort Bescheidenheit mangels Realname eher Seltenheitswert hat ;-) oder CU, „Gute n8“ etc. haben oft eine englische Bedeutung. Ein „Disclaimer“ ist da keine Ausnahme, wird aber oft so wahrgenommen wie in http://groups.google.de/group/de.alt.netdigest/browse_thread/thread/4a03c4cf3729d2aa/e615315d5504c208 „übersetzt“ ;-)
@Detlef Borchers: Zu formulieren, dass Staun das Buch „nennt“, ist niedlich. Sein ganzer Artikel handelt davon.
@42 :) Disclosure ist aus dem IT-Sprech rübergeschwappt und kommt vom dort üblichen Nondisclosure Agreement. Richtiger wäre Disclaimer. Disclosure: ich schreibe gelegentlich für die FAS :), im Wissenschaftsteil.
@36
Ja, 4chan und insbesondere /b/ ist schon ein ganz „besonderer“ Ort… Ich warte schon auf den Tag, an dem diese Sau von der Politik durchs Dorf getrieben wird.
Manchmal glaube ich, dass dort die grössten Rassisten, Homophobiker und generell Wahnsinnigen ein Heim gefunden haben – und dann denke ich wieder das exakte Gegenteil.
Die Art und Weise wie auf den *chans miteinander umgegangen wird ist oft so übertrieben over-the-top dass dieser ganze Hass zur Karikatur und damit lächerlich wird. Von daher denke ich, dass die chans eigentlich eine durchaus gute Sache sind.
… bis zu dem Post, nach dem ich am liebsten meinen ganzen Verlauf löschen möchte … (man ist halt nie sicher, ob es nicht doch ernst gemeint ist – was auf Imageboards auch manchmal thematisiert wird)
Auf jeden Fall sind sie leicht misszuverstehen und auch eigentlich nur mit einer gehörigen Portion kritischem Denken zu „geniessen“. Von daher und natürlich vom Inhalt definitiv nicht jugendfrei.
Was ich mich frage – wäre eine Plattform wie ein solches anonymes Imageboard tatsächlich eine Plattform für Amokläufer ? Wenn man sieht, wie oft dort ähnliches angekündigt wird, könnte man das ja meinen.
@44
dann sagte mein kommentar mehr über mich aus als mir lieb ist…. :-/
Seit Tagen habe ich eigentlich nur das Bild des Pawlowschen Hundes im Kopf, wenn ich an viele Reaktionen von Menschen und Medien denke. Es ist ein Amoklauf passiert und sofort werden die gewohnten Verhaltensmuster abgespult (Killerspiele, Internet … eigentlich fehlt seltsamerweise bisher noch „Heavy Metal“ in dieser Liste).
Gestern Abend war bei Anne Will auch der Amoklauf Thema. Dabei ist ein Satz gefallen, über den es sich meiner Meinung nach nachzudenken lohnt. Sinngemäß wurde gesagt, dass es doch eigentlich allen nach einer solchen Tat ausreichen müsste, über die Tat an sich und vielleicht noch eventuelle Opferzahlen informiert zu werden. Alle darüber hinausgehenden „Neuigkeiten“ sind oftmals reine Spekulation und nicht wirklich fundiert. Dies sollte eigentlich schon aus Respekt gegenüber den betroffenen Hinterbliebenen (von Opfern UND Täter) geschehen. In diesem Zusammenhang war eine Anregung, dass hier von den maßgeblich verantworlichen Chefredakteuren eine Art Verhaltenscodex entwickelt wird, der einen angemessenen Umgang gewährleistet. Ich würde das wahrlich nicht schlecht finden. Allerdings muss natürlich dann auch die „Öffentlichkeit“ daran arbeiten, nicht eben genau die jetzt (vielfach zurecht) kritisierte Berichterstattung zu verlangen.
„Ursachenfetischismus“ scheint mir kein so falscher Begriff zu sein. Jetzt wird berichtet, wann er zuletzt Computerspiele gespielt hat (wenige Stunden vor der Tat) – durch solche Egoshooter, die in den ordentlichen Medien fast durchgängig mit einem hübschen Propagandabegriff charakterisiert werden, läd sich das Subjekt mit Bösartigkeit auf, die nur nach und nach abklingt – jedenfalls nicht in wenigen Stunden.
Waffen im Sportverein zu lagern birgt – wie Kaukomieli schrieb, andere Gefahren. Zudem gibt es viele Personen, die einen Waffenschein zur Selbstverteidigung haben. Auch müßte es im Waffenlager Personen geben, die doch an die Waffen dürfen, und wer im Verein Mitglied ist, der kommt ja vor Ort an die Waffe, und hat sie dann in der Hand. Soll der Waffenwart den gleich an Ort und Stelle zur Strecke bringen, wenn der sich mit der Waffe entfernen will?
Man kann vielleicht auch ein „Wir müssen etwas tun“-Dogma diagnostizieren. Man braucht nicht nur eine Erklärung, sondern eine Erklärung, an die sich plumpe Handlungsstrategien anschließen lassen. Waffen verbieten, Videos verbieten, Spiele verbieten. Keine Flüssigkeiten und Cremes auf Flüge mitnehmen – zumindest nicht mehr als 100ml.
Von dort ist es nicht weit bis zum Opfer.
Wenn wir den Göttern nur irgendein Opfer bringen, dann werden sie uns das nächste Mal verschonen (oder das Opfer war zu klein).
@Haco #26,
Wenn ein Innenminister als Berichterstatter vor die Presse
tritt, hat er sich zuvor von seinem Stab einen sog. Sprechzettel
mit Fakten erstellen lassen.
Wer die PK am 12.3 verfolgt hat, konnte erkennen, daß Rech als
letzten Punkt ablas, daß sich eine neue Spur (Anruf aus Bayern,
ein Vater wurde von Sohn informiert etc.) ergeben habe,
die noch ausermittelt werden müsse. Er erwähnte ohne Zwang
den Namen „krautchan“.
Auf Frage eines Journalisten blickte er fragend nach rechts unten
und bekam die volle URL zugerufen.
Die Adresse buchstabierte (!) er den Journalisten.
Diese Angaben waren noch nicht pressefrei!
Die Beamten steckten noch mitten in den Ermittlungen.
Daß Rech auch Fundstellen auf dem Computer des T. als
gesichertes Ermittlungsergebnis verkündete schiebe ich auf seine
Unkenntnis über das „Internet“ und seiner Besonderheiten.
„Au Schei**e, was schwätzt denn der?“ war die leicht zu verstehende
Antwort auf meinen fragenden Anruf in Waiblingen.
Vergleichbar ist nur, den Namen und die volle Adresse eines von
einem Nachbarn einer schweren Straftat Bezichtigten an die
Presse weiter zu geben.
Da ich immer noch derartige Vorgänge mit dem Herzen eines
Ehemaligen verfolge, hätte ich mir aus dem Journalistenpulk
sehr viele andere grundsätzliche Fragen vorstellen können.
Wobei allerdings eine gestellt und vom Landespolizeipräsidenten
Erwin Hetger recht lax beantwortet wurde.
@oldman #53
wenn ich mich recht erinnere, hat er den Wortlaut der Ankündigung vorgelesen, gleichzeitig wurde der Screenshot auf eine Leinwand projiziert. Für eine Spur, die noch ausermittelt werden muss und deren Ursprung noch nicht pressefrei ist, ein recht großer Aufwand. Wofür ein Screenshot für eine Projektion aufbereiten, wenn die Spur nur als Spur unter anderen der Öffentlichkeit präsentiert werden soll?
@Haco, ich muss gestehen ich weiß es nicht.
Ich habe einen Screenshot leider nicht gesehen.(Phoenix)
Ich könnte nur spekulieren, ob ein screenshot auf dem PC der
PK-Regie (LKA) gespeichert war und dieser dann per Beamer
an die Wand geworfen wurde.
Mein Kontakt sagt, das war so auf keinen Fall geplant!
Nochmal kurz zu der oben erwähnten „Hart aber fair“-Sendung: Was mich dabei besonders erschüttert hat, war, dass das Killerspiel-Argument gar nicht mal so von den Diskussionsteilnehmern (Pfeiffer, Bosbach etc.) eingebracht wurde, sondern vom Moderator irgendwann fast schon gewaltsam (jedenfalls nicht sehr „moderat“) in die Diskussion gedrückt wurde.
Zu einem Zeitpunkt, als gerade über Mobbing und Schulpsychologen diskutiert wurde, grätschte Frank Plasberg auf einmal dazwischen und wollte unbedingt seinen tollen Counter-Strike-Beitrag zeigen. Zunächst ging es in diesem Beitrag auch erstmal darum, dass die eigene Berichterstattung thematisiert wurde und sich die Macher mal wieder für ihre absurde, sensationsheischende und vor Unkenntnis triefende CS-Darstellung rechtfertigten. Nachdem dann endlich über Killerspiele diskutiert wurde (wobei man sich ziemlich schnell einig darüber war, dass Computerspiele keine Ursache von Gewalttaten sind, aber vielleicht halt ein „belastender Faktor“ – laaangweilig), musste kurz vor Schluss dann noch ein Beitrag untergebracht werden, diesmal ging es darum, dass zwei 14 und 15jährige Spiele kaufen konnten, die ab 16 (und eins auch ab 18) freigegeben waren.
Ich fand es extrem unangemessen, Sendezeit mit diesen deplatzierten und ablenkenden Themen zu verschwenden. Eigentlich sollte es ja Aufgabe der Moderation sein, die Diskussion auf Aspekte zu lenken, die irgendwie zur Beleuchtung des aktuellen Sachverhalts beitragen. Wenn solche Ablenkungsmanöver von Politikern oder „Experten“ aus ihrem jeweiligen Eigeneninteresse heraus gestartet werden, finde ich das verständlicher und besser erträglich als sowas…
@oldman
hab jetzt fast selber gedacht, ich hätte mich getäuscht. Aber in der zdf mediathek findet sich die pressekonferenz (12.3. 12:30) in ganzer Länge. Um Minute 5 weist Rech auf den Screenshot hin. (in andern Zusammenschnitten dieser Pressekonferenz ist das rausgeschnitten, weil er den Wortlaut der Ankündigung unterbricht, um diesen Hinweis zu geben).
Dazu möchte ich mal kurz auf die Kompensationstheorie des Medienwissenschaftlers Matthias Mertens aufmerksam machen. Er vertritt die These, dass sich potenitielle Gewalttäter mit Spielen mit Gewaltinhalt beschäftigen, weil sie hier die Möglichkeit haben ihren Trieb in kontrollierter virtueller Umgebung auszuleben. Erst da, wo das Spiel versagt, d.h. seine Möglichkeiten nicht mehr ausreichen um sich adäquate Befriedigung zu verschaffen, besteht überhaupt ein Anreiz dazu die Fantasien in der Realität fortzuführen.
Dementsprechend könnte man sogar vermuten, dass das Erstellen von entsprechenden Videos oder Egoshooter-Leveln der aktive Versuch sind das virtuelle Umfeld zu erweitern, um so genügend Platz für den persönlichen Drang zur Gewalt zu schaffen.
[…] Ihr bei Stefan Niggemeier. Das Feuilleton-Aufmacher ist wirklich lesenswert (nicht nur weil es darin um unser Buch […]
Warum darf man überhaupt(ob privat oder im Schützenverein) automatische Waffen besitzen?
Wenn man unbedingt schießen oder jagen will, geht das auch mit einer Waffe, die nach jedem Schuß neu geladen werden muß.
oldman #53, #55, hier der Screenshot auf der Pressekonferenz.
sueddeutsche.de/panorama/835/461461/zoom_0_9/
@ #4:
Es sind eben gerade nicht die Affekttäter, wie wir ja längst wissen, insofern geht deine Law-and-order-man-muss-Knarren-nur-ordentlich-wegschließen-Theorie fehl. Auch wenn sie den Vater von Tim K. jetzt und zu recht vor den Kadi zerren, weil er seine Waffen nicht alle unter Verschluss hielt. Aber da unterscheidet sich eine Beretta nur unwesentlich von einem Pitbull (heute 5 Jahre Jubiläum des Verfassungsgerichts-Urteils zum Kampfhundeverbot!), alles kann Waffe sein!
@ #13:
Ja, der Artikel aus der NY-Times ist interessant, aber nicht sehr signifikant, wenn man bedenkt, dass Washington D.C. ein kleiner Stadtstaat ist und es sich bei der Gesamtzahl der Selbstmörder im betrachteten Jahr 1985 nur um 8 handelte. Wenn man nicht mehr von der beliebten Ellington-Bridge springen kann, fährt man eben in einen der Nachbarstaaten ud hopst dort in den Tod. Möchte gern wissen, wieviele Suizide es heute in Washington D.C gibt, bei 35.000 in den USA. Sicher mehr als 8 pro Jahr.
„Viel schlimmer ist dabei der verzweifelte Wunsch, dieser Ankündigung überhaupt irgendeine Aussagekraft abzugewinnen. „Das Motiv hängt mit dem Internet zusammen”, (…), als wäre der Mörder von seiner eigenen Absichtserklärung angestiftet worden, (..). Man muss sich die dürftige Logik dieser Beweisführung vor Augen halten, “
Die ist aber nur so dürftig, weil Herr Staun die Argumentation unzulässig verkürzt.
Es geht doch nicht darum, dass dieser eine Eintrag (wenn er denn echt wäre) als singulärer Auslöser oder gar Motiv gilt.
Es ging doch darum, dass es im Netz eine Gemeinschaft, eine Art Subkultur, der Amokläufer und derer die diese bewundern gäbe. Und dass diese Gemeinschaft potenzielle Täter in ihren Vorhaben bestätige bzw. den Wunsch auch als Amokläufer in die Geschichte einzugehen verstärke.
Ob es diese Foren nun gibt und ob Tim K sich in diesen wirklich bewegt hat; keine Ahnung. Aber das jemand der die Neigung zu einer Überreaktion hat durch das Gefühl, dass andere ihn zu einem Amoklauf ermutigen, eher einen solchen begeht, klingt durchaus plausibel.
Ähnlich wie bei „Selbstmord-epidemien“, ausgelöst durch Austausch mit Gleichgesinnten oder entsprechenden Büchern, Filmen etc.. Diese Phänomen ist durchaus bekannt und m.E. vergleichbar.
Es ist also bei Leibe kein Blödsinn, nach Gründen für eine solche Tat im Internet zu suchen. Nur das Internet per se Verantwortlich zu machen, ist natürlich Humbug.
@kaukomieli(33.):
„Waffen nur noch im Schützenverein aufzubewahren ist kein sinniger Vorschlag. Die Vereinsheime sind meist irgendwo abseits der Ortschaften, im Wald oder im Feld und wenn man da auf einen Schlag gleich die Waffen hunderter Vereinsmitglieder mitgehen lassen kann wird das eher eine Beschaffungsquelle für organisierte Kriminelle.“
—
dann müssen halt die sicherheits-standards für die verwahrung besser werden, und wer für solche sicherheit nicht hinreichend sorgen kann, sollte ganz einfach nicht das recht haben, schusswaffen zu lagern, ist doch ganz logisch. schlussendlich kann es nicht angehen, dass nur des „sportlichen vergnügens“ wegen in einer gesellschaft wie der unseren privatleute solch einfachen zugriff auf lebensgefährliche schusswaffen haben können, erst recht nicht zuhause.
zumal ja auch der verwahrer solcher waffen selber ausflippen kann, wer sagt denn dass das immer nur dritte sein müssen.
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„Wenn Waffen gemäß der Vorschriften aufbewahrt würden, dann wären sie sicher verschlossen von der Munition getrennt – und schon das passiert doch nicht.“
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genau. noch ein grund mehr, privatleuten die waffen aus der hand zu nehmen und, wenn es denn schon unbedingt sein muss, nur in kontrollierten
umgebungen in die hand zu geben. ich bin zuhause auch ein schlamper, das sind wir alle. der verweis auf die strenge der vorschriften
zur verwahrung von waffen zuhause ist doch blanker hohn, jeder mensch weiss doch dass die leute zuhause machen was sie wollen.
und bevor nur wegen merkels „stichproben“-vorschlag jetzt unser aller unantastbarkeit der wohnung eingeschränkt wird bin ich allemal
mehr dafür, dann lieber das recht dieser mikroskopisch kleinen minderheitauf waffenlagerung zuhause einzuschränken. ich sehe das ganze nämlich nicht nur als pragmatische graduelle verbesserung, ich bin dabei auch ein egoist.
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„Anzunehmen das jemand, der heute seine Waffe rechtswidrig auf dem Nachtschränkchen aufbewahrt, sie dann auf einmal im Schützenverein lässt ist illusorisch. Wer seine Waffe mit Heim nehmen will wird das tun.“
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wenn ich ins schwimmbad gehe lassen sie mich auch nicht raus bevor ich nicht den schrankschlüssel wieder abgegeben habe. wenn in schützenvereinen
nichtmal die „sicherheitsstandards“ eines schwimmbads durchgezogen werden könnten, dann würde aber ganz eindeutig etwas mit dem schützenverein
nicht stimmen. das kann ja wohl nicht zuviel verlangt sein. wir reden hier immerhin von dem umgang mit waffen. das ist doch kein bowling-club.
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„Etwas zu verbieten schafft es nicht aus der Welt.“
—
strohmannargumente sind langweilig. niemand argumentiert, es würde hier etwas vollständig „aus der welt geschafft“. es geht hier
um graduelle veränderungen in die richtige richtung, nicht mehr, nicht weniger.
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@perlenschwein (62.)>
„Es sind eben gerade nicht die Affekttäter, wie wir ja längst wissen,“
—
ach, das „wissen“ wir? wer wollte hier behaupten, er könne wirklich „wissen“ wieviel hemmschwelle denn genau nötig gewesen wäre,
um die tat zu verhindern? den tresor im sportverein aufbrechen? muss ein teenager erstmal hinkriegen. waffe auf dem vielbeschworenen
„illegalen markt“ besorgen? den muss ein teenager erstmal ausfindig machen, diesen markt. in winnenden? viel spass dabei.
fakt ist, dass niemand „weiss“, wieviele steine im weg gereicht hätten um die tat zu verhindern. die einzigen grössen mit denen
man hier hantieren kann sind wahrscheinlichkeiten und höhe von hemmschwellen. ganz einfach eigentlich.
—
„Law-and-order-man-muss-Knarren-nur-ordentlich-wegschließen-Theorie“
—
auch hier steckt in der formulierung (neben der billigen polemik) die unterstellung mit drin, der vorschlag beinhalte
die behauptung, man müsse „nur ordentlich wegschliessen“ und dann ist das problem „gelöst“. nichts löst das problem. nochmal,
es geht nur um höhere hemmschwellen und niedrigere wahrscheinlichkeiten, zu einem absolut geringen preis (das fragwürdige
recht auf waffen-zuhause-verwahrung, wahrscheinlich nur für law-and-order-fans von belang). insofern auch das nur ein weiteres
strohmannargument.
Den Satz „Das Motiv hängt mit dem Internet zusammen“ muss man sich in der Tat einmal auf der Zunge zergehen lassen, in seiner ganzen trümmerdummen Unsinnigkeit — selbst wenn man den ungeheuren Druck anerkennt, unter dem der Polizeisprecher gestanden haben muss.
Übrigens ging’s dann ja in der Meldung ähnlich schlau weiter: „Auf dem Computer des 17-jährigen Ex-Schülers der Realschule wurde nach seinen Angaben ein Kampfspiel, eine Variante der ‚Counterstrike‘-Spiele, gefunden. Darin sei ein Teil des Motivs für den Amoklauf zu sehen.“
So gesehen beim Focus (http://www.focus.de/panorama/welt/winnenden/tid-13629/winnenden-erste-hinweise-auf-motiv-des-amoklaeufers_aid_379560.html), aber auf 100 anderen News-Sites. Man fragt sich, was die Damen & Herren Online-Redakteure da so tun für ihr Geld — & warum die Focus-Redakteurin sich fürs Abschreiben & Nicht-Reflektieren der Agenturmeldung nach Winnenden begeben musste…
16 seiner 16 männlichen Klassenkameraden, schätzte am Donnerstag der Gymnasiast Johannes Struzek bei „Hart aber fair”, spielen „Counterstrike”.
komische klasse, das kenn ich aber von nirgendwo so
Kann mir mal jemand erklären, warum es zwar denkbar ist Computerspiele wie Counterstrike zu verbieten, aber undenkbar Waffen in Privathaushalten zu verbieten?
Christian Pfeiffer ist ein guter Populist, aber irgendwie mangelt es ihm an Argumenten. Schön fand ich bei Hart-aber-fair, auch die Ablehnende Haltung des Publikums gegenüber dem Argument, Herr Bosbach habe noch nie ein solches Spiel gespielt. Ich finde das ist ein gutes Argument insbesondere, wenn man zum einen behauptet diese Spiele würden aggressiv machen, was nicht der Fall (siehe sogar den Faktencheck) ist und zum anderen wenn man von einem Spiel spricht in dem angeblich auf Hilfesuchende geschossen wird, was, jedenfalls soweit ich weiß in keinem der derzeitigen Egoshooter vorkommt, jedenfalls keinesfalls in Counterstrike. Sowas passt auch nicht ins Modell denn man möchte beim Computerspielen nur sehr selten böse sein.
Auch lies die Sendung generell an Objektivität zu wünschen übrig, insbesondere bei Frank Plasberg. Was die Grunddiskussion betrifft, verweise ich auf mein Blog.
Wer kein Problem hat, sich an der Tat eines oder mehrerer Amokläufer privat in Form von Büchern oder Filmen zu bereichern und dafür auch noch ungeniert Werbung zu betreiben, dem sei auch der Film „Elephant“ von Gus van Sant ans Herz gelegt.
Pfeiffer again – der hat bei Phönix inzwischen wahrscheinlich ein Zimmer. Zusammen mit Armin Laschet, CDU-Familienminister, Malte Behrmann (GAME e.V.) und einem Betroffenen, M. Wallis, als ehemals süchtigen Computerspieler in der Rolle „vom Saulus zum Paulus“.
Geleitet von Anke Plättner – den Beginn der Sendung hab ich verpaßt, aber die spärlichen Versuche zu hinterfragen, ob Killerspiele überhaupt einen Einfluß auf den Täter hatten werden gleich wieder im Rausch der Argumente (man kann Spiele im Netz ohnehin nicht wirksam verbieten, brutale Fernsehfilme sind mitschuld, Spiele machen süchtig, usw.) beiseite gedrängt – ein kurzes „es ist ein Faktor“ scheint als eine Art Deal der Konsens unter 4,5 erwachsenen Menschen zu werden. Wir wissen nicht, was die Ursache ist – also waren die Killerspiele ein Faktor.
Man muß leider die völlige Abwesenheit eines klaren Gedankens beklagen.
Herrn Laschet fällt auf, daß nicht nur Killerspiele, sondern auch Pornobilder auf dem Rechner gefunden wurden – ah! deshalb sind fast alle Opfer Frauen gewesen! – so ungefähr seine Reaktion.
Man kommt sich vor wie bei Wer wird Millionär:
Was ist schuld am Amoklauf:
a) Killerspiele
b) Pornobilder
c) Waffen im Haushalt
d) Managergehälter
Ziehen Sie den Publikumsjoker! Die empörungswillige Mehrheit bestimmt die Ursache.
Naja – in der Phönixrunde ist kein Publikum im Studio, das den Protagonisten verrät, in welche Richtung es gehen muß, aber offenbar haben alle Beteiligten starke Imaginationskräfte, die ihnen erlauben zu sehen, was sie nicht wissen.
P.S.: So wie Pfeiffer den Computerspielrenegaten Wallis angeschaut hat habe ich jeden Moment damit gerechnet, daß er ihm EEG-Sensoren anlegt, und nach der Sendung in einen Koffer packt, um ihn an seinem Institut nochmal gründlich zu untersuchen.
Woher die Idee kommt, ein Exsüchtiger sei besonders geeignet irgendwas erhellendes zur Diskussion beizutragen – herrjeh, war der aufgeregt!
Zum Glück habe ich zuvor Scholl-Latour bei Maischberger geschaut – ein Scholl-Latour, der mit periodischen „Blödsinn!“-Rufen die Debatte aus übersteigerten Wahnregionen zurückholt, fehlt bei diesem Thema.
Harald Staun istn ziemlich guter.
Es ist doch immer das gleiche:
Politiker, „Experten“ (insbesondere ältere Semsester) und Medienschaffende die sich die Freizeit mit teureren Hobbys als Computerspielen vertreiben (bzw. Internet nur auf dem Computer der Assistentin existiert), wollen immer das verbieten, was Ihnen selbst nicht schmerzt.
Auch ein Golfschläger ist eine gefährliche Waffe! Diese können m. E. auch im Clubhaus gelagert werden.
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