Fehler-Outsourcing mit der „Netzeitung“

Deutschlands zweitgrößter Privatsender Sat.1 kann oder will es sich nicht leisten, eigene Nachrichten für seinen Online-Auftritt zu produzieren. Deshalb ist das, was unter Thomas Kauschs Gesicht veröffentlicht wird, „powered by N24.de“.

Aber auch Deutschlands größter privater Nachrichtensender N24 kann oder will es sich nicht leisten, eigene Nachrichten für seinen Online-Auftritt zu produzieren. Er lässt sich die Inhalte von der „Netzeitung“ zuliefern.

Und so erscheinen viele Nachrichten wortgleich auf netzeitung.de, N24.de und sat1.de. Das ist vielleicht nicht ideal, sagt auch etwas über die Nachrichtenkompetenz von N24 aus, könnte aber ja Vorteile für die Leser haben: Durch die mehrfache Verwertung einmal erstellter Inhalte wachsen die Erlöse, die man in eine höhere Qualität der Inhalte investieren könnte.

Ja, das ist graue Theorie. Wie grau — das zeigt beispielhaft ein Artikel über „Second Life“, angefertigt offenbar bei der „Netzeitung“, der in all seiner Grottigkeit nun auch sat1.de und N24.de schmückt, wo ganz offensichtlich niemand auch nur einen flüchtigen Blick auf die zugelieferten Inhalte wirft.

Die Zahl der deutschen Second-Life-Bewohner stieg laut Studie nicht in den letzten zwölf Monaten, sondern von Januar bis März um 70 Prozent. Darauf bezieht sich auch das 92-Prozent-Wachsum in den USA. Besonders schön ist die Rechnung, dass 61 Prozent der Nutzer männlich, aber „nur knapp ein Drittel weiblich“ sein sollen.

Und überhaupt ist die Überschrift „Deutsche fallen in Second Life ein“, die man von der britischen Seite „The Register“ übernommen hat, abwegig, da der Vorsprung der Deutschen vor den Amerikanern (oder wie die „Netzeitung“ sie nennt: „die Amerikanische“) ja geschrumpft ist. Genau genommen leben in den USA übrigens auch nicht „mehr als“ vier Mal so viele Menschen wie in Deutschland. Und dann sind da noch ein paar Fehler in Grammatik und Zeichensetzung, die nun auch gleich doppelt und dreifach erscheinen. (Ob die „Netzeitung“ den Unsinn auch noch in ihren Radionachrichten verbreitet hat, habe ich nicht kontrolliert.)

Das ist Outsourcing mit Synergie-Effekt im Online-Journalismus: Sat.1 und N24 lagern die Fehlerproduktion aus und lassen sie zentral von einem günstigen Experten erledigen.

18 Replies to “Fehler-Outsourcing mit der „Netzeitung“”

  1. Ich versteh nicht was du gegen die 6,2 Prozent ohne feste Gechlechtszuordung hast.

    Wissen ist ja eigentlich eine Holschuld, aber ich bin ja nicht so
    http://linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1235653533

    Danach wirst du dich hoffentlich ernsthaft mit der Lage intersexueller Menschen auseinandersetzen.

    Du kannst natürlich auch der netzeitung eine Rechenmaschine schenken.

    Übrigens schau dir mal Mohn/Bertelsmann an, die machen das zwar geschickter aber die verwerten alles mehrfach.

  2. Fehler im Online-Journalismus sind heute ja längst keine Sensation mehr.

    Viel schlimmer finde ich, dass ein „Nachrichtensender“ seine Nachrichten einkaufen muss. Das ist peinlich und spricht in der Tat gegen die eigene Kompetenz.

  3. Na ja, am Montag wird man im „Report“ aus Mainz sehen, dass auch Selbstproduziertes nicht immer die bessere Alternative ist. Headline in der Vorankündigung die eben in der ARD lief: „Second Life — Tummelplatz für Kinderpornographie“.

    Kann jemand mal der ARD einen Internetanschluß schenken, damit nicht immer derartiger Kot über die Unweiten des internet in den sogenannten „Politikmagazinen“ verbreitet wird?

    Mal sehen welchen Internet- und Terrorismus-Experten die Report-Redaktion in ihrem Karteikasten hat.

  4. @massenpublikum: Der Vertrag mit der Netzeitung soll übrigens irgendwann in der zweiten Jahreshälfte auslaufen und nicht verlängert werden, ist aus N24-Kreisen zu hören. Man will die Produktion von N24.de nun wieder selbst in die Hand nehmen und arbeitet schon seit geraumer Zeit an dem Relaunch. Soll wohl alles Bewegtbild-lastiger werden.

  5. Ich glaube, bei „In den vergangenen zwölf Monaten“ ist der Rotstift fehl am Platze. Das ist durchaus richtig.

  6. @Chris: „Die Zahl der deutschen Second-Life-Bewohner stieg laut Studie nicht in den letzten zwölf Monaten, sondern von Januar bis März um 70 Prozent.“

  7. Ich glaube nicht, dass Niggemeier grundsätzlich gegen das Outsourcen ist, auch nicht des Kernproduktes, der „Nachricht“ an sich.

    Es müsste halt nur so funktionieren, wie z. B. bei BMW/Mini: Der neue Mini-Motor ist gemeinsam mit PSA entwickelt, die 6-Gang-Automatik stammt – glaube ich – von ZF und der Komforsitz stammen m. E. nach von Lear usw. usf.

    Und trotzdem ergibt alles zusammen ein Paket, das eindeutig BMW zuzuordnen ist.

    Ich finde es sowieso erschreckend, dass meines Gefühls nach 80 % der Sendeminuten von N24 und n-tv mit Kronzuckers Kosmos, Welt der Wunder und anderen zweitklassigen sendung-mit-der-Maus-Beiträgfen fü Erwachsene bestritten wird. Soviel zur Nachrichtenkompetenz on Air.

  8. Bevor man den anderen ihre Rechtschreibfehler vor die Nase hält, sollte man selber ein Blick in das Fremdwörterbuch reinwerfen… Mr. „Outscourcing“… :)

  9. Was hätte „Mr. Outscourcing“ (= Stefan Niggemeier, oder habe ich da schon was nicht richtig verstanden) aus dem Fremdwörterbuch für Schlüsse ziehen können?

    Verbraucherhinweis: Ich kaufe noch ein t und ein S, des Weiteren hätte ein günstiges s und ein f im Angebot.

  10. @SvenR: Ich hätte konsequent „Outsourcing“ geschrieben und nicht einmmal fehlerhafterweise „Outscourcing“ (was ich nachträglich korrigiert habe).

    @Theo: OH GOTT MEIN BLOG IST NICHT FÜR OPERA 1280×1024 OPTIMIERT?!

    (ich kümmer mich gleich drum)

  11. SAT.1 macht ernst und bringt wirklich keine Neuigkeiten mehr: Auf der Homepage lächelt Thomas Kausch auch weiterhin, ungeachtet seiner inzwischen fast schon verjährten Entlassung. Die spinnen alle.

Comments are closed.