Eine illustre Gesellschaft: Die Rassisten von „Politically Incorrect“, die sich für Christen haltenden Hassprediger von „Kreuz.net“, die rechtskonservativen Publizisten der „Jungen Freiheit“ und diverse evangelikale Gruppen empören sich, dass in der Zeitung „Q-rage“, die mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in hunderttausendfacher Auflage an den Schulen verteilt wird, ein kritischer Artikel über evangelikale Christen und das umstrittene „Christival“ steht.
Als Hauptfigur diente den Autoren, zwei 18-jährigen Schülern, die 19-jährige Leonie:
„Mir ging es damals nicht gut, Stress in der Schule, Stress zu Hause, wie eine Verdurstende habe ich mich nach Gemeinschaft gesehnt.“ Leonie hat den Weg aus der Verwirrung in eine Gemeinschaft inzwischen gefunden. Die 19-Jährige ist den „Weg zu Gott“ gegangen, wie sie es in ihrem Profil preisgibt. Heute steht nicht mehr sie im Mittelpunkt ihres Lebens, sondern Jesus.
Der Artikel endet so:
Der Mensch hat ein Bedürfnis nach einfachen Antworten. Die Religionen geben sie. Leonie findet, die Juden müssten als Erstes missioniert werden. Homosexualität hält sie für eine Krankheit, Abtreibung für ein Verbrechen. Leonie sagt, es geht ihr gut.
Es ist ein Text, der keinen Zweifel lässt an der Haltung der Autoren — aber Haltung ist ja genau das, was die Aktion „Schule ohne Rassismus“, die hinter der Zeitung steht, propagieren will. Die Evangelikalen aber fühlen sich verunglimpft und regen sich sogar über alltäglich-ironische Formulierungen wie die auf, die fast 20.000 christlichen Jugendlichen hätten Bremen vier Tage lang „unsicher gemacht“.
Was die Kritiker von rechts darüber hinaus auf die Barrikaden bringt, ist ein Begleitbrief von Thomas Krüger, dem Präsidenten der bpb. Er empfahl die Publikation mit den Worten:
„In der Zeitung finden sich interessante Informationen, wie islamistische und evangelikale Gruppen, die wichtige Freiheitsrechte in Frage stellen, Jugendliche umwerben.“
Das war mindestens ungeschickt formuliert, weil die Funktion des Relativsatzes nicht eindeutig ist: Unterstellt Krüger allen islamistischen und evangelikalen Gruppen, wichtige Freiheitsrechte in Frage zu stellen (explikativer Relativsatz)? Oder spricht er nur von denjenigem Teil dieser Gruppen, die wichtige Freiheitsrechte in Frage stellen, ohne damit alle zu meinen (restriktiver Relativsatz)?
Wie die hypersensiblen und hyperaggressiven Evangelikalen und ihre Verbündeten den Satz verstanden haben, ist klar. Sie sehen in ihm (ebenso wie der erzkonservative Kollege von der „Welt“) zudem eine Gleichsetzung von Islamisten und Evangelikalen (und meinen dabei natürlich, dass die „Evangelikalen“ eine bunte Mischung von verschiedenen Gläubigen sind, die „Islamisten“ aber alle Terroristen).
Nun ist es das gute Recht dieser Gruppen, sich lautstark zu empören. Und es ist auch das gute Recht von Thomas Krüger, klarzustellen, was er sagen wollte, oder es sogar ganz zurückzunehmen. Was nicht geht, ist, was Krüger stattdessen gemacht hat: sich nachträglich von dem Artikel der beiden Schüler zu distanzieren. „Spiegel Online“ zitiert ihn mit den Worten:
„Die bpb hält diesen Beitrag in seiner Einseitigkeit und Undifferenziertheit für gänzlich unakzeptabel. Ich bin sehr dafür, sich kontrovers mit Themen zu beschäftigen. Aber wir können keinen Schutzschirm aufspannen für Beiträge, die nicht unserer differenzierten Herangehensweise entsprechen.“
Was für eine erbärmliche, feige Reaktion. „Gänzlich unakzeptabel“? Dieser harmlose, pointierte Artikel ist gänzlich unakzeptabel? Was für Artikel wünscht sich die bpb von den Schülern? Welche Haltung möchte sie fördern? Und, vor allem, was für ein Vorbild gibt sie ab, wenn unter Druck nicht nur selbst nachgibt, sondern den Druck an andere weitergibt?
Es mag sein, dass die Position von Herrn Krüger kein Rückgrat erlaubt. Dass er die gleiche Haltungslosigkeit aber von Schülern fordert, ist ein Skandal.
Inzwischen hat auch das offenbar nach dem unvermeidlichen Parteiproporz besetzte Kuratorium der bpb sich von Krüger und dem Artikel der Schüler distanziert. Der Vorsitzende Ernst-Reinhard Beck (CDU) und sein Stellvertreter Dieter Grasedieck (SPD) erklärten: „Wir halten eine ausgewogene Darstellung politischer und gesellschaftlicher Sachverhalte für unbedingt notwendig.“ Vielleicht sollte „Q-rage“ dann gleich noch seinen Untertitel ändern. Von „Schule ohne Rassismus“ in „Rassismus in der Schule — Pro & Contra“.
Die aktuelle Ausgabe von „Q-rage“ (pdf) ist auf deren Homepage nicht mehr verfügbar. „Q-rage“ soll übrigens „Mut“ heißen.
Mehr bei „Spiegel Online“ und in der „taz“ (1, 2).
Das Einknicken vor der Christianisierung steht unmittelbar bevor!
Oh noes! Schon wieder ein hinkender Vergleich! Hört denn das nie auf?
[…] weiter lesen Stefan Niggemeier Blog […]
Aaaaah. Courage, jetzt klingelts Q-rage = Kurasche. Hab’s ewig auf Englisch versucht und dachte an Kiuräidsch oder rage im Sinne von Wut. Ganz schön knifflig.
Ich erinnere mich noch gut an die Gruppe Christival-Besucherinnen (die an ihren um den Hals hängenden Eintrittskarten gut zu erkennen waren) die in der Straßenbahn anfing, „Der Homo, der Homo kommt in die Hölle“ zu singen… Ausgewogen war bei denen nichts.
@Nico: Zu welcher Melodie?
@Stefan
Keine Ahnung, kannte ich nicht
Spielt die Melodie eine Rolle?
@Der Postillon: Nee, ich hatte nur nach dem Lesen des Kommentars die Melodie der „Vogelhochzeit“ im Ohr und konnte mir vorstellen, dass es etwas ähnlich unangemessen Fröhliches gewesen sein könnte.
vielleicht sangen sie es auch zu der melodie von wolle petrys „wahnsinn“? da hat man ja die „hölle“ praktischerweise schon drin…
@4 So ein Verhalten müsste man mal als Volksverhetzung zur Anzeige bringen, nur um mal ein Exempel zu statuieren.
[…] 2008 um 23:20 Uhr Kategorien: Und so. – Trackback-URL: Link Das Thema dürfte bekannt sein, Stefan fasst nochmal zusammen: Die Rassisten von „Politically Incorrect”, die sich für Christen haltenden Hassprediger von […]
Danke fürs Stellungbeziehen, Stefan.
Davon könnten sich manche eine Scheibe abschneiden: Ihre kompletten Verlinkungen zum Thema, die auch die Standpunkte der von Ihnen Kritisierten offen legen.
@Stefan: Hätte es bei der „Der Vogelhochzeit“ dann nicht heißen müssen
„Der Homo, der Homo ist schlimmer als der Shlomo“? Wären ja auch sogar noch direkt zwei Fliegen mit einer Klappe gewesen…
(Verzeih den unangemessen sarkastischen Kommentar.)
Und jetzt überlegen wir mal für einen kleinen Moment, was passiert wäre, wenn sich muslimische Verbände über einen Artikel in einer Schülerzeitung empört hätten und die bpb, wie hier auch, dem Druck nachgegeben hätte:
Broder, PI, Ulfkotte und Konsorten hätten wieder den Untergang des Abendlandes ausgerufen und den Vorfall für einen weiteren Beleg der schleichenden Islamisierung Europas angeführt.
Und auf der gemäßigteren Seite des Spetkrums, also in der rechtskonservativen „Qualitätspresse“, hätte es geheißen, man dürfte nicht die Presse- und Meinungsfreiheit aus bloßer Rücksicht auf die Empfindlichkeiten von Gläubigen aufs Spiel setzen.
Nur handelte es sich nicht um muslimische, sondern evangelische bzw. evengelikale Verbände. Und da muss man ja nicht mit dem selben Maßstab messen wie bei muslimischen Verbänden. Wär ja noch schöner. Nicht wahr, Herr Broder?
Bringen die eine Protestwelle ins Rollen, weil sie nicht mit Islamisten in einen Topf wollen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, sind Islamisten islamische Fundamentalisten,
also Menschen, die den beim Wort genommenen Koran als Fundament des gesellschaftlichen Zusammenlebens sehen. Dies steht oft in Konflikt mit bestehenden gesellschaftlichen Grundsätzen. Fundamentalistische Gruppen sind per se intolerant.
Wenn ich es auch richtig verstehe, sind Evangelikale christliche Fundamentalisten. Den restlichen Text brauch ich nicht wiederholen, er ändert sich nicht.
Die haben nur verschiedene Bücher.
Was ich nicht verstehe, ist, warum vor dem Druck der evangelikalen Lobby überhaupt eingeknickt wird. Können die mehr, als viel Papier mit Protestbriefen verbrauchen? Wo ist deren Druckmittel, womit erzeugen die eine Drohkulisse, die Krüger und das Kuratorium so klein macht?
Wenn hier gewinnt, wer am lautesten schreit, das können andere wohl auch…
Hmm mal ein paar Gedanken dazu:
Auf der einen Seite bin ich froh, dass es so ein Magazin wie Q-Rage gibt, dass klar gegen Rassismus Stellung bezieht. Und ich finde es wichtig, dass hier ein gegen Zensur geschützter Rahmen gewährleistet wird.
Auf der anderen Seite verstehe ich die Reaktion der Evangelikalen. Die Autoren suggerieren, dass auf dem Christival „nebenbei“ verfassungsfeindliche Botschaften vermittelt wurden. Dem war jedenfalls definitiv nicht so. Wenn man _sowas_ behauptet, dann muss man das auch nachweisen können. Ich kann es daher nachvollziehen, dass sich Evangelikale darüber aufregen, vor allem weil das Magazin vom Staat mit finanziert wird. Ob die Reaktion dagegen schlau war, weiß ich nicht. Man muss auch bedenken, dass es sich hier noch um Schüler handelt. Wie würdet ihr denn da reagieren?
@critcal_mind: Ja, das finde ich auch interessant. „Politically Incorrect“ versteht sich ja als Kampforgan gegen die Denk- und Sprechverbote der (angeblich herrschenden) Political Correctness. Die sind aber längst viel mehr damit beschäftigt, eigene Denk- und Sprechverbote auszusprechen.
Jeder kann doch Artikel gegen die sogenannten „Evangelikalen“ schreiben. Die Frage ist doch, ob das der deutsche Steuerzahler bezahlen soll. Wenn diese Minderheit der bibeltreuen, wertkonservativen, verstaubten, engstirnigen Christen allerdings mit der Minderheit der bombenwerfenden Radikal-Moslemisten gleichgesetzt wird, hört der Spaß, zumindestens was die Bundeszentrale für politische Bildung betriff, auf.
Oder würden wir latent schwulenfeindliche Artikel in „Q-Rage“ in Ordnung finden?
Ich bin nicht der Meinung, dass die gleichgesetzt werden.
Das mit dem Relativsatz ist aber komisch denn es gibt wohl, so wie das Wort verwendet wird, keine islamistischen Gruppen die Freiheitsrechte nicht einschränken wollen. Weswegen Lesart zwei wohl wegfällt.
@ 20: Mit welchen Aussagen wird in dem Artikel ein Unterschied gemacht zwischen den beiden Gruppen?
@Fred: Krüger sagt nur, dass beide Gruppen (oder Teile beider Gruppen) Freiheitsrechte einschränken wollen. Er sagt zum Beispiel nichts darüber, welche Freiheitsrechte das sind oder mit welchen Methoden sie vorgehen, um ihre Ziele zu erreichen.
Abwegiger Vergleich: Wenn ich sagen würde, dass die Grünen und die Linke die Steuern erhöhen wollen, würde ich damit die Grünen und die Linkspartei „gleichsetzen“? Nach meinem Verständnis nicht.
Welche Freiheitsrechte wollen denn Evangelikale einschränken?
Die Homo-Hasser vom Christival sind ja sogar noch mit Staatsknete gefördert worden… Da führen wir in Afghanistan Krieg, damit die Taliban dort keinen Gottesstaat errichten kann, und dann wird er hier Schritt für Schritt aufgebaut… es ist zum Schreien!
Das ganze Christival, worum es ja im Artikel geht, ist vom Familienministerium mitfinanziert worden, Frau von der Leyen hat selbst das Grußwort gehalten. Wenn die Beziehungen so gut sind, ist es doch kein Wunder, dass der bpb-Chef sich wegduckt. Die nächste Wahl kommt bestimmt und da werden die Posten wieder neu verteilt…
Zitat aus einem der oben verlinkten taz-Artikel:
Quod erat demonstrandum.
Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher (und nicht wenige sind in ihrem tiefsten Innern noch immer) selber welche.
War da nicht auch so’n Bibelspruch, der in die selbe Kerbe haut? Splitter, Auge Balken … na, dämmert’s?
Ist hier wirklich jemand überrascht über den Spielverlauf in dieser Posse?
Inwiefern entspricht eigentlich Broders „Hurra, wir kapitulieren“, das in einer bpb-Ausgabe erschienen ist und selbst von Fans zuweilen als „Polemik“ bezeichnet wird, der „differenzierten Herangehensweise“ der bpb?
Bisher dachte ich, die Bundeszentrale betrachte es durchaus als mit ihrem politischen Bildungsauftrag vereinbar, auch mal eine eher einseitige Schrift zu veröffentlichen, da sie dann eben auch mal eine eher einseitige Schrift der anderen Seite ins Programm nimmt. Solange man nicht zu weit in die Extreme geht, eigentlich ein guter Ansatz. Und die zitierte Stelle aus dem Schüleraufsatz als extrem zu bezeichnen, wäre lächerlich.
Die Distanzierung der bpb ist neben ihrer unglaublichen Feigheit auch fadenscheinig.
Nochmal ein paar tausend weitere Exemplare eines polarisierenden Broder-Bestsellers unter die Leute bringen und auf der anderen Seite couragierten, engagierten Schüler in den Rücken fallen; Respekt! Daraus lernt das geneigte Publikum vielleicht sogar wirklich, wie Politik funktioniert.
…explikativer Relativsatz….restriktiver Relativsatz…auweia! Irgendwas habe ich, der nur über Hauptschulabschluss verfügt, wohl falsch gemacht…
In der Wikipedia isses ganz anschaulich erklärt: http://de.wikipedia.org/wiki/Relativsatz
@ 24 Evangelikale wollen
– dass die biblische Schöpfungslehre (Gott, die Welt, in sechs Tagen) als mindestens gleichberechtigte „Alternative“ neben Darwins Evolutionstheorie gelehrt wird. Sarah Palin hat’s geglaubt.
– dass Frauen selbst nach Vergewaltigung das Recht auf Abtreibung genommen wird.
– dass Homosexuelle keinesfalls heiraten dürfen und in evangelikalen „Ex-Gay“-Therapien „geheilt“ werden.
Das fällt mir jetzt mal ad hoc ein – und reicht mir eigentlich auch schon.
PS: Wenn du in den Medien (Stern TV glaub ich, hat das bei euch gern gemacht) was drüber hörst, wie Eltern verzweifelt drum kämpfen, ihre Kinder zuhause selbst unterrichten zu dürfen (Stichwort Home-Schooling), kannst du auch davon ausgehen, dass mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit ein evangelikaler oder vergleichbarer Hintergrund besteht. So kann man die Kinder leichter vor Darwin, sexueller Aufklärung u.ä. Teufelzeugs bewahren.
[…] Stefan Niggemeier: Schüler zu Duckmäusern […]
@31:
1.) das trifft vielleicht auf Amerika zu, in Deutschland lehnen auch Evangelikale (zumindest evangelikale Organisationen wie Wort und Wissen) das Gleichstellen von Schöpfung/Intelligent Design und Evolution ab
2.) für Deutschland ist das ebenfalls falsch
3.) naja, darüber ob gleichgeschlechtliche Partnerschaften subventioniert werden müssen, kann man streiten. und wer mit seiner sexuellen orientierung probleme hat, warum soll der das nicht ändern dürfen. geschlechtsumwandlung ist doch heute auch erlaubt.
beim thema home-schooling bin ich auch skeptisch, sehe das aber nicht als angriff auf meine freiheitsrechte.
@Thomas:
1.) und 2.) findet man auch in Deutschland zuhauf. Zu 3.), Homosexuelle haben gemeinhin nicht mit ihrer sexuellen Orientierung ein Problem (bzw. nicht mehr oder weniger mit ihrer Sexualität an sich als andere Menschen je nach Aufgeklärtheit), sondern mit der Intoleranz/Inakzeptanz anderer Menschen. Anders als konservativ Religiöse gerne propagieren kann man Homosexualität nicht „heilen“. Man wird damit geboren. Es ist keine Krankheit und schon garkein „selbstgewähltes Verhalten“ das man abstellen könnte – was dann auch schon etwa alles wäre, was es mit Transsexualität gemein hat, der Vergleich hinkt also ziemlich gewaltig.
@34: 1) mag sein, dass manche die feinheiten zwischen glauben und wissenschaft nicht auseinander halten können, aber kaum jemand fordert das wirklich ein (oder hast du ne quelle?). so gut wie jede evangelikale literatur zu dem thema kommt von wort-und-wissen, die sich aber genau davon distanzieren.
2.) dazu hätte ich ebenfalls gerne eine quelle
3.) da fehlt mir dir fachkenntnis, um das zu beurteilen. ich weiß nur, dass menschen gibt, die vorher schwul waren und inzwischen verheiratet sind und kinder haben. solange keiner unter druck gesetzt wird, seh ich darin kein problem.
„Davon könnten sich manche eine Scheibe abschneiden: Ihre kompletten Verlinkungen zum Thema, die auch die Standpunkte der von Ihnen Kritisierten offen legen.“
lol, also von Standpunkten kann zumindest bei kreuz.net keine Rede mehr sein. Die Seite war schon immer durchgeknallt, aber inzwischen wirkt es, als würde die komplette „Redaktion“ direkt aus einer psychatrischen Klinik schreiben. Homosexuelle heißen dort inzwischen nur noch Homo-Perverse und schlimmeres.
@nona: Es gibt durchaus Unterschiede zwischen Homosexualität und homosexuellem Verhalten. Unter letzterem kann man unabhängig von Diskrimminierung durchaus leiden.
@ Thomas: Warum sollten gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht subventioniert werden dürfen ( gleichgestellt zu gemischtgeschlechtlichen ) ?
Es gibt auch Schwule, die erst verheiratet waren…
Sorry für das Off-Topic, aber mir stellen sich die Nackenhaare auf, wenn:
„naja, darüber ob gleichgeschlechtliche Partnerschaften subventioniert werden müssen, kann man streiten. und wer mit seiner sexuellen orientierung probleme hat, warum soll der das nicht ändern dürfen. geschlechtsumwandlung ist doch heute auch erlaubt.“
Ich hoffe, das war nur unglücklich formuliert.
Wo empört sich denn die „Junge Freiheit“? Ich kann in dem verlinkten Artikel nur eine sachliche Beschreibung der Kontroverse im distanzierenden Konjunktiv entdecken. Man mag ja von der JF halten, was man will, aber diesen Artikel in eine Reihe mit denen zum gleichen Thema von PI, kreuz.net und Konsorten zu stellen, tut ihm Unrecht.
Ich sehe in Krügers Aussage keine Gleichsetzung von „Islamisten“ und Evangelikalen. Er stellt fest, dass beide Gruppen „wichtige Freiheitsrechte in Frage stellen“ – einerseits ist das offensichtlich zutreffend (und zwar bezüglich aller „Islamisten“ und Evangelikalen nach dem gemeinhin üblichen Verständnis dieser Begriffe, weshalb die explikative Variante, die hier wohl auch gemeint war, gerechtfertigt ist), andererseits lässt es durchaus die Möglichkeit offen, dass sich das Ausmaß unterscheidet, in dem diese Gruppen das jeweils tun.
Warum man allerdings Muslime, die ihre Religion ernst nehmen, politisch korrekt als „Islamisten“ bezeichnet, kann ich nicht nachvollziehen. Mehrere Umfragen und Untersuchungen haben wiederholt bestätigt, dass die Ansichten der Evangelikalen über die Beschneidung gesellschaftlicher Freiheitsrechte von sehr vielen deutschen Muslimen geteilt werden, weshalb man kaum noch von einer isolierten Minderheit von „Islamisten“ sprechen kann. Das macht auch den großen Unterschied zu den Evangelikalen aus, die in Europa zahlenmäßig eher unbedeutend sind, da hierzulande die meisten Christen nur noch eine Existenz als Karteileichen bestreiten.
Das Gegenstück zu den Evangelikalen auf islamischer Seite stellen also vielmehr etwa die Herren dar, die so selbstbewusst auf Schäubles Islamkonferenz ihre Forderungen ausbreiten – und damit Ansichten vertreten, die in Deutschland einzig und allein deshalb als „islamisch-konservativ“ und nicht als „islamistisch“ gelten, weil man sonst mindestens ein Drittel, wenn nicht die Hälfte aller deutschen Muslime – inklusive praktisch aller, die in ihrer Religion noch mehr sehen als Brauchtum – zu „Islamisten“ erklären müsste.
Das bedenkliche und gefährliche Einknicken der BPB demonstriert, dass wir weiterhin wachsam sein müssen, auch gegenüber den Evangelikalen. Doch mehr noch als kritische Berichte über die Agitation religiöser Eiferer würde ich mir von der BPB Artikel wünschen, die die Schüler praxisnah und anschaulich zu kritischem Denken anleiten; denn die beste Waffe gegen die Anhänger dogmatischer, freiheitsfeindlicher Glaubenssysteme ist und bleibt der Verstand.
@ 35
ad 1) Die „Dachorganisation“ der Evangelikalen in Deutschland, die Evangelische*) Allianz tritt ganz selbstverständlich für „Intelligent Design“ ein. Hier ein Video, in dem der Komiker Robin Ince „Intelligent Design“ höchst amüsant auf den Punkt bringt.
ad 2) da müsstest du nun wirklich nicht weit suchen. Der erste von Stefan verlinkte taz-Artikel schreibt zB auch etwas zum radikalen evangelikalen Lebensschützerverein „Die Birke“. Wo „Lebensschutz“ natürlich nicht das Leben vergewaltigter Frauen meint…
______
*) hat nix mit evangelisch in unserem Sinne zu tun. Das ist ein historisch gewachsener und von den Evangelikalen in Deutschland vermutlich auch aus Tarn… äh Akzeptanzgründen gepflegter Übersetzungsfehler. („Evangelical“ wurde zu Beginn meist einfach mit „evangelisch“ ins Deutsche übersetzt. Erst Mitte der 60er wurde dann die Bezeichnung „evangelikal“ eingeführt, die eigentlich auch die EAD tragen sollte.)
Interessant, wie hier jener Mechanismus funktioniert, der sonst eigentlich immer gegen tatsächliche und vermeintliche „Rechte“ bzw. meist einfach nur unangepasste, kritische Nichtlinke (und auch tatsächlich kritische Linke) zum Einsatz kommt. Distanzierung und Tralala. Nur komisch, dass Niggi sonst ja keine Probleme damit hat. Jetzt aber ist’s plötzlich ein Skandal? Das ist einfach nur scheiße und zeigt mal gleich auf mehrfache Weise das strukturell inhärente Versagen des Staates.
faulersack,
die wichtigere Diskussion wäre wohl, warum überhaupt irgendwelche Personenzusammenschlüsse zu subventionieren wären, homo oder hetero hin oder her? Ist doch deren private Entscheidung. Was hat das mit meiner Kohle zu tun?
Ob kurt irgendwann merkt, dass es nicht in jedem Artikel, in dem das Wort Islam auftaucht, auch um diesen geht?
Gott liebt alle. Sogar die Evangelikalen.
Stimmt, im Grunde ist es das gleiche, ob man Schwule aufhängt (Iran) oder ob man die Homo-Ehe ablehnt (Evangelikale). Da besteht eigentlich nur ein gradueller Unterschied.
Und das Abtreibung ein wichtiges Freiheitsrecht ist, sagt uns ja schon das Grundgesetz („Die Würde des Menschen ist unantastbar.“), das hiermit auf keinen Fall das „Leben“ eines ungeborenen „Kindes“ gemeint hat, sondern immer das Leben der Mutter oder des Vaters, das durch eine Schwangerschaft bedroht wird.
Und: wer gegen die Homo-Ehe ist, ist auch Antisemit („Der Homo und der Shlomo“). Zwar ist der Spruch von einem Komentarschreiber ausgedacht, der wahrscheinlich noch nie von der typischen Israelnähe der Evangelikalen gehört hat, aber irgendwas wird wohl dransein…
Kurz: möglichst schnell den Evangelikalen ihre Freiheitsrechte nehmen, denn der nächste Terroranschlag der Evangelikalen ist schon in Planung!
@Nick Naylor
Ein wenig übertrieben Deine Reaktion.
Ich behaupte mal: Könnten die Evangelikalen so wie die Iraner, dann würden sie. Ich denke es, da aus einer Sicht, die Einstufung der Homosexualität als Krankheit und die damit einhergehende Argumentation, nur einen Steinwurf vom „Aufhängen“ entfernt ist.
Die Q-Rage ist aber tatsächlich unausgewogen – auch wenn für eine gute Sache. Journalistisch ist das nicht! Genausowenig wie auf der anderen Seite Mercury, die katholische Jugendzeitung, die an über 300.000 Schüler verteilt wird. Positivbeispiele sind journalistische Produkte wie Spiesser, Yaez und Unicum (und natürlich auch andere) – hier gibt es keinen politischen Hintergrund. Wäre schön, wenn Schulen bei der Auslage von solchen Zeitungen mehr auf die journalistische Haltung und Qualität achten würden. Ich weiß wovon ich spreche – leider…
@43 (thomas):
du hast so recht. wir werden alle weiter für sie beten.
.~.
Jugendliche umwerben tun doch alle: Die Jugendorganisationen der Parteien und Kirchen und Moscheen und Synagogen, die Klingeltonproduzenten und Mobiltelefonfirmen und und und.
Nur ARD und ZDF halten sich da zurück.
@39:
1) ja, aber im religionsunterricht
2) dort steht nicht von abtreibungs_verbot_
@Till #46
Zumindest unicum mauschelt über die Kooperations-Seite uni-check.de aber ganz schön mit der insm. Ob das „kein politischer Hintergrund“ und „positives journalistisches Beispiel“ ist, ich weiß ja nicht. /off topic
Die BpB knickt also vor Evangelikalen ein. Da erinnerte ich mich spontan an einen Besuch auf der Webseite des im Iran lebenden und leider kürzlich verstorbenen Journalisten Martin Ebbing (Stefan Niggemeier hatte noch zu Spenden für Ebbings Transport nach Deutschland aufgerufen).
Der hatte nämlich in Veröffentlichungen der BpB einige – in seinen Augen – höchst problematische Thesen entdeckt. Die BpB hatte zum Thema Iran (Atombewaffnung, Feindschaft mit Israel) Texte von Matthias Küntzel und Henryk M. Broder veröffentlicht, die – laut Ebbings Analyse – eher mehr Dunkelheit als Licht (im Sinne von mehr und ausgewogener Information) auf das Thema werfen.
Nun gehört eine Debatte über Iran und Israel nicht hier in dieses Thema.
Ich finde es jedoch interessant, dass die BpB sich an anderer Stelle offenbar nicht scheut, kontroverse Texte und Autoren einzusetzen, zwei Schülerzeitungsredakteure jedoch so abzuwatschen und im Regen stehen zu lassen. Dieses Verhalten ist so feige und so billig, dass ich schon wieder auf die Tastatur kotzen könnte.
@Till
Ausgerechnet Unicum als Beispiel für eine journalistisch hochwertige Jugendpresse aufzuführen, ist schon ein Witz. Bei kaum einem anderen Titel aus dem Uni-Segment richten sich die Themen und vor allem die Titelgeschichten so sehr nach den Bedürfnissen der Anzeigenkunden.
Liebe Leser der Q-rage,
in der letzten Ausgabe hat sich leider ein Fehler eingeschlichen. Statt „Der Mensch hat ein Bedürfnis nach einfachen Antworten. Die Religionen geben sie.“ muss es natürlich lauten:
„Möglicherweise gibt es Menschen, die gelegentlich eher tendenziell minderkomplexe Lösungswege bevorzugen. Es ist nicht unmöglich, dass Religionen ihnen diese geben könnten, doch würde es sich dabei nur um eine Quelle von vielen handeln, die auch keineswegs mehr oder weniger geeignet dafür wäre als andere Alternativen. Unterm Strich ist ja eh alles relativ. Bitte gehen sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.“
Lesen sie außerdem in dieser Ausgabe: „Warum christliche Werte die Besten sind – eine differenzierte Auseinandersetzung mit allen Weltreligionen.“
Ich weiß, ich sollte das nicht tun, aber…
@Nick Naylor:
Hätten Sie meinen Nachsatz berücksichtigt, wüssten Sie, dass ich nicht jedem, der gegen die „Homo-Ehe“ (die es im übrigen immer noch nicht gibt) ist, unterstelle, Antisemit zu sein. Ich unterstelle noch nicht einmal jedem, der Schwule „irgendwie ekelig“ findet, eine rechte Dumpfbacke zu sein. Tut mir leid, aber so bin ich.
Andererseits werte ich meinem bescheidenen Wissen nach die „typische Israelnähe der Evangelikalen“ als ungefähr so gehaltvoll wie jedes „Pro-Israel“ von Politically Incorrect. Bei beiden Gruppen zeichnet sich meiner Erfahrung nach sehr schnell ab, dass sie gerne selber festlegen, wer ein „guter“ Jude ist – und wer nicht. (Und „Jude“ kann hier gegen ziemlich viele andere Gruppen ersetzt werden.)
@ 49: zu 2) stimmt, auf der seite der birke steht auch nichts über ein abtreibungsverbot, zumindest habe ich da nichts beim querlesen entdeckt. vielmehr sieht man sich hier einem liberalen und freigeistigen verein gegenüber, der den menschen ihr selbstbestimmtes leben lässt. ich denke das bei denen in der schwangerschaftsberatung die beraterinnen den frauen sicher zuhören und mit ihnen zusammen entscheiden, ob sie das kind bekommen sollen oder nicht. und die sind auch totale profamilia fans. toll!
ironie mal eben ausschalten: die birke ist ein verein, der davon lebt den frauen ein noch schlechteres gewissen zu machen, als sie ohnehin vielleicht schon haben. das ist verachtenswürdig. und dieser verein hätte sicher nichts gegen ein abtreibungsverbot, aber sie sind einfach noch zu klein, um das in die politische wagschale zu werfen. nur weil da nicht explizit „abtreibung verbieten!“ steht, muss das ja nicht heissen, das die sich das nicht so wünschen. aber googlen kannst du ja sicher selber, oder?
Wenn die könnten wie die wollten, wäre vieles hier viel schlimmer!
Fundis sind gefählich!
Wenn jemand so ein Artikel über die Muslime geschrieben hätte, wie es die beiden q-rage-redakteure über die Christen getan haben, dann hätte es zu Recht ein Aufschrei gegeben.
Zumindest wenn die beiden die Absicht hatten, die Besucher des Christival als Fundamentalisten abzustempeln, ist es fragwürdig. Da bin ich auch von ihnen, Herr Niggemeier, enttäuscht: Sonst stempeln sie Journalisten für jeden ach so kleinen Kommafehler ab, und wenn eine religiöse – von dem nur ein kleiner Teil fragwürdig ist – Gruppe diffarmiert wird, klatschen sie Hurra-Beifall.
Meiner Meinung hätte man die Debatte aus Interesse der zwei Jugendliche möglichst klein halten sollen. Da hätte man die Sache besser durch den Hinterausgang regeln müssen.
„Er hat „Jehova“ gesagt!!“
„Meiner Meinung hätte man die Debatte aus Interesse der zwei Jugendliche möglichst klein halten sollen. Da hätte man die Sache besser durch den Hinterausgang regeln müssen.“
Ah ja.
Wegen der Jugendlichen.
Schon klar.
Da werden zwei engagierte Jugendliche auf eine dermassen verachtenswerte Art und Weise im Stich gelassen, das man nur noch brechen möchte, und ihr „Vorschlag“ ist das.
Unfassbar.
Obwohl, „Hinterausgang“ trifft es in dem Fall doch ganz gut…
@55: so lange du nichts anderes als unterstellungen anbietest, brauchen wir da wohl nicht weiter zu diskutieren.
Nur mein üblicher Kommentar zum DEnglisch (auch wenn der Postillon das schon getan hat): es ist der Gipfel der Lächerlichkeit, wenn man aus Kju-Raitsch, der Q-Wut übersetzt bedeutet, das deutsch ausgesprochene „Kuh-Rajö“ zu lesen versucht. Es ist ein Abzielen auf die Menschen, die Englisch nicht verstehen oder lesen können. Es ist Schülerverdummung und absolut lächerlich. Ganz davon ab, dass man es, wenn man es vollends verblödet Deutsch aussprechen würde, „Kuh-Rahgeh“ ausgesprochen werden würde. Oder wer kann erwarten, dass ein Schüler mit Lese-/Schreibschwäche das g wie ein j ausspricht? Wohl niemand.
Nur eine absolute Hohlfrucht kann so etwas auf ein Magazin pappen und es für eine gute Idee halten. Ich bin wirklich fassungslos, dass hier Wut mit Mut gleichgesetzt wird über impliziertes mangelndes Englischverständnis. Und für solche Sachen gibt es auch noch Geld. Schlimmer noch, für solche Leute, die für die Jugendlichen ein Vorbild sein sollen, gibt es Lohn und Brot, nur damit sie bei erster Gelegenheit in der Sie ein Rückgrat zeigen können, umfallen wie die Pappkameraden.
[…] Empörungspotential ist aber derzeit erschöpft und die berechtigte Empörung gibt’s ja schon hier und dort. Stattdessen einfach der Stein des Anstoßes als PDF via SpOn. Muss als […]
@ 61: Also ich lese das ganz automatisch als Kuh-Rage. Where´s the prob, dude?
Sebastian, Du schreibst Dich hier ganz umsonst in Rage ;-)
(„Courage“ ist ja auch hierzulande ein gängiger Begriff, z.B. auch in der Zusammensetzung „Zivilcourage“, für die mir auf die Schnelle noch nicht mal ein deutsches Wort einfällt… Davon mal abgesehen finde ich den Titel aber auch reichlich dämlich und unangenehm anbiedernd-berufsjugendlich).
Natürlich hinkt ein holistischer Vergleich zwischen den Phänomenen „evangelikaler Fundamentalismus“ und „islamischer Fundamentalismus“, denn es gibt keine evangelikale Al-Kaida und außerdem existieren keine Staaten, in denen die Bibel quasi Verfassungsrang hätte. Gott (oder der Aufklärung) sei Dank, möchte man hinzufügen.
Doch den beiden Schülerzeitungsautoren ging es ja wohl eher um einen Vergleich der ideologischen Basis. Dass sich dabei durchaus Parallelen finden lassen, liegt auf der Hand: Zum einen gibt es bei den Fundamentalisten jeglicher Couleur ein breites Spektrum an Radikalität und Gewaltbereitschaft. Nicht jeder islamische Fundamentalist ist auch ein Bombenleger oder Flugzeugentführer. Andererseits gibt es fanatische Christen, die auf Abtreibungsärzte schießen.
Zum anderen erscheint schon das Ansinnen, sein Leben buchstabengetreu nach einem alten Buch ausrichten zu wollen, das im historischen Kontext zu verstehen und als Text per se interpretationsbedürftig ist, in unserer progressiven, säkularen Gesellschaft als fragwürdig – zumal im Christentum, da sich ja aus verschiedenen Jesus- und Pauluszitaten zweifelsfrei entnehmen lässt, dass die Gebote nicht apodiktisch, sondern gemäß dem dahinterstehenden Geist ausgelegt werden sollen. Ferner lässt sich auch die Forderung nach der Trennung von Staat und Kirche bzw. von Immanenz und Transzendenz unschwer aus diversen Jesus zugeschriebenen Äußerungen extrapolieren.
Dass traditionelle Gesellschaftsnormen, die sich durch die entsprechenden Glaubensbücher nicht oder nur unzureichend rechtfertigen lassen (das ist jetzt ein restriktiver Relativsatz), von Fundamentalisten oftmals religiös verbrämt werden, ist auch kein Geheimnis. Man denke an die Homophobie unter christlichen Fundis und die von islamischen Fundis propagierten Kleidervorschriften für Frauen. Denn letztlich geht es den Radikalen nicht darum, ihren Glauben unverfälscht zu leben, sondern um den Erhalt der überlieferten Sitten – die natürlich ein ganz anderes Gewicht und ihren obligatorischen Charakter erst dann bekommen, wenn sie mit dem Willen Gottes gleichgesetzt werden.
Und es gibt leider noch eine Parallele. Traurigerweise haben bestimmte Evangelikale mit ihrer Intervention gezeigt, dass sie von bestimmten Islamisten eins gelernt haben: nämlich dass man mit übergeigten Beleidigtheitsreaktionen in unserem Land mehr erreicht als mit einem sachlichen Diskurs, wie ihn unsere pluralistische Gesellschaft eigentlich gebieten würde.
„Rage“ ist ein weithin gebräuchliches deutsches Wort, aus dem Französischen übernommen. Ebenso „Courage“. Das hat mit Englisch exakt garnix zu tun, auch wenn „Q-Rage“ als Name ziemlich angestrengt zwangsjugendlich daherkommt, ähnlich wie es misbrauchte Anglizismen gerne tun. Man muss sich wirklich nicht krampfhaft über Denglisch aufregen wenn es überhaupt nicht vorkommt. Kann man aber natürlich, wenn man möchte. Allerdings kann man sich natürlich auch fragen, warum man denn als passionierter Über-Denglisch-Aufreger und Deutsch-Verfechter selbst reflexartig „Kju-Räitsch“ liest, wo es garnicht steht.
@Ille: (unterschreib) Meine Gedanken in Worte gefasst.
Hm. Stimmt.
Tut mir leid, ich hab so um die Ecke gar nicht denken können. Sowohl Courage als auch Rage kommen in meinem Sprachgebrauch überhaupt nicht vor.
Ich habe nicht ahnen können, dass die Produzenten dieser Zeitung mit ihrem Sprachverständnis in den Fünfzigern existieren und von der DEnglisch-Problematik so wenig mitbekommen haben.
Liegt vielleicht auch daran, dass ich bei „Rage“ an RatM denke, und nicht an le mot francais.
@Sebastian
Mir ging es umgekehrt: Ich hatte anfänglich Schwierigkeiten mit Ihrem Verständnis der Namensgebung für die Zeitung, fand es arg um die Ecke gedacht. Obwohl ich die Namensgebung ebenfalls beknackt finde, wie jede Form von Stummeldeutsch.
Viele Grüße aus den fünfzigern..
@Thomas (33):
Wie kommst du darauf, „Wort und Wissen“ möchte in irgendeiner Weise zwischen Intelligent Design und Evolutionstheorie differenzieren? Die wollen die Evolutionstheorie abschaffen, das war es dann auch schon. Dieser Verlag surft ganz auf der (in entsprechenden Kreisen) populären Welle: Mikorevolution hui, Makroevolution pfui. Dazu schreiben sie dann noch ein Lehrbuch, dass alles erklärt, voller Fehler ist, und fertig ist die religiöse Umerziehung. Alle anderen Darstellungen des Sachverhaltes sind für mich Augenwischerei.
Nein, jetzt mal ernst: Zwischen Fundis egal welcher religiösen Orientierung und den Verfechtern universaler Menschenrechte, wie wir sie der Aufklärung verdanken, tun sich Gräben auf, in die man lieber nicht blicken möchte. Wir leben in einer säkularen Gesellschaft, und religiöse Fundamentalisten möchten das ändern. So einfach isses. Ein Skandal, dass hochrangige Vertreter des politischen Establishments das nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Der Artikel bringt es teils zugespitzt auf den Punkt und verdient, gerade wenn man das Alter der Autoren bedenkt, unterstützung.
die netten christen sind am gefaehrlichsten, mensch verwechselt sie mit dem christentum. (iss von deschner).
p.s.: religion ist heilbar (ich bin da optimist). (iss von mir).
[…] Stefan Niggemeier kommentiert: Vielleicht sollte „Q-rage” dann gleich noch seinen Untertitel ändern. Von „Schule ohne Rassismus” in „Rassismus in der Schule – Pro & Contra”. […]
[…] haben, sich in einer bundesweiten Schülerzeitung kritisch über Evangelikale zu äussern. Mehr bei Stefan Niggemeyer, dem Spiegel und einem Blog. Auf Kreuz.net gibt es natürlich auch […]
ich gestehe: die kombination „religiöser schwachsinn + niggemeiersche spitzzüngigkeit“ gefällt mir ausserordentlich. bitte mehr davon. über das religiöse weltkasperletheater kann gar nicht genug berichtet werden. stoff ohne ende.
was den konkreten fall angeht: die betroffenen schüler scheinen das ganze ja mit genau der sorte schulterzuckender distanz zur kenntnis zu nehmen, die diese um sie veranstaltete seifenoper verdient. dann ist ja alles gut.
[…] Bildblogger Stefan Niggemeier empfindet die Evangelikalen in seinem privaten Blog als “hypersensibel und hyperaggressiv”. […]
Wenn die bpb seinen Schüler-Autoren in den Rücken fällt, statt sich schützend vor sie zu stellen, dann scheint die Annahme, dass es eine „(angeblich herrschende) Political Correctness“ geben könnte, ja nicht völlig abwegig…
Also ich finde es toll, dass die bpb sich bei allem Willen zur Aufklärung auch der Differenziertheit und Ausgewogenheit verpflichtet sieht. Da kann man sich ja schon freuen auf bpb-Sonderhefte zu Themen wie: „Ist Sextourismus praktizierte Entwicklungshilfe?“, „Heroin – der intravenöse Kurzurlaub“, „Krieg als Konjunkturspritze“ oder „Die Autobahn! (Früher war nicht alles schlecht)“.
…aber ernsthaft: Selbst wenn man es wirklich abwegig finden sollte, streng gläubige Christen und streng gläubige Moslems miteinander zu vergleichen und nicht der Meinung ist, dass Aufklärung gegenüber gefährlichem Aberglauben ein wesentlicher Inhalt „politischer Bildung“ sein sollte, selbst dann kann man das Verhalten Herrn Krügers nur als Skandal empfinden, oder?
Den Text erst zu bewerben und sich dann, nach einsetzen der Reaktion, nicht nur hinter den jugendlichen Autoren zu verstecken sondern gleich noch in die Kritik der Aufgebrachten mit einzustimmen ist eine feige 180°-Wende, die, wie ich finde, durch nichts zu rechtfertigen ist.
Es kann nicht sein, dass der Artikel der bpb ab dem Moment zu einseitig erscheint, wo sie merkt, dass mehr Beschwerden eintrudeln als erwartet. Und natürlich ist der Artikel einseitig. Das sind Berichte über Terroristen und Warnhinweise auf Kippenschachteln auch.
In meinen Augen bestätigt der übertriebene Protest dieser religiösen Verbände den gegen sie erhobenen Fundamentalismusvorwurf. Ist Fundamentalismus letztendlich nicht synonym für mangelnde Kritikfähigkeit?
Wir reden hier von einer Schülerzeitung! Meine Fresse…
Ein weiteres Mal fühle ich mich an diesen schönen Dialog aus Family Guy erinnert:
„That’s blasphemy! Somebody should do something!“
„There’s nothing you can do about it, John.“
„Well, then maybe I should just develop a sense of humour…“
Hat sonnst noch jemand probleme mit dem PDF?
Im ernst es ist eine schande das diese zwei Jugendlichen jetzt behandelt werden als wären sie aussätzige. Sie ham ja nicht – da muss ich Steffan vertrauen weil ich das PDF nicht fehlerfrei bekomme – geschrieben das dieses christival ne art volksverhetzerkundgebung ist oder so was. Sie haben einfach nur missstände aufgezeigt die, in zusammenhang mit dieser „feierlichkeit“, ihnen und sicher einem großem Teil der bevölkerung sauer aufstoßen ist.
Allein das kurze zitat zur Homosexualität und abtreibung hat mir die tränen in die augen getrieben und dass nicht im Positiven Sinne.
In den Kommentaren hat hier jemand erwähnt das Frau von der Leyen das Grußwort zu dieser Veranstalung gegeben hat. Für mich ist jenes ein Skandal, wenn sich frau von der Leyen hier als Ministerin und nicht als Privatfrau profiliert. Sie hat dem gesammten Volk zu dienen und nicht nur einem von ihr präferriertem teil.
Aber wenn ich mir den Artickel 2 GG (nur in Bezug auf das „Sittengesetz“) und weitere Klamoten anschaue denke ich das unsere „Familien-“ Ministerin und ihr Gehabe auf diversen Anlässen noch eines der kleineren Probleme ist.
Schade, dass eine Veranstaltung wie das Christival, das von seiner breiten Auswahl an Workshops, Veranstaltungen und jungen Besuchern lebt, über die letzten Monate so sehr auf zwei Workshops von über 150 reduziert wurde.
Ich selbst fühle mich nicht durch den Artikel der beiden jungen Schreiber diffarmiert, sondern von den unangemessenen Artikeln von z.B. SpOn.
Ehrlich gesagt bin ich als bekennender Christ aber sehr müde geworden, mich mit atheistischen und aufklärerischen Fundamentalisten auseinanderzusetzen und immer wieder darzulegen, dass im deutschen Journalismus eine tendenziell einseitige Berichterstattung über Religion, Kirche und Glaube stattfindet, in jedweder Form. Auch hier sträubten sich mir wieder bei einigen Kommentaren die Nackenhaare. Aber was solls. Wer ist schon bereit, von seiner Meinung abzuweichen heutzutage und den konstruktiven Diskurs zu suchen? Schubladen sind so viel einfacher. Auf, rein mit dem Bild, zu, fertig. Traurig, sowas.
@Benjamin: Da hast du recht, hier geht es nicht um die Aufklärung eines falschen Delikts, sondern um die Niedermachung einer guten Sache.
Hätte es bei einer muslimischen Veranstaltung zwei solche Workshops gegeben, dann würde man auf die 100 friedvollen Workshops verweisen.
Und Herr Niggemeier hat wohl nie was von Egon Kisch oder Hajo Friedrichs gehört.
„Der Reporter hat keine Tendenz, hat nicht zu rechtfertigen und hat keinen Standpunkt. Er hat unbefangen Zeuge zu sein und unbefangene Zeugenschaft zu liefern.“ – Der rasende Reporter. Vorwort zur 1. Ausgabe, 1925, seiner Reportagensammlung
Hajo Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“
@hajo: Ich bin kein Reporter, aber haben Sie mal Texte von Kisch gelesen?
@Stefan: Aber sie sind Journalist => siehe Zitat von Hajo Friedrichs
Ja. Und?
Sie machen sich doch auch mit einer – zumal nicht guten – Sache gemein, oder?
Oder finden sie, dass Journalisten nicht nur Berichterstatter sind, sondern mit denen zu Berichtenden in einem Boot sitzen?
Ich weiß zwar nicht, ob ich Hajo Friedrichs Meinung bin, aber: Mit wem sitze ich denn in einem Boot?
mit den atheisten?
[…] auch ist, aufgerufen. ach, wie ich sie liebe diese wahrsager von zuk
@Benjamin:
Es fällt nunmal manchen – unter anderem auch mir – schwer, Menschen ernst zu nehmen, die felsenfest davon überzeugt sind, dass die Erde 6000 Jahre alt sei.
Es geht mir (und all jenen, die von entsprechender Seite als „Aufklärungsfundamentalisten“ bezeichnet werden) aber auch gar nicht darum, Ihnen oder anderen Gläubigen in ihre persönliche Lebenspraxis hereinzureden – Sie dürfen von mir aus gern glauben, woran Sie wollen. Das Problem fängt dort an, wo die Gebote einer Glaubensgemeinschaft der sie umgebenden Gesellschaft aufoktroyiert werden sollen. Wenn beispielsweise die Kirchen Lobbyismus gegen die Stammzellforschung betreiben und dadurch Fortschritte in der Medizin verhindern, dann betrifft dies längst nicht nur die gläubigen Christen, es betrifft jeden, dem durch diese Fortschritte geholfen werden könnte.
Diese Einflussnahme ist dogmatischen Glaubenssystemen immer inhärent, und das, wie ich behaupten möchte, notwendigerweise. Schließlich beißt sich das Konzept der Offenen Gesellschaft mit den Dogmen der Religionen, die eine uniforme Gesellschaftsordnung postulieren.
@Heph:
Das PDF kann man ansehen, wenn man es mit dem Offline-Reader von Adobe (nicht dem Browser-Plugin) öffnet.
@Bender:
Uneingeschränkt positiv ist auch die betreffende „Q-Rage“-Ausgabe (in der Tat eine anbiedernd berufsjugendliche Namensgebung) aus aufklärerischer Perspektive nicht zu beurteilen. Nicht nur werden von den Islamverbänden herausgegebene fragwürdige Zahlen über Konvertiten unreflektiert übernommen, es wird auch noch ausführlich die Anmaßung einer sich als Muslima bezeichnenden Rapperin bejubelt, die allen Ernstes behauptet, der Koran sei bei „richtiger“ Lesart schon durchaus mit modernem Feminismus kompatibel. Was die Rapperin dazu bewegt, sich lieber dieser offensichtlichen Heuchelei anzuschließen, anstatt den verstaubten Hassbotschaften und Gesellschaftsregularien eines mittelalterlichen Heerführers einfach komplett zu entsagen (ich tippe auf die ansonsten wohl zwangsläufige soziale Ächtung durch muslimische Freunde und Familienmitglieder), wird nicht hinterfragt.
Er hat „Atheist“ gesagt.
Steinigt Ihn!
Hach, es ist doch Weihnachten!
Frohes Steinewerfen seliges Baumanzünden ;-)
Danke Kurt und frohes Fest :D
Zitat von kurt:
„Diese Einflussnahme ist dogmatischen Glaubenssystemen immer inhärent, und das, wie ich behaupten möchte, notwendigerweise. Schließlich beißt sich das Konzept der Offenen Gesellschaft mit den Dogmen der Religionen, die eine uniforme Gesellschaftsordnung postulieren.“
Gerade das Christentum, zumindest dasjenige, was sich in über 2000 Jahren entwickelt hat, das sogenannte moderne, aufgeklärte Christentum, ist kein dogmatisches Glaubenssystem in dem negativen Sinne, den Sie hier wahrscheinlich meinen. Ist man bereit, sich mit der modernen protestantischen Theologie zu beschäftigen und sie ernst zu nehmen, wird dies schnell deutlich. Es geht um die „Schönheit eines Lebenskonzepts“ (Fulbert Steffensky). Die Theologie und die Kirchen entfernen sich immer mehr von den längst überholten Bildern aus vergangenen Zeiten. Wenn das Zentrum einer Religion die Liebe ist, was soll daran schlecht sein?
Eine Gesellschaft und die Menschen in ihr müssen ja notwendigerweise Rahmenbedigungen definieren, die das Zusammenleben regeln. In unserem Staat ist es Gott sei Dank erlaubt, dass ich mich mit meinen Überzeugungen und meiner Meinung in den öffentlichen Diskurs einbringen darf und versuche, diese Gesellschaft mit zu gestalten. Was daran schlecht sein soll, Nächstenliebe und Frieden zu predigen, ist mir schleierhaft. Das von Ihnen genannte Beispiel einer Einflussnahme auf die Forschung mag kritisch sein, allerdings bleibt es auch in einer offenen und „freien“ Gesellschaft notwendig, über Ethik und Grundlagen dieser Gesellschaft nachzudenken. Die Kirchen und ich als Christ habe eine Meinung dazu und kann sie begründen. Viele können das nicht, sondern es bleibt bei einem diffusen Freiheitsdenken, das jeglicher Grundlage entbehrt. Allerdings liegt es mir fern, Ihnen irgendetwas zu unterstellen.
Nun, langer Rede, kurzer Sinn: Ich vermute sogar, dass wir im direkten Gespräch garnicht so weit auseinander liegen würden, das ist ja oft so. Schriftlich diese Dinge auszufechten, ist immer eine Hürde und führt zu Missverständnissen. Worum es mir hauptsächlich geht: Das Christentum ist als solches eine sehr vielfältige und zersplitterte Religion und ich weigere mich, mit evangelikalen Radikalen und Islamisten in einen Topf geworfen zu werden. Dazu führt aber diese Berichterstattung in Deutschland oft.
Mir ging es in meinem ersten Beitrag hauptsächlich darum, dass nachweisbar ein so großes Medium wie der Spiegel eine sehr undefferenzierte Haltung einnimmt, was ich immer wieder bedenklich finde. Das prangere ich an! (und zwar undefferenziert gegenüber dem Islam und dem Christentum. Nur den Dalai Lama, den mögen sie…).
Noch ein Nachtrag zu Hajo und damit indirekt auch Stefan: Ich fand den Beitrag von Herrn Niggemeier etwas differenzierter als den des Spiegel und finde die Reaktion von Herrn Krüger auch sehr bedenklich, unabhängig vom Inhalt. Ich hatte den Eindruck dass es hier auch mehr darum ging? Nun ja, was solls, eigentlich ist die Sache ja schon „viel zu lange her“ nach Netz-Maßstäben!
Ein gesegnetes Rest-Weihnachten und ein frohes neues Jahr wünsche ich! Auf ein friedliches Zusammenleben von Atheisten und Christen und überhaupt diesen armen Menschen, die tatsächlich noch glauben, dass es sowas wie einen Gott gibt! ;)
@Benjamin:
Daran ist natürlich nichts schlecht, und im Gegensatz zum Islam muss man sich als Christ nicht einmal bis zur Unkenntlichkeit verbiegen, um aus den Äußerungen des Religionsstifters Aufrufe zum Frieden herauszulesen.
Andererseits dürfte aber auch Ihnen bekannt sein, dass die Bibel – gerade das Alte Testament – beileibe nicht nur Nächstenliebe und Frieden predigt. Den Aufrufen zu Mord und Totschlag wird zwar durch die im Zuge der Aufklärung errungene Freiheit, biblische Texte nicht als Gottes Weisung, sondern als historische Dokumente zu betrachten, viel von ihrer Schärfe genommen, aber leider wird auch das Christentum ein kleines Grüppchen aufklärungsresistenter Fundamentalisten nicht los, die die Entmystifizierung ihrer Religion nicht hinnehmen wollen.
Mir ist bekannt, dass gerade die Protestanten da in vielerlei Hinsicht sehr progressiv sind und die meisten christlichen Dogmen inzwischen relativieren. Allerdings ist der amerikanische Protestantismus radikaler als der deutsche, der Katholizismus ist radikaler als der Protestantismus und das orthodoxe Christentum ist radikaler als das katholische (womit ich keine der genannten Ausprägungen absolut gesehen pauschal als „radikal“ bezeichnen möchte). Wer die Bibel als Grundlage verwendet, kommt eben keineswegs zwangsläufig davon ausgehend zu Nächstenliebe und Frieden, im Gegenteil; und ich brauche Ihnen sicher nicht zu sagen, dass sich das Christentum in der Geschichte der Wissenschaft oft genug als unheilbringender Antagonist derselben herausgestellt hat.
Das liege mir fern, aber Sie haben das „Christival“ verteidigt, und dabei handelt es sich um eine Veranstaltung der Evangelikalen, nicht der gemäßigten deutschen Protestanten. Die Evangelikalen mögen in der Wahl ihrer Mittel weit entfernt sein von radikalen Muslimen, doch in ihren Forderungen unterscheiden sie sich von diesen weniger, als man glauben könnte.
Darüber hinaus darf es auch nicht jeglicher Kritik enthoben sein, wenn Jahrtausende alte Jesuszitate als Grundlage für Kritik an modernen Forschungsvorhaben herangezogen werden. Ich möchte den christlichen Kritikern durchaus zubilligen, dass sie damit das Ziel verfolgen, der Menschheit zu Frieden und Nächstenliebe zu verhelfen, aber gut und gut gemeint müssen ja bekanntermaßen nicht identisch sein.
Als Mitglied unserer Gesellschaft – ob Sie darüber hinaus Christ sind, ist Ihre Privatsache – ist es Ihnen unbenommen, eine Meinung über Ethik zu vertreten, die selbstverständlich auch die Ablehnung von Versuchen mit Stammzellen einschließen darf. Es widerstrebt allerdings dem demokratischen Verständnis des mündigen Bürgers, diese Ansichten von zweitausend Jahre alten Büchern und den darin vertretenen Dogmen abzuleiten, selbst wenn das nur noch in sehr abgeschwächter und abstrahierter Form geschieht. Gefährlich daran ist vor allem, dass mit dem Postulat, bei den erhaltenen Ableitungen handele es sich um Gottes Willen, subjektive ethische Normen als vermeintlich unantastbare Wahrheiten einem kritischen Diskurs entzogen werden.
Ich kenne Protestanten, die in meinen Augen sehr vernünftige und überlegte Gesellschaftsmodelle verteidigen. Warum sie dazu allerdings überhaupt ihre Religion benötigen, ist eine Frage, die diese Leute mir noch nicht zufriedenstellend beantworten konnten. Wenn ich so gut wie alle Dogmen aus dem Christentum wegabstrahiere, dann bleibt außer dem nicht näher spezifizierten Glauben an ein höheres Wesen nicht mehr viel übrig, und eigentlich wäre es ehrlicher, auch den letzten Schritt zu tun und auf Bezüge zu dem Gebilde, das früher einmal eine dogmatische, viele Aspekte des Lebens regulierende Religion war, ganz zu verzichten. Das erklärt wohl auch, warum die Zahl der Kirchenaustritte unter Protestanten prozentual diejenige der Austritte unter Katholiken deutlich übersteigt.
Die Wünsche gebe ich gerne zurück, und es überrascht Sie vielleicht zu erfahren, dass auch ich tatsächlich Weihnachten feiere – an dem Brauch, Weihnachtsbäume aufzustellen und Verwandte und Freunde zu beschenken, kann ich wirklich nichts Schlechtes finden, auch wenn er religiösen Traditionen entstammt.
Ich würde nie behaupten, mit Sicherheit zu wissen, dass es keinen Gott gebe. Allerdings sehe ich nicht, inwieweit die Hypothese, Gott existiere, mir in dieser Welt in irgendeiner Form weiterhelfen könnte. Sie erklärt nichts. Abgesehen von bestimmten physikalischen Konstanten, deren für unsere Existenz erforderliche erstaunlich genaue Feinabstimmung sich auch mit dem Anthropischen Prinzip erklären lässt, deutet nichts darauf hin, dass unsere Existenz mehr sein könnte als ein bloßes Artefakt einiger sehr bemerkenswerter kosmischer Zufälle. Eine Antwort auf diese Frage muss prinzipiell außerhalb unseres Erkenntnishorizonts liegen. Die Existenz Gottes muss notwendig ein spekulatives Postulat bleiben, und vor diesem Hintergrund hätte der Glaube an einen großen grünen Molch mit Glubschaugen keine geringere Berechtigung. Es gibt nichts, was die Existenz Gottes plausibel macht, außer vielleicht unserer eigenen Existenz; das aber auch nur dann, wenn man den Begriff „Gott“ für Entitäten verwendet, die mit dem üblichen Verständnis eines Gottes nur wenig zu tun haben. (Bei der Suche nach der Antwort auf die Frage „Warum ist nicht Nichts?“ hilft die Gotteshypothese leider nicht weiter – sie verschiebt das Problem nur.) Das aber nur zu meiner Motivation – wie gesagt, woran Sie glauben, ist Ihre Sache, solange Sie aus diesem Glauben nicht die Berechtigung ableiten, meine Freiheiten oder diejenigen meiner Mitmenschen einzuschränken.
Und ganz pragmatisch: Angenommen, Gott existiert, und er ist tatsächlich ungefähr so, wie die großen monotheistischen Religionen ihn beschreiben (wenn eine Milliarde Menschen einen Glauben vertreten, macht das nicht unbedingt wahrscheinlicher, dass er der Realität entspricht; der Glaube an die Scheibengestalt der Erde war auch einst mehrheitsfähig!), dann kann er (Gott) doch unmöglich so engstirnig sein, Menschen nach ihrem Tod vorzuwerfen, dass sie den Dogmen von Mitmenschen nicht Folge leisten wollten, die behaupteten, Gottes Willen zu vollstrecken, ohne dass es in unserer Welt irgendeine Möglichkeit gegeben hätte, herauszufinden, was tatsächlich Gottes Wille ist. Man kann nicht „gottgefällig“ leben; man kann höchstens so leben, dass man selbst oder andere diese Lebensweise für gottgefällig halten.
Nunja wenn es den einen „Gott“ gäbe müssten folglich auch alle anderen Götter ihre represäntationen haben oder? Wenn jede Entität ihre Gläubigen schützt und wenn „Gott“ mich nicht in den „Himmel“ lässt, weil ich z.B. kein „Christ“ war, so stehen mir doch sicher auch noch Orte wie die ewigen Jagdgrüde, Walhalla oder die elysischen Felder offen. Irgendein Wesen wird sicherlich großherzig genug sein.
Auch giebt es da noch die Möglichkeit der Reinkarnation und der Ascension aus Religionen wie dem Buddhismus die man nutzen könnte.
Und ich sage einfach mal ganz frech wenn es ein Leben nach dem Tod giebt, dann kann ich ihm auch mit meiner Hände Arbeit einen Platz für mich abringen auch ohne Hilfe mächtigerer Entitäten.
Seis drum – schöne restfeiertage und ein (kalendarisch) frohes neues Jahr.
Wie in meinem vorherigen Beitrag angedeutet: nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich nicht mehr so ausführlich darauf eingehe. Schriftlich über so etwas zu diskutieren (im angemessenen Tonfall und angemessener Ausführlichkeit) produziert sehr lange Texte (wie unsere beiden es ja zeigen). Aber danke für die ausführliche und interessante Antwort!
Die Frage nach Gott ist tatsächlich wohl der Knackpunkt an der ganzen Sache und kann, wie Sie es auch schon geschrieben haben, zunächst nur als Hypothese behandelt werden. Eine Hypothese, die sehr sehr schwer nach unseren Maßstäben zu verifizieren ist. Die Falsifikation erscheint da um einiges einfacher heutzutage.
Was bleibt, ist der Glaube, der hauptsächlich durch Glaubenserfahrung im eigenen Leben gestützt wird.
Das bleibt natürlich ebenfalls hintefragbar, aber für mich als den Glaubenden nur noch schwer für jemanden erklärbar, der diese Erfahrungen nicht in ähnlicher weise gemacht hat. Diese spirituelle oder mysthische Ebene kann natürlich auch hinterfragt werden, manche Menschen haben auch schon sehr unhöflich an meinem Geisteszustand gezweifelt. Wenigstens da kann ich beruhigt sagen, dass ich attestiert gesund und „normal“ bin.
Als Ergänzung dazu habe ich leider gerade keinen Link parat zu einer interessanten Studie ((die nicht aus Amerika von evangelikalen Christen stammt )) die sich um die in den Menschen angelegte Religiösität dreht.
Also gut, ich produziere schon wieder sehr viel Text, wollte mich aber doch äußern, nicht dass mir noch unterstellt wird, ich würde mich drücken!
Nun, persönlich würde ich sagen, es bleibt spannend, die Frage nach Gott und inwiefern dieser etwas mit uns zu tun haben soll. Mir reicht es auch schon, dass man es wenigstens bedenkt und sich damit auseinandersetzt. Pascal zitiere ich an dieser Stelle lieber nicht, der ist schon so ausgelutscht.
Herzliche Grüße noch einmal!
PS: Achso, @Heph
In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn’s nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?
Joh 14,2
;)
In Wahrheit benahmen sich die Teilnehmer vorbildlich – sie wurden aber von gewaltbereiten linksradikalen und homo-perversen Gruppen schikaniert und gedemütigt.
Ja. Sicher. Diese ganzen Homo-Perversen gehören ja auch ausgelöscht!
Zwischenruf: Was ist eigentlich Homo-Pervers?
EGAL! AUSLÖSCHEN!
Radikale Christen find ich noch schlimmer als Rechte oder Linke. -.-
Weil sie genauso gewaltbereit sind? weil sie politische richtungen radikalisieren? alberner kommentar…
wieso wird eigentlich immer so viel diskutiert?
es bringt doch nix.
die allerwenigsten menschen sind fähig mal von ihrem gewohnten denken mal ein wenig andres zuzulassen.
oder sehe ich das zu negativ?
hehe… wer würde das auch von sich selbst zugeben wollen ;-)
Hallo, liebe Kommentatoren, in der Tat, etwas mehr Gelassenheit auf beiden Seiten wäre sehr gut! Ich darf fethalten:
1. Die Christivaler wurden in der Presse während des Christivals und danach für ihr Verhalten gelobt, obwohl ihre Gegner gewalttätig geworden waren.
2. Homosexualität ist kein Schicksal! Jedenfalls gibt es dafür keinen naturwissenschaftlichen Beweis.
Deshalb muss es den Betroffnen auch möglich sein, sich beraten zu lassen. Nichts anderes sollte beim Christival geschehen. Warum diese Tatsache einen solchen Aufruhr erzeugt ist mir unerklärlich. Nur Ideologen können so verengt denken!
Heterosexualitaet ist dann aber konsequenterweisee auch kein „Schicksal“, mehr ist zur Denkweise von Herrn Schaefer wohl nicht zu sagen.
PS: Therapie gefaellig?
Ich hab ja schon früher hier in den Kommentaren meinen Senf dazugeben müssen, als jemand seine Unwissenheit zum Thema Homosexualität demonstrierte…
Zitat:
„Homosexualität ist kein Schicksal! Jedenfalls gibt es dafür keinen naturwissenschaftlichen Beweis.“
Daraus würde eine Umpolbarkeit des Homosexuellen folgen. Ob das möglich ist oder nicht, liegt nicht im Rahmen naturwissenschaftlicher Beweisführung. Psychologie ist keine Naturwissenschaft.
Demensprechend ist das, was im Zitat als Argument angeboten wird, auch kein Argument.
Alle Erfahrungen auf dem Gebiet weisen auf das Gegenteil hin: Das sexuelle Identität nicht abgelegt oder grundlegend verändert werden kann. Sie kann unterdrückt werden und es kann auch eine eigentlich wesensfremde sexuelle Identität gelebt werden ( Homosexuelle in gemischter Ehe mit Kindern etc., wird auch gerne als Argument für eine Umpolbarkeit missinterpretiert ).
Was mich an #98 so aufregt: Es wird suggeriert, Homosexuelle sind „Betroffene“, die Hilfe benötigen. Als seien sie Opfer ihrer sexuellen Identität:
Zitat:
„Homosexualität ist kein Schicksal! (…)
Deshalb muss es den Betroffnen auch möglich sein, sich beraten zu lassen.“
Es fühlt sich nur der Homosexuelle als Opfer, dessen sexuelle Identität von seiner gesellschaftlichen konterkariert wird. ( tief gläubige Menschen z.B. ).
Und da muss man fragen: Welche der beiden Seiten ist nun verantwortlich, wenn man sich als Opfer fühlt? Ist es die sexuelle Identität, die jemanden zum ( gefühlten ) Opfer macht? Oder ist es der religiöse Teil der gesellschaftlichen Identität? Bezieht man den Standpunkt des Religiösen, von wo die sexuelle Identität als Schuldiger ausgemacht wird, muss man sein Hirn schon ein wenig verrenken: Was hat der Herrgott sich bloß dabei gedacht, als er jemanden als Homosexuellen schuf?
Zitat:
„Nur Ideologen können so verengt denken!“
Man ist Ideologe, wenn man gegen die dem gesunden Menschenverstand widersprechenden „Beratungsangebote“ auf dem Christival Einspruch erhebt? Allein deren Existenz beweist doch, das Homosexualität unterdrückt werden soll. Und das war im Falle des Christivals durch den Glauben auch legitimiert. Durch eine Ideologie. DAS ist ideologisch verengt gedacht.
@hans|k
@faulersack
Dank an Sie beide.
[…] Thema dürfte bekannt sein, Stefan fasst nochmal zusammen: Die Rassisten von „Politically Incorrect”, die sich für Christen haltenden Hassprediger von […]
[…] sehr stark erinnert an diesen SpOn-Artikel. Eine gute Zusammenfassung des ganzen findet sich bei Stefan Niggemeier, klare Worte findet man auch bei Nerdcore: “So tötet nun alles, was männlich ist unter den […]
erschreckend, wie viele menschen immer noch glauben, homosexuellen könne mit einer „therapie“ „geholfen“ werden, ihre sexuellen wünsche zu verändern, „wenn sie es doch selber wollen“.
nun ja, genaugenommen wollen „es“ in erster linie immer die anderen.
also hat man homosexuellen künstliche hormondrüsen eingepflanzt, an denen viele starben. man hat sie mit elektroschocks behandelt und sie damit weiter traumatisiert. man hat an ihren gehirnen herumgedoktert und sie für ihr leben verstümmelt. man hat ihnen weisgemacht, man könne diese „sünde“ wegbeten, und hat damit viele in despressionen oder selbstmord getrieben. und man hat sie verheiratet und damit ganze familien mit ins unglück gestürzt.
welche dieser therapien sollen wir wiederholen – und wie oft -, bis wir endlich akzeptieren, dass das einzige unglück nicht die homosexualität, sondern diese gottverdammte intoleranz ist?
für q-rage hätte ich auch einen neuen titelvorschlag:
„schule ohne rückgrat“.
[…] sehr stark erinnert an diesen SpOn-Artikel. Eine gute Zusammenfassung des ganzen findet sich bei Stefan Niggemeier, klare Worte findet man auch bei Nerdcore: “So tötet nun alles, was männlich ist unter den […]
[…] sehr stark erinnert an diesen SpOn-Artikel. Eine gute Zusammenfassung des ganzen findet sich bei Stefan Niggemeier, klare Worte findet man auch bei Nerdcore: “So tötet nun alles, was männlich ist unter den […]