Es ist ja nicht so, dass es im deutschen Fernsehen an Parodien mangeln würde. Wesentliche Teile des Abendprogramms scheinen genau dafür reserviert zu sein. Ein ausländischer Besucher, dem man versuchsweise das „Frühlingsfest der Volksmusik“ zeigen würde, käme doch im Leben nicht darauf, dass es sich bei diesem Florian Silbereisen nicht um die lustig überdrehte Karikatur eines Volksmusik-Moderators handelt. Stefan Raabs Idee, aus einem sechs Runden kurzen Promi-Boxkampf einen vierstündigen Marathon zu machen, kann doch nur ein selbstreferenzieller Kommentar auf das unerträgliche Auswalzen eigentlich überschaubarer Inhalte im Fernsehen sein. Und was ist „Kerners Köche“ anderes als die wöchentliche Satire auf den Koch-Wahn im deutschen Fernsehen?
Kein Wunder also, dass sich das Genre der Parodie anderer Fernsehformate gerade ein bisschen schwertut. Jeder, der Reinhold Beckmann parodieren will, muss erst einmal besser sein als die wöchentliche Reinhold-Beckmann-Parodie montags um 22.45 Uhr im Ersten. Es gibt einen, der das schafft. Er ist immer kurz vorher bei Pro Sieben zu sehen und heißt Max Giermann. Wie er sich in seinen Gesprächspartner hineinlehnt, wie er seine Stirn in Falten legt und das Kinn nach vorne schiebt, wie er beckmannesk seine Stimme moduliert und bedeutungsschwanger knarzen lässt — das ist entlarvend, komisch und zutiefst beunruhigend. Der fleischgewordenen Schnoddrigkeit eines Oliver Geißen, der längst auch von seiner eigenen Parodie nicht mehr zu unterscheiden ist, fügt Giermann ebenfalls eine neue Dimension zu. Und Tim Mälzer und Günther Jauch kann er auch.
Giermann arbeitet sonst als Schauspieler, Clown und Straßenkünstler, improvisiert bei „Frei Schnauze“ auf RTL — und hatte schon in der vergessenen RTL-Show „goXX“ feine Auftritte als Imitator. Gemeinsam mit den grandiosen Peter-Kloeppel-Parodien von Michael Kessler sind Giermanns Glanzlichter schon Grund genug, sich trotz einiger Längen jeden Montag „Switch Reloaded“ anzuschauen. Statt „Beckmann“, zum Beispiel.
(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Ich muss dich leider korrigieren: Es ist nicht Max Giermann, der den Günther Jauch gibt – es ist auch Michael Kessler.