Süddeutsche Zeitung
Das Magazin „Galileo“ soll intelligent sein, aber nur ein bißchen.
Was kommt dabei heraus, wenn man „Die Sendung mit der Maus“ mit Barbara Eligmann kreuzt? Ein Satz wie dieser: „Wissen ist Macht, und mein Name ist Aiman Abdallah.“ Von heute an präsentiert er täglich eine Sendung, die wie ein Boulevardmagazin daherkommt, sich aber nicht mit Sex und Gewalt, sondern Magenknurren und Regenbogen beschäftigt. „Galileo“ heißt sie und will beweisen, daß sich die Erde doch um die Sonne dreht und daß um kurz vor acht im Fernsehen doch nicht nur Peinliches funktioniert.
Sichtlich stolz ist das Team auf sein neues Wissensmagazin, das nicht nur schön sein soll, sondern auch lehrreich und intelligent. Gleichzeitig ist seine größte Sorge, daß die Sendung als lehrreich und intelligent gelten könnte – was die Zuschauer möglicherweise vom Einschalten abhielte. „Wir wollen nicht altmeisterlich erklären, sondern unterhalten“, sagt Rainer Laux, bei Pro Sieben für Information und Dokumentation verantwortlich. „Galileo ist kein Intelligenz-Fernsehen und darf nicht viel Allgemeinwissen voraussetzen.“ Manchmal sind die Wissensfragen auch nur Vorwand, um einfach schöne Bilder zu zeigen. Zur Frage „Wie kommt die Farbe ins Fernsehen“ sehen wir ausführlich große, bunte Naturaufnahmen und denken uns: Egal, wie die Farbe reinkommt – aber schön, daß sie drin ist.
Theoretisch ist Galileo genau das richtige Programm zu dieser Zeit auf diesem Sender: Das Magazin fängt den Zuschauer mit dessen Interesse ein, zu einer aktuellen Meldung mehr erfahren zu wollen. Der Nachrichtenmoderator weist auf Galileo hin, und Galileo soll, so oft es geht, direkt mit einem aktuellen Stück andocken. Wüten auf der Welt gerade Hurricanes, soll es sich etwa der Frage widmen: „Warum gibt es in Deutschland keine Wirbelstürme?“ Das alles verpackt in die Pro-Sieben-Hochglanz-Optik, die der Sender im Lauf der Jahre perfektioniert hat und die den Übergang zu den internationalen Serien und Spielfilmen fließend macht, bei denen der „Galileo“-Zuschauer nach knapp 30 Minuten abgeliefert wird.
Soweit die Idee. In der Praxis weiß Pro Sieben, wie gewagt es ist, ein teures tägliches Wissensmagazin in der Hauptsendezeit etablieren zu wollen. „Wir wollen fünf bis sieben Prozent Marktanteil, das ist unsere große Hoffnung“, sagt Pro Sieben-Programmchef Borris Brandt. „Von diesem Niveau aus wollen wir uns dann Schritt für Schritt hocharbeiten.“
Pro Sieben hat sich nicht gerade den Ruf erworben, bei neuen Formaten sehr geduldig zu warten, bis sich der Erfolg einstellt. Die entscheidende Frage, die das Wissensmagazin beantworten muß, lautet daher: Wie lang ist der Atem bei „Galileo“? Die Pro Sieben-Leute antworten mit Indizien: daß man extra ein Team mit der beachtliche Zahl von rund 25 Redakteuren aufgebaut und sechs Monate lang hart gearbeitet habe. Und daß „Galileo“ nicht, wie sonst bei Pro Sieben üblich, von einer fremden Produktionsfirma, sondern im eigenen Haus hergestellt werde. „Wir wollen langfristig eine Marke aufbauen“, sagt Brandt. Und wer gutes Geld verdiene, solle auch gutes Geld ausgeben.