Pastewka widerspricht Reich-Ranicki

Elke Heidenreich ist nicht die einzige, die bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises war und sich geärgert hat. Auch Bastian Pastewka hat sich geärgert — aber über den Auftritt von Marcel Reich-Ranicki.

In einem Gastkommentar auf fernsehlexikon.de bedauert er, dass die Sender überlegen, die „Fehlleistung“ des Literaturkritikers auch noch mit einer eigenen Sendung zu belohnen.

Bastian Pastewka: Keine Sendung für Marcel Reich-Ranicki!

55 Replies to “Pastewka widerspricht Reich-Ranicki”

  1. Reich-Ranicki erläutert:

    Ich sage ja nicht, dass alles schlecht war, was da ausgezeichnet wurde, überhaupt nicht. Aber auch die guten, vielleicht sogar sehr guten Produktionen, die einen Preis erhielten, wurden auf eine Art und Weise präsentiert, die ihre Qualität überhaupt nicht erkennen ließen. Ein Beispiel: Eric Fiedler bekam einen Preis für seine Dokumentation „Das Schweigen der Quandts“. Das soll ein guter, sehr beachtlicher Film sein. Aber man sah nur einen ganz kurzen Ausschnitt, der überhaupt nichts von dieser Qualität sichtbar machte. So ging es den ganzen Abend, und zwischendurch immer wieder Köche, nichts als Köche. Es war schrecklich.

    http://shorl.com/kaprydedroproka

  2. Ehrungen ablehnen ist ja eine Königsdisziplin der Demut. Und ich glaube, dass die Ablehnung einens Preise für die Freunde des Ablehners immer als Gutes und für Kritiker immer als Schlechtes gewertet wird.

    Mit tiefer Zufriedenheit denke ich stets daran zurück wie Tocotronic den Comet in der Kategorie „Jung, deutsch und auf dem Weg nach oben“ mit den folgend Worte ablehnten: „Wir sind nicht stolz darauf, jung zu sein. Wir sind auch nicht stolz darauf, deutsch zu sein. Und auf dem Weg nach oben, naja …“

    Ob es nun tatschlich eine eigene Sendung für MRR mit den Intendanten der Spendersender geben wird sollte man meiner Meinung nach nicht danach beurteilen, ob es eine „Belohnung“ für MRR Verhalten wäre oder nicht, sondern danach ob wir so eine Sendung brauchen; und hier kann es nur eine Antwort geben: ja, dringend!

  3. Lustiger fänd ich es, wenn man MRR zu dieser Sendung nicht einladen würde.

    Oder nein, anders. Einladen und dann vor laufender Kamera die gläserne Eingangstür zum Sendergebäude nicht aufmachen.

    Das ganze dann mit „MRR – Die Comedy-Verarsche“ in 2 Teilen Samstags und Sonntags um 20:15 auf RTL, Sat.1 und Pro7 gleichzeitig senden.

  4. Auch Niggemeier widerspricht gerne Juden und klingt sich auffällig häufig mit ein, wenn es um ihnen geht. Er scheint fasziniert von ihnen zu sein. Sowieso geht es bei ihm unter dem Deckmantel der vermeintlichen Medienkritik ziemlich häufig um Juden und USA. Hat Niggemeier einen Judenknacks?

  5. Es schaut so aus, als würde Gottschalk jetzt überall (z. Bsp. ZDF) als Retter der Situation gefeiert werden.
    Vielleicht hätte sich das Ganze aber auch mit einem anderen Moderator (und ähnlichem Tapetenwechsel) vermeiden lassen, oder?

  6. @Samizdata #14

    „Hat Niggemeier einen Judenknacks?“

    Mit Sicherheit nicht!

    Erst Sie haben die jüdische Herkunft von MRR eingebracht.

    Also lassen Sie doch bitte Ihre Antisemiten-Keule stecken, danke.

  7. Reich-Ranicki erscheint mir ein wenig wie der Betrunkene, der unter der Laterne seinen Schlüssel sucht. („Haben Sie ihn denn hier verloren?“ – „Nein, aber hier ist wenigstens Licht.“)

    Das Fernsehen als Medium hat nun einmal bestimmte Eigenschaften (unter anderem die nahezu vollständige geistige Passivität des Konsumenten). Pastewka beschreibt es: Hier reüssiert man mit Schagfertigkeit. Intellektuelle Substanz und Gedankentiefe sind eine Währung, für die man im Fernsehen nicht viel bekommt. In Veranstaltungen wie der hier genannten, ebenso wie in den unsäglichen öffentlichen Polit-Stuhlkreisen, ist ein flotter Spruch allemal mehr wert als eine differenzierte, ausgewogene Überlegung – ein Prinzip, nach dem im übrigen natürlich auch das „Literarische Quartett“ funktionierte. Wovon also möchten sich Heidenreich und Reich-Ranicki eigentlich abgrenzen? Pssst…

  8. Ich kann ja verstehen, wenn der eine oder andere TV-Macher – so wie Bastian Pastewka – sich und andere, die nicht gemeint waren, ob des Ausbruchs von MRR gewissermaßen als Kollateralschaden seiner Attacke betrachten. Aber nichtsdestotrotz: im Kern hat der Mann recht, recht, recht! und Elke Heidenreich noch viel mehr. Endlich hat mal jemand den verlogenen Konsens aufgebrochen, und diesen debilen Mist, der jedem noch nicht Hirntoten körperliche Schmerzen bereitet, als debilen Mist entlarvt. Natürlich wird nix passieren, das ganze Fernsehsystem ist dermaßen verrottet, daß ein einzelnes derartiges Statement kaum mehr bewirkt als die leider nicht anhaltende Begeisterung darüber, daß jemand den Kaiser als nackt geoutet hat.

  9. Pastewka gehört genau zu dem Establishment, das zu sehen man (fast wörtlich) nicht mehr erträgt. Er gehört zur Sorte der Humoristen, die bar jeden Humors, auf Spaß bestehen. Spaß ist einem bei ihrem Angebot aber lange abhanden gekommen.
    Mag sein, daß sich Ranicki aufspielt: seine Botschaft jedenfalls ist nicht verkehrt. Daß jemand wie Pastewka ihm eine Sendung streitig machen möchte, obschon er selbst ständig zu sehen ist, illustriert die Abwesenheit jeder vernünftigen Selbsteinschätzung in seinem Genre.

  10. @Thom#19

    Öhm, welche Sendung mit Herrn Pastewka genau haben sie denn gesehen und nicht ertragen? Sicherlich ist man einiger Gesichter überdrüssig, aber Pastewka zähl ich eigentlich nicht dazu.

  11. „Endlich hat mal jemand den verlogenen Konsens aufgebrochen, und diesen debilen Mist, der jedem noch nicht Hirntoten körperliche Schmerzen bereitet, als debilen Mist entlarvt.“

    Ah, ich kanns nicht mehr hören. Tut doch hier bitte nicht so, als wäre es neu, mutig oder sonstwie bemerkenswert, wenn jemand das Fernsehen kritisiert. Es ist viel eher allgemeiner Konsens, dass alles Mist ist was heute kommt – und das früher alles besser war ist ja ohnehin die – meist irrige – Haltung vieler in noch viel mehr Angelegenheiten.
    Sich heute hinzustellen, und für das Fernsehen einzutreten. Sich hinzustellen, und zu vertreten, dass auch Realitysendungen, dass auch leichte Unterhaltung, ja vielleicht sogar DSDS gut gemacht sein kann, das würde viel mehr Standvermögen erfordern, als in den doch seit Jahren immergleichen Chor der Möchtegern-Intellektuellen einzustimmen.

  12. Ach, das ist doch blabla: Jeder sagt, daß DSDS gut gemacht sei. Ist es aber nicht. Handwerklich nicht und auch sonst nicht. Das ist unterste Schublade. Und sagen kann’s keiner, weil dann Leute wie du, lieber Tobias, kommen und’s in Grund und Boden schreiben: Da spielt sich einer auf, alles schon gehört oder stimmt gar nicht. Meist treten die „Argumente“ in einer Salve redundanter Diffamierung auf.

    Das Niveau im Fernsehen ist erbärmlich, geradezu unerträglich, wenn man geistig nicht restlos deformiert ist, und daß es eine breite Diskussion darüber gäbe, die das Feuilleton überschreitet, daß es eine Diskussion gäbe, die die Kraft hätte, daran etwas zu ändern, das sehe ich nicht.

    So lange aber ist Kritik nicht nur berechtigt, sondern nötig. Auch gegen die Zyniker, die ohnehin immer schon alles wußten und gegen alles wettern, was nicht konform und geistig abiotisch ist, wie sie selbst.

  13. Pastewka schreibt: „Ingolf Lück [etc.] liefen auf und machten ihre Sache allesamt bestens.“

    Einspruch.

    Spätestens ab da brauchte ich nicht mehr weiter zu lesen (hab’s der Korrektheit halber aber trotzdem noch getan).

    Ich wollte mir wegen des „Eklats“ die Aufzeichnung angucken und habe immer mal wieder ‚rübergeschaltet. Aber als ich diesen peinlichen Hampelmann (Lück), der anstatt von den in der Bauchbinde angekündigten „Visual Effects“ ständig nur grenzdebil und merkbefreit von „Virtual Effects“ daherlaberte, lediglich wenige Sekunden gesehen hatte, musste ich vor lauter Fremdschämen unverzüglich umschalten.

    Ich selbst kann MRR als Kulturkritiker nicht ausstehen, übrigens auch die mit ihm befreundete Büchertante Heidenreich nicht. Wegen ihres Kritikstils, aber auch aufgrund ihrer in meinen Augen armseligen, überkommenen ästhetischen Urteile. Denis Scheck, den kann ich mir gut angucken. Dann kommt erst mal lange nichts.

    Aber dem, was MRR über den vorher gezeigten Schund gesagt hat, kann ich nur zustimmen. Allein schon der Auftritt von Lück ist Beleg genug dafür, wie recht MRR hat.

  14. Jedes Publikum bekommt das Programm, dass es verdient anschaut. Ich schaue immer wieder gerne „Zimmer Frei“, freue mich über jede neue Folge von „Criminal Intent“, kann die 37. Wiederholung des Kommissars immer noch gerne sehen, die meisten Folgen von „37°“ finde ich sehr sehenswert, „Schlag den Raab“ ist ganz oft ganz spannend, „Die Sendung mit der Maus“ fand ich heute nur mäßi, aber immer noch überdurchschnittlich usw. usf.

    Wieso bekommt jemand, dessen größte Leistung meiner Erinnerung nach es war, im Fernsehen“Ficken“ gesagt zu haben, überhaupt einen „Ehrenpreis der Stifter“ beim Deutschen Fernsehpreis? Mich interessiert dieser arogante alte Mann nicht. genauso wenig, wie Götz George, der immer nur sich selbst „spielte“.

    Erst hingehen, selbstverliebt auf die Bühne kommen und ein bisschen wirr die mangelnde Qualität beklagen, dann den Preis ablehnen und anschließend Thomas Gottschalk das Du anbieten – was ist das denn?

  15. @17, sam: „Wovon also möchten sich Heidenreich und Reich-Ranicki eigentlich abgrenzen?“

    Von verblödetem und verblödendem Fernsehen?

    Vielleicht mögen es viele nicht mehr für möglich halten, aber hier und da gibt es vereinzelt tatsächlich noch das Gegenteil. Und ich meine hier nichts Hochgeistiges, Knochentrockenes, das ohne Publikum nächtens oder auf obskuren Spartenkanälen versendet werden muss.

    Die Sendung mit der Maus ist übrigens kürzlich von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft mit der Medaille für naturwissenschaftliche Publizistik ausgezeichnet worden. Wer hat beim Deutschen Fernsehpreis die Auszeichnung für die beste Wissenssendung erhalten? Neues (3sat). Weiterer Kommentar nötig? O.K.: Schau mal, was die ÖR in dieser Sparte sonst noch so im Portfolio haben (zum Beispiel Sendungen mit Harald Lesch: Alpha Centauri, sozusagen die astronomische Sendung mit der Maus für Erwachsene und Frühreife) und urteile selbst.

  16. Ohne Marcel wüßte ich gar nicht, daß gestern oder vorgestern diese Preise vergeben wurden – der Fernsehpreis soll sich bedanken, so zu etwas Publizität gekommen zu sein.

    Ohne diesen Blog würde ich der Vokabel „Fremdschämen“ wohl erst in 6 Monaten begegnen – ich fordere hiermit alle Verwender auf ihre Verwendung zu überdenken.

    Ähnlich wie niemand zu wissen scheint was Stolz bedeutet, so schwindet der Begriff der Scham.
    Das erste ist die Freude dazuzugehören, und als Gefühl bedarf es keiner Rechtfertigung. Nur stolz sein zu wollen auf eigene Leistungen ist schon ein zweifelhaftes Anliegen.
    Kurioserweise entspringt die Stolzleugnung einer Scham, die das Gegenteil des Stolzes ist – man ist unglücklich mit etwas in Verbindung zu sein.

    Sehr häufig ist das etwas, dem man nur mittelbar zugehört – der Musikgeschmack der Partnerin, die Verbrechen der Nationalsozialisten, die Qualität des Fernsehens.

    Die Fremdheit damit ist es aber gerade nicht, sondern im Gegenteil die Vertrautheit, die die Schamgefühle auslöst.

    Fremdschämen – so ein Unfug!

  17. Fremdschämen – so ein Unfug!

    Und wenn man die Frau Gemahlin mit jemanden betrügt den man seit Jahren kennt, vielleicht sehr gut, dann ist das kein Fremd-, sondern Vertrautgehen.

  18. @ Stefan W., #30

    „ich fordere hiermit alle Verwender auf ihre Verwendung zu überdenken“

    Habe ich getan, werde es weiterhin benutzen ;)

    (Nein, mal im Ernst: Bei dieser Aufforderung wäre ein Ersatzvorschlag hilfreich! Und sag´ jetzt nicht „to cringe“, das hatten wir schon mal…)

    Ich kann Deiner Argumentation zwar durchaus folgen, finde aber nicht, dass man ein Wort unbedingt so sezieren muss. Ein Gefühl der Scham zu empfinden für etwas, das man nicht selber macht, ist doch mit „fremdschämen“ prima beschrieben. Man kann sich nämlich auch ganz hervorragend für etwas schämen, das einen ganz unmittelbar selbst betrifft… und wenn es einen, wie in Deinen Beispielen, nur mittelbar betrifft, bieten sich ja so schöne Satzkonstruktionen wie „ich schäme mich für den Musikgeschmack meiner Freundin“ an.

  19. P.S.: Das mit „würde ich der Vokabel „Fremdschämen” wohl erst in 6 Monaten begegnen“ habe ich nicht verstanden…

  20. auf die Sendung am Freitag bin ich ja mal gespannt. Vielleicht wird ja dadurch wirklich eine über Qualität in der deutschen Fernsehlanschaft angestossen.
    Denn vieles was man uns da in den letzten Jahren geboten hat, war wirklich unterirdisch.
    Andererseits greift die Kritik an den Privaten und ihren Sendungen wie DSDS, Bauer sucht Frau, Dschungel-Camp, Doku-Soaps und Richter-Shows meiner Ansicht nach zu kurz.
    Die Privaten haben keinen Bildungsauftrag, ihr einziger Maßstab ist die Quote, der wirtschaftliche Erfolg des Programms.
    Wenn die Leute das schauen, was sollen die Privaten anderes senden ?
    Schliesslich wird keiner gezwungen, schlechtes Fernsehen zu schauen.
    Und es ist ja auch nicht so, dass es kein gutes Programm im deutschen Fernsehen gibt.
    Wenn die Leute wollten, könnten sie sich ohne Probleme aus dem Programm von ARD/ZDF, 3sat, ARTE, und Phoenix jeden Tag ein anspruchsvolles, interessantes Programm zusammen stellen, und dabei vielleicht sogar noch was lernen.
    Das sie es nicht tun, ist nicht die Schuld von RTL, Sat1, ProSieben, oder 1Live. Die machen schlicht das Programm, das die beste Quote bringt.
    Ihnen das vorzuwerfen, wäre absurd.

    Das ARD und ZDF sich nicht zu schade sind, diese „Leistungen“ noch mit Preisen zu belohnen, mag bedauerlich sein, ist aber letztlich nur konsequent. Belohnt wird dabei Erfolg, nicht unbedingt Qualität.

    Ich stimme MRR zu. Die Show war langweilig, uninspiriert, furchtbar.
    Fernseh-Deutschland feiert sich selbst.

    Aber diejenigen, die sich hier in feinster Intellektuellen-Manier über die mangelnde „Qualität“ im deutschen Fernsehen aufregen, sollten sich mal fragen, ob sie nicht ein wenig an der Realität vorbei argumentieren.

    Das Fernsehen ist doch auch bloss ein Spiegelbild der Gesellschaft.
    Wie hier schon gesagt wurde, wir haben genau das Programm, das wir verdienen.

  21. Wie alle zornige, alte Männer, die man ein bißchen bewundert, weil sie zornige, alte Männer sind, ist MRR ein zorniger, alter Mann, den man nicht mehr ernst nimmt, weil er ein zorniger, alter Mann ist.

    Und: Muß man sich 4h in die Sauna setzen, um zu merken, daß es dort viel heißer ist als im Kühlschrank und das Licht anbleibt, wenn man die Tür zu macht?

  22. „Das sie es nicht tun, ist nicht die Schuld von RTL, Sat1, ProSieben, oder 1Live. Die machen schlicht das Programm, das die beste Quote bringt. Ihnen das vorzuwerfen, wäre absurd.“
    Ich glaube, das ist zu schlicht. Diese oft gehörte Meinung sollte mal jemand aufbröseln, der mehr davon versteht.

  23. @30 Nur stolz sein zu wollen auf eigene Leistungen ist schon ein zweifelhaftes Anliegen.
    Was ist daran zweifelhaft? Ich dachte, Stolz auf eigene Leistung wäre unzweifelhaft normal und gut.

  24. Seltsam, dass im Zusammenhang des Themas „fremdschämen“ nie jemand auf die gute alte „Peinlichkeit“ kommt. Da steckt sogar der cringe-Reflex drin, denn Pein = Schmerz. Anstatt „ich schämte mich fremd“ kann man auch sagen: „Ein peinlicher Auftritt“. Fertig.

  25. Reich-Ranicki als „alten Mann, den man eh nicht mehr ernst nehmen kann“ abzustempeln, finde ich schon unglaublich. Wen in dieser Show soll ich denn ernst nehmen? Atze Schröder? Oder etwa die Jury, die DSDS den Preis als beste Show gibt? Marcel Reich-Ranicki hat auf seine unverwechselbare Art eine Rede gehalten – und er hat diese Show so kritisiert wie wir es von ihm ansonsten im literarischen Bereich gewohnt sind. Er hat zum Nachdenken angeregt und eine Diskussion ausgelöst – na, bitte!
    Die diesjährige Fernsehpreis-Gala war immerhin sehr viel besser als die im vergangenen Jahr, als Marco Schreyl moderierte und die „Super Nanny“ ausgezeichnet wurde. Dennoch gibt es noch viel Luft auf der Niveau-Skala nach oben – und ich bin MRR dankbar, dass er darauf hingewiesen hat!

  26. @Caspar Hauser: Ich hab einen Fernseher. Pastewka sehe ich trotzdem nicht. Ich weiß nicht mal mehr, auf welchen Programmplatz Sat1 abgespeichert ist.

  27. „Das sie es nicht tun, ist nicht die Schuld von RTL, Sat1, ProSieben, oder 1Live. Die machen schlicht das Programm, das die beste Quote bringt. Ihnen das vorzuwerfen, wäre absurd.”

    Das Argument ist das niederste und schlechteste von allen: Es geht davon aus, daß die Menschen in einer bestimmten Weise – nun einmal und unveränderlich – seien, eine bestimmte Konstitution von Natur aus hätten und es nun die ehrbare Aufgabe von Dienstleistern wäre, ihnen dieser Konstitution gemäß das Passende anzubieten.

    Dieses Passende aber gibt es ebenso wenig, wie es eine in der Natur ewig vorfindliche Kategorie „Mensch“ gibt. Der Mensch wird überhaupt erst zum Menschen, indem er andere Menschen imitiert (T.W.A. M.M. Goldrausch).
    Die Menschen, die er imitiert, sind nicht mehr bloß seine Verwandten, sondern auch die (Pseudo-)Ideale, die ihm medial begegnen. Als Kind der Medien, wird er nach genau den Medien schreien, die man ihm vorsetzt. Das Faktische hat immer die Prärogative. Je mehr aber durch den konkreten gesellschaftlichen Zusammenhang Denken und damit das Denken des anderen suspendiert wird, desto mehr wird das Seiende zur einzigen Kategorie des Richtigen, wie im Zitat oben.
    Es dreht die Wahrheit um, pervertiert sie in ihr Gegenteil. Es wäre so, als würde man sagen, nicht die HJ erzöge den Nachwuchs zu Fanatikern, sondern die fanatische Veranlagung der Jünglinge zwinge die Administration eine solche Organisation bereitzustellen.

    Daß der Fehler so unbewußt, oft unbemerkt bleibt, ist dem Phänomen geschuldet, daß Denken heute vielmehr das Abspulen konfektionierter Ideen ist, als die kritische Auseinandersetzung mit ihnen.

  28. @jeeves, #39.

    Naja, Jeeves, wenn Gewinnorientierung bei Wirtschaftsunternehmen ein Konzept ist, das ihnen in diersem Zusammenhang als zu schlicht erscheint, brauchen wir wohl wirklich jemanden, der davon mehr versteht als Sie und ich…

    Qualität spielt im Privatfernsehen nur insofern eine Rolle, wenn sie denn zum gewünschten (Quoten) Erfolg führt.
    Die ÖRs sind von diesem recht simplen Grundsatz teilweise ausgenommen, aber eben nicht ganz.
    Qualität hin oder her, wenn die Quote nicht stimmt, sendet man nämlich an der Masse der Bevölkerung vorbei, was auch irgendwie dem Auftrag widerspricht.

    Es hängt halt davon ab, wie man Qualität definiert. Und das ist bekanntlich ein weites Feld. Man könnte sogar argumentieren, dass die „Qualität“ erfolgreicher Formate wie DSDS darin besteht, dem Zuschauer genau das zu liefern, was er sich wünscht.
    Das so etwas keinen hohen intellektuellen oder künstlerischen Anspruch hat, mag ja sein, aber solche Ansprüche sind ja nicht der Maßstab für alles und jeden im Leben. Und schon gar nicht in der Wirtschaft.

    Privatfernsehen ist nicht kompliziert. Diese Leute arbeiten nach ganz normalen ökonomischen Prinzipien, und im Zweifelsfall bedeutet das halt, mit dem geringstmöglichen Aufwand den größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Wenn die Masse der Bevölkerung da so bereitwillig mit macht, ist das wirklich die Schuld der Sender ?

    Niemand wird gezwungen, RTL einzuschalten. Die Zuschauer treffen eine Wahl, und entscheiden sich für das Programm, das ihre Interessen am ehesten bedient. Das mag schlicht klingen, ist aber so.

    Denke ich. ^^

  29. @ Thom: Schöne Abhandlung. Warum fangen Sie mit der letzten Forderung nicht bei Ihrer eigenen Medienkritik an? Warum spielen sie nur die „konfektionierte Idee“ ‚das Fernsehen hat kein Niveau‘ ab? Wo bleibt die Differenzierung? Hat „das Buch“ auch kein Niveau? Wie steht es mit „dem Internet“?
    Das ist das lustige an Ihrem Beitrag: Er trifft sehr schön auf sie zu. Ihr (Pseudo-)ideal ist das des Bildungsbürgers, der seine Distinktionsbedürfnisse mit Plattitüden befriedigen muss.

  30. @Thom, #44.

    Mein Gott, welche große Worte. Ich bin nicht so fit mit dem philosophischen/soziologischen Ansatz. Sie mögen es mir nachsehen. Aber ich glaube trotzdem, Sie missverstehen mich.

    Ich behaupte keineswegs, dass „daß die Menschen in einer bestimmten Weise – nun einmal und unveränderlich – seien, eine bestimmte Konstitution von Natur aus hätten und es nun die ehrbare Aufgabe von Dienstleistern wäre, ihnen dieser Konstitution gemäß das Passende anzubieten“ ( ihr Zitat ).

    Ich glaube vielmehr, dass die Menschen die Produkte ihrer Erziehung und sozialen und medialen Umwelt sind. Daraus entwickeln sich dann bestimmte mediale Vorlieben und Qualitätsansprüche. Natürlich sind diese nicht unveränderlich.
    Aber je länger man in einer bestimmten sozialen/ Bildungsschicht verbleibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass man die dort allgemein geltenden Ansprüche an die Fernsehunterhaltung und Sehgewohnheiten übernimmt.

    Die Quote lügt nicht. Die Leute WOLLEN dieses Programm.
    Die Frage ist, warum.
    Meine Antwort: es befriedigt die Ansprüche der Mehrheit bezüglich Unterhaltung. Massentaugliche Konsumware eben.

    Der Vergleich HJ-Privatsender hinkt meiner Meinung nach etwas. Die HJ vertrat eine bestimmte Weltanschauung, und war bestrebt, diese den Jugendlichen zu vermitteln.
    Den Privatsendern dagegen ist es im Grunde völlig egal, welches Programm sie machen. Da gibt es keine ideologischen Komponenten. Die würden im Grunde jedes Programm machen, hauptsache sie verdienen damit Geld.

    RTL macht DSDS nicht, weil DSDS so toll ist. RTL macht DSDS, weil es die Zuschauer unterhält. Wenn die Zuschauer von etwas anderem unterhalten werden wollten ( z.B. Opern, oder Gedichtlesungen ), würde RTL dann halt das machen.

  31. Gegen zyklische Argumentation, ich bitte um Verzeihung, habe ich noch keinen Schlüssel gefunden: Argument: RTL macht es wegen der Quote, die Quote hat Recht, RTL hat Recht. Zumal, wenn der Autor nicht einmal vor den frappantesten Widersprüchen zurückschreckt:
    „Ich glaube keineswegs…“, dann aber „die Quote hat Recht“. Was nun?

    Wenn RTL im Stile von Popmusik Opern verwursten würde, die zudem keinesfalls meinem Bildungsideal, sondern dem des 19 Jhd. entsprechen, wäre das nicht minder schrecklich. Wenn Ranicki Bücher verreißt, schaue ich auch nicht zu. Es geht gerade nicht darum, Geschichte zu ornamentalisieren, und dem Großen, seines Kontexts entrissen, die Größe zu stehlen; an der Zeit wäre es vielmehr die Leere der Postmoderne zu überwinden, das ständige Abspulen des Dagewesenen zu beenden und die Kultur auf ein Niveau zu bringen, das dem historischen Stand der Menschheit entspricht: das ist allein möglich in der Negation des Bestehenden. Und darin liegt der fundamentale (und keineswegs nur graduelle) Unterschied zwischen Ja und Nein: daß Ja Unrecht bejaht und Nein Unrecht verneint.

    Und darin liegt auch das gleichsam weise wie infantile an MRR: Daß er ausspricht, was jedes Kind sieht: der Kaiser ist nackt. Es zu sagen, ist trotzdem nicht lächerlich, wenn alle so tun, als trüge er welche.

  32. Im Übrigen bin ich auch nach erneuter Lektüre der Meinung, daß mein obiges Beispiel exakt den Fehlschluß aufzeigt, der im zitierten Argument vorkommt.

    Wenn a < c und a = b, dann b < c, gibt auch, wenn ich sage:
    Wenn d < f und d = e, dann e < f. Zu sagen a sei aber nicht d (und das ist das einzige, was zur Widerlegung bisher getan wurde), ist für einen Gegenbeweis insuffizient.

  33. Thom, man kann in vielfacher Hinsicht das Produkt seiner Umgebung/ Erziehung sein, und trotzdem einen freien Willen in Bezug auf Fernsehen haben. Das eine schliesst das andere nicht notwendigerweise aus.

    „ein Niveau, […] das dem historischen Stand der Menschheit entspricht“ ?

    Wovon bitte sprichst du ? Auf welchem Niveau sollten wir deiner Meinung nach sein?

  34. „…und die Kultur auf ein Niveau zu bringen, das dem historischen Stand der Menschheit entspricht: das ist allein möglich in der Negation des Bestehenden.“

    Ist das nicht Nihilismus? 0_o

  35. FAZ: Wird womöglich über den Zustand unserer Fernsehprogramms zu wenig diskutiert, weil wir keine funktionierende Fernsehkritik haben?

    M.R.R: Ja. So ist es.

  36. Fremdschämen (apropos ~).

    a) 6 Monate: Weil hier im Thread im Zusammenhang mit der Vokabel ‚to cringe‘ über ‚fremdschämen‘ ausführlich geschrieben wurde begegnete ich dieser Sprachdeformation früh. Läse ich diesen Blog nicht, so würde mir dieses Artefakt erst später irgendwo begegnen – womöglich in einem Druckwerk.

    b) Wozu überhaupt „fremdschämen“ verwenden? Aus dem Kontext ergibt sich schon, ob man sich für eigenes oder fremdes schämt. Soll man auch „ich bin fremdstolz“ sagen, wenn man auf die Leistung eigener Kinder, der Nationalmannschaft, oder der Firma ist, für die man arbeitet?

    c) fremdgehen: Stimmt. Man benutzt ‚fremd‘ nicht nur für ordentlich fremdes, sondern auch als Gegensatz zu eigenem, wie ich 2 Sätze weiter oben.

    d) Es ist überflüssig, aber das ist nicht schlimm. Es klingt gräßlich – das gibt den Ausschlag.

  37. Argument „d“ überzeugt und sticht und trumpft alle anderen Karten im Spiel. Darf jeder ein Wort nennen, dass er nicht mag und das wird dann aus der Sprache getilgt? Gehen auch Kombinationen wie „macht Sinn“? (Bei dem Weg: Gilt das nur für frisch entstandene Worte oder auch für länger im Sprachgebrauch befindliche?)

    Oder muss man dafür eine besondere Qualifikation haben? Also, abgeschlossenes Germanistikstudium oder alle Bastian-Sick-Werke als Hörbuch im Auto rumfliegen oder sowas in der Art?

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