Um das hier noch einmal festzuhalten (auch weil wir uns im BILDblog nicht zu sehr selbst zum Thema machen wollen):
Die Axel Springer AG ist offenbar der Meinung, dass es legitim ist, mit der Verletzung von Persönlichkeitsrechten, mit Falschmeldungen und Lügen Geld zu verdienen. (Sie tut es ungefähr jeden Tag.)
Die Axel Springer AG ist aber der Meinung, dass es nicht legitim ist, mit der Aufklärung über die Verletzung von Persönlichkeitsrechten, über Falschmeldungen und Lügen Geld zu verdienen.
Sie forderte deshalb den Deutschen Presserat auf, Beschwerden von BILDblog gar nicht erst zu behandeln. Die Begründung der Rechtsabteilung der Axel Springer AG fasst der Deutsche Presserat so zusammen:
Sie begründet ihren Antrag damit, dass die Bild-Blog GbR [gemeint ist offensichtlich die B-Blog GbR] mit ihren Beschwerden und der Inanspruchnahme des Presserats gewerbliche Ziele verfolge und journalistische Berichterstattung manipuliere. Man inszeniere die Wirklichkeit, die man zum Gegenstand der journalistischen Berichterstattung mache, und verstoße damit gegen journalistische Grundsätze wie Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit.
Nach der Präambel des Pressekodex sollten alle Journalisten ihre publizistische Aufgabe unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Erwägungen wahrnehmen. Gegen diesen Grundsatz verstießen die Journalisten der Bild-Blog GbR [gemeint ist vermutlich die B-Blog GbR], indem sie den Presserat mit einer Flut von kommerziell, also sachfremd, motivierten Beschwerden anriefen, um damit Stoff für die Berichterstattung zu gewinnen. Eine ernsthafte Absicht, mit den Beschwerden Antworten auf offene Fragen der Berufsethik zu erhalten, die der Klärung bedürften, liege nicht vor.
Die Mär von der „Flut“ von Beschwerden, mit der wir angeblich den Presserat überschwemmen, wird übrigens nicht nur von der Axel Springer AG, sondern auch vom Presserat selbst verbreitet. Als ich neulich bei der Hamburg Media School war, wollten mir die Studenten nicht glauben, als ich sagte, die Zahl unserer Beschwerden sei vermutlich einstellig, höchstens zehn. Ein Mitglied des Presserates muss vorher ganz andere Dimensionen genannt haben.
Ein Vertreter dieser Institution hatte mir gegenüber auch geklagt, dass wir durch die „Flut“ unserer Beschwerden die Kapazität dieser Einrichtung überforderten. Heute haben wir noch einmal nachgezählt, wieviele es genau waren. Wir kamen auf acht. In zweieinhalb Jahren. Das ist eine Flut von über drei Beschwerden pro Jahr. Anders gesagt: Etwa alle 112 „Bild“-Zeitungs-Ausgaben einmal beschweren wir uns beim Presserat.
Unzulässigerweise, wie Springer meint, wie gesagt. Immerhin nennt die Rechtsabteilung des Konzerns uns nun „Journalisten“. Die ersten rund eineinhalb Jahre von BILDblog hatte sich der Pressesprecher der „Bild“-Zeitung als für unsere Anfragen nicht zuständig erklärt, weil unsere Arbeit keine journalistische sei. Das scheint sich geändert zu haben. Antworten bekommen wir meist immer noch nicht.
hilfe, die arme axel springer ag! das ist aber auch eine schweinerei die ihr da veranstaltet! und dann auch noch gegen eine publizistische institution wie die „bild-zeitung“! ne ne ne…
Für mich klingt’s eher, als hätte die BILD sich hier an einer Selbstbeschreibung versucht: „dass die [BILD] gewerbliche Ziele verfolge und journalistische Berichterstattung manipuliere. Man inszeniere die Wirklichkeit, die man zum Gegenstand der journalistischen Berichterstattung mache, und verstoße damit gegen journalistische Grundsätze wie Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit“.
Ich beobachte es mit großer Freude, wie sich die Vertreter der guten, alten Tante Medien in letzter Zeit wie waidwund selbst demontieren: Herr Kornelius, Tagesthemen, Bild, macht nur weiter so!
Nicht auszudenken allerdings, wenn der kleine Junge, der beim Hinrichtungsnachspielen zu Tode gekommen ist, das Saddam-Video nicht im Fernsehen, sondern auf Youtube gesehen hätte.
Dieser kleine Unterschied macht die ganze Diskussion noch absurder.
Sag mal Stefan, sitzt nicht auch mindestens ein Vertreter der Springer AG im Presserat? Ich meine irgendwas in der Art gelesen zu haben.
Und was die überhöhten Angaben des Presserats angeht:
Der besteht doch zum größten Teil aus Mitgliedern diverser Verlagshäuser, oder? Kann es sein, dass man einfach versuchen möchte, auf die Art Nachahmer fernzuhalten, die ähnliches vielleicht sonst mit anderen Medienerzeugnissen praktizieren könnten? Wir haben ja schließlich noch einige Magazine, die sich hart an BILD-Grenze bewegen, wie bspw der Focus.
Farlion: Der Presserat ist je zur Hälfte mit Vertretern der Verleger und der Journalistenverbände besetzt. Für den Zeitungsverlegerverband (BDZV) ist Kay E. Sattelmair von Springer in dem Beschwerdeausschuss, der diesen Fall verhandelt hat. (Die Argumentation Springers wurde nach „ausführlicher Debatte“ bei einer Gegenstimme abgelehnt.)
Das Ganze zeigt doch, das ihr bisher Eure Arbeit richtig gemacht habt und Euch keiner an den Karren fahren kann. Wenn es BILD offensichtlich nicht passt, dass Ihr Geld damit verdient (Viel ist es vermutlich nicht), dann soll sie dich mal anfangen, seriösen Journalismus zu betreiben.
OK, das war jetzt ein Witz.
Also, bitte weiter so.
Ich hätte auch vermutet, dass schon viel mehr Beschwerden an den Presserat gegangen wären. Die Frage ist doch wozu das Ganze? Der Presserat verwaltet sich nur selbst und haut ab und zu mal eine Mißbiligung raus, die BILD doch auch nicht stört. Da könnte man das Ganze doch eh gleich lassen, oder hofft ihr insgeheim, dass der Presserat noch zur Vernunft kommt?
Der Presserat ist ein Selbstverwaltungsgremium. Und jedes Selbstverwaltungsgremium ist sich grundsätzlich selbst genug. Wozu-Fragen sind insofern überflüssig und behindern nur die selbstgenügsamen Arbeitsabläufe …
Noch so eine Seuche.
mehr als drei Beschwerden pro Jahr! Mensch, Stefan, die sind doch höchstens 25 Mitarbeiter da, wie sollen die das jemals abarbeiten?
[…] Verstößt BILDblog gegen den Pressekodex? Das ist eine Flut von über drei Beschwerden pro Jahr. Anders gesagt: Etwa alle 112 „Bild”-Zeitungs-Ausgaben einmal beschweren wir uns beim Presserat. (tags: bild-zeitung bildblog pressekodex kapitalismus stefan-niggemeier) […]
[…] Gleichwohl zeigt dieser Konflikt, dass unklar ist, was “missbräuchliche Beschwerden” sind, die laut Paragraf zwei nicht vom Presserat behandelt werden sollen. Häufiges Pochen auf die Einhaltung der im Pressekodex festgehaltenen Standesregeln kann logischerweise auch dann kein Missbrauch sein, wenn dadurch Profit erzielt wird. Sonst wäre der strengste Wächter des Rechts zugleich dessen größter Missbraucher. Davon sind die Bildblogger weit entfernt – zumal bei acht Beschwerden binnen zweieinhalb Jahren, also “etwa alle 112 ‘Bild’-Zeitungs-Ausgaben” eine, von einer “Flut” der Mäkeleien keine Rede sein kann. […]
Es ist aber auch unglaublich, wie viele Beschwerden dort in den zwei Jahren platziert wurden. Der arme Presserat… ;-)
[…] +++ Steffan Nieggermeier fragt sich: Verstößt BILDblog gegen den Pressekodex? und beschäfftigt sich mit der Forderung des Axel Springer Verlages an den Deutschen Presserat, Beschwerden von BILDblog gar nicht erst zu behandeln. […]
Evtl. lässt sich dieser Widerspruch anders auflösen.
Kann es sein, dass sich die „Flut von Beschwerden“ nicht auf die Beschwerden bezieht, die direkt von der Bildblog GbR eingereicht wurden, sondern solche von Bildblog-Lesern?
Torsten: Aber würden die uns das nicht (hinterher) mitteilen?
Wenn ich das Feedback-Verhalten vieler Blogleser zu Grunde legen darf: nicht unbedingt.
Die BILDblog-Leser sind ultra-kommunikativ!
Das weißt Du nicht. Du weißt: Bildblog hat sehr kommunikative Leser, die täglich Eure Inbox mit sachdienlichen Hinweisen bestücken und Euch in ihren Blogs verlinken. Was mit den restlichen 99 Prozent ist, weißt Du nicht.
Das ist keine Spitzfindigkeit – ich beobachte es immer wieder dass prinzipiell kommunikative Menschen schlichtweg nicht jedem Bescheid geben und zuweilen auch sehr eigene Interessen und Strategien verfolgen.