Dominik Graf hat dem Grimme-Preis zum 50. Geburtstag einen Film geschenkt. Es ist ein Nachruf geworden. Ein Nachruf auf das Fernsehen. Und auf all die Träume und Versprechungen, die sich einst mit diesem Medium verbanden, seine Experimentierlust und seine Neugier, seinen Ehrgeiz und seinen Anspruch. Ein Nachruf auf all die Hoffnungen, die das Fernsehen und seine Zuschauer längst begraben haben.
Es ist ein trauriger Film geworden, aber das Traurigste sind nicht die sentimentalen Rückblicke in alte Fernsehzeiten, die nostalgischen Erinnerungen und Beschwörungen einer untergegangenen Zeit, die natürlich, und zu Recht, im Verdacht stehen, etwas zu verklären und zu idealisieren; wohlfeil zu sein in ihrer Kritik an der Gegenwart.
Das Traurigste sind die Sätze, die Fernsehmacher und Fernsehverantwortliche von heute über die Gegenwart des Fernsehmachens sagen.
Barbara Buhl sitzt da, die aktuelle Leiterin der Programmgruppe Fernsehfilm im WDR, und sie strahlt eine solche Resignation aus, dass man sich fragt, wie sie es schafft, morgens ins Büro zu gehen. Sie sind so bitter, ihre Sätze, und dabei so verblüffend offenherzig — so reden Fernsehverantwortliche sonst nicht öffentlich.
Sie sagt zum Beispiel:
Ich glaube, wir können uns gar nicht mehr so viel selber helfen. Ich glaube, man muss uns von außen dazu zwingen. Ich glaube, die Struktur ist so hierarchisch — und so komplex andererseits auch wieder, durch diese föderalen Sender- und Konkurrenzen-Gefechte um Sendeplatz und Präsenz.
Über den Jubilar formuliert sie:
Der Grimme-Preis gilt als Schutzschild, wenn man jetzt quotenmäßig, sagen wir mal, relativ wenig Erfolg hatte, dann hat man aber wenigstens einen Grimme-Preis, und man kann sich sozusagen mit den Preisen am Schluss des Jahres noch ein wenig schmücken. Aber medienpolitisch geht das nur bis zu einer ganz bestimmten Ebene, das kommt nicht in die obersten Etagen überhaupt ins Bewusstsein, glaube ich.
Der Grimme-Preis, er ist in dieser öffentlich-rechtlichen Logik eine Art Trostpreis. Die Währung, die einzige harte Währung, ist die Quote. Aber wer die nicht hat, hat mit einem Grimme-Preis wenigstens einen kleinen Zauber, mit dem er sich mit etwas Glück den Rücken freihalten kann.
Bettina Reitz, die Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks, formuliert es ähnlich:
Wenn der Film auch noch eine schlechte Quote hatte, dann konntest du nur noch auf einen Preis hoffen. Wenn du wenigstens sagen konntest: Die Quote war nicht so gut, aber der Film hat einen Grimme-Preis bekommen, dann wurdest du wieder, sozusagen, in Ruhe gelassen.
Erst wenn man die Quote weiß, kann man beurteilen, ob eine Sendung Qualität hat. Eine Beurteilung nach anderen Kriterien ist so schwer geworden, dass der Freiraum dafür mit größerer Anstrengung geschaffen werden muss, wie Reitz berichtet:
Du brauchtest irgendwo auch ein Rückgrat, indem du sagtest, jetzt müssen wir erstmal über den Inhalt diskutieren, in der Redaktion zu einer Einschätzung eines Filmes finden, und zwar unabhängig, wie die Quote sein wird. Das heißt, im Vorfeld der Ausstrahlung. Das war die einzige Rettung, die du in dieser Zeit hattest, dass man sich mit dem künstlerischen Team und den Kolleginnen und Kollegen einig war, wie wir einen Film einschätzen und auch bewerten.
Vielleicht ist es noch eine Untertreibung, wenn man sagt, dass die Quote in diesem System alles ist.
Und dann sitzt da die Produzentin Katja Herzog und sagt über ausländisches Fernsehen:
Ich bin 38, ich möchte Filme machen oder auch Serien, und mein Zuschauer, unser Zuschauer, ist eben gute 60 Jahre alt. Das heißt im Prinzip: Ich muss meinen Eltern Geschichten erzählen. Das bringt mich auch als Macher in eine gewisse Schizophrenie, weil ich ja abends nach Hause gehe, und mir Dinge anschaue, die ich liebe und von denen ich lerne und die ich auch gerne analyisere, aber am Morgen sozusagen in mein Büro marschiere und weiß, das ich das alles hinter mir lassen muss, weil: Nichts von dem, was ich toll finde, kann ich wirklich unterbringen, in dem Rahmen, der mir momentan gesteckt ist.
Ist das nicht zum Heulen?
Dominik Grafs Film macht nicht nur traurig, er macht auch wütend. Auf die ganzen selbstgemachten Zwänge, die eierlosen Entscheider, die Verhinderer.
Der Film hat mich wieder erinnert an eine Diskussion beim „Netzwerk Recherche“. Vor vier Jahren saßen Volker Herres, Programmdirektor Das Erste, und Thomas Bellut, damals noch ZDF-Programmdirektor, heute -Intendant, auf dem Podium. Markus Brauck vom „Spiegel“ moderierte, und er dachte, er versucht mal, die beiden gegeneinander aufzuhetzen. Sie dazu zu bringen, mit Leidenschaft für ihr Programm zu kämpfen und das des Konkurrenten anzugreifen. Was für ein grandioser Irrtum.
Da saßen keine zwei unterschiedlichen Personen. Da saß ein doppelter Technokrat, dessen Leidenschaft nicht irgendwelchen Programmen galt, sondern dem Audience Flow. Der versuchten, irgendwelche Teile mit irgendwelchen Inhalten so ineinanderzupuzzeln, dass da möglichst wenig ruckelte. Dass da keine Lücken oder Huckel entstanden, bei denen Zuschauer verloren gehen konnten. Es ging diesen Leuten nicht um Inhalte, sondern um Logistik. Sie hätten — so jedenfalls mein Eindruck — genauso gut Container mit Dosenthunfisch sortieren können wie Sendungen im Programmschema.
Es sind diese Leute, die konfektionieren, industrialisieren und schematisieren, auf die Dominik Grafs Film mich wieder frisch wütend macht, ihre Anspruchslosigkeit, ihre Leidenschaftslosigkeit, ihre Mutlosigkeit.
Dominik Graf erzählt Aufstieg und Verfall des Fernsehens parallel zu Aufstieg und Verfall der Stadt Marl, die auch vor noch nicht so vielen Jahrzehnten große Hoffnungen und kühne Träume hatte. Ich habe zum ersten Mal verstanden, was die Besonderheit dieser Stadt ist, über die sich so leicht lästern lässt, wenn man in irgendeinem Zusammenhang mit Grimme da zu Besuch ist und zwischen dem Beton friert.
Der schönste Teil des Films ist ein bittersüßes Märchen, das Graf von einer Fernseh-Ansagerin erzählt, Inger Stoltz (Judith Bohle), träumerisch authentisch in Szene gesetzt. Graf setzt mit der kleinen Geschichte der Ansagerin an sich ein Denkmal, und er zeigt sie als Symbol für ein Fernsehen, das noch eine persönliche Beziehung zu dem einzelnen Zuschauer aufzubauen versuchte und ihn nicht auf den Bestandteil einer unter dubiosen Umständen gemessenen Quote reduzierte. Schon für diese Geschichte lohnt sich das Einschalten.
Der Film endet mit einer wunderbaren kleinen Szene, die man gesehen haben muss, und großem, verwegenem Pathos:
„Es geht beim Fernsehen um Freiheit, um Offenheit, um das Niederlegen von Denkzäunen. Es geht um die Vernichtung von Bürokratie. Es geht um die Vermischung von Avantgarde und Popularität. Es geht schlicht und einfach um die Verbesserung der Welt.
Haltet Euch ran, Freunde.
Wir.
Waren.
Schon.
Mal.
Mit.
Allem.
Wesentlich.
Weiter.
Der Film „Es werde Stadt“ von Dominik Graf und Martin Farkas zum Zustand des Fernsehens in Deutschland aus Anlass des 50. Grimme-Preises wurde von vier Rundfunkanstalten der ARD koproduziert. Er hat deshalb das Privileg, in den nächsten Wochen gleich viermal zu sehen zu sein: WDR, heute, 23:15 Uhr; NDR, Dienstag auf Mittwoch, 0:00 Uhr; SWR, Mittwoch, 23:30 Uhr; BR, 3. Juni, 22:45 Uhr.
Dass die ARD diesen Film auf einem ihrer 3000 Kanäle zu einer Zeit zeigen könnte, bei der der Zuschauer nicht bis nach Mitternacht aufbleiben muss, ist natürlich unvorstellbar.
Bei mir skalieren die Vorschaubildchen der Videos nicht richtig, wenn ich das Fenster schmaler ziehe, was laut Test im Firebug an der Element-Style-Definition display:inline-block des umgebenden a-Tags liegt: lässt man die weg, greift max-width:100% des Bildes wieder.
Sorry, aber für mich hört sich die Geschichte nicht nach Fernsehen und Zukunft an. Erinnert eher an meinen Opa der einst von glücklichen Zeiten mit Autobahnbau und KDF-Rheinkreuzfahrten erzählte.
Ah das klingt als wenn man sich das mal anschauen sollte.
Der Hinweis auf König Quote (oder meinetwegen Gott-Kaiser) ist zwar etwas betrüblich aber entspricht ja durchaus der Handhabung von ‚Marge‘ im Nicht-Medienumfeld, der auch ohne zu zögern alles Andere geopfert wird. Das bringt mich wieder auf Etwas,was ich mich in einem der früheren Blog gefragt habe : wie wird Erfolg im ÖR gemessen. Die Antwort scheint sich jetzt auch wieder aufzudrängen : die Quote.
Was gäbe es sonst für Masskriterien an denen man den Erfolg eines Fernseh Mediums messen kann (wen man bedenkt dass Masskriterium was mit ‚messen‘ zu haben) ?
@Kraeuselhirn: An Reaktionen, ausgelösten Diskussionen, Kritiken, Preisen? Früher wurde neben der Quote übrigens auch noch die Zustimmung zur Sendung abgefragt. Leute sagten nicht nur, ob sie ein Programm gesehen haben, sondern konnten auf einer Skala angeben, wie sehr es ihnen gefallen oder missfallen hat. Dadurch hatte man eine zweite Reihe von Messwerten.
@Netz TV: Ja, es geht in diesem Sinne nicht um die Zukunft des Mediums heute. Es geht um die Zukunft, die es einmal hatte oder zu haben schien. Insofern ist es natürlich ein nostalgischer Film und kein nach vorne schauender; es ist eben auch ein Geburtstagsfilm, das auf 50 Jahre Fernsehen zurückschaut.
[…] Stefan Niggemeier | Der Grimme-Preis als Trost-Preis: Dominik Grafs Nachruf auf das Fernsehen […]
Das schrecklichste für mich ist ja die schleichende Gewissheit, dass die gesamte Argumentationskette für unser heutiges Fernsehen auf einer Lüge aufgebaut. Ja, die Quote ist eine Lüge, weil sie konzeptionell und auch in der Praxis nicht repräsentativ und grotesk realitätsverzerrend ist. Die Gründe sind allen bekannt, aber keiner tut etwas dagegen, weil man sich immer nur eine Hierarchie-Ebene höher verantworten muss.
Preise . .ich weis snciht.. wir hatten ja diese Büchner Preisträgerinnendiskussion , die für mich schon die Frage aufwarf was mit den Preisen gemessen wird und in dem Ursprungsartikel liest sich das auch so als wenn das so eine Art Trost-Preis sei , der einfach zweitwertig hinter der Quote steht.
Die anderen Punkte kann ich inhaltlich nachvollziehen , halte sie aber für schwer messbar , weil es einen grossen Unterschied zwischen Messbarkeit und Einschätzung. gibt. Wenn man nur einschätzt ob ein Beitrag her positive oder eher negative Bewertungen bekommen hat, spielen jede Menge Unsichheitsfaktoren mit, di von der persönichen Sicht des Einschätzers abhängen und damit die vergleichbarkeit gefährden: War das neutral oder negativ ? War das positiv oder einfach nur inhaltlich zustimmend ? Wurden Teile positiv und andere neutral oder sogar negativ bewertet und aus welchem Grund aus der Vielzahl von Gründen ?
Das gefährdet nicht nur die Vergleichbarkeit sondern öffnet dem Schönreden innerhalb einer Organisation Tür und Tor. So Etwas wie einen Fernseh-Progamm-TÜV gibts ja Nicht.
Da kann ich verstehen dass man auf das einfache, klare aber offensichtlich auch missweisende Masskriterium zurückgreift (auch wenn ich bei denletzten Diskussionen verstanden habe dass das auch kein Masskriterium in dem Sinne ist).
Was allerdings auch auffällt ist die Hilflosigkeit die sich offenbart weil hier ein äusseres ‚Maß’kriterium benutzt wird . das heisst doch eigentlich auch, dass dort Niemand am Ruder steht der eine eigene Vorstellung vom inhaltlichen Kurs hat , sondern den Kurs dahin korrigiert wo die Quote steigt (oder wo man das erwartet). Wenn ich (hier oder in anderen Quellen) positive Kritiken zu Sendungen sehe , dann ist dsa häufig verbunden mit einem treibenden Charakter der ’sein Ding‘ macht (als Beispiel mag der Eintrag zu Böhmermann hier dienen) .
Vielleicht ist das im ÖR fehlt, eine starke Persönlichkeit am Ruder die ‚ihr Ding‘ macht, unabhängig von äusseren Einflüssen , wie zum Beispiel dem feingranular ermittelten Quoten und dem der Erfolg über längere Zeit wichtiger ist
Ich grusel mich grade so ein bisschen, weil das , was ich vorschlage, ja darauf hinausläuft, dass hier ein AnFührer das Ruder übernimmt und mir wird klar dass ich sowas bei einem so grossen und verbreiteten Unternehmen vielleicht alleine deswegen nicht haben will, weil ich zentralistischer Führung misstraue .. Aber in einzelnen Sparten sollte so Etwas schon möglich sein.
Stefan, das Problem ist derzeit unlösbar. Wir haben zwar gefühlte 3000 gebührenfinanzierte Kanäle, aber die sind alle so angelegt, dass sie gar nicht zum Wohle der Inhalte arbeiten können, weil es Konkurrenten sind. Das sind alles Einzelkämpfer – die hier und da zusammenarbeiten. Aber wenn sie bei uns aus dem Kabel kommen liegen sie nebeneinander und kämpfen daher gegeneinander. Deswegen kann es auch keine wirklich intelligente Aufgabenverteilung zwischen den Sendern geben. Mir haben sechs BBC-Kanäle (1-4, plus Nachrichten- und Parlamentskanal) besser gezeigt was möglich ist, als 22 deutsche ör Sender. Aber die BBC steuert das alles zentral, so dass sich die Inhalte nicht überschneiden und somit auch für den Rand Kapazitäten vorhanden sind. Wir haben alles mehrfach (Das Erste vs. das ZDF, arte vs, 3sat, EinsFestival vs. zdf_neo, Eins Extra vs. Phoenix vs. zdf.info), aber wenig Steuerung. Was wir brauchen, ist Zentralisierung in der Organisation, dazu Aufgabenverteilung ohne Doppelung. Und wir brauchen eine zentralisierte Kontrolle, die den Namen verdient.
Die Quote sehe ich nicht als Krankheit, sie ist das Symptom. Auch arte kann gern auf die Quote schauen, solange man sich in einem definierten inhaltlichen Rahmen bewegt und den nicht zugunsten der Quote verlässt.
Die Äußerung der 38 jährigen Redakteurin ist wirklich ein Grund zum Heulen.
Waren die Eltern für die sie meint angepasste Beiträge machen zu müssen, nicht auch mal jung?
Was war deren Antwort auf ein verkrustetes System? Anpassung?
Nein, die Antwort war Rebellion, das Formulieren einer eigenen Position, Protest, nicht Anpassung.
Sie könnte durchaus etwas lernen.
Der Zusammenhang mit den vorherigen Blog-Beitrag ist offensichtlich: Desto breiter die Fläche, desto steiler sind die Kanten. Wie bei einem Tafelberg.
Alles richtig, gut, unterschreibenswert und bedenkenswert — wenn der Film nicht ausgerechnet von Dominik Graf wäre. Der Mann steht doch mit seinen Filmen selbst für dieses fürchterlich ambitionierte und dabei handwerklich schlechte, soapige, vorhersehbare, öde Fernsehen und Kino, das wir in Deutschland gewohnt sind. Woher nimmt er das hohe Ross, auf dem er offenbar sitzt?
Fernsehen ist in Deutschland eben ein Ausschaltmedium geworden.
Und auch wenn es keiner hören will: Die Einführung der Privatsender ist schuld! Punkt.
Ich vermisse Heinz Edelmann auch.
Ich verweise auf diese hervorragende Analyse: Die ausbleibende Revolution. Eine Analyse, was die Qualität der neuen US-Serien eigentlich ausmacht und warum genau diese Qualität im deutschen Fernsehen auf unbestimmte Zeit nicht zu sehen sein wird.
Sehr schöner Beitrag, der mal wieder ebenso treffend wie deprimierend zeigt, was das wahre Problem im deutschen Fernsehen ist: Es ist nicht so, dass gutes, kreatives Fernsehen hierzulande nicht möglich wäre oder es an den Geldern dafür hapert, es hakt in der Tat bei den Entscheidern, die immer nur auf maximale Quote und Massenkompatibilität aus sind. Das viel gelobte britische, französische oder nordeuropäische Fernsehen hingegen ist ernsthaft interessiert, gutes Programm zu machen, das nicht immer der Mehrheit gefallen muss, sondern gerne auch mal ein Minderheiten-Publikum anspricht und deshalb gerne kreativ und unkonventionell sein darf. In Deutschland hingegen muss ö.-r. Fernsehen nur günstig zu produzieren sein und maximale Quote einfahren.
Auch das viel zitierte Problem des alternden Publikums halte ich für vorgeschoben: Ist das nicht ein hausgemachtes Problem, weil man eben zunehmend nur noch für dieses Publikum produziert und fast alles, was auch nur ansatzweise jüngeres Publikum anspricht, auf die Spartenkanäle abschiebt? Zumal mal ja mal anders war, denn heute kaum zu glauben ist, dass etwa das ZDF einst der Sender war, auf dem Serien-Perlen wie Alf und die Simpsons ihre Detschalnd-Premiere hatten. Heute wäre selbst das schon viel zu gewagt fürs ZDF, obwohl es in Zeiten von South Park & Co. natürlich noch viel mutigeres gäbe.
Was ich aber auch nicht verstehe ist, dass es so gut wie keinen größeren Sender gibt, der ernsthaft versucht, dem entgegenzuwirken und ernsthaft auf gutes, aber trotzdem einigermaßen massenkompatibles Programm setzt, da die Privaten ja schon lange auch nur noch auf billiges Unterschichten-Fernsehen setzen, während in anderen Ländern auch die Privaten hochwertiges produzieren, siehe etwa Channel 4 und ITV in England, Canal+ in Frankreich, Stöo2 in Island, usw.. Einzig Tele 5 geht erfreulicherweise vermehrt in diese Richtung.
„Dass die ARD diesen Film auf einem ihrer 3000 Kanäle zu einer Zeit zeigen könnte, bei der der Zuschauer nicht bis nach Mitternacht aufbleiben muss, ist natürlich unvorstellbar.“
Das passt leider überhaupt nicht in den Audience Flow, tut mir leid.
Was mich neben der Quotenfixiertheit noch betrübt, ist der scheinbar nicht vorhandene Willen daran irgendetewas zu ändern. Warum setzen sich die Öffentlich-Rechtlichen nicht hin und versuchen das System zu verbessern, beispielsweise durch eine zusätzliche Messung der Zugriffszahlen in den Mediatheken? Klar dazu müsste man erstmal die ARD Mediatheken auf eine gemeinsame technische Basis stellen und ordentlich entrümpeln, aber das ist für mich eh überflüssig.
Warum setzt man sich nicht vehement dafür ein, dass Inhalte nicht mehr „depubliziert“ werden müssen? Wie viel Quote könnte man mit einem zeitlosen Fernsehfilm machen, der für alle Ewigkeiten online verfügbar bleibt? Wenn ich heute noch mal „Unsere Mütter, Unsere Väter“ online sehen will geht das offensichtlich nicht. Hier könnte man mal eine gesellschaftliche Debatte um den Umganng und Erhalt von öffentlichem Kulturgut antreiben.
Oder warum setzt man die Quotenmessung für Spartenkanäle wie Arte nicht einfach mal komplett aus und kuckt was passiert? Wie machen das eigentlich andere Länder, man könnte hier so viel aktiv tun, statt sich sklavisch dem Status Quot zu unterwerfen.
#10:
Vielleicht muss man „Grafschafter Goldsaft“ regelmäßig konsumieren, um seinen Geschmackssinn zu ruinieren. Ganz gewiss aber ist Dominik Graf ein großartiger Filmemacher (was nicht ausschließt, dass er auch mal was nicht so Gutes produziert)..
Beim WDR und ZDF haben leider die Leute die Kommando-Ebenen eingenommen, die sich selbst als „Programm-Manager“ bezeichnen. Sie haben selbst selten bis gar keine Filme gemacht, sie wissen auch gar nicht, wie das geht. Sie haben auch nicht gelernt, Qualität zu beurteilen. „Qualität“ ist für Controller kein Kriterium. Mit BWLer-Latein und smarter Kofferträgerei haben sie es nach oben geschafft, dort andere Maßstäbe gesetzt. Sie heiligen die Quote, aber ihnen fehlt jegliches Bauchgefühl. Bei P7Sat1 ist es ähnlich, aber für die muss man auch nicht bezahlen.
Bei arte ist es wiederum anders. Da gibt es Abteilungen, die stolz darauf sind, nur die Dinge zu zeigen, die jenseits vom Mainstream sind. Was Quote machen könnte, ist denen zuwider. Von solchen Leuten gab es früher bei den ÖR viele. Deren Geschmack war das Entscheidende, die Zuschauer mussten von oben belehrt werden, was gut sei. Will sagen: früher war nicht alles besser.
Ich denke, Barbara Buhl liegt nicht ganz falsch mit ihrer These, dass das ÖR-System von innen nicht mehr reformfähig ist. Der Apparat ist satt und träge und beschäftigt sich vornehmlich mit sich selbst. Man könnte z.B. beim WDR glatt ein Viertel aller Redakteursstellen streichen, ohne dass es auffallen würde. Auch wenn ich jedem seinen Job von Herzen gönne: vielleicht wäre es ein Ansatz, wenn man die Leute im Sender zum wirklichen Arbeiten zwingen würde, statt tagelang in Endlos-Konferenzen nur um sich selbst zu kreisen und Produzenten und Autoren das Leben schwer zu machen.
Nicht „überflüssig“ sondern „überfällig“ natürlich…
@Uli: Abgesehen davon, dass man „Unser Mütter, unsere Väter“ nicht wirklich gesehen haben MUSS, stehen dem Ansinnen den Film für alle Ewigkeit in der Mediathek abrufbar zu halten auch wirtschaftliche Erwägungen im Weg. Die Produktionsfirma möchte schon durch den Verkauf auf DVD ein paar Euros einnehmen. Auch läuft der Film seit einiger Zeit ständig auf dem deutschen History-Channel. Der Weiterverkauf dieser Senderechte wäre dann auch nicht möglich.
Die heute 60jährigen waren in den 70ern junge Erwachsene, haben gekifft und mit freier Liebe rumexperimentiert. Im Zweifel hätten sie mehr Spaß an Breaking Bad und House of Cards als am Bergdoktor. Das Fernsehen heute wird doch heute hauptsächlich für 80jährige gemacht.
Vermutlich ist es eher eine Schere im Kopf. Wer stellt sich schon gerne vor, dass die Eltern genau das gemacht haben, oder machen, was einem selber Spaß macht.
@16, „Ganz gewiss aber ist Dominik Graf ein großartiger Filmemacher (was nicht ausschließt, dass er auch mal was nicht so Gutes produziert)“
Über Geschmack soll man bekanntlich nicht streiten; trotzdem scheint mir, dass der Graf mit seinen diversen Film- und Fernsehpreisen, seinen „Tatorten“ und „Polizeirufen“ und seinem gewiss nicht knappen Filmfördergeld Teil des Systems ist, das er hier kritisch beleuchten soll. Wofür’s dann auch wieder Kohle vom Sender gibt.
Aber zugegeben: Ich mag seine Filme nicht und traue ihm wohl auch deshalb kein ganz aufrichtiges Urteil zu.
Danke für den Hinweis, den Film werde ich mir auf jeden Fall ansehen. Wenn er vielleicht auch nur ein Rückblick sein mag, so sind doch deutliche Lehren für die Zukunft zu ziehen. Das Zitat von Frau Buhl weist da für mich schon den Weg: „Ich glaube, wir können uns gar nicht mehr so viel selber helfen. Ich glaube, man muss uns von außen dazu zwingen.“ So sehe ich das auch. Ich war selbst 1997-2003 stellv. Mitglied im WDR-Rundfunkrat und habe die Entwicklung auch danach aufmerksam verfolgt. Das System ist nicht mehr in der Lage sich selbst zu erneuern. Es muss gezwungen werden. Unsere Politik- und Parteienlandschaft wird es nicht tun. Die hat ja die gleichen Probleme. Es müssen Bürgerinitiativen aus der Gesellschaft sein. Ob es die noch gibt: gesellschaftliche Kampfbereitschaft für gutes Fernsehen (und Radio)? Vielleicht ist die Zeit schon darüber hinweg ….
@BlueKO:
„Abgesehen davon, dass man „Unser Mütter, unsere Väter“ nicht wirklich gesehen haben MUSS, stehen dem Ansinnen den Film für alle Ewigkeit in der Mediathek abrufbar zu halten auch wirtschaftliche Erwägungen im Weg. Die Produktionsfirma möchte schon durch den Verkauf auf DVD ein paar Euros einnehmen. “
Das ist natürlich richtig, aber hier könnte man nun eine Debatte starten. Muss beispielsweise die Produktionsfirma von Serienklassikern wie „Ein Herz und eine Seele“ oder „Raumpatrouille Orion“ auch heute noch etwas an DVD Käufen verdienen? Wäre es nicht denkbar Verträge auszuhandeln, nachdem die kommerziellen Nutzungsrechte nach den ersten 10 Jahren verfallen und das Material anschließend der Allgemeinheit gehört?
Filme oder Serien sind auch ein undankbares Beispiel, was ist beispielsweise mit eigenproduzierten Unterhaltungsshows oder Dokumentationen? Vielleicht möchte jemand ja heute noch mal das Original „Einer wird gewinnen“ sehen, wo ist das außerhalb von verwackelten YouTube Aufnahmen oder gelegentlichen Wiederholungen im lineare Sparten-TV möglich? Und wie hoch wäre eine virtuelle Quote, wenn eine Sendung noch Jahre später ~50 Klicks pro Tag abgreift? Wissen tue ich das alles nicht, aber ich würde zumindest mal gerne darüber diskutieren.
Wenn es nur beim Fernsehen so wäre – gerade in der regionalen Presse geht doch auch alles nur noch über die Quote. Die Ursachen dafür sind m.E. aber deutlicher komplexer, als dass sie sich auf die „falsche“ Besetzung von Führungsposten mit Logistikern statt Journalisten reduzieren ließe. Ich glaube zum Beispiel, dass ein von digitalen Suchmaschinen geprägtes Publikum schlichtweg nicht mehr gewöhnt ist, sich dem Fremden, Herausfordernden einfach mal auszusetzen. Es ist vielmehr gewöhnt, auf Stichworteingabe exakt die Informationen, bzw. die Unterhaltung geliefert zu bekommen, die es sich hier und jetzt wünscht. Das ist in der Tat die Erwartungshaltung eines logistischen Services, die sich mehr und mehr auch in der Nutzung anderer Medien manifestiert.
Ich aergere mich ja eigentlich fast hauptsaechlich darueber dass dieses Problem so ueberhaupt nicht zwangslaeufig entstanden musste, sondern fast komplett in Deutschland hausgemacht ist. Andere Laender schaffen, mit den verschiedensten Modellen, Unterhaltung auf Weltniveau. HBO in den USA haut eine Klasseserie nach der anderen raus, die BBC macht die tollsten Dokus ueberhaupt, Schweden macht eine grandiose Grandprix-Unterhaltungssendung, Daenemark TV-Serien die weltweit kopiert werden, und aus Deutschland? Aus Deutschland kommt nichts. In den USA wird viel darueber gesprochen wie zur Zeit „The Golden Age of Television“ ist, aber davon findet sich in Deutschland praktisch nichts.
Aber es wurde doch das Privatfernsehen eingeführt, um die Vielfalt zu vergrößern…
:)
@Uli: Eine Diskussion ist es durchaus wert. Allerdings wird das mit den 10 Jahren einfach nichts, weil da schon das gewöhnliche Urheberrecht mit seinen Fristen Vorrang hat.
„Ein Herz und eine Seele“ ist übrigens eine schönes Beispiel. Genauso wie die Hesselbachs z.B. wurde das von den Sendern tatsächlich noch selbst produziert und gehört ihnen selbst. Irgendwann wurden die Sender ja aus verschiedenen Gründen gezwungen die Produktionen an freie Produzenten zu vergeben. Die Sender erwerben dann nur noch ein zeitlich begrenztes Senderecht an den Programmen. Wenn das ZDF heute alte Staffeln von Forsthaus Falkenau auf neo wiederholt muss dafür immer wieder das Senderecht erworben und bezahlt werden. Ob das langfristig wirklich wirtschaftlich sinnvoll ist, wäre dann die nächste Frage.
Den Sendern gehört heute nichts mehr, das man auf lange Sicht vermarkten kann. Die als Aprilscherz bei Tagesschau.de angekündigten DVDs mit den schönsten Brennpunkten oder „Hessenschau Jahrgang 2014“ wird in 10 Jahren keiner kaufen wollen.
—
Ganz allgemein ist aber das Elend des deutschen Fernsehens, dass es bei allen Vergleichen mit der BBC, einfach NIE das gleiche Rückgrat hatte wie das große Vorbild. In England fordert der starke öffentlich-rechtliche Sender die Mitbewerber einfach zu besseren Programmen heraus. ITV produziert gelegentlich auch mal Dokumentationen (z.B. Joanna Lumley bereist Afrika), die dann zur Hauptsendezeit um 21:00 gesendet werden. Das wäre bei RTL und oder +7 doch völlig ausgeschlossen.
In Deutschland hat man dieses Selbstbewußtsein einfach aufgegeben und sich mehr oder weniger kampflos den Wettbewerb ergegeben.
Die BBC schafft noch hervorragende Programme, wird momentan durch die Politik aber auch kaputtgespart, wofür die Einstellung von BBC Three nur ein sehr offensichtliches Zeichen ist. Wenn sie mal etwas produzieren ist das von herausragender Qualität. Man muss sich dann aber auch ansehen, wie oft die Sendungen, die man noch dafür produzieren kann, auf Three und Four abgenudelt werden. Und wenn sich Schottland im September tatsächlich für die Unabhängigkeit entscheidet und dadurch 10 % des Gebührenaufkommens wegfallen, dürfte es richtig bitter für den gesamten Sender werden.
@Feathers Mcgraw: Vieleicht liegt es an den Deutschen und ihre Angst und zugleich Neugier vor dem Fremden, die Schadenfreude wenn Leute vorgeführt werden, um sich dann besser zu fühlen oder Kritik a la AP und Sarrazin vom Kirchturm zu posaunen und ihre Gartenzäune rein zu halten? Nur mal so eine Quatschidee.
Klingt nicht so, als würde der Film mehr vermitteln als Kalkofe es seit 25 Jahren macht, nur quasi in Moll und mit mehr erzählerischen Details; die Verknüpfung mit Marl, die Ansagerin. Traurig, das alles.
Aber ich habe den Eindruck, dass hier auch Leute an etwas festhalten wollen, mit dem sie aufgewachsen sind und an dem sie krampfhaft festhalten wollen. Was hindert die 38-jährige Produzentin daran, ihre Projekte per Crowdfunding vorzufinanzieren und ins Netz zu stellen, wie bei Stromberg? Gut, sie muss die Leute vorher überzeugen, aber ist das nicht eine schöne Herausforderung?
Neulich hab ich gelesen, das ör-Fernsehen (speziell das ZDF) sei heute vermufft wie die 50er. Und es stimmt ja auch. Wäre so was wie „Klimbim“ heute noch denkbar? Doch maximal im Spartenfernsehen. Und auch dann nur, wenn die Brüste drin bleiben.
Einmal „festhalten“ haben wir doppelt.
Was erwartet man von Intendanten, die Angst um den Ruf ihres Senders haben, wenn fremde E-Mails nicht über ihren Schreibtisch geleitet werden und ihre Juristen nicht Kontrolle über fremde Online-Accounts und damit Zugriff auf die Kreditkarten Dritter erreichen, statt den Ruf ihres Senders an dem zu messen, was eigentlich sein „Produkt“ sein sollte, nämlich seine Sendungen?
Den Arte-Machern ist das noch wichtig, auch wenn ihr Geschmack nicht immer massenkompatibel sein mag, aber dafür gibt es ja schon RTL II. Aber Fritz Pleitgen oder Eva-Maria Michel? Die lassen sich dann halt in eigenen Produktionen bauchpinseln, wenn sie das Publikum nicht mehr mag. Man macht sich seine Wirklichkeit selbst.
Die Quote ist nur für eins wichtig: Werbegelder. Daß die Quote bei einem um 23 Uhr gesendeten Film nur deshalb so hoch ist, weil der um 22 Uhr so schlecht war, daß die Zuschauer eingeschlafen sind und nicht abgeschaltet haben, merkt ja keiner…
http://myslamery.wordpress.com/2012/06/11/manifest-political-slamery/
Twipsy (#28): Was hindert die 38-jährige Produzentin daran, ihre Projekte per Crowdfunding vorzufinanzieren und ins Netz zu stellen, wie bei Stromberg? Gut, sie muss die Leute vorher überzeugen, aber ist das nicht eine schöne Herausforderung?
Ja, was hindert sie? „Der“ Mensch liebt. „Der“ Deutsche has(s)t-et morgens zur Arbeit, setzt sich an den Schreibtisch und wartet, dass der Tag vorüber geht. Dass auch schon eine 38jährige so lebt, überrascht. Nicht wirklich. Vermutlich ist sie schon pensionsberechtigt.
Und die, die nicht nur darauf warten, dass der Tag vorüber geht, die warten auf ein Wunder. Und daran, dass das Wunder nicht geschieht, sind natürlich Andere Schuld. Doch wer sich (als Kaufmann z.B.) mit Schuld auskennt, weiß, dass es Hol- und Bring-Schuld gibt. „Der“ Deutsche verharrt in seiner Lethargie und wartet darauf, dass Andere ihre Bring-Schuld erfüllen. Kann „er“ lange warten. Kann „er“ auch, im Gegensatz zum kaufmännischen Geschäftsleben, nicht juristisch einklagen. Aber Klagen tut „er“ natürlich trotzdem. Doch ich will das nicht mehr hören.
Btw: Als meine Mutter 38 war, hat sie mir Geschichten erzählt. Jetzt ist meine Tochter 38 und erzählt mir (und ihren Kindern) Geschichten. Scheint eigentlich ein gutes Alter sein, um sich als Erzählerin zu betätigen.
(der HTML-Tag für kursiv funktioniert nicht)
@polyphem: Tatsache. Nun müsste er aber.
Das ÖR-Fernsehen macht kein Programm für „60-Jährige“, wie von der Redakteurin behauptet. Ständig wird kolportiert, man mache in Wahrheit nur noch Programm für die Zielgruppe und die sei im Schnitt 55 Jahre alt.
Ich glaube das es in Wahrheit eine noch viel ältere Zielgruppe ist und es das ÖR-Fernsehen noch nicht einmal mehr merkt.
Der letzte Zuschauer in meinem Familien- und Bekanntenkreis, der regelmäßig, jeden Tag mehrere Stunden deutsches ÖR.Fernsehen geschaut hat war meine Großmutter mit 83 Jahren.
Meine Eltern sind jetzt 60 und ihr gesamter Bekanntenkreis auch etwa im gleichen Alter. Das einzige was man dort zum Thema Fernsehen regelmäßig hört ist ein resigniertes „Braucht man nicht mehr einschalten, kommt ja eh immer der gleiche Mist“. Es mag sein, dass die Kiste trotzdem Abends läuft, schon alleine aus Gewohnheit.
Ich glaube allerdings – aus persönlicher Erfahrung – nicht, dass das Programm selbst bei der Generation 55 – 65 sonderlich geliebt oder gar populär ist. Es hat auch dort – wenn überhaupt – den Stand eines „Bügelfernsehens“, das halt an manchen Abenden nebenher läuft.
Wäre das ÖR wirklich Fernsehen für die Generation 55+, dann könnte ich das ja sogar noch verstehen, den immerhin stellt dieser Bevölkerungsteil mehr als 50% der Gesamtbevölkerung dar
Mein Gefühl ist aber eher, das das ÖR keinen mehr so richtig und überhaupt interessiert außer ein paar Rentner und es die ÖR-Sender entweder nicht merken oder es ihnen egal ist, weil das Geld ja sowieso reinkommt.
Sehe ich mir allerdings an, wo ich überall Regale voller DVD-Boxen finde (Hint: Selbst bei den Bekannten meiner Eltern mit Alter 60+) dann glaube ich nicht, dass die ÖR Sender überhaupt noch eine Zielgruppe haben
@13 Martin Schröder:
Diese Analyse weist bereits in der Einleitung und Motivation so viele technische und sprachlche Mängel und Recherchefehler auf, dass ich skeptisch bin ob die Analyse wirklich so großartig ausfällt.
Man sollte man halt zumindest die Titel der Serien richtig wiedergeben (Homicide z.B. ist eigentlich Homicide: LIfe on the streets, Emergency Room eigentlich e.r), außerdem stimmt die Zuordnung der Serien zu den Sendern teilweise nicht (House lief auf Fox und nicht FX).
Außerdem geht die Narrative von den kreativen und erfolgreichen Pay-TV Sendern natürlich nur, wenn man Serien wie Lost glatt unterschlägt und außerdem ignoriert, das die Quotenkönige wie NCIS, How I met your mother und Co. halt auch weiterhin im öffentlich empfangbaren Privatfernsehen der „Big Four“ laufen während HBO und Co. mit ihren Erfolgen nicht mal 3 Millionen US-Amerikaner erreichen.
@polyphem Dass auch schon eine 38jährige so lebt, überrascht. Nicht wirklich. Vermutlich ist sie schon pensionsberechtigt.
Glaube ich nicht, Katja Herzog arbeitet ja nicht beim ÖR-Rundfunk, sondern in einer privaten Produktionsgesellschaft, ist also gewissermaßen vom Erfolg abhängig. Kann also auch nicht, wie sie will.
„Habe nun ach, Philosophie, und Film- und Fernsehwissenschaft studiert…“
Wann begann das eigentlich, dass die ör Sender ihre Inhalte nicht mehr selbst produziert haben? Ist das der Weg, der zu besserem Fernsehen führt(e)?
[…] Barbara Buhl, WDR, leiterin der programmgruppe fernsehfilm, zitiert nach Stefan Niggemeier […]
@Twipsy: Das fing wohl irgendwie in den 60ern an, als man sich z.B. an der Bavaria beteiligte und wurde dann mit dem Grund der Kostenminimierung (immerhin braucht man keine eigenen Bühnenbildner, Handwerker, die Kulissen zimmern usw. ständig als eigenes Personal zu bezahlen) über die Jahre immer weiter ausgebaut.
Besonders lustig sind da manche Sendungen des WDR, die zu über 90% aus altem Archivmaterial bestehen und trotzdem von einer externen Produktionsfirma erstellt werden. Wo da die Kostenersparnis sein soll, wenn trotzdem erst einmal eine Horde Archivare durch die weiten Kellergefilde schleichen muss, um alte Bände (wahrscheinlich erstmals) auf Digi-Betas umzukopieren (der Hausherr hat das mal so schön als „seltsames Kassetten durch die Gegend schleppen“ bezeichnet), die dann außer Haus in den dortigen Avid zur weiteren Bearbeitung eingespielt werden müssen, erschließt sich eigentlich keinem vernünftig denkenden Menschen so richtig.
@ 37 Twipsy: Hängt auch wieder vom Markt ab. Die BBC fährt damit z.B. sehr gut. Ein Unterschied ist allerdings, dass die BBC nicht immer den gleichen Produktionsfirmen Aufträge geben kann und darf.
Eine ARD Degeto Situation ist so also nicht so leicht möglich.
@39
Ich vermute, dass die „Horde Archivare“ zu den festangestellten Mitarbeitern gehört. Eine Bekannte von mir ist auch festangestellte techn. Mitarbeiterin und hat auch mal alte Platten und Bänder digitalisiert. Solche Arbeitsverträge gibts da heute gar nicht mehr.
at Twipsy
+++Was hindert die 38-jährige Produzentin daran, ihre Projekte per Crowdfunding vorzufinanzieren und ins Netz zu stellen?+++
Am besten mal selbst vormachen: finanziere deinen eigenen Unterhalt mal so. Setz dich mit Polyphem zusammen, ihr beide seid ja mutig und wisst, wie es geht, zumindest habt ihr ja kluge Ratschläge parat.
Wenn ich mal aufzählen darf, was das deutsche (öffentlich-rechtliche) Fernsehen in der jüngeren Vergangenheit so hervor bringt.
Tatortreiniger
Mord mit Aussicht
Im Angesicht des Verbrechens
Weißensee
Contergan
Unsere Mütter, unsere Väter
Lerchenberg
Pelzig
Quer
Scobel
Nano
Tracks
Karambolage
HeuteShow
Zeiglers Wunderbare Welt des Fußballs
Augstein und Blome
Deutschland-Safari
Europa- Safari
TTT
Tatort
Cobra11
Der Kriminalist
Ich trage einen berühmten Namen
uvm.
Natürlich trifft nicht alles den Geschmack eines jeden, aber der gern intonierte Abgesang auf das deutsche Fernsehen ist doch wohlfeil.
Ja, der Mainstream ist banal und oben genannte Sendungen verschwinden all zu oft in der nächtlichen Nische, was ein Ärgernis ist. Und ja, es gibt zu viel Dr.KleistInallerFreundschaftCarmenSilbereisenOlliKahnDasQuizTalkshowLanztrifftNashornPandaTraumschiffMoMaischerbergerDingsdabums-Schund. Ob das in anderen Fernsehmärkten so viel anders ist, wage ich aber zu bezweifeln, nur erreicht uns da das Seichte, Gefällige nicht all zu oft.
Und der Mangel an guter Drama-Fiction alla Breaking Bead, Borgen, The Wire, Californication, Sopranos, Mad Men, Sherlock etc. ist meines Erachtens auch keine Neuerung, ich glaube, dass letzte, was da aus Deutschland kam, muss Stahlnetz gewesen sein?!
Was mich aber ungemein ärgert an der Verfassung des öffentlichen-rechtlichen ist die gewachsene Struktur, der man nicht mehr Herr wird.
ARD
ZDF
WDR
BR
NDR
HR
SR
SWR
RBB
MDR
RB
TAGESSCHAU24
ZDFneo
ZDFInfo
3Sat
Arte
Phoenix
Einplus
Einsfestival
Kika
Hab ich was vergessen!?
Soviel Sendeplatz kann gar nicht gefüllt werden, schon gar nicht mit Qualität.
Ich würde mir einfach wünschen, diese Strukturen einer Generalrevision zu unterziehen und Bedarf und Auftrag wieder in Einklang zu bringen.
Natürlich brauch der ÖR Flaggschiffe, die zu dessen Legitimation beitragen, aber die veränderte Medienlandschaft verlangt nach neuen Ansätzen, die eben nicht nur darin gipfeln dürfen, immer neuer Spartenkanäle zu schaffen.
Wenn ich mir mal was wünschen dürfte, sähe die (ÖR) Fernsehlandschaft wie folgt aus.
DF1: Sender mit Vollprogramm, Tagesschau und HeuteJournal, Filme, Serien, Unterhaltungsshows, Talkshows, Dokus etc.
DFSport: Sportsender, sowohl mit quotenstarkem Fußball, Biathlon, aber eben auch entsprechender Berücksichtigung von Randsportarten, Amateurliegen, Freizeitsport, Extremsportarten etc.
DFKultur: ein Kultur- und Debattensender, mit Opern, Theater, Konzerte von Klassik bis Rock, Themenabenden, Diskussionen, Dokus, Reportagen, etc.
DFNews: ein Nachrichtensender für den gesamten deutschsprachigen Raum mit 24/7 News-coverage, Debatten und Reportagen, eigenständiger Nachrichten- und Wirtschaftsredaktion, quasi die Deutsch-Österreichisch-Belgisch-Schweitzerisch-Italienische Antwort auf BBC, CNN u.ä.
Arte 2.0 : der Deutsch-Französische Ansatz muss zu einem paneuropäischem Konzept weiter entwickelt werden. Fremdsprachliche Produktionen mit Untertiteln von Lissabon bis Istanbul, von Helsinki bis Neapel, dazu eine europäische Debattenkultur in Englisch, eben wirklich Europäisches Fernsehen.
Das wir jetzt über zehn Jahre den Euro haben, aber keinen Europäischen Fernsehsender ist Ausdruck der Geringschätzung des Mediums in Fragen der gemeinsamen Identitätsstiftung
DFNord/Ost/Süd/West: vier „regionale“ Sender reichen in Deutschland völlig, um lokale Themen aufzuarbeiten, wären gleichzeitig mächtiger und investigativer, weil weniger verwoben mit den regionalen Mächten. Gleiches gilt übrigens fürs Radio, welches im System der ARD einennicht zu unterschätzende Stellung innehat, die die derzeit Struktur bedingt.
Freiwerdende Mittel insbesondere in den Landesrundfunkanstalten sollte dazu verwendet werden, lokale und regionale Cross-Media-Unternehmungen zu unterstützen, Lokal-Blogs, experimentelles Radio/Podcasts, regionale Videocasts etc. sind nun mal die Zukunft eines multimedialen Lokaljournalismus, der sich allein am Markt aber nur schwer finanzieren lässt.
Man muss schon konstatieren, dass die Besatzungsmächte (insbesondere die Briten aus Hannover heraus) ein kluges Mediensystem in Deutschland geschaffen haben….doch das ist in 60 Jahren fett und träge geworden, hält den Herausforderungen der Gegenwart nicht mehr Stand und bedarf einer generellen Neuausrichtung.
Aber zu glauben, dass diese Veränderungen von jenen ausgeht, die davon profitieren, ist naiv und töricht.
Um so wichtiger ist die Kritik sowohl von Profis wie Niggi, aber eben auch das Einfordern von Intelligenz und Anspruch durch den Zuschauer an jeder Stelle, die ihm möglich ist.
Das ist mir zuviel Schwarzmalerei. Zuviel Abgesang. Viel zuviel wohlfeile und leider vorhersehbare Vergleiche mit dem ach so tollen HBO und der ach so tollen BBC, die ja sowieso alles besser können als die deutschen ö/r (in der Tat, beide produzieren auch eine achtbare Menge Mist, was leider sehr gerne übersehen wird). Fernsehen besteht auch nicht nur aus „Filmemachen“ oder Serienproduktionen, wie sich einem manchmal der Eindruch erwecken will. Öffentlich-rechtliches Fernsehen ist idealerweise ein multidirektionaler Spagat zwischen anspruchsvollem Schauspiel, Information, Service, seichterer Unterhaltung, vielfältiger Spartenabdeckung, und noch so viel mehr dass auch Original Unterkrainer Mutantenstadel und ultrateure Sportrechte ihren Platz haben dürfen und müssen, egal ob das im Einzelfall dem Einzelnen oder mir oder sonstwem gefällt oder nicht. Es mag einiges nicht perfekt und unausgewogen sein oder gar im Argen liegen, aber ganz so extrem furchtbar wie mitunter suggeriert ist die Situation nun auch wieder nicht.
@nona: Na dann mal raus mit der Sprache. Wo sollen denn die innovativen Ideen der letzten Jahre und die anspruchsvollen Sendungen sich in den Haupt(!)sendern verhanden sein?
Vor einiger Zeit gab es bei DWDL ein Portrait über Channel 4 mit der Überschrift zu lesen: „Wenn RTL2 öffentlich-rechtlich wäre“. Allein diese Überschrift ist ein solcher Witz. Es würde keinem(!) Sender in Deutschland jemals einfallen so etwas einfaches wie „Countdown“ ins Programm zu nehmen. (Aus einer zufällig gezogenen Reihe von Vokalen und Konsonanten muss ein möglichst langes, korrektes Wort gebildet werden. Zur Erholung wird zwischen den Spielrunden aus zufällig gezogenen Zahlen eine Rechenaufgabe, die zum Ergebnis eine dreistellige Zahl haben muss, gebildet.) Nicht einmal unsere Öffis würden eine solche Sendung ins Programm nehmen, weil sie befürchten der Zuschauer könnte sich überfordert fühlen, geschweige denn ein RTL2. Da muss dann lieber an gleicher Stelle eine Kaugummiserie ohne jede Handlung den Zuschauer einlullen. Die Hoffnung noch einmal so etwas wie die „Sechs Sieben’gscheiten“ „Vor 8 im Ersten“ zu erleben, musste man schon vor Jahren zu Grabe tragen. Dort gilt es ja schon als besondere Glanzleistung wenn Pilawa nach den Farben eines Fliegenpilzes fragt.
Die Vision von Thoma, der einst am liebsten aus Kostengründen einfach nur das Testbild senden wollte, wird auch immer mehr zur Realität. Die wenigen Shows des Privatfernsehens werden inzwischen auf mehrere Stunden ausgewalzt. Das gelingt aber nur, weil man darin Sendelöcher von mehreren Minuten Länge einbaut, in denen einfach nichts passiert, die man den Zuschauern aber als „Spannung“ verkauft. Und die sind auch noch so dusselig und gucken sich das dann auf Pro7 an und feiern es auch noch als „gutes“ Fernsehen. Man hat die Leute so lange an das große Nichts gewöhnt, bis sie nichts anderes mehr gewohnt waren. Das ist der Erfolg des deutschen Fernsehens in seiner Gesamtheit in den vergangenen Jahren. Mir ist das einfach zu wenig. Tut mir leid.
(Langsam tun mir meine überlangen Kommentar hier leid, aber ich kann einfach nicht anders. Sorry.)
BlueKo:
Channel 4 sendet auch „Utopia“. RTL versteckt das im Ableger RTLcrime. Der fehlende Mut ist also nicht allein eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit hierzulande.
Für mich hat das ganze eher eine komische Dimension:
3 Frauen sitzen in unterschiedlichen, zum Teil äußerst einflussreichen, mit Sicherheit aber nicht unbedeutenden Positionen beim deutschen Fernsehen (Produzentin, WDR-Fernsehfimchefin, BR-Fernsehdirektorin) und lamentieren nahezu sinngleich, dass niemand zu ihnen kommt und sie vom Joch befreit, besch*ssenes Fernsehen machen zu müssen. Die Strukturen, die Hierarchien, vielleicht sogar die Old Boys Clubs in den Sendern binden ihnen die Hände, sodass sie nur resignierend und Mitleid provozierend in Dominik Grafs Kamera gucken können, um anschließend weiterhin Christine-Neubauer-Trash am Fjord abzudrehen; immer die gleichen Figuren, immer die gleichen Geschichten, mal etwas vulgärer, mal in der Vergangenheit, aber die Grundzutaten des Drehbuchs bleiben immer die gleichen.
Wenn man die Produktionsgeschichte von Dominik Grafs meisterhafter Miniserie „Im Angesicht des Verbrechens“ kennt (und ich denke, das ist bei den Interviewten der Fall), könnte die Motivation der TV-Frauen, am eigenen Arbeitgeber kein gutes Haar zu lassen, aber auch eine ganz andere sein:
Scham.
Weil Dominik Graf seine Miniserie gegen alle Widerstände und trotz anschließendem Quotendesaster (was mit Sicherheit auch der schwachsinnigen Programmplanung von arte und Erstem zu verdanken ist) eisern durchboxte und der deutschen Fernsehunterhaltung mit ihr ein seltenes, qualitatives Highlight bescherte, sehen diejenigen, die bei WDR und BR bestimmen, was produziert und gesendet wird sowie eine Produzentin, die Glanzstücke wie „Für immer 30“ und „Putzfrau Undercover“ in ihrer Vita anführt (was nicht drin steht, will man lieber nicht wissen), natürlich im Vergleich mit Graf aus wie begossene Pudel. Schon allein durch seine Anwesenheit könnten die Damen sich dazu genötigt fühlen, zu erklären, warum die deutsche Fernsehunterhaltung aus nichts als Müll besteht. „Leider fällt uns nichts Vernünftiges ein und wenn doch, können wir uns nicht durchsetzen“ ist natürlich viel peinlicher als „Wir sind Opfer eines Systems, das wir nicht ändern können“. Wenn die anderen Schuld sind, ist man immer fein raus.
„Auf BBC läuft auch viel Schund“:. Auf BBC läuft auch Schund ließe ich noch gelten.
Der Unterschied: BBC hat 6 Kanäle, von denen nicht mal alle 24 Stunden am Tag senden.
BBC One und Two, die Hauptsender
BBC Three und Four, die Nebensender
BBC News
CBBC, der Kinderkanal
Daneben noch ITV und Channel 4
Aber ich würde argumentieren, das selbst der Schund auf BBC, ITV und Channel 4 qualitativ hochwertiger ist als so manche Premiumproduktion der deutschen ÖR.
Das traurige ist ja noch nicht einmal der Mix an Programm, sondern wie Niveaulos dieser Mix produziert ist.
Ja Coronation Street, Holby City und Eastenders sind Schund, aber wenigstens vernünftig produzierter Schund gegenüber Marienhof und Co. LIndenstraße könnte da noch mithalten.
Dann haben wir eine ganze Reihe an zwar Quizsendungen und Shows aber auch da ist das Produktionsniveau besser. Pointless, Mastermind, University Challenge, Eggheads, Weakest Link, Countdown, Only Connect
Daneben verkaufen BBC, ITV und Channel 4 eine ganze Reihe von Shows in alle Welt, die dann selbst in Deutschland lizensiert werden. Masterchef, Strictly Come Dancing, Pop Idol etc.
Die Liste der Shows und Comedies wäre endlos.
Natürlich ist da auch viel Schund dabei, aber nicht mal mittelmäßiges UK- oder US-Programm halbwegs authentisch kopieren können ARD und ZDF heute ja noch, dabei war das in den Siebzigern und Achtzigern noch Standard.
Dabei verfügt die ARD über das – weltweit – größte Budget im Vergleich aller Öffentlicher Programmanbieter, selbst die BBC hat pro Jahr weniger aus der „TV-License“ zur Verfügung. Geld wäre also auch da.
Es ist also nicht nur der Große Anteil an „Schund“ den ARD und ZDF produzieren, es ist auch das dieser „Schund“ im Internationalen Vergleich auch noch ganz besonders schlecht produzierter und geschriebener Schund ist und außerdem auch noch, dass andere Sender mit weitaus weniger Geld viel besseren Schund produzieren als ARD und ZDF.
Es werden weniger als 5 deutsche Originalproduktionen pro Jahr ins Ausland lizensiert und davon stellt seit Jahren Stefan Raabs „Brainpool“ die meisten. Die BBC verkauft über 50, und selbst so kleine Anstalten wie das dänische Fernsehen verdienen mit internationalen TV-rechten mehr Geld als die ARD.
Das war früher auch nicht viel anders, aber wenigstens hatte man da noch den Mut gut „abzukupfern“, heute klappt nicht mal mehr das.
Wir wollen ja kein „Goethe-TV“
Wenn man aber das „Durchschnittsniveau“ im Entertainmentbereich gerade aus UK kennt und dann sieht das der ARD nichts anderes einfällt als Degeto die Schlüssel zum Palast zu geben und den Rest der Zeit Pilawa zu senden, es aber nicht einmal mehr schafft Durchschnitt aus dem Ausland halbwegs annehmbar zu kopieren kann man nur noch heulen.
Eine Folge Tatort kostet aber auch etwa 1,4 Millionen Euro, der durchschnittliche Rosamunde Pilcher Herz-Schmerz Quark oder Geschichtsklitterei der Marke „Unsere Väter unsere Mütter“ wohl auch nicht viel weniger.
Allerdings bekommt man für das Geld in Deutschland Drehbücher auf Groschenroman-Niveau, „Production Values“ Marke Hollywood Resterampe und immer die selben 5 Gesichter zu sehen.
In den USA macht man mit solchem finanziellen Einsatz allerdings auch Breaking Bad, Mad Men, West Wing oder Miniserien wie Roots, North and South oder Thornbirds. In den UK Downton Abbey, Doctor Who, Spooks, Blackadder oder Produktionen wie Luther, Sherlock und so weiter.
Nach@43BinIchAberNunDochSehrGespannt,WieWeitStefansNeueInternetseiteNachRechtsReicht.AlsoWortwörtlichUndNichtImÜbertragenenSinneGemeint.Natürlich.Stupps!IstDaSchonDieWand?Autsch-.-*DaIstSie!
Werde ich jetzt auf Lebzeiten gesperrt? Bitte nicht!
Das mit dem „schlecht produziert“ von Christian kann ich nur voll und ganz unterschreiben und es gibt ein sehr beeidruckendes Beispiel:
In den Jahren 2012 und 2013 habe ich bei Gelegenheit immer immer wieder gerne „Pointless“ auf BBC One gesehen. Irgendwann hab ich mich da allerdings gefragt, warum ich mir das ansehe. Moderator Armstrong erzählt im Grunde in jeder Sendung genau das gleiche und er ist da offensichtlich in einer festen Routine verhaftet. Anlässlich der Meldung zur Absetzung von „Null gewinnt“ im Ersten hab ich mir dann doch mal die Mühe gmacht eine Sendung zum Vergleich zu sehen und war danach so richtig entsetzt wie schlecht das im Vergleich war. Beide Ansager der Sendung hatten so sichtbar keine Lust in der Sendung überhaupt dabei zu sein. Warum soll ich mir als Zuschauer das dann ansehen? Die Deko sah absolut billig aus, für das im Studio anwesende Publikum hatte man weder Platz noch genug Geld zur Verfügung. Und gibt es in Deutschland wirklich keine anständigen Mikrofone mehr? Muss sich jeder diese hässlichen Pickel ins Gesicht kleben lassen? „Null gewinnt“ war von Produktionsseite eine einzige Katastrophe und die Absetzung mehr als verdient. Damit hat das deutsche Fernsehen durch seine eigene Unfähigkeit nach „Deal or no deal“ ein weiteres sehr sehenswertes Format, an dem man bei richtiger Umsetzung sehr lange „Programmmaterial“ haben könnte, vollkommen in den Sand gesetzt.
Ach Gott: Pointless bzw. „Null gewinnt“
Gut der Titel geht kaum besser, da man das im Originaltitel steckende Wortspiel so wohl kaum ins Deutsche transportieren kann. Die Pointless Kopie in der ARD ist aber mal ein wirklich gutes Beispiel dafür, dass die ARD nicht mal mehr weiß wie man halbwegs gutes Fernsehen kopieren kann, ja das man in der ARD nicht einmal mehr versteht, was den Reiz eines Originals ausmacht.
Kann man sehr gut daran erkennen, dass sie die meisten dieser Vorzüge in der deutschen Version schlicht entfernt haben. Ich habe außerdem in der ARD selten so grottiges Produktionsdesign erlebt, grauenhaft billig wirkende Kulissen, ein Ton, der einem die Moderatoren teilweise nicht mehr verstehen lässt und eine blutarme absolut fade Präsentation und Moderation.
Da war mir endgültig klar, dass bei der ARD Hopfen und Malz verloren ist.
Dabei ist Pointless ein einfach zu produzierendes Format, das gerade eben mit dem nutzlosen Wissen, dass dort vermittelt wird reizt.
4 Teams aus jeweils 2 Personen müssen Fragen aus allen möglichen Bereichen von mehr oder weniger nutzlosem (pointless) Wissen beantworten. Die gleiche Frage wurde auch 100 Personen gestellt. Ziel ist es die Antwort zu finden, die am wenigsten oft genannt wurde. Das Team mit der höchsten Punktzahl am Ende der Runde fliegt raus. 0 Punkte (pointless) Antworten geben einen Bonus auf den Tagespreis. Die Mitglieder eines Teams müssen pro Runde jeweils beide eine Antwort nennen und dürfen sich nicht absprechen. Falsche Antworten geben hundert Punkte. Punkte werden nach jeder Runde gelöscht.
Am Ende wird die Frage aufgelöst und der Co-Moderator zeigt die am häufigsten und am seltensten genannten Antworten.
Der Reiz für den Zuschauer besteht nun darin, dass die Leistung jedes einzelnen Teammitglieds gleich zählt, weil sie sich nicht absprechen können, das jede Runde wieder bei Null startet und es so bis zum Ende spannend bleibt, das man zu Hause mitraten kann und das man durch die Auflösung einerseits einen kleinen Lerneffekt hat und sieht was die „repräsentative Mehrheit“ des Landes so weiß oder nicht weiß.
Die ARD hat nun ALLE die Punkte, die ich im vorigen Absatz genannt habe, aus der deutschen Variante entfernt.
Statt 4 Teams gab es nur noch drei (bei gleicher Netto-Spiellänge). Die Punkte wurden über mehrere Runden gesammelt, womit teilweise schon nach der halben Spielzeit ein Team uneinholbar vorne lag. Die Teams durften sich absprechen und die meisten Fragen wurden hinterher nicht aufgelöst.
Im Prinzip hat man alles was das Original einzigartig gemacht hat aus der Show entfernt und sich dann gewundert, das es keinen mehr interessiert.
Christian, willst du mich heiraten? ;) Exakt so sehe ich es auch – nicht mal das Kopieren bekommen ARD und ZDF noch hin, dabei ist man damit früher, in den 70er/80er Jahren, wahrlich nicht schlecht gefahren. Selbst oft für urdeutsch gehaltene Formate wie Ein Herz & Eine Seele, Lindenstraße, Rudis Tagesshow oder Klimbim hatten ausländische Vorbilder, waren aber trotzdem charmant und gut produziert und gehörten immer noch zum besseren, was das deutsche Fernsehen damals hervorbrachte.
Heutzutage hingegen trauen ARD und ZDF sich nicht mal mehr an erprobte Auslands-Adaptionen heran, obwohl es mehr als genug Vorbilder gäbe, die auch ins ARD/ZDF-Portfolio passen würden. Gerade im Show-Bereich reitet man stattdessen immer dieselben alten Pferde zu Tode, indem man entweder die drölfzigste Pilawa-Quizshow bringt, die immer noch von dem Quiz-Boom vor 12-14 zehrt, aber nicht realisiert, dass dieser längst vorbei ist, oder man reaktiviert Show-Dinos wie erst kürzlich Einer wird gewinnen und macht darum auch noch einen Hype, als wäre es eine Jahrhundert-Sensation, obwohl es in Wahrheit nur die totale Einfallslosigkeit offenbart. Von der immergleichen Rentner-Einschlafhilfe im Serien-Bereich wie In aller Freundschaft, Um Himmels Willen, etc., reden wir lieber gar nicht erst. Selbst vergleichbare BBC-Formate (die mitunter auch eher brav und betulich sind) sind dort bei Witz und Esprit um Lichtjahre voraus.
Der Grimme-Preis an sich ist ein Missverständnis, weil er selbst-referentiell ist, keine mediale Auswirkung hat und für die meisten Filmemacher oder Redakteure überhhaupt nichts verändert. Dominik Graf wird damit seinen 11. Grimmepreis gewinnen.
@Herzfeld: Aha. Inwiefern ist der Grimme-Preis selbst-referentiell?
Ich kann Paule (#8) nur zustimmen. Wir haben um die 20 öffentlich-rechtlichen Sender (siehe die Aufzählung bei Janno (#43), ich würde noch Bayern-α und ZDFkultur hinzufügen, aber RB, da kein Vollprogramm, streichen), die fast alle versuchen ihr Publikum den ganzen Tag an sich zu binden. Aber die Leitidee von 20 Zuschauertypen, die jeweils ihr Vollprogramm bekommen, ist schlicht Irrsinn. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen soll eine politisch demokratische Öffentlichkeit herstellen und auch unterhalten, aber es soll keine 24-Stunden Dauerberieselung für Leute bieten, die auch noch zu faul sind ihre Fernbedienung zu benutzen.
Stattdessen wünsche ich ein Programm, dass mir neben seiner politischen Kernaufgabe noch drei bis vier Stunden gute Unterhaltung am Tag bietet. Das könnte bei mir z.B. eine Doku und ein Spielfilm, das könnte bei einem anderen eine Sportübertragung und ein People-Magazin, das könnte bei einem dritten eine Musiksendung und eine Spielshow sein.
Der einzig sinnvolle Weg zu so einem Fernsehen ist eine senderübergreifende Programmplanung. Die öffentlich-rechtlichen-Fernsehsender sind ein Gesamtangebot und sollten auch so gestaltet werden – wenn ich in einen Dorfladen gehe, erwarte ich ja auch nicht nur zwanzig Sorten Brot, sondern vielleicht nur derer zwei oder drei, aber dafür noch etwas Käse und Wein.
Das Programmschema sollte daher erstens strikte Inkompatibilitäten beachten: Wenn auf einem Sender ein Krimi läuft, darf auf höchstens einem anderen Sender gleichzeitig ein Spielfilm laufen, der seinerseits kein Krimi sein darf. Wenn auf einem Sender eine Rateshow kommt, darf gleichzeitig kein anderer Sender eine Rate- oder Spielshow zeigen. Um diesen Gedanken weiter auszubuchstabieren, müsste man eine Genretheorie der Fernsehformate haben, aber ich denke meine Intention ist klar genug.
Zweitens darf keine Sendung öfter als zweimal in 365 Tagen auf irgendeinem der öffentlich-rechtlichen Sender wiederholt werden.
Wenn man diese beiden Regeln beachtet, dürfte man auf eine Flotte von fünf bis acht öffentlich-rechtlichen Programmen kommen. Aber diese Programme wären im Ganzen interessanter als die heutigen zwanzig.
Da bald Ostern ist, wie wäre es mit einer lustigen Sendersuchaktion: Wir vertauschen über die Ostertage jeden Tag die Sendeplätze der öffentlich-rechtlichen Programme, sagen wir mal ZDFneo auf ZDF, ZDF auf WDR u.s.w. Ein Teil des Publikums würde es vermutlich gar nicht merken und ein anderer vielleicht Perlen im deutschen Fernsehen finden, die er in seiner eingeübten Lethargie nie eingeschaltet hätte und die in ihm die Lust auf ein besseres Fernsehen wecken.
@Schorsch
Nicht schlecht! Ich gebe Doir recht: was soll eine scheinbare Vielfalt, wenn man nur szwischen Pest und Cholera aussuchen darf? Wenn Deinem Modell nach die Inhalte tatsächlich so optimal aufeinander abgestimmt würden- und demzufolge nur acht Programme überlebten (acht(!) VOLLWERTIGE(!!) Programme sind ja auch nicht gerade wenig) – wäre das kein allzuhoher Preis. Aber jetzt denk mal an die ganzen arbeitslosen Ex-Fernsehmitarbeiter…. davon gäbe es doch dann Zigtausende – was red ih: hunderttausende, oder? Wurscht jetzt, ob die nur vorfrankierte und beschriftete Tüten kleben, Kaffee hin- und hertragen oder an Sitzungen teilnehmen, was auch immer. Das jagt dann gleich mal die bundesdeutsche Arbeitslosenstatistik gewaltig nach oben. Siehst Du? Man kann da nichts verändern – das gäbe ein gewaltiges Chaos.
…by the way: diesen Trailer zum „Phantastischen Film“ hab ich geliebt!! :)
Fällt mir immer der Roman Polanskis „Tanz der Vampire“ dazu ein, der in dem Rahmen gezeigt wurde.
@ Kay Macke (#58): Wenn ich all die Arbeitslosen zusammenzählen würde, die sich aus den Warnungen irgendwelcher von Kürzungen bedrohten Wirtschaftsbranchen ergeben, müsste Deutschland die Einwohnerzahl Indiens haben. Aber im ernst: wenn man sich im Ziel einig ist, kann man auch einen vernünftigen Übergang vom Jetzt ins Morgen finden. Die Leute im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gehen ja auch in Pension.
Hach ja, schön, mal in einer Phantasiewelt zu schweben und zu überlegen, wie es denn sein könnte…
Für heute wäre ich schon zufrieden, wenn ARD und ZDF komplett auf Werbung verzichten würden. Das würde ihnen etwas Gegenwind von den Privatsendern nehmen.
Als zweites wünsche ich mir eine Offenlegung der Aufwendungen für jeden Sender und wenigstens für jede Programmsparte/Genre, damit man mal wirklich sehen kann, welches Geld wohin geht.
Und zum Schluss ein totales Beteiligungsverbot an Privatunternehmen. Es ist für mich nicht ersichtlich, warum der ÖR sich an Produktionsfirmen beteiligen muss. Man kann gute Firmen beauftragen oder gute Leute einkaufen. Aber das öffentliche Gelder in die Privatwirtschaft gehen, wo sie keinerlei Kontrolle unterliegen, gehört verboten.
Die Angst bis tief in die Knochen
Es ist die Angst, die sich von oben bis nach unten in die kleinste Ecke durchzieht.
Die Angst des Medienpolitikers vor dem Aufschrei des Volkes gegen die Gebühren, wenn da nicht mehr die vielen Millionen vor dem Fernseher sitzen. Die Angst des Intendanten wenn er nicht mehr das Argument der vielen Millionen hat, die sein Programm sehen. Die Angst der Redaktionsleiterin vor dem Intendanten, wenn sie (auf dieser Ebenen haben mittlerweile die Frauen das Sagen) nicht die Quote liefert. Die Angst der Redakteurin vor der Redaktionsleiterin, wenn ihr Sendeplatz nicht mehr die Quote bringt. Die Angst der Redakteurin, wenn sie sich für etwas einsetzt, was ihr selbst gefallen würde, dass man sie, wenn die Quote nicht stimmt von ihrem Posten entfernen wird. Es ist die Angst der Redaktionsassistentin, die die Angst hinüberträgt zu den Producerinnen der Auftragsproduzenten. Und die Angst des Auftragsproduzenten, der sowieso komplett austauschbar ist und für den einzig nur die Quote und die bei der Produktion nicht für den Film ausgegebenen Euros zählen, da sie seinen Gewinn darstellen. Es ist die Angst, ob der nächste Auftrag kommt, was nur die Quote in den Bereich des Möglichen rückt.
Und es ist ganz unten bei den Regisseuren, den Schauspieler die nackte Angst vor dem Überleben, die Angst vor der monatlichen Mietzahlung, die Angst die Krankenkasse nicht mehr bezahlen zu können. Die ganz reale Angst, dass es da unten von allem zu viel gibt, zu viele Schauspieler, zu viele Nachwuchsregisseure, zu viele die darauf hoffen in diesem ganzen Mediengeschehen doch noch irgendwie einen verlässlichen Fuß auf den Boden zu bringen, der sie fern hält vom Damokles Schwert des gescheiterten Medienschaffenden, den man im großen Hartz IV Topf mit Hohn und Spott übersät langsam krepieren lässt. Es ist die Angst vor dem sozialen und gesellschaftlichen schwarzen Loch in das man, wenn die Quote nicht stimmt geworfen wird. Und es ist die Angst davor, dass die eigene kreative Schaffenskraft sich zu sehr Luft verschafft und nach außen eine Gefahr für den Sendplatz signalisiert und damit ganz essentiell die Quote gefährdet.
Es ist die Angst aller das zu sein was sie sind und das zu sagen was sie fühlen und das zu tun was sie für gut und wertvoll erachten.
Es ist aber sehr seltsam, dass es keine Angst davor gibt, dass diejenigen, die schon lange nicht mehr vor dem Fernseher sitzen, irgendwann sagen, so jetzt ist Schluss mit dem Schrott. Warum sollte die intellektuelle Mittel- und Oberschicht permanent ein Fernsehprogramm für die intellektuelle Unterschicht finanzieren! Warum sollten die Progammmacher permanent Programminhalte produzieren, die sie für sich selbst sowieso nicht als relevant betrachten.
Die größte Beleidigung für einen Redakteur, einen Medienschaffenden ist, wenn man ihm unterstellt, das das was er da produziert seinem eigenen intellektuellen Niverau entsprechen würde.
Angst essen Seele auf!
@TH (#62)
Respekt!
Nachtrag zu TH (#62)
… abgesehen davon, dass die Belegschaft in den Sendern aus TH’s Sicht scheinbar nur aus Frauen besteht – ein recht beachtlicher – gar hervorragender Kommentar und eine mMn sehr nachvollziehbare Zustandsschilderung.
@TH (#62)
„Warum sollte die intellektuelle Mittel– und Oberschicht permanent ein Fernsehprogramm für die intellektuelle Unterschicht finanzieren!“
Auch so ein Punkt, der nicht ehrlich diskutiert wird. Wäre vielen das Erste und das Zweite zu blöd, dann wäre arte ein Renner. Warum ist arte kein Renner? Man wirft gern vor, dass die kleinen Sender das Alibi für den Schwachsinn in den Großen wären. Das sind sie nicht. Sie sind die Alternativen, die allen offen stehen. Warum werden die so wenig genutzt?
Ich würde gern sehen, wie man kurz vor der Tagesschau einen „Mulit-Sender-Programmhinweis“ zeigt. Was läuft nach der Tagesschau im Ersten und in zwei weiteren kleinen Sendern, zb arte und Phoenix. So dass das geschundene Volk die Alternativen geradezu in den Mund geschmiert bekommt. Und dann schauen wir uns mal die Resonanz an. Dann kann keiner sagen, er habe nichts gewusst. Dann zählen nur ehrliche Interessen. Das Ergebnis wird sich von heute kaum unterscheiden, wir müssten aufeinander zeigen.
Und warum gibt’s „Es werde Stadt“ nicht in der Mediathek?
Keine Ahnung, wieso alle glauben, der Film sei nicht in der Mediathek:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/wdr_dok/videowdrdokeswerdestadtzumzustanddesfernsehensindeutschland100.html
Eventuell wurde der erst heute vormittag überspielt.
@Wolfgang: Ja, vorhin war er noch nicht da. Danke!
Wie sehr alles zum Heulen ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: Ich stecke gerade in einer Produktion für die Öffentlich-Rechtlichen, die am Anfang nach gutem Willen, neuen Ideen und sogar Selbstkritik aussah – in der Theorie. Je praktischer es aber wurde, je konkreter die Ideen, dest o mehr Ablehnung kam. Nichts gefiel. Bis es jetzt dann doch wieder so aussieht, als ob es eine Scheißsendung würde, wie man sie dutzendfach kennt.
Interessanterweise gibt es da offenbar überhaupt keine Reflektion, nicht mal einen kurzen Widerstand, sich von allem, was man besprochen hat, zu verabschieden, so als hätte das gar nicht stattgefunden – implizit wird immer erwartet, dass es doch der gleiche alte Scheiß wieder wird.
Und immer wird am Anfang jemand „mit Haltung“ gesucht (wie ich diese Phrase mittlerweile hasse!), und am Ende ist die Haltung dann doch immer eine gebückte, beide Arschbacken auseinanderziehende.
@BlueKO:
Das schlechte Produzieren ist anscheinend nicht mal ein ör-Problem, sondern auch bei den Privaten in Deutschland zu finden. Vor einigen Monaten lief auf Sat.1 eine deutsche Version der BBC-Serie „The Great British Bake-Off“ (anfangs 13 Leute backen zehn Episoden lang um die Wette, in jeder Folge wird von einer Jury jemand rausgeworfen). Diese hat schon Ableger in den USA, Australien und Irland hervorgebracht, die das humorvolle, sympathische und gelegentlich sogar informative Niveau ziemlich gut gehalten haben, mit ansehnlicher Produktionsoptik. In der deutschen Version war’s dann eine Art wirre Clipshow aus drei (oder vier?) statt 10 Episoden mit reichlich Kandidatenschicksal-Tränendrüse und völlig zerhacktem Spannungsbogen.
Ach, überhaupt Kochsendungen. Sowas wie MasterChef (das britische mit Gregg Wallace) würde ich mir in Deutschland durchaus mal wünschen, von Top Chef ganz zu schweigen. Aber das sähe vermutlich alles aus wie eine Mutation der Küchenschlacht. Nee danke.
@John:
„Je praktischer es aber wurde, je konkreter die Ideen, dest o mehr Ablehnung kam. Nichts gefiel.“
Von wem kam die Ablehnung? Wem gefiel nichts?
Für mich als Außenstehender sind das die Punkte, die ich nicht verstehe. Bitte um Antwort!
@Eule: Das Format „Masterchef“ lief in Deutschland mit mäßigem Erfolg als „Deutschlands Meisterkoch“ auf Sat.1.
Achja, wie passt eigentlich das Engagement von ZDF Enterprises in Australien in dieses Bild hinein? Direkt revolutionär sind so Sachen wie „Reef Doctors“ oder „Mako Mermaids“ nun nicht, aber doch spürbar anders als der hiesige Einheitsbrei und zumindest die Meerjungfrauen sind international anscheinend recht erfolgreich. Ist das für die Mainzelmännchen ein Testlabor oder eher eine Ausgleichssportart?
@ Stefan Niggemeier (#71):
Oh, danke für den Hinweis, das war an mir vorbeigegangen. Die homöopathischen Ausschnitte, die auf YouTube davon zu finden sind, scheinen meine Befürchtungen allerdings zu bestätigen.
@Eule: Ich wage gar nicht daran zu denken, wie sie meine heißgeliebte „Dragons Den“ hinrichten, wenn sie endlich mal mit der Adaption für VOX in die Pötte kommen. Es wird bestimmt ganz furchtbar, aber ich würde mich trotzdem gerne vom Gegenteil überzeugen lassen.
Wenn ich oben nur Öffi-Beispiele nenne, hängt das damit zusammen, dass ich da wenigstens noch ein wenig Hoffnung habe, dass sie endlich mal wieder etwas auf die Reihe bringen. Meine Erwartungshaltung gegenüber dem Privat-TV ist in diesem und vielen anderen Punkten unter Null angelangt.
@Schorsch (#60)
Neinnein. das hast Du missverstanden – ich wiederhole da keine Warnung noch sonstwas sondern denke an die gefühlten 1,5 Millionen Beschäftigter in den öffentlich-rechtlichen Sendern. So nach dem Motto: entweder in die Politik oder zum STaatsfernsehen – wir früher im Mittelalter die Kirche (TV-Betrieb als die heutige Kirche, wie man’s sieht). Weil, irgendwo hab ich mal gelesen, dass z.B., fast über 60% des heutigen Rentenaufkommens an schon pensonierte Beamte gelzahlt werden. Das ist schojn eine Menge (und ohne den Leuten jetzt an die Jacke gehen zu wollen, sei ihnen ja gegönnt). Wenn DANN noch die ALL DIE rausgeworfenen TV-Angestellten dazukommen würden – auf die man verzichten kann – DANN können wir natürlich einpacken gehen! ;-)
Nein, im Ernst – natürlich hast Du recht: man könnte durchaus jede Menge Stellen einsparen mit Nichtbesetzung der Stellen von in den Ruhestand Gehenden, keine Frage.
@Natan Wildemort: Den Sender-Redakteuren, die alle Zügel in der Hand haben. Man kann ihnen hundertmal erzählen, was man wie machen will, sie sagen immer: Ja, ja – und dann macht man es, und es heißt: nee, das nicht. Und das auch nicht. Und das nicht so, sondern anders. Bzw. eben: wie immer. Weil alles, was neu und anders ist, zwar theoretisch aufregend und spannend ist – aber im entscheidenden Moment zu gefährlich. Lieber macht man wieder das, was schon 1000 mal (nicht) funktioniert hat.
@BlueKO (#26 + #39):
Soweit mir bekannt hält in Deutschland üblicherweise der Sender die Rechte an Auftragsproduktionen und nicht die Produktionsfirma – im Unterschied zu den USA. (Eine Ausnahme dürften z.B. diverse Brainpool-Formate sein, bei denen der Sender meines Wissens weniger zahlen muß, dafür aber nur eingeschränkte Rechte bekommt.)
Daher glaube ich nicht, daß das ZDF bei die Produktionsfirma irgendwelche Rechte für seine alten Serien einkaufen muß.
Das Problem ist eher, daß bei fiktionalen Produktionen von ARD/ZDF vor allem in der Vergangenheit gerne Wiederholungshonorare für bestimmte Mitwirkende (meiner Erinnerung nach z.B. Hauptdarsteller, Regie, Autor) vereinbart wurden.
Bei den Privaten galt dagegen auch gegenüber den Mitwirkenden eher das Total-Buyout-Prinzip, wo es nur einmal Geld gibt. Ich vermute, daß ARD/ZDF bei neueren Produktionen auch in diese Richtung gehen.
Das mit den fremdproduzierten Archivclip-Sendungen ist wirklich ein Thema für sich. Offenbar muß da teilweise auch um die einzelnen Ausschnitte gekämpft wenn nicht sogar extra dafür bezahlt werden. Das soll angeblich zur Folge haben, daß Produktionsfirmen teilweise für bestimmte Ausschnitte lieber auf Kauf-DVDs oder Youtube und Co. zurückgreifen und dieses Material dann als „Zitat“ einbinden.
@Christian (#48)
Das ZDF hat doch seine Freitagskrimis schon seit Jahrzehnten ins Ausland verkauft. Derrick, Ein Fall für Zwei und Co. waren doch in vielen Ländern Kult. Es würde mich mal interessieren, ob sich die heutigen Freitagskrimis auch noch so gut verkaufen…
[…] Leider hat John Morton (“People Like Us”) nur vier Folgen dieser hübschen Satire machen dürfen; die letzte läuft am Mittwoch, und sie wird abermals erst haarsträubend lustig sein, und dann ein bisschen traurig machen, wenn man an die Öffentlich-Rechtlichen Anstalten hierzulande denkt. Aber dazu steht an anderer Stelle ja schon genug Trauriges. […]
So, gerade pflichtgemäß den Film angesehen.
Eins steht dabei fest: Der Film ist zu lang.
Mit schlankeren 88 Minuten hätte der auf jeden Fall eher einen Platz vor den Spätnachrichten im Programmschema finden können.
Ist das eigentlich als Realsatire gemeint, wenn neben einem Sprechenden die Erklärung für das Wort „homogen“ eingeblendet werden muss? Wer hatte denn da die größeren Bedenken „der Zuschauer“ könnte sich über überfordert fühlen, Macher oder Redaktion?
Bei den Bauchbinden in dem Bereich, in dem Clement spricht, fehlen hingegen Jahreszahlen, die zur besseren zeitlichen Einordnung an der Stelle dringend notwendig gewesen wären.
Verstehe einer diese Fernsehleute…
@Christian A., #77: Beim Zappen durch ausländische Kanäle bin ich in Frankreich oder Spanien auf jeden Fall mal von der „Soko Leipzig“ überfallen worden. Die hatte da einen ganz anderen Titel, daher war ich durch den EPG leider nicht vorgewarnt.
Hat der Preis eigentlich eine richtige Gewichtung?
National wird er ja angesehen, aber ist das zurecht?
M. E. ist die Vergabe doch recht einseitig, allein deswegen muss man sich diese Frage stellen..
@ 65:
Arte ist ja nur wieder ein anderer Kopf der gleichen Hydra.
Arte ist das was dabei rauskommt wenn ‚klassisch gebildete‘ Spassbremsen ‚Qualitätsfernsehen‘ machen wollen. Der Fleisch gewordene Grimme-Preis, Programme die wohl nur Leute wie Günther Jauch oder Hellmuth Karasek gut finden. Echtes Philologen-TV und der feuchte Traum jedes Goethe-Fetischisten.
Trocken wie eine Reiswaffel in der Sahara. Aber Arte gibt es immerhin.
Was fehlt ist nicht was die selbst ernannte ‚Kulturelite‘ im deutschen Feuilleton unter Hochkultur zu verstehen glaubt. Das ist nur wieder eine andere Art von Snobismus. Was fehlt ist genau das ‚dazwischen‘. Das Spektrum zwischen Rosamunde Pilcher und Lars von Trier das niemand im deutschen Fernsehen mehr so recht bedienen will. Das man ja auch gerade nicht auf Arte findet.
»Es ist die Angst aller das zu sein was sie sind und das zu sagen was sie fühlen und das zu tun was sie für gut und wertvoll erachten.« (TH #62)
Ja, das hat man früher einmal Entfremdung genannt. Ich werde einem notleidenden Schauspieler, einem insolvenzbedrohten Produzenten, einem befristeten Redakteur, einem Voluntär nicht vorwerfen Schund zu machen, wenn eben das für sein Überleben unter diesen Verhältnissen notwendig ist, genauso wenig wie ich einem Arbeiter in einer Munitionsfabrik seine Arbeit vorwerfe, wenn ich ihm keinen anderen Job bieten kann.
Aber es gibt auch gutsituierte Medienschaffende. Und wenn es wahr ist, dass es »[d]ie größte Beleidigung für einen Redakteur, einen Medienschaffenden ist, wenn man ihm unterstellt, dass das was er da produziert seinem eigenen intellektuellen Niveau entsprechen würde« (TH #62), – ja dann beleidigt sie!
Ich träume von der nächsten Talkrunde, in der wieder ein Arzt, ein Jurist, ein Sonst-Was-Experte und ein Medienschaffender sitzt und der letztere, wenn er artig sein neuestes Projekt vorgestellt hat und sich gerade zu einem anderen Thema äußern will, freundlich vom Gastgeber unterbrochen wird: »Danke, dass sie hier waren, aber zu so ernsthaften Dingen können sie wohl nicht viel beitragen« und er das Gespräch mit einem anderen Gast fortsetzt.
Auch wenn die Aussagen der Senderverantwortlichen und weiterer Personen aus dem Film- und Fernsehgeschäft es in sich haben, stört die völlig unnötige Parallelerzählung gewaltig. An sich sind nur 15 Min. dieses Films von Bedeutung. Der Rest ist Raub von Lebenszeit.
Wer sich aber selbst in diesem Geschäft bewegt, weiß nur zu gut, dass hinter verschlossenen Türen und hinter vorgehaltener Hand noch drastischere Aussagen fallen.
[…] einer weiblich konnotierten Tätigkeit in einer mythischen Überzeichnung. Niggemeier nennt es „träumerisch authentisch“. Vielleicht bin ich auch zu spät geboren um die Authentizität beurteilen zu […]
[…] mittlerweile sogar schädlich. Die Gremien schämen sich für Qualität. (Sehr schön, sehr traurig beschrieb Stefan Niggemeier den Film aus der Sicht des […]
Wenn nun schon die öffentlich-rechtlichen Fernsehschaffenden selbst sagen, dass das alles schief läuft, dann frage ich mich, wer eigentlich immer die feigen Entscheidungen trifft, die für das Fernsehprogramm verantwortlich sind. Das ist doch ein Teufelskreis aus dem, was gesendet und dem, was gesehen wird. Nur das, was gesendet wird, kann auch gesehen wird. Deshalb plädiere ich für mehr Mut zum Aus- bzw. Aufbruch! Ohne geht es bestimmt nicht…
Ich habe mir den Film nun auch angesehen und muss gestehen, dass ich den Begeisterungsstürmen überhaupt nicht folgen kann und ihn relativ ambivalent sehe. Zunächst einmal möchte ich BlueKO zustimmen: Der Film ist zu lang. Ich möchte mal die These in den Raum werfen, dass man ihn auch in 90 min hätte erzählen können, ohne inhaltliche Abstriche zu machen. Man muss nicht immer fünfmal wiederholen und erklären, was man schon gesehen hat (das machen eigentlich eher RTL und Pro7, von denen man sich doch abzugrenzen vorgibt).
Bei der Geschichte um die Fernsehansagerin möchte ich Herrn Niggemeier widersprechen: aus meiner Sicht ist sie überflüssig. Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht auch einfach zu konservativ, aber ich denke nicht, dass in eine (vermeintliche?) Dokumentation plötzlich eine fiktive Geschichte gehört. Oder habe ich irgendeine Metametaebene nicht verstanden, die in den Marler Waldorfschule gemeinsam ertanzt wurde?
Insgesamt nervte mich der Früher-war-alles-besser-Ton, der den gesamten Film durchzieht – wobei ich ergänzen möchte, dass man bei mir mit dieser Attitüde direkt verloren hat. Außerdem kam das böse G-Wort vor, ein Wort, das ähnlich inflationär verwendet wird wie „nachhaltig“ und deshalb inzwischen ebenso seine Bedeutung eingebüßt hat: „Generation“. Schlimmer noch – das Wort wurde ich die schrecklichste aller Phrasen eingebaut: „eine[r] ganzen Generation“ [gab das Fernsehen irgendein Versprechen ab]. Es ist doch eigentlich die Aufgabe der „Zeit“, alle zwei Wochen eine neue Generation auszurufen und so philosophisches Nachdenken vorzutäuschen?
Sehr gelungen fand ich hingegen den Vergleich mit Marl und die Darstellung seiner Geschichte und Gegenwart. Das war mir bisher auch nicht bewusst, obwohl ich Stadtplanung studiert habe. Aber in Dunkeldeutschland brauchten wir ja nicht in den Westen zu schauen, um erst euphorische Aufbaujahre und später Verfall zu sehen. :) Wenn ich mal in der Gegend bin, fahre ich auf jeden Fall nach Marl. So lange es noch was zu sehen gibt.
Ebenso interessant fand ich die Einblicke in die Grimme-Preis-Jury – irgendwie aber auch beängstigend. Das war das gleiche intellektuelle (oder: sich für intellektuell haltende) unerträgliche Geschwurbel, das die „Zeit“ so unleserlich macht. Und diese Menschen entscheiden, was gutes Fernsehen ist? Bitte nicht. Aber was ist dann „gutes Fernsehen“ – wenn offensichtlich weder die Quote noch obskure Jurys als Maß taugen?
[…] >text der grimme-preis als trost-preis: dominik grafs nachruf auf das fernsehen (stefan niggemeier) […]
@82 (Christian): Wer das Arte-Programm „trocken wie eine Reiswaffel in der Sahara“ findet, hat vermutlich schon lange nicht mehr intensiv ‚reingeschaut. Doch, hier wird inzwischen in vielen Fällen die „Spanne zwischen Pilcher und Lars von Trier“ abgedeckt – und zwar teils sehr „saftig“. Gilt nicht nur für den fiktionalen Bereich, sondern auch für die eigenproduzierten Magazine und Dokus.
(Offenlegung: Ich werde ab und zu in Straßburg und anderswo für Arte-Produktionen beschäftigt, bin also vermutlich parteiisch.)
Über viele Jahre hat Dominik Graf bis heute in einem fort Filme gemacht und machen können, die interessant, formal mutig und mitunter sperrig waren und sehr oft nur unterduchschnittliche bis schwache Quoten erreichten – und dies trotz der anscheinend angstbesessenen Redaktionen. Er wurde dafür mit 10 Grimme-Preisen ausgezeichnet. Das öffentlich-rechtliche System hat ihm dies ermöglicht. Könnte es also sein, daß die Filmografie Grafs sein streckenweise larmoyantes und von wohlfeiler Nostalgie geprägtes Stück über den Grimme-Preis konterkariert ?
Wollte nur mal hinzufügen, dass auf der Mediathek-Seite ein Kommentar ist, der Grafs Rolle in der Produktion wohl etwas schmälert, wenn das so zutrifft.
@Janosch:
Dieses Blog zeichnet sich durch eine nach unten offene Kommentarspalte aus, wie ja schon beim Grimme-Preis festgestellt wurde.
Wäre sie nach rechts offen, wären wir bei PI.
@Christian (#82)
Ich schätze arte schon anders ein. Inhaltlich ist man sehr breit aufgestellt. Bei koproduzierten Dokus laufen hier auch längere Fassungen, bei Filmen organisiert man oftmals neues Sendematerial und die Serienauswahl ist hervorragend (Ab Donnerstag wiederholen die Real Humans). arte profitiert vom Abstand zu den anderen dt. ÖR.
Ich kann die Klagen über die bösen Quotengucker und Entscheider nicht mehr hören, diese „Trauer“ der Redakteure über die „Ignoranz“ der Entscheider. Liebe Kollegen in den Spielfilmredaktionen, ihr seid es doch, die den Mist fabrizieren, warum lernt ihr nicht einfach, wie gute Filme gemacht werden? Warum lasst ihr so platte, hölzeren Dialoge schreiben, warum verseucht ihr die Filme so mit blinkenden Pfeilen, warum lasst ihr die männlichen Helden immer versagen oder nuscheln, warum müsst ihr „Qualitätsfilme“ immer mit bitterem Ende versehen, warum zieht ihr euch nicht mal das ABC des Geschichtenerzählens rein? Selbst der hochgelobte Dominik Graf weiß nicht wirklich, was er macht, sondern lenkt mit „Experimenten“ von seiner dramaturigischem Analphabetismus ab.
Die Fernsehmacher wollen kein gutes Fernsehen mehr machen, weil die Zuschauer kein gutes Fernsehen mehr sehen wollen: Ein wirkliches Drama vermag ich da nicht zu erkennen.
„Wir würden ja, wenn man uns ließe“ ist irgendwie auch keine Position, die mir nach mutigen Helden mit den bahnbrechenden Ideen klingt.
Wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen sich nicht mehr selbst helfen kann – und das diesbezügliche Zitat verstehe ich als Hilferuf – dann wäre es jetzt an den Aufsichtsgremien, von außen einzugreifen. Warum untersagen die Rundfunkräte den Sendern nicht schlichtweg, Einschaltquoten zu erheben?
@Aufrechtgehn: Die Existenz von Quoten ist nicht das Problem – diese sind ja schon durchaus sinnvoll, problematisch ist eher das veraltete Erhebungsverfahren und dass die Sender sich eben zu sehr nur um die Quote scheren und dadurch den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, weil sie nur auf maximale Quote aus sind und dadurch Risiken scheuen und so sehr versuchen, allen zu gefallen und bloß niemand auf den Schlips zu treten, dass es in Wahrheit keinem mehr gefällt. In anderen Ländern wie USA, UK schert man sich nicht so sehr um die Quote, sondern ist ernsthaft an gutem Programm interessiert, das auch nicht jedem gefallen muss, sondern gerne auch mal eine Minderheit anspricht – siehe Dr. Who, Downtown Abbey, Misfits, Homeland, Pushing Daisies, Parks and Recreation, usw.. Von sowas sind ARD/ZDF nach wie vor Lichtjahre entfernt.
Wenn ich erst jetzt wieder über Es werde Stadt schreibe, dann liegt das daran, dass ich einige Anläufe gebraucht habe, um die 104 Minuten hinter mich zu bringen.
usw.usf.
So einen bräsigen, verschwurbelten Filmbeitrag konnte ich mir nicht am Stück antun. Da kann man sich noch so über die anderen, die Redakteure, Produzenten, Programmschefs und Intendanten, aufregen: Die trostlosesten der Nostalgiker sind die Macher dieses Filmes selbst.
Und wenn die Ansagerinnengeschichte und verzerrte und einstürzende Gebäude deren Vorstellung von brauchbarer Fiktion sind, sind sie Teil des Problems.
Jau, der Film war wirklich etwas mühsam. Wurde aber von der NRW-Filmförderung auch „nur“ mit 120.000 Euro gefördert.
92:
Danke für den Hinweis. Die dort geübte Kritik lautet, der eigentliche Hauptautor sei wegen des klangvollen Namens „D. Graf“ erst an zweiter Stelle erwähnt.
120.000 Euro – die sehr verwobene Förderlandschaft sorgt sich um die ihrigen…
„Ein Nachruf auf das Fernsehen.“
„Und auf all die Träume und Versprechungen, die sich einst mit diesem Medium verbanden, seine Experimentierlust und seine Neugier, seinen Ehrgeiz und seinen Anspruch. “
„Sie dazu zu bringen, mit Leidenschaft für ihr Programm zu kämpfen und das des Konkurrenten anzugreifen.“
„Dass da keine Lücken oder Huckel entstanden, bei denen Zuschauer verloren gehen konnten. “
Solche Krüppelsätze sind sehr modern und extrem beliebt bei deutschsprachigen Journalisten, unterm Strich reiner Manierismus. Schreiben Sie lieber ganz normale, komplette Sätze, und Ihr Stil wird deutlich besser.
[…] nur einem Nischenmagazin Unrecht zu tun). Warum – das wurde oft gesagt, eindrucksvoll jüngst hier bzw. hier (und ich habe das zweifelhafte Privileg, ein paar Gründe aus nächster Nähe zu kennen, […]
101, Schreiben Sie lieber ganz normale Krüppelsätze und Ihr Stil wird deutlich besser.
Ich will mich hier nicht groß einmischen, aber in die fiktive Ansagerin Inger Stoltz, bzw. deren Darstellerin, habe ich mich umgehend schwer verliebt. Und das ist doch ein schönes Kollateral-Ergebnis für einen solch melancholischen und weltschmerzhaften TV-Kritik-TV-Film. Zumindest für mich als Gebührenzahler.
Fern-sehen heißt nicht Weit-sehen.
Was Technisches: der Link von Kommentar 66 geht auf’m Tablet ganz tief ins Grüne.
Bei mir beschränkt sich der Konsum von deutschem Fernsehen mittlerweile auf Bundesliga bei Sky, ab und zu Nachrichten und ausgewählte Sendungen wie Neo Magazin oder Sport Inside, die ich aufnehme oder über HBBTV schaue. Den Großteil meines Fernsehkonsums verbringe ich mit britischen Sendern. Mehrmals pro Woche schaue ich im EPG von BBC One, BBC Two, ITV, Channel 4, BBC Three und BBC Four im EPG nach und setze Timer für alle Sendungen, die sich interessant anhören. Die 20:15-Schiene sämlicher deutscher Sender geht komplett an mir vorbei. Ich habe zwar dieses Jahr drei mal einen Tatort aufgenommen, mangels Interesse bzw. aufgrund besserer Alternativen habe ich aber noch keinen davon angesehen.
[…] Sehr lesenswert ist Stefan Niggemeiers Text: Der Grimme-Preis als Trost-Preis: Dominik Grafs Nachruf auf das Fernsehen […]
So, jetzt habe ich den Film auch gesehen, wegen einer alten Verbundenheit mit der Stadt Marl und trotz meiner Bedenken, was den (Co-) Regisseur betrifft. Leider haben sich meine Erwartungen erfüllt; der Film ist wirr, selbstgefällig, prätentiös, zu lang (s.o.) und scheitert schon an seiner Prämisse, die im ersten Satz von Iris Berben aus dem Off gehaucht wird: „Was haben wir das Fernsehen geliebt“.
Nein, haben wir nicht. Es wurde damals kritischer gesehen als heute. Wie kann jemand in Dominik Grafs Alter das vergessen haben?
Das alte Fernsehen, das vor den Privaten, bestand ja nicht aus Loriot und „Der phantastische Film“, sondern vor allem aus „Klimbim“, „Zum Blauen Bock“, „Derrick“, „Dalli-Dalli“; mit anderen Worten: aus Müll, der, etwas beschleunigt, auch heute gesendet werden könnte. Dass Graf dies völlig ignoriert, zeigt die geschichtslose, unreflektierte Nostalgie eines alten Mannes.
Aber die Teile über Marl waren interessant.
Ach, das war Müll?
Meiner Meinung nach, ja. Aber mein Punkt war eher: Viele hielten das damals auch (zu Recht) für Müll. Und heute sehnen sich alle nach dem früher angeblich soviel anspruchsvolleren Fernsehen zurück.
Der Film ist mittlerweile depubliziert…
@112: nein, er ist noch in der SWR Mediathek zu sehen.
[…] wird. Vollkommen zu Recht würdigt der Medienjournalist Stefan Niggemeier in seinem Artikel Der Grimme-Preis als Trost-Preis: Dominik Grafs Nachruf auf das Fernsehen den Dokumentarfilm Es werde Stadt!, in dem der zehnfache Grimme-Preisträger Dominik Graf und sein […]
nicht mehr im SWR, aber hier: http://youtu.be/0SwRn2CBbu4