Die Axel Springer AG, die die „Berliner Morgenpost“ herausgibt, ist zwar eigentlich dagegen, journalistische Inhalte zu verschenken. Aber wenn sie schon journalistische Inhalte verschenkt, dann tut sie das wenigstens mit der Zurückhaltung einer siebzehnköpfigen Autofensterputzerbande am Kottbusser Tor.
Die Axel Springer AG, die die „Berliner Morgenpost“ herausgibt, findet es zwar eigentlich unzulässig, dass die Firma Google einfach ungefragt und ohne dafür zu bezahlen mit kurzen Anrissen auf Medien wie die „Berliner Morgenpost“ verlinkt. Aber wenn sie das schon tut, soll sie es wenigstens mit niemandem so oft und so gründlich tun wie mit der „Berliner Morgenpost“.
Immerhin hat es sich offenbar gelohnt, dass sich irgendein armer Tropf immer neue Überschriftenvarianten für das Stück über Bewertungsportale im Netz ausgedacht hat: Der Text ist aktuell auf Platz fünf der meistgelesenen Artikel auf der Online-Seite der „Berliner Morgenpost“.
Was bemerkenswert ist, denn der Artikel stammt von der Nachrichtenagentur dpa und steht überall: auf den Online-Seiten der „Wirtschaftswoche“, des „Tagesspiegel“ (mit der steilsten Überschrift: „Touristen zieht’s lieber zur Dönerbude als zum Dom“) und der „Berliner Zeitung“, bei „Spiegel Online“, „Focus Online“ etc.
Und keiner von all denen störte sich daran, dass die halbgare Geschichte überall steht. Und dass sie sich ohnehin liest, als hätte sie ihren Ursprung in der PR-Agentur des Bewertungsportals Yelp genommen, das auf diesem Weg noch einmal auf die Übernahme von Qype und die Maßnahmen gegen Missbrauch hinweisen kann.
[mit Dank an Leonard Quack]
Der Mangel Anstand ist halt ein grassierendes Internetproblem, nicht zuletzt wegen dieser verdammten Kostenlosverwertung kostbaren geistigen Eigentums der Verlage.
Man weiß das in Papierzeitungskreisen.
Zum Vorposter:
Hier der richtige Link, ohne das “ zuviel: http://ueberschaubarerelevanz.wordpress.com/2013/10/22/pfeifen-im-wald-dein-name-ist/
Und hier der passende Beitrag von xkcd, vor 2 Stunden veröffentlicht.
http://xkcd.com/1283/
Ich tue mich ehrlich gesagt schwer, bei dem obigen Artikel einen Bezug zum Jounalismus herzustellen.
Das gelingt mir nur, wenn ich copy&paste, SEO und googeln als Jounralismus sehen würde …
ach, dpa darf doch alles. Da muss man sich in letzter Zeit immer mehr wundern, was geschrieben wird (bzw. worüber nicht berichtet wird)…
@Tobias: Heißen Dank. Hei, ist das peinlich. Ich sollte echt keine Kommentare mehr vom Telefon aus tippen.
Die Axel Springer AG findet es nicht nur unzulässig, was Guhgell da tut, sie hält es in ihren Prop… ähm… Printprodukten sogar für die »informationelle Enteignung des Menschen im Namen einer totalitären Wachstumsstrategie«…
Vielen Dank für die Erwähnung.
Ich war echt geschockt, dass selbst WiWo und Spiegel den Artikel komplett ungekennzeichnet übernommen haben. Bei Spiegel sogar auf der Startseite!
[…] (xkcd.com, Randall Munroe) Wie würden Medien heute, in Zeiten von Buzzfeed, wohl über die wichtigsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts berichten? Das zeigt ein Webcomic von XKCD und aus der Luftbrücke würde wohl schnell “5 Insane Plans For Feeding West Berlin You Won’t Believe Are Real”. Wie man sonst noch, zum Beispiel bei der Berliner Morgenpost, Überschriften umschreibt um mehr Klicks zu bekommen, schreibt Stefan Niggemeier auf. […]
Naja, immerhin ersetzt heute auch die Lesermeinung bei Amazon das „Literarische Quartett“ von früher. Manchmal ist es wirklich kein Segen, dass sich im Internet jeder zu allem äußern kann. Aber zum Glück kann man ja auch bei allem vermeiden, es zu lesen. Wenn man rechtzeitig merkt, wohin der Hase läuft bzw. entsprechende Hintergrundinformationen bekommt.
@Susanne: Was hat das jetzt mit irgendwas zu tun?
[…] Stefan Niggemeier: Wie Google-Optimierung den Journalismus verändert. […]
[…] ein Nachtrag: Schön, dass der Artikel via #dpa so oft aufgegriffen wurde … auch wenn Stefan Niggemeier dieses Content-Sharing als kritisch empfindet. Wir generell auch… aber in diesem Fall sind […]
Ob die Verlage wohl wissen, dass Google solchen „duplicate Content“ abstraft?