Die „ZMG Zeitungs Marketing Gesellschaft“ ist die „zentrale Marketingorganisation der Zeitungen und Zeitungsgruppen in Deutschland“. Sie leidet nicht nur an einer eklatanten Binde Strich Allergie, sondern hat gerade unter dem Slogan „Die Zeitungen. Wer liest, versteht.“ eine große Desinformationskampagne gestartet:
In der Kampagne sollen die Fakten zum Werbeträger Zeitung ins rechte Licht gerückt werden. In mehreren Kampagnenmotiven werden die unbestreitbaren Vorteile der Zeitungen vorgestellt. Und zwar reduziert auf das Wesentliche: die Fakten – garniert mit einer Portion Humor.
Das aktuelle Motiv besteht aus einer großen Zeitungsseite, auf der in der Mitte verloren die beiden folgenden Sätze stehen:
(Keine Sorge: Das Pfeifen, das Sie beim Lesen hören, ist kein Tinnitus, sondern kommt aus der Anzeige, bzw. dem Wald.)
Dann schauen wir uns die „unbestreitbaren Vorteile“ und „Fakten“ einmal an. Richtig ist: Laut der aktuellen Media-Analyse erreichen die Tageszeitungen täglich 53,7 Prozent aller 14- bis 29-Jährigen. Aber zu behaupten, dass die die Zeitung gelesen haben, „um sich zu informieren“, und nicht um sich unterhalten zu lassen oder ein Sudoku zu spielen, ist ebenso falsch wie die Annahme, dass es sich um „ihre Tageszeitung“ handelte und nicht nur eine „B.Z.“, die zerfleddert auf dem Mensatisch lag.
Die Gleichung, die uns „Die Zeitungen“ da „garniert mit einer Portion Humor“ vermitteln, ist ebenso plump wie falsch: Zeitungen = Informationen, Internet = Spaß. Als Beweis dafür, dass „die Jugend im Netz überwiegend Spaß sucht“, zitiert die ZMG auf ihrer Homepage zur Kampagne aus der JIM-Studie 2007, wonach die meisten Jugendlichen das Internet für Instant Messaging (71 Prozent) und E-Mail (59 Prozent) benutzen. Und das wissen die Zeitungsleute sicher aus eigener Erfahrung, dass diese Kommunikationsmittel fast ausschließlich dazu genutzt werden, Office Spam mit den neuesten Bürowitzen zu verschicken. Dass 40 Prozent der 12- bis 19-Jährigen angaben, das Internet zur Information zu nutzen und 37 Prozent für „Nachrichten/Aktuelles“, fanden die Zeitungs Marketing Menschen irgendwie vernachlässigenswert.
Sie haben aber ja auch noch eine andere beruhigende Statistik entdeckt: Für 44 Prozent der Jugendlichen sei die Zeitung das glaubwürdigste Medium — und nur für 15 Prozent das Internet. Quelle dafür ist der Zeitungsmonitor 2004. Vier Jahre sind bei dem aktuellen Medienumbruch eine lange Zeit. Allensbach hat Zahlen von 2008. Danach sagen drei Viertel aller 20- bis 29-jährigen: „Wenn man sich über ein Thema näher informieren möchte, sucht man im Internet.“ Vor neun Jahren waren es nicht einmal ein Fünftel. Das Internet hat damit bei dieser Frage in kürzester Zeit alle anderen Medien überholt.
Und was die 53,7 Prozent der jungen Leute angeht, die an einem Tag Zeitung lesen — die Zahl, mit der „Die Zeitungen“ so stolz werben. Die ZMG interpretiert sie so: „Allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz: Die Jugend liest Zeitung – und das nach wie vor!“ Was die ZMG mit „nach wie vor“ meint, kann man der folgenden Grafik entnehmen:
Die tägliche Reichweite der Tageszeitungen bei Jugendlichen ist nach den von der ZMG selbst verbreiteten Zahlen der Media-Analyse in den vergangenen zwanzig Jahren von 72 auf 47 Prozent zurückgegangen.
Im ersten Teil ihrer Kampagne hatten „Die Zeitungen“ übrigens darauf hingewiesen, dass die „Glaubwürdigkeit“ des Mediums immer noch überragend sei. Aber daran arbeiten sie ja gerade.
Wie wahr. Das Internet ist zum informieren. Und die tageszeitung zum entspannnen, denn naja, den Rechner nehm ich nicht mit aufs Klo.
Manche Leute legen sich die Fakten der Welt eben so aus, wie sie es gerade brauchen. Nach dem Motto: Ich höre, was ich hören will.
Ist es nicht sowieso irgendwie sinnlos nach der Glaubwürdigkeit des Internets zu fragen?
[…] weniger als eine Rückkehr des Gerhard S. Wen wundert es, dass sich vor allem die jungen Leser abwenden. Tags: „Welt am Sonntag“, Gerhard Schröder, SPD, Springer, Welt, […]
Ich habe vor wenigen Wochen angefangen, von dynamischen Lesezeichen im Firefox – die in ihrer großen Anzahl unübersichtlich wurden – auf einen Feedreader (in meinem Fall Liferea – sehr zu empfehlen) umzustellen.
Neben den ganzen Blogs und Tech-News, die ich sowieso immer abonniert hatte, wollte ich auch eine klassische Tageszeitung abonnieren. Im Reader hat man sowieso immer einen guten Überblick, man sieht auch immer neue und ungelesene Einträge hervorgehoben usw., da schadet ein Feed mehr oder weniger nicht, dachte ich.
Dann habe ich fünf Zeitungen hinzugefügt: FAZ, taz, süddeutsche, Zeit und Welt. Alle 5 sind nach wenigen Tagen wieder herausgeflogen. Jetzt hab ich als Feed für allgemeine aktuelle Geschehnisse nur noch die Tagesschau drin. Sie gefällt mir zwar auch nicht so gut, aber sie ist erträglicher als die Zeitungen.
Die Zeitungen waren so unverschämt, mir Links auf Bildergalerien als Top-Meldung zu verkaufen, und ich klicke auch noch drauf. Man erwartet einen Artikel zur aktuellen Lage im CERN – und kriegt 20 Bilder vom LHC. Im Titel war nicht zu erkennen, dass es sich um eine Galerie und nicht um einen Artikel handelte. Ich fühlte mich echt verarscht!
[wg. Angabe einer falschen E-Mail-Adresse gelöscht.]
„Allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz: Die Jugend liest Zeitung – und das nach wie vor!”
Wenn dem so wäre, wäre deren Reklame-Kampagne doch überflüssig.
@Jeeves
Werbung macht man aus Ihrer Sicht nur, wenn das eigene Produkt auf dem absteigenden Ast ist?
Marketingorganisation verdreht Zahlen. Mhm. Sonst nichts Spannendes los in der Welt?
Der Lobbyverband der Zeitungen schaltet Werbung, in der Statistiken so ausgelegt werden, daß es den eigenen Interessen dient bzw. zu dienen scheint. Das ist ja unerhört!
Dabei liest doch jeder in Statistiken Erkenntnisse herein, die man belegt sehen will. Stefan macht es in seinem Artikel doch selbst, indem er die Zahlen von 2004 über die empfundene Glaubwürdigkeit des Internets mit „aktuellen Zahlen von 2008“ von Allensbach entkräften will. Dabei misst Allensbach ganz was anderes. Es wäre nämlich durchaus denkbar, daß mehr und mehr Menschen das Internet als Informationsquelle nutzen und gleichzeit mehr und mehr Menschen die Zeitung als glaubwürdigstes Medium ansehen. Ob dem so ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber, daß die Allensbachzahlen zu letzterem keine Aussage machen.
Der Unterschied zwischen dem Zeitungsverband und Stefan ist doch am Ende nur, daß der Zeitungsverband erkennbar Werbung für seine eigene Sache machen will und daraus auch keinen Hehl macht.
@7: Noe. Ziel der Kampagne ist es ja nicht, Jugendliche zum Zeitungslesen zu bewegen, Vielmehr will man Werbetreibende mit der Zielgruppe Jugendliche davon überzeugen, weiter in Zeitungen Werbung zu schalten.
Die öffentliche Wahrnehmung ist ja wohl in der Tat so, daß Jugendliche nur noch das Internet als Informationsquelle nutzen und keiner mehr Zeitung liest. Das will man wohl entkräften.
Daß der Lobbyverband da jetzt keine Statistik zitiert, die eine gegenteilige Aussage hat, kann ich nachvollziehen. Primäres Ziel war ja wohl kaum, die Leute zu informieren. Ziel war doch wohl, Werbung für die eigene Sache zu machen.
Eine Lüge kann ich übrigens in den beiden Sätzen nicht erkennen, wobei ich mal unterstelle, daß die 53,7% stimmen. Daß es sich dabei nicht nur um die „eigene” Tageszeitung im jursitschen Sinn handelt, halte ich für Korinthenkackerei. Ebenso, daß für viele Jugendliche (und andere) bei der Zeitungslektüre die Grenze zwischen Information und Unterhaltung verschwimmt. Desweiteren glaube ich unbesehen, daß das Internet auch weiter „Spaßmedium” Nummer 1 ist – wie auch immer man das messen will. Daß aus der Kombination der beiden Aussagen der möglicherweise falsche Eindruck entsteht, daß Jugendliche Zeitungen zum Informieren nutzen und das Internet nur, um Spaß zu haben, ist halt Werbung.
Aber man muss doch auch recht naiv sein, wenn man vom Lobbyverband der Zeitungsmacher objektive Information erwartet und nicht Lobbyarbeit…
Winston Churchill: „Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast …“
Ich denke solche Statistiken sind genau so glaubhaft, wie Befragungen zum Thema „Tägliche Nachrichten“! Wer gibt schon freiwillig zu, dass er sich lieber die RTL2 News anschaut, als die Tagesschau!? Mich erreichen die Tageszeitungen aus dem einfachen Grund nicht, weil sie für mich als Studenten zu teuer sind. Und da geht es vielen Kommilitonen ähnlich. Deswegen bin ich dankbar für Feedreader, welche allerdings, wie vor mir schon erwähnt, von FAZ Zeit etc. mit unnützem Zeug zugemüllt werden. Man muss sich ein wenig mit Yahoo pipes und den vielen Rubriken der Zeitungen auseinandersetzen, bis man seine persöhnliche „Zeitung“ zusammengestellt hat.
Werbung macht man aus Ihrer Sicht nur, wenn das eigene Produkt auf dem absteigenden Ast ist?
In diesem Fall ist es wohl offensichtlich.
Ich habe mich gerade über den Beitrag gewundert (Gattungsmarketing dieser Art findet sich von jedem Medium, das obige Kampagnenmotiv finde ich sogar ganz pointiert) und wollte was dazu schreiben – rw hat aber schon alles Relevante gesagt, vielen Dank!
Dann stell ich was anderes richtig: Churchill hat diesen berühmten Satz nie gesagt, das hat ihm vielmehr die Nazipropaganda untergejubelt (recht erfolgreich ;)
@earl: genau so ging’s mir mit „etablierten“ Medien auch. Die Tagesschau ist das Einzige, was man lesen kann (wenn man mal von den täglich auftretenden Mehrfachnennungen der gleichen Nachricht absieht, aber das ist wohl ein Problem der RSS-Feeds, neu abgefasste Nachrichten nochmal rauszudrücken).
Die Tagesschau hat auch Bilderstrecken, aber immer nur ergänzend. Dazu dann auch noch meist zig Audiobeiträge und auch einige Videos. Mir fällt wirklich keine andere erträgliche Nachrichtenquelle mehr ein sonst. Für Tipps wär ich aber zu haben :-)
Danke, c-offein. Hier mehr dazu. Und selbst wenn das Zitat verbürgt von Churchill wäre, würde ich die Frage stellen wollen, ob es wirklich so dringend erforderlich ist, es immer wieder aufzusagen, sobald irgendwo von Statistik die Rede ist.
Ich würde gerne wissen wie die auf über 50% kommen, ich kann mir wirklich nicht vorstellen das es wirklich so hoch sein soll. Wir haben im Rahmen eines Uni Projekts mal in Oberstufen nachgefragt wieviele dort Zeitung lesen bzw überhaupt in die Hand nehmen. Es waren zwar ausschließlich 12-18Jährige allerdings lag dort der Wert deutlich unter 25%. Dann müssten ja, um das auszugleichen, deutlich über 75% der 18-29Jährigen Zeitung lesen. Kann ich mir kaum vorstellen. Aber das sagt ja eine Zeitung dann muss das ja stimmen! :D
Interessant finde ich, dass die Kommentatoren, die meinen, das sei doch völlig normal, dass Werbung die Tatsachen verdreht und sogar quasi ihre Aufgabe, offenbar nicht meinen, dass es völlig normal ist, dass Journalismus versucht, die Verdrehungen gerade zu rücken und sogar quasi seine Aufgabe.
@14 Danke ;) da hat mich das Internet doch glatt wieder schlauer gemacht.
@15 netzeitung.de (TopNews RSS) Die Redakteure sind nicht gerade übertalentiert, aber der Feed ist recht aktuell und wie der Name schon sagt gibt es die wichtigsten News.
Also ich gehöre zu der Gruppe bis 29, ich benutze fast nur Internet für Information, weil es 1. Kostengünstiger ist, zweitens einfacher. Und vorallem, was ein extremer Vorteil ist, ich kann mehrer Quellen vergleichen.
Ist „Bild“ nicht auch eine Tageszeitung?
Daher noch die hohen Zahlen ;)
„Ist doch nur Werbung, also sollen die da ruhig bewusst falsche Zusammenhänge herstellen oder Eindrücke, die so bei Überprüfung nicht zutreffen“ halte ich für eine komische Einstellung. Ist ja schön wenn Unternehmen das machen wollen, aber wenn das mir klar ersichtlich ist wirkt sich das bei mir mit Sicherheit nicht positiv für das Unternehmen aus. In diesem speziellen Fall ist es doch besonders deswegen fragwürdig, weil es ja gerade auch um das Thema Korrektheit und Glaubwürdigkeit geht.
@18: Nun gut, da sind wir wohl anderer Meinung. Ich hätte jetzt nicht gedacht, daß es „quasi [die] Aufgabe“ des Journalismus sei, die Aussage, dass knapp über die Hälfte der Jugendlichen gestern „ihre Tageszeitung gelesen hätten, um sich zu informieren“, dahingehend „gerade zu rücken“, daß viele Jugendliche möglicherweise gar nicht Eigentum an der von Ihnen gelesenen Zeitung erworben hätten, und es gar nicht gesagt sei, daß diese die Zeitung lesen, um sich zu informieren, sie könnten ja schließlich auch ein Sudoku gelöst haben.
Du hättest der Vollständigkeit halber ruhig auch noch darauf hinweisen können, daß die Erhebung sich ja gar nicht auf „gestern“ bezog, sondern auf irgendeinen einen anderen x-beliebigen Tag. Es ist nämlich auch denkbar, daß gestern überhaupt nicht ein einziger Jugendlicher eine Tageszeitung gelesen hat, schon gar nicht seine eigene und wohlmöglich noch nicht mal, um sich nur zu unterhalten.
Auch neu war mir, daß man verdrehte Tatsachen dadurch geraderückt, indem man – hmmm, nunja, Du würdest sagen: – „Tatsachen verdreht“.
Jedesmal wenn ich solche Aussagen mit den Schlagwörtern“Die Zeitungen“ und „Das Internet“ lese, dreht sich mein Logikzentrum.
Als ob man seine Informationen in „Dem Internet“ nur von kuriosen Einzelseiten bekommen würde.
Wenn ich jetzt in „Dem Internet“ auf der ZEIT-Seite bin, lese ich dann nicht (metaphysisch) nicht auch „Die Zeitung.“ Wie wird dass dann gewertet.
Oder wenn ich in unserer Lokalzeitung seitenweise dpa-Meldungen sehe, sind das dann die exklusiven recherchierten Informationen die mir „Die Zeitungen“ als Mehrwert ankündigen?
Solche idiotischen konstruierten Abgrenzungen kann man aber auf beiden Seiten sehen.
Klar gibt es im Internet gute Informationsseiten, doch so ist es IMHO schon so, dass davon ein sehr großer Teil sich direkt auf ein gutes „Offline-Medium“ (mag dies nun eine Zeitung oder doch der öffentliche Rundfunk/Fernsehen) bezieht.
Zum Thema „Online-journalismus; Qualität der Online-Auftritte von Zeitungen“ hat ja Herr Niggemeier ausgiebig geschrieben.
Diese Kampagne ist aber dennoch doch einfach nur ‚Bullshit‘
@8 ruhrpottjunge
so ist eigentlich auch meine auffassung, warum geld rausschmeißen wenns läuft? Nur die die groß werbung schalten habens nötig ;)
Obwohl ich nicht zu diesen Jungen (unter 30) zähle, lese ich fast keine Gedruckte mehr. Aktuelles erfahre ich, in dem ich kurz bei „dernewsticker.de mit aktuellem von dpa, AFP und DDP vorbei schau, dann eben zu Reuters und united press – das reicht meistens und ich habe weniger Journalisten, nebst deren selektiver Wahrnehmung, „zwischengeschaltet“.
Meine Links zu FAZ, SPON, taz, Zeit etc. schlummern überwiegend vor sich hin.
Bei genügend Zeit werden regelmäßig Bb und SN (und evtl. andere Blogs) als kleines Extra angehängt…
Mit ABP alles werbefrei, versteht sich.
@18
Ich finde es ist vergeudetes Talent wenn Journalisten Werbung kommentieren. Insbesondere im business to business Bereich, wo die gewichtigen Werbekunden sowieso ihre eigenen Recherchen machen.
Und überhaupt wurde das Thema Media-Analyse ja auf dieser Seite schon mal behandelt.
Ich bin 23. Ich bin vollkommen sicher: Diese Aussage ist vollkommen falsch.
Ich bin Student und in meiner Umgebung liest vielleicht jeder zwanzigste regelmäßig Zeitung. Selbst wenn diese Statistik nicht die regelmäßigen Zeitungsleser erfasst, sondern eine andere, größere Gruppe, wie es den Anschein hat – sie ist falsch. Das ist viel zu hoch.
Danke, Marian. Dann wäre das jetzt auch geklärt. Die Zeitungen, die den Jugendlichen gar nicht gehören und die sie – wenn überhaupt – sowieso nur zum Sudoko spielen nutzen, werden also nicht mal düfr genutzt, geschweige denn rgm gelesen.
Ach, die ZMG. Hast du jemals deren Eigen-PR-Strecken in den Fachtiteln gesehen, Stefan? Ja genau, die Beileger, die so ansprechend gestaltet sind, dass man sie garantiert nicht liest. Eindrucksvoller lässt sich die eigene Situation kaum darstellen. Insofern wundern mich die Zahlen von 2004 jetzt nicht wirklich. Und die Selbstlüge ist, sehr frei nach Sartre, ja oft auch Teil der zu manifestierenden Existenzberechtigung.
Also ich als Student lese nach wie vor sehr unregelmäßig, aber dafür manchmal zur Unterhaltung, auf Tischen liegende Zeitungen um mich zu informieren…oder so. ;-)
@18: Das ist jetzt aber eine für dich ungewöhnliche Polemisierung. Alle oben genannten Fakten sind ja eben keine Lügen, vielmehr kritisierst du die Unvollständigkeit der Information. Und das ist tatäschlich ein Kriterium, das für den Journalismus gilt, nicht aber für Werbung.
Wie rw schon bemerkte, benutzt du sogar dieselbe Strategie in dem Beitrag: Du stellst die Abfrage von Glaubwürdigkeit einer völlig anderen Erhebung der meistgenutzten Quelle gegenüber (und nein, das geht nicht einher).
@c-offein: Die Aussage „53,7 % aller jungen Leute haben gestern ihre Tageszeitung gelesen, um sich zu informieren“ ist nicht unvollständig, sondern falsch.
@c-offein: Du meinst, wenn die Leute gefragt werden, welches Medium „man“ (wohlgemerkt: nicht der Befragte, sondern „man“) nutzt, um sich über ein Thema näher zu informieren, enthält das keine Aussagen über die angenommene Glaubwürdigkeit des Mediums?
Und Du meinst, die Tatsache, dass sich laut Allensbach dieser Wert in den vergangenen neun Jahren dramatisch verändert hat, lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie hinfällig eine vier Jahre alte Untersuchung ist?
Also gut. Ich habe die genaue Fragestellung hingeschrieben, es kann sich jeder selbst entscheiden, ob ich einen unzulässigen Vergleich herstelle oder nicht.
Die ZMG ist übrigens auch ein Partner bei der JIM-Studie über das Medienverhalten 12- bis 19-Jähriger. Ein Ergebnis daraus steht hier: http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf07/Medienbindung_07_Gesamt.pdf
Allgemeingültige Informationen kann man durchaus aus verschiedenen Quellen schöpfen und miteinander vergleichen.
Ach, und es gibt reihenweise Untersuchungen, wer wann welche Tageszeitung liest. Wenn man will, kann man dafür topaktuelle Zahlen nehmen, und nicht die aller 5 Jahre stattfindende Studie Massenkommunikation (2005, mit Zahlen von 2004) von ARD/ZDF.
Warum nur glauben viele, dass „Werbung lügt“ ein Recht der Werbeleute sei? Tatsachenverdrehungen sind falsch. Und helfen sie beim Verkaufen?
@32: Die Aussage ist erkennbar eine im Werbeumfeld gemachte pointierte Zuspitzung. Natürlich war das nicht gestern. Natürlich waren es nicht 53,7% aller „jungen Leute“ (wer soll das definieren). Natürlich wird nicht jeder von denen die Zeitung als „meine Tageszeitung“ bezeichnet haben. Und bei einem verschwindend geringen Teil wird die Absicht zu informieren, überhaupt keine Rolle gespielt haben.
Aber es ist gut, wenn es Journalisten gibt, die darauf hinweisen oder besser: investigativ aufklären, anprangern und den Finger in de Wunde legen. Genauso wünsche ich mir, daß bald ein Waschmitteljournalist darauf hinweist, dass Persil nicht weißer als weiß wäscht, weil weißer als weiß ja gar nicht geht.
Von der Binde Strich Allergie und dem Distributiv Gesetz
20- bis 29-Jährige = 20-Jährige bis 29-Jährige (?)
Von einem Jährigen bis zum anderen? Nö. Das ‚bis‘ ist doch wohl fest an die beiden Zahlen gekoppelt: 20 bis 29. Und für die Jährigen heißt das dann: „20 bis 29“-Jährige oder 20-bis-29-Jährige. Oder nach reformierter Art (das sieht jetzt zwar total blöd aus, hat aber seinen guten Grund):
20-Bis-29-jährige (Internet: 0 Treffer)
herr niggemeier, sie sollten sich auch mal angucken, wie diese reichweitenzahlen bei zeitungen zustande kommen. man nimmt die zahl der abonnenten und verdrei- bis fünffacht sie großzügig. einfach so. argument: eine zeitung hat so viele mitleser. nicht statistisch fundiert, sondern einfach willkürlich aus dem raum gegriffen.
demnach könnte ich ja als website-betreiber die zahl meiner monatlichen visits auch einfach mal vervielfachen, denn es könnten ja mehrere menschen hinter dem bildschirm sitzen.
dass über 50% der jungen leute täglich zeitung lesen ist aber nicht nur in der theorie absoluter bullshit. ich denke, dass niemand aus der praktischen erfahrung im freudeskreis – selbst unter jungen akademikern – diese zahlen bestätigen kann.
@moti: Sie haben Unrecht. Die Reichweitenzahlen kommen durch repräsentative Umfragen zustande.
http://www.agma-mmc.de/03_forschung/tageszeitungen.asp?topnav=10&subnav=200
@33: Nur, ob ich es richtig verstanden habe:
Aus dem Umstand, daß immer mehr Menschen das Internet als Informationsquelle nutzen, darf man ruhig schließen, dass die das tun, weil sie es für das glaubwürdigste Medium halten (und nicht etwa, weil sich die Verbreitung und das Angebot rasant entwickelt haben).
Daraus, daß an einem x-beliebigen Tag 53,7% der „jungen Leute“ in eine Tageszeitung geguckt haben, darf man aber nicht schließen, daß bei allen wenigstens die Nebenabsicht, sich zu informieren, eine Rolle gespielt hat.
Ersteres ist offnebar logische Schlußfolgerung und letzteres Verdrehen der Tatsachen und damit Lügen. Nun ja, man muss ja nicht überall einer Meinung sein…
@ 33: Ich würde es allenfalls als eine Indikatorfrage akzeptieren … obwohl, nein, es ist eine völlig andere Dimension: „Man“ informiert sich AM MEISTEN im Internet – das enthält Bequemlichkeitsaspekte, Verfügbarkeit, Informationsbreite, etc., hat aber nicht zwingend was mit Glaubwürdigkeit zu tun.
Die Medienbindung aus der JIM ist ziemlich eindeutig was ganz anderes.
Ich bin auch tatsächlich der Meinung dass die einfache Frage „welches Medium ist am glaubwürdigsten?“ weiterhin zu Gunsten der Tageszeitung ausfallen würde.
Dass die Tageszeitungen ein paar ernsthafte Probleme haben, gerade in der jungen ZG, ist unbestritten – für mich aber ebenso, dass es nicht Aufgabe der ZMG ist dies zu kommunizieren.
@ 35: Die von dir erwähnten aktuellen Studien wurden doch hier benutzt: die ma2008. Von der ARD/ZDF-Massenkommunikationsstudie sehe ich gar nix?
@rw, c-offein: Ein letzter Versuch.
Ich habe nicht geschrieben, dass Allensbach mit seiner Frage das Gleiche misst mit der Zeitungsmonitor vier Jahre zuvor. Ich habe geschrieben: „Vier Jahre sind bei dem aktuellen Medienumbruch eine lange Zeit. Allensbach hat Zahlen von 2008.“ Und dann habe ich ein Indiz dafür aufgeführt, dass sich die Dinge radikal verändert haben.
Ich glaube, dass angesichts der Allensbach-Werte heute andere Werte dabei herauskämen, wenn man nach der Glaubwürdigkeit der Medien fragte.
@38/39: Es ist aber tatsächlich erstaunlich, wie viele Menschen immer noch mit „Auflage x3“ rechnen und im Leben noch nichts vom LpA gehört haben. (Und dann aus allen Wolken fallen, wenn man ihnen mal ein oder zwei LpA-Werte zeigt.)
@39 stefan: nun, was die o.g. studie betrifft, ok. aber zeitungen benutzen auch ihre eigenen zahlen und gehen damit bei den werbekunden hausieren. eine bekannte, redakteurin einer mittelgroßen regionalzeitung, erzählte mir, dass eine aufhübschung der reichweite durch vervielfachung der abonntentenzahl mindestens um den faktor 3 definitiv bei ihrer zeitung üblich ist.
@Stefan: Mir ist schon klar, daß Du das so genau nicht geschrieben hast. Du hast aber die Allensbach-Zahl benutzt, um die Glaubwürdigkeitszahl von 2004 zu entkräften, indem Du die Allensbachzahl mit Deiner Interpretation verknüpft hast. Das ist ja durchaus in Ordnung, auch wenn ich Deine Schlussfolgerung für alles andere als zwingend halte. Dem oberflächlichen Leser fällt das aber gar nicht auf – für den ist die 4 Jahre alte Zahl auch dann entkräftet, wenn es gar keine neuere Zahl geben sollte.
Dieser Lobbyverband hat die 53,7% eben auch mit einer Interpretation verbunden – nämlich: die lesen Zeitung, um sich (zumindest auch) zu informieren. Diese Schlussfolgerung finde ich fast schon nachvollziehbarer, da der Anteil derer die beim zeitungslesen keinerlei Informationsinteresse verfolgen, gegen Null tendieren dürfte.
Das Perfide an der Anzeige des Lobbyverbands ist doch wohl eher, daß er aus der Kombination von zwei Aussagen, die jede für sich mehr oder minder richtig sind, beim oberflächlichen Leser den Eindruck erweckt, Jugendliche benutzten die Zeitung zur Information und das Internet nur(!) zum Spaß – ohne eine Aussage darüber zu treffen, wieivele junge Leute das Internet vielleicht sogar als primäre Infoquelle nutzen.
Meine Meinung dazu ist lediglich: Das ist völlig legitim, weil es eine erkennbar werbliche Aussage ist und eben nicht bewusst Unwahres gesagt wird. Dein Vorgehen ist aber dem des Lobbyverbandes nicht unähnlich. Du stellst 2 Zahlen gegenüber. die zunächst mal nichts miteinander zu tun haben, und erzeugst beim Leser den Eindruck, die Zahl des Lobbyverbandes ist nicht nur alt sondern auch erwiesen(!) falsch – ohne allerdings genau das gesagt zu haben.
Gib auf, Stefan, er will oder kann nicht verstehen.
[…] – Posted on 15 September 2008 So könnte man die Kernaussage der ZMG knapp zusammenfassen die Stefan Niggemeier aus seinem Blog […]
Ich finde die Aussage durchaus nachvollziehbar.
Wenn von 100 Jugendlichen 4 eine Tageszeitung abonniert haben, und von den gestern zwei diese gelesen haben, dann sind das schon pralle 50%.
Oder halt 2%.
Mein Hund hat ein „en“ gefressen. Ach und ich möchte „diese“ streichen und „ihre“ setzen, das ist stimmiger.
[…] gerne als Internet bezeichnet) stellt, war mir persönlich nicht klar. Nach ein wenig Recherche im Spaßmedium Nummer 1 (wird gerne als Internet bezeichnet) erwies sich die Antwort auf die Frage, warum das Wissen […]
[…] Die Zeitungen. Lügen wie gedruckt. Die „ZMG Zeitungs Marketing Gesellschaft” ist die „zentrale Marketingorganisation der Zeitungen und Zeitungsgruppen in Deutschland”. Sie leidet nicht nur an einer eklatanten Binde Strich Allergie, sondern hat gerade unter dem Slogan „Die Zeitungen. Wer liest, versteht.” eine große Desinformationskampagne gestartet […]
Zitat: „Wenn man sich über ein Thema näher informieren möchte, sucht man im Internet.” Warum stellt denn eigentlich keiner die Frage, wer das Sammeln, Redigieren etc, also die ganze Redaktionstätigkeit bezahlt? Was heißt denn informieren? Wer hat etwas mit welchem Interesse ins Netz gestellt? Ist denn ein Großteil der Internetgemeinde wirklich so blöd zu glauben, dass das alles für lau geht? Mit ein bisschen Werbung garniert, damit die wirtschaftlichen Verluste der Verlage nicht so groß werden? Wer im Netz verdient, macht das mit Werbung, denn Inhalte lassen sich nun mal (noch ) nicht verkaufen. Und er ist zum 100 Prozent von seinen Werbekunden abhängig. Und dann erwartet man sauber recherchierte, von keinerlei Interessen eingetrübte Informationen? Lachhaft!!!
Man versucht eben die Zeitungen irgendwie zu retten.
In den nächsten 10 Jahren werden garantiert einige Zeitungen auf der Strecke bleiben. Welcher heute 20 jährige abonniert sich dann noch eine Tageszeitung, wo er doch kostenlos und schnell im Web jede Info findet, die er braucht.
Die angeblich zweifelhafte Qualität ist ja schon lange kein Argument mehr.
Nur ein Detail: Doch, bei mir ist es der Tinnitus. ;-)
@Beckmann (#52)
das gegenargument wurde in den kommentaren bereits als stichwort genannt: die im internet zur verfügung stehende vielfalt des angebotes bietet die möglichkeit, durch finanzielle abhängigkeiten (oder bspw. auch politische färbungen, die es im journalismus ja stellenweise geben soll) allzu einseitig geratene informationen mit schlimmstenfalls gegenteilig lautenden quellen zu vergleichen. wieviele zeitungen muss ich abonnieren, um aus einem ähnlichen informationspool schöpfen zu können und mich tatsächlich umfassend und objektiv informiert fühlen zu dürfen? oder anders gefragt: wie erklären sie im zweifelsfall gegen ende dieses jahres einem spiegel-offline-leser, dass Barack Obama nicht us-präsident ist, obwohl er keine gegenkandidaten hatte?
naja, und ihre mahnende feststellung geht auch so: wer mit gedruckten zeitungen verdient, der macht das mit werbung, denn die einnahmen aus abonnements reichen dafür hinten und vorne nicht aus. den rest kann man so stehen lassen, denn er trifft nunmal auf beide arten der verbreitung von informationen zu. abhängigkeiten nur im internet zu unterstellen ist ungefähr so schlau wie die behauptung, das internet sei eine reine spassveranstaltung, information finde dagegen nur am kiosk statt.
mir ist sowieso die institutionalisierung im journalismus grundsätzlich ein rätsel. wie kommt man darauf, dass irgendetwas richtig oder richtiger ist, weil es bspw. in der FAZ steht oder, noch schlimmer, ja schliesslich in der Tagesschau gesagt wurde? selbstverständlich gibt es zeitungen, die sich einen grundsätzlichen vertrauensvorschuss erarbeitet haben, und Peter Kloeppel wird niemals so kompetent gucken können wie die oder der gerade aktuelle miss oder mister tagesthemen. die frei zugängliche vielfalt im internet kommt vermutlich gerade noch rechtzeitig, um die klassischen medien auf ihre wahre bedeutung herunter zu stutzen. auch wenn sie sich nicht damit abfinden mögen, sind sie halt nur einer von vielen teilen der meinungsbildung.
Irgendein kluger & witziger Kopf hat mal gesagt, nein: gefordert:
Kauft nix wofür Reklame gemacht wird!
Ein anderer, ich glaube es war Max Goldt, bat darum, endlich damit aufzuhören, den Reklame-Quatsch hochtrabend mit dem Wort „Werbung“ zu ehren.
@ 12 Philip:
Churchill wird das Zitat zugeschrieben, er glaube nur an Statistiken, die er selbst gefälscht habe. Stimmt laut ZEIT wohl nicht:
http://www.zeit.de/2002/18/200218_stimmts_churchill.xml
Ich dachte, ich erwähn’s mal, vielleicht stirbt dieses Zitat ja zu meinen Lebzeiten aus.
@25 (meykosoft):
Den erwähnten Newsticker mit einer Zeitung zu vergleichen ist so, als würde man die Movie-Trailer in den Fernsehwerbeblocks mit Spielfilmen vergleichen oder ein Mon Cheri mit einer Schwarzwälder Kirschtorte.
@ 58
All diese hinkenden Vergleiche …
Jemand, der immerhin in einem Medien-Blog mitdiskutiert. begnügt sich mit Infohäppchen von weniger als Videotext-Format? Ich begreife es nicht. Man kann ja darüber diskutieren, ob Journalisten die Welt zu selektiv wahrnehmen. Aber die Gatekeeper-Funktion galt mal als nützlich und sinnvoll – im Sinne von „Vorsortieren nach Relevanz“: All The News That’s Fit To Print. Dass derjenige, der auf diesen Filter verzichtet und lieber durchlauferwärmte Agenturinfohäppchen konsumiert, gut informiert ist. wage ich zu bezweifeln.
ich würde viel mehr zeitung lesen, wenn ich nicht mit jeder davon eine menge papiermüll mitkaufen müsste. ich habe schon viele zeitungen ausprobiert, im schnitt interessiert mich ca. 10% der ARTIKEL. ich wünsche mir ein system zur individuellen zusammenstellung meiner zeitung, so was wie ein abo für die einzelnen ressorts, damit ich den papiermüll selbst reduzieren kann. das wäre toll!
Was hat das Internet damit zu tun?
Die Frage ist ernst gemeint. Beim Betrachten der Grafik fällt auf, dass der Rückgang der Reichweite annähernd linear verläuft, also von 1988 bis 1998 ähnlich wie von 1998 bis 2008. Aber es kann mir keiner erzählen, dass das Internet vor 1998 eine massenwirksame Rolle spielte.