Zeitungskrise? „Die Lösung bin ich!“

— Ein Gastbeitrag von Sascha Lobo

Die „Spiegel“-Zeitungsdebatte wäre aus vielen Gründen eine fantastische Gelegenheit für mich, den Mund zu halten. Leider verpasse ich diese Gelegenheit hiermit. Denn mir ist etwas Bemerkenswertes aufgefallen. Jeder einzelne bisherige Teilnehmer der Debatte empfiehlt als Lösung der Zeitungskrise letztlich: sich selbst.

  • Jeff Jarvis sieht im Internet die „noch nie dagewesene Chance, einige Dinge ganz neu zu erfinden: unsere Beziehung zur Öffentlichkeit, der wir dienen“. Bekannt geworden ist Journalistikprofessor Jarvis auch dadurch, dass er seine eigene Beziehung zur Öffentlichkeit radikal neu entwickelt hat, indem er seine Prostata-Krebserkrankung zum Thema machte.
  • Der Werber Sebastian Turner spricht in der Debatte als einziger von der „Kreativwirtschaft“ — denn dieser Begriff schließt neben den Medien auch die Werbung, also sein Tätigkeitsfeld ein. Seine Empfehlung an Zeitungshäuser ist, in kleineren Einheiten regional zu operieren und profitable Unternehmen dazuzukaufen. Exakt so hat Turner die Agentur Scholz & Friends aufgebaut.
  • Thomas Knüwer erklärt zur digitalen Revolution: „Die Zeitungskonzerne reagierten darauf mit Ignoranz. Sie mochten keine Chance im Internet erkennen, nicht dessen Möglichkeiten ausloten.“ Knüwer selbst hat offensichtlich mit Nichtignoranz reagiert, seine Chance im Internet erkannt und dessen Möglichkeit ausgelotet: Er verabschiedete sich weitgehend vom Journalismus und wurde Internet-Berater.
  • Laut Richard Gutjahr brauchen Zeitungen „mehr Experimentierfreude“. Es gibt wenige Figuren in der deutschsprachigen Medienlandschaft, die so offensiv experimentierfreudig wären wie Gutjahr: seine spontane Reise auf den Tahrir-Platz 2011, das Fernsehexperiment „Rundshow“ beim Bayrischen Rundfunk 2012, sein Lobbyismus-Projekt lobbyplag.eu 2013.
  • Hatice Akyün schreibt: „Vielfalt, Erkennbarkeit und Kante brauchen alle Medien.“ Sie ist wegen ihrer meinungsstarken Debattenartikel Trägerin des Berliner Integrationspreises sowie des Preises für Toleranz und Zivilcourage der Stadt Duisburg. Und damit ein perfektes Beispiel für genau die Eigenschaften „Vielfalt, Erkennbarkeit und Kante“.
  • Stephan Weichert plädiert unter anderem für staatliche Subvention von Journalismus, aber warnt zugleich: „Es ist hilfreich, wenn sich die Verleger auch mit alternativen Finanzierungsmodellen befassen“. Er bringt dazu private Stiftungen und Crowdfunding ins Spiel. Weichert ist Gründungsherausgeber des Portals VOCER, das von mehreren Stiftungen finanziert wird, staatliche Förderung von der Bundeszentrale für politische Bildung erhält und Crowdfunding in Form einer ständigen Bitte um Geldspenden betreibt.
  • Constantin Seibt empfiehlt der Zeitung, sich auf einzelne, urbane Szenen zu konzentrieren und dort den Inhalt zu verbessern: „Es wird Zeit, in die Erneuerung des Handwerks zu investieren: in Stil, Raffinesse, Überraschung und Schönheit.“ Seibt betreibt das Blog Deadline, das sich an Journalisten wendet und praktisch ausschließlich davon handelt, wie man mit Raffinesse, Überraschung und Schönheit seinen Stil verbessert.
  • Mario Sixtus verfasst einen Artikel, der gegenüber Zeitungsmachern von oben heraber kaum sein könnte, und fragt „Wer lässt sich schon gerne von oben herab behandeln?“ Eine genaue Lösung kennt er nicht, aber als Möglichkeit vermutet er, dass „mutige Ausprobierer, wilde Experimenteure völlig neue Methoden erfinden werden, um Journalismus zu finanzieren.“ Sixtus ist mit seiner Medienproduktion Blinkenlichten ein mutiger Ausprobierer, sein „Elektrischer Reporter“ hat im Jahr 2011 für ZDFinfo eine Reihe so benannter „Laborexperimente“ veranstaltet.
  • Christian Lindner analysiert: „Zeitungsredaktionen, die auch im Web 2.0 verwurzelt sind, verändern ihre Blätter mutiger, schneller, konsequenter“. Er ist Chefredakteur der „Rhein-Zeitung“, der mit Abstand Social-Media-affinsten Regionalzeitung in Deutschland.
  • Der ORF-Nachrichtenmann Armin Wolf ist zwar sicher, dass „Menschen Nachrichten wollen und brauchen“. Wie sich dieser Umstand unternehmerisch umsetzen lässt, kann er aber nicht sagen: „Ich habe keine Ahnung, wie die Zukunft des Journalismus aussieht und wie sie sich finanzieren lässt“. Die eigene Ahnungslosigkeit zuzugeben, erscheint sympathisch. Aber es ist auch symptomatisch, dass die beiden einzigen Debattanten, die das tun — Armin Wolf und Mario Sixtus — für öffentlich-rechtliche Anstalten arbeiten, die sich nicht am Markt refinanzieren müssen. „Ich weiß nicht“, bezogen auf Journalismusfinanzierung, ist damit auch als Argument für die Notwendigkeit öffentlich-rechtlicher Anstalten zu verstehen.
  • Wolfram Weimer sieht die Zeitungskrise weniger im Internet als vielmehr darin, dass „niemand mehr nach dem Eigentlichen: den Inhalten“ frage. Dafür kennt er die richtigen Absender: „Die altmodischen, querköpfigen Wahrheitssucher also haben Qualitätsmedien groß und vor allem wichtig gemacht.“ Natürlich hat er ein Rezept für besseren Journalismus: „Der Drang in die politisch korrekte Mitte erzeugt einen Journalismus, der sich massen- und mehrheitskonform seicht dahin biegt.“ Er selbst ist auf altmodische und querköpfige Weise geradezu klassisch politisch unkorrekt: Er zweifelt an den Ergebnissen des Weltklimarates, spricht von einer „Multi-Kulti-Lüge“ und schrieb islamkritische Artikel wie „Der kulturelle Dschihad“.
  • Christian Jakubetz‘ Text bietet keine direkte Lösung an. Indirekt dagegen schon: Nicht genannte Zeitungsmacher würden sich eine Zukunft vorstellen, die von „Internet, von Apps, Smartphones, sozialen Netzwerken“ handelt. Jakubetz arbeitet als Berater, Journalist und Dozent zum Thema crossmediales Publizieren.
  • Wolf Schneider schließlich behauptet, dass die Gesellschaft bald in den Zustand zurückkehre, der vor Erfindung der Zeitung angeblich die Regel gewesen sein soll: „dem der öffentlichen Ahnungslosigkeit.“ Schneider sieht also gar keine Zukunft und gar keine Lösung. Er ist 88 Jahre alt.

Natürlich lässt sich diese Erstaunlichkeit — alle sehen in sich selbst die Lösung — auch positiv betrachten: Die Debattanten arbeiten konsequent nach den Prinzipien, die sie als richtig erkannt haben. Und lassen die Welt nun an ihren für sie erfolgversprechenden Erkenntnissen teilhaben. Die ebenso vorhandene Kehrseite aber ist größer, schwerer, unangenehmer: Die deutsche Mediendebatte krankt daran, dass ihre Teilnehmer unfähig oder unwillig sind, die eigene Perspektive zu verlassen. „Ein Gespräch setzt voraus, dass der andere Recht haben könnte“, sagte der Philosoph Hans-Georg Gadamer im Jahr 2000. Wenn man selbst die Lösung ist, wäre demnach keine Debatte möglich.

73 Replies to “Zeitungskrise? „Die Lösung bin ich!“”

  1. Treffgenaue Analyse. Eine Lösung haben wir dadurch aber immer noch nicht, wenn auch eine bessere Ausgangsposition.

    Jeder, wie auch Sascha, haben Ihre vermeintlichen Stärken in Stellung gebracht.

  2. – Stefan Niggemeier kritisiert in seinem Text, die Beiträge der anderen Debatten-Teilnehmer und merkt an, dass die Diskussion daran krankt, „dass ihre Teilnehmer unfähig oder unwillig sind, die eigene Perspektive zu verlassen“. Stafan Niggemeier ist Medienjournalist und hat sich mit sachlich fundierter Kritik an seinen Kollegen einen Namen gemacht. Auch er verlässt seine Perspektive also nicht.

    Man macht halt was man kann…

  3. Touché. Wobei: Halb ist das superpeinlich, halb natürlich: Bei einer Debatte macht man meistens den sichersten Eröffnungszug. Was sonst? Das Tragische an der Zeitungsdebatte bis heute ist, dass sie zwar – wie jede Krise – die Leute zum Denken und zum Reden bringt: Nur denkt und redet jeder für sich allein. Das nicht nur aus Eitelkeit. Sondern weil das Forum fehlt. Zwar gibt es Zeitungen, Twitter, Blogs und Kongresse, aber kein Projekt.
    Das ist nicht zuletzt die Schuld derer, die beider tag2020-Debatte bisher en bloc schweigen: der Verlage, die keine Entwicklungsabteilung aufmachen. Würde man an einem Projekt arbeiten, müsste man a) zuhören, b) wirklich streiten. Und c) müssten die Theorien den Test der Wirklichkeit bestehen. Doch so kann, wer aus Erfahrung spricht, nur aus seiner Ecke sprechen.
    Das vielleicht Übelste an der Pressekrise ist, dass zwar eine Branche langsam stirbt, aber fast jeder stirbt für sich allein. (Oder rettet sich allein.) Es fehlt das Kollektiv.
    Wenn Sacha Lobo also auf die Lächerlichkeit der einzelnen Debatteure hinweist, entspringt diese Lächerlichkeit nur zum Teil dem selbstbezogenen Brett vor dem Kopf: das eigentlich Lächerliche der Teilnehmer ist ihre Machtlosigkeit.
    Denn was fehlt, sind nur in zweiter Reihe Ideen und Rezepte. Sondern die politische Frage: dass man sich organisiert.

  4. Irgendwie drängt sich der Verdacht auf, als würde Herr Lobo denken, dass ein einzelner kluger Geist am Ende „die Lösung“ finden könnt. … Ich ahne, dass er letztlich sich damit meint ;-)
    Wie immer schmissig geschrieben, schön :-)

  5. Und alle die nicht um einen Debattenbeitrag gebeten wurden, schreiben jetzt, dass alle, die um Beiträge gebeten wurde, keine Ahnung hätten, weil sie ja ihr Geld mit Ratschlägen verdienen. Ist da Neid im Spiel?
    Noch peinlicher ist es, einen Kumpel vorschicken, der einem das schreibt. Oder warum ist dieser Text nicht in Herrn Lobos Blog erschienen?

  6. Nach der Lektüre von Weimers Beitrag sah ich vor meinem geistigen Auge Journalisten in durchsichtigen Nachthemden, die Hundefutter an Chamäleons und Lemuren verfüttern.
    Er beschwert sich, dass alle nur dasselbe sagen. Dabei ist er ja selbst ein Copy-Paster. Auch diesen Text hat man sicher schon so ähnlich irgendwo gelesen, Fußcreme gabs bei ihm auch schon mal.
    Wolf Schneider muss man zubilligen, dass die Trillerpfeife gerade mal nicht neben dem Telefon lag, die er immer benutzt, wenn ein Online-Fuzzy was von ihm will.

  7. Robert Gernhardt:
    „Petrus schrieb den Irokesen:
    euch schreib ich nichst, lernt erstmal lesen“
    Nun, großes Lob an Sascha Lobo, er hat offensichtlich fleißig alle Kommentare gelesen. Dabei hat er festgestellt: Mist, die bringen sich hier alle selbst in Stellung, da muss ich was tun. Und tat mehr vom Gleichen.

  8. Liest man Weimers Text mal mehrfach (was sicher nicht zu empfehlen ist), fragt man sich, aus welchem Steinbruch er seine Phrasen kloppt. Man lese mal das Ende des 6. und 9. Absatz:
    Alles nachvollziehbar – nur zahlen wir mit diesen chamäleonhaften Techniken der Vermittlung unseres Bewusstseins einen Preis der opportunistischen Verflachung.

    Alles nachvollziehbar – nur zahlen wir mit diesen lemurenhaften Techniken der Vermittlung unseres Bewusstseins einen Preis der Vernichtung von Autorität.

    Ist schon peinlich. Aber symptomatisch.

  9. Lieber Sascha, das ist ja geradezu ein urdeutsches Problem. Jeder sieht seinen Weg als den einzig richtigen an und ist unfähig die Nase auch nur einen Zentimeter aus der eigenen Furche zu heben. Das sieht man nicht nur bei der Zeitungskrise, sondern auch bei anderen aktuellen Themen.
    Eurokrise, Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Energiepolitik, Steuerpolitik, etc.
    Überall lautet die Empfehlung „macht das doch einfach so wie wir“. Auch und gerade dann wenn die eigene Lösung offensichtlich nicht so einfach übertragbar ist.

  10. Bin ich grad der Einzige, der das Problem nicht sieht?

    Wenn ich mir „Experten“ zu einer Debatte einlade (und eine Debatte, also konträre Ansichten, wirklich will), dann wohl, weil ich deren Meinung kenne. Und jetzt vertreten die Debattenteilnehmer genau die Meinung und stellen diese als den goldenen Lösungsweg dar, den/die sie in letzter Zeit immer schon vertreten haben? Skandal….

    Ich hätte auch gerne einen Blogpost gelesen, wenn einer der Kandidaten eine Meinung vertreten hätte, die eine 180° Kehrtwende zu den bisher seinerseits geäußerten Thesen dargestellt hätte. DAnn wäre die Überschrift wohl: „Der unglaubwürde Herr xy“.

    Noch dazu sei erwähnt, dass die Beiträge wohl alle mehr oder weniger gleichzeitig geschrieben wurden, und daher gar nicht aufeinander eingehen können….

    Viel peinlicher finde ich die gesamte sog. „Debatte“ für SPON. err Schnibben macht einen auf dicke Hose und erzählt von einer tollen Debatte und „Multichannelstory“ und wieviel Arbeit man da nicht so reinstecken würde, und dann…… Das Thema finde ich online nur mit Mühe in gut versteckten Links, im aktuellen Printspiegel gar nicht….

  11. Früher hieß es doch: „Die Verleger trinken Champagner aus den Hirnschalen der Autoren“ (Arno Schmidt) – und wie müßte man heute sagen?! „Die Autoren versilbern ihre Hirnschalen und kippen Limo in ihre Brauseköpfe“.

  12. […] Prof. dr. Offensichtlich hat seine neuesten erkenntnisse zur “diskussjon” um die zukunft des jornalismus — die übrigens etwa so zukunftsweisend und so esoterisch ist wie eine diskussjon um die zukunft des fuþark in einer seit langem vom lateinischen alfabet geprägten schriftsprache; einer technik, die sogar von den sehr konservativen isländern adaptiert wurde — anonym publiziert, indem er als Sascha Lobo im Blog von Stefan Niggemeier die unfassbare, neue und sehr überraschende erkenntnis unterbreitete, dass für einen mann mit einem hammer alles wie ein nagel aussieht… […]

  13. Ich bin eher auf der Seite von Constantin Seibt, zumindest was die Diagnose angeht, da diese zumindest ziemlich bewiesen ist: Ich bekomme Mails, daß mein Pubbles-Account schliesst.
    Pubbles war -wenn auch eine jämmerliche- Chance irgendwas zu versuchen (Was? Wann? Wie? – unklar, tut aber auch nichts mehr zur Sache).
    Nichtmal auf den Akt der Notwehr gegen neue „Mediengiganten“ wie Apple und Amazon konnten sich die Marktteilnehmer verständigen.

  14. Also ehrlich gesagt finde ich es ganz ok, wenn Leute vor allem von Dingen reden, von denen sie etwas verstehen. Wenn wir Medienleute in all den Beiträgen nichts Neues entdecken können so doch vielleicht Otto-Normalklicker der als spon-user das Thema Zukunft der Tageszeitung so umfassend beleuchtet zum ersten Mal für sich entdeckt.

  15. Ach Herr Lobo.
    Jeder macht was er kann.
    Schuster bleib bei deinen Leisten.
    etc pp.

    Ich schreib gerne doofe Kommentare mit Rechtschreibfehlern unter Blogbeiträge – wenn mich also mal wer fragt wie man die Zeitungen retten kann oder den Krebs zu heilen – dann werde ich das vorschlagen was ich gut kann. Doofe Kommentare.
    Die Interessante Frage ist also eher, was können sie gut Herr Lobo und ist es vieleicht die Lösung? Oder eher die Frage nach allem … dem Universum … und … ach, lassen wir das.

  16. Naja! Also wenn ein Überzeugungstäter (und alle genannten Köpfe inklusive Herr Lobo und Herr Niggemeier sowie vermutlich die meisten Kommentatoren) als Ratschlag für die Rettung der Welt (und darum geht es ja irgendwie) so etwas sagen würde wie „Macht’s völlig anders als ich es predige“ wäre das sicherlich NOCH bemerkenswerter.
    Aber der Einwurf ist trotzdem sehr interessant: Was uns (und damit meine ich die Medienbranche aber auch ein wenig die Welt) vielleicht doch ein wenig abgeht, ist ein gemeinsamer Plan. Es gibt viele gute Pläne (siehe oben, die meisten der genannten haben ja irgendwie recht) aber so zerrt jeder kluge Kopf in eine etwas andere Richtung und übrig bleibt eine Menge Anstrengung aber keine Bewegung.
    Ich liebe es, dass jeder tun und sagen kann, was er will. Aber ich träume manchmal auch mal von einem (und jetzt geht es um die Medienbranche) großen Verleger, der nicht nur tolle Pläne macht und anderen was rät – sondern der macht. Und zwar nicht weil er Aktionäre sondern eine Vision im Nacken hat, die ihn treibt. Der nicht nur klug daher redet sondern auch die Mittel hat, es mal zu zeigen.
    Jeff Bezos? Mmmmmh, nun ja. Wer weiß?

  17. Ich versteh auch nicht ganz das Problem. Ich nehme an, dass die meisten Meinungen der oben vorgestellten Leute auf Beiträge in Ihren Blogs beruht und wahrscheinlich würde auch keiner die Meinung des anderen als völlig falschoder sinnlos bewerten. Ich glaube ja, wenn sich die genannten Leute zusammensetzen und diskutieren würden (was über ein Blogeintrag oder eine Kommetar in der Zeitung nicht wirklich funktioniert), würden sie sehr schnell feststellen, dass man eine Schnittmenge ihrer aller Aussagen herstellen kann, da diese ja gar nicht soweit auseinanderliegen, wie ich das so sehe.

    PS: Meine Welt ist natürlich die richtige.

  18. @Uschlumm: Das Thema war im Print-Spiegel vergangener Woche. Dass Experten nur ihren eigenen Weg anpreisen, finde ich gar nicht so selbstverständlich: Es könnte schon einmal dem einen oder anderen auffallen, dass sein persönliches Erfolgsrezept eben deshalb überzeugt, weil es gerade nicht im Printjournalismus funktioniert, sondern auf anderen Plattformen. Dass die Spiegel-„Debatte“ und vor allem Cordt Schnibbens Beitrag ein bisschen bemüht und vor allem wenig innovativ ist, sehe ich allerdings auch so.

  19. Was kritisiert Lobo eigentlich?? Dass die Leute das machen, wovon sie denken, das es die Lösung ist?? Nennt sich „walk the talk“. Vollkommen unnötiger Lobo-Debattenbeitrag…

  20. So muss es doch sein, oder? Stellen wir uns einmal zwei Hände voll Gewürze vor. Jedes davon ist das, was es ist. Paprika kann kein Pfeffer sein und wenn es reden könnte, würde es auch sicher sagen, dass es nichts besseres gibt als Paprika zu sein. Die Gewürze allein sind für sich gesehen langweilig. In der Mischung liegt die Lösung. Willst du also das Gericht richtig würzen, musst du die Dosierung wählen. Aber wessen Hand soll das ausführen und welcher Gaumen soll befriedigt werden? Geschmäcker sind ja so unterschiedlich.

  21. @Fabian: Nein, das kritisiert er nicht. Sondern er kritisiert, dass ein erfolgreicher Fußballer zur Krise des Basketballs sagt: Die Spieler müssten mehr Kopfbälle trainieren, schließlich hat das bei mir auch geholfen (sinngemäß natürlich). Er fordert von den Experten nichts weniger als ein gewisses Maß an Selbstreflexion: Ist mein ganz persönliches Beispiel wirklich geeignet, um es auf eine ganze Branche zu übertragen? Antworte ich hier wirklich auf die Frage nach einer Lösung der Zeitungskrise? Oder nicht eher auf die Frage nach dem Grund meines persönlichen Erfolgs – der mit dem Thema Zeitung womöglich gar nichts (mehr) gemein hat?

  22. @30, Blunt: Ok, das verstehe ich, aber das würde ja nur stimmen, wenn die Meinungen der Leute tatsächlich so absolut und uneingeschränkt als die ultimative Lösung hervorgebracht wurden, die alle anderen Konzepte und Theorien negieren.
    Wie gesagt: Ich sehe zwischen allen Thesen einen gemeinsamen Nenner, der vielleicht erstmal nur die Analyse des Problems betrifft (aber damit lässt sich allgemein arbeiten und eine Plattform der Begegnung schaffen), nämlich die veränderten Produktionsbedingungen und damit das daraus resultierte veränderte Konsum(enten)-Verhalten.

  23. Die wirklich zentralen Fragen zum Thema lauten doch eigentlich:
    Muss man „die Zeitungen“ retten?
    Journalismus – na und?
    Und überhaupt: Wayne?

    Nein, ich trolle nicht, ich meine das ernst: Man muss auch einsehen können, wenn es mal keine „Lösung“ gibt. Zeitungen sterben, fertig, Tontafeln vermisst auch keiner mehr. (Und Journalismus wird weiter stattfinden, aber anders.)

    Isset denn so schwer?

  24. @Ste: Also zum Beispiel die vor allem bei Vertretern der „Die Zeitung stirbt, na und?“-Fraktion recht penetranten Hinweise aufs Papier (z. B. bei Sixtus): Das ist doch einfach längst überholt, kein Verlag argumentiert ernsthaft noch mit haptischer Wirkung oder schönem Raschelgeräusch. Überall wird in den Vertrieb von E-Papern investiert, mit einer satten Auflage bei mobilen Endgeräten wäre jeder Zeitung geholfen. Da gewinnt man schon den Eindruck, dass mancher noch längst entschiedene Schlachten kämpft.

  25. @Stefan Niggemeier: Okay, gibt es also tatsächlich noch. Aber so was ist eben genauso wenig reflektiert – wie auch viele der oben angeführten „Debatten“-Beiträge der Printjournalisten.

  26. @36
    Wird ja noch besser, der Fonso macht ja seit ein paar Tagen auch mit:
    http://blogs.faz.net/deus/2013/08/09/internet-opas-erzahlen-vom-zeitungskrieg-1696/

    Niemand ist gezwungen, eigene Beispiele für herausragende Leistungen an der Stelle zu zeigen, wo Tageszeitungen vermeintlich oder tatsächlich versagen. Es reicht beim Spiegel, ein griesgämiger Handwerker zu sein und sich mehr oder weniger insgeheim zu freuen, dass es den anderen endlich so richtig dreckig geht. Man hat es ihnen ja schon immer gesagt.

    Den hatte man anscheinend auch nicht nach seiner Meinung gefragt ;-)

  27. @38, Twipsy: Es dürfte allerdings der erste Text des Herrn Alphonso sein, bei dessen Lektüre ich dachte: Doch, mit dem, was er da feststellt, mag er richtig liegen. Vielleicht nicht in allen Details, aber zumindest bei der grundsätzlichen Tendenz.
    Denn wenn mich etwas irritiert, dann ist es diese marktschreierische Haltung, mit der manche Leute die alten Holzmedien in Grund und Boden kritisieren. Sie kommen so breitbeinig und von sich selbst überzeugt daher wie selbsternannte Sektenführer, die ja auch neben der eigenen Wahrheit keine Grautöne akzeptieren.
    Und wer tagtäglich den Untergang prophezeit, behält natürlich Recht. Denn irgendwas geht immer unter.

  28. Kleiner Nachtrag zu @40: So haben mich damals auch die „Geht sterben“-Beiträge des Hausherren in diesem Blog irritiert. Ich fürchte, allein schon diese Überschrift lockte regelmäßig etliche Leute an, die sich frei von der Leber weg über den prophezeiten Niedergang der Zeitungsbranche freuen wollten.

  29. Also ich empfehle gegen die Krise: „Leute, abonniert doch mehr gedruckte Zeitung und Zeitschriften! Die Auflagen für den Print=Qualitätsjournalismus müssen wieder steigen!“ Die Glaubwürdigkeit meiner Empfehlung wird wird noch dadurch unterstrichen, dass ich keine Zeitung/Zeitschrift abonniert habe, dass ich mich also nicht wie all die laschen Debattenteilnehmer verhalte, die nur sich selbst empfehlen. Ich bin auch jederzeit bereit, meine Meinung zu ändern. Jetzt kommt’s schon: „Die Zeitung ist tot,es gibt nur noch das vermaledeite Netz.“ Warum bekomme ich eigentlich so wenige Interviewanfragen?

  30. @rog: Ja, es ist einiges Wahres dran. Auf der anderen Seite gehen mir mittlerweile die immer gleichen Stellungnahmen von Vertretern des Printjournalismus fast noch mehr auf die Nerven. Wer mit Forderungen wie „jede Zeitung muss überraschen“ (Schnibben) kommt, scheint mir das Grundproblem nicht ganz verstanden zu haben. Mit spannenderen Einstiegen, pointierteren Kommentaren etc. wird man den Zeitungsjournalismus nicht retten können.
    Was ich vermisse, sind Fragen nach dem eigentlichen Wert, den diese Form von Journalismus ausmacht, und ehrliche Analysen darüber, ob es für diesen Wert einen Markt geben könnte. Internet passt sich dem Rezipienten per Stichwortsuche passgenau an, Zeitung hingegen diktiert ihm Lesebefehle. Ersteres ist bequemer, kann aber auch dazu führen, dass sich der Blickwinkel einengt. Bei einem Mangel an Konfrontation mit dem Fremden verkümmert das Interessensfeld: Vor 30 Jahren kannten selbst feuilletonferne Rezipienten den bedeutendsten Dirigenten bzw. Geigerin ihrer Zeit (Karajan, Mutter), heute ist so etwas nur noch Insiderwissen – Folge einer individualisierten Medienrezeption. Im Sport und anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens lassen sich ähnliche Phänomene beobachten. Sind Geschäftsmodelle denkbar, die hier die konfrontative Funktion von Zeitungen besser ausnutzen?

  31. @43, Blunt: Wahrscheinlich hat derzeit niemand eine Ahnung, ob es für diesen Wert einen Markt geben könnte. Und vermutlich lügt jeder, der sagt, er wisse, welche Regeln künftig ein profitables Nachrichtengeschäft bestimmen werden.
    Um mal einen Vergleich aus der Filmbranche heranzuziehen: „Nobody knows anything“, hat der Drehbuchautor William Goldman einst über Hollywood festgestellt. Niemand weiß, warum ein fantasievoller Blockbuster wie „Pacific Rim“ knallhart an der Verlustzone entlangschrammt. Niemand weiß, warum ausgerechnet ein kleiner französischer Film wie „Ziemlich beste Freunde“ so irrsinnig profitabel ist. Selbst aus dem Misserfolg des einen und dem Erfolg des anderen Films können die Marketingexperten wohl nichts für die Zukunft lernen.
    Ich glaube, ähnlich sieht es derzeit im Nachrichtengeschäft aus. Qualität zählt sich nicht zwangsläufig aus, Relevanz sorgt nicht zwangsläufig für Reichweite.
    Wenn ich mir die Top 3 der gelesenen Beiträge bei Spiegel online vom heutigen Tag anschaue, sehe ich auf dem ersten Platz die Meldung vom Tod des niederländischen Prinzen, auf Platz Zwei den Lobgesang der behüteten Tochter, auf Platz einen Text über die Visa-Kreditkarte. Obwohl Spiegel online ein weit wichtigeres Thema, die NSA-Affäre, konsequent oben auf seiner Startseite platziert.
    Vermutlich können wir als Leser, Zuschauer, Musikhörer selbst nicht einmal genau sagen, was uns interessiert und was nicht. Selbst ausgeklügelte Algorithmen scheitern häufig. So oft erklärt mir Amazon, dass mich aufgrund meiner bisherigen Einkäufe dieses oder jene Album oder diese und jene Fernsehserie interessieren könnte. Und liegt dauernd daneben mit seiner Prognose.
    Wahrscheinlich hat William Goldman recht, auch in Bezug auf alle kleinen und großen Medienexperten. Nobody knows anything.
    Vielleicht überlebt die Zeitung am längsten, die eine personifizierte IPhone-App entwickelt. Vielleicht aber auch diejenige, die sich dem Netz völlig verweigert.
    Mal sehen.

  32. Ich glaube in 100 Jahren wird man nicht mehr von Profit sprechen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    ihr Star Trek Unsiversum

  33. @Ste: 100 Jahre? Schön, dass Sie so vorausschauend denken können. Ich bin schon froh, wenn ich eine ungefähre Ahnung habe, was in den nächsten Tagen so anliegt.

  34. Die Leut stellen einfach die falschen Fragen.

    Wozu brauch ich Printjournalismus überhaupt noch ?
    Wozu soll ich für diese Blätter, egal, ob online oder offline,
    bezahlen ?

    Ich mein, ein paar dpa- Meldungen ungefiltert abschreiben,
    sich von Politikern und Firmen Statements in die Feder diktieren lassen, hier und da mal aus dem Internet beim Blogger um die Ecke einen Artikel klauen … dafür soll ich zahlen ?

    Ich bitte sie.

    Seit man Journalisten per Trage zu den Themen der Zeit schleppen muss und sie mit der Nase direkt ins Geschehen drücken muss, damit sie ihren Arsch bewegen und zumindest so tun, als würden sie irgendwie investigativ tätig werden,
    sind sie völlig überflüssig geworden.

    Da werden Länder wie Griechenland und Zypern platt gemacht
    und die Journaille hat nicht den Mumm, mal zu Fragen,
    wem die Geschichte wirklich nützt.

    Und das ist nur gerad der aktuelle Teil.

    Jeder * Qualitätsjournalist * bläst ins * Terrorhorn *,
    um zu * erklären*, warum mal wieder Grundrechte eingeschränkt werden müssen.

    Und dafür wollen die ernstlich Geld ?

    Lächerlich !

  35. @Stefan Niggemeier / #26
    Danke für das geschmeidige Zitat aus „Jesus He Knows Me“ von Genesis!
    Dieses Bild, bezogen auf Journalisten und Zeitungsverleger, gefällt mir doch sehr gut… :-D

  36. Die Diskutanten werden eingeladen, ihre Sicht der Dinge zu präsentieren. Und jeder sieht die aus seinem Blickwinkel und mit seiner Profession. Das ist normal und gut so. Wie würden hier alle aufschreien, wenn jeweils in anderen Professionen gestochert würde, als in der, die der Diskutant (hoffentlich) beherrscht?

    Zur Zeit wird in dieser Zeitungsdebatte (hoffentlich) nur gesammelt. Ich bin gespannt, wie die Schlussfolgerungen aus der Debatte sein werden. Wer moderiert die Ergebnisfindung am Ende? Wer wird aus vielen Positionen versuchen eine zu formulieren?

    Die journalistische Aufbereitung dessen, was am Ende des Sammelprozesses an Meinungen auf dem Tisch liegt, wird beredtes Beispiel sein für den Zustand und die Zukunft des Journalismus.

    Ich lehne mich zurück und warte…

    Um dem Artikel hier Recht zu geben, schnell noch ein Zitat von mir selbst: „Springer ist mit offenem Hemd und nackter Brust, schreiend, die Fahne in der Hand, über die Barrikaden gesprungen. Nie war es einfacher auch Revoluzzer zu sein, als jetzt. Nie war es erfolgversprechender. Los hinterher Ihr Verlage. Friede ist mit Euch!“

  37. Oh, irgendwie macht sich gerade Ernüchterung breit, denn ich sehe es ja mit meinen 26 wie Wolf Schneider…

    Warum spricht eigentlich keiner der Spiegel-Debattenteilnehmer die Rahmenbedingungen den Neoliberalismus an (=ausschließliche Konzentration auf wirtschaftliche Verwertbarkeit und Marktanpassung schon in den Schulen) sowie eine entsprechende Personalpolitik in den Verlagen bzw. Zeitungen? Der tausendste, kreuzbrave, evt. möchtegernalternative Nachwuchsjournalist mit dem Politik-Studium + DJS-Ausbildung (=Netzwerkanstalt) und dem 1-A-Lebenslauf aus wohlhabendem Hause wird garantiert nicht zu einer kritischen, unbequemen Berichterstattung beitragen. Genau diese wünsche ich mir aber als Leser, denn das IHK-Heftchen oder die Landlust wird zwar auch von einer Redaktion gemacht, haben aber mit Zeitung recht wenig zu tun.

    Die Zeitungskrise ist eine Inhalts-, Personal- und Konsumentenkrise. Wobei Letztere die geringste „Schuld“ tragen – die geistige Verflachung wurde von der Medienbranche jahrzehntelang mit voller Begeisterung und unter hohen Werbeeinnahmen vorangetrieben, kritisch denkendes Personal (à la Wallraff) dagegen systematisch aus den Redaktionsstuben entfernt, da unerwünscht.

  38. @Andreas, 52:
    Wallraff als Zeitungsretter! Ganz viele Wallraffs! Das ist bisher die beste Idee zur Rettung der Zeitung. Spiegel kann die Diskussion eigentlich sofort einstellen.

    Ich stell dann mal die Tasse unter die Düse und überlege mir, über welches Sterben wir jetzt diskutieren könnten.

  39. Erstens: Sebastian Turner hat definitiv nicht Scholz&Friends aufgebaut. Das war Scholz persönlich. Sie sind nur auf die Eigenwerbung von Turner reingefallen.

    Zweitens: Ich lese inzwischen wieder lieber Zeitung auf dem Sofa als Stunden vor dem Rechner zu hocken und mir einen wunden Mausarm zu holen.

  40. @55, NonKon: Liest sich erst mal schmissig, was Sie da schreiben. Dann frage ich mich aber, warum besonders nonkonforme Zeitschriften wie „Konkret“ und „Titanic“seit eh und je von so wenigen Leuten gelesen werden – im Gegensatz zu „Bild“.

  41. Schöne, pointierte Analyse. Ein Zeitungsretter fehlt aber noch in der Auflistung…

    http://www.spiegel.de/netzwelt/web/kolumne-von-sascha-lobo-zu-medien-die-krise-der-berichterstattung-a-868195.html

    „Die scheinbare Zeitungskrise als Nachrichtenkrise, aus der Perspektive der Prozessualisierung zu betrachten – als Ende der statischen, rein faktenorientierten Berichterstattung in Artikelform – führt zugegeben nicht zu vollkommen neuartigen Analysen der Problematik. Es führt aber zu deutlich erweiterten Konsequenzen.

    Für die gedruckten Blätter bedeutet das, sich fernzuhalten von den Bereichen, in denen der Prozessualisierungsdruck am stärksten ist: weg von der Momentaufnahme einer Berichterstattung, hin zur Hilfestellung, um den Nachrichtenprozess zu verstehen.“

    …Erklärbär Lobo empfiehlt den Zeitungsredakteuren zu Erklärbären zu werden. :)

  42. Auch wenn es verständlich ist, wenn man anderen der gleichen Profession den Rat gibt, es mit den Ideen, Konzepten und Methoden zu versuchen, mit denen man selbst aktuell erfolgreich ist, so ist dieser Rat u. U. dumm oder gefährlich. Dumm, weil dann, wenn alle dem Rat folgen, niemand mehr ein Alleinstellungsmerkmal besäße, was im Wettbewerb nicht unbedingt vorteilhaft ist. Gefährlich, weil manchmal die Kopie besser ist als das Original, was den Ratgeber im Fall des Falles ggf. in die Bredouille bringen würde.

  43. @stefan: (a bissle spät, aber ich musste die Welt retten – Kommentar 24) Du hast recht, da ist ein Unterschied zwischen predigen und machen. Andererseits erklärt sich das auch daraus, dass viele heute ihre Überzeugung (also das, was sie predigen) zu ihrem Beruf gemacht haben. Wenn einer viel experimentiert, verdient er wie Richard Gutjahr damit auch ein Teil seines Geldes. Und weil das sein „Hammer“ ist, sieht er natürlich viele Probleme im Web als „Nagel“. Oder nicht?
    Was könnten all die klugen Köpfe bewegen, wenn sie sich an einen Tisch setzen würden und ihre Gedanken zuende denken und ihre Leistungen miteinander verbinden würden.
    Naja, ’ne kleine Träumerei ;-)

  44. @43@44
    Ich glaube, einen „Markt für diesen Wert“ – also für den Journalismus – gab es immer nur sehr begrenzt. Wenn ich es noch richtig in Erinnerung habe, lautete die Faustformel: 1/3 Umsatz aus Verkauf, 2/3 Umsatz aus Anzeigen. Die Aufmerksamkeit (und Zahlungsbereitschaft des Lesers) hat also auch „früher“ keinen Journalismus finanziert. Man verkauft die Aufmerksamkeit der Lesers halt weiter an diejenigen, die Anzeigen schalten. Und diese Anzeigen sind im Netz im Zweifel woanders besser platziert als bei Zeitungen oder deren Onlineseiten.
    Umgekehrt wäre also auch mit einer gigantischen Qualitäts- und Rechercheoffensive nicht viel gewonnen – was natürlich nicht heißt, dass eine solche Offensive beim Leser nicht willkommen wäre.

  45. @singo2: „Umgekehrt wäre also auch mit einer gigantischen Qualitäts– und Rechercheoffensive nicht viel gewonnen.“ Genau das meine ich: Mit besserem Journalimus allein wird man nicht weiterkommen. Anders als viele glauben, ist der Zeitungsjournalismus ja ohnehin aus dem Anzeigengeschäft hervorgegangen und nicht umgekehrt. Man muss also, wenn man die Sache historisch betrachtet, in der Tat beide Bereiche zusammendenken. Nun scheint mir das Hauptproblem der Abwanderung von Anzeigenkunden weniger die sinkende Auflage zu sein als vielmehr die passgenenauere Ausrichtung auf eine klar umrissene Zielgruppe im Internet. Gefragt wären dann jetzt also zwei Versuche. Erstens: Den Anzeigenbereich deutlich flexibler und individueller zu gestalten als bisher (das könnte insbesondere im E-Paper funktionieren). Zweitens: Strategien zu suchen, die eine allgemeine, großflächige Zielgruppenansprache wieder attraktiv erscheinen lassen (dürfte schwieriger werden, denke ich).

  46. Wie wäre es mit einem öffentlich-rechtlichen Presse-/ Publizistikwesen? Wird zwar nicht ganz einfach umzusetzen, aber das System wäre dann weg von der Marktfinanzierung.

    Das Fernsehen war von Anfang zu teuer und nicht marktfinanzierbar, wenn man eine gewisse Qualität haben wollte. Folglich ist die Gebührenfinanzierung der Weg der Wahl.

    Warum sollte das beim bisherigen Print anders sein? Als Werbeträger verlieren v.a. die Zeitungen zunehmend an Bedeutung. Rubrizierte Anzeigen? Das meiste abgewandert ins Netz. Nur ein Beispiel.

    Wenn also der Werbeträger Papier unattraktiv wird, dann kann darauf auch niemand mehr niveauvolle Publizistik machen. Das Thema ist vorbei.

  47. Unterhaltsam und sicher in vieler Hinsicht treffend.
    Für Constantin Seibt möchte ich dennoch etwas Partei ergreifen, auch wenn das deine Pointe etwas zerstört. Sein Deadline-Blog schreibt er nur nebenbei. Er versorgt die Schweiz mit inhaltlich ausserordentlichen, und eben auch stilistisch sehr überzeugenden Hintergrundgeschichten, die sowohl im Print wie auch online verfügbar sind.

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